Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 P 1981/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 2166/10 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 29. März 2010 aufgehoben, soweit die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Ablauf des 24. März 2010 aufgehoben worden ist.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Mit der Beschwerde wendet sich der Kläger sinngemäß gegen die Aufhebung der - mit Beschluss vom 19. Oktober 2009 erfolgten - Bewilligungsentscheidung über Prozesskostenhilfe durch Beschluss des Sozialgerichts Mannheim (SG) vom 29. März 2010 mit Ablauf des 24. März 2010. Hierdurch ist er beschwert, während er die Aufhebung der Beiordnung von Rechtsanwältin S. nicht angreift, sondern mit seinem "Widerspruch" vom 19. April 2010 die erhebliche Störung des Vertrauensverhältnisses sich zu eigen macht und die Beiordnung von Rechtsanwalt D. beantragt.
Die Beschwerde ist zulässig. Der seit 01. April 2008 geltende Ausschlussgrund nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) greift nicht ein, weil das SG die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht aufgrund Änderung der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse aufgehoben hat, sondern wegen weggefallener Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung. Auf die Frage, ob § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG auf eine Aufhebung der Bewilligung entsprechend angewandt werden kann (verneinend Beschluss des erkennenden Senats vom 01. April 2009 - L 4 P 1185/09 PKH-B - nicht veröffentlicht; Landessozialgericht LSG - Baden-Württemberg, Beschluss vom 01. Oktober 2009 - L 11 R 898/09 PKH-B; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14. Januar 2010 - L 1 AL 137/09 B; bejahend LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07. Dezember 2009 - L 19 B 13/09 AL; letztere veröffentlicht in Juris), kommt es mithin nicht an.
Die Beschwerde muss insoweit auch Erfolg haben. Das SG durfte die Entpflichtung von Rechtsanwältin S. nicht zum Anlass nehmen, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe dem Grunde nach aufzuheben. Die Aufhebungsgründe nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind in § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V. m. § 124 der Zivilprozessordnung (ZPO) abschließend geregelt. Hierzu gehören unrichtige Darstellungen (Nr. 1), unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse (Nr. 2), Fehlen der persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen (Nr. 3) sowie Rückstand mit der Zahlung von Raten (Nr. 4). Keiner dieser Fälle liegt hier vor. Ein Aufhebungsgrund ist demgegenüber nicht, auch nicht aus Anlass eines - beantragten - Anwaltswechsels, die Bewilligung wegen geänderter Beurteilung der Erfolgsaussicht nach Durchführung einer Beweisaufnahme aufzuheben (Oberlandesgericht - OLG - Brandenburg FamRZ 2000, 1229; OLG Köln OLG-Report 2003, 315; OLG Bamberg FamRZ 2003, 1199). Das Vertrauen des Antragstellers auf den Bestand der Bewilligung ist geschützt; eine vorzeitige Aufhebung vor Beendigung des Verfahrens aufgrund gesunkener Erfolgsaussicht, hier nach Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens, ist nach alledem nicht vorgesehen. Ungeachtet dessen, dass im Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit in der Regel alleiniges Ziel der Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Beiordnung eines Rechtsanwalts ist, muss demgemäß bei gewollter Entpflichtung des bisherigen Rechtsanwalts die Bewilligung als solche bestehen bleiben können; da Vertretungszwang nicht vorliegt, ist eine Verknüpfung der Entscheidung über Fortbestehen der Bewilligung mit derjenigen über die Beiordnung nicht erforderlich (vgl. neuerdings Oberverwaltungsgericht - OVG - Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. Dezember 2009 - 10 B 4/09 - NJW 2010, 954).
Richtigerweise hätte das SG allein darüber entscheiden dürfen, ob die Beiordnung eines anderen vom Kläger benannten Rechtsanwalts - im Schreiben vom 19. April 2010 benannte der Kläger kann Rechtsanwalt D. - in Betracht kommt (zu den Voraussetzungen für die Beiordnung eines neuen Rechtsanwalts vgl. ebenfalls OVG Berlin-Brandenburg, wie zitiert; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 5. Auflage, Rn. 538).
Soweit das SG in dem weiteren Beschluss vom 23. April 2010, den der Kläger nicht angefochten hat, das Schreiben vom 19. April 2010 als neuen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ansah, war dies nicht zutreffend. Ein neuer Antrag war nicht erforderlich, da die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht aufgehoben werden durfte. Der Antrag des Klägers ging dahin, dass ihm nunmehr statt Rechtsanwältin S. Rechtsanwalt D. beigeordnet werden soll. Hierüber wird das SG noch zu entscheiden haben. Soweit in dem weiteren Beschluss vom 23. April 2010 inzidenter auch die Ablehnung der Beiordnung des vom Kläger im Schreiben vom 19. April 2010 benannten Rechtsanwalts D. enthalten sein sollte, stünde dies der erneuten Entscheidung nicht entgegen. Beschlüsse über die Ablehnung von Prozesskostenhilfe werden nicht materiell bestandskräftig, so dass grundsätzlich nach Ablehnung erneut Prozesskostenhilfe beantragt werden kann, solchen Anträgen allerdings das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn sie auf denselben Lebenssachverhalt wie der vorausgegangene abschlägig beschiedene Antrag gestützt werden (vgl. Bundesgerichtshof - BGH -, Beschluss vom 03. März 2004 - IV ZB 43/03 -, veröffentlicht in Juris). Im vorliegenden Fall dürfte ein Rechtsschutzbedürfnis des erneuten Antrags allerdings gegeben sein, weil die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch das SG ab 24. März 2010 fehlerhaft war und von Anfang an eigentlich nur über die Änderung der Beiordnung hätte entschieden werden dürfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 127 Abs. 4 ZPO.
Diese Entscheidung ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Mit der Beschwerde wendet sich der Kläger sinngemäß gegen die Aufhebung der - mit Beschluss vom 19. Oktober 2009 erfolgten - Bewilligungsentscheidung über Prozesskostenhilfe durch Beschluss des Sozialgerichts Mannheim (SG) vom 29. März 2010 mit Ablauf des 24. März 2010. Hierdurch ist er beschwert, während er die Aufhebung der Beiordnung von Rechtsanwältin S. nicht angreift, sondern mit seinem "Widerspruch" vom 19. April 2010 die erhebliche Störung des Vertrauensverhältnisses sich zu eigen macht und die Beiordnung von Rechtsanwalt D. beantragt.
Die Beschwerde ist zulässig. Der seit 01. April 2008 geltende Ausschlussgrund nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) greift nicht ein, weil das SG die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht aufgrund Änderung der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse aufgehoben hat, sondern wegen weggefallener Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung. Auf die Frage, ob § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG auf eine Aufhebung der Bewilligung entsprechend angewandt werden kann (verneinend Beschluss des erkennenden Senats vom 01. April 2009 - L 4 P 1185/09 PKH-B - nicht veröffentlicht; Landessozialgericht LSG - Baden-Württemberg, Beschluss vom 01. Oktober 2009 - L 11 R 898/09 PKH-B; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14. Januar 2010 - L 1 AL 137/09 B; bejahend LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07. Dezember 2009 - L 19 B 13/09 AL; letztere veröffentlicht in Juris), kommt es mithin nicht an.
Die Beschwerde muss insoweit auch Erfolg haben. Das SG durfte die Entpflichtung von Rechtsanwältin S. nicht zum Anlass nehmen, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe dem Grunde nach aufzuheben. Die Aufhebungsgründe nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind in § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V. m. § 124 der Zivilprozessordnung (ZPO) abschließend geregelt. Hierzu gehören unrichtige Darstellungen (Nr. 1), unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse (Nr. 2), Fehlen der persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen (Nr. 3) sowie Rückstand mit der Zahlung von Raten (Nr. 4). Keiner dieser Fälle liegt hier vor. Ein Aufhebungsgrund ist demgegenüber nicht, auch nicht aus Anlass eines - beantragten - Anwaltswechsels, die Bewilligung wegen geänderter Beurteilung der Erfolgsaussicht nach Durchführung einer Beweisaufnahme aufzuheben (Oberlandesgericht - OLG - Brandenburg FamRZ 2000, 1229; OLG Köln OLG-Report 2003, 315; OLG Bamberg FamRZ 2003, 1199). Das Vertrauen des Antragstellers auf den Bestand der Bewilligung ist geschützt; eine vorzeitige Aufhebung vor Beendigung des Verfahrens aufgrund gesunkener Erfolgsaussicht, hier nach Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens, ist nach alledem nicht vorgesehen. Ungeachtet dessen, dass im Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit in der Regel alleiniges Ziel der Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Beiordnung eines Rechtsanwalts ist, muss demgemäß bei gewollter Entpflichtung des bisherigen Rechtsanwalts die Bewilligung als solche bestehen bleiben können; da Vertretungszwang nicht vorliegt, ist eine Verknüpfung der Entscheidung über Fortbestehen der Bewilligung mit derjenigen über die Beiordnung nicht erforderlich (vgl. neuerdings Oberverwaltungsgericht - OVG - Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. Dezember 2009 - 10 B 4/09 - NJW 2010, 954).
Richtigerweise hätte das SG allein darüber entscheiden dürfen, ob die Beiordnung eines anderen vom Kläger benannten Rechtsanwalts - im Schreiben vom 19. April 2010 benannte der Kläger kann Rechtsanwalt D. - in Betracht kommt (zu den Voraussetzungen für die Beiordnung eines neuen Rechtsanwalts vgl. ebenfalls OVG Berlin-Brandenburg, wie zitiert; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 5. Auflage, Rn. 538).
Soweit das SG in dem weiteren Beschluss vom 23. April 2010, den der Kläger nicht angefochten hat, das Schreiben vom 19. April 2010 als neuen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ansah, war dies nicht zutreffend. Ein neuer Antrag war nicht erforderlich, da die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht aufgehoben werden durfte. Der Antrag des Klägers ging dahin, dass ihm nunmehr statt Rechtsanwältin S. Rechtsanwalt D. beigeordnet werden soll. Hierüber wird das SG noch zu entscheiden haben. Soweit in dem weiteren Beschluss vom 23. April 2010 inzidenter auch die Ablehnung der Beiordnung des vom Kläger im Schreiben vom 19. April 2010 benannten Rechtsanwalts D. enthalten sein sollte, stünde dies der erneuten Entscheidung nicht entgegen. Beschlüsse über die Ablehnung von Prozesskostenhilfe werden nicht materiell bestandskräftig, so dass grundsätzlich nach Ablehnung erneut Prozesskostenhilfe beantragt werden kann, solchen Anträgen allerdings das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn sie auf denselben Lebenssachverhalt wie der vorausgegangene abschlägig beschiedene Antrag gestützt werden (vgl. Bundesgerichtshof - BGH -, Beschluss vom 03. März 2004 - IV ZB 43/03 -, veröffentlicht in Juris). Im vorliegenden Fall dürfte ein Rechtsschutzbedürfnis des erneuten Antrags allerdings gegeben sein, weil die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch das SG ab 24. März 2010 fehlerhaft war und von Anfang an eigentlich nur über die Änderung der Beiordnung hätte entschieden werden dürfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 127 Abs. 4 ZPO.
Diese Entscheidung ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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