L 12 AS 2397/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AS 3344/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 2397/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 18. April 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Kläger begehren die Übernahme der Kosten für eine Auszugsrenovierung, eine Zahnbehandlung, Einschulungsbedarf sowie die Übernahme von Bewerbungskosten.

Die Klägerin und ihr 1999 geborener Sohn, der Kläger zu 2, lebten gemeinsam mit dem Kläger zu 3, dem Vater des Klägers zu 2, bis September 2004 in B ... Im Oktober 2004 zog die Familie nach N ... Seit 2005 bezogen die Kläger als Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) von der Beklagten. Anfang März 2007 zog die Familie nach B. zurück.

Am 10. Januar 2006 beantragte die Klägerin die Übernahme von Kosten für eine Auszugsrenovierung in Höhe von 637,74 EUR betreffend die frühere Wohnung in B. (P.-J.-Str.) und legte hierzu einen zwischen dem Kläger zu 3 und der Wohnungsgenossenschaft L. e.G. vor dem Amtsgericht L. geschlossenen Vergleich vom 14. Dezember 2005 vor, wonach der Kläger zu 3 zur Zahlung von 637,74 EUR an die Wohnungsgenossenschaft verpflichtet war. Mit Bescheid vom 29. Mai 2006 lehnte die Beklagte den Antrag ab, den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2006 zurück.

Am 13. März 2006 beantragte die Klägerin die Übernahme zahnärztlicher Behandlungskosten und legte hierzu eine Rechnung vom 22. März 2006 der Dres. P. und M. vor. Danach beliefen sich die Gesamtkosten für die Versorgung eines Zahnes durch eine Teilkrone (erheblicher Mess- und Planungsaufwand bei C. K./I. mit individueller Farb- und Formgebung; zeitaufwändige Eingliederung mit Dentin-Adhäsiv-Technik) auf 465,30 EUR. Abzüglich des von der Krankenkasse getragenen Festzuschusses von 258,72 EUR verblieb ein Rechnungsbetrag von 206,58 EUR. Mit Bescheid vom 3. April 2006 lehnte die Beklagte den Antrag ab und wies den hiergegen gerichteten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2006 zurück.

Am 14. März 2006 beantragte die Klägerin für die Einschulung des Klägers zu 2 einen Kostenzuschuss von mindestens 300 EUR für die Erstausstattung. Mit Bescheid vom 14. März 2006 lehnte die Beklagte den Antrag ab, den hiergegen gerichteten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2006 zurück.

Am 9. März 2006 beantragte die Klägerin die Übernahme von Bewerbungskosten in Höhe von 260 EUR. Am 19. und 21. März 2006 legte sie 32 Bewerbungsschreiben vor. Mit Bescheiden vom 13. April 2006 erstattete die Beklagte die Kosten für 30 Bewerbungen in Höhe von insgesamt 150 EUR, womit innerhalb der Jahresfrist vom 24. Januar 2006 bis 23. Januar 2007 der Höchstbetrag von 150 EUR ausgeschöpft sei. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Am 30. Mai 2006 legte sie weitere 12 Bewerbungen vor, die Beklagte lehnte die Kostenübernahme mit Bescheid vom 1. Juni 2006 ab. Auch hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Die Beklagte wies beide Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2006 zurück.

Gegen die genannten Bescheide richtet sich die am 10. Juli 2006 zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhobene Klage. Die Klägerin trägt vor, die Kosten der Auszugsrenovierung seien Kosten der Unterkunft, die erst während des laufenden Leistungsbezugs bei der Beklagten aufgrund des gerichtlichen Vergleichs fällig geworden und daher von der Beklagten zu übernehmen seien. Die zahnärztliche Behandlung sei medizinisch notwendig gewesen, die Krankenkasse übernehme allerdings die Kosten nicht. Die Grundversorgung sei nicht mehr durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckt, weshalb ein Anspruch nach dem SGB II bestehe. In der Regelleistung seien die im Zusammenhang mit der Einschulung entstehenden Kosten nicht enthalten. Es handele sich um Kosten für Materialien, die nach den Vorgaben der Schule anzuschaffen seien (Hefte, Ordner, Schreibwaren, Bastel- und Malutensilien, Sport- und Schwimmzeug) als auch um Gegenstände, die zur Grundausstattung eines jeden Schülers gehörten (Schulranzen, Schultüte, Wecker, Schreibtisch, Schreibtischstuhl, Schreibtischlampe, Sporttasche etc.). Für diese einmaligen, anlassbezogenen Ausgaben sei eine gesonderte Beihilfe zu gewähren, wobei sich der Gesamtbedarf auf ca. 700 EUR belaufe.

Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat die Auffassung vertreten, die Kosten für zahnärztliche Behandlung und den Einschulungsbedarf seien aus der Regelleistung zu bezahlen. Ein Darlehen komme nicht in Betracht, da ein sachlich wie zeitlich unabweisbarer Bedarf nicht dargelegt sei. Die Renovierungskosten könnten nicht übernommen werden, da diese nicht rechtzeitig beantragt worden seien. Die Übernahme von Schulden aus der Zeit vor der Antragstellung komme nicht in Betracht. Hinsichtlich der Bewerbungskosten sei, nachdem die Klägerin nach Klageerhebung weitere Kostenerstattungen beantragt habe, mit Abhilfebescheid vom 27. Dezember 2006 entschieden worden, dass die Klägerin im Jahreszeitraum 24. Januar 2006 bis 23. Januar 2007 insgesamt den gesetzlichen Höchstbetrag von 260 EUR erstattet erhalten könne. Mit den neuen Bewerbungen sei dieser Betrag ausgeschöpft, so dass die Erstattung weiterer Kosten nicht in Betracht komme.

Mit Gerichtsbescheid vom 18. April 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Kosten der Auszugsrenovierung könnten nicht übernommen werden, da dies erst beantragt worden sei, als eine fällige Zahlungsverpflichtung bereits bestanden habe. Ein Anspruch auf Gewährung einer einmaligen Beihilfe für die Kosten der zahnärztlichen Behandlung scheide ebenfalls aus, hierfür biete das SGB II keine Grundlage. Solche Aufwendung seien grundsätzlich aus der Regelleistung zu bestreiten. Zwar könne ein von der Regelleistung umfasster unabweisbarer Bedarf durch ein Darlehen gedeckt werden, hier liege allerdings kein zeitlich unabweisbarer Bedarf vor, da die Behandlung bereits durchgeführt worden sei. Sofern die Klägerin ihr Begehren im Wege einer Fortsetzungsfeststellungsklage aufrecht erhalten wolle, bestehe kein Feststellungsinteresse. Eine Wiederholungsgefahr sei nach dem Ende des Leistungsbezugs der Klägerin bei der Beklagten nicht erkennbar. Die Beklagte habe zu Recht die Erstattung von Bewerbungskosten abgelehnt, soweit sie über 52 Bewerbungen pro Jahr hinausgingen. Der gesetzliche Höchstbetrag des § 46 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) sei ausgeschöpft, so dass die weiteren 14 Bewerbungen nicht berücksichtigt werden könnten. Für eine einmalige Beihilfe zur Bestreitung der mit der Einschulung entstehenden Kosten bestehe im SGB II keine gesetzliche Grundlage. Die Gewährung eines Darlehens komme nicht in Betracht. Für den maßgebenden Einschulungsbedarf des Klägers zu 2 sei die Schulbedarfsliste der A.J.-S.-Schule in M. maßgebend. Bei einigen Gegenständen sei davon auszugehen, dass sie nicht neu beschafft werden müssten (Handtuch, Duschgel, Kamm, Mütze/Jacke mit Kapuze für Schwimmunterricht; Turnbekleidung außer Turnschuhe). Der verbleibende Bedarf sei mit einem Betracht von ca. 75 EUR zu decken (unter Hinweis auf Ermittlungen des SG im Verfahren S 12 AS 4447/06 ER). Der so ermittelte Bedarf übersteige nicht den Betrag, der bereits im ersten Monat zur Tilgung eines Darlehens von der Regelleistung des Klägers zu 2 und seiner mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Eltern hätte einbehalten werden dürfen. Die Beklagte dürfte die Darlehensgewährung nur dann nicht mit dieser Argumentation ablehnen, wenn der Bedarf in dem Sinne unaufschiebbar wäre, dass der Betroffene nicht auf die nächste Leistungsauszahlung im folgenden Monat verwiesen werden könnte. Dies sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Die übrigen Gegenstände, welche die Mutter des Klägers zu 2 geltend gemacht hae, seien jedenfalls bei Schulanfang nicht zwingend notwendig; bei späterer Notwendigkeit seien sie aus der Regelleistung zu bezahlen.

