Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 1083/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 5269/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen bei
illegaler Arbeitnehmerüberlassung durch einen Summenbescheid verstößt nicht gegen das Gegenleistungs- und Äquivalenzprinzip.
illegaler Arbeitnehmerüberlassung durch einen Summenbescheid verstößt nicht gegen das Gegenleistungs- und Äquivalenzprinzip.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 24. September 2008 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren L 11 R 5269/08 wird endgültig auf 7.075,31 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin verpflichtet ist, für die Zeit vom 29. September 2003 bis 29. Oktober 2004 Gesamtsozialversicherungsbeiträge - einschließlich Beiträge zu den Umlagen U1 und U2 zur Durchführung des Ausgleichs der Arbeitgeberaufwendungen im Rahmen der Lohnfortzahlung nach dem bis 31. Dezember 2005 geltenden § 14 Abs 1 des Lohnfortzahlungsgesetzes (LFZG) - für zwei polnische Arbeitnehmer in Höhe von 5.505,31 EUR sowie Säumniszuschläge in Höhe von 1.570 EUR (insgesamt 7.075,31 EUR) zu zahlen.
Die Klägerin betreibt seit 26. März 2001 ein Bauunternehmen. Persönlich haftende Gesellschafterin ist die H. B.-GmbH, deren Geschäftsführer der am 14. September 1966 geborene J. H. ist; dieser ist zudem als Kommanditist im Handelsregister eingetragen.
Im September 2003 entlieh die Klägerin von der Firma H.- & T. mbH (im Folgenden HTG), D., zwei polnische Arbeitnehmer, die für die Klägerin im Rahmen von zwei Bauvorhaben Beton- und Maurerarbeiten durchführten. Die Klägerin war auf die Firma HTG durch ein Werbetelefax vom März 2003 aufmerksam geworden. Bei der Firma HTG handelte es sich um eine (Schein-) Firma, die weder im Gewerberegister noch in der Handwerksrolle eingetragen war. Sie war auch nicht im Besitz einer Erlaubnis nach Art 1 § 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) und der Bundesagentur für Arbeit (BA) lagen auch keine Anzeigen der Überlassung gemäß Art 1 § 1 a AÜG vor (Schreiben der BA - Regionaldirektion S. - vom 6. Juli 2005). In der Zeit vom 29. September 2003 bis 29. Oktober 2004 führten die beiden polnischen Arbeitnehmer, deren Adresse nicht bekannt ist, die genannten Tätigkeiten für die Klägerin durch. Diese vereinbarte mit der HTG einen Stundenverrechnungssatz von ca 21 EUR. Weder die HTG noch die Klägerin führten für die Arbeitnehmer Sozialversicherungsbeiträge ab. Die Klägerin zahlte jedoch aufgrund der Rechnungen der HTG vom 6. Oktober 2003 (1.386 EUR zzgl 221,76 EUR Mehrwertsteuer [MwSt]), 14. Oktober 2003 (1.806 EUR zzgl 288,96 EUR MwSt), 20. Oktober 2003 (2.205 EUR zzgl 352,80 EUR MwSt), 28. Oktober 2003 (2.331 EUR zzgl 372,96 EUR MwSt), 3. November 2003 (2.163 EUR zzgl 346,08 EUR MwSt), 10. November 2003 (2.562 EUR zzgl 409,92 EUR MwSt), 17. November 2003 (2.289 EUR zzgl 366,24 EUR MwSt), 24. November 2003 (2.541 EUR zzgl 406,56 EUR MwSt), 1. Dezember 2003 (2.415 EUR zzgl 386,40 EUR MwSt), 4. Dezember 2003 (1.638 EUR zzgl 262,08 EUR MwSt), 25. Oktober 2004 (2.171,50 EUR) und 2. November 2004 (2.037 EUR), hin insgesamt 25.544,50 EUR netto bzw 28.958,26 EUR brutto. Die Rechnungen beglich sie jeweils in bar.
Nachdem gegen die verantwortlich Handelnden der Firma HTG ein Ermittlungsverfahren durch das Hauptzollamt L. wegen des Verdachts der gewerblichen Überlassung von Arbeitnehmer an andere Unternehmer ohne die dafür erforderliche Erlaubnis eingeleitet wurde, erließ das Hauptzollamt L. - nach Durchsuchung der Räume der Klägerin und Vernehmung des Kommanditisten und Geschäftsführers H. (Vernehmungsniederschrift vom 7. November 2005, Bl 139 bis 142 der Verwaltungsakte der Beklagten) - den Bußgeldbescheid gegen die Klägerin und den Kommanditisten und Geschäftsführer H. vom 2. Januar 2006 wegen eines vorsätzlich begangenen Verstoßes gegen Art 1 § 16 Abs 1 Nr 1 a iVm Art 1 § 1 AÜG und wegen eines fahrlässig begangenen Verstoßes gegen § 404 Abs 2 Nr 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) iVm § 9 Abs 1 Nr 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) in Höhe von 2.780,60 EUR und 3.680,60 EUR. Auf den Einspruch der Betroffenen nahm das Hauptzollamt L. mit Bescheid vom 12. April 2006 die Bußgeldbescheide zurück und erließ zugleich den Bußgeldbescheid vom 12. April 2006, mit dem die Bußgeldzahlung auf 1.468,10 EUR und 1.843,10 EUR verringert wurde. Die Geldbußen wurden am 15. Mai 2006 beglichen (Schreiben des Hauptzollamtes L. vom 16. Mai 2006).
Nachdem das Hauptzollamt L. die Deutsche Rentenversicherung B. über das Ermittlungsverfahren gegen den Kommanditisten und Geschäftsführer H. unterrichtet hatte, hörte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 2. Juni 2006 an und teilte mit, dass beabsichtigt sei, für die Zeit vom 19. Juli bis 1. Oktober 2004 Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 8.849,42 EUR (inklusive Säumniszuschläge in Höhe von 1.951 EUR) zu erheben, da die Firma HTG nicht im Besitz einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung gewesen sei und eine Überlassung auch nicht angezeigt habe. Des Weiteren liege kein Werkvertrag vor. Die Arbeitgebereigenschaft des Entleihers bei unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung werde nicht durch dessen Gutgläubigkeit oder durch einen Irrtum über die Erlaubnispflichtigkeit der Arbeitnehmerüberlassung beseitigt. Da der Tarifvertrag zur Regelung eines Mindestarbeitsentgeltes im Baugewerbe für allgemeinverbindlich erklärt worden sei, sei vorliegend ab dem 1. September 2003 als Mindestentgelt ein Stundenlohn von 12,47 EUR zu zahlen. Die Klägerin wies in ihrer Antwort darauf hin, dass der mit der Firma HTG vereinbarte Stundensatz 21,50 EUR betragen habe. Die beiden polnischen Arbeitnehmer könnten als angelernte Kräfte nur der Lohngruppe 2 des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe zugeordnet werden, so dass der Gesamttariflohn nur 9,80 EUR betrage.
Nach Durchführung einer Betriebsprüfung nach § 28 p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) stellte die Beklagte mit Bescheid vom 18. Juli 2006 eine Nachforderung in Höhe von 8.785,01 EUR (inklusive Säumniszuschläge in Höhe von 1.936 EUR) für den Prüfzeitraum vom 29. September 2003 bis 29. Oktober 2004 fest. Aus den Angaben des Hauptzollamtes L. ergebe sich, dass bei einem Stundensatz von 21 EUR ganze Stundenwerte errechnet werden könnten. Unter Zugrundelegung der dadurch ermittelten Arbeitsstunden und der Berücksichtigung des Mindestlohns von 12,47 EUR (Lohngruppe 2 des Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe) errechne sich die Nachforderung, die entsprechend des Betriebssitzes des Entleihers der AOK B.-W. zugeordnet werde. Da die Firma HTG weder eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung gehabt habe und auch die Überlassung nicht angezeigt habe, gelte die Klägerin gemäß Art 1 § 10 Abs 1 AÜG als Arbeitgeber der Leiharbeitnehmer. Sie treffe daher die Zahlungspflicht nach § 28 e Abs 1 SGB IV. Es entstehe dadurch eine Gesamtschuldnerschaft, da auch der Verleiher weiterhin den Gesamtsozialversicherungsbeitrag schulde. Eine Mahnfrist sei vorliegend nicht zu beachten gewesen. In der Anlage zur Berechnung der Beiträge wurde als zuständige Einzugsstelle für die Gesamtsozialversicherungsbeiträge die Barmer Ersatzkasse und für die Umlagen U1 und U2 die AOK B.-W. angegeben.
Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, die beschäftigten Arbeitnehmer hätten über keinerlei Qualifikation verfügt, so dass sie der Lohngruppe 1 mit einem Stundenlohn von 10,36 EUR zuzuordnen seien. Auch sei nicht nachgewiesen, dass die HTG keine Sozialversicherungsbeiträge geleistet habe. Im Übrigen sei die Barmer Ersatzkasse nicht die zuständige Einzugsstelle, da die Voraussetzungen des § 28 f SGB IV (Summenbescheid) nicht vorlägen, da sie keine Aufzeichnungspflicht getroffen habe und mithin auch keine Verletzung dieser Pflicht vorliegen könne. Säumniszuschläge seien bereits deshalb nicht zu erheben, weil sie nicht habe wissen können, wer die zuständige Einzugsstelle sei. Sie habe deshalb die bisherige Nichtleistung nicht zu vertreten. Ebenfalls sei eine Stundung der Beitragsforderung gemäß § 76 Abs 2 Nr 1 SGB IV bzw ein Erlass gemäß § 76 Abs 2 Nr 3 SGB IV zu gewähren. Mit Bescheid vom 8. September 2006 setzte die Beklagte den Einzug der Beitragsforderung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens aus und half dem Widerspruch mit Bescheid vom 28. September 2006 insofern teilweise ab, als sie nunmehr nur noch insgesamt 7.075,31 EUR (inklusive Säumniszuschläge in Höhe von 1.570 EUR) geltend machte. Sie gehe nunmehr mit der Klägerin von einem Mindestlohn von 10,36 EUR aus. Außerdem habe man die Zuständigkeit der Einzugsstelle erneut überprüft und sei dabei zu dem Schluss gekommen, dass die B. B., die spätere Beigeladene, die zuständige Einzugsstelle sei. Die dem Bescheid beigefügte Anlage der Berechnung der Beiträge wurde dementsprechend geändert (Bl 98 bis 107 der Verwaltungsakte der Beklagten). Mit weiterem Schreiben vom 28. September 2006 machte die Beklagte die Klägerin darauf aufmerksam, dass für eine Stundung und Erlass der Beiträge bzw des Säumniszuschlags die Einzugsstelle zuständig sei. Nachdem die Klägerin nochmals darauf hingewiesen hatte, dass keine Säumniszuschläge zu erheben seien, da sie unverschuldet keine Kenntnis von ihrer Zahlungspflicht gehabt habe und die Beitragserhebung auch unbillig sei, da die betroffenen Arbeitnehmer keine Leistungen in Anspruch nehmen könnten, wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch - soweit ihm nicht bereits durch Bescheid vom 28. September 2006 teilweise abgeholfen wurde - zurück (Widerspruchsbescheid vom 3. März 2008). Zur Begründung wurde ausgeführt, Säumniszuschläge seien grundsätzlich von Gesetzes wegen zu erheben. Die Voraussetzungen des § 24 Abs 2 SGB IV lägen nicht vor, da die Klägerin eine unverschuldete Unkenntnis ihrer Zahlungspflicht nicht ausreichend glaubhaft gemacht habe. Die Klägerin habe sich nämlich als Entleiher die Erlaubnis der BA von der Firma HTG nicht vorlegen lassen, so dass sie bewusst das Risiko der Beitragsabführung eingegangen sei. Auch sei im Bußgeldbescheid vom 12. April 2006 durch das Hauptzollamt L. festgestellt worden, dass sie vorsätzlich gegen die Regelungen des AÜG verstoßen habe. Im Übrigen sei es der Klägern zumutbar gewesen, sich durch eine schriftliche Anfrage bei einer Krankenkasse oder einem prüfenden Rentenversicherungsträger entsprechende Klarheit über die zuständige Einzugsstelle zu verschaffen. Soweit Beiträge gegebenenfalls zunächst an eine unzuständige Einzugsstelle entrichtet worden wären, hätte dies im Rahmen einer Betriebsprüfung nicht zur Erhebung vom Säumniszuschlägen sondern lediglich zu einer Umbuchung geführt.
Hiergegen hat die Klägerin am 7. April 2008 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben und vorgetragen, bei den überlassenen Arbeitnehmern handle es sich um Herrn J. P. und Herrn J. S ... Das Entgelt sei wöchentlich in bar an einen Außendienstmitarbeiter der Firma HTG gezahlt worden. Die Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen verstoße gegen das Äquivalenzprinzip. Denn im vorliegenden Fall könne eine Mitteilung an die Arbeitnehmer nicht mehr erfolgen, was dazu führe, dass sie keine Sozialversicherungsleistungen in Anspruch nehmen könnten. Die Nachforderung der Beklagten führe daher zu einer Störung des versicherungsrechtlichen Gegenleistungs- und Äquivalenzprinzips (Bezugnahme auf Urteil des SG Aachen vom 10. Januar 2003 - S 8 RA 94/02). Dies gelte insbesondere dann, wenn allein der Arbeitgeber zur Beitragszahlung herangezogen werde. Aus diesem Grund sei auch die Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen gemäß § 76 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB IV unbillig. Die Beklagte handle demnach ermessensfehlerhaft. Dies gelte auch für die Säumniszuschläge, da sie unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt habe. Schließlich habe auch die Beklagte die zuständige Einzugsstelle erst im Rahmen des Widerspruchsverfahrens mitteilen können. Dies könne nicht zu ihren Lasten gehen. Erst zum 1. Juli 2005 habe festgestanden, dass die Beigeladene die zuständige Einzugsstelle sei. Sie habe daher in den Jahren 2003 und 2004 die fälligen Beiträge nicht an die Beigeladene entrichten können, so dass die Erhebung von Säumniszuschlägen gemäß § 76 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB IV unbillig sei. In diesem Zusammenhang sei auch zu berücksichtigen, dass sie ansonsten die fälligen Beiträge stets pünktlich zahle und ihr durch das betrügerische Verhalten der Firma HTG ein erheblicher Schaden entstanden sei.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat darauf hingewiesen, dass sich die Klägerin die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung nicht habe vorlegen lassen. Außerdem sei sie ihrer Aufzeichnungspflicht nicht nachgekommen, so dass der Erlass eines Summenbescheids zulässig sei. Aus der Regelung des § 28 f SGB IV folge zudem, dass der Gesetzgeber eine Störung des Äquivalenzprinzips billige.
Mit Beschluss vom 23. Mai 2008 hat das SG die B. B. zum Verfahren beigeladen und mit Urteil vom 24. September 2008 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei nach Art 1 § 10 Abs 1 AÜG als Entleiherin Arbeitgeberin der Leiharbeitnehmer, da die Firma HTG nicht im Besitz einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung gewesen sei und eine Überlassung auch nicht angezeigt habe. Der Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen stehe die Störung des Äquivalenzprinzips nicht entgegen. Eine solche Äquivalenzstörung könne hingenommen werden, wenn sie auf ein dem Versicherten nach dem Inhalt des sozialrechtlichen Versicherungsverhältnisses vorwerfbares Verhalten zurückgehe (Bezug auf BSG, Urteil vom 4. Oktober 1998 - 4/11a RK 2/87). Zu berücksichtigen sei, dass sich die Klägerin als Entleiherin nicht die Erlaubnis des Verleihers für die Durchführung einer Arbeitnehmerüberlassung habe vorlegen lassen, wodurch sie bewusst das Risiko der Beitragsabführung eingegangen sei. Eine Arbeitnehmerüberlassung sei in der Baubranche zudem grundsätzlich verboten. Demgemäß sei der Klägerin bzw ihrem Geschäftsführer eine Pflichtverletzung vorzuwerfen. Eine Einziehung der Ansprüche sei auch nicht nach § 76 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB IV unbillig, da der Klägerin bzw ihrem Geschäftsführer eine Pflichtverletzung vorzuwerfen sei. Die nachträgliche Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen sei mithin rechtmäßig. Im Übrigen lägen die Voraussetzung des § 24 Abs 2 SGB IV nicht vor, da die Klägerin bzw ihr Geschäftsführer nicht hinreichend eine unverschuldete Unkenntnis glaubhaft gemacht hätten und auch keine Anzeichen hierfür ersichtlich seien. Die Säumniszuschläge müssten auch nicht gemäß § 76 Abs 2 Nr 3 SGB IV erlassen werden. Daran ändere sich auch nichts dadurch, dass die Beklagte zunächst selbst von einer unzuständigen Einzugsstelle ausgegangen sei. Denn bei Zahlung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge an eine unzuständige Einzugsstelle könne es allenfalls zu einer Umbuchung kommen. Einwendungen gegen die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge habe die Klägerin im Klageverfahren nicht mehr geltend gemacht, so dass der Berechnung der Beklagten in ihrem Bescheid vom 28. September 2006 zu folgen sei.
Gegen das dem Klägerbevollmächtigten am 15. Oktober 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14. November 2008 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt, mit der sie im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen im Klageverfahren wiederholt und zusätzlich darauf hinweist, dass sie selbst Opfer von Betrügern geworden sei. Sie sei einem Rechtsirrtum dahingehend erlegen, dass sie gedacht habe, dass die Firma HTG Sozialversicherungsbeiträge gezahlt habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 24. September 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 18. Juli 2006 in der Fassung des Bescheids 28. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Der Senat hat die Ermittlungsakte des Hauptzollamtes L. (Az: SV 3300 4073 EV 297/05 E 3102) beigezogen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten und auf die beigezogene Ermittlungsakte des Hauptzollamtes L. Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 18. Juli 2006 in der Fassung des Bescheides vom 28. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03. März 2008 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Wie auch das SG im Ergebnis zutreffend entschieden hat, hat die Beklagte zu Recht für die Zeit vom 29. September 2003 bis 29. Oktober 2004 Gesamtsozialversicherungsbeiträge - einschließlich der Beiträge zu den Umlagen U 1 und U 2 zur Durchführung des Ausgleichs der Arbeitgeberaufwendungen im Rahmen der Lohnfortzahlung nach dem bis 31. Dezember 2005 geltenden § 14 Abs 1 LFZG - in Höhe von insgesamt 5.505,31 EUR nachgefordert. Auch die Erhebung von Säumniszuschlägen in Höhe von insgesamt 1.570,- EUR ist rechtmäßig.
Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung der Beklagten ist § 28 p Abs 1 Sätze 1 und 5 SGB IV in der ab 01. Januar 2006 geltenden Fassung iVm § 28 e Abs 1, 2 und 4 SGB IV in der ab 01. April 2006 geltenden Fassung und § 28 f Abs 2 SGB IV in der ab 01. Januar 2006 geltenden Fassung. Nach § 28 p Abs 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung nach § 28 p Abs 1 Satz 1 SGB IV Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.
Die nach diesen Vorschriften bei der Klägerin durchgeführte Prüfung hat ergeben, dass sie (die Klägerin) unter anderem ihrer Meldepflicht nach § 28 a Abs 1 Nr 1 und Abs 4 Satz 1 Nr 1 SGB I, ihrer Pflicht nach § 28 d Satz 1, § 28 e Abs 1 Satz 1 und § 28 h Abs 1 SGB IV zur Abführung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge für die beiden polnischen Arbeitnehmer für den Zeitraum vom 29. September 2003 bis 29. Oktober 2004 und ihren Aufzeichnungs- und Nachweispflichten nach § 28 f SGB IV nicht nachgekommen ist. Die Klägerin trafen die genannten Pflichten, da sie Arbeitgeberin der beiden entliehenen polnischen Arbeitnehmer war. Denn nach Art 1 § 9 Nr 1 AÜG sind Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern unwirksam, wenn der Verleiher nicht die nach Art 1 § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis besitzt. Vorliegend besaß die Firma HTG weder die nach Art 1 § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis noch zeigte sie die Überlassung von Arbeitnehmern vorher schriftlich der BA gemäß Art 1 § 1 a Abs 1 AÜG an. Dies entnimmt der Senat dem Schreiben der BA - Regionaldirektion S. - vom 06. Juli 2005.
Bei einer solchen Unwirksamkeit gilt nach Maßgabe des Art 1 § 10 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer als zustande gekommen (vgl allg zur Fiktion eines Arbeitsverhältnisses Mengel in Thüsing, Kommentar zum AÜG, 2. Aufl 2008, § 10 Rdnr 4). Art 1 § 10 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 AÜG bestimmt: Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 Nr 1 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu den zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen. Damit wird zugleich im Bereich der Sozialversicherung und der Arbeitslosenversicherung ein Beschäftigungsverhältnis fingiert (vgl BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988 - 12 RK 21/87 = SozR 2100 § 5 Nr 3). Im vorliegenden Fall lag deshalb bei unerlaubter gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung ein Beschäftigungsverhältnis ab dem 29. September 2003 (geplanter und tatsächlicher Beginn der Tätigkeit bei der Klägerin als Entleiherin) im Geltungsbereich des SGB IV vor (vgl zur tatsächlichen Arbeitsaufnahme Schüren in ders/Hamman, Kommentar zum AÜG, 3. Aufl 2007, § 10 Rdnr 36). Vorliegend haben die beiden polnischen Arbeitnehmer ab dem 29. September 2003 Beton- und Maurerarbeiten für die Klägerin ausgeführt, wobei der Geschäftsführer und Kommanditist H. die Dauer des Einsatzes festgelegt und zudem die Anweisungen auf der Baustelle gegeben sowie das entsprechende Werkzeug zur Verfügung gestellt hat. Dies entnimmt der Senat der Vernehmungsniederschrift vom 07. November 2005.
Die Beklagte geht auch zu Recht davon aus, dass zwischen der Klägerin und der Firma HTG bzw den beiden polnischen entliehenen Arbeitnehmern keine werkvertragliche Beziehung bestand. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 29. April 2004 - B 11 AL 3/04 R = SozR 4-4215 § 9 Nr 1) beurteilt sich die Frage, ob eine Arbeitnehmerüberlassung vorliegt, nach der Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen Verleiher und Entleiher einerseits (Arbeitnehmerüberlassungsvertrag) und zwischen dem Verleiher und dem Arbeitnehmer andererseits (Leiharbeitsvertrag) sowie dem Fehlen arbeitsvertraglicher Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Entleiher. Hiervon ist die Tätigkeit eines Arbeitnehmers bei Dritten aufgrund eines Werk- oder Dienstvertrages zu unterscheiden, die vorliegt, wenn der Unternehmer die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen organisiert und er den Drittunternehmer für die Erfüllung der im Vertrag vorgesehenen Dienste oder für die Herstellung des geschuldeten Werks verantwortlich bleibt. Im letztgenannten Fall unterliegen die Arbeitnehmer den Weisungen des Arbeitgebers, wobei ein Weisungsrecht des Dritten im Einzelfall unschädlich ist. Maßgebend für die Abgrenzung zwischen Arbeitnehmerüberlassung einerseits sowie Dienst- und Werkvertrag andererseits ist der tatsächliche Geschäftsinhalt des Vertragsverhältnisses (vgl allgemein zur Abgrenzung von Werkverträgen und Arbeitnehmerüberlassung Bayerisches LSG, Urteil vom 07. August 2008 - L 9 AL 63/03 -, Urteil vom 16. April 1996 - L 4 Kr 96/93; beide veröffentlicht in juris). Vorliegend hat die Klägerin - soweit ersichtlich - weder mit der Firma HTG noch mit den polnischen Arbeitnehmern schriftliche Verträge abgeschlossen. Dies entnimmt der Senat den Angaben des Geschäftsführers und Kommanditisten H. im Rahmen der Vernehmung vom 07. November 2005 (Seite 2 der Vernehmungsniederschrift). Er hat die Frage, ob ein Werkvertrag abgeschlossen worden sei, ausdrücklich verneint. Aus der tatsächlichen Durchführung ergibt sich jedoch, dass die Firma HTG der Klägerin die beiden polnischen Arbeitnehmer überlassen hat. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
Die beiden polnischen Arbeitnehmer unterlagen mithin im streitigen Zeitraum als Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, bezüglich der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch, § 1 Satz 1 Nr 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch und § 25 Abs 1 SGB III). Denn auch ein - wegen illegaler Arbeitnehmerüberlassung - fehlerhaftes vollzogenes Arbeitsverhältnis ist ein Beschäftigungsverhältnis iSv § 7 Abs 1 SGB IV (vgl Schüren in ders/Hamman, aaO, Einl Rdnr 763 ff mwN). Die Klägerin und der Verleiher (Firma HTG) haften somit nach Art 1 § 10 Abs 3 AÜG und § 28 e als Gesamtschuldner für die Gesamtsozialversicherungsbeiträge.
Im Gegensatz zur Ansicht der Klägerin verstößt die Nachforderung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge - einschließlich der Umlagen U 1 und U 2 - nicht gegen das Gegenleistungs- und Äquivalenzprinzip. Denn der Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen bei illegaler Arbeitnehmerüberlassung ist eine vom Gesetzgeber gewollte und zulässige Durchbrechung der genannten Prinzipien immanent. Dies ergibt sich auch insbesondere aus der Regelung des § 28 f Abs 2 SGB IV. Dabei weist der Senat vorab darauf hin, dass sich die Rechtsprechung des BSG zum Gegenleistungs- und Äquivalenzprinzip in erster Linie auf das sozialrechtliche Versicherungsverhältnis zwischen Sozialversicherungs-träger und Versicherten bezieht (vgl BSG, Urteil vom 04. Oktober 1988 - 4/11 a RK 2/87 = SozR 2200 § 182 Nr 113) und mithin nicht ohne Weiteres auf das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Sozialversicherungsträger übertragbar ist (insoweit nicht überzeugend SG Aachen, Urteil vom 10. Januar 2003 - S 8 RA 94/02; SG Münster, Urteil vom 19. März 2009 - S 31 R 2387/08; beide veröffentlicht in juris). Zum anderen folgt aus der Regelung des Art 1 § 10 Abs 1 Satz 1 AÜG, wonach der illegale Entleiher auch Beitragsschuldner ist, und aus § 28 f Abs 2 SGB IV, wonach der prüfende Rentenversicherungsträger einen (nicht personalisierten) Summenbescheid erlassen kann, wenn der Arbeitgeber seine Aufzeichnungs- und Auskunftspflichten verletzt und hierdurch eine ordnungsgemäße personenbezogene Feststellung der Versicherungs- oder Beitragspflicht auch bei Ausschöpfung aller noch zugänglichen Erkenntnismöglichkeiten objektiv unmöglich gemacht hat, dass der Gesetzgeber bei einer illegalen Entleihung von Arbeitnehmern eine Durchbrechung des Gegenleistungs- und Äquivalenzprinzips in Kauf genommen hat. Der Grund hierfür liegt in der (nicht notwendig schuldhaften) Verletzung der Aufzeichnungs- und Auskunftspflichten des Arbeitgebers, der durch sein Verhalten selbst die ordnungsgemäße personenbezogene Feststellung der Versicherungs- oder Beitragspflicht objektiv unmöglich gemacht und damit selbst einen Beitrag zur Störung des Äquivalenzprinzips geleistet hat (vgl allg hierzu auch von Einem SGb 1987, 555). Dabei handelt es sich bei Beitragssummenbescheiden nach § 28 f Abs 2 SGB IV nicht um eine Sanktion für pflichtwidriges Verhalten des Arbeitgebers (vgl Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 28 f Rdnr 9, Stand März 2008). Die nicht personenbezogene Beitragsrechnung hat vielmehr die Wirkung einer "Sonderabgabe" zu Lasten derjenigen Arbeitgeber, die ihre Aufzeichnungspflichten verletzen (so zutreffend Werner in jurisPK-SGB IV, § 28 f Rdnr 41, Stand Januar 2007).
Die Regelung des § 28 f Abs 2 SGB IV ist auch verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl hierzu von Einem SGb 1987, 555, 557; Werner, aaO). Denn der Gesetzgeber hat den Erlass eines Beitragssummenbescheids an zahlreiche Bedingungen geknüpft. Der Erlass eines solchen Bescheids ist insoweit nicht zulässig, als ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand feststellbar ist, dass keine Beitragspflicht bestand oder Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden kann (§ 28 f Abs 2 Satz 2 SGB IV). Die prüfenden Rentenversicherungsträger müssen also vor Erlass eines Beitragssummenbescheids trotz Nichterfüllung der Aufzeichnungspflicht durch den Arbeitgeber nach den entsprechenden Grundsätzen der §§ 20, 21 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) Ermittlungen anstellen, soweit diese das Gebot der Verhältnismäßigkeit des Verwaltungshandelns nicht verletzen (vgl hierzu auch Sehnert in Hauck/Noftz, § 28 f SGB IV Rdnr 9, Stand November 2007). Darüber hinaus bestimmt § 28 f Abs 2 Satz 4 SGB IV, dass der prüfende Träger der Rentenversicherung einen aufgrund der Sätze 1, 3 und 4 der genannten Vorschrift ergangenen Bescheid insoweit zu widerrufen hat, als nachträglich Versicherungs- oder Beitragspflicht ohne Versicherungsfreiheit festgestellt und die Höhe des Arbeitsentgelts nachgewiesen werden. Die vom Arbeitgeber aufgrund dieses Bescheides geleisteten Zahlungen sind insoweit mit der Beitragsforderung zu verrechnen (§ 28 f Abs 2 Satz 5 SGB IV). Auch durch diese Regelung wird der Arbeitgeber geschützt, so dass der Senat keine verfassungsrechtliche Bedenken gegen die nichtpersonenbezogene Beitragsrechnung nach § 28 f Abs 2 Satz 1 SGB IV hat.
Im vorliegenden Fall durfte die Beklagte nach § 28 f Abs 2 SGB IV den Gesamtsozialversicherungsbeitrag in einem Summenbescheid geltend machen. Satz 2 des § 28 f Abs 2 SGB IV stand dem Erlass eines Summenbescheides nicht entgegen. Denn der Beklagten waren weder die Namen noch die Anschriften der beiden polnischen Arbeitnehmer bekannt. Weitere Ermittlungen musste die Beklagte nicht anstellen, nachdem die Klägerin auch auf Nachfrage des Hauptzollamtes L. weder den Namen noch die Adresse der beiden polnischen Arbeitnehmer benennen konnte. Dass die Klägerin die Namen der polnischen Arbeitnehmer im Berufungsverfahren mitgeteilt hat, ändert hieran nichts, zumal die Adressen weiterhin unbekannt sind. Auch war eine Aufteilung der Beiträge auf die einzelnen Arbeitnehmer nicht möglich, da entsprechende Lohnunterlagen von der Klägerin nicht vorgelegt werden konnten und eine Nachfrage bei der Firma HTG nicht erfolgsversprechend war, da diese lediglich eine Scheinfirma war. Auch eine Befragung der polnischen Arbeitnehmer scheidet aus, da deren Anschriften nicht mehr zu ermitteln sind. Es kann daher nicht festgestellt werden, welchen Arbeitnehmern Beiträge in welcher Höhe zuzuordnen sind. Es kann auch nicht mehr ermittelt werden, welche Arbeitsentgelte die polnischen Arbeitnehmer tatsächlich erhalten haben.
Die Klägerin hat auch gegen die aus § 28 a Abs 1, § 28 e Abs 1 SGB IV folgende Pflicht zur Meldung und Beitragszahlung verstoßen (vgl hierzu auch die besondere Aufzeichnungspflicht im Baugewerbe nach § 28 f Abs 1 a SGB IV). Sie kann sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, dass sie die zuständige Einzugsstelle nicht gekannt habe. Zum einen kommt es für die Feststellung der Verletzung der Aufzeichnungspflicht nicht auf ein Verschulden des Arbeitgebers an (BSG, Urteil vom 07. Februar 2002 - B 12 KR 12/01 R = SozR 3-2400 § 28 f Nr 3). Zum anderen hat die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass es der Klägerin zumutbar war, sich durch eine Anfrage bei einer Krankenkasse oder einem prüfenden Rentenversicherungsträger entsprechende Klarheit zu verschaffen. Selbst wenn die Klägerin die Beiträge an eine unzuständige Einzugsstelle entrichtet hätte, hätte dies - worauf die Beklagte zu Recht hinweist - im Rahmen einer Betriebsprüfung nicht zur Erhebung von Säumniszuschlägen sondern lediglich zu einer Umbuchung geführt.
Gegen die Höhe der Beitragsforderung und die diesbezügliche Berechnung wendet sich die Klägerin nicht mehr, nachdem die Beklagte bei der Berechnung nunmehr von einem Mindestlohn der Lohngruppe 1 des Tarifvertrags zur Regelung eines Mindestarbeitsentgeltes im Baugewerbe in Höhe von 10,36 EUR ausgeht (vgl zur zulässigen Heranziehung des gesetzlichen Mindestvergütungsanspruchs Mengel in Thüsing, Kommentar zum AÜG, 2. Aufl 2008, § 10 Rdnr 30). Etwaige Anhaltspunkte für Fehler bei der Berechnung der Beiträge sind im Übrigen nicht ersichtlich. Die Forderung ist auch nicht verjährt (§ 25 SGB IV).
Im Gegensatz zur Ansicht der Klägerin steht der Beklagten hinsichtlich der Nacherhebung der Sozialversicherungsbeiträge auch kein Ermessen zu. Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, die Beklagte habe die Nachforderung nach § 76 Abs 2 Nr 3 SGB IV zu erlassen, weil die Einziehung der Beiträge unbillig sei, verkennt sie, dass die Beklagte diesbezüglich keine Entscheidungskompetenz hat. Nach § 76 Abs 3 Satz 1 SGB IV trifft die Entscheidung nach Abs 2 der genannten Vorschrift allein die zuständige Einzugsstelle, im vorliegenden Fall die Beigeladene. Hierauf hat die Beklagte die Klägerin bereits mit Schreiben vom 28. September 2006 hingewiesen. Im Übrigen setzt die Regelung des § 76 Abs 2 SGB IV das Bestehen von Ansprüchen und damit die Feststellung ihrer Rechtmäßigkeit voraus. Über die Rechtsfolgen des § 76 Abs 2 SGB IV ist deshalb nur außerhalb der Prüfung der Rechtmäßigkeit von Beitragsbescheiden zu entscheiden (BSG, Urteil vom 21. Oktober 1999, B 11/10 R 8/98 R, SozR 3 - 4100 § 186 b Nr 1).
Schließlich hat die Beklagte auch zu Recht Säumniszuschläge nach § 24 SGB IV erhoben. Insbesondere scheidet die Erhebung von Säumniszuschlägen im vorliegenden Fall nicht nach § 24 Abs 2 SGB IV aus. Danach ist ein auf eine durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellte Beitragsforderung entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Das Verschulden beurteilt sich entsprechend § 276 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und umfasst damit neben Vorsatz auch die Fahrlässigkeit. Die Klägerin beruft sich im vorliegenden Fall auf einen Rechtsirrtum dahingehend, dass sie angenommen habe, dass die Firma HTG Sozialversicherungsbeiträge für die beiden polnischen Arbeitnehmer gezahlt und sie im Übrigen nicht gewusst habe, welche Einzugsstelle zuständig sei. An den Entlastungsbeweis sind bei Rechtsirrtümern jedoch strenge Anforderungen zu stellen. Der Schuldner hat sich sorgfältig über die Rechtslage zu informieren und ggf kundigen Rat einzuholen und im Zweifel eine Einzugsstelle einzuschalten (vgl Segebrecht in jurisPK-SGB IV, § 24 Rdnr 34, Stand März 2009). Die Klägerin hat sich weder die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung vorlegen lassen noch hat sie sich an eine Krankenkasse als Einzugsstelle oder an einen prüfenden Rentenversicherungsträger gewandt. Der Klägerin hätte sich insbesondere im Hinblick darauf, dass die beiden polnischen entliehenen Arbeitnehmer im Wesentlichen die gleichen Tätigkeiten in ihrem Betrieb ausgeführt haben wie die bei ihr festangestellten Arbeitnehmer die Notwendigkeit zumindest einer weiteren Abklärung aufdrängen müssen. Hinsichtlich der Unerheblichkeit des Einwandes der Klägerin, sie habe die zuständige Einzugsstelle nicht gekannt, wird auf die obigen Ausführungen des Senats verwiesen. Im Übrigen sind Berechnungsfehler bei der Festsetzung der Säumniszuschläge nicht erkennbar und auch von der Klägerin nicht geltend gemacht. Soweit die Klägerin auch hier den Erlass der Säumniszuschläge gemäß § 76 Abs 2 Nr 3 SGB IV begehrt, wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG, §§ 154 Abs 2 und 3, 162 Abs 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 Gerichtskostengesetz. Der Streitwert ist in Höhe der geforderten Gesamtsozialversicherungs-beiträge und Säumniszuschläge in Höhe von 7.075,31 EUR festzusetzen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren L 11 R 5269/08 wird endgültig auf 7.075,31 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin verpflichtet ist, für die Zeit vom 29. September 2003 bis 29. Oktober 2004 Gesamtsozialversicherungsbeiträge - einschließlich Beiträge zu den Umlagen U1 und U2 zur Durchführung des Ausgleichs der Arbeitgeberaufwendungen im Rahmen der Lohnfortzahlung nach dem bis 31. Dezember 2005 geltenden § 14 Abs 1 des Lohnfortzahlungsgesetzes (LFZG) - für zwei polnische Arbeitnehmer in Höhe von 5.505,31 EUR sowie Säumniszuschläge in Höhe von 1.570 EUR (insgesamt 7.075,31 EUR) zu zahlen.
Die Klägerin betreibt seit 26. März 2001 ein Bauunternehmen. Persönlich haftende Gesellschafterin ist die H. B.-GmbH, deren Geschäftsführer der am 14. September 1966 geborene J. H. ist; dieser ist zudem als Kommanditist im Handelsregister eingetragen.
Im September 2003 entlieh die Klägerin von der Firma H.- & T. mbH (im Folgenden HTG), D., zwei polnische Arbeitnehmer, die für die Klägerin im Rahmen von zwei Bauvorhaben Beton- und Maurerarbeiten durchführten. Die Klägerin war auf die Firma HTG durch ein Werbetelefax vom März 2003 aufmerksam geworden. Bei der Firma HTG handelte es sich um eine (Schein-) Firma, die weder im Gewerberegister noch in der Handwerksrolle eingetragen war. Sie war auch nicht im Besitz einer Erlaubnis nach Art 1 § 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) und der Bundesagentur für Arbeit (BA) lagen auch keine Anzeigen der Überlassung gemäß Art 1 § 1 a AÜG vor (Schreiben der BA - Regionaldirektion S. - vom 6. Juli 2005). In der Zeit vom 29. September 2003 bis 29. Oktober 2004 führten die beiden polnischen Arbeitnehmer, deren Adresse nicht bekannt ist, die genannten Tätigkeiten für die Klägerin durch. Diese vereinbarte mit der HTG einen Stundenverrechnungssatz von ca 21 EUR. Weder die HTG noch die Klägerin führten für die Arbeitnehmer Sozialversicherungsbeiträge ab. Die Klägerin zahlte jedoch aufgrund der Rechnungen der HTG vom 6. Oktober 2003 (1.386 EUR zzgl 221,76 EUR Mehrwertsteuer [MwSt]), 14. Oktober 2003 (1.806 EUR zzgl 288,96 EUR MwSt), 20. Oktober 2003 (2.205 EUR zzgl 352,80 EUR MwSt), 28. Oktober 2003 (2.331 EUR zzgl 372,96 EUR MwSt), 3. November 2003 (2.163 EUR zzgl 346,08 EUR MwSt), 10. November 2003 (2.562 EUR zzgl 409,92 EUR MwSt), 17. November 2003 (2.289 EUR zzgl 366,24 EUR MwSt), 24. November 2003 (2.541 EUR zzgl 406,56 EUR MwSt), 1. Dezember 2003 (2.415 EUR zzgl 386,40 EUR MwSt), 4. Dezember 2003 (1.638 EUR zzgl 262,08 EUR MwSt), 25. Oktober 2004 (2.171,50 EUR) und 2. November 2004 (2.037 EUR), hin insgesamt 25.544,50 EUR netto bzw 28.958,26 EUR brutto. Die Rechnungen beglich sie jeweils in bar.
Nachdem gegen die verantwortlich Handelnden der Firma HTG ein Ermittlungsverfahren durch das Hauptzollamt L. wegen des Verdachts der gewerblichen Überlassung von Arbeitnehmer an andere Unternehmer ohne die dafür erforderliche Erlaubnis eingeleitet wurde, erließ das Hauptzollamt L. - nach Durchsuchung der Räume der Klägerin und Vernehmung des Kommanditisten und Geschäftsführers H. (Vernehmungsniederschrift vom 7. November 2005, Bl 139 bis 142 der Verwaltungsakte der Beklagten) - den Bußgeldbescheid gegen die Klägerin und den Kommanditisten und Geschäftsführer H. vom 2. Januar 2006 wegen eines vorsätzlich begangenen Verstoßes gegen Art 1 § 16 Abs 1 Nr 1 a iVm Art 1 § 1 AÜG und wegen eines fahrlässig begangenen Verstoßes gegen § 404 Abs 2 Nr 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) iVm § 9 Abs 1 Nr 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) in Höhe von 2.780,60 EUR und 3.680,60 EUR. Auf den Einspruch der Betroffenen nahm das Hauptzollamt L. mit Bescheid vom 12. April 2006 die Bußgeldbescheide zurück und erließ zugleich den Bußgeldbescheid vom 12. April 2006, mit dem die Bußgeldzahlung auf 1.468,10 EUR und 1.843,10 EUR verringert wurde. Die Geldbußen wurden am 15. Mai 2006 beglichen (Schreiben des Hauptzollamtes L. vom 16. Mai 2006).
Nachdem das Hauptzollamt L. die Deutsche Rentenversicherung B. über das Ermittlungsverfahren gegen den Kommanditisten und Geschäftsführer H. unterrichtet hatte, hörte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 2. Juni 2006 an und teilte mit, dass beabsichtigt sei, für die Zeit vom 19. Juli bis 1. Oktober 2004 Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 8.849,42 EUR (inklusive Säumniszuschläge in Höhe von 1.951 EUR) zu erheben, da die Firma HTG nicht im Besitz einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung gewesen sei und eine Überlassung auch nicht angezeigt habe. Des Weiteren liege kein Werkvertrag vor. Die Arbeitgebereigenschaft des Entleihers bei unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung werde nicht durch dessen Gutgläubigkeit oder durch einen Irrtum über die Erlaubnispflichtigkeit der Arbeitnehmerüberlassung beseitigt. Da der Tarifvertrag zur Regelung eines Mindestarbeitsentgeltes im Baugewerbe für allgemeinverbindlich erklärt worden sei, sei vorliegend ab dem 1. September 2003 als Mindestentgelt ein Stundenlohn von 12,47 EUR zu zahlen. Die Klägerin wies in ihrer Antwort darauf hin, dass der mit der Firma HTG vereinbarte Stundensatz 21,50 EUR betragen habe. Die beiden polnischen Arbeitnehmer könnten als angelernte Kräfte nur der Lohngruppe 2 des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe zugeordnet werden, so dass der Gesamttariflohn nur 9,80 EUR betrage.
Nach Durchführung einer Betriebsprüfung nach § 28 p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) stellte die Beklagte mit Bescheid vom 18. Juli 2006 eine Nachforderung in Höhe von 8.785,01 EUR (inklusive Säumniszuschläge in Höhe von 1.936 EUR) für den Prüfzeitraum vom 29. September 2003 bis 29. Oktober 2004 fest. Aus den Angaben des Hauptzollamtes L. ergebe sich, dass bei einem Stundensatz von 21 EUR ganze Stundenwerte errechnet werden könnten. Unter Zugrundelegung der dadurch ermittelten Arbeitsstunden und der Berücksichtigung des Mindestlohns von 12,47 EUR (Lohngruppe 2 des Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe) errechne sich die Nachforderung, die entsprechend des Betriebssitzes des Entleihers der AOK B.-W. zugeordnet werde. Da die Firma HTG weder eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung gehabt habe und auch die Überlassung nicht angezeigt habe, gelte die Klägerin gemäß Art 1 § 10 Abs 1 AÜG als Arbeitgeber der Leiharbeitnehmer. Sie treffe daher die Zahlungspflicht nach § 28 e Abs 1 SGB IV. Es entstehe dadurch eine Gesamtschuldnerschaft, da auch der Verleiher weiterhin den Gesamtsozialversicherungsbeitrag schulde. Eine Mahnfrist sei vorliegend nicht zu beachten gewesen. In der Anlage zur Berechnung der Beiträge wurde als zuständige Einzugsstelle für die Gesamtsozialversicherungsbeiträge die Barmer Ersatzkasse und für die Umlagen U1 und U2 die AOK B.-W. angegeben.
Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, die beschäftigten Arbeitnehmer hätten über keinerlei Qualifikation verfügt, so dass sie der Lohngruppe 1 mit einem Stundenlohn von 10,36 EUR zuzuordnen seien. Auch sei nicht nachgewiesen, dass die HTG keine Sozialversicherungsbeiträge geleistet habe. Im Übrigen sei die Barmer Ersatzkasse nicht die zuständige Einzugsstelle, da die Voraussetzungen des § 28 f SGB IV (Summenbescheid) nicht vorlägen, da sie keine Aufzeichnungspflicht getroffen habe und mithin auch keine Verletzung dieser Pflicht vorliegen könne. Säumniszuschläge seien bereits deshalb nicht zu erheben, weil sie nicht habe wissen können, wer die zuständige Einzugsstelle sei. Sie habe deshalb die bisherige Nichtleistung nicht zu vertreten. Ebenfalls sei eine Stundung der Beitragsforderung gemäß § 76 Abs 2 Nr 1 SGB IV bzw ein Erlass gemäß § 76 Abs 2 Nr 3 SGB IV zu gewähren. Mit Bescheid vom 8. September 2006 setzte die Beklagte den Einzug der Beitragsforderung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens aus und half dem Widerspruch mit Bescheid vom 28. September 2006 insofern teilweise ab, als sie nunmehr nur noch insgesamt 7.075,31 EUR (inklusive Säumniszuschläge in Höhe von 1.570 EUR) geltend machte. Sie gehe nunmehr mit der Klägerin von einem Mindestlohn von 10,36 EUR aus. Außerdem habe man die Zuständigkeit der Einzugsstelle erneut überprüft und sei dabei zu dem Schluss gekommen, dass die B. B., die spätere Beigeladene, die zuständige Einzugsstelle sei. Die dem Bescheid beigefügte Anlage der Berechnung der Beiträge wurde dementsprechend geändert (Bl 98 bis 107 der Verwaltungsakte der Beklagten). Mit weiterem Schreiben vom 28. September 2006 machte die Beklagte die Klägerin darauf aufmerksam, dass für eine Stundung und Erlass der Beiträge bzw des Säumniszuschlags die Einzugsstelle zuständig sei. Nachdem die Klägerin nochmals darauf hingewiesen hatte, dass keine Säumniszuschläge zu erheben seien, da sie unverschuldet keine Kenntnis von ihrer Zahlungspflicht gehabt habe und die Beitragserhebung auch unbillig sei, da die betroffenen Arbeitnehmer keine Leistungen in Anspruch nehmen könnten, wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch - soweit ihm nicht bereits durch Bescheid vom 28. September 2006 teilweise abgeholfen wurde - zurück (Widerspruchsbescheid vom 3. März 2008). Zur Begründung wurde ausgeführt, Säumniszuschläge seien grundsätzlich von Gesetzes wegen zu erheben. Die Voraussetzungen des § 24 Abs 2 SGB IV lägen nicht vor, da die Klägerin eine unverschuldete Unkenntnis ihrer Zahlungspflicht nicht ausreichend glaubhaft gemacht habe. Die Klägerin habe sich nämlich als Entleiher die Erlaubnis der BA von der Firma HTG nicht vorlegen lassen, so dass sie bewusst das Risiko der Beitragsabführung eingegangen sei. Auch sei im Bußgeldbescheid vom 12. April 2006 durch das Hauptzollamt L. festgestellt worden, dass sie vorsätzlich gegen die Regelungen des AÜG verstoßen habe. Im Übrigen sei es der Klägern zumutbar gewesen, sich durch eine schriftliche Anfrage bei einer Krankenkasse oder einem prüfenden Rentenversicherungsträger entsprechende Klarheit über die zuständige Einzugsstelle zu verschaffen. Soweit Beiträge gegebenenfalls zunächst an eine unzuständige Einzugsstelle entrichtet worden wären, hätte dies im Rahmen einer Betriebsprüfung nicht zur Erhebung vom Säumniszuschlägen sondern lediglich zu einer Umbuchung geführt.
Hiergegen hat die Klägerin am 7. April 2008 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben und vorgetragen, bei den überlassenen Arbeitnehmern handle es sich um Herrn J. P. und Herrn J. S ... Das Entgelt sei wöchentlich in bar an einen Außendienstmitarbeiter der Firma HTG gezahlt worden. Die Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen verstoße gegen das Äquivalenzprinzip. Denn im vorliegenden Fall könne eine Mitteilung an die Arbeitnehmer nicht mehr erfolgen, was dazu führe, dass sie keine Sozialversicherungsleistungen in Anspruch nehmen könnten. Die Nachforderung der Beklagten führe daher zu einer Störung des versicherungsrechtlichen Gegenleistungs- und Äquivalenzprinzips (Bezugnahme auf Urteil des SG Aachen vom 10. Januar 2003 - S 8 RA 94/02). Dies gelte insbesondere dann, wenn allein der Arbeitgeber zur Beitragszahlung herangezogen werde. Aus diesem Grund sei auch die Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen gemäß § 76 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB IV unbillig. Die Beklagte handle demnach ermessensfehlerhaft. Dies gelte auch für die Säumniszuschläge, da sie unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht gehabt habe. Schließlich habe auch die Beklagte die zuständige Einzugsstelle erst im Rahmen des Widerspruchsverfahrens mitteilen können. Dies könne nicht zu ihren Lasten gehen. Erst zum 1. Juli 2005 habe festgestanden, dass die Beigeladene die zuständige Einzugsstelle sei. Sie habe daher in den Jahren 2003 und 2004 die fälligen Beiträge nicht an die Beigeladene entrichten können, so dass die Erhebung von Säumniszuschlägen gemäß § 76 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB IV unbillig sei. In diesem Zusammenhang sei auch zu berücksichtigen, dass sie ansonsten die fälligen Beiträge stets pünktlich zahle und ihr durch das betrügerische Verhalten der Firma HTG ein erheblicher Schaden entstanden sei.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat darauf hingewiesen, dass sich die Klägerin die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung nicht habe vorlegen lassen. Außerdem sei sie ihrer Aufzeichnungspflicht nicht nachgekommen, so dass der Erlass eines Summenbescheids zulässig sei. Aus der Regelung des § 28 f SGB IV folge zudem, dass der Gesetzgeber eine Störung des Äquivalenzprinzips billige.
Mit Beschluss vom 23. Mai 2008 hat das SG die B. B. zum Verfahren beigeladen und mit Urteil vom 24. September 2008 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei nach Art 1 § 10 Abs 1 AÜG als Entleiherin Arbeitgeberin der Leiharbeitnehmer, da die Firma HTG nicht im Besitz einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung gewesen sei und eine Überlassung auch nicht angezeigt habe. Der Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen stehe die Störung des Äquivalenzprinzips nicht entgegen. Eine solche Äquivalenzstörung könne hingenommen werden, wenn sie auf ein dem Versicherten nach dem Inhalt des sozialrechtlichen Versicherungsverhältnisses vorwerfbares Verhalten zurückgehe (Bezug auf BSG, Urteil vom 4. Oktober 1998 - 4/11a RK 2/87). Zu berücksichtigen sei, dass sich die Klägerin als Entleiherin nicht die Erlaubnis des Verleihers für die Durchführung einer Arbeitnehmerüberlassung habe vorlegen lassen, wodurch sie bewusst das Risiko der Beitragsabführung eingegangen sei. Eine Arbeitnehmerüberlassung sei in der Baubranche zudem grundsätzlich verboten. Demgemäß sei der Klägerin bzw ihrem Geschäftsführer eine Pflichtverletzung vorzuwerfen. Eine Einziehung der Ansprüche sei auch nicht nach § 76 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB IV unbillig, da der Klägerin bzw ihrem Geschäftsführer eine Pflichtverletzung vorzuwerfen sei. Die nachträgliche Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen sei mithin rechtmäßig. Im Übrigen lägen die Voraussetzung des § 24 Abs 2 SGB IV nicht vor, da die Klägerin bzw ihr Geschäftsführer nicht hinreichend eine unverschuldete Unkenntnis glaubhaft gemacht hätten und auch keine Anzeichen hierfür ersichtlich seien. Die Säumniszuschläge müssten auch nicht gemäß § 76 Abs 2 Nr 3 SGB IV erlassen werden. Daran ändere sich auch nichts dadurch, dass die Beklagte zunächst selbst von einer unzuständigen Einzugsstelle ausgegangen sei. Denn bei Zahlung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge an eine unzuständige Einzugsstelle könne es allenfalls zu einer Umbuchung kommen. Einwendungen gegen die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge habe die Klägerin im Klageverfahren nicht mehr geltend gemacht, so dass der Berechnung der Beklagten in ihrem Bescheid vom 28. September 2006 zu folgen sei.
Gegen das dem Klägerbevollmächtigten am 15. Oktober 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14. November 2008 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt, mit der sie im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen im Klageverfahren wiederholt und zusätzlich darauf hinweist, dass sie selbst Opfer von Betrügern geworden sei. Sie sei einem Rechtsirrtum dahingehend erlegen, dass sie gedacht habe, dass die Firma HTG Sozialversicherungsbeiträge gezahlt habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 24. September 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 18. Juli 2006 in der Fassung des Bescheids 28. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Der Senat hat die Ermittlungsakte des Hauptzollamtes L. (Az: SV 3300 4073 EV 297/05 E 3102) beigezogen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten und auf die beigezogene Ermittlungsakte des Hauptzollamtes L. Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 18. Juli 2006 in der Fassung des Bescheides vom 28. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03. März 2008 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Wie auch das SG im Ergebnis zutreffend entschieden hat, hat die Beklagte zu Recht für die Zeit vom 29. September 2003 bis 29. Oktober 2004 Gesamtsozialversicherungsbeiträge - einschließlich der Beiträge zu den Umlagen U 1 und U 2 zur Durchführung des Ausgleichs der Arbeitgeberaufwendungen im Rahmen der Lohnfortzahlung nach dem bis 31. Dezember 2005 geltenden § 14 Abs 1 LFZG - in Höhe von insgesamt 5.505,31 EUR nachgefordert. Auch die Erhebung von Säumniszuschlägen in Höhe von insgesamt 1.570,- EUR ist rechtmäßig.
Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung der Beklagten ist § 28 p Abs 1 Sätze 1 und 5 SGB IV in der ab 01. Januar 2006 geltenden Fassung iVm § 28 e Abs 1, 2 und 4 SGB IV in der ab 01. April 2006 geltenden Fassung und § 28 f Abs 2 SGB IV in der ab 01. Januar 2006 geltenden Fassung. Nach § 28 p Abs 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung nach § 28 p Abs 1 Satz 1 SGB IV Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.
Die nach diesen Vorschriften bei der Klägerin durchgeführte Prüfung hat ergeben, dass sie (die Klägerin) unter anderem ihrer Meldepflicht nach § 28 a Abs 1 Nr 1 und Abs 4 Satz 1 Nr 1 SGB I, ihrer Pflicht nach § 28 d Satz 1, § 28 e Abs 1 Satz 1 und § 28 h Abs 1 SGB IV zur Abführung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge für die beiden polnischen Arbeitnehmer für den Zeitraum vom 29. September 2003 bis 29. Oktober 2004 und ihren Aufzeichnungs- und Nachweispflichten nach § 28 f SGB IV nicht nachgekommen ist. Die Klägerin trafen die genannten Pflichten, da sie Arbeitgeberin der beiden entliehenen polnischen Arbeitnehmer war. Denn nach Art 1 § 9 Nr 1 AÜG sind Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern unwirksam, wenn der Verleiher nicht die nach Art 1 § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis besitzt. Vorliegend besaß die Firma HTG weder die nach Art 1 § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis noch zeigte sie die Überlassung von Arbeitnehmern vorher schriftlich der BA gemäß Art 1 § 1 a Abs 1 AÜG an. Dies entnimmt der Senat dem Schreiben der BA - Regionaldirektion S. - vom 06. Juli 2005.
Bei einer solchen Unwirksamkeit gilt nach Maßgabe des Art 1 § 10 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer als zustande gekommen (vgl allg zur Fiktion eines Arbeitsverhältnisses Mengel in Thüsing, Kommentar zum AÜG, 2. Aufl 2008, § 10 Rdnr 4). Art 1 § 10 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 AÜG bestimmt: Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 Nr 1 unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu den zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen. Damit wird zugleich im Bereich der Sozialversicherung und der Arbeitslosenversicherung ein Beschäftigungsverhältnis fingiert (vgl BSG, Urteil vom 25. Oktober 1988 - 12 RK 21/87 = SozR 2100 § 5 Nr 3). Im vorliegenden Fall lag deshalb bei unerlaubter gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung ein Beschäftigungsverhältnis ab dem 29. September 2003 (geplanter und tatsächlicher Beginn der Tätigkeit bei der Klägerin als Entleiherin) im Geltungsbereich des SGB IV vor (vgl zur tatsächlichen Arbeitsaufnahme Schüren in ders/Hamman, Kommentar zum AÜG, 3. Aufl 2007, § 10 Rdnr 36). Vorliegend haben die beiden polnischen Arbeitnehmer ab dem 29. September 2003 Beton- und Maurerarbeiten für die Klägerin ausgeführt, wobei der Geschäftsführer und Kommanditist H. die Dauer des Einsatzes festgelegt und zudem die Anweisungen auf der Baustelle gegeben sowie das entsprechende Werkzeug zur Verfügung gestellt hat. Dies entnimmt der Senat der Vernehmungsniederschrift vom 07. November 2005.
Die Beklagte geht auch zu Recht davon aus, dass zwischen der Klägerin und der Firma HTG bzw den beiden polnischen entliehenen Arbeitnehmern keine werkvertragliche Beziehung bestand. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 29. April 2004 - B 11 AL 3/04 R = SozR 4-4215 § 9 Nr 1) beurteilt sich die Frage, ob eine Arbeitnehmerüberlassung vorliegt, nach der Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen Verleiher und Entleiher einerseits (Arbeitnehmerüberlassungsvertrag) und zwischen dem Verleiher und dem Arbeitnehmer andererseits (Leiharbeitsvertrag) sowie dem Fehlen arbeitsvertraglicher Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Entleiher. Hiervon ist die Tätigkeit eines Arbeitnehmers bei Dritten aufgrund eines Werk- oder Dienstvertrages zu unterscheiden, die vorliegt, wenn der Unternehmer die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen organisiert und er den Drittunternehmer für die Erfüllung der im Vertrag vorgesehenen Dienste oder für die Herstellung des geschuldeten Werks verantwortlich bleibt. Im letztgenannten Fall unterliegen die Arbeitnehmer den Weisungen des Arbeitgebers, wobei ein Weisungsrecht des Dritten im Einzelfall unschädlich ist. Maßgebend für die Abgrenzung zwischen Arbeitnehmerüberlassung einerseits sowie Dienst- und Werkvertrag andererseits ist der tatsächliche Geschäftsinhalt des Vertragsverhältnisses (vgl allgemein zur Abgrenzung von Werkverträgen und Arbeitnehmerüberlassung Bayerisches LSG, Urteil vom 07. August 2008 - L 9 AL 63/03 -, Urteil vom 16. April 1996 - L 4 Kr 96/93; beide veröffentlicht in juris). Vorliegend hat die Klägerin - soweit ersichtlich - weder mit der Firma HTG noch mit den polnischen Arbeitnehmern schriftliche Verträge abgeschlossen. Dies entnimmt der Senat den Angaben des Geschäftsführers und Kommanditisten H. im Rahmen der Vernehmung vom 07. November 2005 (Seite 2 der Vernehmungsniederschrift). Er hat die Frage, ob ein Werkvertrag abgeschlossen worden sei, ausdrücklich verneint. Aus der tatsächlichen Durchführung ergibt sich jedoch, dass die Firma HTG der Klägerin die beiden polnischen Arbeitnehmer überlassen hat. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
Die beiden polnischen Arbeitnehmer unterlagen mithin im streitigen Zeitraum als Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, bezüglich der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch, § 1 Satz 1 Nr 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch und § 25 Abs 1 SGB III). Denn auch ein - wegen illegaler Arbeitnehmerüberlassung - fehlerhaftes vollzogenes Arbeitsverhältnis ist ein Beschäftigungsverhältnis iSv § 7 Abs 1 SGB IV (vgl Schüren in ders/Hamman, aaO, Einl Rdnr 763 ff mwN). Die Klägerin und der Verleiher (Firma HTG) haften somit nach Art 1 § 10 Abs 3 AÜG und § 28 e als Gesamtschuldner für die Gesamtsozialversicherungsbeiträge.
Im Gegensatz zur Ansicht der Klägerin verstößt die Nachforderung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge - einschließlich der Umlagen U 1 und U 2 - nicht gegen das Gegenleistungs- und Äquivalenzprinzip. Denn der Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen bei illegaler Arbeitnehmerüberlassung ist eine vom Gesetzgeber gewollte und zulässige Durchbrechung der genannten Prinzipien immanent. Dies ergibt sich auch insbesondere aus der Regelung des § 28 f Abs 2 SGB IV. Dabei weist der Senat vorab darauf hin, dass sich die Rechtsprechung des BSG zum Gegenleistungs- und Äquivalenzprinzip in erster Linie auf das sozialrechtliche Versicherungsverhältnis zwischen Sozialversicherungs-träger und Versicherten bezieht (vgl BSG, Urteil vom 04. Oktober 1988 - 4/11 a RK 2/87 = SozR 2200 § 182 Nr 113) und mithin nicht ohne Weiteres auf das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Sozialversicherungsträger übertragbar ist (insoweit nicht überzeugend SG Aachen, Urteil vom 10. Januar 2003 - S 8 RA 94/02; SG Münster, Urteil vom 19. März 2009 - S 31 R 2387/08; beide veröffentlicht in juris). Zum anderen folgt aus der Regelung des Art 1 § 10 Abs 1 Satz 1 AÜG, wonach der illegale Entleiher auch Beitragsschuldner ist, und aus § 28 f Abs 2 SGB IV, wonach der prüfende Rentenversicherungsträger einen (nicht personalisierten) Summenbescheid erlassen kann, wenn der Arbeitgeber seine Aufzeichnungs- und Auskunftspflichten verletzt und hierdurch eine ordnungsgemäße personenbezogene Feststellung der Versicherungs- oder Beitragspflicht auch bei Ausschöpfung aller noch zugänglichen Erkenntnismöglichkeiten objektiv unmöglich gemacht hat, dass der Gesetzgeber bei einer illegalen Entleihung von Arbeitnehmern eine Durchbrechung des Gegenleistungs- und Äquivalenzprinzips in Kauf genommen hat. Der Grund hierfür liegt in der (nicht notwendig schuldhaften) Verletzung der Aufzeichnungs- und Auskunftspflichten des Arbeitgebers, der durch sein Verhalten selbst die ordnungsgemäße personenbezogene Feststellung der Versicherungs- oder Beitragspflicht objektiv unmöglich gemacht und damit selbst einen Beitrag zur Störung des Äquivalenzprinzips geleistet hat (vgl allg hierzu auch von Einem SGb 1987, 555). Dabei handelt es sich bei Beitragssummenbescheiden nach § 28 f Abs 2 SGB IV nicht um eine Sanktion für pflichtwidriges Verhalten des Arbeitgebers (vgl Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 28 f Rdnr 9, Stand März 2008). Die nicht personenbezogene Beitragsrechnung hat vielmehr die Wirkung einer "Sonderabgabe" zu Lasten derjenigen Arbeitgeber, die ihre Aufzeichnungspflichten verletzen (so zutreffend Werner in jurisPK-SGB IV, § 28 f Rdnr 41, Stand Januar 2007).
Die Regelung des § 28 f Abs 2 SGB IV ist auch verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl hierzu von Einem SGb 1987, 555, 557; Werner, aaO). Denn der Gesetzgeber hat den Erlass eines Beitragssummenbescheids an zahlreiche Bedingungen geknüpft. Der Erlass eines solchen Bescheids ist insoweit nicht zulässig, als ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand feststellbar ist, dass keine Beitragspflicht bestand oder Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden kann (§ 28 f Abs 2 Satz 2 SGB IV). Die prüfenden Rentenversicherungsträger müssen also vor Erlass eines Beitragssummenbescheids trotz Nichterfüllung der Aufzeichnungspflicht durch den Arbeitgeber nach den entsprechenden Grundsätzen der §§ 20, 21 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) Ermittlungen anstellen, soweit diese das Gebot der Verhältnismäßigkeit des Verwaltungshandelns nicht verletzen (vgl hierzu auch Sehnert in Hauck/Noftz, § 28 f SGB IV Rdnr 9, Stand November 2007). Darüber hinaus bestimmt § 28 f Abs 2 Satz 4 SGB IV, dass der prüfende Träger der Rentenversicherung einen aufgrund der Sätze 1, 3 und 4 der genannten Vorschrift ergangenen Bescheid insoweit zu widerrufen hat, als nachträglich Versicherungs- oder Beitragspflicht ohne Versicherungsfreiheit festgestellt und die Höhe des Arbeitsentgelts nachgewiesen werden. Die vom Arbeitgeber aufgrund dieses Bescheides geleisteten Zahlungen sind insoweit mit der Beitragsforderung zu verrechnen (§ 28 f Abs 2 Satz 5 SGB IV). Auch durch diese Regelung wird der Arbeitgeber geschützt, so dass der Senat keine verfassungsrechtliche Bedenken gegen die nichtpersonenbezogene Beitragsrechnung nach § 28 f Abs 2 Satz 1 SGB IV hat.
Im vorliegenden Fall durfte die Beklagte nach § 28 f Abs 2 SGB IV den Gesamtsozialversicherungsbeitrag in einem Summenbescheid geltend machen. Satz 2 des § 28 f Abs 2 SGB IV stand dem Erlass eines Summenbescheides nicht entgegen. Denn der Beklagten waren weder die Namen noch die Anschriften der beiden polnischen Arbeitnehmer bekannt. Weitere Ermittlungen musste die Beklagte nicht anstellen, nachdem die Klägerin auch auf Nachfrage des Hauptzollamtes L. weder den Namen noch die Adresse der beiden polnischen Arbeitnehmer benennen konnte. Dass die Klägerin die Namen der polnischen Arbeitnehmer im Berufungsverfahren mitgeteilt hat, ändert hieran nichts, zumal die Adressen weiterhin unbekannt sind. Auch war eine Aufteilung der Beiträge auf die einzelnen Arbeitnehmer nicht möglich, da entsprechende Lohnunterlagen von der Klägerin nicht vorgelegt werden konnten und eine Nachfrage bei der Firma HTG nicht erfolgsversprechend war, da diese lediglich eine Scheinfirma war. Auch eine Befragung der polnischen Arbeitnehmer scheidet aus, da deren Anschriften nicht mehr zu ermitteln sind. Es kann daher nicht festgestellt werden, welchen Arbeitnehmern Beiträge in welcher Höhe zuzuordnen sind. Es kann auch nicht mehr ermittelt werden, welche Arbeitsentgelte die polnischen Arbeitnehmer tatsächlich erhalten haben.
Die Klägerin hat auch gegen die aus § 28 a Abs 1, § 28 e Abs 1 SGB IV folgende Pflicht zur Meldung und Beitragszahlung verstoßen (vgl hierzu auch die besondere Aufzeichnungspflicht im Baugewerbe nach § 28 f Abs 1 a SGB IV). Sie kann sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, dass sie die zuständige Einzugsstelle nicht gekannt habe. Zum einen kommt es für die Feststellung der Verletzung der Aufzeichnungspflicht nicht auf ein Verschulden des Arbeitgebers an (BSG, Urteil vom 07. Februar 2002 - B 12 KR 12/01 R = SozR 3-2400 § 28 f Nr 3). Zum anderen hat die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass es der Klägerin zumutbar war, sich durch eine Anfrage bei einer Krankenkasse oder einem prüfenden Rentenversicherungsträger entsprechende Klarheit zu verschaffen. Selbst wenn die Klägerin die Beiträge an eine unzuständige Einzugsstelle entrichtet hätte, hätte dies - worauf die Beklagte zu Recht hinweist - im Rahmen einer Betriebsprüfung nicht zur Erhebung von Säumniszuschlägen sondern lediglich zu einer Umbuchung geführt.
Gegen die Höhe der Beitragsforderung und die diesbezügliche Berechnung wendet sich die Klägerin nicht mehr, nachdem die Beklagte bei der Berechnung nunmehr von einem Mindestlohn der Lohngruppe 1 des Tarifvertrags zur Regelung eines Mindestarbeitsentgeltes im Baugewerbe in Höhe von 10,36 EUR ausgeht (vgl zur zulässigen Heranziehung des gesetzlichen Mindestvergütungsanspruchs Mengel in Thüsing, Kommentar zum AÜG, 2. Aufl 2008, § 10 Rdnr 30). Etwaige Anhaltspunkte für Fehler bei der Berechnung der Beiträge sind im Übrigen nicht ersichtlich. Die Forderung ist auch nicht verjährt (§ 25 SGB IV).
Im Gegensatz zur Ansicht der Klägerin steht der Beklagten hinsichtlich der Nacherhebung der Sozialversicherungsbeiträge auch kein Ermessen zu. Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, die Beklagte habe die Nachforderung nach § 76 Abs 2 Nr 3 SGB IV zu erlassen, weil die Einziehung der Beiträge unbillig sei, verkennt sie, dass die Beklagte diesbezüglich keine Entscheidungskompetenz hat. Nach § 76 Abs 3 Satz 1 SGB IV trifft die Entscheidung nach Abs 2 der genannten Vorschrift allein die zuständige Einzugsstelle, im vorliegenden Fall die Beigeladene. Hierauf hat die Beklagte die Klägerin bereits mit Schreiben vom 28. September 2006 hingewiesen. Im Übrigen setzt die Regelung des § 76 Abs 2 SGB IV das Bestehen von Ansprüchen und damit die Feststellung ihrer Rechtmäßigkeit voraus. Über die Rechtsfolgen des § 76 Abs 2 SGB IV ist deshalb nur außerhalb der Prüfung der Rechtmäßigkeit von Beitragsbescheiden zu entscheiden (BSG, Urteil vom 21. Oktober 1999, B 11/10 R 8/98 R, SozR 3 - 4100 § 186 b Nr 1).
Schließlich hat die Beklagte auch zu Recht Säumniszuschläge nach § 24 SGB IV erhoben. Insbesondere scheidet die Erhebung von Säumniszuschlägen im vorliegenden Fall nicht nach § 24 Abs 2 SGB IV aus. Danach ist ein auf eine durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellte Beitragsforderung entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Das Verschulden beurteilt sich entsprechend § 276 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und umfasst damit neben Vorsatz auch die Fahrlässigkeit. Die Klägerin beruft sich im vorliegenden Fall auf einen Rechtsirrtum dahingehend, dass sie angenommen habe, dass die Firma HTG Sozialversicherungsbeiträge für die beiden polnischen Arbeitnehmer gezahlt und sie im Übrigen nicht gewusst habe, welche Einzugsstelle zuständig sei. An den Entlastungsbeweis sind bei Rechtsirrtümern jedoch strenge Anforderungen zu stellen. Der Schuldner hat sich sorgfältig über die Rechtslage zu informieren und ggf kundigen Rat einzuholen und im Zweifel eine Einzugsstelle einzuschalten (vgl Segebrecht in jurisPK-SGB IV, § 24 Rdnr 34, Stand März 2009). Die Klägerin hat sich weder die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung vorlegen lassen noch hat sie sich an eine Krankenkasse als Einzugsstelle oder an einen prüfenden Rentenversicherungsträger gewandt. Der Klägerin hätte sich insbesondere im Hinblick darauf, dass die beiden polnischen entliehenen Arbeitnehmer im Wesentlichen die gleichen Tätigkeiten in ihrem Betrieb ausgeführt haben wie die bei ihr festangestellten Arbeitnehmer die Notwendigkeit zumindest einer weiteren Abklärung aufdrängen müssen. Hinsichtlich der Unerheblichkeit des Einwandes der Klägerin, sie habe die zuständige Einzugsstelle nicht gekannt, wird auf die obigen Ausführungen des Senats verwiesen. Im Übrigen sind Berechnungsfehler bei der Festsetzung der Säumniszuschläge nicht erkennbar und auch von der Klägerin nicht geltend gemacht. Soweit die Klägerin auch hier den Erlass der Säumniszuschläge gemäß § 76 Abs 2 Nr 3 SGB IV begehrt, wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG, §§ 154 Abs 2 und 3, 162 Abs 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 Gerichtskostengesetz. Der Streitwert ist in Höhe der geforderten Gesamtsozialversicherungs-beiträge und Säumniszuschläge in Höhe von 7.075,31 EUR festzusetzen.
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