L 4 KR 95/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 930/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 95/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass sie vom 03. Januar 1994 bis 31. Dezember 2003 bei der Beigeladenen zu 3) nicht gesamtsozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei.

Die am 1963 geborene Klägerin ist gelernte Bürokauffrau und seit 1986 mit dem Inhaber der Beigeladenen zu 3), der gelernter Maschinenbautechniker ist, verheiratet. Sie war ab 01. September 1981 versicherungspflichtig beschäftigt. Die Pflichtbeitragszeiten enden mit 09. April 1986. In der Folgezeit widmete sie sich der Erziehung der im Mai 1986 und im Dezember 1987 geborenen Kinder.

Die Beigeladene zu 3) betreibt einen Getränkegroßhandel und Getränkeeinzelhandel sowie einen Abholmarkt, eine Brennerei und ein Probierstüble. Inhaber war zunächst der Vater der Klägerin. Unter dem 16. Dezember 1993 schloss die Klägerin mit ihrem Ehemann einen "Arbeitsvertrag (zwischen Ehegatten)". Hiernach verpflichtete sie sich, ab 01. Januar 1994 (tatsächlich Montag, 03. Januar 1994) im Betrieb des Ehegatten als kaufmännische Angestellte entgeltlich mitzuarbeiten (§ 1). Die regelmäßige Arbeitszeit betrug 40 Stunden in der Woche bei Verpflichtung zu Überstunden, soweit es die Verhältnisse des Betriebs erforderten (§ 2). Das (anfängliche) monatliche Bruttogehalt betrug DM 2.100,00 und sollte am letzten Werktag jedes Monats auf das eigene Konto der Klägerin überwiesen werden; die Vergütung von Überstunden erfolgte aufgrund der jeweiligen betrieblichen Bestimmungen (§ 3). Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfalle erfolgte bis zu sechs Wochen (§ 4). Unter den Nebenleistungen (§ 5) wurde individuell eine vermögenswirksame Leistung von DM 78,00 sowie eine Direktversicherung vereinbart. Ein 13. Gehalt sollte als Weihnachtsgratifikation gewährt werden (§ 6). Der Erholungsurlaub betrug 30 Werktage im Kalenderjahr bei einem Urlaubsgeld von 50 v.H. (§ 7). Als Kündigungsfrist wurden die damals noch geltenden sechs Wochen zum Ende des Kalendervierteljahres vereinbart (§ 8). Änderungen bedurften der Schriftform (§ 9).

Ab 1995 wurden der Klägerin folgende Brutto-Monatsentgelte gezahlt: Ab 01. Januar 1995 DM 2.300,00, ab 01. August 1995 DM 3.000,00, ab 01. Januar 1998 DM 3.300,00, ab 01. Januar 2002 (Währungsumstellung) EUR 1.690,00, ab 01. August 2002 EUR 1.740,00, sodann ab 01. Januar 2004 Absenkung auf EUR 500,00. Hinzu kamen vermögenswirksame Leistung, Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld sowie in den Jahren 1996 bis 1999 jeweils eine Tantieme. Die (vorgelegten) Gehaltsunterlagen dokumentieren für die Jahre 1994 und 1995 noch keine Abführung von Lohn- und Kirchensteuer, während dies ab 1996 erfolgte. Gesamtsozialversicherungsbeiträge wurden zu allen Zweigen der Sozialversicherung, ab 1995 auch zur Pflegeversicherung entrichtet. Die Klägerin ist seit 01. Januar 1994 Mitglied der Beklagten.

Nachdem die Volksbank M.-O. e.G. am 27. Dezember 1993 für einen Kontokorrentkredit in Höhe von DM 20.000,00 (EUR 10.225,83) die Vereinbarung einer Bürgschaft in dieser Höhe verlangt hatte, wurde diese mit Vertrag vom 15. Januar 2001 auf DM 50.000,00 (EUR 25.564,59) erhöht. Nach Abschluss eines Darlehensvertrags vom 04. Februar 2003 wurde durch Vertrag vom 11. Februar 2003 eine weitere Bürgschaft über EUR 35.000,00 gegen Sicherungsübereignung eines Lkw begründet.

