Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 SF 2303/10 AB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen die Richterin am Sozialgericht D. wegen Besorgnis der Befangenheit wird als unbegründet zurückgewiesen.
Gründe:
Nach § 60 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm §§ 41, 42 Abs 1 Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Richter sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung seines Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Die hier allein geltend gemachte Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit findet nach Abs 2 des § 42 ZPO statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Eine Besorgnis der Befangenheit liegt nur vor, wenn ein objektiv vernünftiger Grund gegeben ist, der dem am Verfahren Beteiligten von seinem Standpunkt aus befürchten lassen kann, der Richter werde nicht unparteiisch und sachlich entscheiden. Eine rein subjektive unvernünftige Vorstellung ist unerheblich. Es kommt allerdings nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich parteiisch oder befangen ist oder ob er sich selbst für befangen hält. Entscheidend ist ausschließlich, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (vgl. BVerfGE 72, 350, 335; BSGE SozR 3-1500 § 60 Nr 1). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Verfahrensverstöße oder fehlerhafte Entscheidungen eines Richters als solche grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund darstellen; etwas anderes kann nur gelten, wenn Gründe dargetan werden, die dafür sprechen, dass die Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber dem ablehnenden Beteiligten oder auf Willkür beruht (vgl LSG Niedersachsen, Beschluss vom 26. Juni 2001 - L 3 B 133/01 KA -). Der Ablehnungsgrund ist konkret vorzubringen und gemäß § 44 Abs 2 ZPO glaubhaft zu machen.
Das Vorbringen des Klägers in seinem Schreiben vom 8. Mai 2010 enthält keine derartigen Gründe, die bei vernünftiger Betrachtung die Annahme einer unsachlichen Einstellung der abgelehnten Richterin rechtfertigen könnten. Der Kläger hat einen Ablehnungsgrund gemäß § 44 Abs 2 ZPO nicht glaubhaft gemacht.
Der Kläger stützt seinen Antrag auf Ablehnung der Richterin am Sozialgericht D. im Wesentlichen darauf, dass diese mit Schreiben vom 1. April 2010 zunächst angekündigt hatte, nach § 105 Abs 1 Satz 1 SGG ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Gerichtsbescheid zu entscheiden und dann jedoch mit Schreiben vom 29. April 2010 ein Gutachten von Amts wegen bei Prof. Dr. Dr. K. in Auftrag gegeben hat, nachdem der Kläger mit Schreiben vom 21. April 2010 zum einen der Entscheidung durch Gerichtsbescheid widersprach und zum anderen "Beweisanträge nach § 109 SGG" gestellt hatte. Die vom Kläger in diesem Zusammenhang vertretene Ansicht, wonach in der Beauftragung von Prof. Dr. Dr. K. eine verbotene Überraschungsentscheidung liege, teilt der Senat nicht. Zwar hat die Richterin am Sozialgericht D. mit ihrem Schreiben vom 1. April 2010 zum Ausdruck gebracht, dass sie den Sachverhalt für ausermittelt hält. Nachdem der Kläger jedoch mit seinem Schreiben vom 21. April 2010 nochmals ausführlich auf seine gesundheitlichen Einschränkungen eingegangen ist und hierzu auch ausführlich medizinisch vorgetragen hat sowie mehrere Beweisanträge nach § 109 SGG gestellt hat, ist die Vorgehensweise von Richterin am Sozialgericht D., nunmehr ein Gutachten von Amts wegen einzuholen, nicht zu beanstanden. Sie erfüllt hiermit vielmehr den vorrangig zu erfüllenden Ermittlungsauftrag nach § 103 SGG (s hierzu noch weiter unten). Die Beauftragung von Prof. Dr. Dr. K. stellt auch deshalb keine verbotene Überraschungsentscheidung dar, da Richterin am Sozialgericht D. den Kläger vor der Bestellung des Prof. Dr. Dr. K. zum gerichtlichen Sachverständigen (§ 118 Abs 1 SGG iVm § 402 ff ZPO) nicht anhören musste. Zudem liegt die Auswahl des Sachverständigen grundsätzlich beim Gericht, wenn dieses von Amts wegen ein Gutachten in Auftrag gibt.
Soweit der Kläger Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Richterin am Sozialgericht D. wegen den an den Sachverständigen gerichteten Beweisfragen hegt, weist der Senat darauf hin, dass er diese Bedenken nicht teilt. Denn Gegenstand des Rechtsstreits vor dem Sozialgericht Reutlingen (Az: S 3 R 3051/09) ist der Bescheid der Beklagten vom 16. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2009 (§ 95 SGG), in dem es um die Ausführung des vor dem LSG Baden-Württemberg am 14. Oktober 2008 (Az: L 11 R 5476/05) geschlossenen gerichtlichen Vergleichs über die Gewährung einer vierwöchigen medizinischen Rehabilitationsmaßnahme geht.
Soweit der Kläger vorträgt, es liege ein Verstoß gegen das Willkürverbot und gegen die Waffengleichheit vor, weil Richterin am Sozialgericht D. seine Beweisanträge nach § 109 SGG ignoriere, weist der Senat darauf hin, dass ausweislich der vorliegenden Unterlagen die Richterin am Sozialgericht D. über die Beweisanträge des Klägers nach § 109 SGG noch nicht entschieden hat. Allerdings muss das Gericht, wenn ein Antrag nach § 109 SGG gestellt ist, zunächst immer prüfen, ob Ermittlungen von Amts wegen durchgeführt werden, da diese vorrangig sind (BSG, Beschluss vom 23. September 1997 - 2 BO 177/97 - = SozR 3-1500 § 109 Nr 2). Es muss mithin so verfahren, wenn es nach Lage der Akten ein Sachverständigengutachten für notwendig erachtet, denn dann entstehen dem Antragsteller keine Kosten (BSG, aaO). Die Vorgehensweise von Richterin am Sozialgericht D., Prof. Dr. Dr. K. von Amts wegen zum gerichtlichen Sachverständigen zu bestimmen, nachdem der Kläger mit seinem Schreiben vom 21. April 2010 erneut dezidiert zu seinen gesundheitlichen Störungen vorgetragen hat, rechtfertigt unter keinem Gesichtspunkt den Vorwurf der Befangenheit.
Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass sich hier die Frage stellt, ob weitere Ermittlungen - sei es von Amts wegen, sei es auf Antrag nach § 109 SGG - überhaupt erforderlich sind. Dies ist nicht der Fall, wenn man davon ausgeht, dass die Beklagte ihrer Verpflichtung aus dem gerichtlichen Vergleich vor dem Senat im Verfahren L 11 R 5476/05 längst nachgekommen ist. Die Beklagte hat sich in dem Vergleich bereit erklärt, dem Kläger eine vierwöchige medizinische Rehabilitationsmaßnahme zu gewähren. Dies setzt natürlich die Bereitschaft des Klägers voraus, an einer solchen Maßnahme teilzunehmen. Wünscht der Kläger die ihm angebotene Maßnahme nicht mehr, hat es damit sein Bewenden. Der bisherige Verlauf des Verfahrens legt den Schluss nahe, dass die Beklagte über die von ihr angebotenen Maßnahmen hinaus nichts mehr zu veranlassen hat, der angefochtene Bescheid daher rechtmäßig ist und die Klage ohne weitere Beweiserhebung abgewiesen werden kann. Das SG ist insbesondere nicht verpflichtet, einem Antrag nach § 109 SGG stattzugeben, wenn es aus Rechtsgründen auf eine weitere Beweiserhebung gar nicht mehr ankommt.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Nach § 60 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm §§ 41, 42 Abs 1 Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Richter sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung seines Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Die hier allein geltend gemachte Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit findet nach Abs 2 des § 42 ZPO statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Eine Besorgnis der Befangenheit liegt nur vor, wenn ein objektiv vernünftiger Grund gegeben ist, der dem am Verfahren Beteiligten von seinem Standpunkt aus befürchten lassen kann, der Richter werde nicht unparteiisch und sachlich entscheiden. Eine rein subjektive unvernünftige Vorstellung ist unerheblich. Es kommt allerdings nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich parteiisch oder befangen ist oder ob er sich selbst für befangen hält. Entscheidend ist ausschließlich, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (vgl. BVerfGE 72, 350, 335; BSGE SozR 3-1500 § 60 Nr 1). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Verfahrensverstöße oder fehlerhafte Entscheidungen eines Richters als solche grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund darstellen; etwas anderes kann nur gelten, wenn Gründe dargetan werden, die dafür sprechen, dass die Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber dem ablehnenden Beteiligten oder auf Willkür beruht (vgl LSG Niedersachsen, Beschluss vom 26. Juni 2001 - L 3 B 133/01 KA -). Der Ablehnungsgrund ist konkret vorzubringen und gemäß § 44 Abs 2 ZPO glaubhaft zu machen.
Das Vorbringen des Klägers in seinem Schreiben vom 8. Mai 2010 enthält keine derartigen Gründe, die bei vernünftiger Betrachtung die Annahme einer unsachlichen Einstellung der abgelehnten Richterin rechtfertigen könnten. Der Kläger hat einen Ablehnungsgrund gemäß § 44 Abs 2 ZPO nicht glaubhaft gemacht.
Der Kläger stützt seinen Antrag auf Ablehnung der Richterin am Sozialgericht D. im Wesentlichen darauf, dass diese mit Schreiben vom 1. April 2010 zunächst angekündigt hatte, nach § 105 Abs 1 Satz 1 SGG ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Gerichtsbescheid zu entscheiden und dann jedoch mit Schreiben vom 29. April 2010 ein Gutachten von Amts wegen bei Prof. Dr. Dr. K. in Auftrag gegeben hat, nachdem der Kläger mit Schreiben vom 21. April 2010 zum einen der Entscheidung durch Gerichtsbescheid widersprach und zum anderen "Beweisanträge nach § 109 SGG" gestellt hatte. Die vom Kläger in diesem Zusammenhang vertretene Ansicht, wonach in der Beauftragung von Prof. Dr. Dr. K. eine verbotene Überraschungsentscheidung liege, teilt der Senat nicht. Zwar hat die Richterin am Sozialgericht D. mit ihrem Schreiben vom 1. April 2010 zum Ausdruck gebracht, dass sie den Sachverhalt für ausermittelt hält. Nachdem der Kläger jedoch mit seinem Schreiben vom 21. April 2010 nochmals ausführlich auf seine gesundheitlichen Einschränkungen eingegangen ist und hierzu auch ausführlich medizinisch vorgetragen hat sowie mehrere Beweisanträge nach § 109 SGG gestellt hat, ist die Vorgehensweise von Richterin am Sozialgericht D., nunmehr ein Gutachten von Amts wegen einzuholen, nicht zu beanstanden. Sie erfüllt hiermit vielmehr den vorrangig zu erfüllenden Ermittlungsauftrag nach § 103 SGG (s hierzu noch weiter unten). Die Beauftragung von Prof. Dr. Dr. K. stellt auch deshalb keine verbotene Überraschungsentscheidung dar, da Richterin am Sozialgericht D. den Kläger vor der Bestellung des Prof. Dr. Dr. K. zum gerichtlichen Sachverständigen (§ 118 Abs 1 SGG iVm § 402 ff ZPO) nicht anhören musste. Zudem liegt die Auswahl des Sachverständigen grundsätzlich beim Gericht, wenn dieses von Amts wegen ein Gutachten in Auftrag gibt.
Soweit der Kläger Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Richterin am Sozialgericht D. wegen den an den Sachverständigen gerichteten Beweisfragen hegt, weist der Senat darauf hin, dass er diese Bedenken nicht teilt. Denn Gegenstand des Rechtsstreits vor dem Sozialgericht Reutlingen (Az: S 3 R 3051/09) ist der Bescheid der Beklagten vom 16. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2009 (§ 95 SGG), in dem es um die Ausführung des vor dem LSG Baden-Württemberg am 14. Oktober 2008 (Az: L 11 R 5476/05) geschlossenen gerichtlichen Vergleichs über die Gewährung einer vierwöchigen medizinischen Rehabilitationsmaßnahme geht.
Soweit der Kläger vorträgt, es liege ein Verstoß gegen das Willkürverbot und gegen die Waffengleichheit vor, weil Richterin am Sozialgericht D. seine Beweisanträge nach § 109 SGG ignoriere, weist der Senat darauf hin, dass ausweislich der vorliegenden Unterlagen die Richterin am Sozialgericht D. über die Beweisanträge des Klägers nach § 109 SGG noch nicht entschieden hat. Allerdings muss das Gericht, wenn ein Antrag nach § 109 SGG gestellt ist, zunächst immer prüfen, ob Ermittlungen von Amts wegen durchgeführt werden, da diese vorrangig sind (BSG, Beschluss vom 23. September 1997 - 2 BO 177/97 - = SozR 3-1500 § 109 Nr 2). Es muss mithin so verfahren, wenn es nach Lage der Akten ein Sachverständigengutachten für notwendig erachtet, denn dann entstehen dem Antragsteller keine Kosten (BSG, aaO). Die Vorgehensweise von Richterin am Sozialgericht D., Prof. Dr. Dr. K. von Amts wegen zum gerichtlichen Sachverständigen zu bestimmen, nachdem der Kläger mit seinem Schreiben vom 21. April 2010 erneut dezidiert zu seinen gesundheitlichen Störungen vorgetragen hat, rechtfertigt unter keinem Gesichtspunkt den Vorwurf der Befangenheit.
Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass sich hier die Frage stellt, ob weitere Ermittlungen - sei es von Amts wegen, sei es auf Antrag nach § 109 SGG - überhaupt erforderlich sind. Dies ist nicht der Fall, wenn man davon ausgeht, dass die Beklagte ihrer Verpflichtung aus dem gerichtlichen Vergleich vor dem Senat im Verfahren L 11 R 5476/05 längst nachgekommen ist. Die Beklagte hat sich in dem Vergleich bereit erklärt, dem Kläger eine vierwöchige medizinische Rehabilitationsmaßnahme zu gewähren. Dies setzt natürlich die Bereitschaft des Klägers voraus, an einer solchen Maßnahme teilzunehmen. Wünscht der Kläger die ihm angebotene Maßnahme nicht mehr, hat es damit sein Bewenden. Der bisherige Verlauf des Verfahrens legt den Schluss nahe, dass die Beklagte über die von ihr angebotenen Maßnahmen hinaus nichts mehr zu veranlassen hat, der angefochtene Bescheid daher rechtmäßig ist und die Klage ohne weitere Beweiserhebung abgewiesen werden kann. Das SG ist insbesondere nicht verpflichtet, einem Antrag nach § 109 SGG stattzugeben, wenn es aus Rechtsgründen auf eine weitere Beweiserhebung gar nicht mehr ankommt.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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