Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 2656/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 4083/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 22.07.2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am 1951 geborene Kläger erlernte von Dezember 1966 bis Mai 1970 den Beruf eines Elektroinstallateurs und anschließend von 1971 bis 1973 den Beruf eines Lokführers und war in dieser Tätigkeit bis 1978 beschäftigt. In der Zeit von 1978 bis 2003 war er Hausmann und daneben nur gelegentlich und über kürzere Zeiträume versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend war er ab dem Jahr 2003 wieder als Elektroinstallateur, zunächst als Leiharbeiter bei der Firma A. und sodann vom 01.07.2003 bis Juni 2006 als Hausmeister bei der Industrie- und Handelskammer R.-N. beschäftigt. Anschließend war er arbeitsunfähig, das Arbeitsverhältnis wurde mit Zustimmung des Integrationsamtes zum 31.03.2007 von Seiten des Arbeitgebers gekündigt. Der Kläger ist seit 16.10.2006 als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung von 50 anerkannt (Bescheid des Landratsamts Rhein-Neckarkreis, Versorgungsamt, vom 01.02.2007).
Am 25.10.2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. In dem im Auftrag der Beklagten erstatteten Gutachten beschrieb der Chirurg Dr. K. ein pseudoradikuläres Lumbalsyndrom bei kernspintomographisch nachgewiesenen Bandscheibenschäden, einen Zustand nach Denervierung des Epikondylus radialis rechts, eine initiale Coxarthrose, eine chronisch venöse Insuffizienz, Übergewicht, eine mit Hörgeräten versorgte Schwerhörigkeit, eine Senk-Spreizfußdeformität und Zeichen einer Retropatellararthrose. Auf Grund des Lumbalsyndroms bei nur geringen funktionellen Defiziten und altersentsprechenden radiologischen Verhältnissen könne nur von einer geringen Beeinträchtigung des Leistungsvermögens ausgegangen werden. Schwere körperliche Arbeiten könne der Kläger nicht mehr verrichten, zu vermeiden seien Zwangshaltungen, Einwirkungen von Nässe und Kälte sowie vermehrtes Drehen, Wenden und Vornüberneigen des Rumpfes. Wegen der mäßig- bis mittelgradig ausgeprägten Coxarthrose könne der Kläger außerdem keine ganztägig stehende und gehende Tätigkeit mehr verrichten. Unter Beachtung dieser Einschränkungen könne der Kläger leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten und die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Hausmeister weiterhin mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Mit Bescheid vom 02.04.2007 und Widerspruchsbescheid vom 24.07.2007 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Auch ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit bestehe nicht, da der Kläger mit dem verbliebenen Leistungsvermögen den bisherigen Beruf als Hausmeister weiterhin sechs Stunden und mehr täglich ausüben könne.
Hiergegen hat der Kläger am 30.07.2007 Klage zum Sozialgericht Mannheim erhoben und geltend gemacht, er sei auf Grund der bei ihm vorliegenden Erkrankungen nicht mehr in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Seine Arbeit als Hausmeister sei ihm wegen häufiger krankheitsbedingter Fehlzeiten gekündigt worden und auch, weil er wegen eines Bandscheibenvorfalls und eines "Tennisarms" nicht mehr als 5 kg heben dürfe.
Das Sozialgericht hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Der Internist PD Dr. H. hat über eine Behandlung des Klägers im Oktober 2006 wegen einer Divertikulose, die sich unter Therapie mit Antibiotika gebessert habe, berichtet. Hinsichtlich der beruflichen Belastbarkeit bestünden keinerlei Einschränkungen. Der Neurologe und Psychiater S. hat auf psychiatrischen Fachgebiet einen psychosomatischen Symptomkomplex beschrieben, die maßgeblichen Befunde würden auf orthopädischem Fachgebiet (dorsomedianer Bandscheibenvorfall L5/S1, geringer ausgeprägte Bandscheibenvorfälle L4/5 und L3/4 ohne Wurzelkompression, degenerative Discopathie und Osteochondrose L5/S1, Spondylarthrosen und Fehlhaltung) liegen. Leichte körperliche Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen in Werkhallen und in geschlossenen Räumen ohne Zeitdruck, Nässe, Kälte, Lärm oder Arbeiten unter erhöhter Verletzungsgefahr, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen und Überkopfarbeiten könne der Kläger noch über sechs Stunden täglich ausüben. Der Arzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin T. hat eine Cervikobrachialgie bei Verdacht auf C6 Reizung und ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom ohne Wurzelreizsymptomatik oder neurologische Ausfälle beschrieben. Die hierdurch verursachten Beschwerden würden die Verrichtung einer leichten körperlichen Tätigkeit in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich nicht ausschließen. Der Internist Dr. M. hat ein im Vordergrund stehendes chronisches Lumbalsyndrom bei alten Bandscheibenvorfällen sowie eine ausgeprägte Somatisierungstendenz mit Zeichen einer lavierten Depression beschrieben. Leichte Tätigkeiten ohne Schicht- oder Akkordarbeiten und ohne Außenarbeiten könne der Kläger halbschichtig verrichten.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat der Kläger u. a. ein Gutachten nach Aktenlage des Ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit, Dr. W. (seelische Minderbelastbarkeit bei depressiver Störung und vermehrter Empfindung körperlicher Beschwerden, Minderbelastbarkeit der LWS bei Bandscheibenschädigung, Bluthochdruck, Nervenschädigung, Ohrgeräusche; vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten überwiegend sitzend, gehend oder stehend ohne Zeitdruck, ohne Arbeiten in gekennzeichneten Lärmbereichen, ohne anhaltende Zwangshaltungen der Wirbelsäule, ohne häufiges Bücken, ohne Überkopfarbeiten und anhaltende Armvorhalte, ohne Nachtschicht, ohne Absturzgefahr aus großer Höhe, ohne Belastungen durch Nässe, Kälte, Zugluft oder Temperaturschwankungen, ohne hohe Verletzungsgefahr und vorzugsweise in wechselnder Körperhaltung) vorgelegt.