Am 31. Juli 2006 ging bei der Beklagten der Antrag der Klägerin auf Prüfung der Versicherungspflicht mit dem am 18. Juli 2006 unterzeichneten Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen ein. Die Klägerin sei als Geschäftsführerin Buchhaltung und Einkauf im Betrieb bei sechs Arbeitstagen 60 Stunden wöchentlich beschäftigt. Seit 01. Januar 2004 sei das monatliche Entgelt deutlich reduziert auf EUR 540,00. Auf die vertraglichen Bestimmungen wurde verwiesen. Die Klägerin sei nicht an Weisungen des Betriebsinhabers über die Ausführung der Arbeit gebunden. Die Tätigkeit könne frei bestimmt und gestaltet werden. Die Klägerin arbeite aufgrund besonderer Fachkenntnisse mit und die Mitarbeit sei durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander in familienhafter Rücksichtnahme geprägt. Inzwischen (seit Anfang 2004) sei das Arbeitsentgelt zur Einsparung von Kosten reduziert worden. Das Arbeitsentgelt werde als Betriebsausgabe gebucht und auf ein privates Konto, über das die Klägerin verfügungsberechtigt sei, überwiesen. Lohnsteuer werde vom Arbeitsentgelt entrichtet. Eine Beteiligung am Unternehmen bestehe nicht. Freilich habe die Klägerin die Betriebsstätte zu einer monatlichen Miete von derzeit EUR 2.600,00 an die Beigeladene zu 3) vermietet. Im Übrigen gehöre das Anlage- und Umlaufvermögen nicht zum gemeinschaftlichen Eigentum der Ehegatten. Der Ehemann der Klägerin führte in der vorgelegten Bestätigung vom 20. September 2006 aus, der Arbeitsvertrag habe stets nur als "unverbindlicher Rahmen" gedient und die Klägerin habe von Anfang an in der Leitung mitgearbeitet. Inzwischen stehe der Monatslohn von EUR 540,00 im klaren Missverhältnis zum Wert der Tätigkeit. In den guten Zeiten der Neunzigerjahre seien Tantiemen von jährlich DM 11.800,00 bis DM 15.200,00 gezahlt worden. Von einer Einordnung in den Betrieb könne nicht die Rede sein, da die Bereiche Bestellung, Bankabwicklung, Preisverhandlung, Buchhaltung, Vertragsgestaltung und Preiskalkulation zur eigenen Verantwortung übertragen gewesen seien. Die Klägerin habe eigenverantwortlich ein Buchhaltungsprogramm, ein neues Computerprogramm und ein neues Kassensystem eingeführt. Sie sei gleichberechtigte Firmeninhaberin. Hierzu gehöre selbstverständlich auch die gesamte Personalverwaltung. Unternehmensentscheidungen seien stets gemeinsam getroffen worden. Demgemäß sei die Klägerin auch von § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) befreit. Das Risiko, auch Verluste mittragen zu müssen, äußere sich in der inzwischen nicht mehr angemessenen Vergütung. Auch auf die Bürgschaft von EUR 35.000,00 sei nochmals hinzuweisen. Leistungen der Krankenkasse seien nie in Anspruch genommen worden.

Durch Bescheid vom 02. Oktober 2006, berichtigt mit Bescheid vom 02. Juli 2007, stellte die Beklagte fest, es liege seit dem 03. Januar 1994 eine versicherungspflichtige Beschäftigung vor. Es erfolge eine regelmäßige monatliche Zahlung von Arbeitsentgelt mit Entrichtung von Steuern und Verbuchung als Betriebsausgabe. Ein echtes Unternehmerrisiko bestehe nicht, nachdem nicht der wirtschaftliche Erfolg von eingesetztem Kapital oder eingesetzter Arbeitskraft ungewiss sei. Die Erhöhung der Bezüge aufgrund erfolgreicher Tätigkeit sowie die Tantiemen sprächen nicht wesentlich für Selbstständigkeit. Das Weisungsrecht des Betriebsinhabers sei rechtlich nicht ausgeschlossen gewesen. Der Inhaber des Familienbetriebs habe letztlich die Verantwortung für die Tätigkeit. Mithin habe es sich um ein jahrelang gelebtes Beschäftigungsverhältnis gehandelt.

Die Klägerin erhob Widerspruch. Es komme auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Inzwischen sei das Gehalt von EUR 540,00 monatlich, das ohne Änderung der Arbeitszeit reduziert worden sei, um die "Ausgabenlast" zu senken, lächerlich niedrig. Das vermietete Betriebsgelände sei in die Ehe eingebracht worden, der Name des Unternehmens rühre von ihrem - der Klägerin - Vater her und sie habe die Bürgschaft über EUR 35.000,00 gezeichnet. Die Beigeladene zu 3) führe monatlich EUR 2.600,00 an Miete/Pacht ab. Dieser Betrag werde selbstverständlich zur Tilgung von Krediten verwendet. Über ihr Konto habe ihr Ehemann Vollmacht. Weisungen würden nicht erteilt. Ihr Ehemann habe keine ausreichenden Fachkenntnisse. Im Übrigen sei bisweilen Urlaub unterbrochen worden, wenn wichtige Tätigkeiten anstanden. Letztlich liege eine konkludente Gesellschaft bürgerlichen Rechts vor. Hieraus folge nach dem Rundschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherung vom 11. November 2004, dass selbst dann, wenn das Gesellschaftsverhältnis nicht nach außen in Erscheinung trete, Mitunternehmerschaft des Ehegatten anzunehmen sei.

