Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 24 AS 5866/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 5211/09 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 4. November 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag, dem Antragsteller für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. G. zu bewilligen, wird abgelehnt.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
Die Beschwerde ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), frist- und formgerecht eingelegt (§ 173 SGG) und damit zulässig.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht Stuttgart (SG) hat den Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung des Inhalts, den Antragsgegner zu verpflichten, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch -Grundsicherung für Arbeitssuchende- (SGB II) zu gewähren, zu Recht abgelehnt.
Prozessuale Grundlage des im vorläufigen Rechtsschutz verfolgten Anspruchs ist § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung [ZPO]) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus. Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorweg nehmenden Eilentscheidung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) ist dann gegeben, wenn es dem Antragsteller nicht zuzumuten ist, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, weil ansonsten schwere, schlechthin unzumutbare Nachteile entstehen (st. Rspr. des Senats, vgl. Beschluss vom 25. November 2005, Az.: L 13 AS 4106/05 ER-B). Ein Anordnungsanspruch ist gegeben, wenn ein materiell- rechtlicher Anspruch auf die begehrte Leistung glaubhaft, d.h. überwiegend wahrscheinlich, gemacht ist (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). In Anlegung dieser Maßstäbe hat der Antragsteller auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II setzt die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II u.a. voraus, dass der die Leistung Begehrende erwerbsfähig ist. Erwerbsfähig ist gemäß § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung aus absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Ausländer können im Sinne des Absatz 1 nur erwerbstätig sein, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte (§ 8 Abs. 2 SGB II). Von Leistungen nach dem SGB II sind (daneben) gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl. I 1970) u.a. Ausländer ausgenommen, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbständige noch auf Grund des § 2 Abs. 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts (Nr. 1) und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt (Nr. 2).
Die Leistungsberechtigung ausländischer Hilfebedürftiger wird hiernach durch die Qualität des Aufenthaltsrechts (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II) und die rechtliche Möglichkeit der Beschäftigungsaufnahme (§ 8 Abs. 2 SGB II) bestimmt.
Bereits letzteres, die rechtliche Möglichkeit einer Beschäftigungsaufnahme steht vorliegend einer Leistungsgewährung nach dem SGB II entgegen. Gemäß § 284 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch -Arbeitsförderung- (SGB III) in der Fassung des Gesetzes zur Anpassung von Rechtsvorschriften des Bundes infolge des Beitritts der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union vom 7. Dezember 2006 (BGBl. I 2814) dürfen Staatsangehörige der Staaten, die nach dem Vertrag vom 16. April 2003 über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union (BGBl. II 1408) der Europäischen Union beigetreten sind [MOE- Staaten], und deren freizügigkeitsberechtigte Familienangehörige eine Beschäftigung nur mit Genehmigung der Bundesagentur für Arbeit ausüben und von Arbeitgebern nur beschäftigt werden, wenn sie eine solche Genehmigung besitzen, soweit nach Maßgabe des EU-Beitrittsvertrages abweichende Regelungen als Übergangsregelungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit Anwendung finden. Die Genehmigung wird befristet als Arbeitserlaubnis- EU erteilt, wenn nicht Anspruch auf eine unbefristete Erteilung als Arbeitsberechtigung- EU besteht (§ 284 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Die Regelung beruht auf Art. 24 der Beitrittsakte 2003 (Abl. L 236 vom 23. September 2003, S.33) i.V.m. den entsprechenden Anhängen und den dortigen Freizügigkeitsbeschränkungen für die Angehörigen der MOE- Staaten. Mit ihr wird nicht die Freizügigkeit der Unionsbürger oder die Arbeitnehmerfreizügigkeit schlechthin ausgenommen. Lediglich die Geltung der Art. 1 bis 6, 11 der VO (EWG) Nr. 1612/68 werden vorläufig und aktuell nach dem "2+3+2 Modell" ausgeschlossen (Schreiber, Der Arbeitslosengeld II- Anspruch von Unionsbürgern und Drittstaatsangehörigen, in info also 2008, 3 ff, 5). Als slowakischer Staatsangehöriger bedarf der Antragsteller hiernach für die Aufnahme einer Beschäftigung der Genehmigung der Bundesagentur für Arbeit. Eine solche Genehmigung ist dem Antragsteller zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats nicht erteilt. Die Bundesagentur für Arbeit hat einen Antrag des Antragstellers mit Bescheid vom 19. August 2009 (Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2009) abgelehnt. Ein (gerichtliches) Verfahren auf Erteilung einer Arbeitsgenehmigung ist vor dem SG unter dem Az.: S 7 AL 7356/09, anhängig. Eine Entscheidung hierüber steht indes noch aus.
Auch ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass sich der Antragsteller erfolgreich auf die 2. Alternative des § 8 Abs. 2 SGB II die, dass eine Beschäftigung erlaubt werden könnte, berufen kann. Um die Fiktion des § 8 Abs. 2 2. Alt SGB II auszulösen, reicht einzig die in § 284 Abs. 3 SGB III, § 39 Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) eingeräumte generelle Möglichkeit der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis nicht aus (Landessozialgericht [LSG] Baden- Württemberg, Beschluss vom Beschluss vom 23. Juli 2008, Az.: L 7 AS 3031/08 ER-B; Beschluss vom 6. Mai 2009, Az.: L 1 AS 1259/09 ER-B; LSG Rheinland- Pfalz, Beschluss vom 17. Oktober 2006, Az.: L 3 ER 175/06 AS). Vielmehr muss die konkrete realistische Aussicht auf die Erteilung einer Arbeitsgenehmigung bestehen. Diese Auslegung gründet insb. in den Gesetzgebungsmaterialien, denen zu entnehmen ist, dass die Prüfung der Genehmigungsfähigkeit am Maßstab des Arbeitsgenehmigungsrechts vorzunehmen ist (BT- Drs. 15/1516, S.52). Eine hiernach erforderliche konkrete Aussicht auf die Erteilung einer Arbeitsgenehmigung ist jedoch nicht glaubhaft gemacht. Eine Arbeitsgenehmigung- EU kann gemäß § 284 Abs. 3 SGB III nach Maßgabe des § 39 Abs. 2 bis 4 und Abs. 6 des AufenthG erteilt werden. Nach § 39 Abs. 2 AufenthG kann die Bundesagentur für Arbeit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung nach § 18 [AufenthG] u.a. zustimmen, wenn sich durch die Beschäftigung von Ausländern nachteilige Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, insb. hinsichtlich der Beschäftigungsstruktur, der Regionen und der Wirtschaftszweige, nicht ergeben (§ 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a AufenthG) und für die Beschäftigung deutsche Arbeitnehmer sowie Ausländer, die diesen hinsichtlich der Arbeitsaufnahme rechtlich gleichgestellt sind oder andere Ausländer, die nach dem Recht der Europäischen Union einen Anspruch auf vorrangigen Zugang zum Arbeitsmarkt haben, nicht zur Verfügung stehen (§ 39 Abs. 2 S.1 Nr. 1 b AufenthG). Bei Unionsbürgern, die in ihrer Arbeitnehmerfreizügigkeit beschränkt sind, ist hiernach eine Arbeitsmarktprüfung vorzunehmen (LSG Rheinland- Pfalz, Beschluss vom 17. Oktober 2006, Az.: L 3 ER 175/06 AS). Hierbei ist nach der Stellungnahme der Agentur für Arbeit Stuttgart vom 4. Dezember 2009 ohne weiteres davon auszugehen, dass in erheblichem Umfang bevorrechtigte Arbeitnehmer zur Verfügung stehen und hiernach keine realistischen Aussichten auf Erteilung einer Arbeitsgenehmigung- EU bestehen.
§ 39 Abs. 6 AufenthG, der ebenfalls Regelungen für Angehörige der MOE- Staaten trifft, normiert Anforderungen für Beschäftigungen, die eine qualifizierte Berufsausbildung voraussetzen. § 25 der Beschäftigungsverordnung vom 22. November 2004 (BGBl. I 2937) definiert die qualifizierte Beschäftigung als eine Tätigkeit, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung voraussetzt. Diese Vorschrift greift vorliegend nicht ein, da nicht ersichtlich ist, dass der Antragsteller eine qualifizierte Berufsausbildung besitzt und sich in der Bundesrepublik Deutschland um eine Stelle bemüht haben, die eine entsprechende Ausbildung erfordert.
Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Arbeitsberechtigung-EU nach § 284 Abs. 5 SGB III i.V.m. § 12a Abs. 1 Satz 1 der Arbeitsgenehmigungsverordnung (ArbGV). Hiernach wird Staatsangehörigen derjenigen Staaten, die nach dem EU- Beitrittsvertrag vom 16. April 2003 der Europäischen Union beigetreten sind, sofern sie am 1. Mai 2004 oder später für einen ununterbrochenen Zeitraum von mindestens zwölf Monaten im Bundesgebiet zum Arbeitsmarkt zugelassen waren, abweichend von § 286 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des SGB III eine Arbeitsberechtigung erteilt. Da jedoch nicht ersichtlich ist, dass der Antragsteller in einem ununterbrochenen Zeitraum von mindestens zwölf Monate im Bundesgebiet zum Arbeitsmarkt zugelassen war, d.h. im Besitz einer wirksamen Arbeitserlaubnis oder einer Arbeitserlaubnis- EU gewesen ist (vgl. Düe in Niesel, SGB III, 4. Aufl. § 284, RdNr. 44) kann auch unter Heranziehung von § 12a Abs.1 Satz 1 ArbGV eine Arbeitsberechtigung nicht erteilt werden.
Der Umstand, dass dem Antragsteller eine Freizügigkeitsbescheinigung nach § 5 FreizügG/EU ausgestellt worden ist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Dies wird bereits dadurch deutlich, dass die dem Antragsteller erteilte Bescheinigung die Einschränkung beinhaltet, dass die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit einer Arbeitserlaubnis- oder Arbeitsberechtigung- EU bedarf. Ob sich der Antragsteller tatsächlich, wie vorgebracht, ständig in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten hat, er deswegen gemäß § 2 Abs. 5 FreizügG/EU ein Daueraufenthaltsrecht genießt, welches wiederum den Ausschluss des § 7 Abs. 1 S.2 SGB II zeitlich begrenzt (Hackethal in jurisPK, Stand 2007, § 7, RdNr. 30), vermag über die fehlende Erwerbsfähigkeit des Antragstellers nicht hinwegzuhelfen. Ob und in welchen Zeiträumen sich der Antragsteller ständig in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten hat, ist hiernach nicht entscheidungserheblich.
Nachdem hiernach ein Anordnungsanspruch bereits in Ermangelung der Glaubhaftmachung einer Berechtigung zum Bezug von SGB II- Leistungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 8 Abs. 2 SGB II nicht besteht, kann der Senat die Frage eines etwaigen Ausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II offen lassen.
Der Senat hat von einer Beiladung des Sozialhilfeträgers abgesehen (vgl. LSG Baden- Württemberg, Beschluss vom 6. Mai 2009, Az.: L 1 AS 1259/09 ER-B; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.03.2007, Az.: L 19 B 21/07 AS ER).
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Da die Beschwerde entsprechend der obigen Ausführungen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. G. gemäß § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung abzulehnen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag, dem Antragsteller für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. G. zu bewilligen, wird abgelehnt.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
Die Beschwerde ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), frist- und formgerecht eingelegt (§ 173 SGG) und damit zulässig.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht Stuttgart (SG) hat den Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung des Inhalts, den Antragsgegner zu verpflichten, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch -Grundsicherung für Arbeitssuchende- (SGB II) zu gewähren, zu Recht abgelehnt.
Prozessuale Grundlage des im vorläufigen Rechtsschutz verfolgten Anspruchs ist § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung [ZPO]) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus. Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorweg nehmenden Eilentscheidung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) ist dann gegeben, wenn es dem Antragsteller nicht zuzumuten ist, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, weil ansonsten schwere, schlechthin unzumutbare Nachteile entstehen (st. Rspr. des Senats, vgl. Beschluss vom 25. November 2005, Az.: L 13 AS 4106/05 ER-B). Ein Anordnungsanspruch ist gegeben, wenn ein materiell- rechtlicher Anspruch auf die begehrte Leistung glaubhaft, d.h. überwiegend wahrscheinlich, gemacht ist (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). In Anlegung dieser Maßstäbe hat der Antragsteller auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II setzt die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II u.a. voraus, dass der die Leistung Begehrende erwerbsfähig ist. Erwerbsfähig ist gemäß § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung aus absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Ausländer können im Sinne des Absatz 1 nur erwerbstätig sein, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte (§ 8 Abs. 2 SGB II). Von Leistungen nach dem SGB II sind (daneben) gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl. I 1970) u.a. Ausländer ausgenommen, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbständige noch auf Grund des § 2 Abs. 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts (Nr. 1) und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt (Nr. 2).
Die Leistungsberechtigung ausländischer Hilfebedürftiger wird hiernach durch die Qualität des Aufenthaltsrechts (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II) und die rechtliche Möglichkeit der Beschäftigungsaufnahme (§ 8 Abs. 2 SGB II) bestimmt.
Bereits letzteres, die rechtliche Möglichkeit einer Beschäftigungsaufnahme steht vorliegend einer Leistungsgewährung nach dem SGB II entgegen. Gemäß § 284 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch -Arbeitsförderung- (SGB III) in der Fassung des Gesetzes zur Anpassung von Rechtsvorschriften des Bundes infolge des Beitritts der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union vom 7. Dezember 2006 (BGBl. I 2814) dürfen Staatsangehörige der Staaten, die nach dem Vertrag vom 16. April 2003 über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union (BGBl. II 1408) der Europäischen Union beigetreten sind [MOE- Staaten], und deren freizügigkeitsberechtigte Familienangehörige eine Beschäftigung nur mit Genehmigung der Bundesagentur für Arbeit ausüben und von Arbeitgebern nur beschäftigt werden, wenn sie eine solche Genehmigung besitzen, soweit nach Maßgabe des EU-Beitrittsvertrages abweichende Regelungen als Übergangsregelungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit Anwendung finden. Die Genehmigung wird befristet als Arbeitserlaubnis- EU erteilt, wenn nicht Anspruch auf eine unbefristete Erteilung als Arbeitsberechtigung- EU besteht (§ 284 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Die Regelung beruht auf Art. 24 der Beitrittsakte 2003 (Abl. L 236 vom 23. September 2003, S.33) i.V.m. den entsprechenden Anhängen und den dortigen Freizügigkeitsbeschränkungen für die Angehörigen der MOE- Staaten. Mit ihr wird nicht die Freizügigkeit der Unionsbürger oder die Arbeitnehmerfreizügigkeit schlechthin ausgenommen. Lediglich die Geltung der Art. 1 bis 6, 11 der VO (EWG) Nr. 1612/68 werden vorläufig und aktuell nach dem "2+3+2 Modell" ausgeschlossen (Schreiber, Der Arbeitslosengeld II- Anspruch von Unionsbürgern und Drittstaatsangehörigen, in info also 2008, 3 ff, 5). Als slowakischer Staatsangehöriger bedarf der Antragsteller hiernach für die Aufnahme einer Beschäftigung der Genehmigung der Bundesagentur für Arbeit. Eine solche Genehmigung ist dem Antragsteller zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats nicht erteilt. Die Bundesagentur für Arbeit hat einen Antrag des Antragstellers mit Bescheid vom 19. August 2009 (Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2009) abgelehnt. Ein (gerichtliches) Verfahren auf Erteilung einer Arbeitsgenehmigung ist vor dem SG unter dem Az.: S 7 AL 7356/09, anhängig. Eine Entscheidung hierüber steht indes noch aus.
Auch ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass sich der Antragsteller erfolgreich auf die 2. Alternative des § 8 Abs. 2 SGB II die, dass eine Beschäftigung erlaubt werden könnte, berufen kann. Um die Fiktion des § 8 Abs. 2 2. Alt SGB II auszulösen, reicht einzig die in § 284 Abs. 3 SGB III, § 39 Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) eingeräumte generelle Möglichkeit der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis nicht aus (Landessozialgericht [LSG] Baden- Württemberg, Beschluss vom Beschluss vom 23. Juli 2008, Az.: L 7 AS 3031/08 ER-B; Beschluss vom 6. Mai 2009, Az.: L 1 AS 1259/09 ER-B; LSG Rheinland- Pfalz, Beschluss vom 17. Oktober 2006, Az.: L 3 ER 175/06 AS). Vielmehr muss die konkrete realistische Aussicht auf die Erteilung einer Arbeitsgenehmigung bestehen. Diese Auslegung gründet insb. in den Gesetzgebungsmaterialien, denen zu entnehmen ist, dass die Prüfung der Genehmigungsfähigkeit am Maßstab des Arbeitsgenehmigungsrechts vorzunehmen ist (BT- Drs. 15/1516, S.52). Eine hiernach erforderliche konkrete Aussicht auf die Erteilung einer Arbeitsgenehmigung ist jedoch nicht glaubhaft gemacht. Eine Arbeitsgenehmigung- EU kann gemäß § 284 Abs. 3 SGB III nach Maßgabe des § 39 Abs. 2 bis 4 und Abs. 6 des AufenthG erteilt werden. Nach § 39 Abs. 2 AufenthG kann die Bundesagentur für Arbeit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung nach § 18 [AufenthG] u.a. zustimmen, wenn sich durch die Beschäftigung von Ausländern nachteilige Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, insb. hinsichtlich der Beschäftigungsstruktur, der Regionen und der Wirtschaftszweige, nicht ergeben (§ 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a AufenthG) und für die Beschäftigung deutsche Arbeitnehmer sowie Ausländer, die diesen hinsichtlich der Arbeitsaufnahme rechtlich gleichgestellt sind oder andere Ausländer, die nach dem Recht der Europäischen Union einen Anspruch auf vorrangigen Zugang zum Arbeitsmarkt haben, nicht zur Verfügung stehen (§ 39 Abs. 2 S.1 Nr. 1 b AufenthG). Bei Unionsbürgern, die in ihrer Arbeitnehmerfreizügigkeit beschränkt sind, ist hiernach eine Arbeitsmarktprüfung vorzunehmen (LSG Rheinland- Pfalz, Beschluss vom 17. Oktober 2006, Az.: L 3 ER 175/06 AS). Hierbei ist nach der Stellungnahme der Agentur für Arbeit Stuttgart vom 4. Dezember 2009 ohne weiteres davon auszugehen, dass in erheblichem Umfang bevorrechtigte Arbeitnehmer zur Verfügung stehen und hiernach keine realistischen Aussichten auf Erteilung einer Arbeitsgenehmigung- EU bestehen.
§ 39 Abs. 6 AufenthG, der ebenfalls Regelungen für Angehörige der MOE- Staaten trifft, normiert Anforderungen für Beschäftigungen, die eine qualifizierte Berufsausbildung voraussetzen. § 25 der Beschäftigungsverordnung vom 22. November 2004 (BGBl. I 2937) definiert die qualifizierte Beschäftigung als eine Tätigkeit, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung voraussetzt. Diese Vorschrift greift vorliegend nicht ein, da nicht ersichtlich ist, dass der Antragsteller eine qualifizierte Berufsausbildung besitzt und sich in der Bundesrepublik Deutschland um eine Stelle bemüht haben, die eine entsprechende Ausbildung erfordert.
Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Arbeitsberechtigung-EU nach § 284 Abs. 5 SGB III i.V.m. § 12a Abs. 1 Satz 1 der Arbeitsgenehmigungsverordnung (ArbGV). Hiernach wird Staatsangehörigen derjenigen Staaten, die nach dem EU- Beitrittsvertrag vom 16. April 2003 der Europäischen Union beigetreten sind, sofern sie am 1. Mai 2004 oder später für einen ununterbrochenen Zeitraum von mindestens zwölf Monaten im Bundesgebiet zum Arbeitsmarkt zugelassen waren, abweichend von § 286 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des SGB III eine Arbeitsberechtigung erteilt. Da jedoch nicht ersichtlich ist, dass der Antragsteller in einem ununterbrochenen Zeitraum von mindestens zwölf Monate im Bundesgebiet zum Arbeitsmarkt zugelassen war, d.h. im Besitz einer wirksamen Arbeitserlaubnis oder einer Arbeitserlaubnis- EU gewesen ist (vgl. Düe in Niesel, SGB III, 4. Aufl. § 284, RdNr. 44) kann auch unter Heranziehung von § 12a Abs.1 Satz 1 ArbGV eine Arbeitsberechtigung nicht erteilt werden.
Der Umstand, dass dem Antragsteller eine Freizügigkeitsbescheinigung nach § 5 FreizügG/EU ausgestellt worden ist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Dies wird bereits dadurch deutlich, dass die dem Antragsteller erteilte Bescheinigung die Einschränkung beinhaltet, dass die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit einer Arbeitserlaubnis- oder Arbeitsberechtigung- EU bedarf. Ob sich der Antragsteller tatsächlich, wie vorgebracht, ständig in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten hat, er deswegen gemäß § 2 Abs. 5 FreizügG/EU ein Daueraufenthaltsrecht genießt, welches wiederum den Ausschluss des § 7 Abs. 1 S.2 SGB II zeitlich begrenzt (Hackethal in jurisPK, Stand 2007, § 7, RdNr. 30), vermag über die fehlende Erwerbsfähigkeit des Antragstellers nicht hinwegzuhelfen. Ob und in welchen Zeiträumen sich der Antragsteller ständig in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten hat, ist hiernach nicht entscheidungserheblich.
Nachdem hiernach ein Anordnungsanspruch bereits in Ermangelung der Glaubhaftmachung einer Berechtigung zum Bezug von SGB II- Leistungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 8 Abs. 2 SGB II nicht besteht, kann der Senat die Frage eines etwaigen Ausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II offen lassen.
Der Senat hat von einer Beiladung des Sozialhilfeträgers abgesehen (vgl. LSG Baden- Württemberg, Beschluss vom 6. Mai 2009, Az.: L 1 AS 1259/09 ER-B; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.03.2007, Az.: L 19 B 21/07 AS ER).
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Da die Beschwerde entsprechend der obigen Ausführungen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. G. gemäß § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung abzulehnen.
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