Gegen den Gerichtsbescheid richtet sich die am 20. Mai 2008 eingelegte Berufung der Kläger. Die Klägerin sei bei der Beantragung von Arbeitslosengeld nicht auf die Notwendigkeit der Antragstellung für die Kosten der Auszugsrenovierung hingewiesen worden, so dass diese Pflichtverletzung der Beklagten zuzurechnen sei. Im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sei die Klägerin so zu stellen, als habe sie den Antrag rechtzeitig gestellt. Bezüglich der Zahnbehandlungskosten liege ein unabweisbarer Bedarf vor. Die Klägerin habe Anspruch auf Zahlung der tatsächlich entstehenden Kosten, die nicht durch die gesetzliche Krankenkasse gedeckt seien. Die Regelleistung reiche im konkreten Fall für den individuell anzuerkennenden Bedarf nicht aus, weshalb im Wege der verfassungskonformen Auslegung ein höherer Bedarf anzuerkennen sei. Hinsichtlich der Schulkosten sei in Frage zu stellen, ob die finanzielle Unterstützung durch das Sozialgeld ausreichend sei, den altersgerechten Bedarf von Schulkindern zu decken. Die Gewährung einer zusätzlichen Leistung als Zuschuss im Wege der verfassungskonformen Erweiterung des § 23 Abs. 3 SGB II erscheine als mögliches Mittel zur Beseitigung einer unzureichenden Ausstattung schulpflichtiger Kinder. Bei den Bewerbungskosten beschränke sich der Gesetzestext in § 46 Abs. 3 SGB III nur auf einen Betrag von 260 EUR, er spreche nicht von einem maximalen Höchstbetrag. Zudem sei die pauschalierende Erstattung von Bewerbungskosten mit 5 EUR pro Bewerbung viel zu niedrig angesetzt. In § 16 Abs. 1 SGB II sei kein Höchstbetrag zur Erstattung von Bewerbungskosten genannt.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 18. April 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Aufhebung des Bescheids vom 29. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Juni 2006 dem Kläger zu 3 für die Auszugsrenovierung Kosten in Höhe von 637,74 EUR zu gewähren, unter Aufhebung des Bescheids vom 3. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Juni 2006 der Klägerin eine einmalige Beihilfe für eine zahnärztliche Behandlung in Höhe von 206,58 EUR zu gewähren, unter Aufhebung des Bescheids vom 14. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juni 2006 dem Kläger zu 2 einmalige Leistungen zur Einschulung in Höhe von 700 EUR zu gewähren, unter Abänderung der Bescheide vom 13. April 2006 und Aufhebung des Bescheids vom 1. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2006 der Klägerin Kosten für weitere 14 Bewerbungen zu erstatten, hilfsweise die beantragten Leistungen als Darlehen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie schließt sich den Ausführungen des SG an.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Der Senat kann in der vorliegenden Besetzung über die Berufung entscheiden. Die Ablehnungsgesuche gegen die Richter am Landessozialgericht (LSG) Bösenberg und Vossen vom 23. und 24. März 2010 sind mit Beschluss vom 25. März 2010 ohne Beteiligung der abgelehnten Richter zurückgewiesen worden. Die weiteren Ablehnungsgesuche gegen die Richter am LSG B., V. und S. vom 25. und 26. März 2010 sind unzulässig, da sie rechtsmissbräuchlich sind. Sie hindern den Senat daher nicht, unter Mitwirkung der abgelehnten Richter zu entscheiden (vgl. Bundesfinanzhof, NJW 2009, 3806 f.).

Nach § 60 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 45 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Dabei kommt es nach ständiger Rechtsprechung darauf an, ob der betroffene Beteiligte von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger objektiver Betrachtung Anlass hat, die Voreingenommenheit des oder der abgelehnten Richter zu befürchten (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl., § 54 Rdnr. 10 m.w.N.). Nach § 60 SGG i.V.m. § 45 Abs. 1 ZPO entscheidet das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung. Es ist allerdings anerkannt, dass abweichend vom Wortlaut des § 45 Abs. 1 ZPO der Spruchkörper ausnahmsweise in alter Besetzung unter Mitwirkung der abgelehnten Richter über unzulässige Ablehnungsgesuche in bestimmten Fallgruppen entscheiden kann. Hierzu zählt etwa die Wiederholung einer Richterablehnung ohne neue Gesichtspunkte sowie die pauschale Ablehnung eines gesamten Spruchkörpers (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 60 Rdnr. 10d m.w.N.).

