Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 7 KR 1394/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 2242/10 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. April 2010 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes wird für beide Rechtszüge endgültig auf EUR 2.559,00 festgesetzt.
Gründe:
I.
Die klagende GmbH begehrt, die aufschiebende Wirkung ihrer beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage gegen Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen in Höhe von EUR 10.235,10 (einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 3.440,50) anzuordnen.
Die klagende GmbH betreibt ein Bauunternehmen. In dem Unternehmen sind der Geschäftsführer und dessen Ehefrau tätig. Arbeitnehmer werden nicht beschäftigt. Die Klägerin (bezeichnet als Auftraggeber) schloss mit der R. Bau GmbH am 18. Dezember 2003 sowie mit einem weiteren Bauunternehmen Werkverträge/Nachunternehmerverträge (jeweils bezeichnet als Nachunternehmer), wonach für näher benannte Bauvorhaben die Klägerin Rohbauarbeiten oder Einschalarbeiten den als Nachunternehmer bezeichneten Firmen übertrug. Im Rahmen eines vom Hauptzollamt B. eingeleiteten Ermittlungsverfahrens gegen die A.K. Bauservice GmbH und die R. Bau GmbH, die keine Erlaubnis zum gewerbsmäßigen Verleih von Arbeitnehmern nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) hatten und die nach Feststellungen des Hauptzollamts B. Briefkastenfirmen waren, wegen illegaler Arbeitnehmerüberlassung kam es am 13. Juni 2006 auch zu einer Durchsuchung der Geschäftsräume der Klägerin. Bei dieser Durchsuchung wurden u.a. Rechnungen der beiden zuvor genannten GmbHs an die Klägerin sowie Stundenaufzeichnungen mit den Namen von Arbeitnehmern sichergestellt. Nach einer Zusammenstellung des Hauptzollamts B. stellte die A.K. Bauservice GmbH der Klägerin für die Zeit vom 9. Februar bis 5. Juli 2004 Rechnungen über insgesamt EUR 22.480,80 (EUR 19.380,00 zuzüglich 16 v.H. Umsatzsteuer EUR 3.100,80). Die Staatsanwaltschaft K. erhob gegen den Geschäftsführer der Klägerin Anklage wegen zehn Vergehen des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt (530 Js 39336/06). Das Amtsgericht E. stellte das Strafverfahren gegen den Geschäftsführer der Klägerin vorläufig ein und gab ihm auf, den durch die Tat verursachten Schaden durch Zahlung von insgesamt EUR 4.322,23 an drei Krankenkassen (u.a. die Beigeladenen zu 1) und 2)) wiedergutzumachen (Beschluss vom 27. Mai 2008 - 1 Ds 530 Js 39336/06 -). Eine Zahlung durch den Geschäftsführer der Klägerin erfolgte nicht.
Nach Anhörung der Klägerin (Schreiben vom 11. Juli 2008) forderte die Beklagte von der Klägerin mit Bescheid vom 8. August 2008 EUR 10.235,10 (einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 3.440,50) nach. Unter Bezugnahme auf das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens ging die Beklagte davon aus, dass die A.K. Bauservice GmbH, wobei Verträge in schriftlicher Form mit dieser GmbH nicht vorlägen, und die R. Bau GmbH der Klägerin illegal Arbeitnehmer überlassen hätten, die von den Verleihern nicht zur Sozialversicherung gemeldet gewesen seien. Bei illegaler Arbeitnehmerüberlassung werde der Entleiher selbst zum Arbeitgeber und die Einzugsstelle könne die Forderung unmittelbar beim Entleiher geltend machen, ohne dass eine Exkulpationsmöglichkeit für den Entleiher vorgesehen sei. Nach den Angaben des britischen Versicherungsträgers habe die in den (in einem anderen Ermittlungsverfahren