Nachdem die Beigeladene zu 1) mit Schreiben vom 24. Oktober 2007 ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis - auch seit 01. Januar 2004 - angenommen und dies auf Einwände der Beklagten (vom 13. November 2007) hinsichtlich der Zeit ab 01. Januar 2004 mit Schreiben vom 13. Dezember 2007 verteidigt hatte, erließ der Widerspruchsausschuss der Beklagten nach weiterer Korrespondenz den Widerspruchsbescheid vom 06. Februar 2008, mit welchem dem Widerspruch für die Zeit ab 01. Januar 2004 abgeholfen wurde, weil aufgrund der drastischen Gehaltsreduzierung nur noch eine familienhafte Mitarbeit, die keine Sozialversicherungspflicht begründe, vorliege, jedoch für die Zeit davor an der Versicherungspflicht der Beschäftigung festgehalten wurde. Es seien stets von einem festen Entgelt Beiträge zu allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung und Lohnsteuer abgeführt sowie entsprechende Entgeltmeldungen abgegeben worden. Da die Klägerin nicht Mitinhaberin der Beigeladenen zu 3) sei, liege weder eine Mitunternehmerschaft vor noch werde ein Unternehmerrisiko getragen. Die Überlassung der Betriebsstätte und die Eingehung der Bürgschaft begründe kein eigentliches Unternehmerrisiko. Der von der Beigeladenen zu 3) im Jahre 1994 durchgeführten versicherungsrechtlichen Beurteilung sei höheres Gewicht beizumessen als der nunmehr vorgetragenen Schilderung von abweichenden Verhältnissen. Auf die Eigenverantwortlichkeit und Freiheit von Weisungen könne es unter diesen Umständen nicht ankommen.

Mit der am 29. Februar 2008 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter. Der Getränkehandel sei von den Eltern geerbt worden. Sie habe sich seit Ende 1993 wesentlich finanziell engagiert. Sie tilge mit der von der Beigeladenen zu 3) gezahlten Pacht von monatlich rund EUR 2.600,00 den aufgenommenen Kredit zum Ausbau des Getränkehandels und habe eine selbstschuldnerische Bürgschaft von EUR 35.000,00 übernommen. Demgegenüber falle das Monatsgehalt von EUR 540,00 ab 2004 nicht ins Gewicht. Es müsse auch dabei verbleiben, dass eine Innengesellschaft im Sinne einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwischen Ehegatten anzunehmen sei. Diese müsse nicht nach außen in Erscheinung treten. Entscheidend seien die tatsächlichen Verhältnisse. Dies habe das Bundessozialgericht (BSG) in ständiger Rechtsprechung betont. Sie (die Klägerin) habe stets umfassend die finanziellen Geschäfte auch mit der Bank getätigt. Dies könnten deren Mitarbeiter bestätigen. Auf die Abführung von Steuer und Sozialversicherung könne es deshalb nicht ankommen. Vorrangig sei ihre völlige Gleichberechtigung, die sich in der Führung der finanziellen Geschäfte zeige. Dies könnten alle Familienangehörigen, auch die Lieferanten bestätigen. Sie habe auch stets Aushilfen im Lager und im Laden beschäftigt und ihnen Anweisungen erteilt. Krankheitszeiträume habe es nicht gegeben. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2008 bestätigte die Klägerin die bisherigen Angaben zum tatsächlichen Ablauf. Ihr Ehemann leiste seine Unterschrift nur, wenn dies rechtlich unabweisbar sei. Die Einweisung der Angestellten und der Aushilfen sei unbeschränkt ihr anvertraut gewesen. Verlustausgleiche habe sie freilich bisher nicht leisten müssen. Der Betrieb werde nach wie vor als Einzelfirma geführt. Die Reduzierung des Entgelts zum 01. Januar 2004 sei eine gemeinsame Entscheidung im Einvernehmen mit dem Steuerberater wegen des Umsatzrückgangs gewesen. Die Entscheidung sei wesentlich von ihr ausgegangen.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Selbst die Teilabhilfe für die Zeit ab 01. Januar 2004 sei letztlich nicht nachvollziehbar. Es könne im Übrigen nicht angehen, dass nach jahrelang praktizierter Beitragsabführung für ein festes Entgelt nunmehr nachträglich eine Umwandlung der versicherungsrechtlichen Biographie gefordert werde. Auch die Abführung von Lohnsteuer und die Verbuchung als Betriebsausgabe ließen sich nicht als unerhebliche Bagatelle beiseiteschieben. Die Stellung von Bürgschaften sei für Eheleute banküblich.

Von den durch Beschluss des SG vom 02. April 2008 Beigeladenen schloss sich die Beigeladene zu 1) dem Vorbringen der Beklagten an, die übrigen Beigeladenen äußerten sich nicht.

Nach Anhörung der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung wies das SG durch Urteil vom 16. Oktober 2008 die Klage ab. Zur Begründung legte es dar, die Indizien sprächen auch unter Beachtung der tatsächlichen Umstände überwiegend dafür, dass die Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen zu 3) im streitgegenständlichen Zeitraum als Beschäftigung einzuordnen sei, die der Versicherungspflicht unterliege. Ein gewichtiges Indiz, dass die Klägerin einer abhängigen Beschäftigung nachgegangen sei, stelle zunächst die fehlende Mitinhaberschaft der Klägerin an der Beigeladenen zu 3) dar. Als Alleineigentümer des als Einzelfirma geführten Betriebs hafte ausschließlich der Ehemann im Falle der Insolvenz mit seinem Privatvermögen, so dass bei rechtlicher Betrachtung er allein ein Unternehmerrisiko trage. Das Gewicht dieses Indizes werde auch nicht vollumfänglich und allein durch die von der Klägerin übernommenen Bürgschaften relativiert. Zwar gehe auch ein erhebliches Risiko mit der Übernahme von derartigen Verpflichtungen einher und relativiere den sonst typischerweise bestehenden Interessengegensatz zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Allerdings sei es gängige Praxis der Banken, bei Krediten Bürgschaften der Ehepartner zu verlangen oder als Darlehensnehmer neben dem Betriebsinhaber auch dessen Ehepartner zu verpflichten. Die Stellung der Sicherheiten sei für die Klägerin auch nicht mit einer wesentlichen Änderung in ihrer Stellung im Betrieb einhergegangen. Indizien für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis seien, dass die Klägerin mit der Beigeladenen zu 3) unmittelbar vor der Betriebsübergabe einen schriftlichen Arbeitsvertrag geschlossen und jedenfalls bis zum Ende des vorliegend allein streitgegenständlichen Zeitraums ein regelmäßiges monatliches Gehalt erhalten habe, das ihr zur eigenen Verfügung auf ein Konto ausgezahlt, von dem Lohnsteuer entrichtet und das als Betriebsausgabe verbucht worden sei. Auch wenn die Klägerin mit der Leitung des kaufmännischen Aufgabenbereichs in erheblich größerem zeitlichen Umfang in dem Betrieb der Beigeladenen zu 3) tätig gewesen sei, als in dem Arbeitsvertrag zunächst vereinbart worden sei, schließe dies ebenso wie die Zahlung von Tantiemen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht zwingend aus, weil dies auch für die Position eines leitenden Angestellten, etwa eines Geschäftsführers - wie sich die Klägerin auch zutreffend bezeichnet habe -, prägend sein könne. Die nicht am Betrieb der Beigeladenen zu 3) beteiligte Klägerin sei gleichsam als "Fremdgeschäftsführerin" tätig geworden. Es sei nicht anzunehmen, dass sie die Geschäfte des Betriebs wie ein Alleininhaber nach eigenem Gutdünken geführt sowie sich die Tätigkeit unter Einfluss des Ehemannes auf das Halten der Betriebsinhaberschaft beschränkt habe. Deshalb könne dahinstehen, ob die Klägerin und ihr Ehemann konkludent eine Innengesellschaft des bürgerlichen Rechts gegründet hätten.

Gegen das am 10. Dezember 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 05. Januar 2009 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Sie trägt vor, Sie habe die Betriebsstätte zum 01. Januar 1998 von den Eltern erworben. Da das Betriebsgrundstück in ihrem Eigentum stehe, sei ein Verkauf des Getränkehandels ohne Abstimmung mit ihr faktisch nicht möglich. Das SG würdige nicht, dass die Beklagte aktuell nur noch von einer familiären Beihilfe durch sie (die Klägerin) ausgehe. Vor dem Hintergrund, dass ihr Gehalt rigide zusammengestrichen worden sei, zeige sich, dass die vom SG angenommene Figur des Ehegatten-Geschäftsführers nicht haltbar sei. Mit einem Fremdgeschäftsführer könne sie nicht verglichen werden. Wenn sie nach außen in Vertretung der Ehegatten auftrete, berufe sie sich auf eine Mitunternehmerstellung und nicht auf eine organschaftliche Stellung, die ein GmbH-Geschäftsführer habe. Weshalb entsprechend der Vorgabe des Rundschreibens der Spitzenverbände vom 11. November 2004 die tatsächlichen Beziehungen nicht als Innengesellschaft des bürgerlichen Rechts gewertet würden, sei nicht verständlich. Dass der Indizwirkung einer Anmeldung einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung entgegen der gebotenen Ausrichtung an den tatsächlichen Verhältnissen eine überragende Bedeutung beigemessen werde, lasse die weiteren tatsächlichen Verhältnisse außer Betracht geraten. Sie und ihr Ehemann hätten eine gleichberechtigte Aufteilung der Tätigkeiten im Betrieb vorgenommen, was nach dem Rundschreibens der Spitzenverbände ausreichend und notwendig sei. Die Gerichte seien an die in diesem Rundschreiben zum Ausdruck kommende Selbstbindung der Beklagten gebunden. Darin erfolgten nicht lediglich Meinungsäußerungen und unverbindliche Auslegungshilfen, sondern Normkonkretisierung, deren Rechtskontrolle auf die Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht und Fragen der Gleichbehandlung beschränkt sei. Die Klägerin hat die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1999 bis 2008, den Vorauszahlungsbescheid für das Jahr 2009 und die Lohnunterlagen für die Jahre 1994 bis 2008 vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. Oktober 2008 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheids vom 02. Oktober 2006 in der Fassung des Bescheids vom 02. Juli 2007 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06. Februar 2008 festzustellen, dass sie vom 03. Januar 1994 bis 31. Dezember 2003 beim Beigeladenen zu 3) nicht gesamtsozialversicherungspflichtig beschäftigt war.

Die Beklagte und die Beigeladenen zu 1) und 4) beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten das angefochtene Urteil und die streitgegenständlichen Bescheide weiterhin für zutreffend.

Der Senat hat durch Beschluss vom 23. November 2009 auch die Pflegekasse bei der Beklagten (Beigeladene zu 4) zum Verfahren beigeladen.

Die Beigeladene zu 1) hat den Versicherungsverlauf vom 11. Mai 2010 vorgelegt. Die Beigeladene zu 2) hat im Berufungsverfahren keine Anträge gestellt.

Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist in der Sache nicht begründet. Das SG hat im angefochtenen Urteil vom 16. Oktober 2008 die Klage zu Recht abgewiesen und zutreffend dargelegt, dass der Bescheid der Beklagten vom 02. Oktober 2006, berichtigt durch Bescheid vom 02. Juli 2007, in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06. Februar 2008 rechtmäßig ist. Die Klägerin hat ihre Tätigkeit im Unternehmen der Beigeladenen zu 3) vom 03. Januar 1994 bis 31. Dezember 2003 als gesamtsozialversicherungspflichtig Beschäftigte ausgeübt. Ein Feststellungsinteresse hierfür wird vom Senat in ständiger Rechtsprechung bejaht, jedenfalls solange - wie hier - die Durchsetzbarkeit von Erstattungsansprüchen gegen die Versicherungsträger nicht ausgeschlossen ist (vgl. schon Senatsurteil vom 27. Januar 2006 - L 4 KR 702/03).

Nach § 28 h Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die nach § 28 i Satz 1 SGB IV zuständige Einzugsstelle war im streitigen Zeitraum seit 03. Januar 1994 die Beklagte, weil sie in diesem Zeitraum die Krankenversicherung durchführte. Da sie auf die entsprechende Anfrage der Klägerin ein Verwaltungsverfahren zur Feststellung der Sozialversicherungspflicht einleitete, scheidet das Anfrageverfahren nach § 7 a SGB IV aus, für das die Beigeladene zu 1) als Trägerin der Rentenversicherung zuständig wäre. Deren vorrangige Zuständigkeit ergibt sich hier auch nicht aus § 7 a Abs. 1 Satz 2 SGB IV, eingefügt mit Wirkung vom 01. Januar 2005 durch Art. 4 Nr. 3 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I, S. 2954). Hiernach hat die Einzugsstelle einen Antrag bei der Beigeladenen zu 1) zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28 a SGB IV) ergibt, dass der Beschäftigte Angehöriger des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist. Das obligatorische Statusfeststellungsverfahren ist bei Ehegatten erst bei Anmeldungen durchzuführen, die erstmals ab dem 01. Januar 2005 bei den Einzugsstellen erfolgen. Bei zuvor erfolgten Anmeldungen verbleibt es bei der Zuständigkeit der Einzugsstelle nach § 28 h Abs. 2 SGB IV. Die Anmeldung der Klägerin erfolgte vor dem 01. Januar 2005, nämlich mit Beginn der Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 3) zum 03. Januar 1994.

Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V), in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI), in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB III, bis 31. Dezember 1997 § 168 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsförderungsgesetzes) und in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht [BVerfG] SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl. BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 RdNr. 16).

Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (vgl. BSG, Urteil vom 11. März 2009 - B 12 KR 21/07 R -, veröffentlicht in juris). Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; SozR 3-4100 § 168 Nr. 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSGE 45, 199, 200 ff.; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 13; BSGE 87, 53, 56; jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 Rdnr. 17).