So liegt der Fall hier. Über die Ablehnung der Richter B. und V. wurde bereits entschieden, neue Gesichtspunkte bringen die Kläger insoweit nicht vor. Die Ablehnung von Richter am LSG S.(sowie der übrigen, am Beschluss vom 25. März 2010 beteiligten Richter) beruht allein auf der Mitwirkung an dem Beschluss vom 25. März 2010, ohne dass konkrete Anhaltspunkte vorgebracht werden, die bei vernünftiger objektiver Betrachtung auf eine Befangenheit der Mitglieder des Spruchkörpers hindeuten. Der Umstand der Vorbefassung allein rechtfertigt die Besorgnis der Befangenheit nicht. Das geltende Verfahrensrecht ist von dem Gedanken geprägt, dass ein Richter grundsätzlich auch dann unbefangen an die Beurteilung einer Sache herantritt, wenn er bereits früher mit der Sache befasst war. Ausnahmen hiervon hat der Gesetzgeber in § 60 SGG i.V.m. § 41 Nr. 6 ZPO abschließend normiert (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 19. Januar 2010 - B 11 AL 13/09 C - (juris)). Bei offenbarem Missbrauch - wie hier - ist eine Entscheidung durch gesonderten Beschluss nicht nötig (vgl. BSG SozR 4-1500 § 60 Nr. 4). Die gegen weitere Richter gestellten Befangenheitsanträge gehen ins Leere, da diese an der vorliegenden Entscheidung nicht beteiligt sind. Vizepräsident des Landessozialgerichts D., der Vorsitzende des 12. Senats, ist am Sitzungstag dienstlich verhindert.

Der Senat kann auch in Abwesenheit der Kläger verhandeln und entscheiden, da diese in der Ladung ordnungsgemäß auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 126 Rdnr. 4). Den Verlegungsanträgen der Kläger, die am Terminstag per Fax zwischen 4:00 und 5:00 Uhr eingegangen sind, war nicht stattzugeben. Eine Terminsverlegung kommt nur bei Vorliegen erheblicher Gründe in Betracht (§ 202 SGG i.V.m. § 227 ZPO). Derartige Gründe liegen hier nicht vor. Soweit die Kläger geltend machen, dass ihr persönliches Erscheinen nicht angeordnet gewesen sei und ihnen deshalb kein rechtliches Gehör gewährt werde, übersehen sie, dass es ihnen - worauf sie mit Schreiben vom 12. März 2010 gesondert hingewiesen worden sind - selbstverständlich frei steht, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen.

Soweit die Kläger zu 1 und 3 darauf abstellen, wegen Mittellosigkeit die Fahrt zum Termin nicht bestreiten zu können und daher zur Wahrung des rechtlichen Gehörs einer Fahrkarte zum Termin zu bedürfen, trifft dies nicht zu. Eine Übernahme der Reisekosten ist auch außerhalb der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) möglich, wenn anders der Grundsatz der Wahrung des rechtlichen Gehörs nicht sichergestellt werden kann (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. März 2007 - L 7 SO 258/07 NZB - (juris) m.w.N.). Insoweit ist auch die Verwaltungsvorschrift des Justizministeriums über die "Gewährung von Reiseentschädigungen an mittellose Personen und Vorschusszahlungen für Reiseentschädigungen an Zeuginnen, Zeugen, Sachverständige, Dolmetscherinnen, Dolmetscher, Übersetzerinnen, Übersetzer, ehrenamtliche Richterinnen, ehrenamtliche Richter und Dritte" vom 27. April 2006 - VwV Reiseentschädigung - (i.d.F. vom 6. August 2009, Die Justiz 2009, S. 236) heranzuziehen, die unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung Außenwirkung entfaltet. Auch insoweit haben die Kläger zu 1 und 3 indes keinen Anspruch auf Gewährung einer Fahrkarte zum Termin, da Mittel für die Reise zum Ort der Verhandlung nur mittellosen Beteiligten gewährt werden können. Als mittellos sind nach der VwV Reiseentschädigung Personen anzusehen, die nicht in der Lage sind, die Kosten der Reise aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Klägerin ist nach ihren zuletzt gemachten Angaben (erst) seit 10. März 2010 arbeitslos mit Anspruch auf Arbeitslosengeld in Höhe von ca. 1.400 EUR. Der Kläger zu 3 ist nach der zuletzt vorgelegten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse versicherungspflichtig beschäftigt mit einem Verdienst von 1.071,15 EUR netto monatlich. Damit sind die Kläger zu 1 und 3 auch unter Berücksichtigung der im Rahmen der PKH zu berücksichtigenden Freibeträge und Aufwendungen in der Lage, eine Bahnfahrkarte von B. nach S. zu bezahlen, welche regulär in der 2. Klasse 269,50 EUR (Hin- und Rückfahrt) kostet, jedoch über Sparpreisangebote der Bahn (noch drei Tage vor dem Termin nach Recherche tatsächlich verfügbar) erheblich günstiger zu bekommen ist. Kosten für eine Hotelübernachtung sind insoweit nicht zu berücksichtigen, da die Hin- und Rückfahrt angesichts des Termins um 11:40 Uhr am Terminstag zu bewältigen war (Abfahrt B.-L. 5:38 Uhr, Ankunft S. Hbf 11:08 Uhr). Abgesehen davon wäre die Gewährung einer Fahrkarte zum Termin am Terminstag selbst nicht mehr möglich gewesen. Nachdem bereits mit Schreiben vom 16. März 2010 auf die Möglichkeit der Beantragung einer Fahrkarte hingewiesen worden war, wäre auch selbst bei Mittellosigkeit der Kläger einem Antrag auf Terminsverlegung zur Übersendung einer Fahrkarte nicht stattzugeben gewesen, weil die Kläger erst am Tag des Termins den Antrag auf Bewilligung einer Fahrkarte gestellt und damit selbst diese Möglichkeit zur Wahrnehmung des Termins vereitelt haben.