sichergestellten) Entsendebescheinigungen genannte Firma (Eu. F. L.) keine Arbeitnehmer entsandt. Wegen der fehlenden Meldung durch den Verleiher sei eine personenbezogene Beitragsfestsetzung nicht möglich. Die Lohnaufwendungen betrügen nach ihrer (der Beklagten) Schätzung zwei Drittel der Nettorechnungsbeträge bzw. der abgerechneten Stundenverrechnungssätze. Die Schätzung basiere auf den Mindestlöhnen für Arbeiter sowie einem Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung von insgesamt 23,1 v.H ... Auf der Basis des Mindestlohnes für einen Facharbeiter ergäben sich Lohnkosten in Höhe von mindestens EUR 15,35 pro Stunde. Die Arbeitsleistungen seien mit EUR 24,00 pro Stunde abgerechnet worden. Ausgehend von diesem Stundenverrechnungssatz entsprächen EUR 15,35 einem Verhältnis von 63,96 v.H ... Als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt berücksichtigte die Beklagte die in den sichergestellten Rechnungen enthaltenen Beträge mit dem Faktor 0,67. Den Widerspruch der Klägerin wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 2009). Die Ermittlungen gegen die Verantwortlichen der A.K. Bauservice GmbH und der R. Bau GmbH hätten zu rechtskräftigen Verurteilungen geführt. Es sei zweifelsfrei festgestellt worden, dass der alleinige Geschäftszweck der genannten Firmen in der Arbeitnehmerüberlassung bestanden habe. Auf den Beschluss des Amtsgerichts E. vom 27. Mai 2008 werde verwiesen. Die für den in Rede stehenden Beschäftigungszeitraum ab 12. Dezember 2003 zu zahlenden Beiträge seien am 15. Januar 2004 fällig gewesen und damit zum Zeitpunkt der Bescheiderteilung noch nicht verjährt gewesen.
Gegen den am 12. Mai 2009 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid erhob die Klägerin am 15. Juni 2009 Klage beim SG, die beim SG noch anhängig ist (S 7 KR 2585/09). Sie machte wie bereits im Rahmen der Anhörung und des Widerspruchsverfahrens - geltend, sie habe mit der A.K. Bauservice GmbH und der R. Bau GmbH Subunternehmerverträge abgeschlossen, einen schriftlichen Vertrag nur mit der R. Bau GmbH am 18. Dezember 2003. Dass der alleinige Geschäftszweck der A.K. Bauservice GmbH und der R. Bau GmbH in illegaler Arbeitnehmerüberlassung bestanden haben sowie die Tatsache, dass es zu rechtskräftigen Verurteilungen der jeweiligen Geschäftsführer gekommen sein solle, werde mit Nichtwissen bestritten. Weder sie (die Klägerin) noch ihr Geschäftsführer hätten Kenntnis von einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung dieser Firmen gehabt. Die Ansprüche seien in jedem Fall zum Teil verjährt, da die Leistungen der beiden genannten Firmen bereits zum Teil vor Dezember 2004 erfolgt seien und die Beklagte lediglich auf das Rechnungsdatum abstelle. Auch sei die Berechnungsweise der Beiträge und der Säumniszuschläge nicht nachvollziehbar. Mit der Firma Eu. F. L. habe sie (die Klägerin) nichts zu tun gehabt. Das Strafverfahren sei bis zum Abschluss des sozialgerichtlichen Verfahrens ausgesetzt.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und legte auf Anforderung des SG die Übersetzung der Bestätigung des britischen Versicherungsträgers vom 28. März 2007 vor, wonach für die Eu. F. L. keine Vordrucke E 101 ausgestellt worden seien.
Am 31. März 2010 beantragte die Klägerin, die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage anzuordnen, weil die Klage der Hauptsache voraussichtlich Erfolg haben werde.
Die Beklagte trat diesen Antrag unter Verweis auf ihre Bescheide entgegen.