Hierbei hat das BSG in zahlreichen Entscheidungen in ständiger Rechtsprechung betont, dass es auch bei einer Familiengesellschaft wesentlich auf die Kapitalbeteiligung und die damit verbundene Einflussnahme auf die Gesellschaft und deren Betrieb ankommt. Die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nichtversicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu ziehen (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R - und vom 10. Mai 2007 - B 7a AL 8/06 -, jeweils in juris veröffentlicht). Zwar führt das Fehlen einer (maßgeblichen) Unternehmensbeteiligung nicht zwingend zu einer abhängigen Beschäftigung, jedoch ist in diesen Fällen von einer abhängigen Beschäftigung nur in sehr eng begrenzten Einzelfällen auszugehen. Ein solcher Ausnahmefall kann z.B. bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die z.B. dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG, Urteil vom 08. Dezember 1987 - 7 RAr 25/86 -, veröffentlicht in juris). Dies bedeutet aber nicht, dass jede familiäre Verbundenheit zum Ausschluss eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses führt. Die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nichtversicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist vielmehr ebenfalls unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu ziehen (BSGE 3, 30, 39f.; 17, 1, 7f.; 74, 275, 278f.; BSG SozR 2200 § 165 Nr. 90; SozR 3-4100 § 168 Nr. 11).

Bei der Beschäftigung eines Familienangehörigen ist zudem neben der Eingliederung des Beschäftigten in den Betrieb und dem gegebenenfalls abgeschwächten Weisungsrecht des Arbeitgebers von Bedeutung, ob der Beschäftigte ein Entgelt erhält, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt, mithin über einen freien Unterhalt, Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgeht. Dabei kommt der Höhe des Entgelts lediglich Indizwirkung zu. Es gilt nicht der Rechtssatz, dass eine untertarifliche oder eine erheblich untertarifliche Bezahlung die Annahme eines beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausschließt (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R , veröffentlicht in juris). Weitere Abgrenzungskriterien sind nach der Rechtsprechung, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen worden ist, ob das gezahlte Entgelt der Lohnsteuerpflicht unterliegt, als Betriebsausgabe verbucht und dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird, und schließlich, ob der Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetzt. Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, ist es für die Bejahung eines Beschäftigungsverhältnisses nicht erforderlich, dass der Beschäftigte wirtschaftlich auf das Entgelt angewiesen ist (BSG SozR 3-2500 § 5 Nr. 17). Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses steht grundsätzlich auch nicht entgegen, dass die Abhängigkeit in der Familie im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise nur mit gewissen Einschränkungen ausgeübt wird (BSGE 34, 207, 210; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 1; SozR 3-4100 § 168 Nr. 11).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund bestimmen sich die für die hier streitigen Fragen erheblichen Beziehungen für die Zeit ab 03. Januar 1994 vorrangig nach dem aufgrund des unter dem 16. Dezember 1993 geschlossenen Ehegattenarbeitsvertrags praktizierten Regelwerk. Die Klägerin wurde nicht etwa als Geschäftsführerin, sondern als kaufmännische Angestellte bezeichnet. Vereinbart wurde ein anfängliches monatliches Bruttogehalt von DM 2.100,00 zuzüglich vermögenswirksamer Leistungen und einer Direktversicherung. Das Bruttogehalt wurde in der Folgezeit mehrmals erhöht, zuletzt zum 01. August 2002 auf EUR 1.740,00. Die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit betrug wöchentlich 40 Stunden. Es bestand Anspruch auf 30 Tage Urlaub im Jahr. Für die Kündigung galten die damaligen gesetzlichen Bestimmungen. Diese vertraglichen Formulierungen erlauben eine uneingeschränkte Zuordnung zum Typus der abhängigen entgeltlichen Beschäftigung.

Es fehlt an tatsächlichen Anhaltspunkten dafür, dass die entsprechenden Willenserklärungen rechtlich nicht ernst gemeint (§ 118 BGB) oder unter den rechtlichen Voraussetzungen eines Scheingeschäfts (§ 117 BGB) abgegeben worden wären. Der Senat geht davon aus, dass der Ehegattenarbeitsvertrag bewusst geschlossen wurde und auch bewusst die Klägerin nicht als Inhaberin der von ihrem Vater übernommenen Beigeladenen zu 3) auftreten sollte. Der Ehegattenarbeitsvertrag mag aus steuerrechtlichen Gründen - Verbuchung als Betriebsausgabe und Unterwerfung unter das Lohnsteuerrecht - geschlossen worden sein. Dies kann aber bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung nicht außer Betracht gelassen werden. Es unterliegt nicht der Disposition der Vertragsparteien, die Wirkungen eines Vertrags nach Maßgabe seiner Individualnützlichkeit auf bestimmte Rechtsgebiete zu beschränken (vgl. hierzu BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 RdNr. 20; Senatsurteil vom 15. August 2008 - L 4 KR 4577/06 - in juris veröffentlicht). Vielmehr gilt, dass dann, wenn eine vertragliche Gestaltung durch zwingende gesetzliche Regelungen vorgegeben ist, davon auszugehen ist, dass die tatsächlichen Verhältnisse hiervon nicht rechtserheblich abweichen und deshalb bei der Beurteilung der Versicherungspflicht diese vertragliche Gestaltung auch rechtlich maßgebend ist (BSG a.a.O.). Deshalb vermag auch die Behauptung, der Vertrag sei nicht gelebt oder stillschweigend abbedungen worden, nicht durchzugreifen. Dem steht auch entgegen, dass nach § 9 Satz 2 des Ehegattenarbeitsvertrags Änderungen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedurften. Solche schriftlichen Änderungen sind nicht erfolgt.

Die Klägerin übte im Unternehmen der Beigeladenen zu 3) typische Aufgaben einer (leitenden) Angestellten aus. Dies wurde im Feststellungsbogen vom 18. Juli 2006 dargelegt. Es mag sein, dass die Klägerin durch Fachkenntnisse und einschlägige Branchenerfahrung überragenden Einfluss ausgeübt hat und durch faktische "Sperrkompetenz" Weisungen verhindern konnte. Anfall und Durchführung der Aufgaben im Einzelnen waren freilich sachzwänglich abhängig von der förmlichen unternehmerischen Betätigung des Beigeladenen zu 3). Diesbezüglich ist ein qualitativ über den Arbeitseinsatz eines leitenden Angestellten hinausgehendes Engagement aber nicht deutlich, mag auch ein fremder Mitarbeiter im Streitfall überobligatorischen Einsatz abzuwehren suchen.

Die bewusst gewählte Gestaltung der Tätigkeit der Klägerin wird auch dadurch bekräftigt, dass die Tätigkeit der Klägerin im streitigen Zeitraum ab 03. Januar 1994 auch wie ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nach außen abgewickelt wurde. Die Klägerin hat durchgängig ein einvernehmlich vereinbartes monatliches Bruttoentgelt bezogen, das auf ein Bankkonto überwiesen wurde, über das allein sie verfügungsberechtigt ist. Dieses hat sich gemäß dem Erfolg des Unternehmens und auch der allgemeinen Lohnentwicklung gesteigert, ohne dass die arbeitsrechtlichen Vereinbarungen oder auch die Versicherungspflicht bestritten oder in Frage gestellt wurden. Das Entgelt wurde als Betriebsausgabe verbucht. Vom Arbeitsentgelt wurden Lohnsteuer und Gesamtsozialversicherungsbeiträge abgeführt. All dies ist ein Hinweis auf eine letztlich auch gewollte - abhängige Beschäftigung (vgl. schon BSG SozR Nr. 22 zu § 165 RVO). Insoweit hat die Entgeltform keine deutlichen Züge unternehmerischen Risikos getragen. Es hat kein Interesse bestanden, sich der Versicherungspflicht zu entledigen oder dies wenigstens seitens der Versicherungsträger prüfen zu lassen.

Der Annahme einer selbstständigen Tätigkeit der Klägerin steht entgegen, dass sie kein Unternehmerrisiko trug und dies auch nicht beabsichtigt war. Die Beigeladene zu 3) wurde und wird als Einzelunternehmen durch den Ehemann der Klägerin betrieben, der mithin für sämtliche Verbindlichkeiten der Beigeladenen zu 3) haftete und haftet. Das gezahlte Entgelt war unabhängig von der Ertragslage und dem Gewinn der Beigeladenen zu 3). Mithin war nicht beabsichtigt, abgesehen von den 1996 bis 1999 gezahlten Tantiemen, die Klägerin über das von ihr bezogene Entgelt wesentlich am Gewinn oder Verlust des Unternehmens zu beteiligen. Dies wird insbesondere dadurch bekräftigt, dass sie nicht Mitgesellschafterin sein wollte. Maßgebend für ein Unternehmerrisiko ist, ob eigenes Kapital oder eigene Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlusts eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und persönlichen Mittel also wesentlich ungewiss ist (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R - RdNr. 26). Wenn aber in finanzieller Hinsicht eine formale Beteiligung fehlt, würde die Annahme eines Unternehmerrisikos jedenfalls voraussetzen, dass eine für eine abhängige Beschäftigung unübliche Vereinbarung oder tatsächliche Handhabung der Gestalt und Zahlung der Vergütung bestünde, die den Schluss zuließe, dass bei schlechter wirtschaftlicher Lage des Unternehmens die Vergütungsforderung in der bisherigen Höhe nicht durchgesetzt werden könne. Dies ist bei einer - von graduellen Erhöhungen abgesehen - gleichbleibenden und vom aktuellen Ertrag des Unternehmens unabhängigen Vergütung nicht der Fall. Dass der längerfristige Erfolg des Unternehmens von den Fähigkeiten und dem Engagement der Klägerin wesentlich abhing, unterscheidet deren Position qualitativ nicht von derjenigen leitender Angestellter, die sich unter dem Anreiz einer möglichen Steigerung auch der eigenen Bezüge für das Fortkommen des Unternehmens einsetzen. Anhaltspunkte für eine solche Vereinbarung bzw. für eine derartige tatsächliche Handhabung sind für die streitige Zeit nicht ersichtlich. Deshalb lässt sich eine formale Beteiligung auch nicht aus der von der Klägerin geltend gemachten Ehegatten-Innengesellschaft herleiten. Des Weiteren tritt eine Innengesellschaft nicht nach außen auf (zur Versicherungspflicht eines stillen Gesellschafters vgl. BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 7). Dies deutet deshalb ebenfalls darauf hin, dass die Klägerin nach außen nicht einem Haftungsrisiko für Verbindlichkeiten der Beigeladenen zu 3) ausgesetzt werden sollte.

Gegenüber diesen Entgeltbedingungen vermag für die Klägerin ein tatsächlich beherrschender Anteil an den unternehmerischen Entscheidungen nicht durchschlagend ins Feld geführt zu werden. Zwar mag das Gedeihen des Unternehmens tatsächlich auf ihrem Arbeitseinsatz beruht haben. All dies hat sich aber im Rahmen des von der Beigeladenen zu 3) verfolgten Unternehmenszwecks, den die Klägerin nicht allein hätte ändern können, vollzogen. Ebenso kann und konnte die Klägerin die Beigeladene zu 3) nicht selbstständig nach außen vertreten, sondern nur aufgrund einer Bevollmächtigung ihres Ehemanns. Demgemäß unterschrieb nach den Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung des SG auch der Ehemann die Verträge, z.B. Verträge mit der Bank. Wenn der Ehemann der Klägerin als alleiniger Inhaber der Beigeladenen zu 3) aufgrund der Fähigkeiten und Fertigkeiten der Klägerin tatsächliche Einwirkungen unterlassen hat, beseitigt die nicht ausgeübte Rechtsmacht und damit der Klägerin eröffnete Dispositionsfreiheit nicht die rechtlich bestehende persönliche Abhängigkeit (vgl. BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4).

Ein sozialversicherungsrechtlich entscheidendes Unternehmerrisiko ergibt sich auch nicht aus der Verpachtung von Betriebsgrundstück und -gebäude an die Beigeladene zu 3) sowie der Übernahme der Bürgschaften. Selbst wenn solche Geschäfte eine mögliche Einstandspflicht und Haftung mit dem Privatvermögen begründen sollten, haben sie gleichwohl keinerlei förmliche und materielle Beteiligung am Unternehmen der Beigeladenen zu 3) herbeigeführt. Das Risiko der Haftung mit dem privaten Vermögen tritt im Hinblick auf die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Kriterien in den Hintergrund. Mit dem Einstehen für derartige Geschäfte verfolgen Eheleute oder andere Angehörige lediglich das gesteigerte - private - Interesse am wirtschaftlichen Erfolg des (Familien-)Unternehmens (vgl. Senatsurteil vom 15. August 2008 - L 4 KR 4577/06 -). Insoweit stehen abtrennbare familiäre Interessen im Vordergrund, nicht jedoch eine (unmittelbare) Beteiligung am Unternehmenserfolg. Eine rechtsverbindlich gewollte Mitunternehmerschaft ist im streitigen Zeitraum nie begründet worden. Ein Gesellschaftsvertrag, an welchem die Klägerin beteiligt gewesen wäre, wurde nicht geschlossen. Die alleinige Rechtsmacht verblieb beim Ehemann der Klägerin als Inhaber der Beigeladenen zu 3), der allein für die Verbindlichkeiten des Unternehmens haften sollte. Er hatte auch die tatsächliche Rechtsmacht, unabhängig davon, ob er hiervon Gebrauch gemacht hat, andere unternehmerische Entscheidungen zu treffen. Die Klägerin konnte deshalb auch nicht wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führen. Deshalb ist ein Ausnahmefall, dass trotz fehlender Kapitalbeteiligung ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht anzunehmen sei, nicht gegeben. Die Situation der Klägerin unterschied sich nicht wesentlich von derjenigen eines Minderheitsgesellschafters, dem von der Mehrheit trotz bestehender Rechtsmacht freie Hand gelassen wird (vgl. hierzu BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4).

Das seitens der Klägerin mehrmals zitierte und in Anspruch genommene Rundschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherung vom 11. November 2004 betrifft den anders liegenden Fall, dass Ehegatten ihrerseits keine arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Regelungen treffen und praktizieren, die so gewollte Selbstständigkeit aber von den Einzugsstellen angezweifelt wird. In diesem Fall kann eine tatsächlich bestehende unternehmerische Freiheit auf die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung durchschlagen. Aus den hier eingehend dargelegten Gründen ist dies auf die umgekehrte Konstellation nicht übertragbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass, da der Senat der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgt.
Rechtskraft
Aus
Saved