L 2 SO 2122/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 7 SO 694/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 2122/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. März 2010 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist zwischen den Beteiligten der Abzug der vollen Energiekostenpauschale in Höhe von 22,11 EUR im Rahmen der Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2008.

Seit 1. Februar 2006 bezieht der am 1941 geborene Kläger eine Regelaltersrente. Ab 1. Juli 2008 beträgt die Regelaltersrente 434,37 EUR. Da hiervon im Jahr 2008 145,55 EUR an die Beklagte abgetreten waren, wurden an den Kläger 288,82 EUR ausgezahlt. Bei einer persönlichen Vorsprache am 3. Dezember 2008 teilte der Kläger mit, er wolle den Abtretungsvertrag mit der Beklagten vom 21. März 2007 für die Rente zurücknehmen; ab 1. Februar 2009 wolle er seine Miete selbst überweisen. Der Kläger bezieht auch noch eine Rente in Höhe von 38,85 EUR monatlich von der Pensionsversicherungsanstalt Wien.

Vom 21. März 2007 bis 28. Februar 2009 lebte der Kläger im Rahmen des betreuten Wohnens im Haus am L. in der P. in S ... Hierfür fielen monatlich 146,93 EUR an Unterkunftskosten (Nutzungsgebühr von 87,98 EUR, Betriebskosten von 58,95 EUR) an. In den Betriebskosten waren die Kosten für Strom, Heizung, Wasser und sonstige Nebenkosten enthalten. Weiterhin entstanden ab 1. Januar 2008 monatliche Betreuungskosten in Höhe von 234,08 EUR.

Mit Bescheid vom 20. Februar 2008 bewilligte die Beklagte für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2008 382,12 EUR monatlich. Aufgrund der Regelsatzerhöhung und der Änderung des Rentenbetrags des Klägers zum 1. Juli 2008 erhöhte die Beklagte die dem Kläger zu gewährenden Leistungen mit Bescheid vom 4. September 2008 für den Zeitraum 1. Oktober bis 31. Dezember 2008 auf monatlich 382,23 EUR. Hierbei zog die Beklagte vom Grundsicherungsbedarf des Klägers eine Energiekostenpauschale vom 22,11 EUR monatlich ab. Der Kläger erhob hiergegen am 1. Oktober 2008 Widerspruch, da er der Meinung war, dass die 22,11 EUR zu Unrecht abgezogen würden. Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Dezember 2008 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. In den monatlichen Betriebskosten seien sowohl die Kosten für Strom, Heizung als auch Wasser enthalten, so dass in den berücksichtigten 146,93 EUR der Kosten für die Unterkunft sowohl der Haushaltsstrom als auch die Kosten für Warmwasser enthalten seien. Insoweit seien 22,11 EUR abzuziehen, da dieser Betrag im Regelsatz bereits enthalten sei.

Am 2. Februar 2009 hat der Kläger hiergegen Klage zum Sozialgerichts Stuttgart (SG) erhoben. Er hat sich insoweit gegen den Abzug von 22,11 EUR von seinen monatlichen Leistungen gewandt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die Grundsicherungsleistungen seien zutreffend berechnet. Die Kosten für die Haushaltsenergie könnten nicht doppelt durch den Regelsatz und die Unterkunftskosten gewährt werden. Da jedoch übersehen worden sei, dass die Rentenänderung sowie die Regelsatzänderung bereits ab 1. Juli 2008 erfolgt seien, würden dem Kläger für die Zeit 1. Juli bis 30. September 2008 monatlich 0,11 EUR nachgezahlt. Mit Urteil vom 24. März 2010 hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum 1. Oktober bis 31. Dezember 2008 weitere Leistungen der Grundsicherung im Alter in Höhe von 1,01 EUR zu zahlen; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, Streitgegenstand seien die dem Kläger zu gewährenden Leistungen ausgehend vom Bescheid vom 4. September 2008 für den Zeitraum 1. Oktober bis 31. Dezember 2008; nur über diesen Zeitraum habe der Bescheid eine Entscheidung getroffen. Der Bescheid vom 20. Februar 2008 sei hingegen bestandskräftig geworden. Vom Bedarf des Klägers (Regelsatz in Höhe von 351,00 EUR; Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 146,93 EUR) sei eine Energiekostenpauschale von 21,10 EUR monatlich abzuziehen. Im Regelsatz sei bereits ein Betrag für Haushaltsenergie enthalten; dies könne nicht nochmals im Rahmen der Kosten der Unterkunft gewährt werden. In der Nutzungsgebühr, die der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum habe entrichten müssen, seien sowohl sämtliche Stromkosten als auch die Kosten für Warmwasseraufbereitung berücksichtigt gewesen. Insoweit sei von den Kosten der Unterkunft und Heizung der im Regelsatz für Haushaltsenergie enthaltene Betrag abzusetzen. Der Kläger habe insgesamt einen Bedarf im Rahmen der Grundsicherung in Höhe von 476,83 EUR. Auf diesen seien die Rentenzahlungen in Höhe von 327,67 EUR anzurechnen. Dem Kläger stünden Grundsicherungsleistungen in Höhe von monatlich 146,16 EUR zu. Weiterhin habe er einen Anspruch auf Übernahme der monatlichen Betreuungskosten in Höhe von 234,08 EUR. Er habe somit einen Gesamtleistungsanspruch in Höhe von 383,24 EUR. Im streitgegenständlichen Zeitraum seien ihm Leistungen in Höhe von 382,23 EUR gewährt worden. Das Urteil enthält die Rechtsmittelbelehrung, dass den Beteiligten die Berufung nur zusteht, wenn sie nachträglich zugelassen wird. Zu diesem Zweck könne die Nichtzulassung der Berufung mit der Beschwerde angefochten werden. Gegen das dem Kläger mit Zustellungsurkunde am 8. April 2010 zugestellte Urteil hat er am 3. Mai 2010 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Die Beklagte habe seine Grundsicherungsleistung falsch berechnet, da sie eine Pauschale für Energie in Höhe von 22,62 EUR abgezogen habe.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. März 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. September 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Dezember 2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm für den Zeitraum 1. Oktober bis 31. Dezember 2008 um 22,11 EUR monatlich höhere Leistungen im Alter zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Mit gerichtlichter Verfügung vom 20. Mai 2010 ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass die Berufung unzulässig sein dürfte und ihm - entsprechend der Rechtsmittelbelehrung des Urteils vom 24. März 2010 - das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung zur Verfügung steht. Ihm wurde die Möglichkeit zur Stellungnahme hierzu bis zum 6. Juni 2010 gegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, die Gerichtsakte des SG (S 7 SO 694/09) und die Berufungsakte des Senats (L 2 SO 2122/10) Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegte Berufung, über die der Senat gem. § 158 SGG durch Beschluss entscheidet, ist unzulässig.

Nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Die Regelung findet nur dann keine Anwendung, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als 1 Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Der Ausnahmetatbestand des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG liegt nicht vor, da der Rechtsstreit nicht laufende Leistungen für mehr als 1 Jahr, sondern für den Zeitraum vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2008 betrifft. Selbst wenn der vom Kläger mit Schreiben 5. Juni 2010 angeführte Zeitraum von April bis Dezember 2010 - der jedoch nicht Streitgegenstand ist - berücksichtigt würde, wäre nur ein Zeitraum von 1 Jahr betroffen. Im Berufungsverfahren ist zwischen den Beteiligten allein im Streit, ob der Kläger für den streitigen Zeitraum einen um 21,11 EUR monatlich höheren Anspruch auf Grundsicherung im Alter hat. Der sich daraus ergebende Beschwerdewert von 66,33 EUR überschreitet den maßgeblichen Beschwerdewert von 750,00 EUR nicht. Auch wenn die vom Kläger geltend gemachten, um 294,77 EUR höheren Leistungen für den Zeitraum April bis Dezember 2010 berücksichtigt werden würden - sie sind jedoch nicht Streitgegenstand des Verfahrens - wäre der maßgebliche Beschwerdewert nicht erreicht.

Da das SG die Berufung im Urteil nicht zugelassen hat, bedarf die Berufung der Zulassung durch Beschluss des Landessozialgerichts (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG). Eine entsprechende Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung hat der Kläger nicht eingelegt. Er hat explizit Berufung gegen das Urteil des SG vom 24. März 2010 erhoben. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 20. Mai 2003 in SozR 4 - 1500 § 158 Nr. 1 mwN.) scheidet eine Umdeutung der Erklärung über die Einlegung eines Rechtsmittels entsprechend der erteilten Rechtsmittelbelehrung (hier also Berufung) in ein anderes Rechtsmittel schon wegen der unterschiedlichen Zielsetzung beider Rechtsmittel grundsätzlich aus, unabhängig davon, ob der Rechtsmittelführer rechtskundig vertreten ist oder nicht. Diese Fälle sind ausschließlich über die Folgen einer unrichtigen Rechtmittelbelehrung zu lösen (BSG aaO).

Mit der Verwerfung der vom Kläger eingelegten Berufung und der insoweit vom Senat inzident getroffenen Feststellung der Statthaftigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde steht aus Gründen der notwendigen Rechtsmittelklarheit und des gebotenen Vertrauensschutzes (BSG, Urteil vom 3. Juni 2004 in SozR 4 - 1500 § 144 Nr. 1) diese verbindlich fest.

Über eine noch ggfs. einzulegende Nichtzulassungsbeschwerde wäre in einem solchen Verfahren zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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