Schließlich ist dem Antrag auf Terminsverlegung auch nicht wegen einer Erkrankung der Klägerin stattzugeben. Nachdem die Klägerin per Fax am Sitzungstag mitgeteilt hat, der Termin sei bereits deshalb zu verlegen, weil sie arbeitsunfähig erkrankt sei, ist sie mit Fax um 8:09 Uhr aufgefordert worden, eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen, aus der sich ergibt, dass sie aus gesundheitlichen Gründen nicht reisefähig und nicht in der Lage ist, am Termin teilnehmen zu können. Eine derartige Bescheinigung ging bis zum Ende des Termins um 12:35 Uhr nicht ein, die Klägerin hat nicht einmal vorgetragen, welche Erkrankung sie an der Terminswahrnehmung hindere. Damit ist ein wichtiger Grund für eine Terminsverlegung nicht nachgewiesen. Erst um 16:00 Uhr ging ein Fax ein (Original abgelegt im Verfahren L 12 AS 2325/08), mit dem eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Folgebescheinigung vom 25. März 2010) übersandt wurde über eine bereits ab 4. März 2010 bis voraussichtlich 31. März 2010 bestehende Arbeitsunfähigkeit.

Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung der Kläger ist statthaft (§ 143 SGG), da der Wert des Beschwerdegegenstands 750 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die im Wege der Klagehäufung geltend gemachten Ansprüche werden bei der Berechnung des Beschwerdewerts zusammengerechnet (§ 202 SGG i.V.m. § 5 ZPO).

Rechtsmittelführer sind nicht nur die Kläger zu 1 und 2, sondern auch der Kläger zu 3. Der Senat hat insoweit das Rubrum berichtigt, da der geltend gemachte Bedarf für die Auszugsrenovierung den Kläger zu 3 betrifft. Da das SG insoweit ausdrücklich auch über den Anspruche des Klägers zu 3 entschieden hat, war das Urteil des SG entsprechend auszulegen.

Die Beklagte als eine nach § 44b SGB II in der Fassung des kommunalen Optionsgesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 2014) gebildete Arbeitsgemeinschaft ist beteiligtenfähig nach § 70 Nr. 2 SGG (vgl. BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 = BSGE 97, 217). § 44b SGB II ist ungeachtet seiner Verfassungswidrigkeit bis zum 31. Dezember 2010 weiterhin anwendbar (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) BVerfGE 119, 331).

Streitgegenstand des Verfahrens sind nur die geltend gemachten einmaligen Leistungen, nicht die Höhe der laufenden Leistungen und somit auch nicht die Höhe der Regelleistung bzw. des Sozialgelds. Nur dieser Sachverhalt ist dem Gericht in diesem Verfahren unterbreitet worden und nur hierauf bezieht sich das im Klagantrag zum Ausdruck gekommene Klagebegehren. Ansprüche auf einmalige Leistungen können in einem selbstständigen Verfahren eingefordert werden (vgl. BSG SozR 4-4200 § 16 Nr. 1; BSGE 101, 79 = SozR 4-3500 § 54 Nr. 1). Hier hat die Beklagte in selbstständigen Bescheiden Regelungen zu Lebenssachverhalten getroffen, die hinreichend von den nach §§ 20, 22 SGB II getroffenen Entscheidungen abgrenzbar sind.

Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Auszugsrenovierung besteht nicht. Grundsätzlich können Kosten einer Auszugsrenovierung als Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs. 1 SGB II) zu übernehmen sein, soweit sie an die Stelle von vom Mieter zu übernehmenden Schönheitsreparaturen treten und der Auszug notwendig war (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9. Mai 2007 - L 20 B 32/07 AS ER - (juris); Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in BVerwGE 90, 160; Berlit in LPK-SGB II, 2. Aufl., § 22 Rdnr. 20; zur Einzugsrenovierung: BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 16 = BSGE 102, 194). Unabhängig davon, ob diese Voraussetzungen vorliegend konkret gegeben waren und auch unabhängig von der Frage der rechtzeitigen Antragstellung, scheitert der Anspruch schon daran, dass die Kläger zur Zeit des Auszugs aus der B. Wohnung im September 2004 nicht im Bezug von Leistungen nach dem SGB II standen. Folglich sind auch für diese Wohnung von der Beklagten keine laufenden Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung gewährt worden. Allein dass in der Folgezeit nach dem Umzug der Kläger Leistungen nach § 22 Abs. 1 SGB II gewährt wurden, rechtfertigt nicht, auch für in der Vergangenheit liegende noch offene Ansprüche des Vermieters aus Zeiten vor dem Leistungsbezug eine Übernahmepflicht des Grundsicherungsträgers anzunehmen. Eine Ausnahme ist einzig für die hier nicht einschlägige Übernahme von Mietschulden zur Sicherung der Unterkunft in § 22 Abs. 5 SGB II vorgesehen. Allein die im Wege des Vergleichs erst im Dezember 2005 erfolgte Festlegung der genauen Höhe der vom Kläger zu 3 gegenüber der Vermieterin geschuldeten Aufwendungen für eine Auszugsrenovierung macht den Bedarf nicht zu einem aktuellen, der im Rahmen der laufenden Gewährung von Kosten für Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen wäre. Letztlich liefe die Übernahme der Kosten der Auszugsrenovierung hier allein auf eine sachwidrige Privilegierung eines Vermieters hinaus, dessen ehemalige Mieter in den Leistungsbezug nach dem SGB II fallen gegenüber sonstigen Vermietern.

Es besteht auch kein Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Kosten für die zahnärztliche Behandlung. Die nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherte Klägerin hat nach §§ 27 Abs. 1, 28 Abs. 2 Satz 1 SGB V Anspruch auf die zahnärztliche Behandlung, die nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Für den begehrten Zahnersatz leistet die Krankenkasse einen Festzuschuss im Rahmen der Regelung des § 55 SGB V. Damit ist die Regelversorgung vollständig abgedeckt, es bleiben keine Kosten ungedeckt, die im Fall einer nach den Grundsätzen der §§ 12, 28 SGB V ausreichenden, das Maß des Notwendigen nicht überschreitenden zahnärztlichen Behandlung entstünden. Die Klägerin hat sich indes nicht für die Regelversorgung, sondern eine höherwertige Versorgung entschieden, die nicht von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen wird. Die insoweit entstandenen Kosten beruhen daher nicht auf medizinischen Gründen, sondern auf der Entscheidung der Klägerin für eine höherwertige Versorgung. Nichts anderes ergibt sich aus der vorgelegten Bescheinigung der Zahnärzte vom 26. Oktober 2006. Das soziokulturelle Existenzminimum wird durch die kostenfreie Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung gewährleistet. Lediglich die Kosten für medizinisch notwendige Leistungen, die in Folge der Kosteneinsparungen im Gesundheitswesen von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht (mehr) übernommen werden (etwa bestimmte Heil- und Hilfsmittel (§ 33 SGB V) oder nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel (§ 34 SGB V)) sind in der Regelleistung enthalten. Auch eine Darlehensgewährung nach § 23 Abs. 1 SGB II kommt daher vorliegend nicht in Betracht, denn weder handelt es sich bei den Kosten für die hier gewählte höherwertige Versorgung um einen von der Regelleistung umfassten Bedarf, noch ist dieser unabweisbar.

Für die beantragte Kostenübernahme für den Bedarf anlässlich der Einschulung des Klägers zu 2 ist keinerlei Rechtsgrundlage ersichtlich. Es handelt sich nicht um einen Bedarf, der nach § 23 Abs. 3 SGB II eine einmalige Leistung ermöglicht. Die Vorschrift des § 24a SGB II, die eine zusätzliche Leistung für die Schule in Höhe von 100 EUR ermöglicht, wenn am 1. August des jeweiligen Jahres Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II besteht, ist erst durch Gesetz vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2955, geänd. durch Gesetz vom 16. Juli 2009, BGBl. I S. 1959) mit Wirkung zum 1. August 2009 eingeführt worden und entfaltet daher für den vorliegenden Rechtsstreit keine Wirkung. Auch kann der Kläger zu 2 keine Sonderleistung nach § 23 Abs. 1 SGB II als Darlehen verlangen, soweit er dies überhaupt begehrt. Nach dieser Vorschrift erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt dem Hilfebedürftigen ein entsprechendes Darlehen, wenn im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts weder durch das Vermögen noch auf andere Weise gedeckt werden kann. Angesichts des vom SG zutreffend festgestellten unabweisbaren Bedarfs in Höhe von 75 EUR (vgl. Bl. 44 der Akte S 12 AS 4447/06 ER) ist ein Darlehen nicht erforderlich, denn im Hinblick auf den langen Zeitraum von der Antragstellung im März 2006 bis zur Einschulung im September bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Bedarf nicht aus der Regelleistung hätte gedeckt werden können und auch tatsächlich gedeckt worden ist.

Ein Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Einschulung oder für Zahnbehandlungen lässt sich auch nicht unmittelbar aus Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG herleiten. Das BVerfG hat mit Urteil vom 9. Februar 2010 (- 1 BvL 1/09; 1 BvL 3/09; 1 BvL 4/09 -) entschieden, dass die - hier nicht maßgebenden - Vorschriften des SGB II, die die Regelleistung für Kinder und Erwachsene betreffen, nicht den verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG erfüllen. Es hat dem Gesetzgeber aufgegeben, bis 31. Dezember 2010 auch einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherstellung eines unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarfs für die nach § 7 SGB II Leistungsberechtigten vorzusehen (Härtefallregelung), denn ein pauschaler Regelleistungsbetrag kann nach seiner Konzeption nur den durchschnittlichen Bedarf decken. Nur dieser besondere Bedarf kann ab Verkündung der Entscheidung des BVerfG bis zur Neuregelung durch den Gesetzgeber unmittelbar aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG geltend gemacht werden. Um einen derartigen, nur in seltenen Fällen vorliegenden Bedarf geht es hier indes gerade nicht, denn es steht nur ein einmaliger Bedarf im Streit, der die vom BVerfG aufgestellten Anforderungen gerade nicht erfüllt (vgl. BVerfG vom 9. Februar 2010, a.a.O.). Abgesehen davon stammt die Bedarfslage aus dem Jahr 2006, so dass auch insoweit aus der Entscheidung des BVerfG keine Ansprüche hergeleitet werden können.

Soweit die Klägerin weiterhin Kostenerstattung für 14 Bewerbungen aus dem Zeitraum 24. Januar 2006 bis 23. Januar 2007 fordert, ist dieses Begehren unbegründet. Der Klägerin sind längst Bewerbungskosten in Höhe von 260 EUR für den genannten Zeitraum erstattet worden. Nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II i.V.m. § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III (in der hier maßgebenden, bis 31. Dezember 2008 gültigen Fassung des Gesetzes vom 23. Dezember 2002, BGBl. I S. 4607 - a.F.) kann die Beklagte Bewerbungskosten übernehmen, allerdings gemäß § 46 Abs. 1 SGB III a.F. nur bis zu einem Betrag von 260 EUR jährlich. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich um einen Höchstbetrag (vgl. Stratmann in Niesel, SGB III, 4. Aufl., § 46 Rdnr. 3), woran auch die Beklagte über die Verweisung in § 16 Abs. 1 SGB II gebunden ist. Darüber hinaus gehende Ansprüche auf Erstattung von Bewerbungskosten bestehen nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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