Mit Urteil vom 22.07.2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), auch habe er keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit im Sinne des § 240 SGB VI. Auf gastro- enterologischen Gebiet habe PD Dr. H. keinerlei Einschränkungen beschrieben, auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet habe Dr. S. ein Leistungsvermögen von über sechs Stunden für leichte Arbeiten im Stehen, Gehen und Sitzen in Werkhallen und in geschlossenen Räumen ohne Zeitdruck, Nässe, Kälte, Lärm oder Arbeiten unter erhöhter Verletzungsgefahr, ohne häufigem Bücken, Zwangshaltungen und Überkopfarbeiten beschrieben. Auch der Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin T. habe bestätigt, dass eine körperlich leichte Berufstätigkeit mit der Möglichkeit zum Haltungswechsel und ohne erhöhte nervliche Belastung in einem Umfang von 30 Stunden wöchentlich möglich sei. Der Auffassung des Hausarztes Dr. Marggraf, der hinsichtlich der Befunde keine wesentlich anderen Angaben gemacht, aber ein nur noch halbschichtiges Leistungsvermögen bescheinigt habe, könne nicht gefolgt werden. Auch der Arzt der Agentur für Arbeit Dr. W. habe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen konstatiert. Der Kläger sei auch weiterhin in der Lage, einer Berufstätigkeit als Hausmeister in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich nachzugehen. Hierbei handele es sich um ein vielfältiges Berufsbild, bei dem schweres Heben und Tragen, wie bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit des Klägers u. a. in Form des Umzuges von Büromöbeln, an einer Vielzahl der Arbeitsplätze nicht erforderlich sei.
Gegen das am 09.08.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25.08.2008 Berufung eingelegt. Er macht geltend, bei seiner letzten Beschäftigung bei der IHK R.-N. habe er, obwohl diese formal als solche eines Hausmeisters gekennzeichnet gewesen sei, tatsächlich weit überwiegend Tätigkeiten eines Elektrikers/Elektroinstallateurs verrichtet. Er sei daher als Facharbeiter nach dem Mehrstufenschema des Bundessozialgerichts einzuordnen. Auf eine Tätigkeit eines einfachen Hausmeisters sei er daher entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht zumutbar verweisbar; im Übrigen sei er den körperlichen Anforderungen einer Tätigkeit als Hausmeister nicht mehr gewachsen. Hierzu hat er eine Bescheinigung des Neurologen und Psychiaters S. (langjährige Depression, chronische Schlafstörung und Tinnitus; der Kläger sei für einfache Hausmeistertätigkeiten dauerhaft nicht arbeitsfähig) vorgelegt.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 22.07.2008 und den Bescheid der Beklagten vom 02.04.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) das nervenärztliche Gutachten der Neurologin und Psychiaterin Dr. Sch. eingeholt. Diese hat einen Tinnitus aurium, eine mittelstarke depressive Episode bei dependenter depressiver Persönlichkeitsstruktur, ein chronisches LWS-Syndrom bei NPP L3/4, L4/5 und L5/S1 ohne neurologische Ausfälle und ein chronisches HWS-Syndrom bei NPP HWK 5/6 ohne neurologische Ausfälle beschrieben. Der Kläger sei noch in der Lage, leichte, gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis 10 kg im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen, ohne Zwangshaltungen, ohne ständige Überkopfarbeiten, ohne ungünstige klimatische Verhältnisse, insbesondere ohne Kälte und Nässe, ohne Tätigkeiten mit besonderer Lärmbelastung oder der Notwendigkeit, sich auf die Gespräche mehrerer Personen konzentrieren zu müssen, ohne Zeitdruck, ohne Nachtschicht und ohne Publikumsverkehr sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche auszuüben.
Auf den Hinweis des Senats, dass neben einer Verweisungstätigkeit als Hausmeister auch eine solche als Mitarbeiter in der Poststelle in Betracht komme, hat der Kläger geltend gemacht, solche Tätigkeiten seien mit schweren körperlichen Tätigkeiten, nämlich Heben und Tragen von Postsendungen verbunden, die er nicht mehr zu leisten im Stande sei.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit besteht nicht.
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von dem Kläger beanspruchte Rente (§§ 43, 240 SGB VI) einschließlich der hierzu ergangenen Rechtsprechung dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil er zumindest leichte Tätigkeiten im Stehen, Gehen und Sitzen unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann. Der Senat sieht deshalb insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Auch das im Berufungsverfahren auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG eingeholte Gutachten der Neurologin und Psychiaterin Dr. Sch. stützt das Klagebegehren nicht. Denn auch Dr. Sch. hat - ausgehend von den Diagnosen eines Tinnitus aurium, einer mittelstarken depressiven Episode bei dependenter depressiver Persönlichkeitsstruktur, eines chronischen LWS-Syndroms bei NPP L3/4, L4/5 und L5/S1 ohne neurologische Ausfälle und eines chronischen HWS-Syndroms bei NPP HWK 5/6 ohne neurologische Ausfälle - ein Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich für leichte, gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu 10 kg im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen, ohne Zwangshaltungen, ohne ständige Überkopfarbeiten, ohne ungünstige klimatische Verhältnisse, insbesondere Kälte und Nässe, ohne Tätigkeiten mit besonderer Lärmbelästigung oder der Notwendigkeit, sich auf die Gespräche mehrerer Personen konzentrieren zu müssen, ohne Zeitdruck, ohne Nachtschicht und ohne Publikumsverkehr beschrieben. Soweit der Kläger zu dem Gutachten der Dr. Sch. vorgetragen hat, die von Dr. Sch. im Gutachten wiedergegebene Aussage, er habe vor ca. einem halben Jahr einem Bruder einen Rat geben wollen, wie man 70.000,00 EUR Immobilienschulden über das Sozialamt laufen lassen könne, habe er im Untersuchungsgespräch nicht geäußert, ist dies - wie der Kläger selbst einräumt - für die Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht von Bedeutung.
Soweit der Kläger bemängelt, Dr. Sch. und auch das Sozialgericht hätten sich nicht hinreichend mit dem Berufsbild eines Hausmeisters auseinandergesetzt, kommt es hierauf für den geltend gemachten Rentenanspruch letztlich nicht an. Denn auch wenn zugunsten des Klägers unterstellt wird, dass er bei seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Hausmeister bei der IHK R.-N. überwiegend mit Arbeiten in dem von ihm erlernten Beruf eines Elektroinstallateurs betraut war und er daher nach dem Mehrstufenschema des Bundessozialgerichts als Facharbeiter einzustufen ist, kann er sozial und medizinisch zumutbar jedenfalls auf eine Tätigkeit als Mitarbeiter in der Poststelle (Vergütungsgruppe BAT VIII) verwiesen werden und ist deshalb nicht berufsunfähig.
Der Senat hat bereits mit Urteil vom 23.03.2006, L 10 R 612/05 im Anschluss an den in diesem Verfahren gehörten berufskundlichen Sachverständigen M. entschieden, dass der Mitarbeiter in der Poststelle im öffentlichen Dienst nach Vergütungsgruppe BAT VIII entlohnt wird und es sich damit nach dem Tarifvertrag jeweils um Tätigkeiten für Angelernte und damit eine für Facharbeiter grundsätzlich zumutbare Verweisungstätigkeit handelt (vgl. Urteil des BSG vom 27.11.1991, 5 RJ 91/89). Arbeitsplätze sind in nennenswerter Zahl auf dem Arbeitsmarkt vorhanden. Der Kläger ist auf dieses Urteil des Senats hingewiesen worden. Soweit der Kläger geltend macht, eine derartige Tätigkeit sei ihm deshalb nicht zumutbar, weil sie mit schweren körperlichen Tätigkeiten, nämlich dem Heben und Tragen von Postsendungen verbunden sei, geht er von unzutreffenden Voraussetzungen aus. Die Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle umfasst das Sortieren, Kuvertieren bzw. Verpacken der Post, das Frankieren und Bereitstellen der ausgehenden Post, das Bedienen der Kuvertier- und Frankiermaschine und Beschriften der ausgehenden Aktenpost. Hierbei handelt es sich - so der berufskundliche Sachverständige im Verfahren L 10 R 612/05 - regelmäßig um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen und temperierten Räumen im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen. Es kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass gelegentlich Lasten über zehn Kilogramm gehoben bzw. getragen werden müssen. Solche Transporttätigkeiten sind jedoch in größeren Behörden und Firmen nicht typisch für die Tätigkeit in der Poststelle, weil der Transportdienst von und zum Postamt sowie innerhalb der Poststelle dort von nur wenigen, speziell hierfür bestimmten Mitarbeitern wahrgenommen wird. Dass dem Kläger damit nicht jeder Arbeitsplatz auf einer Poststelle zuzumuten ist, ändert nichts. Denn für die Benennung einer Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich, dass der leistungsgeminderte Versicherte auf allen in Betracht kommenden Arbeitsplätzen einsetzbar wäre. Vielmehr genügt die prinzipielle Eignung für eine solche Tätigkeit und die Gewissheit, dass geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Zahl vorhanden sind.
Die Arbeit als Mitarbeiter in der Poststelle entspricht damit auch dem bereits oben dargelegten gesundheitlichen Restleistungsvermögen des Klägers. Insoweit ist auch das von dem Kläger im Berufungsverfahren vorgelegte Attest des Neurologen und Psychiaters S. nicht geeignet, das Vorliegen von Berufsunfähigkeit zu begründen. Denn darin hat der Neurologe und Psychiater S. lediglich attestiert, der Kläger sei für einfache Hausmeistertätigkeiten dauerhaft nicht arbeitsfähig. Demgegenüber hat der Neurologe und Psychiater S. in seiner gegenüber dem Sozialgericht abgegebenen schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage leichte körperliche Tätigkeiten im Stehen, Gehen und Sitzen in Werkhallen und geschlossenen Räumen ohne Zeitdruck, Nässe, Kälte, Lärm oder Arbeiten unter erhöhter Verletzungsgefahr, ohne häufiges Bücken, Zwangshaltungen und Überkopfarbeiten für mehr als sechs Stunden täglich zumutbar erachtet. Damit spricht - ausgehend von den oben dargelegten körperlichen Anforderungen - auch unter Berücksichtigung der Auffassung des Neurologen und Psychiaters S. nichts gegen eine Tätigkeit des Klägers als Mitarbeiter in der Poststelle.
Unerheblich ist darüber hinaus, ob dem Kläger überhaupt ein freier Arbeitsplatz angeboten werden kann, denn dieses Risiko trifft die Arbeitsverwaltung, nicht jedoch die gesetzliche Rentenversicherung, welche ihre Versicherten allein von den Nachteilen einer durch Krankheit oder Behinderung geminderten Leistungsfähigkeit zu schützen hat (vgl. BSG in SozR 3-2600 § 43 Nr. 13).
Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 20.05.2010 unter Vorlage eines Attests des behandelnden Arztes S., wonach ihm auch einfache Hausmeistertätigkeiten oder leichte körperliche Arbeiten aus nervenärztlicher Sicht nicht mehr zuzumuten seien und einer ebenfalls von dem behandelnden Arztes S. am 20.05.2010 ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (arbeitsunfähig vom 26.06.2006 bis 17.06.2010) eine rapide Verschlechterung seines Gesundheitszustandes geltend gemacht hat, ist dies nicht geeignet, ein dauerhaft rentenrelevant abgesunkenes Leistungsvermögen für die Verrichtung leichter körperlicher Tätigkeiten unter Beachtung der bereits genannten qualitativen Einschränkungen zu begründen. Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers ist nicht nachvollziehbar und auch in dem von dem Kläger vorgelegten Attest des behandelnden Arztes S. nicht beschrieben. Vielmehr hat dieser lediglich eine Behandlung des Klägers seit August 2006 angegeben. Soweit der behandelnde Arzt S. Arbeitsunfähigkeit vom 26.06.2006 bis 17.06.2010 bescheinigt hat, ist auch dies nicht geeignet, das Vorliegen eines rentenrelevant eingeschränkten Leistungsvermögens zu begründen. Einerseits bezieht sich der Begriff der Arbeitsunfähigkeit auf die konkret zuletzt ausgeübte Tätigkeit. Allein der Umstand, dass der Kläger die konkret zuletzt ausgeübte Tätigkeit, bei der er nach seinen eigenen Angaben auch schwer heben und tragen musste, nicht mehr verrichten kann, begründet - wie bereits dargelegt - keinen Anspruch auf die begehrte Rente. Andererseits hat der behandelnde Arzt S. Arbeitsunfähigkeit nur bis 17.06.2010, bescheinigt, was nicht die Annahme eines auf unbestimmte Dauer bestehenden Zustandes nahelegt. Soweit er nach dem von dem Kläger außerdem vorgelegten Attest auch leichte körperliche Arbeiten nicht mehr für zumutbar erachtet hat, ist dies vor dem Hintergrund des Gutachtens von Dr. Sch. und mangels jeglicher Begründung nicht nachvollziehbar.
Soweit der Kläger sich außerdem auf seine Schwerbehinderteneigenschaft beruft, ist dies für das vorliegende Verfahren auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ohne entscheidende Bedeutung. Denn die Beurteilung nach dem Schwerbehindertenrecht besitzt für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit im Rahmen eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung keine anspruchsbegründende Bedeutung (BSG, Beschluss vom 09.12.1987, 5b BJ 156/87, veröffentlicht in Juris) und die Voraussetzungen für die Beurteilung des Grades der Behinderung unterscheiden sich maßgeblich (vgl. § 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch: Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft) von jenen für die Beurteilung einer Erwerbsminderung (vgl. z.B. § 43 Abs. 3 SGB VI: Fähigkeit, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu arbeiten).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am 1951 geborene Kläger erlernte von Dezember 1966 bis Mai 1970 den Beruf eines Elektroinstallateurs und anschließend von 1971 bis 1973 den Beruf eines Lokführers und war in dieser Tätigkeit bis 1978 beschäftigt. In der Zeit von 1978 bis 2003 war er Hausmann und daneben nur gelegentlich und über kürzere Zeiträume versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend war er ab dem Jahr 2003 wieder als Elektroinstallateur, zunächst als Leiharbeiter bei der Firma A. und sodann vom 01.07.2003 bis Juni 2006 als Hausmeister bei der Industrie- und Handelskammer R.-N. beschäftigt. Anschließend war er arbeitsunfähig, das Arbeitsverhältnis wurde mit Zustimmung des Integrationsamtes zum 31.03.2007 von Seiten des Arbeitgebers gekündigt. Der Kläger ist seit 16.10.2006 als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung von 50 anerkannt (Bescheid des Landratsamts Rhein-Neckarkreis, Versorgungsamt, vom 01.02.2007).
Am 25.10.2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. In dem im Auftrag der Beklagten erstatteten Gutachten beschrieb der Chirurg Dr. K. ein pseudoradikuläres Lumbalsyndrom bei kernspintomographisch nachgewiesenen Bandscheibenschäden, einen Zustand nach Denervierung des Epikondylus radialis rechts, eine initiale Coxarthrose, eine chronisch venöse Insuffizienz, Übergewicht, eine mit Hörgeräten versorgte Schwerhörigkeit, eine Senk-Spreizfußdeformität und Zeichen einer Retropatellararthrose. Auf Grund des Lumbalsyndroms bei nur geringen funktionellen Defiziten und altersentsprechenden radiologischen Verhältnissen könne nur von einer geringen Beeinträchtigung des Leistungsvermögens ausgegangen werden. Schwere körperliche Arbeiten könne der Kläger nicht mehr verrichten, zu vermeiden seien Zwangshaltungen, Einwirkungen von Nässe und Kälte sowie vermehrtes Drehen, Wenden und Vornüberneigen des Rumpfes. Wegen der mäßig- bis mittelgradig ausgeprägten Coxarthrose könne der Kläger außerdem keine ganztägig stehende und gehende Tätigkeit mehr verrichten. Unter Beachtung dieser Einschränkungen könne der Kläger leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten und die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Hausmeister weiterhin mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Mit Bescheid vom 02.04.2007 und Widerspruchsbescheid vom 24.07.2007 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Auch ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit bestehe nicht, da der Kläger mit dem verbliebenen Leistungsvermögen den bisherigen Beruf als Hausmeister weiterhin sechs Stunden und mehr täglich ausüben könne.
Hiergegen hat der Kläger am 30.07.2007 Klage zum Sozialgericht Mannheim erhoben und geltend gemacht, er sei auf Grund der bei ihm vorliegenden Erkrankungen nicht mehr in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Seine Arbeit als Hausmeister sei ihm wegen häufiger krankheitsbedingter Fehlzeiten gekündigt worden und auch, weil er wegen eines Bandscheibenvorfalls und eines "Tennisarms" nicht mehr als 5 kg heben dürfe.
Das Sozialgericht hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Der Internist PD Dr. H. hat über eine Behandlung des Klägers im Oktober 2006 wegen einer Divertikulose, die sich unter Therapie mit Antibiotika gebessert habe, berichtet. Hinsichtlich der beruflichen Belastbarkeit bestünden keinerlei Einschränkungen. Der Neurologe und Psychiater S. hat auf psychiatrischen Fachgebiet einen psychosomatischen Symptomkomplex beschrieben, die maßgeblichen Befunde würden auf orthopädischem Fachgebiet (dorsomedianer Bandscheibenvorfall L5/S1, geringer ausgeprägte Bandscheibenvorfälle L4/5 und L3/4 ohne Wurzelkompression, degenerative Discopathie und Osteochondrose L5/S1, Spondylarthrosen und Fehlhaltung) liegen. Leichte körperliche Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen in Werkhallen und in geschlossenen Räumen ohne Zeitdruck, Nässe, Kälte, Lärm oder Arbeiten unter erhöhter Verletzungsgefahr, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen und Überkopfarbeiten könne der Kläger noch über sechs Stunden täglich ausüben. Der Arzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin T. hat eine Cervikobrachialgie bei Verdacht auf C6 Reizung und ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom ohne Wurzelreizsymptomatik oder neurologische Ausfälle beschrieben. Die hierdurch verursachten Beschwerden würden die Verrichtung einer leichten körperlichen Tätigkeit in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich nicht ausschließen. Der Internist Dr. M. hat ein im Vordergrund stehendes chronisches Lumbalsyndrom bei alten Bandscheibenvorfällen sowie eine ausgeprägte Somatisierungstendenz mit Zeichen einer lavierten Depression beschrieben. Leichte Tätigkeiten ohne Schicht- oder Akkordarbeiten und ohne Außenarbeiten könne der Kläger halbschichtig verrichten.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat der Kläger u. a. ein Gutachten nach Aktenlage des Ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit, Dr. W. (seelische Minderbelastbarkeit bei depressiver Störung und vermehrter Empfindung körperlicher Beschwerden, Minderbelastbarkeit der LWS bei Bandscheibenschädigung, Bluthochdruck, Nervenschädigung, Ohrgeräusche; vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten überwiegend sitzend, gehend oder stehend ohne Zeitdruck, ohne Arbeiten in gekennzeichneten Lärmbereichen, ohne anhaltende Zwangshaltungen der Wirbelsäule, ohne häufiges Bücken, ohne Überkopfarbeiten und anhaltende Armvorhalte, ohne Nachtschicht, ohne Absturzgefahr aus großer Höhe, ohne Belastungen durch Nässe, Kälte, Zugluft oder Temperaturschwankungen, ohne hohe Verletzungsgefahr und vorzugsweise in wechselnder Körperhaltung) vorgelegt.
Mit Urteil vom 22.07.2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), auch habe er keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit im Sinne des § 240 SGB VI. Auf gastro- enterologischen Gebiet habe PD Dr. H. keinerlei Einschränkungen beschrieben, auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet habe Dr. S. ein Leistungsvermögen von über sechs Stunden für leichte Arbeiten im Stehen, Gehen und Sitzen in Werkhallen und in geschlossenen Räumen ohne Zeitdruck, Nässe, Kälte, Lärm oder Arbeiten unter erhöhter Verletzungsgefahr, ohne häufigem Bücken, Zwangshaltungen und Überkopfarbeiten beschrieben. Auch der Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin T. habe bestätigt, dass eine körperlich leichte Berufstätigkeit mit der Möglichkeit zum Haltungswechsel und ohne erhöhte nervliche Belastung in einem Umfang von 30 Stunden wöchentlich möglich sei. Der Auffassung des Hausarztes Dr. Marggraf, der hinsichtlich der Befunde keine wesentlich anderen Angaben gemacht, aber ein nur noch halbschichtiges Leistungsvermögen bescheinigt habe, könne nicht gefolgt werden. Auch der Arzt der Agentur für Arbeit Dr. W. habe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen konstatiert. Der Kläger sei auch weiterhin in der Lage, einer Berufstätigkeit als Hausmeister in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich nachzugehen. Hierbei handele es sich um ein vielfältiges Berufsbild, bei dem schweres Heben und Tragen, wie bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit des Klägers u. a. in Form des Umzuges von Büromöbeln, an einer Vielzahl der Arbeitsplätze nicht erforderlich sei.
Gegen das am 09.08.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25.08.2008 Berufung eingelegt. Er macht geltend, bei seiner letzten Beschäftigung bei der IHK R.-N. habe er, obwohl diese formal als solche eines Hausmeisters gekennzeichnet gewesen sei, tatsächlich weit überwiegend Tätigkeiten eines Elektrikers/Elektroinstallateurs verrichtet. Er sei daher als Facharbeiter nach dem Mehrstufenschema des Bundessozialgerichts einzuordnen. Auf eine Tätigkeit eines einfachen Hausmeisters sei er daher entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht zumutbar verweisbar; im Übrigen sei er den körperlichen Anforderungen einer Tätigkeit als Hausmeister nicht mehr gewachsen. Hierzu hat er eine Bescheinigung des Neurologen und Psychiaters S. (langjährige Depression, chronische Schlafstörung und Tinnitus; der Kläger sei für einfache Hausmeistertätigkeiten dauerhaft nicht arbeitsfähig) vorgelegt.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 22.07.2008 und den Bescheid der Beklagten vom 02.04.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) das nervenärztliche Gutachten der Neurologin und Psychiaterin Dr. Sch. eingeholt. Diese hat einen Tinnitus aurium, eine mittelstarke depressive Episode bei dependenter depressiver Persönlichkeitsstruktur, ein chronisches LWS-Syndrom bei NPP L3/4, L4/5 und L5/S1 ohne neurologische Ausfälle und ein chronisches HWS-Syndrom bei NPP HWK 5/6 ohne neurologische Ausfälle beschrieben. Der Kläger sei noch in der Lage, leichte, gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis 10 kg im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen, ohne Zwangshaltungen, ohne ständige Überkopfarbeiten, ohne ungünstige klimatische Verhältnisse, insbesondere ohne Kälte und Nässe, ohne Tätigkeiten mit besonderer Lärmbelastung oder der Notwendigkeit, sich auf die Gespräche mehrerer Personen konzentrieren zu müssen, ohne Zeitdruck, ohne Nachtschicht und ohne Publikumsverkehr sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche auszuüben.
Auf den Hinweis des Senats, dass neben einer Verweisungstätigkeit als Hausmeister auch eine solche als Mitarbeiter in der Poststelle in Betracht komme, hat der Kläger geltend gemacht, solche Tätigkeiten seien mit schweren körperlichen Tätigkeiten, nämlich Heben und Tragen von Postsendungen verbunden, die er nicht mehr zu leisten im Stande sei.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit besteht nicht.
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von dem Kläger beanspruchte Rente (§§ 43, 240 SGB VI) einschließlich der hierzu ergangenen Rechtsprechung dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil er zumindest leichte Tätigkeiten im Stehen, Gehen und Sitzen unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann. Der Senat sieht deshalb insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Auch das im Berufungsverfahren auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG eingeholte Gutachten der Neurologin und Psychiaterin Dr. Sch. stützt das Klagebegehren nicht. Denn auch Dr. Sch. hat - ausgehend von den Diagnosen eines Tinnitus aurium, einer mittelstarken depressiven Episode bei dependenter depressiver Persönlichkeitsstruktur, eines chronischen LWS-Syndroms bei NPP L3/4, L4/5 und L5/S1 ohne neurologische Ausfälle und eines chronischen HWS-Syndroms bei NPP HWK 5/6 ohne neurologische Ausfälle - ein Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich für leichte, gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu 10 kg im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen, ohne Zwangshaltungen, ohne ständige Überkopfarbeiten, ohne ungünstige klimatische Verhältnisse, insbesondere Kälte und Nässe, ohne Tätigkeiten mit besonderer Lärmbelästigung oder der Notwendigkeit, sich auf die Gespräche mehrerer Personen konzentrieren zu müssen, ohne Zeitdruck, ohne Nachtschicht und ohne Publikumsverkehr beschrieben. Soweit der Kläger zu dem Gutachten der Dr. Sch. vorgetragen hat, die von Dr. Sch. im Gutachten wiedergegebene Aussage, er habe vor ca. einem halben Jahr einem Bruder einen Rat geben wollen, wie man 70.000,00 EUR Immobilienschulden über das Sozialamt laufen lassen könne, habe er im Untersuchungsgespräch nicht geäußert, ist dies - wie der Kläger selbst einräumt - für die Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht von Bedeutung.
Soweit der Kläger bemängelt, Dr. Sch. und auch das Sozialgericht hätten sich nicht hinreichend mit dem Berufsbild eines Hausmeisters auseinandergesetzt, kommt es hierauf für den geltend gemachten Rentenanspruch letztlich nicht an. Denn auch wenn zugunsten des Klägers unterstellt wird, dass er bei seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Hausmeister bei der IHK R.-N. überwiegend mit Arbeiten in dem von ihm erlernten Beruf eines Elektroinstallateurs betraut war und er daher nach dem Mehrstufenschema des Bundessozialgerichts als Facharbeiter einzustufen ist, kann er sozial und medizinisch zumutbar jedenfalls auf eine Tätigkeit als Mitarbeiter in der Poststelle (Vergütungsgruppe BAT VIII) verwiesen werden und ist deshalb nicht berufsunfähig.
Der Senat hat bereits mit Urteil vom 23.03.2006, L 10 R 612/05 im Anschluss an den in diesem Verfahren gehörten berufskundlichen Sachverständigen M. entschieden, dass der Mitarbeiter in der Poststelle im öffentlichen Dienst nach Vergütungsgruppe BAT VIII entlohnt wird und es sich damit nach dem Tarifvertrag jeweils um Tätigkeiten für Angelernte und damit eine für Facharbeiter grundsätzlich zumutbare Verweisungstätigkeit handelt (vgl. Urteil des BSG vom 27.11.1991, 5 RJ 91/89). Arbeitsplätze sind in nennenswerter Zahl auf dem Arbeitsmarkt vorhanden. Der Kläger ist auf dieses Urteil des Senats hingewiesen worden. Soweit der Kläger geltend macht, eine derartige Tätigkeit sei ihm deshalb nicht zumutbar, weil sie mit schweren körperlichen Tätigkeiten, nämlich dem Heben und Tragen von Postsendungen verbunden sei, geht er von unzutreffenden Voraussetzungen aus. Die Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle umfasst das Sortieren, Kuvertieren bzw. Verpacken der Post, das Frankieren und Bereitstellen der ausgehenden Post, das Bedienen der Kuvertier- und Frankiermaschine und Beschriften der ausgehenden Aktenpost. Hierbei handelt es sich - so der berufskundliche Sachverständige im Verfahren L 10 R 612/05 - regelmäßig um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen und temperierten Räumen im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen. Es kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass gelegentlich Lasten über zehn Kilogramm gehoben bzw. getragen werden müssen. Solche Transporttätigkeiten sind jedoch in größeren Behörden und Firmen nicht typisch für die Tätigkeit in der Poststelle, weil der Transportdienst von und zum Postamt sowie innerhalb der Poststelle dort von nur wenigen, speziell hierfür bestimmten Mitarbeitern wahrgenommen wird. Dass dem Kläger damit nicht jeder Arbeitsplatz auf einer Poststelle zuzumuten ist, ändert nichts. Denn für die Benennung einer Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich, dass der leistungsgeminderte Versicherte auf allen in Betracht kommenden Arbeitsplätzen einsetzbar wäre. Vielmehr genügt die prinzipielle Eignung für eine solche Tätigkeit und die Gewissheit, dass geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Zahl vorhanden sind.
Die Arbeit als Mitarbeiter in der Poststelle entspricht damit auch dem bereits oben dargelegten gesundheitlichen Restleistungsvermögen des Klägers. Insoweit ist auch das von dem Kläger im Berufungsverfahren vorgelegte Attest des Neurologen und Psychiaters S. nicht geeignet, das Vorliegen von Berufsunfähigkeit zu begründen. Denn darin hat der Neurologe und Psychiater S. lediglich attestiert, der Kläger sei für einfache Hausmeistertätigkeiten dauerhaft nicht arbeitsfähig. Demgegenüber hat der Neurologe und Psychiater S. in seiner gegenüber dem Sozialgericht abgegebenen schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage leichte körperliche Tätigkeiten im Stehen, Gehen und Sitzen in Werkhallen und geschlossenen Räumen ohne Zeitdruck, Nässe, Kälte, Lärm oder Arbeiten unter erhöhter Verletzungsgefahr, ohne häufiges Bücken, Zwangshaltungen und Überkopfarbeiten für mehr als sechs Stunden täglich zumutbar erachtet. Damit spricht - ausgehend von den oben dargelegten körperlichen Anforderungen - auch unter Berücksichtigung der Auffassung des Neurologen und Psychiaters S. nichts gegen eine Tätigkeit des Klägers als Mitarbeiter in der Poststelle.
Unerheblich ist darüber hinaus, ob dem Kläger überhaupt ein freier Arbeitsplatz angeboten werden kann, denn dieses Risiko trifft die Arbeitsverwaltung, nicht jedoch die gesetzliche Rentenversicherung, welche ihre Versicherten allein von den Nachteilen einer durch Krankheit oder Behinderung geminderten Leistungsfähigkeit zu schützen hat (vgl. BSG in SozR 3-2600 § 43 Nr. 13).
Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 20.05.2010 unter Vorlage eines Attests des behandelnden Arztes S., wonach ihm auch einfache Hausmeistertätigkeiten oder leichte körperliche Arbeiten aus nervenärztlicher Sicht nicht mehr zuzumuten seien und einer ebenfalls von dem behandelnden Arztes S. am 20.05.2010 ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (arbeitsunfähig vom 26.06.2006 bis 17.06.2010) eine rapide Verschlechterung seines Gesundheitszustandes geltend gemacht hat, ist dies nicht geeignet, ein dauerhaft rentenrelevant abgesunkenes Leistungsvermögen für die Verrichtung leichter körperlicher Tätigkeiten unter Beachtung der bereits genannten qualitativen Einschränkungen zu begründen. Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers ist nicht nachvollziehbar und auch in dem von dem Kläger vorgelegten Attest des behandelnden Arztes S. nicht beschrieben. Vielmehr hat dieser lediglich eine Behandlung des Klägers seit August 2006 angegeben. Soweit der behandelnde Arzt S. Arbeitsunfähigkeit vom 26.06.2006 bis 17.06.2010 bescheinigt hat, ist auch dies nicht geeignet, das Vorliegen eines rentenrelevant eingeschränkten Leistungsvermögens zu begründen. Einerseits bezieht sich der Begriff der Arbeitsunfähigkeit auf die konkret zuletzt ausgeübte Tätigkeit. Allein der Umstand, dass der Kläger die konkret zuletzt ausgeübte Tätigkeit, bei der er nach seinen eigenen Angaben auch schwer heben und tragen musste, nicht mehr verrichten kann, begründet - wie bereits dargelegt - keinen Anspruch auf die begehrte Rente. Andererseits hat der behandelnde Arzt S. Arbeitsunfähigkeit nur bis 17.06.2010, bescheinigt, was nicht die Annahme eines auf unbestimmte Dauer bestehenden Zustandes nahelegt. Soweit er nach dem von dem Kläger außerdem vorgelegten Attest auch leichte körperliche Arbeiten nicht mehr für zumutbar erachtet hat, ist dies vor dem Hintergrund des Gutachtens von Dr. Sch. und mangels jeglicher Begründung nicht nachvollziehbar.
Soweit der Kläger sich außerdem auf seine Schwerbehinderteneigenschaft beruft, ist dies für das vorliegende Verfahren auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ohne entscheidende Bedeutung. Denn die Beurteilung nach dem Schwerbehindertenrecht besitzt für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit im Rahmen eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung keine anspruchsbegründende Bedeutung (BSG, Beschluss vom 09.12.1987, 5b BJ 156/87, veröffentlicht in Juris) und die Voraussetzungen für die Beurteilung des Grades der Behinderung unterscheiden sich maßgeblich (vgl. § 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch: Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft) von jenen für die Beurteilung einer Erwerbsminderung (vgl. z.B. § 43 Abs. 3 SGB VI: Fähigkeit, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu arbeiten).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved