Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 13 U 3028/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 287/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 20. November 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Hörstörung des Klägers als Berufskrankheit nach Nummer 2301 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKVO) festzustellen ist.
Der 1946 geborene und sich seit 1973 im Bundesgebiet aufhaltende Kläger war eigenen Angaben zufolge von 1963-1979 bei verschiedenen Arbeitgebern als Bäcker beschäftigt. Ab 16.07.1979 war er durchgehend bei der Firma U. K. als Maschineneinsteller an Spritzgussmaschinen, Druckmaschinen und Mahlwerken tätig.
Im Mai 2007 erfolgte die ärztliche Anzeige durch Formblatt über das Vorliegen einer Berufskrankheit von Betriebs- und Allgemeinmediziner Dr. B. (Anzeige vom 09.05.2007), wonach eine Schwerhörigkeit des Klägers bei Lärmeinwirkung vorliege. Die Berufsgenossenschaft Druck und Papierverarbeitung, eine Rechtsvorgängerin der Beklagten (im folgenden nur noch Beklagte), trat in Ermittlungen ein. Sie zog Befundberichte mit Tonaudiogrammen der behandelnden Ärzte (Berichte von Dr. Sch. vom 30.11.2001, HNO-Arzt Nerz vom 16.03.2007 und 25.07.2007, Dr. B. vom 08.08.2007 mit Befunden ab 1996 und von Dr. B.-Z. vom September 2007), das Vorerkrankungsverzeichnis der AOK vom 04.07.2007 und die Untersuchungsbögen Lärm I und Lärm II der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen von Dr. B. über den Zeitraum ab 1990 bei. Außerdem wurde der Bericht der Präventionsabteilung vom 25.10.2007 veranlasst. Darin kam Messtechniker H. zu dem Ergebnis, dass der Kläger im Zeitraum ab 1979 bis Mitte 1980 während seiner Tätigkeit als Produktionshelfer im Werk II des Arbeitgebers einem personenbezogenen Beurteilungspegel von mehr als 90 dB(A), von Mitte 1980 bis Februar 1982 als Maschineneinsteller im Werk III des Arbeitgebers einem Beurteilungspegel von mehr als 85 dB(A), aber unter 90 dB(A) und von Februar 1982 bis gegenwärtig im Werk I des Arbeitgebers einem Beurteilungspegel von mehr als 85 dB(A) und weniger als 90 dB(A) ausgesetzt gewesen sei.
Dr. V. verneinte in dem von der Beklagten veranlassten Gutachten vom 15.01.2008 trotz beruflicher Lärmbelastung das Vorliegen einer Lärmschwerhörigkeit. Beim Kläger liege eine beidseitige Innenohrschwerhörigkeit vor, rechts hochgradig und links mittelgradig ausgeprägt. Der Hörkurvenverlauf sei für eine Lärmschwerhörigkeit nicht typisch. Bei vorhandener Asymmetrie fände sich ein starker Hörverlust im Tieftonbereich. Das zusätzliche Absinken der Hör- kurven ihm Hochtonbereich könne auf eine geringe Mitbeteiligung im Sinne eines Lärmschadens hinweisen, jedoch sei im Hochtonbereich die hierzu zu erwartende positive Messungen der überschwelligen Audiometrie negativ gewesen. Die Charakteristika der Hörminderung zeige im vorliegenden Fall die Anzeichen einer endogenen-degenerativen Erkrankung.
Mit Bescheid vom 12.03.2008 lehnte die Beklagte die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nummer 2301 der Berufskrankheitenliste und die Gewährung von Leistungen ab. Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein mit der Begründung, die behandelnde HNO-Ärztin Dr. B.-Z. halte aufgrund des Hörkurvenverlaufs eine Lärmgenese für wahrscheinlich. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.07.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Der Kläger erhob hiergegen am 21.08.2008 Klage beim Sozialgericht Reutlingen.
Das Sozialgericht holte auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von Dr. B. das Gutachten vom 11.05.2009 ein. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass die Lärmarbeit des Klägers nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Ursache der diagnostizierten Schwerhörigkeit sei. Bereits das erste Audiogramm vom 06.07.1983 zeige eine Hochtonsenke, die einer lärmbedingten Hochtonsenke ähnele, aber zu diesem Zeitpunkt sei der Kläger erst 4 Jahre lärmexponiert gewesen. Die bescheinigte Intensität und Dauer der Lärmeinwirkung sei nicht geeignet gewesen, diesen Hörschaden hervorzurufen. Die Gegenüberstellung der vorliegenden Audiogramme aus den unterschiedlichen Jahren verzeichne keine kontinuierliche Zunahme der Schwerhörigkeit, wie es bei einer Lärmschwerhörigkeit zu erwarten sei. Auch die wechselnden Hörschwellenverläufe über die Jahre hinweg seien nicht typisch für eine reine Lärmgenese. Außerdem sprächen die überschwelligen Hörtests nicht für einen Lärmschaden. Im Prinzip bestehe keine Abweichung zur Beurteilung von Dr. V ...
Mit Urteil vom 20.11.2009 wies das Sozialgericht die Klage ab.
Gegen das dem Klägerbevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 18.12.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.01.2010 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, das Sozialgericht und die Gutachter gingen von unzutreffenden Voraussetzungen aus, denn er sei erheblich höherem Lärm ausgesetzt gewesen. Eine Vielzahl von Mitarbeitern der Firma U. K. seien wegen Hörschädigungen beim Betriebsarzt und auch bei der HNO-Ärztin Dr. B.-Z. vorstellig geworden. Eine genaue Ermittlung der Lärmbelastung in der Vergangenheit sei erforderlich. Daran müsse sich eine erneute gutachterliche Untersuchung anschließen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 20.11.2009 und den Bescheid der Beklagten vom 12.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.07.2008 aufzuheben und bei ihm eine Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil. Es sei unerheblich, ob eine höhere berufliche Lärmexposition als die festgestellte vorgelegen habe. Selbst eine Verdoppelung des Beurteilungspegels können nichts an der Tatsache ändern, dass die medizinischen Voraussetzungen einer Berufskrankheit Lärmschwerhörigkeit nicht erfüllt seien, was bei einer zweimaligen gutachterlichen Untersuchung mit negativ ausgefallenen überschwelligen Tests bestätigt worden sei. Entgegen der Auffassung der behandelnden Ärztin Dr. B.-Z. sei aufgrund des Hörkurvenverlaufs einer Lärmgenese nicht wahrscheinlich. Der von ihr in Bezug genommene tonaudiometrische Befund vom 21.07.2005 sei nicht lärmtypisch.
Mit richterlicher Verfügung vom 22.02.2010 sind die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese Unterlagen und auf die beim Senat angefallene Akte des Berufungsverfahrens wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und insgesamt zulässig.
Gem. § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG mit richterlicher Verfügung hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
Die Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 12.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.07.2008, mit dem sie es abgelehnt hat, die beim Kläger vorliegende Schwerhörigkeit als Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV anzuerkennen und ihm Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren, ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung dieser Gesundheitsstörung als Berufskrankheit. Die begehrte Feststellung trifft der Senat selbst, weshalb der Klageantrag entsprechend auszulegen war.
Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 SGB VII hat die Bundesregierung die Berufskrankheitenverordnung (BKV) vom 31.10.1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheiten anerkannten Krankheiten aufgeführt sind. Im Anhang zur BKV ist die Erkrankung an einer Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit nach Nr. 2301 enthalten.
Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweis, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R - , veröffentlicht in juris). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit. Abweichend von der früheren Verwendung des Begriffs der haftungsbegründenden Kausalität folgt der Senat der überzeugenden neueren Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 02.04.2009, aaO), dass auch im Berufskrankheiten-Recht der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und den Einwirkungen nicht als haftungsbegründende Kausalität bezeichnet werden kann. Durch diesen Zusammenhang wird keine Haftung begründet, weil Einwirkungen durch die versicherte Tätigkeit angesichts ihrer zahlreichen möglichen Erscheinungsformen und ihres unterschiedlichen Ausmaßes nicht zwangsläufig schädigend sind. Denn Arbeit - auch körperliche Arbeit - und die damit verbundenen Einwirkungen machen nicht grundsätzlich krank. Erst die Verursachung einer Erkrankung oder ihre wesentliche Verschlimmerung durch die der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Einwirkungen - in nachgewiesener Dauer und Intensität - begründet eine "Haftung". Ebenso wie die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheits(-erst-)schaden und Unfallfolge beim Arbeitsunfall ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der berufsbedingten Erkrankung und den Berufskrankheitenfolgen, die dann gegebenenfalls zu bestimmten Versicherungsansprüchen führen, bei der Berufskrankheit keine Voraussetzung des Versicherungsfalles.
Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (BSGE 60, 58 m.w.N.; vgl. auch Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, E § 9 Rdnr. 26.2). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (BSGE 19,52, 53; 30,121, 123; 43, 110, 112).
Nach diesen Grundsätzen ist die haftungsbegründende Kausalität nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit festzustellen. Ebenso wie das Sozialgericht geht der Senat nach den erschöpfenden Ermittlungen der Beklagten durch ihre Präventionsabteilung davon aus, dass der Kläger in dem infrage kommenden Expositionszeitraum gehörschädigendem Lärm ausgesetzt war, da im Zeitraum von 1979 bis Mitte 1980 eine Lärmexposition von mehr als 90 dB(A) und danach von mehr als 85 dB(A) bis 90 dB(A) vorgelegen hat. Von einer gehörschädigenden Lärmexposition gehen auch die HNO-ärztlichen Sachverständigen Dr. V. und Dr. B. aus. Die Einwirkungskausalität für die streitige Berufskrankheit Nr. 2301 liegt somit vor.
Nach den überzeugenden Gutachten von Dr. V. und Dr. B. ist das Krankheitsbild der beim Kläger diagnostizierten Schwerhörigkeit nicht mit dem Krankheitsbild einer Lärmschwerhörigkeit vereinbar. Gegen eine Lärmschwerhörigkeit spricht nach gutachtlicher Beurteilung beider Ärzte der Krankheitsverlauf und die Ausprägung der Schwerhörigkeit. Zum einen liegt nach Dr. V. eine Asymmetrie der Hörverluste zwischen rechts und links vor, was gegen eine ursächliche Lärmeinwirkung spricht, da Arbeitsbedingungen mit nur eine Körperseite belastende Lärmeinwirkung nicht vorgelegen haben. Außerdem ist, worauf auch Dr. B. verweist, eine für Lärmschwerhörigkeit nicht typische Beteiligung des Tieftonbereichs bereits den frühesten Tonaudiogrammen zu entnehmen. Die Lärmschwerhörigkeit äußert sich aber vorrangig in Hörverlusten im Hochfrequenzbereich. Die Einschätzung des für eine Lärmschwerhörigkeit untypischen Hörkurvenverlaufs durch die Gutachter ist für den Senat überzeugend, denn sie steht im Einklang mit den arbeitsmedizinischen Erkenntnissen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Seite 333). Nach Dr. B. ist der in den Tonaudiogrammen von 1983 ausgewiesene alle Frequenzbereiche umfassende Hörverlust des Klägers mit einer Lärmexposition von nur 4 Jahren nicht zu vereinbaren. Darüber haben die überschwelligen Hörtests beider Gutachter keinen Hinweis auf einen Haarzellschaden, der durch Lärmeinwirkung entsteht, ergeben. Auch die wechselnden Hörschwellenkurvenverläufe über die Jahre hinweg sind nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. B. nicht typisch für eine Lärmgenese. Ob anteilige Hörverluste im Hochtonbereich auf Lärmeinwirkung zurückzuführen sind, ist bei der gegebenen Sachlage nicht hinreichend wahrscheinlich. Dr. V. hält das zusätzliche Absinken der Hörkurven im hohen Tonbereich aufgrund einer geringen Mitbeteiligung im Sinne eines Lärmschadens allenfalls für möglich, dagegen spricht andererseits das fehlende Recruitment nach der überschwelligen Audiometrie.