Mit Beschluss vom 22 April 2010 lehnte das SG den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, ab. Nach Lage der Akten spreche viel dafür, dass die Beklagte zu Recht Beiträge von der Klägerin nach fordere. Die Bewertung der Beklagten, dass zwischen der Klägerin und der A.K. Bauservice GmbH und der R. Bau GmbH keine Werkverträge vorgelegen hätten, sondern tatsächlich Arbeitnehmer entliehen worden seien, sei überzeugend. Beide Firmen hätten nicht über sächliche oder personelle Ausstattung verfügt hätten, sondern seien nur Briefkastenfirmen gewesen, über die Arbeitnehmer vermittelt worden seien. Hinsichtlich des im Vertrag vom 18. Dezember 2003 angegebenen Projekts habe die R. Bau GmbH der Klägerin mit Schreiben vom 10. Dezember 2003 den Einsatz von Maurern bei wöchentlicher Abrechnung auf einer Stundenlohnbasis von EUR 24,00 bestätigt und sie (die Klägerin) mit Schreiben vom 18. Dezember 2003 angewiesen, diese direkt zu bezahlen. Der als Vorarbeiter benannte S. B. sei vom Hauptzollamt B. am 1. Juli 2007 als Zeuge vernommen worden und habe angegeben, der Geschäftsführer der Klägerin habe die Bauaufsicht geführt, Anweisungen erteilt, Material und schweres Werkzeug zur Verfügung gestellt sowie sich erkundigt, ob es Probleme gebe oder etwas benötigt werde. Nach dem aufgrund der tatsächlichen Durchführung und der praktischen Handhabung ermittelten wirklichen Willen der Vertragspartner liege bei dem im Vertrag vom 18. Dezember 2003 genannten Bauobjekt kein Werkvertrag, sondern Arbeitnehmerüberlassung vor. Dass die Beklagte für andere Projekte, für die keine Werkverträge vorgelegt worden seien, ähnliche Abläufe annehme und entsprechend zur gleichen rechtlichen Bewertung komme, sei danach nicht zu beanstanden. Im Übrigen, auch wegen der Verjährung, werde auf die Ausführungen im Bescheid vom 8. August 2008 verwiesen. Die Vollziehung der Beitragsbescheide stelle für die Klägerin auch keine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte dar. Die Antragstellerin habe entsprechende Tatsachen nicht vorgetragen.
Gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 27. April 2010 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 11. Mai 2010 Beschwerde eingelegt. Die Aussage des S. B. liege ihr nicht vor. Das SG habe nicht beachtet, dass die Grenze zwischen illegaler Arbeitnehmerüberlassung und einem Werkvertrag fließend sei. Dass nach den Angaben des S. B. ihr Geschäftsführer die Bauaufsicht geführt und Anweisungen erteilt habe, könne auch im Rahmen der Gewährleistungsverpflichtungen der A.K. Bauservice GmbH und der R. Bau GmbH erfolgen. Dass sie (die Klägerin) - teilweise - Material und schweres Werkzeug zur Verfügung gestellt habe, spreche ebenfalls nicht gegen einen Werkvertrag. Hinsichtlich eines Bauprojekts liege ein schriftlicher Leihvertrag vor, bei dem die R. Bau GmbH ausdrücklich versichert habe, keine Arbeitnehmerüberlassung zu betreiben. Gegen eine Arbeitnehmerüberlassung und für einen Werkvertrag spreche, dass die A.K. Bauservice GmbH und der R. Bau GmbH Gewährleistung geschuldet hätten. Beide GmbHs hätten über eigene Betriebsorganisation und eigene fachliche Kompetenz verfügt. Die Abrechnung auf Stundenbasis in Bezug auf die R. Bau GmbH sei erfolgt, weil eine erfolgsorientierte Abrechnung nicht möglich gewesen sei, da das Bauvorhaben durch sie (die Klägerin) eng kalkuliert gewesen sei. Bei der A.K. Bauservice GmbH habe es keine Stundenbasisvereinbarung gegeben, sondern es seien Pauschalen vereinbart gewesen. Da die angeblichen illegalen Arbeitnehmerüberlassungen in der A.K. Bauservice GmbH teilweise schon im Jahre 2003 erfolgt seien, seien die Forderungen zum 31. Dezember 2007 verjährt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. April 2010 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der beim Sozialgericht Karlsruhe unter dem Aktenzeichen S 7 KR 2585/09 anhängigen Klage anzuordnen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Ihrer Auffassung nach ist der angefochtene Beschluss des SG zutreffend.
Die durch Beschluss des Senats vom 2. Juni 2010 als zuständige Einzugsstellen beigeladenen Krankenkassen haben im Beschwerdeverfahren keine Anträge gestellt und sich nicht geäußert.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Klägerin ist zulässig. Sie ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ausgeschlossen. Denn der für eine Berufung notwendige Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG vom EUR 750,00 ist überschritten. Der Antrag der Klägerin, die aufschiebende Wirkung der beim SG anhängigen Klage S 7 KR 2585/09 anzuordnen, betrifft eine Forderung von Beiträgen einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 10.235,10.
Die zulässige Beschwerde der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat den Antrag, die aufschiebende Wirkung der anhängigen Klage S 7 KR 2585/09 anzuordnen, zu Recht abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.
1. Die beim SG anhängige Klage S 7 KR 2585/09 hat keine aufschiebende Wirkung. Nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Dies gilt auch hinsichtlich der Festsetzung von Säumniszuschlägen. Hierbei kann offen bleiben, ob Säumniszuschläge nach § 24 Abs. 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) im Sinne des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG Nebenkosten oder selbst öffentliche Abgaben sind (so Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. März 2009, L 1 KR 45/09 B ER, veröffentlicht in Juris, unter Hinweis auf Bundestags-Drucksache 7/4122, S. 34). Jedenfalls lässt sich § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG entnehmen, dass die aufschiebende Wirkung umfassend immer dann entfallen soll, wenn die Anfechtung solche öffentlich-rechtlichen Geldforderungen betrifft, die ein Hoheitsträger zur Deckung seines Finanzbedarfs für die Erfüllung seiner öffentlich-rechtlichen Aufgaben erhebt. Zu diesen Forderungen gehören auch die Säumniszuschläge. Sie sind nicht - nur - ein Druckmittel (so aber Keller, in: Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl. 2008, § 86a Rn. 13a), sondern sie sollen die Sozialleistungsträger auch so stellen, wie sie stehen würden, wenn die Versicherten ihrer Beitragspflicht ordnungsgemäß nachgekommen wären (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.). Der Säumniszuschlag soll auch einen Ausgleich dafür schaffen, dass die Beiträge den Versicherungsträgern nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen; es handelt sich damit um einen standardisierten Mindestschadensausgleich (Bundessozialgericht - BSG - SozR 4-2400 § 24 Nr. 2).
2. Die Frage, ob eine aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage anzuordnen ist, ist anhand einer Interessenabwägung zu entscheiden. Maßgeblich ist, ob das Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit schwerer wiegt als das gegenläufige Interesse am Erhalt der aufschiebenden Wirkung. Die Interessenabwägung fällt grundsätzlich von vornherein zu Gunsten der sofortigen Vollziehbarkeit aus, wenn der Widerspruch oder die Klage gegen den Verwaltungsakt aufgrund der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur summarischen Prüfung erkennbar aussichtslos ist. Sie fällt von vornherein für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung aus, wenn der Verwaltungsakt nach summarischer Prüfung erkennbar rechtswidrig ist. Ist keiner dieser Fälle der erkennbaren Aussichtslosigkeit der Klage oder der erkennbaren Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts gegeben, so sind die Beteiligteninteressen anhand sonstiger Umstände im Einzelfall zu ermitteln und gegeneinander abzuwägen.
2.1. Im Rahmen der Interessenabwägung spricht gegen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage S 7 KR 2585/09, dass aufgrund des derzeitigen Sach- und Streitstandes der mit der Klage angefochtene Bescheid der Beklagten vom 8. August 2008 nicht erkennbar rechtswidrig ist.
Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat den Gesamtsozialversicherungsbeitrag der Arbeitgeber zu zahlen. Als Gesamtsozialversicherungsbeitrag werden nach § 28d Satz 1 SGB IV die Beiträge in der Kranken- oder Rentenversicherung für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten oder Hausgewerbetreibenden sowie der Beitrag aus Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Recht der Arbeitsförderung gezahlt. Dies gilt auch für den Beitrag zur Pflegeversicherung für einen in der Krankenversicherung kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten (§ 28d Satz 2 SGB IV). Die Mittel zur Durchführung des Ausgleichs der Arbeitgeberaufwendungen im Rahmen der Lohnfortzahlung werden nach dem bis 31. Dezember 2005 geltenden § 14 Abs. 1 Lohnfortzahlungsgesetz (LFZG), seit 1. Januar 2006 § 7 Abs. 1 des Aufwendungsausgleichsgesetzes (AAG), durch eine Umlage von den am Ausgleich beteiligten Arbeitgebern aufgebracht.
Unter Berücksichtigung des Ermittlungsergebnisses des Hauptzollamts B. spricht einiges dafür, dass die Klägerin als Arbeitgeberin der Arbeitnehmer, die auf ihren Baustellen tätig waren, gilt, weil diese Arbeitnehmer ihr unerlaubt überlassen worden sind. Denn nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen, wenn der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam ist. Unwirksam ist dieser Vertrag nach § 9 Nr. 1 AÜG, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis hat. Für die Zahlung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge haften der Verleiher und der Entleiher als Gesamtschuldner (§ 28e Abs. 2 Satz 4 SGB VI).
Aufgrund des derzeitigen Sach- und Streitstandes ist unter Berücksichtigung des Ermittlungsergebnisses des Hauptzollamts B. die Annahme der Beklagten, es habe unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung vorgelegen, nicht erkennbar rechtswidrig. Bei der Arbeitnehmerüberlassung werden dem Entleiher die Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt. Der Entleiher setzt sie nach seinen Vorstellungen und Zielen in seinem Betrieb wie eigene Arbeitnehmer ein. Die Arbeitskräfte sind voll in den Betrieb des Entleihers eingegliedert und führen ihre Arbeiten allein nach dessen Weisungen aus. Die Vertragspflicht des Verleihers gegenüber dem Entleiher endet, wenn er den Arbeitnehmer ausgewählt und ihn dem Entleiher zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt hat. Von der Arbeitnehmerüberlassung ist die Tätigkeit eines Arbeitnehmers bei einem Dritten auf Grund eines Werk- oder Dienstvertrags zu unterscheiden. In diesen Fällen wird der Unternehmer für einen anderen tätig. Er organisiert die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen und bleibt für die Erfüllung der im Vertrag vorgesehenen Dienste oder für die Herstellung des geschuldeten Werkes gegenüber dem Drittunternehmen verantwortlich. Die zur Ausführung des Dienst- oder Werkvertrags eingesetzten Arbeitnehmer unterliegen der Weisung des Arbeitgebers und sind dessen Erfüllungsgehilfen. Der Werkbesteller kann jedoch, wie sich aus § 645 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ergibt, dem Werkunternehmer selbst oder dessen Erfüllungsgehilfen Anweisungen für die Ausführung des Werkes erteilen. Solche Dienst- oder Werkverträge werden vom Arbeitnehmerüberlassungsgesetz nicht erfasst (Bundesarbeitsgericht - BAG - Urteil vom 6. August 2003 - 7 AZR 180/03 -, veröffentlicht in juris). Die der Klägerin von der A.K. Bauservice GmbH und der R. Bau GmbH überlassenen Arbeitnehmer haben auf Baustellen der Klägerin weisungsgebundene Arbeit verrichtet. Dies ergibt sich auch aus den Angaben des im Ermittlungsverfahren vom Hauptzollamt B. vernommenen S. B ... Die Niederschrift über diese Vernehmung befindet sich in den Verwaltungsakten der Beklagten (Bl. 61/63). Da im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten erfolgt, ist es nicht erforderlich, im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine Beweisaufnahme durchzuführen. Vielmehr können vorliegende Niederschriften über Vernehmungen bei der summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten berücksichtigt werden. Nach den Angaben des S. B. gab der Geschäftsführer der Klägerin die Anweisungen und führte die Bauaufsicht auf den Baustellen. Jedenfalls das Material und das schwere Werkzeug stellte die Klägerin zu Verfügung.
Allein dass der Vertrag zwischen der Klägerin und der R. Bau GmbH als Werkvertrag oder Nachunternehmervertrag bezeichnet worden ist, begründet noch nicht die Annahme, dass tatsächlich ein Werkvertrag geschlossen worden ist (vgl. BAG, Urteil vom 6. August 2003 - 7 AZR 180/03 -, veröffentlicht in juris). Es ist nicht auszuschließen, dass mit der genannten Bezeichnung des Vertrages die Überlassung von Arbeitnehmern verschleiert werden sollte. Zwischen der Klägerin und der A.K. Bauservice GmbH gibt es keine schriftlichen Vereinbarungen, so dass schon deswegen nicht auf die Bezeichnung eines Vertrages abgestellt werden kann.
Wenn eine unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung vorlag, kommt es für die Haftung der Klägerin für die nicht entrichteten Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagen nicht auf ein Verschulden der Klägerin oder ihres Geschäftsführers an. Die Nachforderung bestünde auch dann, wenn eine strafrechtliche Verurteilung allein an dem Fehlen des hierfür erforderlichen Vorsatzes scheitern sollte.
Auch ist nicht davon auszugehen, dass die von der Beklagten geltend gemachte Nachforderung an Gesamtsozialversicherungsbeiträgen verjährt ist. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, der nach § 17 LFZG auf die Umlagen nach § 14 LFZG entsprechend Anwendung findet, verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Nach § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV (in der ab 1. Januar 1995 bis 31. Dezember 2005 geltenden Fassung) werden Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen sind, spätestens am 15. des Monats fällig, der dem Monat folgt, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt.
Gesamtsozialversicherungsbeiträge, die im Jahre 2003 fällig wurden, wären bei Anwendung der vierjährigen Verjährungsfrist am 31. Dezember 2007 verjährt gewesen. Die Klägerin hat ihre Behauptung, die entliehenen Arbeitnehmer hätten bereits im Jahre 2003 Arbeiten erbracht, bislang nicht substantiiert dargelegt und belegt. Aus der pauschalen Behauptung könnte sich ableiten lassen, dass nur ein Teil der Arbeiten im Jahre 2003 (bis November 2003) erbracht worden ist, so dass die im Jahre 2004 fällig gewordenen Beiträge für Arbeiten ab Dezember 2003 nicht verjährt wären.
Im Übrigen könnte auch die 30-jährige Verjährungsfrist eingreifen. Für Vorsatz im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 3 SGB IV ist das Bewusstsein und der Wille erforderlich, die Abführung der Beiträge zu unterlassen. Nach der Rechtsprechung des BSG reicht es aus, wenn der Arbeitgeber die Beiträge mit (nur) bedingtem Vorsatz vorenthalten hat, also die Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat (BSG, Urteil vom 17. April 2008 - B 13 R 123/07 R - veröffentlicht in juris; BSG SozR 3-2400 § 25 Nr. 7.; SozR 4-2400 § 23a Nr. 3). Direkter Vorsatz ist daher nicht erforderlich. Die bei einem derartigen vorsätzlichen Verhalten eingreifende 30-jährige Verjährungsfrist beginnt ab dem Zeitpunkt, ab dem Beiträge vorsätzlich vorenthalten werden, also u.a. ab dem Zeitpunkt, an dem der Arbeitgeber von der Existenz der Beitragsforderung erfährt. Die verlängerte Verjährung erfasst alle Beitragsnachforderungen, die zu diesem Zeitpunkt noch geltend gemacht werden können: Hat der Beitragsschuldner bei Eintritt der Fälligkeit noch keinen Vorsatz zur Vorenthaltung, läuft zunächst vom folgenden Kalenderjahr an eine vierjährige Verjährungsfrist. Diese verlängert sich jedoch durch eine rückwirkende Umwandlung in die 30-jährige Verjährungsfrist, wenn der Beitragsschuldner noch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist bösgläubig wird (vgl. BSG SozR 3-2400 § 25 Nr. 7). Ein beitragspflichtiger Arbeitgeber, bei dem innerhalb unverjährter Zeit Vorsatz eintritt, ist nicht mehr in dem Sinne schutzwürdig, dass ihm die kürzere, vierjährige Verjährungsfrist zugutegehalten werden müsste, weil er noch nicht davon ausgehen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden.
Auch die Festsetzung von Säumniszuschlägen durch die Beklagte ist nicht erkennbar rechtswidrig. Nach § 24 Abs. 1 SGB IV ist für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins v.H. des rückständigen, auf EUR 50,00 nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist nach § 24 Abs. 2 SGB IV ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Da auf Grund des derzeitigen Sach- und Streitstandes davon auszugehen ist, dass Beitragsrückstände bestehen, die Klägerin also die Gesamtsozialversicherungsbeiträge nicht zum Fälligkeitszeitpunkt gezahlt hat, konnte die Beklagte Säumniszuschläge festsetzen.
2.2. Die aufschiebende Wirkung der Klage S 7 KR 2585/09 kann auch nicht angeordnet werden, weil die Klägerin sowohl im Antragsverfahren als auch im Beschwerdeverfahren schon nicht vorgetragen hat, wie ihre finanziellen Verhältnisse sind und weshalb sie nicht in der Lage sein soll, die Gesamtsozialversicherungsbeiträge zunächst zu entrichten.
2.3. Bei der Interessenabwägung ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin für den Fall, dass sie mit der anhängigen Klage ganz oder teilweise Erfolg hat, die zunächst gezahlten Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Säumniszuschläge von der Beklagten wieder zurückerhalten kann. Eine Zahlungsunfähigkeit der Beklagten kann nicht eintreten. Demgegenüber könnte während der Dauer des Klageverfahrens die Klägerin - aus heute noch nicht bekannten Gründen - in Insolvenz fallen oder ihren Geschäftsbetrieb einstellen. Würde die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet und die Klage rechtskräftig abgewiesen, bestünde die Gefahr, dass die nachgeforderten Gesamtsozialversicherungsbeiträge nicht mehr eingetrieben werden könnten und der Solidargemeinschaft der Versicherten damit ein Nachteil entsteht. Dieses Interesse ist höher zu gewichten als das Interesse der Klägerin.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, 154, 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
4. Die endgültige Festsetzung des Streitwerts für beide Rechtszüge beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1, 63 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Die Klägerin wendet sich gegen eine Forderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 10.235,10. In Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist der Streitwert regelmäßig ein Betrag von 25 v.H. der geforderten Gesamtsozialversicherungsbeiträge einschließlich Säumniszuschlägen. Dies sind gerundet EUR 2.559,00.
5. Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes wird für beide Rechtszüge endgültig auf EUR 2.559,00 festgesetzt.
Gründe:
I.
Die klagende GmbH begehrt, die aufschiebende Wirkung ihrer beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage gegen Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen in Höhe von EUR 10.235,10 (einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 3.440,50) anzuordnen.
Die klagende GmbH betreibt ein Bauunternehmen. In dem Unternehmen sind der Geschäftsführer und dessen Ehefrau tätig. Arbeitnehmer werden nicht beschäftigt. Die Klägerin (bezeichnet als Auftraggeber) schloss mit der R. Bau GmbH am 18. Dezember 2003 sowie mit einem weiteren Bauunternehmen Werkverträge/Nachunternehmerverträge (jeweils bezeichnet als Nachunternehmer), wonach für näher benannte Bauvorhaben die Klägerin Rohbauarbeiten oder Einschalarbeiten den als Nachunternehmer bezeichneten Firmen übertrug. Im Rahmen eines vom Hauptzollamt B. eingeleiteten Ermittlungsverfahrens gegen die A.K. Bauservice GmbH und die R. Bau GmbH, die keine Erlaubnis zum gewerbsmäßigen Verleih von Arbeitnehmern nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) hatten und die nach Feststellungen des Hauptzollamts B. Briefkastenfirmen waren, wegen illegaler Arbeitnehmerüberlassung kam es am 13. Juni 2006 auch zu einer Durchsuchung der Geschäftsräume der Klägerin. Bei dieser Durchsuchung wurden u.a. Rechnungen der beiden zuvor genannten GmbHs an die Klägerin sowie Stundenaufzeichnungen mit den Namen von Arbeitnehmern sichergestellt. Nach einer Zusammenstellung des Hauptzollamts B. stellte die A.K. Bauservice GmbH der Klägerin für die Zeit vom 9. Februar bis 5. Juli 2004 Rechnungen über insgesamt EUR 22.480,80 (EUR 19.380,00 zuzüglich 16 v.H. Umsatzsteuer EUR 3.100,80). Die Staatsanwaltschaft K. erhob gegen den Geschäftsführer der Klägerin Anklage wegen zehn Vergehen des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt (530 Js 39336/06). Das Amtsgericht E. stellte das Strafverfahren gegen den Geschäftsführer der Klägerin vorläufig ein und gab ihm auf, den durch die Tat verursachten Schaden durch Zahlung von insgesamt EUR 4.322,23 an drei Krankenkassen (u.a. die Beigeladenen zu 1) und 2)) wiedergutzumachen (Beschluss vom 27. Mai 2008 - 1 Ds 530 Js 39336/06 -). Eine Zahlung durch den Geschäftsführer der Klägerin erfolgte nicht.
Nach Anhörung der Klägerin (Schreiben vom 11. Juli 2008) forderte die Beklagte von der Klägerin mit Bescheid vom 8. August 2008 EUR 10.235,10 (einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 3.440,50) nach. Unter Bezugnahme auf das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens ging die Beklagte davon aus, dass die A.K. Bauservice GmbH, wobei Verträge in schriftlicher Form mit dieser GmbH nicht vorlägen, und die R. Bau GmbH der Klägerin illegal Arbeitnehmer überlassen hätten, die von den Verleihern nicht zur Sozialversicherung gemeldet gewesen seien. Bei illegaler Arbeitnehmerüberlassung werde der Entleiher selbst zum Arbeitgeber und die Einzugsstelle könne die Forderung unmittelbar beim Entleiher geltend machen, ohne dass eine Exkulpationsmöglichkeit für den Entleiher vorgesehen sei. Nach den Angaben des britischen Versicherungsträgers habe die in den (in einem anderen Ermittlungsverfahren sichergestellten) Entsendebescheinigungen genannte Firma (Eu. F. L.) keine Arbeitnehmer entsandt. Wegen der fehlenden Meldung durch den Verleiher sei eine personenbezogene Beitragsfestsetzung nicht möglich. Die Lohnaufwendungen betrügen nach ihrer (der Beklagten) Schätzung zwei Drittel der Nettorechnungsbeträge bzw. der abgerechneten Stundenverrechnungssätze. Die Schätzung basiere auf den Mindestlöhnen für Arbeiter sowie einem Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung von insgesamt 23,1 v.H ... Auf der Basis des Mindestlohnes für einen Facharbeiter ergäben sich Lohnkosten in Höhe von mindestens EUR 15,35 pro Stunde. Die Arbeitsleistungen seien mit EUR 24,00 pro Stunde abgerechnet worden. Ausgehend von diesem Stundenverrechnungssatz entsprächen EUR 15,35 einem Verhältnis von 63,96 v.H ... Als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt berücksichtigte die Beklagte die in den sichergestellten Rechnungen enthaltenen Beträge mit dem Faktor 0,67. Den Widerspruch der Klägerin wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 2009). Die Ermittlungen gegen die Verantwortlichen der A.K. Bauservice GmbH und der R. Bau GmbH hätten zu rechtskräftigen Verurteilungen geführt. Es sei zweifelsfrei festgestellt worden, dass der alleinige Geschäftszweck der genannten Firmen in der Arbeitnehmerüberlassung bestanden habe. Auf den Beschluss des Amtsgerichts E. vom 27. Mai 2008 werde verwiesen. Die für den in Rede stehenden Beschäftigungszeitraum ab 12. Dezember 2003 zu zahlenden Beiträge seien am 15. Januar 2004 fällig gewesen und damit zum Zeitpunkt der Bescheiderteilung noch nicht verjährt gewesen.
Gegen den am 12. Mai 2009 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid erhob die Klägerin am 15. Juni 2009 Klage beim SG, die beim SG noch anhängig ist (S 7 KR 2585/09). Sie machte wie bereits im Rahmen der Anhörung und des Widerspruchsverfahrens - geltend, sie habe mit der A.K. Bauservice GmbH und der R. Bau GmbH Subunternehmerverträge abgeschlossen, einen schriftlichen Vertrag nur mit der R. Bau GmbH am 18. Dezember 2003. Dass der alleinige Geschäftszweck der A.K. Bauservice GmbH und der R. Bau GmbH in illegaler Arbeitnehmerüberlassung bestanden haben sowie die Tatsache, dass es zu rechtskräftigen Verurteilungen der jeweiligen Geschäftsführer gekommen sein solle, werde mit Nichtwissen bestritten. Weder sie (die Klägerin) noch ihr Geschäftsführer hätten Kenntnis von einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung dieser Firmen gehabt. Die Ansprüche seien in jedem Fall zum Teil verjährt, da die Leistungen der beiden genannten Firmen bereits zum Teil vor Dezember 2004 erfolgt seien und die Beklagte lediglich auf das Rechnungsdatum abstelle. