Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 VS 2515/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VS 2615/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21.04.2005 und der Bescheid der Beklagten vom 06.09.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.06.2002 abgeändert. Als Wehrdienstbeschädigungsfolgen werden ein Zustand nach abgelaufener, durch beidseitige Embolektomie und Einbau eines Vena-Cava-Schirms operativ behandelter fulminanter Lungenembolie mit dauerhafter Marcumar-Antikoagulations-Prophylaxe festgestellt.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Der 1941 geborene Kläger begehrt die Feststellung der Folgen einer Lungenembolie als Wehrdienstbeschädigungsfolgen sowie die Gewährung eines Ausgleichs nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG).
Der Kläger trat am 04.04.1961 in die Bundeswehr ein und wurde Berufssoldat. Zuvor gab er im Rahmen einer Untersuchung am 15.12.1960 zu seiner gesundheitlichen Vorgeschichte eine "leichte Kurzatmigkeit" an. Routinemäßig wurden in den Jahren 1968 bis 1972, 1976, 1984 und 1987 Röntgenaufnahmen des Thorax gemacht, bei denen jeweils kein regelwidriger Befund erhoben werden konnte. Im März 1993 wurde anlässlich einer weiteren Röntgenuntersuchung eine vereinzelte Fleckschatteneinlagerung in den Lungenflügeln festgestellt. Es wurde jedoch kein Anhalt für einen behandlungsbedürftigen Lungenprozess gesehen und der Kläger wurde als belastbar eingestuft. Zur Prüfung der Tropenverwendungsfähigkeit erfolgte am 14.06.1993 eine Untersuchung im Bundeswehrkrankenhaus M. Die Internistin Dr. B. vermerkte in ihrem Bericht vom 14.06.1993, der Kläger sei subjektiv beschwerdefrei. Zur Lungenfunktion führte sie aus, es habe kein Hinweis für eine restriktive oder obstruktive Ventilationsstörung vorgelegen.
Ab 01.09.1993 verrichtete der Kläger seinen Dienst als Verteidigungsattaché bei der Botschaft der B. D. in A. mit Nebennotifizierung in T.
In A. diagnostizierte Dr. R. ausweislich seines Arztbriefs vom 18.04.1994 eine akute Bronchitis und verordnete Antibiotika. Im Rahmen eines Heimataufenthalts stellte sich der Kläger am 15.02.1996 bei Dr. B. vor. In ihrem Bericht vom 16.02.1996 führte sie aus, er habe angegeben, zwischenzeitlich eine akute Bronchitis erlitten zu haben, die mit Penicillin behandelt worden sei. Seit diesem Zeitpunkt komme es intermittierend zu Husten mit Auswurf. Dr. B. nahm eine Lungenfunktionsprüfung vor und äußerte den Verdacht auf eine chronische Bronchitis. Eine Kontrolle des Befundes schlug sie für den April 1996 vor. Erst am 09.09.1996 stellte sich der Kläger wieder bei Dr. B. vor. Sie überwies den Kläger an den Radiologen Dr. H. und die Ärztin für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde Dr. B ... Dr. H. beschrieb aufgrund einer am 09.09.1996 durchgeführten Computertomographie des Thorax im Oberfeld des rechten Flügels und lateral vereinzelte, geringe am ehesten postspezifische, narbige Veränderungen ohne Hinweis auf ein Malignom. Dr. B. führte in ihrem Arztbrief vom 11.09.1996 aus, der Kläger habe bei der Untersuchung am 10.09.1996 über Husten mit wenig Auswurf seit März 1993 geklagt. Es sei die Diagnose einer Bronchitis gestellt worden. Im Jahr 1994 habe er in A. eine Bronchitis gehabt. Er habe damals Blut gespuckt und sei mit Antibiotika behandelt worden. Seither habe er ständig einen leichten Hustenreiz und Räusperzwang, meist, besonders morgens, mit hellem Auswurf. Beim Sport bemerke er eine Leistungsminderung. Dr. B. diagnostizierte einen Zustand nach rezidivierenden Bronchitiden, einen Räusperzwang, ein Sicca-Syndrom sowie eine Septumdeviation und schlug eine Therapie mit befeuchtenden Maßnahmen mit Sinupret, Emser-Pastillen sowie Bepanthen-Tabletten vor. In ihrem Bericht vom 12.09.1996 führte Dr. B. zusammenfassend aus, der Kläger habe ihr gegenüber unverändert ein Gefühl der Verschleimung mit einem ständigen Schnupfen angegeben. Diese Beschwerden bestünden seit 1994. Die zum damaligen Zeitpunkt durchgeführte Antibiotika-Therapie habe zunächst eine Besserung erbracht. Die Beschwerden seien dann in leichter Form erneut im Winter aufgetreten und jetzt ständig vorhanden. Ansonsten sei er beschwerdefrei. Für eine bronchiale Hyperreagibilität finde sich derzeit kein ausreichender Hinweis. Hinsichtlich der radiologisch nachweisbaren Veränderungen sei nicht mehr sicher zu klären, ob eine Pneumonie abgelaufen sei. Sie empfahl zunächst lediglich Kontrollen und verwies im Übrigen auf die Empfehlungen der Dr. B ...
Am 25.12.1996 erlitt der Kläger eine beidseitige fulminante Lungenembolie und wurde daraufhin im Schockzustand beidseitig embolektomiert. Zur Verhinderung weiterer Lungenembolien wurde ein infrarenaler Cava-Schirm eingebracht. Der Internist Dr. Ch. führte in seinem über die Behandlung in T. erstellten Bericht vom 23.01.1997 aus, der Kläger habe seit einiger Zeit vor der Embolie über ein Druckgefühl im Brustkorb mit Atemnot, vor allem bei Belastung, geklagt. Außerdem habe ein allgemeines Schwächegefühl und Unwohlsein vorgelegen. Er sei deswegen im Sommer 1996 im Bundeswehrkrankenhaus in M. untersucht worden. Die Brustkorbbeschwerden hätten in den letzten Tagen deutlich zugenommen, so dass sogar das Laufen unmöglich geworden sei. Dr. Ch. äußerte den Verdacht, es habe sich um eine Blutgerinnungsstörung gehandelt, zumal der Bruder des Klägers das annähernd gleiche Los erlebt habe.
Zum 01.10.1997 wurde der Kläger aus Altersgründen pensioniert. Vom 13.02.1997 bis zum 13.03.1997 befand sich der Kläger in einer stationären Rehabilitation in der Klinik St. H. in Bad W. Zur Abklärung des weiteren Vorgehens bezüglich der aufgrund der Einbringung des Cava-Schirms notwendigen Antikoagulation sowie einer eventuellen Entfernung des Cava-Schirms hielt sich der Kläger vom 23.09.1997 bis zum 26.09.1997 stationär im Bundeswehrzentralkrankenhaus K. auf. Eine Entfernung des Cava-Schirms erachtete Dr. F., Leitender Arzt der Abteilung Innere Medizin des Bundeswehrzentralkrankenhauses K., in seinem Arztbrief vom 13.10.1998 nicht für möglich.
Am 21.09.1998 beantragte der Kläger bei dem damaligen Versorgungsamt (VA) wegen der nach der Lungenembolie verbliebenen Folgen die Feststellung seines Grades der Behinderung (GdB) sowie Versorgung nach dem SVG.
Nach Einholung der versorgungsärztlichen Stellungnahme der Internistin Dr. C. vom 22.06.1999 (GdB 30 für Restfolgen nach chirurgischer Embolektomie bei Lungenembolie, Vena-Cava-Schirmimplantation) stellte das VA mit Bescheid vom 30.06.1999 den GdB des Klägers mit 30 ab 21.09.1998 fest. Nach Einholung der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. Sniehotta vom 23.09.1999 wies das Landesversorgungsamt (LVA) den hiergegen eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.09.1999 zurück.
Wegen der geltend gemachten Versorgung nach dem SVG hatte das VA den Antrag des Klägers an die Wehrbereichsverwaltung D. (WBV) weitergeleitet. Die WBV veranlasste eine Begutachtung durch Oberstabsarzt Dr. B., der in seinem truppenärztlichen Gutachten vom 03.01.2000 im Wesentlichen auf die von dem Internisten und Kardiologen Dr. G. in seinem Bericht vom 28.02.2000 gestellten Diagnosen eines Zustands nach fulminanter Lungenembolie mit Schockzustand sowie notfallmäßiger Embolektomie, eines Cava-Schirms mit Dauerantikoagulanzientherapie ohne Nachweis einer Rechtsherzbelastung oder einer sonstigen organischen Herzerkrankung verwies. Ferner nahm Oberstärztin a. D. Dr. V. eine sozialmedizinische Sozialversorgungsbegutachtung vor. In ihrem Gutachten vom 24.08.2000 führte sie aus, die von Dr. G. genannten Diagnosen seien zweifelsfrei nicht wehrdienstbedingt. Der Kläger habe ausschließlich durch die ärztliche Maßnahme im Dezember 1996 überleben können. Insofern erübrige sich die Frage nach einer zusätzlichen "gesundheitlichen Schädigung". Nachteilige gesundheitliche Folgen einer truppenärztlichen Behandlung lägen nicht vor. Darauf gestützt lehnte die WBV mit Bescheid vom 06.09.2000 die Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung und die Gewährung eines Ausgleichs ab. Zwar sei die truppenärztliche Versorgung grundsätzlich wehrdiensteigentümlich. Unter Bezugnahme auf das Gutachten der Dr. V. könnten jedoch nachteilige gesundheitliche Folgen einer truppenärztlichen Behandlung nicht bezeichnet werden.
Hiergegen legte der Kläger am 05.10.2000 Widerspruch ein. Er führte aus, es gehe ihm um die fehlerhafte Behandlung seines Lungenleidens vor der Embolie. Die irreversiblen Folgen hätten bei rechtzeitiger, richtiger Behandlung vermieden werden können. Dr. V. habe sich mit der Vorgeschichte nicht auseinandergesetzt. Er habe am 18.04.1994 heftige Brustschmerzen gehabt, die nur in sitzender Körperhaltung zu ertragen gewesen seien. Zwar habe sich der Gesundheitszustand danach verbessert. Nachwirkungen seien jedoch ein permanenter Hustenreiz mit oft blutigem Auswurf gewesen. Das Krankheitsgefühl sei merklich zurückgegangen, wenn auch bei Belastung eine deutliche Minderung der körperlichen Leistungsfähigkeit festzustellen gewesen sei. Seit Herbst 1994 habe er bei Heimataufenthalten regelmäßig im Facharztzentrum des Bundeswehrkrankenhauses M. auf die verbliebenen Lungenbeschwerden und Symptome wie unter anderem gelegentliche Kurzatmigkeit und Einschränkung der sportlichen Leistungsfähigkeit aufmerksam gemacht. Dokumentationen hierüber fänden sich jedoch erst ab 1996. Obwohl die Sache bei den Untersuchungen im Jahr 1996 nicht habe geklärt werden können, seien keine weiteren Maßnahmen ergriffen worden. Insgesamt habe im Vorfeld eine unzureichende Behandlung stattgefunden.
Das VA holte das nach Aktenlage erstattete versorgungsärztliche Gutachten der Dr. C. vom 25.01.2001 ein. Diese führte aus, ein schädigendes Ereignis im Sinne eines wehrdienstbedingten ursächlichen Vorganges beziehungsweise eines wehrdiensteigentümlichen Geschehnisses könne nicht gesichert werden. Mit Bescheid vom 05.02.2001 lehnte das VA die Gewährung von Beschädigtenversorgung ab. Hiergegen legte der Kläger am 27.02.2001 Widerspruch ein.
Die WBV veranlasste eine erneute Begutachtung durch Dr. V. Diese führte in ihrem sozialmedizinischen Versorgungsgutachten vom 24.01.2002 aus, zwischen der jahrelang beobachteten Bronchitis und der Lungenembolie bestehe keinerlei kausaler Zusammenhang. Die Ursache für die Embolie habe nicht ermittelt werden können. Unklar sei der Hinweis des Dr. Ch. auf eine Blutgerinnungsstörung beim Bruder des Klägers. Darauf gestützt, wies die WBV den gegen den Bescheid vom 06.09.2000 eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20.06.2002 zurück. Eine Unterlassung bei der Behandlung der Bronchitiden sei nicht ersichtlich. Ein insoweit hergeleiteter Zusammenhang sei Spekulation.
Hiergegen richtete sich die am 24.07.2002 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage. Der Kläger wiederholte sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und ergänzte, die Ärzte hätten früher hellhörig werden müssen. Sie hätten nicht einfach eine Bronchitis diagnostizieren dürfen. Dabei habe es sich um eine Verlegenheitsdiagnose gehandelt. Ein gewissenhafter Mediziner hätte eine Lungenperfusionsszintigraphie durchgeführt. Anhand der damit erhobenen Befunde hätte die richtige Behandlung eingeleitet werden können. Die Folgen der Embolie würden sich bis heute nachteilig auswirken. Er sei deswegen auch für wehrdienstuntauglich erklärt worden. Die für die angeblichen Bronchitisdiagnosen maßgeblichen Symptome seien nach der Lungenembolie allesamt verschwunden gewesen.
Das SG lud mit Beschluss vom 21.04.2005 das Land B.-W. zum Verfahren bei und wies die Klage mit Urteil vom 21.04.2005 ab. Es stützte sich dabei auf die Ausführungen der Dr. V. Die Lungenembolie sei schicksalhaft gewesen. Durch ein Sachverständigengutachten könne jetzt nicht mehr nachgewiesen werden, ob die Bronchitiden zu Unrecht diagnostiziert worden seien.
Der Kläger hat gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 30.05.2005 zugestellte Urteil des SG am 28.06.2005 Berufung eingelegt. Das SG sei nicht auf seine Einwendungen gegen das Gutachten der Dr. V. eingegangen. Im April 1994 sei es ihm so schlecht gegangen, dass er nur im Sitzen Luft bekommen habe. Wegen der schwierigen Sicherheitslage in A. sei die Durchführung weiterer diagnostischer Maßnahmen nicht möglich gewesen. Er sei rasch wieder dienstfähig geworden und habe sich auf eine dienstliche Reise in die Wüste begeben. Wegen des dortigen trockenen Klimas hätten sich seine Atembeschwerden gebessert. Seine sportliche Kondition sei aber weiterhin schlechter gewesen. Er habe sich im September 1994 einer Kontrolluntersuchung wegen anhaltendem, blutigem Auswurf und einer Leistungsminderung unterzogen. Aus dem gleichen Grund sei er 1995 zu einer - nicht dokumentierten - Kontrolluntersuchung gegangen. Die im September 1996 verordneten Maßnahmen hätten zu keiner Besserung geführt. Schon im Dezember 1994 hätte die Diagnose einer Bronchitis in Frage gestellt werden müssen. Völlig ohne Reaktion sei der Röntgenbefund "narbige Veränderungen" geblieben. Auch die später festgestellte Vergrößerung des Herzens deute auf eine längere Entwicklung der Lungenembolie hin. Dr. B. sei am 12.09.1996 vom Bluthusten informiert worden und hätte eine weitere Diagnostik einleiten müssen. Es sei naheliegend und würde der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechen, dass er ihr eine so schwere Beeinträchtigung geschildert habe. Dies sei auch tatsächlich der Fall gewesen und zwar schon vor dem Jahr 1996. Ferner führt der Kläger aus, in seiner Familie seien keine Lungenembolien bedingende Anomalien bekannt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21.04.2005 und den Bescheid der Wehrbereichsverwaltung Düsseldorf vom 06.09.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.06.2002 aufzuheben, einen "Zustand nach abgelaufener, durch Embolektomie und Cava-Schirm operativ behandelter fulminanter Lungenembolie mit Dauerantikoagulantien-Prophylaxe sowie Herzrhythmusstörungen und Notwendigkeit eines Herzschrittmachers" als Folgen einer Wehrdienstbeschädigung festzustellen und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 25.12.1996 bis 30.09.1997 einen Ausgleich zu gewähren.
Die Beklagte und der Beigeladene beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Erwiderung trägt die Beklagte vor, es seien alle maßgeblichen Unterlagen ausgewertet worden. Die Angaben des Klägers würden durch die medizinische Dokumentation nicht bestätigt. Es wäre darüber hinaus auch nicht nachvollziehbar, dass derart schwerwiegende Symptome trotz ausdrücklicher Benennung keinen Eingang in die vergleichsweise ausführlich und exakt geführten Unterlagen gefunden haben sollten. Es treffe daher nicht zu, dass der Kläger Dr. B. und Dr. B. so über die Vorerkrankung informiert habe, dass eine abweichende Diagnose oder die Einbeziehung eines weiteren Facharztes angezeigt gewesen wäre.
Der Senat hat die Stellungnahme der Dr. B. vom 21.03.2006 eingeholt. Sie hat über die bereits aktenkundigen medizinischen Unterlagen hinaus keine weiteren Angaben gemacht.
Dr. V. hat in ihrer von der Beklagten vorgelegten Stellungnahme vom 22.04.2006 ausgeführt, auch nach Darstellung vereinzelter, narbiger Veränderungen in der Computertomographie vom 09.09.1996 sei bezüglich der Bronchien oder Lungen keinerlei Behandlungsbedarf gegeben gewesen. Es sei auszuschließen, dass irgendwelche truppenärztlichen Maßnahmen die fulminante Lungenembolie hätten verhindern können. Diese habe in keinerlei Zusammenhang mit den abgelaufenen, akuten Erkrankungen der Bronchien oder der Lungen gestanden. Die Lungenembolie sei nicht vorauszusehen gewesen. Es habe keinerlei Anhaltspunkte dafür gegeben, dass eine Gefährdung vorgelegen habe, der man hätte begegnen können und müssen. Bei keiner der eingehenden Untersuchungen des Herzens, die vor Dezember 1996 erfolgt seien, hätten sich pathologischen Auffälligkeiten ergeben.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat Dr. Sch., Chefarzt der Abteilung Pneumologie in der Medizinischen Klinik der St. V.-Kliniken K., mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 08.01.2007 ist Dr. Sch. zu der Auffassung gelangt, im April 1994 sei höchstwahrscheinlich eine erste Embolie abgelaufen. Der von Dr. B. erstmalig dokumentierte Bluthusten im Jahr 1994 sei für eine Bronchitis nicht typisch. In Kombination mit den vom Kläger geschilderten plötzlich einsetzenden Brustschmerzen und der Atemnot habe die Diagnose einer akuten Lungenembolie bereits 1994 dringend nahegelegen. Die Computertomographie vom 09.09.1996 sei jedoch mit einer anderen Fragestellung und mit einer für den Nachweis von Lungenembolien nicht geeigneten Technik erfolgt. Aufgrund des Widerspruchs aufgrund der Eigenanamnese des Klägers, der versichere, von Anfang an bei der Untersuchung im Bundeswehrkrankenhaus bei Dr. B. den stattgehabten Bluthusten im Rahmen der akuten Luftnot angegeben zu haben, und der fehlenden Dokumentation des Bluthustens in den ärztlichen Unterlagen der Untersuchenden, mit Ausnahme der Unterlagen der Dr. B. vom 11.09.1996, sei die Frage nach einer Verursachung oder einer Verschlimmerung der vorliegenden Gesundheitsstörung durch eine Handlung oder Unterlassung der truppenärztlichen Behandlung von ärztlicher Seite nicht zu beantworten. Sollte die Aussage des Klägers, er habe bei der truppenärztlichen Untersuchung über Bluthusten und Atemnot geklagt, tatsächlich zutreffen, hätte die Verdachtsdiagnose einer Lungenembolie gestellt werden müssen und eine entsprechende Diagnostik hätte mit großer Wahrscheinlichkeit die lebensbedrohliche, schwere Lungenembolie vermeiden können. Da eine entsprechende Aussage in der Krankenakte aber nicht dokumentiert sei, könne eine wehrdiensteigentümliche Verursachung nicht belegt werden. Diese entscheidende Frage könne durch ein ärztliches Gutachten nicht beantwortet werden. Eine relevante kardiopulmonale Einschränkung bestehe zum aktuellen Zeitpunkt nicht. Allerdings könnten mögliche Komplikationen durch den Cava-Schirm und die Antikoagulantientherapie mit Marcumar zukünftig für den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) relevant werden.
Sodann hat der Senat Dr. Ch. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser hat unter dem 21.01.2008 ausgeführt, er könne sich nur noch daran erinnern, dass der Kläger ihm damals gesagt habe, er sei vor "einiger kurzer" Zeit wegen Atemnotbeschwerden von einer Bundeswehrärztin, die ihn kaum ernst genommen und schnell eine Diagnose gestellt habe, untersucht worden und er müsse bereits damals kleinere Lungenembolien gehabt haben.
Dr. Sch. hat in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 01.02.2008 ausgeführt, wenn vor der Lungenembolie im Dezember 1996 eine der vorangegangenen leichteren Lungenembolien rechtzeitig diagnostiziert worden wäre, hätte diese durch eine Antikoagulanzientherapie mit Marcumar mit großer Wahrscheinlichkeit vermieden werden können. Ohne Nachweis einer Gerinnungsstörung hätte man diese Antikoagulanzientherapie nach circa sechs Monaten ausgesetzt. Das Vorliegen einer Gerinnungsstörung beim Bruder des Klägers beweise keine Gerinnungsstörung beim Kläger, obwohl damit sicher eine solche zu vermuten wäre. Funktionell sei der Kläger normal belastbar. Eine messbare und damit quantifizierbare Einschränkung bestehe nicht. Eine MdE sei nicht festzustellen. Eine MdE hätte nur bestanden, wenn der Kläger auf Grund des erhöhten Blutungsrisikos bei Antikoagulanzientherapie an Kampfeinsätzen mit Verletzungsrisiko teilgenommen hätte.
Der Kläger hat sodann die Arztbriefe des Internisten und Kardiologen Dr. G. vom 14.01.2008 (tachykardiale Rhythmusstörungen wahrscheinlich mit Vorhofflattern, beginnende Links-Insuffizienz, Infekt der oberen Luftwege mit Bronchitis, Zustand nach Lungenembolie mit Cava-Schirm) und des Prof. Dr. G., Chefarzt der Abteilung Kardiologie und Angiologie der Medizinischen Klinik der St. V.-Kliniken K., vom 06.03.2008 über den dortigen stationären Aufenthalt des Klägers vom 14.01.2008 bis zum 28.01.2008 (Zustand nach Vorhofflattern mit folgender Ablation, nach AV-Block III mit folgender Schrittmacherimplantation, nach Lungenembolie und nach tiefer Beinvenenthrombose, Ausschluss einer signifikanten koronaren Herzkrankheit, gute Lungenvolumen-Funktion) vorgelegt.
Dr. V. hat in ihrer versorgungsmedizinischen Stellungnahme vom 17.06.2008 ausgeführt, nach nochmaligem intensivem Studium der Akten und der aktuellen kardiologischen Berichte sei es wahrscheinlich, dass der Kläger bereits 1994 und dann 1996 in ihrer Ausprägung sich erheblich unterscheidende Lungenembolien auf der Grundlage von nicht-wehrdienstbedingten Störungen der Herzschlagfolge in Form von Vorhofflimmern und Vorhofflattern erlitten habe. Dass 1994 und auch in den Jahren danach nie der Verdacht auf eine abgelaufene Lungenembolie aufgekommen, eine entsprechende weiterführende radiologische Diagnostik nicht durchgeführt worden und unmittelbar nach dem akuten Auftreten der Bronchitis im Jahr 1994 eine Marcumar-Prophylaxe für sechs Monate unterblieben sei, sei für das Auftreten der fulminanten beidseitigen Lungenembolie im Dezember 1996 nicht entscheidend. Es sei wahrscheinlich, dass Ursache für die Lungenembolie akute wehrdienst-unabhängige Herzrhythmusstörungen in Form von Vorhofflimmern oder Vorhofflattern gewesen sei, wodurch es zur Ausbildung von Vorhofthromben gekommen sei. Im Januar 2008 sei festgestellt worden, dass aus dem intermittierenden (gelegentlich anfallsweise auftretenden) Vorhofflattern ein chronisches Vorhofflattern geworden sei, woraus sich die Indikation zur Ablation der relevanten elektrischen Leitungen im Herzen ergeben habe. Für eine Anerkennung von Wehrdienstbeschädigungsfolgen lägen die Voraussetzungen mithin nicht vor. In ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23.09.2008 hat Dr. V. ausgeführt, nachdem es auf Grund der beidseitigen Lungenembolie im Jahr 1996 weder zu einer Leistungsbeeinträchtigung der Lungenfunktion noch einer wesentlichen Leistungsbeeinträchtigung von Herz und Kreislauf gekommen sei, betrage der GdB hierfür 0. Für die chronisch gewordenen Herzrhythmusstörungen betrage der GdB zwischen 10 und 20.
Dr. Sch. hat in seiner weiteren ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 01.02.2009 dargelegt, die Lungenembolie im Jahr 1996 wäre durch eine unbefristete Antikoagulanzientherapie mit größtmöglicher Sicherheit vermieden worden. Ob die Lungenembolie im Jahr 1996 durch eine sechsmonatige Marcumar-Therapie hätte vermieden werden können, sei nicht sicher. Wäre Marcumar nach sechs Monaten ausgesetzt worden und hätte es danach auch nur eine kleine Lungenembolie gegeben, wäre mit Sicherheit eine lebenslange Marcumar-Therapie durchgeführt worden. Der Aussage Dr. V.s über die wehrdienst-unabhängigen Rhythmusstörungen des Klägers als Ursache der Lungenembolien sei nicht zu folgen. Es gebe keine Rhythmusstörung, die zu einer Lungenembolie führen könne. Das Vorhofflimmern und Vorhofflattern im Rahmen der Lungenembolie im Jahr 1996 sei als Folge der vital bedrohlichen Verlegung der Lungenstrombahn durch die Lungenembolie zu erklären und sei eine typische Folge in der Akutsituation. Diese Rhythmusstörung führe zu keiner Thrombenbildung im rechten Vorhof, was zu Lungenembolien hätte führen können. Ferner hat der Sachverständige ausgeführt, im Rahmen seiner Begutachtung habe er keine leistungsmindernden Folgen der Lungenembolie nachweisen können.
Hierauf hat Dr. V. in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 14.04.2009 erwidert, von diversen Autoren werde angegeben, dass etwa 10 % der Thromben, die zur Lungenembolie führten, bei Vorhofflimmern entstünden. Vorgeschlagen werde die Einholung eines kardiologischen Gutachtens unter besonderer Berücksichtigung der Krankengeschichte des Klägers bezüglich der Ätiologie des Vorhofflimmerns und Vorhofflatterns und deren Ausprägung sowie hierdurch ausgelöster Lungenembolien.
Daraufhin hat der Senat das kardiologische Gutachten des Prof. Dr. G. vom 27.10.2009 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, es sei davon auszugehen, dass der Kläger im April 1994 möglicherweise eine Lungenembolie mit daraus resultierender Infarktpneumonie erlitten habe. Der Kläger habe damals über Atemnot und heftige Brustschmerzen geklagt. Die klassischen Zeichen einer Lungenembolie seien ein plötzlich auftretender Brustschmerz, Bluthusten und Atemnot. Die Symptomatik reiche von völliger Beschwerdefreiheit bis hin zu Synkopen oder Schock. Es gebe keine spezifischen Symptome oder Symptomkomplexe, welche mit ausreichender Sicherheit eine Lungenembolie beweisen oder ausschließen könnten. Besonders schwierig sei eine Lungenembolie dann zu erkennen, wenn gleichzeitig andere Erkrankungen mit ähnlicher Symptomatik wie beispielsweise eine Bronchitis oder Herzinsuffizienz vorlägen. Der Kläger sei damals von Dr. R. mit einem Antibiotikum bei Verdacht auf eine akute Bronchitis behandelt worden. Bei einer akuten Bronchitis bestehe häufig zu Anfang ein Husten mit retrosternalen Schmerzen und später könne sich ein produktiver Husten mit eitrigem Auswurf entwickeln, wobei der Auswurf gelegentlich auch blutig tangiert sein könne. Hier zeigten sich deutliche Überschneidungen hinsichtlich der Symptomatik der Lungenembolie und der akuten Bronchitis. Sollte der Kläger im Rahmen der Wiedervorstellung bei Dr. B. die Symptomatik Atemnot, Brustschmerzen und blutiger Auswurf im September 1996 angegeben haben und immer wieder auf seinen blutigen Auswurf hingewiesen haben, so hätte man an eine Lungenembolie mit nachfolgender Diagnostik denken müssen, da die Symptomatik für eine akute Bronchitis eher untypisch und für eine Lungenembolie typisch sei. In der Anamnese gebe es jedoch in den vorliegenden Akten nur Angaben über einen Husten mit Auswurf. Nach Aktenlage und Anamneseerhebung ergebe sich somit eine Diskrepanz zwischen der vom Kläger geäußerten Symptomatik und den in den Akten dokumentierten ärztlichen Berichten, so dass die Beweisfrage, ob eine Gesundheitsstörung mit Wahrscheinlichkeit in wesentlicher Weise durch eine wehrdiensteigentliche Besonderheit der truppenärztlichen Behandlung verschlimmert worden sei, gutachtlich nicht beantwortet werden könne. Ferner sei darauf hinzuweisen, dass eine im Jahr 1994 stattgehabte Lungenembolie nach den vorliegenden Akten und Befunden nur wahrscheinlich sei und nicht bewiesen worden könne. Gehe man von der Möglichkeit einer stattgehabten Lungenembolie im Jahr 1994 aus, wäre ein Zweitereignis durch eine prophylaktisch eingeleitete Antikoagulation mit Marcumar möglicherweise zu verhindern gewesen. Dabei sei aber zu beachten, dass eine Antikoagulatin nur sechs Monate durchgeführt werde, wenn keine Gründe einer Hyperkoagulabilität vorlägen. Die Herzrhythmusstörung, insbesondere das Vorhofflattern, sei eher Folge der Lungenembolie als Ursache der Lungenembolie. Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Lungenembolie im Jahr 1996 und dem Auftreten des Vorhofflatterns im Jahr 2008 könne nicht hergestellt werden. Zwar könne in seltenen Fällen Vorhofflattern Ursache einer Lungenembolie sein. Dies sei jedoch auf Grund der geringen Thrombenbildung im rechten Herzen unwahrscheinlich. Eine entsprechende Klinik als Hinweis auf ein intermittierendes Vorhofflattern gebe es zudem im Krankheitsverlauf des Klägers bis zum Jahr 1996 nicht. Die erste dokumentierte Herzrhythmusstörung sei im Jahr 1996 intraoperativ aufgetreten. Eine durch die Lungenembolie mit nachfolgender Embolektomie verursachte Herzrhythmusstörung sei zwar möglich, jedoch vorliegend nach zwölfjähriger Latenz aus medizinischer Sicht nicht beweisbar, da sich die Wahrscheinlichkeit des Auftretens dieser Rhythmusstörung auch mit zunehmendem Alter der Menschen erhöhe. Hinweise auf ein intermittierendes Vorhofflattern in den Zwischenjahren ergäben sich aus den vorliegenden Akten nicht. Im Gegensatz zu Dr. V. gehe er nicht von einer durch das Vorhofflattern ausgelösten Lungenembolie aus, da diese nach seinen Erfahrungen und nach Durchsicht der medizinischen Literatur extrem selten vorkomme. Ferner hat der Sachverständige ausgeführt, gehe man davon aus, dass die im Jahr 2008 aufgetretenen hämodynamisch relevanten Rhythmusstörungen Folge der im Jahr 1996 stattgehabten Lungenembolie seien, sei der Grad der Schädigungsfolgen (GdS) mit 30 anzusetzen.
In seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 04.03.2010 hat Prof. Dr. G. ausgeführt, es spreche eher mehr dagegen als dafür, dass die Lungenembolie Ursache für das Vorhofflattern gewesen sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist teilweise begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Feststellung des Zustandes nach einer abgelaufenen, durch beidseitige Embolektomie und Einbau eines Vena-Cava-Schirms operativ behandelten fulminanten Lungenembolie mit dauerhafter Marcumar-Antikoagulations-Prophylaxe als Wehrdienstbeschädigungsfolge, keinen Anspruch auf Feststellung der Herzrhythmusstörungen und mit der Notwendigkeit eines Herzschrittmachers als Folgen einer Wehrdienstbeschädigung und keinen Anspruch auf die Gewährung eines Ausgleichs für die Zeit vom 25.12.1996 bis zum 30.09.1997.
Rechtsgrundlage sind §§ 81 und 85 SVG in Verbindung mit §§ 30 und 31 Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Wehrdienstbeschädigung ist eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist (§ 81 Abs. 1 SVG). Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Wehrdienstbeschädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (§ 81 Abs. 6 Satz 1 SVG). Wenn die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Wehrdienstbeschädigung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Wehrdienstbeschädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden (§ 81 Abs. 6 Satz 2 SVG).
Soldaten erhalten wegen der Folgen einer Wehrdienstbeschädigung während ihrer Dienstzeit einen Ausgleich in Höhe der Grundrente und der Schwerstbeschädigtenzulage nach § 30 Abs. 1 und § 31 BVG (§ 85 Abs. 1 SVG). § 81 Abs. 6 Satz 2 SVG findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die Zustimmung vom Bundesministeriums für Verteidigung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales erteilt werden muss (§ 85 Abs. 3 SVG). Der Ausgleich beginnt mit dem Monat, in dem seine Voraussetzungen erfüllt sind (§ 85 Abs. 4 Satz 1 SVG). Der Anspruch auf Ausgleich erlischt spätestens mit der Beendigung des Wehrdienstverhältnisses (§ 85 Abs. 4 Satz 3 SVG).
Beschädigte erhalten eine monatliche Grundrente bei einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) ab 30 (§ 31 Abs. 1 BVG). Der GdS ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen (§ 30 Abs. 1 Satz 1 BVG). Der GdS ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu 5 Grad geringerer GdS wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BVG). Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten (§ 30 Abs. 1 Satz 3 BVG).
Bei der Beurteilung des Ursachenzusammenhangs und des GdS orientiert sich der Senat im Interesse der Gleichbehandlung an den Bewertungsmaßstäben der seit 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1) Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX) 2008" (AHP) getretenen Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) vom 10.12.2008 - BGBl. I. S. 2412 (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV). Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des GdS im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt.
Danach wird als Schädigungsfolge im sozialen Entschädigungsrecht jede Gesundheitsstörung bezeichnet, die in ursächlichem Zusammenhang mit einer Schädigung steht, die nach dem entsprechenden Gesetz zu berücksichtigen ist (Teil A Nr. 1 a VG) und ist Ursache im Sinne der Versorgungsgesetze die Bedingung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat (Teil C Nr. 1 b Satz 1 VG).
Zu den Fakten, die vor der Beurteilung eines ursächlichen Zusammenhangs geklärt ("voll bewiesen") sein müssen, gehören der schädigende Vorgang, die gesundheitliche Schädigung und die zu beurteilende Gesundheitsstörung (Teil C Nr. 2 a VG). Der schädigende Vorgang ist das Ereignis, das zu einer Gesundheitsschädigung führt (Teil C Nr. 2 b Satz 1 Halbsatz 1 VG). Die gesundheitliche Schädigung ist die primäre Beeinträchtigung der Gesundheit durch den schädigenden Vorgang (Teil C Nr. 2 c Halbsatz 1 VG). Zwischen dem schädigenden Vorgang und der Gesundheitsstörung muss eine nicht unterbrochene Kausalkette bestehen, die mit den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft und den ärztlichen Erfahrungen im Einklang steht. Dabei sind Brückensymptome oft notwendige Bindeglieder (Teil C Nr. 2 d Sätze 1 und 2 VG).
Für die Annahme, dass eine Gesundheitsstörung Folge einer Schädigung ist, genügt versorgungsrechtlich die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Sie ist gegeben, wenn nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (Teil C Nr. 3 a Satz 1 VG). Grundlage für die medizinische Beurteilung sind die von der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung vertretenen Erkenntnisse über Ätiologie und Pathogenese (Teil C Nr. 3 b Satz 1 VG). Aus dem Umstand, dass der Zusammenhang der Gesundheitsstörung mit einem schädigenden Vorgang nach wissenschaftlicher Erkenntnis nicht ausgeschlossen werden kann, lässt sich nicht folgern, dass er darum wahrscheinlich sei. Ebenso wenig kann das Vorliegen einer Schädigungsfolge bejaht werden, wenn ein ursächlicher Zusammenhang nur möglich ist (Teil C Nr. 3 d Sätze 1 und 2 VG).
Gesundheitsstörungen, bei deren Auftreten schädigende Einwirkungen nicht mitgewirkt haben, können in ihrem Verlauf in einen ursächlichen Zusammenhang mit schädigenden Einflüssen kommen, wenn durch dienst- oder hafteigentümliche Verhältnisse oder Schädigungsfolgen eine fachgerechte und wahrscheinlich erfolgreiche Behandlung nicht oder zu spät durchgeführt wird (Teil C Nr. 9 VG).
Anknüpfend daran ist zu ergänzen, dass Schädigungen durch militärärztliche Behandlungen als durch wehrdiensteigentümliche Umstände verursacht anzusehen sind, wenn sich der Zwang, im Rahmen der truppenärztlichen Versorgung den behandelnden Arzt nicht frei wählen zu können, auf das Eintreten einer gesundheitlichen Schädigung, etwa durch unsachgemäße ärztliche Behandlung, ausgewirkt hat. Nicht notwendig ist, dass der ärztliche Eingriff selbst nach zivilrechtlichen Maßstäben entgegen der Regeln der ärztlichen Kunst vorgenommen worden ist. Zwar hat das Bundessozialgericht entschieden, als Ausgleich für den Zwang, sich truppenärztlicher Behandlung zu unterziehen, sei es für den versorgungsrechtlichen Schutz gegen die Risiken einer solchen Behandlung ausreichend, wenn nicht ausgeschlossen werden könne, dass bei freier Arztwahl die konkret eingetretene Schädigung in dieser Form nicht eingetreten wäre, das Krankheitsgeschehen damit keinen unabänderlichen schicksalhaften Verlauf genommen hätte (BSG, Urteil vom 30.01.1991 - 9a/9 RV 26/89). Das Bundessozialgericht hat aber auch entschieden, bei der Betrachtung des Fortbestehens eines behebbaren Leidens als Schädigung reiche es nicht aus, wenn lediglich nicht ausgeschlossen werden könne, dass bei freier Arztwahl ein günstigerer Zustand eingetreten wäre, das Krankheitsgeschehen mithin keinen unabänderlichen schicksalhaften Verlauf genommen hätte. Vielmehr sei zu fordern, dass ein anderer Arzt (mit anderer Behandlungsmethode) wahrscheinlich einen besseren Heilerfolg erzielt hätte. Denn erst aus dem Vergleich des tatsächlichen und des hypothetischen Behandlungsergebnisses lasse sich die Bejahung einer gesundheitlichen Schädigung herleiten (BSG, Urteil vom 25.03.2004 - B 9 VS 1/02 R). Diese Entscheidung steht im Einklang mit den auch sonst im sozialen Entschädigungsrecht anerkannten Beweismaßstäben. Mithin ist es nach Ansicht des Senats erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Schädigung bei freier Arztwahl wahrscheinlich nicht eingetreten beziehungsweise behoben worden wäre. Entsprechendes gilt auch, wenn der schädigende Vorgang in einer Unterlassung liegt. Hier ist zu fordern, dass ein anderer Arzt anders vorgegangen wäre und der Eintritt der Schädigung wahrscheinlich verhindert worden wäre. Bei der Prüfung, ob ein Unterlassen einen schädigenden Vorgang darstellt, ist auch angesichts der zum Teil vielfältigsten möglichen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, auch wenn es auf ein Verschulden nicht ankommt, nur auf die bei der bekannten Sachlage gebotenen Handlungen abzustellen (BSG, Urteil vom 13.12.1984 - 9a RVs 2/83). Nach Ansicht des Senats dürfen dabei erst im Nachhinein erworbene Erkenntnisse nicht rückblickend mit in die Bewertung einbezogen werden. Denn dies wäre durch die Unterschiede zwischen der truppenärztlichen Versorgung und der freien Arztwahl im Zivilleben nicht gerechtfertigt.
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe hat der Kläger einen Anspruch auf Feststellung des Zustandes nach einer abgelaufenen, durch beidseitige Embolektomie und Einbau eines Vena-Cava-Schirms operativ behandelten fulminanten Lungenembolie mit dauerhafter Marcumar-Antikoagulations-Prophylaxe als Wehrdienstbeschädigungsfolge.
Ein mit dem Wehrdienst zusammenhängender schädigender Vorgang steht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest. Maßgeblicher Vorgang ist dabei die Unterlassung weiterer Untersuchungen und Behandlungen im Hinblick auf die vom Kläger am 09.09.1996 gegenüber Dr. B. und am 10.09.1996 gegenüber Dr. B. vor der am 25.12.1996 erlittenen fulminanten Lungenembolie vorgetragenen Beschwerden.
Für den Senat steht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass im Rahmen der truppenärztlichen Behandlungen am 09.09.1996 und 10.09.1996 genügend für eine beim Kläger bereits im April 1994 abgelaufene erste Lungenembolie sprechende Verdachtsmomente vorgelegen haben. Der Senat stützt sich dabei auf die Angaben des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 13.12.2007 und 11.03.2010, des Dr. R. in seinem Arztbrief vom 18.04.1994 und der Dr. B. in ihrem Arztbrief vom 11.09.1996. Daraus ergibt sich, dass der Kläger einhergehend mit seiner von Dr. R. im April 1994 behandelten Erkrankung an Atemnot gelitten sowie Blut gespuckt und seither einen leichten Hustenreiz sowie Räusperzwang mit hellem Auswurf gehabt und beim Sport eine Leistungsminderung bemerkt hat. Der Senat ist von der Richtigkeit der vom Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlungen am 13.12.2007 und 11.03.2010 gemachten Angaben überzeugt. Dessen Angaben zu seinen Krankheitserscheinungen im April 1994 hält der Senat vor dem Hintergrund, dass sie mit denjenigen in seinen Schriftsätzen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren im Einklang stehen, für glaubhaft. Hieraus hat Dr. Sch. in seinem Gutachten vom 08.01.2007 den für den Senat überzeugenden Schluss gezogen, dass, da Bluthusten für eine Bronchitis nicht typisch ist, die Diagnose einer bereits im April 1994 akuten Lungenembolie dringend nahegelegen hätte. Dass dieser Einschätzung das Ergebnis der Computertomographie vom 09.09.1996 nicht entgegensteht, hat Dr. Sch. überzeugend damit begründet, dass diese Untersuchung mit einer anderen Fragestellung und für den Nachweis von Lungenembolien nicht geeigneten Technik erfolgt ist. Daher hat auch Dr. V. in ihrer versorgungsmedizinischen Stellungnahme vom 17.06.2008 zutreffend ausgeführt, die Wahrscheinlichkeit, der Kläger habe bereits 1994 eine Lungenembolie erlitten, habe sich verdichtet. Diese Einschätzung hat auch Prof. Dr. G. in seinem Gutachten vom 27.10.2009 bestätigt, indem er dargelegt hat, dass die klassischen Zeichen einer Lungenembolie ein plötzlich auftretender Brustschmerz, Bluthusten und Atemnot sind und die vom Kläger beschriebene Symptomatik für eine akute Bronchitis eher untypisch, dagegen für eine Lungenembolie typisch ist.
Der Senat ist auch davon überzeugt, dass der Kläger am 09.09.1996 gegenüber Dr. B. und am 10.09.1996 gegenüber Dr. B. entsprechende, die Diagnose einer im April 1994 abgelaufenen Lungenembolie nahelegende Angaben, gemacht hat. Auch diesbezüglich ist der Senat von der Richtigkeit der vom Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlungen am 13.12.2007 und 11.03.2010 gemachten Angaben überzeugt. Dessen Angaben zu seinen gegenüber Dr. B. und Dr. B. im September 1996 gemachten Bekundungen hält der Senat vor dem Hintergrund, dass auch Dr. B. in ihrem Arztbrief vom 11.09.1996 dargelegt hat, der Kläger habe ausgeführt, er habe im Rahmen seiner Erkrankung im Jahr 1994 unter anderem Blut gespuckt, für glaubhaft. Mithin hätten also Dr. B. und Dr. B. im September 1996 auch an eine Lungenembolie denken müssen und wäre eine nachfolgende Diagnostik geboten gewesen.
Nach Einschätzung des Senats hätte, wenn im September 1996 truppenärztlich die Verdachtsdiagnose einer Lungenembolie gestellt worden wäre, durch eine entsprechende Diagnostik mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die vom Kläger am 25.12.1996 erlittene fulminante Lungenembolie und damit auch die durch eine beidseitigen Embolektomie mit Einbau eines Vena-Cava-Schirms und dauerhafter Marcumar-Antikoagulations-Prophylaxe bedingte dauerhafte Gesundheitsstörung vermieden werden können. Auch diesbezüglich stützt sich der Senat auf die überzeugenden Ausführungen des Dr. Sch. in seinem Gutachten vom 08.01.2007 und seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 01.02.2008. Darin hat er für den Senat nachvollziehbar dargelegt, dass die vom Kläger am 25.12.1996 erlittene fulminante Lungenembolie durch eine Antikoagulanzientherapie mit Marcumar mit großer Wahrscheinlichkeit hätte vermieden werden können, wenn eine der vorangegangenen leichteren Lungenembolien rechtzeitig diagnostiziert worden wäre. Dies ergibt sich daraus, dass diese Antikoagulanzientherapie nach Angaben des Sachverständigen frühestens nach circa sechs Monaten ausgesetzt worden wäre, es aber bereits am 25.12.1996, also innerhalb von knapp vier Monaten nach den Vorstellungen bei Dr. B. am 09.09.1996 und Dr. B. am 10.09.1996, zu der fulminanten Lungenembolie gekommen ist.
Der von Dr. V. in ihren versorgungsmedizinischen Stellungnahmen vom 17.06.2008 und 14.04.2009 vertretenen Ansicht, dass die vom Kläger im April 1994 und am 25.12.1996 erlittenen Lungenembolien ursächlich auf nicht-wehrdienstbedingte Störungen der Herzschlagfolge in Form von Vorhofflimmern und Vorhofflattern mit der Ausbildung von Vorhofthromben zurückzuführen seien und deshalb das Unterbleiben einer Marcumar-Prophylaxe für sechs Monate für das Auftreten der am 25.12.1996 eingetretenen fulminanten Lungenembolie nicht entscheidend sei, folgt der Senat nicht. Ihre Begründung, von diversen Autoren werde angegeben, dass etwa 10 % der Thromben, die zur Lungenembolie führten, bei Vorhofflimmern entstünden, ist nicht geeignet, den Kausalzusammenhang zwischen unterbliebener Marcumar-Prophylaxe und fulminanter Lungenembolie in Frage zu stellen. Denn Dr. Sch. hat in seiner weiteren ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 01.02.2009 überzeugend dargelegt, dass das Vorhofflimmern und Vorhofflattern im Rahmen der am 25.12.1996 erlittenen fulminanten Lungenembolie als Folge der vital bedrohlichen Verlegung der Lungenstrombahn durch die Lungenembolie zu erklären und eine typische Folge in der Akutsituation gewesen ist und diese Rhythmusstörung nicht zu einer Lungenembolien verursachenden Thrombenbildung im rechten Vorhof führt. Auch Prof. Dr. G. hat in seinem Gutachten vom 27.10.2009 für den Senat gut nachvollziehbar dargelegt, dass die Herzrhythmusstörung, insbesondere das Vorhofflattern, nicht die Ursache für die fulminante Lungenembolie gewesen ist. Die Begründung, dass auf Grund der geringen Thrombenbildung im rechten Herzen eine Ursächlichkeit des Vorhofflatterns für die Lungenembolie unwahrscheinlich ist, hat den Senat auch vor dem Hintergrund, dass es eine entsprechende Klinik als Hinweis auf ein intermittierendes Vorhofflattern im Krankheitsverlauf des Klägers bis zum 25.12.1996 nicht gibt, überzeugt. So hat der Sachverständige zutreffend darauf hingewiesen, dass die erste dokumentierte Herzrhythmusstörung am 25.12.1996 intraoperativ aufgetreten ist. Ferner ist für den Senat maßgeblich, dass eine durch das Vorhofflattern ausgelöste Lungenembolie nach den Erfahrungen des Sachverständigen und dessen Durchsicht der medizinischen Literatur extrem selten vorkommt.
Hinsichtlich der Beurteilung des Kausalzusammenhangs weist der Senat klarstellend darauf hin, dass es nach seiner Ansicht auf die Ausführungen des Dr. Sch., es sei nicht sicher, ob die fulminante Lungenembolie durch eine sechsmonatige Marcumar-Therapie hätte vermieden werden können, und des Prof. Dr. G., eine zweite Lungenembolie wäre durch eine prophylaktisch eingeleitete sechsmonatige Antikoagulation mit Marcumar nur möglicherweise zu verhindern gewesen, nicht ankommt. Denn vorliegend ist nicht entscheidend, ob bereits Dr. R. im April 1994 eine dauerhafte, sondern ob truppenärztlich im September 1996 eine mindestens sechsmonatige und daher jedenfalls bis zum 25.12.1996 reichende Marcumar-Therapie hätte eingeleitet werden müssen.
Nach Ansicht des Senats kann mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass ein anderer Arzt in Kenntnis der vom Kläger gegenüber Dr. B. und Dr. B. gemachten Angaben eine Diagnostik in Bezug auf das Vorliegen einer im April 1994 abgelaufenen Lungenembolie durchgeführt und die am 25.12.1996 erlittene fulminante Lungenembolie und damit auch die durch eine beidseitige Embolektomie mit Einbau eines Vena-Cava-Schirms und dauerhafter Marcumar-Antikoagulations-Prophylaxe bedingte dauerhafte Gesundheitsstörung verhindert hätte.
Nach alledem ist der schädigende Vorgang in Form der im September 1996 unterlassenen truppenärztlichen Behandlung voll bewiesen. Dasselbe gilt für die gesundheitliche Schädigung in Form der am 25.12.1996 erlittenen fulminanten Lungenembolie und die Gesundheitsstörung in Form des Zustands nach einer abgelaufenen, durch beidseitige Embolektomie und Einbau eines Vena-Cava-Schirms operativ behandelten fulminanten Lungenembolie mit dauerhafter Marcumar-Antikoagulations-Prophylaxe. Ferner spricht mehr dafür als dagegen und ist es mithin hinreichend wahrscheinlich, dass der schädigende Vorgang wesentlich ursächlich für die gesundheitliche Schädigung und diese für die Gesundheitsstörung ist. Der Zustand nach einer abgelaufenen, durch beidseitige Embolektomie und Einbau eines Vena-Cava-Schirms operativ behandelten fulminanten Lungenembolie mit dauerhafter Marcumar-Antikoagulations-Prophylaxe ist mithin Folge der im September 1996 unterlassenen truppenärztlichen Behandlung und damit als Wehrdienstbeschädigungsfolge festzustellen.
Dies gilt aber nicht für die beim Kläger im Januar 2008 diagnostizierten Herzrhythmusstörungen und die hiermit verbundene Notwendigkeit eines Herzschrittmachers. Der Senat folgt dabei Prof. Dr. G., der in seinem Gutachten vom 27.10.2009 nachvollziehbar dargelegt hat, dass ein "eindeutiger" Zusammenhang zwischen der Lungenembolie im Jahr 1996 und dem Auftreten des Vorhofflatterns im Jahr 2008 nicht hergestellt werden kann. Gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht insbesondere die fast zwölfjährige Latenz zwischen der im Jahr 1996 aufgetretenen Lungenembolie und der im Jahr 2008 aufgetretenen Herzproblematik und die von Prof. Dr. G. beschriebene mit zunehmendem Alter der Menschen sich erhöhende Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Rhythmusstörungen. Mithin hat er in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 04.03.2010 zu Recht ausgeführt, dass eher mehr dagegen als dafür spricht, dass die Lungenembolie Ursache für das Vorhofflattern gewesen ist, zumal beim Kläger nach den Angaben des Sachverständigen mehrere echokardiographische Kontrollen keine eine atriale Rhythmusstörung begünstigenden chronischen Rechtsherzbelastungszeichen mit einer Dilatation der Vorhöfe gezeigt haben. Der Kläger hat mithin keinen Anspruch auf Feststellung der Herzrhythmusstörungen und der hiermit verbundenen Notwendigkeit eines Herzschrittmachers als Schädigungsfolge.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Gewährung eines Ausgleichs.
Denn die Folgen der am 25.12.1996 erlittenen fulminanten Lungenembolie bedingen keinen GdS von mindestens 25.
Denn beim Kläger liegen infolge der beidseitigen Embolektomie mit Einbau eines Vena-Cava-Schirms und dauerhafter Marcumar-Antikoagulations-Prophylaxe keine schädigungsbedingten Funktionsstörungen vor. Aus dem Gutachten des Dr. Sch. hat sich bezüglich Lunge und Herz lediglich eine leichte Gasaustauschstörung und ansonsten kein GdS-relevanter Befund ergeben. Folgerichtig hat der Sachverständige ausgeführt, eine relevante kardiopulmonale Einschränkung bestehe zum aktuellen Zeitpunkt nicht und funktionell sei der Kläger normal belastbar, so dass eine messbare und damit quantifizierbare Einschränkung nicht besteht. Sofern der Sachverständige ausgeführt hat, der Cava-Schirm und die Antikoagulantientherapie mit Marcumar könnten zukünftig für die Beurteilung relevant werden, weist der Senat auf Teil A, Nr. 2 h, S. 9 VG hin, wonach Gesundheitsstörungen, die erst in der Zukunft zu erwarten sind, beim GdS nicht zu berücksichtigen sind. Der Senat hält daher auch die Einschätzung der Dr. V. in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23.09.2008, auf Grund der fulminanten Lungenembolie sei es weder zu einer Leistungsbeeinträchtigung der Lungenfunktion noch einer wesentlichen Leistungsbeeinträchtigung von Herz und Kreislauf gekommen, für zutreffend. Ferner weist der Senat darauf hin, dass allein der Umstand, dass allein die dauerhafte Antikoagulantientherapie mit Marcumar nicht GdS-relevant ist (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.10.1995 - L 4 Vs 6/95). Zwar ist in Teil B, Nr. 9.1.2, S. 48 VG ausgeführt, dass bei Herzklappenprothesen der GdS nicht niedriger als 30 zu bewerten ist und dieser Wert eine Dauerbehandlung mit Antikoagulantien einschließt. Zum Einen geht es aber vorliegend nicht um eine Herzklappenprothese, sondern um einen in die untere Hohlvene (Vena cava) eingelegten Kunststoffschirm. zum Anderen ist in Teil B, Nr. 9.12, S. 48 VG aber auch ausgeführt, dass nach operativen und anderen therapeutischen Eingriffen am Herzen der GdS von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung abhängig ist. Mithin rechtfertigt allein eine Dauerbehandlung mit Antikoagulantien keinen GdS von 30, sondern nur im Zusammenhang mit einer bleibenden Leistungsbeeinträchtigung. Eine solche liegt aber beim Kläger derzeit schädigungsbedingt nicht vor.
Nach alledem waren auf die Berufung des Klägers das Urteil des Sozialgerichts K. vom 21.04.2005 und der Bescheid der Beklagten vom 06.09.2000 in Gestalt deren Widerspruchsbescheides vom 20.06.2002 abzuändern sowie der Beklagte zu verurteilen, den Zustand nach einer abgelaufenen, durch beidseitige Embolektomie und Einbau eines Vena-Cava-Schirms operativ behandelten fulminanten Lungenembolie mit dauerhafter Marcumar-Antikoagulations-Prophylaxe als Wehrdienstbeschädigungsfolge festzustellen, und war die Berufung im Übrigen zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Der 1941 geborene Kläger begehrt die Feststellung der Folgen einer Lungenembolie als Wehrdienstbeschädigungsfolgen sowie die Gewährung eines Ausgleichs nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG).
Der Kläger trat am 04.04.1961 in die Bundeswehr ein und wurde Berufssoldat. Zuvor gab er im Rahmen einer Untersuchung am 15.12.1960 zu seiner gesundheitlichen Vorgeschichte eine "leichte Kurzatmigkeit" an. Routinemäßig wurden in den Jahren 1968 bis 1972, 1976, 1984 und 1987 Röntgenaufnahmen des Thorax gemacht, bei denen jeweils kein regelwidriger Befund erhoben werden konnte. Im März 1993 wurde anlässlich einer weiteren Röntgenuntersuchung eine vereinzelte Fleckschatteneinlagerung in den Lungenflügeln festgestellt. Es wurde jedoch kein Anhalt für einen behandlungsbedürftigen Lungenprozess gesehen und der Kläger wurde als belastbar eingestuft. Zur Prüfung der Tropenverwendungsfähigkeit erfolgte am 14.06.1993 eine Untersuchung im Bundeswehrkrankenhaus M. Die Internistin Dr. B. vermerkte in ihrem Bericht vom 14.06.1993, der Kläger sei subjektiv beschwerdefrei. Zur Lungenfunktion führte sie aus, es habe kein Hinweis für eine restriktive oder obstruktive Ventilationsstörung vorgelegen.
Ab 01.09.1993 verrichtete der Kläger seinen Dienst als Verteidigungsattaché bei der Botschaft der B. D. in A. mit Nebennotifizierung in T.
In A. diagnostizierte Dr. R. ausweislich seines Arztbriefs vom 18.04.1994 eine akute Bronchitis und verordnete Antibiotika. Im Rahmen eines Heimataufenthalts stellte sich der Kläger am 15.02.1996 bei Dr. B. vor. In ihrem Bericht vom 16.02.1996 führte sie aus, er habe angegeben, zwischenzeitlich eine akute Bronchitis erlitten zu haben, die mit Penicillin behandelt worden sei. Seit diesem Zeitpunkt komme es intermittierend zu Husten mit Auswurf. Dr. B. nahm eine Lungenfunktionsprüfung vor und äußerte den Verdacht auf eine chronische Bronchitis. Eine Kontrolle des Befundes schlug sie für den April 1996 vor. Erst am 09.09.1996 stellte sich der Kläger wieder bei Dr. B. vor. Sie überwies den Kläger an den Radiologen Dr. H. und die Ärztin für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde Dr. B ... Dr. H. beschrieb aufgrund einer am 09.09.1996 durchgeführten Computertomographie des Thorax im Oberfeld des rechten Flügels und lateral vereinzelte, geringe am ehesten postspezifische, narbige Veränderungen ohne Hinweis auf ein Malignom. Dr. B. führte in ihrem Arztbrief vom 11.09.1996 aus, der Kläger habe bei der Untersuchung am 10.09.1996 über Husten mit wenig Auswurf seit März 1993 geklagt. Es sei die Diagnose einer Bronchitis gestellt worden. Im Jahr 1994 habe er in A. eine Bronchitis gehabt. Er habe damals Blut gespuckt und sei mit Antibiotika behandelt worden. Seither habe er ständig einen leichten Hustenreiz und Räusperzwang, meist, besonders morgens, mit hellem Auswurf. Beim Sport bemerke er eine Leistungsminderung. Dr. B. diagnostizierte einen Zustand nach rezidivierenden Bronchitiden, einen Räusperzwang, ein Sicca-Syndrom sowie eine Septumdeviation und schlug eine Therapie mit befeuchtenden Maßnahmen mit Sinupret, Emser-Pastillen sowie Bepanthen-Tabletten vor. In ihrem Bericht vom 12.09.1996 führte Dr. B. zusammenfassend aus, der Kläger habe ihr gegenüber unverändert ein Gefühl der Verschleimung mit einem ständigen Schnupfen angegeben. Diese Beschwerden bestünden seit 1994. Die zum damaligen Zeitpunkt durchgeführte Antibiotika-Therapie habe zunächst eine Besserung erbracht. Die Beschwerden seien dann in leichter Form erneut im Winter aufgetreten und jetzt ständig vorhanden. Ansonsten sei er beschwerdefrei. Für eine bronchiale Hyperreagibilität finde sich derzeit kein ausreichender Hinweis. Hinsichtlich der radiologisch nachweisbaren Veränderungen sei nicht mehr sicher zu klären, ob eine Pneumonie abgelaufen sei. Sie empfahl zunächst lediglich Kontrollen und verwies im Übrigen auf die Empfehlungen der Dr. B ...
Am 25.12.1996 erlitt der Kläger eine beidseitige fulminante Lungenembolie und wurde daraufhin im Schockzustand beidseitig embolektomiert. Zur Verhinderung weiterer Lungenembolien wurde ein infrarenaler Cava-Schirm eingebracht. Der Internist Dr. Ch. führte in seinem über die Behandlung in T. erstellten Bericht vom 23.01.1997 aus, der Kläger habe seit einiger Zeit vor der Embolie über ein Druckgefühl im Brustkorb mit Atemnot, vor allem bei Belastung, geklagt. Außerdem habe ein allgemeines Schwächegefühl und Unwohlsein vorgelegen. Er sei deswegen im Sommer 1996 im Bundeswehrkrankenhaus in M. untersucht worden. Die Brustkorbbeschwerden hätten in den letzten Tagen deutlich zugenommen, so dass sogar das Laufen unmöglich geworden sei. Dr. Ch. äußerte den Verdacht, es habe sich um eine Blutgerinnungsstörung gehandelt, zumal der Bruder des Klägers das annähernd gleiche Los erlebt habe.
Zum 01.10.1997 wurde der Kläger aus Altersgründen pensioniert. Vom 13.02.1997 bis zum 13.03.1997 befand sich der Kläger in einer stationären Rehabilitation in der Klinik St. H. in Bad W. Zur Abklärung des weiteren Vorgehens bezüglich der aufgrund der Einbringung des Cava-Schirms notwendigen Antikoagulation sowie einer eventuellen Entfernung des Cava-Schirms hielt sich der Kläger vom 23.09.1997 bis zum 26.09.1997 stationär im Bundeswehrzentralkrankenhaus K. auf. Eine Entfernung des Cava-Schirms erachtete Dr. F., Leitender Arzt der Abteilung Innere Medizin des Bundeswehrzentralkrankenhauses K., in seinem Arztbrief vom 13.10.1998 nicht für möglich.
Am 21.09.1998 beantragte der Kläger bei dem damaligen Versorgungsamt (VA) wegen der nach der Lungenembolie verbliebenen Folgen die Feststellung seines Grades der Behinderung (GdB) sowie Versorgung nach dem SVG.
Nach Einholung der versorgungsärztlichen Stellungnahme der Internistin Dr. C. vom 22.06.1999 (GdB 30 für Restfolgen nach chirurgischer Embolektomie bei Lungenembolie, Vena-Cava-Schirmimplantation) stellte das VA mit Bescheid vom 30.06.1999 den GdB des Klägers mit 30 ab 21.09.1998 fest. Nach Einholung der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. Sniehotta vom 23.09.1999 wies das Landesversorgungsamt (LVA) den hiergegen eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.09.1999 zurück.
Wegen der geltend gemachten Versorgung nach dem SVG hatte das VA den Antrag des Klägers an die Wehrbereichsverwaltung D. (WBV) weitergeleitet. Die WBV veranlasste eine Begutachtung durch Oberstabsarzt Dr. B., der in seinem truppenärztlichen Gutachten vom 03.01.2000 im Wesentlichen auf die von dem Internisten und Kardiologen Dr. G. in seinem Bericht vom 28.02.2000 gestellten Diagnosen eines Zustands nach fulminanter Lungenembolie mit Schockzustand sowie notfallmäßiger Embolektomie, eines Cava-Schirms mit Dauerantikoagulanzientherapie ohne Nachweis einer Rechtsherzbelastung oder einer sonstigen organischen Herzerkrankung verwies. Ferner nahm Oberstärztin a. D. Dr. V. eine sozialmedizinische Sozialversorgungsbegutachtung vor. In ihrem Gutachten vom 24.08.2000 führte sie aus, die von Dr. G. genannten Diagnosen seien zweifelsfrei nicht wehrdienstbedingt. Der Kläger habe ausschließlich durch die ärztliche Maßnahme im Dezember 1996 überleben können. Insofern erübrige sich die Frage nach einer zusätzlichen "gesundheitlichen Schädigung". Nachteilige gesundheitliche Folgen einer truppenärztlichen Behandlung lägen nicht vor. Darauf gestützt lehnte die WBV mit Bescheid vom 06.09.2000 die Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung und die Gewährung eines Ausgleichs ab. Zwar sei die truppenärztliche Versorgung grundsätzlich wehrdiensteigentümlich. Unter Bezugnahme auf das Gutachten der Dr. V. könnten jedoch nachteilige gesundheitliche Folgen einer truppenärztlichen Behandlung nicht bezeichnet werden.
Hiergegen legte der Kläger am 05.10.2000 Widerspruch ein. Er führte aus, es gehe ihm um die fehlerhafte Behandlung seines Lungenleidens vor der Embolie. Die irreversiblen Folgen hätten bei rechtzeitiger, richtiger Behandlung vermieden werden können. Dr. V. habe sich mit der Vorgeschichte nicht auseinandergesetzt. Er habe am 18.04.1994 heftige Brustschmerzen gehabt, die nur in sitzender Körperhaltung zu ertragen gewesen seien. Zwar habe sich der Gesundheitszustand danach verbessert. Nachwirkungen seien jedoch ein permanenter Hustenreiz mit oft blutigem Auswurf gewesen. Das Krankheitsgefühl sei merklich zurückgegangen, wenn auch bei Belastung eine deutliche Minderung der körperlichen Leistungsfähigkeit festzustellen gewesen sei. Seit Herbst 1994 habe er bei Heimataufenthalten regelmäßig im Facharztzentrum des Bundeswehrkrankenhauses M. auf die verbliebenen Lungenbeschwerden und Symptome wie unter anderem gelegentliche Kurzatmigkeit und Einschränkung der sportlichen Leistungsfähigkeit aufmerksam gemacht. Dokumentationen hierüber fänden sich jedoch erst ab 1996. Obwohl die Sache bei den Untersuchungen im Jahr 1996 nicht habe geklärt werden können, seien keine weiteren Maßnahmen ergriffen worden. Insgesamt habe im Vorfeld eine unzureichende Behandlung stattgefunden.
Das VA holte das nach Aktenlage erstattete versorgungsärztliche Gutachten der Dr. C. vom 25.01.2001 ein. Diese führte aus, ein schädigendes Ereignis im Sinne eines wehrdienstbedingten ursächlichen Vorganges beziehungsweise eines wehrdiensteigentümlichen Geschehnisses könne nicht gesichert werden. Mit Bescheid vom 05.02.2001 lehnte das VA die Gewährung von Beschädigtenversorgung ab. Hiergegen legte der Kläger am 27.02.2001 Widerspruch ein.
Die WBV veranlasste eine erneute Begutachtung durch Dr. V. Diese führte in ihrem sozialmedizinischen Versorgungsgutachten vom 24.01.2002 aus, zwischen der jahrelang beobachteten Bronchitis und der Lungenembolie bestehe keinerlei kausaler Zusammenhang. Die Ursache für die Embolie habe nicht ermittelt werden können. Unklar sei der Hinweis des Dr. Ch. auf eine Blutgerinnungsstörung beim Bruder des Klägers. Darauf gestützt, wies die WBV den gegen den Bescheid vom 06.09.2000 eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20.06.2002 zurück. Eine Unterlassung bei der Behandlung der Bronchitiden sei nicht ersichtlich. Ein insoweit hergeleiteter Zusammenhang sei Spekulation.
Hiergegen richtete sich die am 24.07.2002 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage. Der Kläger wiederholte sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und ergänzte, die Ärzte hätten früher hellhörig werden müssen. Sie hätten nicht einfach eine Bronchitis diagnostizieren dürfen. Dabei habe es sich um eine Verlegenheitsdiagnose gehandelt. Ein gewissenhafter Mediziner hätte eine Lungenperfusionsszintigraphie durchgeführt. Anhand der damit erhobenen Befunde hätte die richtige Behandlung eingeleitet werden können. Die Folgen der Embolie würden sich bis heute nachteilig auswirken. Er sei deswegen auch für wehrdienstuntauglich erklärt worden. Die für die angeblichen Bronchitisdiagnosen maßgeblichen Symptome seien nach der Lungenembolie allesamt verschwunden gewesen.
Das SG lud mit Beschluss vom 21.04.2005 das Land B.-W. zum Verfahren bei und wies die Klage mit Urteil vom 21.04.2005 ab. Es stützte sich dabei auf die Ausführungen der Dr. V. Die Lungenembolie sei schicksalhaft gewesen. Durch ein Sachverständigengutachten könne jetzt nicht mehr nachgewiesen werden, ob die Bronchitiden zu Unrecht diagnostiziert worden seien.
Der Kläger hat gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 30.05.2005 zugestellte Urteil des SG am 28.06.2005 Berufung eingelegt. Das SG sei nicht auf seine Einwendungen gegen das Gutachten der Dr. V. eingegangen. Im April 1994 sei es ihm so schlecht gegangen, dass er nur im Sitzen Luft bekommen habe. Wegen der schwierigen Sicherheitslage in A. sei die Durchführung weiterer diagnostischer Maßnahmen nicht möglich gewesen. Er sei rasch wieder dienstfähig geworden und habe sich auf eine dienstliche Reise in die Wüste begeben. Wegen des dortigen trockenen Klimas hätten sich seine Atembeschwerden gebessert. Seine sportliche Kondition sei aber weiterhin schlechter gewesen. Er habe sich im September 1994 einer Kontrolluntersuchung wegen anhaltendem, blutigem Auswurf und einer Leistungsminderung unterzogen. Aus dem gleichen Grund sei er 1995 zu einer - nicht dokumentierten - Kontrolluntersuchung gegangen. Die im September 1996 verordneten Maßnahmen hätten zu keiner Besserung geführt. Schon im Dezember 1994 hätte die Diagnose einer Bronchitis in Frage gestellt werden müssen. Völlig ohne Reaktion sei der Röntgenbefund "narbige Veränderungen" geblieben. Auch die später festgestellte Vergrößerung des Herzens deute auf eine längere Entwicklung der Lungenembolie hin. Dr. B. sei am 12.09.1996 vom Bluthusten informiert worden und hätte eine weitere Diagnostik einleiten müssen. Es sei naheliegend und würde der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechen, dass er ihr eine so schwere Beeinträchtigung geschildert habe. Dies sei auch tatsächlich der Fall gewesen und zwar schon vor dem Jahr 1996. Ferner führt der Kläger aus, in seiner Familie seien keine Lungenembolien bedingende Anomalien bekannt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21.04.2005 und den Bescheid der Wehrbereichsverwaltung Düsseldorf vom 06.09.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.06.2002 aufzuheben, einen "Zustand nach abgelaufener, durch Embolektomie und Cava-Schirm operativ behandelter fulminanter Lungenembolie mit Dauerantikoagulantien-Prophylaxe sowie Herzrhythmusstörungen und Notwendigkeit eines Herzschrittmachers" als Folgen einer Wehrdienstbeschädigung festzustellen und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 25.12.1996 bis 30.09.1997 einen Ausgleich zu gewähren.
Die Beklagte und der Beigeladene beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Erwiderung trägt die Beklagte vor, es seien alle maßgeblichen Unterlagen ausgewertet worden. Die Angaben des Klägers würden durch die medizinische Dokumentation nicht bestätigt. Es wäre darüber hinaus auch nicht nachvollziehbar, dass derart schwerwiegende Symptome trotz ausdrücklicher Benennung keinen Eingang in die vergleichsweise ausführlich und exakt geführten Unterlagen gefunden haben sollten. Es treffe daher nicht zu, dass der Kläger Dr. B. und Dr. B. so über die Vorerkrankung informiert habe, dass eine abweichende Diagnose oder die Einbeziehung eines weiteren Facharztes angezeigt gewesen wäre.
Der Senat hat die Stellungnahme der Dr. B. vom 21.03.2006 eingeholt. Sie hat über die bereits aktenkundigen medizinischen Unterlagen hinaus keine weiteren Angaben gemacht.
Dr. V. hat in ihrer von der Beklagten vorgelegten Stellungnahme vom 22.04.2006 ausgeführt, auch nach Darstellung vereinzelter, narbiger Veränderungen in der Computertomographie vom 09.09.1996 sei bezüglich der Bronchien oder Lungen keinerlei Behandlungsbedarf gegeben gewesen. Es sei auszuschließen, dass irgendwelche truppenärztlichen Maßnahmen die fulminante Lungenembolie hätten verhindern können. Diese habe in keinerlei Zusammenhang mit den abgelaufenen, akuten Erkrankungen der Bronchien oder der Lungen gestanden. Die Lungenembolie sei nicht vorauszusehen gewesen. Es habe keinerlei Anhaltspunkte dafür gegeben, dass eine Gefährdung vorgelegen habe, der man hätte begegnen können und müssen. Bei keiner der eingehenden Untersuchungen des Herzens, die vor Dezember 1996 erfolgt seien, hätten sich pathologischen Auffälligkeiten ergeben.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat Dr. Sch., Chefarzt der Abteilung Pneumologie in der Medizinischen Klinik der St. V.-Kliniken K., mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 08.01.2007 ist Dr. Sch. zu der Auffassung gelangt, im April 1994 sei höchstwahrscheinlich eine erste Embolie abgelaufen. Der von Dr. B. erstmalig dokumentierte Bluthusten im Jahr 1994 sei für eine Bronchitis nicht typisch. In Kombination mit den vom Kläger geschilderten plötzlich einsetzenden Brustschmerzen und der Atemnot habe die Diagnose einer akuten Lungenembolie bereits 1994 dringend nahegelegen. Die Computertomographie vom 09.09.1996 sei jedoch mit einer anderen Fragestellung und mit einer für den Nachweis von Lungenembolien nicht geeigneten Technik erfolgt. Aufgrund des Widerspruchs aufgrund der Eigenanamnese des Klägers, der versichere, von Anfang an bei der Untersuchung im Bundeswehrkrankenhaus bei Dr. B. den stattgehabten Bluthusten im Rahmen der akuten Luftnot angegeben zu haben, und der fehlenden Dokumentation des Bluthustens in den ärztlichen Unterlagen der Untersuchenden, mit Ausnahme der Unterlagen der Dr. B. vom 11.09.1996, sei die Frage nach einer Verursachung oder einer Verschlimmerung der vorliegenden Gesundheitsstörung durch eine Handlung oder Unterlassung der truppenärztlichen Behandlung von ärztlicher Seite nicht zu beantworten. Sollte die Aussage des Klägers, er habe bei der truppenärztlichen Untersuchung über Bluthusten und Atemnot geklagt, tatsächlich zutreffen, hätte die Verdachtsdiagnose einer Lungenembolie gestellt werden müssen und eine entsprechende Diagnostik hätte mit großer Wahrscheinlichkeit die lebensbedrohliche, schwere Lungenembolie vermeiden können. Da eine entsprechende Aussage in der Krankenakte aber nicht dokumentiert sei, könne eine wehrdiensteigentümliche Verursachung nicht belegt werden. Diese entscheidende Frage könne durch ein ärztliches Gutachten nicht beantwortet werden. Eine relevante kardiopulmonale Einschränkung bestehe zum aktuellen Zeitpunkt nicht. Allerdings könnten mögliche Komplikationen durch den Cava-Schirm und die Antikoagulantientherapie mit Marcumar zukünftig für den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) relevant werden.
Sodann hat der Senat Dr. Ch. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser hat unter dem 21.01.2008 ausgeführt, er könne sich nur noch daran erinnern, dass der Kläger ihm damals gesagt habe, er sei vor "einiger kurzer" Zeit wegen Atemnotbeschwerden von einer Bundeswehrärztin, die ihn kaum ernst genommen und schnell eine Diagnose gestellt habe, untersucht worden und er müsse bereits damals kleinere Lungenembolien gehabt haben.
Dr. Sch. hat in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 01.02.2008 ausgeführt, wenn vor der Lungenembolie im Dezember 1996 eine der vorangegangenen leichteren Lungenembolien rechtzeitig diagnostiziert worden wäre, hätte diese durch eine Antikoagulanzientherapie mit Marcumar mit großer Wahrscheinlichkeit vermieden werden können. Ohne Nachweis einer Gerinnungsstörung hätte man diese Antikoagulanzientherapie nach circa sechs Monaten ausgesetzt. Das Vorliegen einer Gerinnungsstörung beim Bruder des Klägers beweise keine Gerinnungsstörung beim Kläger, obwohl damit sicher eine solche zu vermuten wäre. Funktionell sei der Kläger normal belastbar. Eine messbare und damit quantifizierbare Einschränkung bestehe nicht. Eine MdE sei nicht festzustellen. Eine MdE hätte nur bestanden, wenn der Kläger auf Grund des erhöhten Blutungsrisikos bei Antikoagulanzientherapie an Kampfeinsätzen mit Verletzungsrisiko teilgenommen hätte.
Der Kläger hat sodann die Arztbriefe des Internisten und Kardiologen Dr. G. vom 14.01.2008 (tachykardiale Rhythmusstörungen wahrscheinlich mit Vorhofflattern, beginnende Links-Insuffizienz, Infekt der oberen Luftwege mit Bronchitis, Zustand nach Lungenembolie mit Cava-Schirm) und des Prof. Dr. G., Chefarzt der Abteilung Kardiologie und Angiologie der Medizinischen Klinik der St. V.-Kliniken K., vom 06.03.2008 über den dortigen stationären Aufenthalt des Klägers vom 14.01.2008 bis zum 28.01.2008 (Zustand nach Vorhofflattern mit folgender Ablation, nach AV-Block III mit folgender Schrittmacherimplantation, nach Lungenembolie und nach tiefer Beinvenenthrombose, Ausschluss einer signifikanten koronaren Herzkrankheit, gute Lungenvolumen-Funktion) vorgelegt.
Dr. V. hat in ihrer versorgungsmedizinischen Stellungnahme vom 17.06.2008 ausgeführt, nach nochmaligem intensivem Studium der Akten und der aktuellen kardiologischen Berichte sei es wahrscheinlich, dass der Kläger bereits 1994 und dann 1996 in ihrer Ausprägung sich erheblich unterscheidende Lungenembolien auf der Grundlage von nicht-wehrdienstbedingten Störungen der Herzschlagfolge in Form von Vorhofflimmern und Vorhofflattern erlitten habe. Dass 1994 und auch in den Jahren danach nie der Verdacht auf eine abgelaufene Lungenembolie aufgekommen, eine entsprechende weiterführende radiologische Diagnostik nicht durchgeführt worden und unmittelbar nach dem akuten Auftreten der Bronchitis im Jahr 1994 eine Marcumar-Prophylaxe für sechs Monate unterblieben sei, sei für das Auftreten der fulminanten beidseitigen Lungenembolie im Dezember 1996 nicht entscheidend. Es sei wahrscheinlich, dass Ursache für die Lungenembolie akute wehrdienst-unabhängige Herzrhythmusstörungen in Form von Vorhofflimmern oder Vorhofflattern gewesen sei, wodurch es zur Ausbildung von Vorhofthromben gekommen sei. Im Januar 2008 sei festgestellt worden, dass aus dem intermittierenden (gelegentlich anfallsweise auftretenden) Vorhofflattern ein chronisches Vorhofflattern geworden sei, woraus sich die Indikation zur Ablation der relevanten elektrischen Leitungen im Herzen ergeben habe. Für eine Anerkennung von Wehrdienstbeschädigungsfolgen lägen die Voraussetzungen mithin nicht vor. In ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23.09.2008 hat Dr. V. ausgeführt, nachdem es auf Grund der beidseitigen Lungenembolie im Jahr 1996 weder zu einer Leistungsbeeinträchtigung der Lungenfunktion noch einer wesentlichen Leistungsbeeinträchtigung von Herz und Kreislauf gekommen sei, betrage der GdB hierfür 0. Für die chronisch gewordenen Herzrhythmusstörungen betrage der GdB zwischen 10 und 20.
Dr. Sch. hat in seiner weiteren ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 01.02.2009 dargelegt, die Lungenembolie im Jahr 1996 wäre durch eine unbefristete Antikoagulanzientherapie mit größtmöglicher Sicherheit vermieden worden. Ob die Lungenembolie im Jahr 1996 durch eine sechsmonatige Marcumar-Therapie hätte vermieden werden können, sei nicht sicher. Wäre Marcumar nach sechs Monaten ausgesetzt worden und hätte es danach auch nur eine kleine Lungenembolie gegeben, wäre mit Sicherheit eine lebenslange Marcumar-Therapie durchgeführt worden. Der Aussage Dr. V.s über die wehrdienst-unabhängigen Rhythmusstörungen des Klägers als Ursache der Lungenembolien sei nicht zu folgen. Es gebe keine Rhythmusstörung, die zu einer Lungenembolie führen könne. Das Vorhofflimmern und Vorhofflattern im Rahmen der Lungenembolie im Jahr 1996 sei als Folge der vital bedrohlichen Verlegung der Lungenstrombahn durch die Lungenembolie zu erklären und sei eine typische Folge in der Akutsituation. Diese Rhythmusstörung führe zu keiner Thrombenbildung im rechten Vorhof, was zu Lungenembolien hätte führen können. Ferner hat der Sachverständige ausgeführt, im Rahmen seiner Begutachtung habe er keine leistungsmindernden Folgen der Lungenembolie nachweisen können.
Hierauf hat Dr. V. in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 14.04.2009 erwidert, von diversen Autoren werde angegeben, dass etwa 10 % der Thromben, die zur Lungenembolie führten, bei Vorhofflimmern entstünden. Vorgeschlagen werde die Einholung eines kardiologischen Gutachtens unter besonderer Berücksichtigung der Krankengeschichte des Klägers bezüglich der Ätiologie des Vorhofflimmerns und Vorhofflatterns und deren Ausprägung sowie hierdurch ausgelöster Lungenembolien.
