L 10 R 1200/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 3520/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1200/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 04.05.2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die am 1948 geborene Klägerin absolvierte von April 1963 bis Mai 1965 eine Ausbildung zur Etuiausstatterin und war anschließend bis April 1966 in diesem Beruf tätig. Sodann war sie - unterbrochen durch Zeiten der Kindererziehung ihrer im März 1968, März 1975 und Mai 1979 geborenen Kinder - als Montagearbeiterin, Maschinenbedienerin, Etuiausstatterin, und zuletzt bis Februar 1993 versicherungspflichtig als Verkäuferin beschäftigt. Anschließend war sie bis Mai 2002 selbständig tätig, Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtete die Klägerin in dieser Zeit nicht. Außerdem war sie von Mai 2003 bis Dezember 2003 geringfügig versicherungsfrei beschäftigt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Versicherungsverlauf in der Anlage zum Vormerkungsbescheid vom 14.05.2004 Bezug genommen.

Am 17.01.2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. In dem im Auftrag der Beklagten erstatteten Gutachten vom Februar 2003 beschrieb der Internist Dr. L. eine chronische nicht eitrige destruierende Cholangitis (Entzündung der Gallenwege), eine arterielle Hypertonie, eine diabetische Stoffwechsellage und ein chronisches Lumbalsyndrom. Der völlig unzureichend eingestellte Blutdruck mache gegenwärtig eine Erwerbstätigkeit unmöglich. Bei vernünftiger Blutdruckeinstellung sei von Seiten der Lebererkrankung eine Erwerbstätigkeit möglich. Nach Einholung einer Stellungnahme der beratenden Ärztin Dr. V. (zumutbar seien leichte körperliche Arbeiten ohne besonderen Zeitdruck in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich) lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 27.03.2003 und der Begründung ab, die Klägerin sei noch in der Lage, die ihr zumutbare Beschäftigung als Verkäuferin mindestens sechs Stunden täglich auszuüben, außerdem seien die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 und 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI; Vorliegen von drei Jahren Pflichtbeiträgen innerhalb der letzten fünf Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung) nicht erfüllt, da die Klägerin den letzten Beitrag für Februar 1993 entrichtet habe und Pflichtbeiträge auch nicht gem. § 241 Abs. 2 SGB VI entbehrlich seien.

Hiergegen erhob die Klägerin am 14.04.2003 Widerspruch und machte geltend, sie sei bereits seit 1991 gesundheitlich so stark angeschlagen gewesen, dass sie nur noch auf Kosten der Restgesundheit habe arbeiten können. Dem fügte sie eine Bescheinigung des Allgemeinarztes P. bei, in welcher dieser ausführte, bei der Klägerin bestehe seit 1991 ein chronischer Reizhusten mit bronchialer Hyperreagibilität, außerdem bestehe eine ausgeprägte arterielle Hypertonie sowie eine chronische nicht eitrige destruierende Cholangitis. Zusätzlich habe sich eine diabetische Stoffwechsellage im Laufe der Jahre entwickelt sowie ein chronisches Lumbalsyndrom und ein Schlafapnoesyndrom. Die Beklagte zog Befundberichte der behandelnden Ärzte, u. a. des Arztes für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. K. vom April 1990 und Januar 1991 (chronisch rezidivierende Bronchitis bei Verdacht auf bronchiale Hyperreagibilität, Schlafapnoesyndrom) bei und holte Gutachten von dem Orthopäden Dr. F. , dem Internisten Dr. Albert und dem Neurologen und Psychiater Dr. P. ein. Dr. F. diagnostizierte ein degeneratives Cervicothoracalsyndrom, ein lumbales Facettensyndrom bei Hyperlordose, eine Coxarthrose Grad I beidseits und eine beginnende Handwurzelarthrose beidseits. Auf Grund der orthopädischen Diagnosen seien leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig ausführbar. Dr. Albert beschrieb eine chronische, nicht eitrige destruierende Cholangitis, einen Diabetes mellitus Typ II b, eine arterielle Hypertonie bei Nierenparenchymschädigung rechts, ein Fibromyalgiesyndrom, ein chronisches Cervikal- und Lumbalsyndrom mit Kettentendinosen auf dem Boden degenerativer Veränderungen, ein pseudoradikuläres Schmerzsyndrom der LWS mit diskreter Beinverkürzung rechts und ein idiopathisches Raynaud Syndrom. Die Klägerin könne unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (Vermeiden von Zwangshaltungen, Heben von Lasten über 10 kg und ständigen stereotypen Belastungen insbesondere der Handgelenke, keine Arbeiten über Kopf, kein ständiges Bücken und Knien, kein ständiges Besteigen von Leitern oder Treppen, keine Arbeiten in Kälte, Nässe und Zugluft) sowohl die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Verkäuferin als auch sonstige leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Dr. P. führte aus, bei der Klägerin liege eine leichte subdepressive Gemütsverstimmung, aber kein primär neurologisches oder psychiatrisches Krankheitsbild vor. Aus nervenärztlicher Sicht sei die Klägerin vollschichtig einsatzfähig. Mit Widerspruchsbescheid vom 02.09.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 05.10.2004 Klage zum Sozialgericht Freiburg erhoben und zur Begründung geltend gemacht, die ihrer Auffassung nach relevante Erkrankung im Sinne einer sogenannten biliären Leberzirrhose habe bereits seit dem Jahr 1991 bestanden. Durch diese Lebererkrankung sei ihr Immunsystem schwer geschädigt, es komme zu Gliederschmerzen, allgemeiner Erschöpfung und starker Infektlabilität. Ergänzend hat sie ein Attest des Allgemeinarztes P. vorgelegt. Dieser hat ausgeführt, seit 1994 seien die Leberwerte sukzessiv angestiegen, eine exakte Diagnose sei endgültig im Jahr 1998 gestellt worden. Retrospektiv gesehen habe das Ganze wahrscheinlich schon 1991 begonnen, als die Klägerin permanent wegen einer massiven Bronchitis, die weitgehend therapieresistent gewesen sei, in Behandlung war. Die bronchialen Symptome hätten sich mit der beginnenden Therapie der primär biliären Zirrhose deutlich gebessert. Jedenfalls sei die Klägerin in den Jahren 1991 bis 1993 immer wieder längere Zeit arbeitsunfähig gewesen, sodass aus ärztlicher Sicht dringend geraten worden sei, nur noch halbtags zu arbeiten. Ergänzend hat die Klägerin Aufzeichnungen der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) über eine Arbeitsunfähigkeit vom 07.12.1990 bis 27.01.1991 wegen eines akuten grippalen Infekts, einer Laryngotracheobronchitis und hartnäckiger Tracheobronchitis und vom 17.09.1991 bis 11.07.1992 wegen einer akuten Laryngo-Sinubronchitis und einer akuten Bronchitis mit starkem Reizhusten vorgelegt.

Das Sozialgericht hat ein Gutachten von dem Chefarzt der Inneren Abteilung des L. -Krankenhauses F. , Prof. Dr. F. , eingeholt. Dieser hat eine nicht eitrige destruierende Cholangitis (primär biliäre Zirrhose) milder Form mit geringer Progredienz, eine Polyarthrose ohne Anhalt für arthritisches Geschehen, eine essentielle arterielle Hypertonie, einen Diabetes mellitus Typ 2 b und ein idiopathisches Raynaud-Syndrom der Finger diagnostiziert. Die Klägerin sei unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (kein Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, keine Arbeiten auf Leitern, Gerüsten oder an laufenden Maschinen, keine Akkord-, Fließband- und Nachtarbeit, keine Arbeiten in Kälte und Nässe, keine besonderen Anforderungen an die Beanspruchung von Gehör- und Sehvermögen) in der Lage, leichte körperliche Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen ohne Gefährdung der Restgesundheit über sechs Stunden täglich ausüben. Hierzu hat die Klägerin eine Stellungnahme des Allgemeinarztes P. vorgelegt, in welcher dieser ausgeführt hat, die Lebererkrankung schreite langsam fort, hinzu kämen seit Jahren Wirbelsäulenbeschwerden sowie typische Anzeichen einer Fibromyalgie. Aus hausärztlicher Sicht sei es richtig, dass jede Krankheit für sich alleine sicherlich keine vollständige Erwerbsunfähigkeit bedinge, aber durch das Zusammenspiel der Erkrankungen sei die Leistungsfähigkeit soweit herabgesetzt, dass eine Teilnahme am allgemeinen Arbeitsmarkt über drei Stunden täglich nicht möglich sei. Beachtet werden müsse auch, dass die Psyche zunehmend belastet werde. In der hierzu abgegebenen ergänzenden Stellungnahme hat Prof. Dr. F. ausgeführt, bei der Klägerin lasse sich eine Einschränkung der Leberfunktion nicht erkennen, sodass unwahrscheinlich sei, dass eine solch geringe Beeinträchtigung der Leber so ausgeprägte Erschöpfungszustände, wie sie von der Klägerin beschrieben würden, auslöse. Eine starke Infektanfälligkeit sei nicht nachvollziehbar. Die anfangs auftretenden ausgeprägten bronchitischen Beschwerden hätten sich komplett zurückgebildet und stellten keine Beeinträchtigung mehr dar. Zutreffend sei, dass es sich bei der nicht eitrigen sklerosierenden Cholangitis um eine chronische Lebererkrankung handele, die schwer verlaufen und zur Leberzirrhose führen könne. Aus der Anamnese der Klägerin (bereits 10- oder 15-jähriger Verlauf) sei aber auf einen milden Verlauf zu schließen. Der Einwand einer depressiven Entwicklung auf Grund des Vorliegens einer nicht heilbaren Erkrankung könne nicht als Erklärung für eine Erwerbsunfähigkeit herangezogen werden, zumal in dem psychiatrischem Gutachten im Verwaltungsverfahren aus nervenärztlicher Sicht vollschichtige Einsatzfähigkeit bescheinigt werde.

Die Beklagte hat ausgeführt, zur Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen müsse der Leistungsfall spätestens am 31.01.1995 eingetreten sein, Hinweise hierfür seien nicht ersichtlich.

Mit Urteil vom 04.05.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI, da sie noch in der Lage sei, mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Dies ergebe sich schlüssig aus dem Gutachten des Prof. Dr. F. und dessen ergänzender Stellungnahme. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit im Sinne des § 240 SGB VI, da sie weiterhin in der Lage sei, ihre bisherige Tätigkeit als Verkäuferin in einem Umfang von mindestens sechs Stunden auszuüben.

Gegen das am 16.06.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 06.07.2006 Berufung eingelegt und weiterhin geltend gemacht, die bei ihr schon vor dem 31.01.1995 vorliegenden erheblichen leistungsbeeinträchtigenden Gesundheitsstörungen würden die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente rechtfertigen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 04.05.2006 und den Bescheid der Beklagten vom 27.03.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.09.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 01.01.2003 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

Der Senat hat den Allgemeinarzt P. um Übersendung der Patientenunterlagen der Klägerin im Zeitraum von 1990 bis 1995 gebeten. Dieser hat mitgeteilt, dass die Patientenunterlagen vernichtet worden sind.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.

Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist in erster Linie § 43 SGB VI. Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind.

Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Auch der Senat kann sich nicht davon überzeugen, dass das Leistungsvermögen der Klägerin in quantitativer Hinsicht gemindert ist. Der im erstinstanzlichen Verfahren gehörte Sachverständige Prof. Dr. F. hat vielmehr nachvollziehbar dargelegt, dass die Klägerin trotz der bei ihr bestehenden Gesundheitsstörungen noch in der Lage ist, leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen (kein Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, keine Akkord- , Fließband- und Nachtarbeit, keine Arbeiten in Kälte und Nässe) in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Die Klägerin leidet - so Prof. Dr. F. - an einer nicht eitrigen destruierenden Cholangitis milder Form mit geringer Progredienz, einer Polyarthrose ohne Anhalt für arthritisches Geschehen, einer essentiellen arteriellen Hypertonie, einem Diabetes mellitus Typ 2 b und einem idiopathischen Raynaud-Syndrom der Finger. Hinsichtlich der Cholangitis hat Dr. F. überzeugend dargelegt, dass es sich insoweit zwar um eine chronische Lebererkrankung handelt, die schwer verlaufen und zur Leberzirrhose führen kann, ein derartiger schwerer Verlauf bei der Klägerin aber nicht vorliegt. Denn bei dem bislang 10- bis 15-jährigen Verlauf der Erkrankung haben sich - so Prof. Dr. F. - keine Hinweise auf einen beginnenden zirrhotischen Umbau ergeben, der Fluss in der Pfortader ist abdomensonographisch normal gewesen, auch im Labor hat sich keine eingeschränkte Syntheseleistung der Leber gezeigt. Ebenso wenig haben sich klinische Zeichen der Erkrankung wie Hyperpigmentierungen, Hämatome, Xanthome oder Xanthelasmen, Trommelschlägelfinger, Dermatitiden oder ein generalisierter typischer Juckreiz mit Kratzspuren gezeigt. Wie Prof. Dr. F. darüber hinaus dargelegt hat, ist auch eine starke Infektanfälligkeit nicht ersichtlich. Die zu Beginn der 1990er Jahre ausgeprägten bronchitischen Beschwerden haben sich nach den eigenen Angaben der Klägerin gegenüber Prof. Dr. F. und des behandelnden Allgemeinarztes P. unter Therapie der Lebererkrankung deutlich gebessert. Der Blutdruck war bei der Untersuchung durch Prof. Dr. F. mit 180/90 mm/Hg zwar erhöht, Prof. Dr. F. hat allerdings dargelegt, dass die Klägerin ihm gegenüber eine unter medikamentöser Therapie zufriedenstellende Blutdruckeinstellung angegeben hat und eine Schädigung des Herzens ausgeschlossen werden kann. Damit kann dem weiter bestehenden Bluthochdruck hinreichend dadurch Rechnung getragen werden, dass der Klägerin keine schweren oder mittelschweren Tätigkeiten mehr zugemutet werden. Der Diabetes mellitus ist, wie Prof. Dr. F. dargelegt hat, gut eingestellt, sodass sich hieraus keine wesentliche Leistungsbeeinträchtigung ergibt. Die zudem von der Klägerin geschilderten multiloculären Gelenkbeschwerden sind - so Prof. Dr. F. - auf altersentsprechende degenerative Veränderungen ohne Hinweise auf eine Polyarthritis zurückzuführen und können hinlänglich durch Berücksichtigung der bereits genannten qualitativen Einschränkungen berücksichtigt werden, ebenso die von der Klägerin beschriebene Raynaud-Symptomatik mit blassen, schmerzhaften Fingern, vor allem im Winter bei Aufenthalt im Freien oder in kalter Zugluft.

Zudem ergeben sich aus den von der Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Dr. F. auf orthopädischem Fachgebiet und des Dr. P. auf nervenärztlichem Fachgebiet auch keine Hinweise für ein quantitativ gemindertes Leistungsvermögen. Dr. F. hat auf orthopädischem Fachgebiet eine Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule bei Lateralflexion und Rotation, an der Lendenwirbelsäule ein Facettensyndrom ohne neurologische Defizite, an den Hüftgelenken erstgradige Arthrosen mit endgradiger Bewegungseinschränkung und an den Handgelenken radiologisch eine initiale Radiocapalarthrose ohne klinische Bewegungseinschränkung und ohne sensible oder motorische Ausfälle beschrieben. Insgesamt liegen auf orthopädischem Fachgebiet damit degenerative Veränderungen vor, die - so Dr. F. - das altersübliche Maß nicht wesentlich überschreiten und die Annahme einer quantitativen Minderung des Leistungsvermögens nicht rechtfertigen. Auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet hat Dr. P. lediglich eine leichte subdepressive Gemütsverstimmung aber kein primär neurologisches oder psychiatrisches Krankheitsbild feststellen können, sodass insoweit - so schlüssig Dr. P. - eine Beeinträchtigung des Leistungsvermögens nicht vorliegt.

Soweit die Klägerin geltend macht, das Sozialgericht habe die Einschätzung des behandelnden Hausarztes P. nicht angemessen berücksichtigt, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Im Hinblick auf die von der Klägerin vorgelegte Bescheinigung des Hausarztes P. hat das Sozialgericht gerade eine ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. F. eingeholt, in welcher dieser unter Auseinandersetzung mit den von dem Allgemeinarzt P. hervorgebrachten Bedenken dargelegt hat, dass sich auch hierdurch kein quantitativ gemindertes Leistungsvermögen rechtfertigen lässt. Auch der Senat vermag sich auf Grund der Stellungnahme des behandelnden Allgemeinarztes P. nicht von einem quantitativ geminderten Leistungsvermögen zu überzeugen. Der Allgemeinarzt P. hat ein auf unter drei Stunden täglich herabgesetztes Leistungsvermögen allein mit dem Zusammenspiel der bei der Klägerin bestehenden Erkrankungen, insbesondere der nicht heilbaren Lebererkrankung begründet und insoweit auf eine zunehmende psychische Belastung der Klägerin abgestellt. Wie Prof. Dr. F. allerdings überzeugend dargelegt hat, ist zwar zutreffend, dass die Lebererkrankung chronisch, also nicht heilbar ist. Allerdings ist bei dem milden Verlauf - so Prof. Dr. F. - bislang eine Einschränkung der Leberfunktion und damit eine sich hieraus ergebende quantitative Minderung des Leistungsvermögens nicht erkennbar. Die Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet übersteigen, wie Dr. F. dargelegt hat, das altersübliche Maß nicht wesentlich und auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet liegt - so Dr. P. - kein krankheitswertiger Befund, sondern nur eine leichte subdepressive Gemütsverstimmung vor. Insgesamt lässt sich damit eine quantitativ geminderte Leistungsfähigkeit entgegen der Auffassung des Allgemeinarztes P. auch nicht aus einem Zusammenspiel der bei der Klägerin bestehenden Erkrankungen rechtfertigen.

Darüber hinaus ist ein dauerhaft quantitativ gemindertes Leistungsvermögen auch nicht zu einem Zeitpunkt nachgewiesen, in dem die Klägerin die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung noch erfüllte.

Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI ist für den Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung auch Voraussetzung, dass der Versicherte in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat. Hierzu, zu Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit, zählen nach § 55 Abs. 2 SGB VI auch freiwillige Beiträge, die als Pflichtbeiträge gelten (Nr. 1), oder (Nr. 2) Pflichtbeiträge, für die aus den in § 3 oder 4 genannten Gründen Beiträge gezahlt worden sind oder als gezahlt gelten (dies betrifft insbesondere auch Pflichtbeiträge für Lohnersatzleistungen, vgl. § 3 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 3a SGB VI) oder (§ 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI) Beiträge für Anrechnungszeiten, die ein Leistungsträger mitgetragen hat.

Diese versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind, wie die Beklagte zu Recht vorgetragen hat, nur dann erfüllt, wenn der Versicherungsfall spätestens bis zum 31.01.1995 eingetreten ist. Denn Pflichtbeitragszeiten liegen nach dem Versicherungsverlauf der Klägerin letztmals im Februar 1993 vor. Für den nachfolgenden Zeitraum, in welchem die Klägerin eine selbständige Tätigkeit ausgeübt hat, liegen Beitragszeiten zur Beklagten nicht vor und auch keine sonstigen rentenrechtlich relevanten Zeiten, um die sich der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 4 SGB VI verlängern würde. Der Versicherungsverlauf der Klägerin weist lediglich noch für die Zeit von Mai bis Dezember 2003 eine geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung, im Übrigen aber keinerlei Zeiten aus.

Auch aus § 241 Abs. 2 SGB VI ergibt sich für die Klägerin nichts anderes. Danach sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor der Erwerbsminderung für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit bestimmten, im Einzelnen aufgeführten Zeiten belegt ist oder wenn die Erwerbsminderung vor dem 01.01.1984 eingetreten ist. Für letzteres besteht kein Anhalt, auch die Klägerin trägt dies nicht vor. Da die Klägerin nach Februar 1993 keinerlei rentenversicherungsrechtlich relevante Zeiten mehr zurückgelegt hat, müsste nach dieser Vorschrift der Versicherungsfall bereits im März 1993 eingetreten sein. Dies ist ebenso wenig nachgewiesen, wie überhaupt der Eintritt eines Versicherungsfalls. Insbesondere kann nicht daraus, dass die primär biliäre Zirrhose - so der Allgemeinarzt P. - wahrscheinlich schon im Jahr 1991 begonnen hat, auf einen Versicherungsfall zum damaligen Zeitpunkt geschlossen werden. Allein aus der Diagnose kann nämlich, wie sich aus dem Gutachten von Prof. Dr. F. ergibt, nicht auf das Bestehen eines quantitativ geminderten Leistungsvermögens geschlossen werden, zumal die Klägerin noch bis Februar 1993 versicherungspflichtig beschäftigt war. Auch im Hinblick auf die Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 07.12.1990 bis 27.01.1991 und 17.09.1991 bis 11.07.1992 kann nicht von einem dauernden, über die Arbeitsunfähigkeitszeiten hinausgehenden, geminderten Leistungsvermögen ausgegangen werden. Hierfür ergeben sich vor dem Hintergrund der zunächst bis Februar 1993 ausgeübten abhängigen Beschäftigung der Klägerin und der anschließend bis im Mai 2002 selbständig ausgeübten Tätigkeit keine hinreichenden Anhaltspunkte, zumal sich die Bronchitis, die Ursache der damaligen Arbeitsunfähigkeit war, nach den eigenen Angaben der Klägerin und des Allgemeinarztes P. deutlich besserte. Auch aus der von der Klägerin gegenüber dem Sozialgericht vorgelegten Bescheinigung des Allgemeinarztes P. lässt sich der Nachweis einer vor Januar 1995 begonnenen und seitdem dauerhaft bestehenden quantitativen Leistungsminderung nicht führen. Insoweit fehlt es in der Bescheinigung an jeglichen nachvollziehbaren Angaben, wie sich das Krankheitsbild im Einzelnen entwickelte. Eine weitere Klärung des Sachverhalts ist insoweit nicht möglich. Denn der Allgemeinarzt P. hat dem Senat mitgeteilt, dass die Patientenunterlagen der Klägerin für den Zeitraum von 1990 bis 1995 nicht vorgelegt werden können, weil diese nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist von 10 Jahren vernichtet wurden. Soweit die Klägerin in dem am 20.12.2006 durchgeführten Erörterungstermin vor dem Berichterstatter des Senats außerdem eine Behandlung Anfang der 1990er Jahre bei einem Dr. Z. angegeben hat, sind auch insoweit weitere Ermittlungen nicht möglich, da die Klägerin eine Anschrift, unter der Dr. Z. zu erreichen wäre, nicht mitgeteilt hat.

Zutreffend hat das Sozialgericht auch ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI hat, weil sie unter Berücksichtigung der von Prof. Dr. F. genannten qualitativen Einschränkungen weiterhin in der Lage ist, ihre bisherige Tätigkeit als Verkäuferin von mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Insoweit sieht der Senat gem. § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Ergänzend ist anzumerken, dass darüber hinaus auch insoweit - wie oben dargelegt - eine relevante Leistungsminderung bis spätestens 31.01.1995 mangels nachvollziehbarer medizinischer Befunde nicht nachgewiesen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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