Der Senat hat keine Veranlassung gesehen, darüber hinaus weitere Ermittlungen anzustellen. Die Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass das Krankheitsbild der Schwerhörigkeit beim Kläger, unabhängig von der festgestellten Intensität des Berufslärms, keine deutlichen medizinischen Merkmale einer Lärmschwerhörigkeit aufweist. Die Feststellung einer höheren Lärmintensität würde insoweit keinen weiteren Erkenntnisgewinn für die medizinische Beurteilung einer Berufskrankheit ergeben. Darüber hinaus sind weitere Ermittlungen zur Lärmintensität nicht erfolgversprechend, da die Arbeitsbedingungen im Zeitraum von 1979 bis Februar 1982 durch Messungen vor Ort nicht weiter aufgeklärt werden können. Die Werke I und II des Arbeitgebers waren zum Zeitpunkt der Ermittlung der Präventionsabteilung der Beklagten bereits nicht mehr existent. Das früheste zur Beurteilung herangezogene Tonaudiogramm stammte aber aus dem Jahr 1983 und zeigt das von Dr. B. und Dr. V. kritisch bewertete Bild einer alle Frequenzbereiche erfassenden Hörstörung. Eine konkret fehlerhafte Tatsachengrundlage oder Bewertung der Lärmexposition hat der Kläger im Übrigen nicht gerügt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Hörstörung des Klägers als Berufskrankheit nach Nummer 2301 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKVO) festzustellen ist.
Der 1946 geborene und sich seit 1973 im Bundesgebiet aufhaltende Kläger war eigenen Angaben zufolge von 1963-1979 bei verschiedenen Arbeitgebern als Bäcker beschäftigt. Ab 16.07.1979 war er durchgehend bei der Firma U. K. als Maschineneinsteller an Spritzgussmaschinen, Druckmaschinen und Mahlwerken tätig.
Im Mai 2007 erfolgte die ärztliche Anzeige durch Formblatt über das Vorliegen einer Berufskrankheit von Betriebs- und Allgemeinmediziner Dr. B. (Anzeige vom 09.05.2007), wonach eine Schwerhörigkeit des Klägers bei Lärmeinwirkung vorliege. Die Berufsgenossenschaft Druck und Papierverarbeitung, eine Rechtsvorgängerin der Beklagten (im folgenden nur noch Beklagte), trat in Ermittlungen ein. Sie zog Befundberichte mit Tonaudiogrammen der behandelnden Ärzte (Berichte von Dr. Sch. vom 30.11.2001, HNO-Arzt Nerz vom 16.03.2007 und 25.07.2007, Dr. B. vom 08.08.2007 mit Befunden ab 1996 und von Dr. B.-Z. vom September 2007), das Vorerkrankungsverzeichnis der AOK vom 04.07.2007 und die Untersuchungsbögen Lärm I und Lärm II der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen von Dr. B. über den Zeitraum ab 1990 bei. Außerdem wurde der Bericht der Präventionsabteilung vom 25.10.2007 veranlasst. Darin kam Messtechniker H. zu dem Ergebnis, dass der Kläger im Zeitraum ab 1979 bis Mitte 1980 während seiner Tätigkeit als Produktionshelfer im Werk II des Arbeitgebers einem personenbezogenen Beurteilungspegel von mehr als 90 dB(A), von Mitte 1980 bis Februar 1982 als Maschineneinsteller im Werk III des Arbeitgebers einem Beurteilungspegel von mehr als 85 dB(A), aber unter 90 dB(A) und von Februar 1982 bis gegenwärtig im Werk I des Arbeitgebers einem Beurteilungspegel von mehr als 85 dB(A) und weniger als 90 dB(A) ausgesetzt gewesen sei.
Dr. V. verneinte in dem von der Beklagten veranlassten Gutachten vom 15.01.2008 trotz beruflicher Lärmbelastung das Vorliegen einer Lärmschwerhörigkeit. Beim Kläger liege eine beidseitige Innenohrschwerhörigkeit vor, rechts hochgradig und links mittelgradig ausgeprägt. Der Hörkurvenverlauf sei für eine Lärmschwerhörigkeit nicht typisch. Bei vorhandener Asymmetrie fände sich ein starker Hörverlust im Tieftonbereich. Das zusätzliche Absinken der Hör- kurven ihm Hochtonbereich könne auf eine geringe Mitbeteiligung im Sinne eines Lärmschadens hinweisen, jedoch sei im Hochtonbereich die hierzu zu erwartende positive Messungen der überschwelligen Audiometrie negativ gewesen. Die Charakteristika der Hörminderung zeige im vorliegenden Fall die Anzeichen einer endogenen-degenerativen Erkrankung.
Mit Bescheid vom 12.03.2008 lehnte die Beklagte die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nummer 2301 der Berufskrankheitenliste und die Gewährung von Leistungen ab. Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein mit der Begründung, die behandelnde HNO-Ärztin Dr. B.-Z. halte aufgrund des Hörkurvenverlaufs eine Lärmgenese für wahrscheinlich. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.07.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Der Kläger erhob hiergegen am 21.08.2008 Klage beim Sozialgericht Reutlingen.
Das Sozialgericht holte auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von Dr. B. das Gutachten vom 11.05.2009 ein. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass die Lärmarbeit des Klägers nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Ursache der diagnostizierten Schwerhörigkeit sei. Bereits das erste Audiogramm vom 06.07.1983 zeige eine Hochtonsenke, die einer lärmbedingten Hochtonsenke ähnele, aber zu diesem Zeitpunkt sei der Kläger erst 4 Jahre lärmexponiert gewesen. Die bescheinigte Intensität und Dauer der Lärmeinwirkung sei nicht geeignet gewesen, diesen Hörschaden hervorzurufen. Die Gegenüberstellung der vorliegenden Audiogramme aus den unterschiedlichen Jahren verzeichne keine kontinuierliche Zunahme der Schwerhörigkeit, wie es bei einer Lärmschwerhörigkeit zu erwarten sei. Auch die wechselnden Hörschwellenverläufe über die Jahre hinweg seien nicht typisch für eine reine Lärmgenese. Außerdem sprächen die überschwelligen Hörtests nicht für einen Lärmschaden. Im Prinzip bestehe keine Abweichung zur Beurteilung von Dr. V ...
Mit Urteil vom 20.11.2009 wies das Sozialgericht die Klage ab.
Gegen das dem Klägerbevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 18.12.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.01.2010 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, das Sozialgericht und die Gutachter gingen von unzutreffenden Voraussetzungen aus, denn er sei erheblich höherem Lärm ausgesetzt gewesen. Eine Vielzahl von Mitarbeitern der Firma U. K. seien wegen Hörschädigungen beim Betriebsarzt und auch bei der HNO-Ärztin Dr. B.-Z. vorstellig geworden. Eine genaue Ermittlung der Lärmbelastung in der Vergangenheit sei erforderlich. Daran müsse sich eine erneute gutachterliche Untersuchung anschließen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 20.11.2009 und den Bescheid der Beklagten vom 12.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.07.2008 aufzuheben und bei ihm eine Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil. Es sei unerheblich, ob eine höhere berufliche Lärmexposition als die festgestellte vorgelegen habe. Selbst eine Verdoppelung des Beurteilungspegels können nichts an der Tatsache ändern, dass die medizinischen Voraussetzungen einer Berufskrankheit Lärmschwerhörigkeit nicht erfüllt seien, was bei einer zweimaligen gutachterlichen Untersuchung mit negativ ausgefallenen überschwelligen Tests bestätigt worden sei. Entgegen der Auffassung der behandelnden Ärztin Dr. B.-Z. sei aufgrund des Hörkurvenverlaufs einer Lärmgenese nicht wahrscheinlich. Der von ihr in Bezug genommene tonaudiometrische Befund vom 21.07.2005 sei nicht lärmtypisch.
Mit richterlicher Verfügung vom 22.02.2010 sind die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese Unterlagen und auf die beim Senat angefallene Akte des Berufungsverfahrens wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und insgesamt zulässig.
Gem. § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG mit richterlicher Verfügung hingewiesen worden und haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
Die Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 12.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.07.2008, mit dem sie es abgelehnt hat, die beim Kläger vorliegende Schwerhörigkeit als Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV anzuerkennen und ihm Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren, ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung dieser Gesundheitsstörung als Berufskrankheit. Die begehrte Feststellung trifft der Senat selbst, weshalb der Klageantrag entsprechend auszulegen war.
Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 SGB VII hat die Bundesregierung die Berufskrankheitenverordnung (BKV) vom 31.10.1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheiten anerkannten Krankheiten aufgeführt sind. Im Anhang zur BKV ist die Erkrankung an einer Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit nach Nr. 2301 enthalten.
Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweis, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R - , veröffentlicht in juris). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit. Abweichend von der früheren Verwendung des Begriffs der haftungsbegründenden Kausalität folgt der Senat der überzeugenden neueren Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 02.04.2009, aaO), dass auch im Berufskrankheiten-Recht der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und den Einwirkungen nicht als haftungsbegründende Kausalität bezeichnet werden kann. Durch diesen Zusammenhang wird keine Haftung begründet, weil Einwirkungen durch die versicherte Tätigkeit angesichts ihrer zahlreichen möglichen Erscheinungsformen und ihres unterschiedlichen Ausmaßes nicht zwangsläufig schädigend sind. Denn Arbeit - auch körperliche Arbeit - und die damit verbundenen Einwirkungen machen nicht grundsätzlich krank. Erst die Verursachung einer Erkrankung oder ihre wesentliche Verschlimmerung durch die der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Einwirkungen - in nachgewiesener Dauer und Intensität - begründet eine "Haftung". Ebenso wie die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheits(-erst-)schaden und Unfallfolge beim Arbeitsunfall ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der berufsbedingten Erkrankung und den Berufskrankheitenfolgen, die dann gegebenenfalls zu bestimmten Versicherungsansprüchen führen, bei der Berufskrankheit keine Voraussetzung des Versicherungsfalles.
Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (BSGE 60, 58 m.w.N.; vgl. auch Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, E § 9 Rdnr. 26.2). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (BSGE 19,52, 53; 30,121, 123; 43, 110, 112).
Nach diesen Grundsätzen ist die haftungsbegründende Kausalität nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit festzustellen. Ebenso wie das Sozialgericht geht der Senat nach den erschöpfenden Ermittlungen der Beklagten durch ihre Präventionsabteilung davon aus, dass der Kläger in dem infrage kommenden Expositionszeitraum gehörschädigendem Lärm ausgesetzt war, da im Zeitraum von 1979 bis Mitte 1980 eine Lärmexposition von mehr als 90 dB(A) und danach von mehr als 85 dB(A) bis 90 dB(A) vorgelegen hat. Von einer gehörschädigenden Lärmexposition gehen auch die HNO-ärztlichen Sachverständigen Dr. V. und Dr. B. aus. Die Einwirkungskausalität für die streitige Berufskrankheit Nr. 2301 liegt somit vor.
Nach den überzeugenden Gutachten von Dr. V. und Dr. B. ist das Krankheitsbild der beim Kläger diagnostizierten Schwerhörigkeit nicht mit dem Krankheitsbild einer Lärmschwerhörigkeit vereinbar. Gegen eine Lärmschwerhörigkeit spricht nach gutachtlicher Beurteilung beider Ärzte der Krankheitsverlauf und die Ausprägung der Schwerhörigkeit. Zum einen liegt nach Dr. V. eine Asymmetrie der Hörverluste zwischen rechts und links vor, was gegen eine ursächliche Lärmeinwirkung spricht, da Arbeitsbedingungen mit nur eine Körperseite belastende Lärmeinwirkung nicht vorgelegen haben. Außerdem ist, worauf auch Dr. B. verweist, eine für Lärmschwerhörigkeit nicht typische Beteiligung des Tieftonbereichs bereits den frühesten Tonaudiogrammen zu entnehmen. Die Lärmschwerhörigkeit äußert sich aber vorrangig in Hörverlusten im Hochfrequenzbereich. Die Einschätzung des für eine Lärmschwerhörigkeit untypischen Hörkurvenverlaufs durch die Gutachter ist für den Senat überzeugend, denn sie steht im Einklang mit den arbeitsmedizinischen Erkenntnissen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Seite 333). Nach Dr. B. ist der in den Tonaudiogrammen von 1983 ausgewiesene alle Frequenzbereiche umfassende Hörverlust des Klägers mit einer Lärmexposition von nur 4 Jahren nicht zu vereinbaren. Darüber haben die überschwelligen Hörtests beider Gutachter keinen Hinweis auf einen Haarzellschaden, der durch Lärmeinwirkung entsteht, ergeben. Auch die wechselnden Hörschwellenkurvenverläufe über die Jahre hinweg sind nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. B. nicht typisch für eine Lärmgenese. Ob anteilige Hörverluste im Hochtonbereich auf Lärmeinwirkung zurückzuführen sind, ist bei der gegebenen Sachlage nicht hinreichend wahrscheinlich. Dr. V. hält das zusätzliche Absinken der Hörkurven im hohen Tonbereich aufgrund einer geringen Mitbeteiligung im Sinne eines Lärmschadens allenfalls für möglich, dagegen spricht andererseits das fehlende Recruitment nach der überschwelligen Audiometrie.
Der Senat hat keine Veranlassung gesehen, darüber hinaus weitere Ermittlungen anzustellen. Die Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass das Krankheitsbild der Schwerhörigkeit beim Kläger, unabhängig von der festgestellten Intensität des Berufslärms, keine deutlichen medizinischen Merkmale einer Lärmschwerhörigkeit aufweist. Die Feststellung einer höheren Lärmintensität würde insoweit keinen weiteren Erkenntnisgewinn für die medizinische Beurteilung einer Berufskrankheit ergeben. Darüber hinaus sind weitere Ermittlungen zur Lärmintensität nicht erfolgversprechend, da die Arbeitsbedingungen im Zeitraum von 1979 bis Februar 1982 durch Messungen vor Ort nicht weiter aufgeklärt werden können. Die Werke I und II des Arbeitgebers waren zum Zeitpunkt der Ermittlung der Präventionsabteilung der Beklagten bereits nicht mehr existent. Das früheste zur Beurteilung herangezogene Tonaudiogramm stammte aber aus dem Jahr 1983 und zeigt das von Dr. B. und Dr. V. kritisch bewertete Bild einer alle Frequenzbereiche erfassenden Hörstörung. Eine konkret fehlerhafte Tatsachengrundlage oder Bewertung der Lärmexposition hat der Kläger im Übrigen nicht gerügt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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