Daraufhin hat der Senat das kardiologische Gutachten des Prof. Dr. G. vom 27.10.2009 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, es sei davon auszugehen, dass der Kläger im April 1994 möglicherweise eine Lungenembolie mit daraus resultierender Infarktpneumonie erlitten habe. Der Kläger habe damals über Atemnot und heftige Brustschmerzen geklagt. Die klassischen Zeichen einer Lungenembolie seien ein plötzlich auftretender Brustschmerz, Bluthusten und Atemnot. Die Symptomatik reiche von völliger Beschwerdefreiheit bis hin zu Synkopen oder Schock. Es gebe keine spezifischen Symptome oder Symptomkomplexe, welche mit ausreichender Sicherheit eine Lungenembolie beweisen oder ausschließen könnten. Besonders schwierig sei eine Lungenembolie dann zu erkennen, wenn gleichzeitig andere Erkrankungen mit ähnlicher Symptomatik wie beispielsweise eine Bronchitis oder Herzinsuffizienz vorlägen. Der Kläger sei damals von Dr. R. mit einem Antibiotikum bei Verdacht auf eine akute Bronchitis behandelt worden. Bei einer akuten Bronchitis bestehe häufig zu Anfang ein Husten mit retrosternalen Schmerzen und später könne sich ein produktiver Husten mit eitrigem Auswurf entwickeln, wobei der Auswurf gelegentlich auch blutig tangiert sein könne. Hier zeigten sich deutliche Überschneidungen hinsichtlich der Symptomatik der Lungenembolie und der akuten Bronchitis. Sollte der Kläger im Rahmen der Wiedervorstellung bei Dr. B. die Symptomatik Atemnot, Brustschmerzen und blutiger Auswurf im September 1996 angegeben haben und immer wieder auf seinen blutigen Auswurf hingewiesen haben, so hätte man an eine Lungenembolie mit nachfolgender Diagnostik denken müssen, da die Symptomatik für eine akute Bronchitis eher untypisch und für eine Lungenembolie typisch sei. In der Anamnese gebe es jedoch in den vorliegenden Akten nur Angaben über einen Husten mit Auswurf. Nach Aktenlage und Anamneseerhebung ergebe sich somit eine Diskrepanz zwischen der vom Kläger geäußerten Symptomatik und den in den Akten dokumentierten ärztlichen Berichten, so dass die Beweisfrage, ob eine Gesundheitsstörung mit Wahrscheinlichkeit in wesentlicher Weise durch eine wehrdiensteigentliche Besonderheit der truppenärztlichen Behandlung verschlimmert worden sei, gutachtlich nicht beantwortet werden könne. Ferner sei darauf hinzuweisen, dass eine im Jahr 1994 stattgehabte Lungenembolie nach den vorliegenden Akten und Befunden nur wahrscheinlich sei und nicht bewiesen worden könne. Gehe man von der Möglichkeit einer stattgehabten Lungenembolie im Jahr 1994 aus, wäre ein Zweitereignis durch eine prophylaktisch eingeleitete Antikoagulation mit Marcumar möglicherweise zu verhindern gewesen. Dabei sei aber zu beachten, dass eine Antikoagulatin nur sechs Monate durchgeführt werde, wenn keine Gründe einer Hyperkoagulabilität vorlägen. Die Herzrhythmusstörung, insbesondere das Vorhofflattern, sei eher Folge der Lungenembolie als Ursache der Lungenembolie. Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Lungenembolie im Jahr 1996 und dem Auftreten des Vorhofflatterns im Jahr 2008 könne nicht hergestellt werden. Zwar könne in seltenen Fällen Vorhofflattern Ursache einer Lungenembolie sein. Dies sei jedoch auf Grund der geringen Thrombenbildung im rechten Herzen unwahrscheinlich. Eine entsprechende Klinik als Hinweis auf ein intermittierendes Vorhofflattern gebe es zudem im Krankheitsverlauf des Klägers bis zum Jahr 1996 nicht. Die erste dokumentierte Herzrhythmusstörung sei im Jahr 1996 intraoperativ aufgetreten. Eine durch die Lungenembolie mit nachfolgender Embolektomie verursachte Herzrhythmusstörung sei zwar möglich, jedoch vorliegend nach zwölfjähriger Latenz aus medizinischer Sicht nicht beweisbar, da sich die Wahrscheinlichkeit des Auftretens dieser Rhythmusstörung auch mit zunehmendem Alter der Menschen erhöhe. Hinweise auf ein intermittierendes Vorhofflattern in den Zwischenjahren ergäben sich aus den vorliegenden Akten nicht. Im Gegensatz zu Dr. V. gehe er nicht von einer durch das Vorhofflattern ausgelösten Lungenembolie aus, da diese nach seinen Erfahrungen und nach Durchsicht der medizinischen Literatur extrem selten vorkomme. Ferner hat der Sachverständige ausgeführt, gehe man davon aus, dass die im Jahr 2008 aufgetretenen hämodynamisch relevanten Rhythmusstörungen Folge der im Jahr 1996 stattgehabten Lungenembolie seien, sei der Grad der Schädigungsfolgen (GdS) mit 30 anzusetzen.
In seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 04.03.2010 hat Prof. Dr. G. ausgeführt, es spreche eher mehr dagegen als dafür, dass die Lungenembolie Ursache für das Vorhofflattern gewesen sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist teilweise begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Feststellung des Zustandes nach einer abgelaufenen, durch beidseitige Embolektomie und Einbau eines Vena-Cava-Schirms operativ behandelten fulminanten Lungenembolie mit dauerhafter Marcumar-Antikoagulations-Prophylaxe als Wehrdienstbeschädigungsfolge, keinen Anspruch auf Feststellung der Herzrhythmusstörungen und mit der Notwendigkeit eines Herzschrittmachers als Folgen einer Wehrdienstbeschädigung und keinen Anspruch auf die Gewährung eines Ausgleichs für die Zeit vom 25.12.1996 bis zum 30.09.1997.
Rechtsgrundlage sind §§ 81 und 85 SVG in Verbindung mit §§ 30 und 31 Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Wehrdienstbeschädigung ist eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist (§ 81 Abs. 1 SVG). Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Wehrdienstbeschädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (§ 81 Abs. 6 Satz 1 SVG). Wenn die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Wehrdienstbeschädigung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Wehrdienstbeschädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden (§ 81 Abs. 6 Satz 2 SVG).
Soldaten erhalten wegen der Folgen einer Wehrdienstbeschädigung während ihrer Dienstzeit einen Ausgleich in Höhe der Grundrente und der Schwerstbeschädigtenzulage nach § 30 Abs. 1 und § 31 BVG (§ 85 Abs. 1 SVG). § 81 Abs. 6 Satz 2 SVG findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die Zustimmung vom Bundesministeriums für Verteidigung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales erteilt werden muss (§ 85 Abs. 3 SVG). Der Ausgleich beginnt mit dem Monat, in dem seine Voraussetzungen erfüllt sind (§ 85 Abs. 4 Satz 1 SVG). Der Anspruch auf Ausgleich erlischt spätestens mit der Beendigung des Wehrdienstverhältnisses (§ 85 Abs. 4 Satz 3 SVG).
Beschädigte erhalten eine monatliche Grundrente bei einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) ab 30 (§ 31 Abs. 1 BVG). Der GdS ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen (§ 30 Abs. 1 Satz 1 BVG). Der GdS ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu 5 Grad geringerer GdS wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BVG). Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten (§ 30 Abs. 1 Satz 3 BVG).
Bei der Beurteilung des Ursachenzusammenhangs und des GdS orientiert sich der Senat im Interesse der Gleichbehandlung an den Bewertungsmaßstäben der seit 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1) Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX) 2008" (AHP) getretenen Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) vom 10.12.2008 - BGBl. I. S. 2412 (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV). Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des GdS im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt.
Danach wird als Schädigungsfolge im sozialen Entschädigungsrecht jede Gesundheitsstörung bezeichnet, die in ursächlichem Zusammenhang mit einer Schädigung steht, die nach dem entsprechenden Gesetz zu berücksichtigen ist (Teil A Nr. 1 a VG) und ist Ursache im Sinne der Versorgungsgesetze die Bedingung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat (Teil C Nr. 1 b Satz 1 VG).
Zu den Fakten, die vor der Beurteilung eines ursächlichen Zusammenhangs geklärt ("voll bewiesen") sein müssen, gehören der schädigende Vorgang, die gesundheitliche Schädigung und die zu beurteilende Gesundheitsstörung (Teil C Nr. 2 a VG). Der schädigende Vorgang ist das Ereignis, das zu einer Gesundheitsschädigung führt (Teil C Nr. 2 b Satz 1 Halbsatz 1 VG). Die gesundheitliche Schädigung ist die primäre Beeinträchtigung der Gesundheit durch den schädigenden Vorgang (Teil C Nr. 2 c Halbsatz 1 VG). Zwischen dem schädigenden Vorgang und der Gesundheitsstörung muss eine nicht unterbrochene Kausalkette bestehen, die mit den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft und den ärztlichen Erfahrungen im Einklang steht. Dabei sind Brückensymptome oft notwendige Bindeglieder (Teil C Nr. 2 d Sätze 1 und 2 VG).
Für die Annahme, dass eine Gesundheitsstörung Folge einer Schädigung ist, genügt versorgungsrechtlich die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Sie ist gegeben, wenn nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (Teil C Nr. 3 a Satz 1 VG). Grundlage für die medizinische Beurteilung sind die von der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung vertretenen Erkenntnisse über Ätiologie und Pathogenese (Teil C Nr. 3 b Satz 1 VG). Aus dem Umstand, dass der Zusammenhang der Gesundheitsstörung mit einem schädigenden Vorgang nach wissenschaftlicher Erkenntnis nicht ausgeschlossen werden kann, lässt sich nicht folgern, dass er darum wahrscheinlich sei. Ebenso wenig kann das Vorliegen einer Schädigungsfolge bejaht werden, wenn ein ursächlicher Zusammenhang nur möglich ist (Teil C Nr. 3 d Sätze 1 und 2 VG).
Gesundheitsstörungen, bei deren Auftreten schädigende Einwirkungen nicht mitgewirkt haben, können in ihrem Verlauf in einen ursächlichen Zusammenhang mit schädigenden Einflüssen kommen, wenn durch dienst- oder hafteigentümliche Verhältnisse oder Schädigungsfolgen eine fachgerechte und wahrscheinlich erfolgreiche Behandlung nicht oder zu spät durchgeführt wird (Teil C Nr. 9 VG).
Anknüpfend daran ist zu ergänzen, dass Schädigungen durch militärärztliche Behandlungen als durch wehrdiensteigentümliche Umstände verursacht anzusehen sind, wenn sich der Zwang, im Rahmen der truppenärztlichen Versorgung den behandelnden Arzt nicht frei wählen zu können, auf das Eintreten einer gesundheitlichen Schädigung, etwa durch unsachgemäße ärztliche Behandlung, ausgewirkt hat. Nicht notwendig ist, dass der ärztliche Eingriff selbst nach zivilrechtlichen Maßstäben entgegen der Regeln der ärztlichen Kunst vorgenommen worden ist. Zwar hat das Bundessozialgericht entschieden, als Ausgleich für den Zwang, sich truppenärztlicher Behandlung zu unterziehen, sei es für den versorgungsrechtlichen Schutz gegen die Risiken einer solchen Behandlung ausreichend, wenn nicht ausgeschlossen werden könne, dass bei freier Arztwahl die konkret eingetretene Schädigung in dieser Form nicht eingetreten wäre, das Krankheitsgeschehen damit keinen unabänderlichen schicksalhaften Verlauf genommen hätte (BSG, Urteil vom 30.01.1991 - 9a/9 RV 26/89). Das Bundessozialgericht hat aber auch entschieden, bei der Betrachtung des Fortbestehens eines behebbaren Leidens als Schädigung reiche es nicht aus, wenn lediglich nicht ausgeschlossen werden könne, dass bei freier Arztwahl ein günstigerer Zustand eingetreten wäre, das Krankheitsgeschehen mithin keinen unabänderlichen schicksalhaften Verlauf genommen hätte. Vielmehr sei zu fordern, dass ein anderer Arzt (mit anderer Behandlungsmethode) wahrscheinlich einen besseren Heilerfolg erzielt hätte. Denn erst aus dem Vergleich des tatsächlichen und des hypothetischen Behandlungsergebnisses lasse sich die Bejahung einer gesundheitlichen Schädigung herleiten (BSG, Urteil vom 25.03.2004 - B 9 VS 1/02 R). Diese Entscheidung steht im Einklang mit den auch sonst im sozialen Entschädigungsrecht anerkannten Beweismaßstäben. Mithin ist es nach Ansicht des Senats erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Schädigung bei freier Arztwahl wahrscheinlich nicht eingetreten beziehungsweise behoben worden wäre. Entsprechendes gilt auch, wenn der schädigende Vorgang in einer Unterlassung liegt. Hier ist zu fordern, dass ein anderer Arzt anders vorgegangen wäre und der Eintritt der Schädigung wahrscheinlich verhindert worden wäre. Bei der Prüfung, ob ein Unterlassen einen schädigenden Vorgang darstellt, ist auch angesichts der zum Teil vielfältigsten möglichen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, auch wenn es auf ein Verschulden nicht ankommt, nur auf die bei der bekannten Sachlage gebotenen Handlungen abzustellen (BSG, Urteil vom 13.12.1984 - 9a RVs 2/83). Nach Ansicht des Senats dürfen dabei erst im Nachhinein erworbene Erkenntnisse nicht rückblickend mit in die Bewertung einbezogen werden. Denn dies wäre durch die Unterschiede zwischen der truppenärztlichen Versorgung und der freien Arztwahl im Zivilleben nicht gerechtfertigt.
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe hat der Kläger einen Anspruch auf Feststellung des Zustandes nach einer abgelaufenen, durch beidseitige Embolektomie und Einbau eines Vena-Cava-Schirms operativ behandelten fulminanten Lungenembolie mit dauerhafter Marcumar-Antikoagulations-Prophylaxe als Wehrdienstbeschädigungsfolge.
Ein mit dem Wehrdienst zusammenhängender schädigender Vorgang steht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest. Maßgeblicher Vorgang ist dabei die Unterlassung weiterer Untersuchungen und Behandlungen im Hinblick auf die vom Kläger am 09.09.1996 gegenüber Dr. B. und am 10.09.1996 gegenüber Dr. B. vor der am 25.12.1996 erlittenen fulminanten Lungenembolie vorgetragenen Beschwerden.
Für den Senat steht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass im Rahmen der truppenärztlichen Behandlungen am 09.09.1996 und 10.09.1996 genügend für eine beim Kläger bereits im April 1994 abgelaufene erste Lungenembolie sprechende Verdachtsmomente vorgelegen haben. Der Senat stützt sich dabei auf die Angaben des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 13.12.2007 und 11.03.2010, des Dr. R. in seinem Arztbrief vom 18.04.1994 und der Dr. B. in ihrem Arztbrief vom 11.09.1996. Daraus ergibt sich, dass der Kläger einhergehend mit seiner von Dr. R. im April 1994 behandelten Erkrankung an Atemnot gelitten sowie Blut gespuckt und seither einen leichten Hustenreiz sowie Räusperzwang mit hellem Auswurf gehabt und beim Sport eine Leistungsminderung bemerkt hat. Der Senat ist von der Richtigkeit der vom Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlungen am 13.12.2007 und 11.03.2010 gemachten Angaben überzeugt. Dessen Angaben zu seinen Krankheitserscheinungen im April 1994 hält der Senat vor dem Hintergrund, dass sie mit denjenigen in seinen Schriftsätzen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren im Einklang stehen, für glaubhaft. Hieraus hat Dr. Sch. in seinem Gutachten vom 08.01.2007 den für den Senat überzeugenden Schluss gezogen, dass, da Bluthusten für eine Bronchitis nicht typisch ist, die Diagnose einer bereits im April 1994 akuten Lungenembolie dringend nahegelegen hätte. Dass dieser Einschätzung das Ergebnis der Computertomographie vom 09.09.1996 nicht entgegensteht, hat Dr. Sch. überzeugend damit begründet, dass diese Untersuchung mit einer anderen Fragestellung und für den Nachweis von Lungenembolien nicht geeigneten Technik erfolgt ist. Daher hat auch Dr. V. in ihrer versorgungsmedizinischen Stellungnahme vom 17.06.2008 zutreffend ausgeführt, die Wahrscheinlichkeit, der Kläger habe bereits 1994 eine Lungenembolie erlitten, habe sich verdichtet. Diese Einschätzung hat auch Prof. Dr. G. in seinem Gutachten vom 27.10.2009 bestätigt, indem er dargelegt hat, dass die klassischen Zeichen einer Lungenembolie ein plötzlich auftretender Brustschmerz, Bluthusten und Atemnot sind und die vom Kläger beschriebene Symptomatik für eine akute Bronchitis eher untypisch, dagegen für eine Lungenembolie typisch ist.
Der Senat ist auch davon überzeugt, dass der Kläger am 09.09.1996 gegenüber Dr. B. und am 10.09.1996 gegenüber Dr. B. entsprechende, die Diagnose einer im April 1994 abgelaufenen Lungenembolie nahelegende Angaben, gemacht hat. Auch diesbezüglich ist der Senat von der Richtigkeit der vom Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlungen am 13.12.2007 und 11.03.2010 gemachten Angaben überzeugt. Dessen Angaben zu seinen gegenüber Dr. B. und Dr. B. im September 1996 gemachten Bekundungen hält der Senat vor dem Hintergrund, dass auch Dr. B. in ihrem Arztbrief vom 11.09.1996 dargelegt hat, der Kläger habe ausgeführt, er habe im Rahmen seiner Erkrankung im Jahr 1994 unter anderem Blut gespuckt, für glaubhaft. Mithin hätten also Dr. B. und Dr. B. im September 1996 auch an eine Lungenembolie denken müssen und wäre eine nachfolgende Diagnostik geboten gewesen.
Nach Einschätzung des Senats hätte, wenn im September 1996 truppenärztlich die Verdachtsdiagnose einer Lungenembolie gestellt worden wäre, durch eine entsprechende Diagnostik mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die vom Kläger am 25.12.1996 erlittene fulminante Lungenembolie und damit auch die durch eine beidseitigen Embolektomie mit Einbau eines Vena-Cava-Schirms und dauerhafter Marcumar-Antikoagulations-Prophylaxe bedingte dauerhafte Gesundheitsstörung vermieden werden können. Auch diesbezüglich stützt sich der Senat auf die überzeugenden Ausführungen des Dr. Sch. in seinem Gutachten vom 08.01.2007 und seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 01.02.2008. Darin hat er für den Senat nachvollziehbar dargelegt, dass die vom Kläger am 25.12.1996 erlittene fulminante Lungenembolie durch eine Antikoagulanzientherapie mit Marcumar mit großer Wahrscheinlichkeit hätte vermieden werden können, wenn eine der vorangegangenen leichteren Lungenembolien rechtzeitig diagnostiziert worden wäre. Dies ergibt sich daraus, dass diese Antikoagulanzientherapie nach Angaben des Sachverständigen frühestens nach circa sechs Monaten ausgesetzt worden wäre, es aber bereits am 25.12.1996, also innerhalb von knapp vier Monaten nach den Vorstellungen bei Dr. B. am 09.09.1996 und Dr. B. am 10.09.1996, zu der fulminanten Lungenembolie gekommen ist.
Der von Dr. V. in ihren versorgungsmedizinischen Stellungnahmen vom 17.06.2008 und 14.04.2009 vertretenen Ansicht, dass die vom Kläger im April 1994 und am 25.12.1996 erlittenen Lungenembolien ursächlich auf nicht-wehrdienstbedingte Störungen der Herzschlagfolge in Form von Vorhofflimmern und Vorhofflattern mit der Ausbildung von Vorhofthromben zurückzuführen seien und deshalb das Unterbleiben einer Marcumar-Prophylaxe für sechs Monate für das Auftreten der am 25.12.1996 eingetretenen fulminanten Lungenembolie nicht entscheidend sei, folgt der Senat nicht. Ihre Begründung, von diversen Autoren werde angegeben, dass etwa 10 % der Thromben, die zur Lungenembolie führten, bei Vorhofflimmern entstünden, ist nicht geeignet, den Kausalzusammenhang zwischen unterbliebener Marcumar-Prophylaxe und fulminanter Lungenembolie in Frage zu stellen. Denn Dr. Sch. hat in seiner weiteren ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 01.02.2009 überzeugend dargelegt, dass das Vorhofflimmern und Vorhofflattern im Rahmen der am 25.12.1996 erlittenen fulminanten Lungenembolie als Folge der vital bedrohlichen Verlegung der Lungenstrombahn durch die Lungenembolie zu erklären und eine typische Folge in der Akutsituation gewesen ist und diese Rhythmusstörung nicht zu einer Lungenembolien verursachenden Thrombenbildung im rechten Vorhof führt. Auch Prof. Dr. G. hat in seinem Gutachten vom 27.10.2009 für den Senat gut nachvollziehbar dargelegt, dass die Herzrhythmusstörung, insbesondere das Vorhofflattern, nicht die Ursache für die fulminante Lungenembolie gewesen ist. Die Begründung, dass auf Grund der geringen Thrombenbildung im rechten Herzen eine Ursächlichkeit des Vorhofflatterns für die Lungenembolie unwahrscheinlich ist, hat den Senat auch vor dem Hintergrund, dass es eine entsprechende Klinik als Hinweis auf ein intermittierendes Vorhofflattern im Krankheitsverlauf des Klägers bis zum 25.12.1996 nicht gibt, überzeugt. So hat der Sachverständige zutreffend darauf hingewiesen, dass die erste dokumentierte Herzrhythmusstörung am 25.12.1996 intraoperativ aufgetreten ist. Ferner ist für den Senat maßgeblich, dass eine durch das Vorhofflattern ausgelöste Lungenembolie nach den Erfahrungen des Sachverständigen und dessen Durchsicht der medizinischen Literatur extrem selten vorkommt.
Hinsichtlich der Beurteilung des Kausalzusammenhangs weist der Senat klarstellend darauf hin, dass es nach seiner Ansicht auf die Ausführungen des Dr. Sch., es sei nicht sicher, ob die fulminante Lungenembolie durch eine sechsmonatige Marcumar-Therapie hätte vermieden werden können, und des Prof. Dr. G., eine zweite Lungenembolie wäre durch eine prophylaktisch eingeleitete sechsmonatige Antikoagulation mit Marcumar nur möglicherweise zu verhindern gewesen, nicht ankommt. Denn vorliegend ist nicht entscheidend, ob bereits Dr. R. im April 1994 eine dauerhafte, sondern ob truppenärztlich im September 1996 eine mindestens sechsmonatige und daher jedenfalls bis zum 25.12.1996 reichende Marcumar-Therapie hätte eingeleitet werden müssen.
Nach Ansicht des Senats kann mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass ein anderer Arzt in Kenntnis der vom Kläger gegenüber Dr. B. und Dr. B. gemachten Angaben eine Diagnostik in Bezug auf das Vorliegen einer im April 1994 abgelaufenen Lungenembolie durchgeführt und die am 25.12.1996 erlittene fulminante Lungenembolie und damit auch die durch eine beidseitige Embolektomie mit Einbau eines Vena-Cava-Schirms und dauerhafter Marcumar-Antikoagulations-Prophylaxe bedingte dauerhafte Gesundheitsstörung verhindert hätte.
Nach alledem ist der schädigende Vorgang in Form der im September 1996 unterlassenen truppenärztlichen Behandlung voll bewiesen. Dasselbe gilt für die gesundheitliche Schädigung in Form der am 25.12.1996 erlittenen fulminanten Lungenembolie und die Gesundheitsstörung in Form des Zustands nach einer abgelaufenen, durch beidseitige Embolektomie und Einbau eines Vena-Cava-Schirms operativ behandelten fulminanten Lungenembolie mit dauerhafter Marcumar-Antikoagulations-Prophylaxe. Ferner spricht mehr dafür als dagegen und ist es mithin hinreichend wahrscheinlich, dass der schädigende Vorgang wesentlich ursächlich für die gesundheitliche Schädigung und diese für die Gesundheitsstörung ist. Der Zustand nach einer abgelaufenen, durch beidseitige Embolektomie und Einbau eines Vena-Cava-Schirms operativ behandelten fulminanten Lungenembolie mit dauerhafter Marcumar-Antikoagulations-Prophylaxe ist mithin Folge der im September 1996 unterlassenen truppenärztlichen Behandlung und damit als Wehrdienstbeschädigungsfolge festzustellen.
Dies gilt aber nicht für die beim Kläger im Januar 2008 diagnostizierten Herzrhythmusstörungen und die hiermit verbundene Notwendigkeit eines Herzschrittmachers. Der Senat folgt dabei Prof. Dr. G., der in seinem Gutachten vom 27.10.2009 nachvollziehbar dargelegt hat, dass ein "eindeutiger" Zusammenhang zwischen der Lungenembolie im Jahr 1996 und dem Auftreten des Vorhofflatterns im Jahr 2008 nicht hergestellt werden kann. Gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht insbesondere die fast zwölfjährige Latenz zwischen der im Jahr 1996 aufgetretenen Lungenembolie und der im Jahr 2008 aufgetretenen Herzproblematik und die von Prof. Dr. G. beschriebene mit zunehmendem Alter der Menschen sich erhöhende Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Rhythmusstörungen. Mithin hat er in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 04.03.2010 zu Recht ausgeführt, dass eher mehr dagegen als dafür spricht, dass die Lungenembolie Ursache für das Vorhofflattern gewesen ist, zumal beim Kläger nach den Angaben des Sachverständigen mehrere echokardiographische Kontrollen keine eine atriale Rhythmusstörung begünstigenden chronischen Rechtsherzbelastungszeichen mit einer Dilatation der Vorhöfe gezeigt haben. Der Kläger hat mithin keinen Anspruch auf Feststellung der Herzrhythmusstörungen und der hiermit verbundenen Notwendigkeit eines Herzschrittmachers als Schädigungsfolge.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Gewährung eines Ausgleichs.
Denn die Folgen der am 25.12.1996 erlittenen fulminanten Lungenembolie bedingen keinen GdS von mindestens 25.
Denn beim Kläger liegen infolge der beidseitigen Embolektomie mit Einbau eines Vena-Cava-Schirms und dauerhafter Marcumar-Antikoagulations-Prophylaxe keine schädigungsbedingten Funktionsstörungen vor. Aus dem Gutachten des Dr. Sch. hat sich bezüglich Lunge und Herz lediglich eine leichte Gasaustauschstörung und ansonsten kein GdS-relevanter Befund ergeben. Folgerichtig hat der Sachverständige ausgeführt, eine relevante kardiopulmonale Einschränkung bestehe zum aktuellen Zeitpunkt nicht und funktionell sei der Kläger normal belastbar, so dass eine messbare und damit quantifizierbare Einschränkung nicht besteht. Sofern der Sachverständige ausgeführt hat, der Cava-Schirm und die Antikoagulantientherapie mit Marcumar könnten zukünftig für die Beurteilung relevant werden, weist der Senat auf Teil A, Nr. 2 h, S. 9 VG hin, wonach Gesundheitsstörungen, die erst in der Zukunft zu erwarten sind, beim GdS nicht zu berücksichtigen sind. Der Senat hält daher auch die Einschätzung der Dr. V. in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23.09.2008, auf Grund der fulminanten Lungenembolie sei es weder zu einer Leistungsbeeinträchtigung der Lungenfunktion noch einer wesentlichen Leistungsbeeinträchtigung von Herz und Kreislauf gekommen, für zutreffend. Ferner weist der Senat darauf hin, dass allein der Umstand, dass allein die dauerhafte Antikoagulantientherapie mit Marcumar nicht GdS-relevant ist (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.10.1995 - L 4 Vs 6/95). Zwar ist in Teil B, Nr. 9.1.2, S. 48 VG ausgeführt, dass bei Herzklappenprothesen der GdS nicht niedriger als 30 zu bewerten ist und dieser Wert eine Dauerbehandlung mit Antikoagulantien einschließt. Zum Einen geht es aber vorliegend nicht um eine Herzklappenprothese, sondern um einen in die untere Hohlvene (Vena cava) eingelegten Kunststoffschirm. zum Anderen ist in Teil B, Nr. 9.12, S. 48 VG aber auch ausgeführt, dass nach operativen und anderen therapeutischen Eingriffen am Herzen der GdS von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung abhängig ist. Mithin rechtfertigt allein eine Dauerbehandlung mit Antikoagulantien keinen GdS von 30, sondern nur im Zusammenhang mit einer bleibenden Leistungsbeeinträchtigung. Eine solche liegt aber beim Kläger derzeit schädigungsbedingt nicht vor.
Nach alledem waren auf die Berufung des Klägers das Urteil des Sozialgerichts K. vom 21.04.2005 und der Bescheid der Beklagten vom 06.09.2000 in Gestalt deren Widerspruchsbescheides vom 20.06.2002 abzuändern sowie der Beklagte zu verurteilen, den Zustand nach einer abgelaufenen, durch beidseitige Embolektomie und Einbau eines Vena-Cava-Schirms operativ behandelten fulminanten Lungenembolie mit dauerhafter Marcumar-Antikoagulations-Prophylaxe als Wehrdienstbeschädigungsfolge festzustellen, und war die Berufung im Übrigen zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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