L 8 SB 3588/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SB 3735/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 3588/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 21. April 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleiches Rundfunkgebührenbefreiung und Sozialtarif für Telefonanschlüsse (Merkzeichen) "RF" streitig.

Bei dem Kläger stellte das Landesversorgungsamt Baden-Württemberg zuletzt mit Widerspruchsbescheid vom 11.05.1999 den Grad der Behinderung (GdB) mit 90 sowie die Merkzeichen "G" und "B" fest. Mit Bescheid vom 22.07.2002 stellte das Versorgungsamt Rottweil außerdem - in Ausführung eines Anerkenntnisses im Berufungsverfahren - beim Kläger das Merkzeichen "aG" fest.

Am 01.02.2007 beantragte der Kläger beim zwischenzeitlich zuständigen Landratsamt Reutlingen - Versorgungsamt - (VA) die Feststellung des Merkzeichens "RF" und machte eine neue Behinderung (Oberschenkelhalsbruch) geltend. Das VA zog medizinische Unterlagen bei (Berichte der K. Sch. vom 09.09.2005, der F. H. vom 03.02.2006, der K. R. vom 13.01.2006 sowie der K. St. R. vom 09.09.2006; Diagnosen: Spastische Hemiparese links, cerebrale Mikroangiographie, primär insulinabhängiger Diabetes mellitus Typ-I, arterielle Hypertonie, Polyneuropathie, Dupuytren D4 rechts, pertrochontäre Femurfraktur links, Knieschmerzen links und koronare Herzkrankheit). Nach versorgungsärztlicher Auswertung dieser Unterlagen (Stellungnahme Dr. F. vom 14.05.2007) stellte das VA beim Kläger mit Bescheid vom 15.05.2007 wegen Schlaganfallfolgen, Halbseitenlähmung links und Gebrauchseinschränkung des linken Beines (Teil-GdB 80) sowie einem Diabetes mellitus (Teil-GdB 30) den GdB mit 100 seit dem 01.02.2007 neu sowie die Merkzeichen "G", "B" und "aG" weiterhin fest. Das Merkzeichen "RF" wurden dagegen nicht festgestellt.

Gegen den Bescheid vom 15.05.2007 legte der Kläger am 13.06.2007 Widerspruch ein, mit dem er sich gegen die Ablehnung des Merkzeichens "RF" wandte. Nach Einholung der gutachtlichen Stellungnahme des Versorgungsarztes Dr. A.-F. vom 30.07.2007 wurde der Widerspruch des Klägers vom Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.2007 zurückgewiesen.

Hiergegen erhob der Kläger am 25.09.2007 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG). Er führte zur Begründung aus, er sei an den Rollstuhl gebunden und lebe in einer betreuten Wohnung. Aufgrund seiner Leiden könne er an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen. Seine Gesundheitsstörungen seinen so gravierend, dass er sich nur noch in dem Altenheim bewegen könne, jedoch nicht mehr außer Haus. Die Mitteilungen im Bericht der K. St. R. seien unangebracht sehr optimistisch. Es sei von gravierenden Einschränkungen seiner Mobilität auszugehen, weshalb er wegen seines Leidens ständig an öffentlichen Veranstaltungen jeder Art nicht teilnehmen könne. Die Ansicht des Beklagten sei nicht nachvollziehbar und verfehlt. Da er ständig an die Wohnung gebunden sei, sei nach der Rechtsprechung des BSG zwingend davon auszugehen, dass bei ihm die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens "RF" erfüllt seien. Der Kläger berief sich auf die Stellungnahmen des Dr. M ... Dr. M. sei zur Erläuterung seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen zu laden, was er beantragt werde.

Das SG hörte den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. M. schriftlich als sachverständigen Zeugen. Dr. M. teilte in seiner Stellungnahme vom 13.12.2007 den Behandlungsverlauf und die Diagnosen mit. Er vertrat die Auffassung, dass der Kläger aufgrund der Behinderungen schwer eingeschränkt sei, an öffentlichen Veranstaltungen aller Art teilzunehmen, zumal besondere Schwierigkeiten bestünden, wenn der Kläger das Insulin vor dem Essen spritzen oder mitnehmen müsse sowie wenn der Toilettengang anstehe, was sehr schnell sein könne, und der Kläger die entsprechenden Orte nur mit Schwierigkeiten aufsuchen könne. Deshalb sei der Kläger mehr oder weniger auf seine kleine betreute Wohnung des Altenheims beschränkt. Der Kläger könne nur noch kleine Unternehmungen in seinem Umfeld wahrnehmen. Weitere Möglichkeiten seien beschränkt. Auf Nachfrage des SG teilte Dr. M. mit Stellungnahme vom 22.08.2008 weiter mit, der Kläger sei nicht fähig, alleine zu gehen, komme jedoch in seiner Zweizimmerwohnung mit seinem Rollstuhl gut zurecht. Es bestehe die Möglichkeit, nach draußen zu kommen. So könne der Kläger z.B. in das nebenliegende Altenheim zum Mittagessen oder zum betreuten Wohnen fahren. Weiter bestehe die Möglichkeit, dass der Kläger mit seinem elektrischen Rollstuhl einen Ausflug in den Ort unternehmen könne. Die Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen werde meist durch nicht behindertengerechte Toiletten erschwert. Da dem Kläger ein aufrechter Gang nicht möglich sei, schränke dies den Kläger erheblich an der Teilnahme von solchen Veranstaltungen ein. Eine Besserung des Gesundheitszustandes des Klägers sei nicht eingetreten.

Der Beklagte trat der Klage unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. K. vom 08.05.2008 entgegen.

Mit Urteil vom 21.04.2009 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung seiner Entscheidung aus, beim Kläger sei zwar ein GdB von 100 festgestellt. Er sei jedoch nicht ständig gehindert, an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen. Er könne trotz seiner Behinderung mithilfe eines Rollstuhls in zumutbarer Weise öffentliche Veranstaltungen besuchen. Der Kläger sei nicht an seine Wohnung gebunden. Dies ergebe sich aus den Bekundungen des Dr. M ... Dr. M. beschreibe als Erschwernis beim Besuch öffentlicher Veranstaltungen im Wesentlichen den Toilettengang und das häufige Fehlen von behindertengerechten Toiletten. Dies begründe nicht die Voraussetzungen des Merkzeichens "RF". Dem Antrag, Dr. M. in die mündliche Verhandlung zu laden, sei nicht zu folgen gewesen.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Empfangsbekenntnis am 10.07.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.08.2009 Berufung eingelegt. Er hat sich auf die Stellungnahmen des Dr. M. berufen. Der Kläger hat zur Begründung ausgeführt, das Urteil des SG bedürfe der Korrektur. Das SG habe es wegen bestehender Zweifel hinsichtlich der schriftlichen Aussagen des Dr. M. nicht damit bewenden lassen dürften, seine Entscheidung ausschließlich auf der Grundlage der Aussagen des Zeugen zu treffen und dabei seine eigene Auslegung zugrunde zu legen. Aus den von Dr. M. verwendeten Formulierungen sei - entgegen der Ansicht des SG - herauszulesen, dass der Besuch von öffentlichen Veranstaltungen jeder Art durch ihn behinderungsbedingt als unmöglich anzusehen sei. Er könne sich außerhalb seiner Wohnung nur im Rollstuhl fortbewegen. Hieraus zu schließen, dass damit automatisch die ständige Teilnahme an öffentlichen Veranstaltung möglich sei, sei ein Fehlschluss. Gerade der Umstand, dass regelmäßig keine behindertengerechte Toiletten bei öffentlichen Veranstaltungen vorhanden seien und ihm kein aufrechter Gang möglich sei, bedeute, dass er in zumutbar Weise weder mit einer Begleitperson noch unter Zuhilfenahme des Rollstuhls die Wohnung zur Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen verlassen könne. Die Angaben des Dr. M., dass er einen kleinen Ausflug in den Ort unternehmen könne, stehe dem nicht entgegen. Die Angaben des Dr. M. belegten, dass bei ihm, dem Kläger, von so gravierenden Einschränkungen der Mobilität auszugehen sei, dass er deshalb wegen seines Leidens ständig an öffentlichen Veranstaltungen jeder Art nicht teilnehmen könne. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei ihm auch nicht mit technischen Hilfsmitteln und mithilfe einer Begleitperson eine Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen in einem nennenswerten Umfang in zumutbarer Weise möglich. Die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens "RF" seien bei ihm erfüllt. Dass der Beklagte die dargestellten Widersprüche und Unklarheiten in Abrede stelle, sei nicht nachvollziehbar. Dr. M. sei in der mündlichen Verhandlung persönlich anzuhören.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgericht Reutlingen vom 21. April 2009 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 15. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. September 2007 zu verurteilen, bei ihm das Vorliegen der gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleiches (Merkzeichens) "RF" seit dem 1. Februar 2007 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Das SG habe den medizinischen Sachverhalt umfassend und ausreichend aufgeklärt sowie zutreffend gewürdigt. Aus der Berufungsschrift ergäben sich keine Gesichtspunkte, die eine abweichende Beurteilung begründen könnten.

Der Senat hat Dr. M. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dr. M. hat in seiner Stellungnahme vom 23. November 2009 unter Vorlage des Entlassungsberichtes der K. St. R. vom 10.09.2008 über den Behandlungsverlauf und den Gesundheitszustand des Klägers berichtete. Außerdem hat Dr. M. mitgeteilt, der Kläger könne nur noch beschränkt am öffentlichen Leben teilnehmen. In der auf Anregung des Klägers vom Berichterstatter außerdem eingeholten ergänzende Stellungnahme des Dr. M. vom 05.02.2010 dazu, ob der Kläger wegen seiner Leiden ständig (allgemein und umfassend) vom Besuch öffentlicher Veranstaltungen ausgeschlossen sei, wenn ja, aus welchen Gründen, hat Dr. M. mitgeteilt, dass der Kläger durch seinen Schlaganfall dauergelähmt sei und er deutliche Sprachstörungen habe. Da der Kläger auf seinen Rollstuhl angewiesen sei, könne er, besonders, wenn der Kläger die Toilette aufsuchen müsse, sich schwer in öffentlichen Gebäuden und in der Gesellschaft bewegen, zumal nicht alle Veranstaltungen in behinderndengerechten Räumen stattfänden. Aufgrund der deutlichen Isolation des Klägers sei er mit seiner Lage unzufrieden. Gleichzeitig bestehe ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus, der präbrandiale Blutzuckermessungen und entsprechende Insulininjektionen notwendig mache. Der Kläger hat hierzu ergänzend dahin Stellung genommen, dass die Stellungnahme des Dr. M. seine Ansicht bestätige.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung des Merkzeichens "RF". Trotz der vor allem durch den Schlaganfall verursachten schweren Funktionsbeeinträchtigungen liegen beim Kläger die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "RF" nicht vor.

Nach § 69 Abs. 1 des am 01.07.2002 in Kraft getretenen Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX), das dem bis dahin geltenden § 4 Abs. 1 Schwerbehindertengesetz (SchwbG) entspricht, stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Sind neben dem Vorliegen der Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, so treffen die für die Durchführung des BVG zuständigen Behörden die erforderlichen Feststellungen (§ 69 Abs. 4 SGB IX).

Für den in Baden-Württemberg wohnhaften Kläger ist seit 01.04.2005 Art 5 § 6 Absatz 1 Nr. 8 des Achten Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 8. bis 15.10.2004 i.d.F. des Baden-Württembergischen Gesetzes vom 17.3.2005 (GBl. 2005, 189) heranzuziehen. Danach werden u.a. behinderte Menschen, deren GdB nicht nur vorübergehend wenigstens 80 beträgt und die wegen ihres Leidens an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen können, von der Rundfunkgebührenpflicht befreit. Ein sonstiger Gebührenbefreiungstatbestand scheidet beim Kläger aus.

Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger nicht vor. Es ist zwar ein GdB von 100 festgestellt; der Kläger ist jedoch nicht ständig gehindert, an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen.

Unter öffentlichen Veranstaltungen in diesem Sinne sind alle Zusammenkünfte politischer, künstlerischer, wissenschaftlicher, kirchlicher, sportlicher, unterhaltender und wirtschaftlicher Art zu verstehen (BSG, Urt. v. 10.08.1993 -9/9a RVs 7/91 -, SozR 3-3870 § 48 Nr. 2; Urteil vom 12.02.1997 - 9 RVs 2/96 -, SozR 3-3780 § 4 Nr. 7). Die Unmöglichkeit der Teilnahme an solchen Veranstaltungen ist nur dann gegeben, wenn der Schwerbehinderte wegen seines Leidens ständig, d.h. allgemein und umfassend, vom Besuch ausgeschlossen ist, also allenfalls an einem nicht nennenswerten Teil der Gesamtheit solcher Veranstaltungen teilnehmen kann. Bei der vom BSG vertretenen Auslegung muss der behinderte Mensch praktisch an das Haus gebunden sein, um seinen Ausschluss an öffentlichen Veranstaltungen begründen zu können (LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 12.11.2003 - L 10 SB 113/02 -). Das BSG hält es zunehmend für zweifelhaft, ob durch den Nachteilsausgleich RF tatsächlich ein behinderungsbedingter Mehraufwand ausgeglichen wird, und ob es sozial geboten erscheint, bestimmten finanziell nicht bedürftigen Personengruppen die Benutzung solcher gewöhnlichen Geräte zu finanzieren. Diese Frage - so das BSG - bedürfe keiner abschließenden Klärung, verdeutliche aber, dass an einer engen Auslegung für das Merkzeichen RF festgehalten werde (BSG, Urteil vom 10.08.1993 - 9/9a RVs 7/91 - a.a.O.).

Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger trotz der bei ihm vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen zumindest mithilfe technischer Hilfsmittel (Rollstuhl) und einer Begleitperson in zumutbarer Weise öffentliche Veranstaltungen aufsuchen kann. Daher können die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "RF" nicht festgestellt werden. Der Senat nimmt zur Begründung seiner eigenen Entscheidung auf die zutreffenden Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug, die er nach eigener Überprüfung teilt und auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen verweist (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsverfahrens des Klägers bleibt auszuführen:

Nach den im erst- und zweitinstanzlichen Verfahren eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen des Dr. M., zuletzt vom 05.02.2010, ist dem Kläger die Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen deswegen erschwert, weil er nach einem Schlaganfall auf einen Rollstuhl angewiesen ist, deutliche Sprachstörungen hat, der Kläger an einem - gut eingestellten - insulinpflichtigen Diabetes mellitus leidet, der es notwendig macht, dass der Kläger präbrandiale Blutzuckermessungen vornimmt, sich vor dem Essen spritzt oder dass er Spritzen mitnimmt, sowie, dass der Kläger auf behindertengerecht eingerichtete Räume, insbesondere Toiletten angewiesen ist. Soweit Dr. M. deshalb den Kläger ständig, d.h. allgemein und umfassend, vom Besuch öffentlicher Veranstaltungen ausgeschlossen erachtet, worauf die Beantwortung der ihm mit Gerichtsschreiben vom 22.01.2010 gestellten Fragen hindeutet, kann dem nicht gefolgt werden. Dem Kläger ist vielmehr - entgegen seiner Ansicht - auch nach der Überzeugung des Senats zumutbar, öffentliche Veranstaltungen unter Verwendung eines Rollstuhls und mit Hilfe einer Begleitperson zu besuchen. Eine Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen durch Rollstuhlfahrer mit und ohne Begleitpersonen wird heute als normal empfunden. Für diesen Personenkreis sind in den meisten Fällen auch entsprechende Vorkehrungen geschaffen wie z.B. Rampen, verbreiterte Türen, geeignete Toiletten (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17.11.2004 - L 10 SB 17/03 -, veröffentlicht in juris). Hierbei ist nach dem oben ausgeführten unerheblich, dass bestimmte Veranstaltungen für Rollstuhlfahrer nicht geeignet sein mögen und dass nicht alle Veranstaltung an Orten stattfinden, die behindertengerecht eingerichtet sind. Denn die anspruchsberechtigten, behinderten Menschen müssen allgemein von öffentlichen Zusammenkünften ausgeschlossen sein. Es genügt nicht, dass die Teilnahme an einzelnen, nur gelegentlich stattfindenden Veranstaltungen - bestimmter Art - nicht möglich ist. Entsprechendes gilt wegen des Diabetes mellitus des Klägers (notwendigen Blutzuckermessungen und Insulininjektionen), zumal der Diabetes mellitus gut eingestellt ist, wie Dr. M. wiederholt mitgeteilt hat.

Dass beim Kläger sonst Behinderungen vorliegen, die ihn ständig und allgemein am Besuch öffentlicher Veranstaltungen hindern, lässt sich den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen nicht entnehmen. Insbesondere liegen nach dem von Dr. M. vorgelegten Entlassungsbericht der K. St. R. vom 14.09.2008 beim Kläger keine sonstigen Gesundheitsstörungen vor, die die Zuerkennung des Merkzeichens "RF" rechtfertigen.

Anlass, Dr. M. persönlich anzuhören, besteht nicht. Der medizinische Sachverhalt ist durch die schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen des Dr. M. und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen/Berichte geklärt. Die Entscheidung, ob die beim Kläger bestehenden Behinderungen die Zuerkennung des Merkzeichens "RF" rechtfertigen, fällt nicht in die medizinische Kompetenz des Dr. M., sondern ist der rechtlichen Bewertung durch das Gericht vorbehalten. Auch sonst besteht kein Anlass, den medizinischen Sachverhalt von Amts wegen weiter aufzuklären.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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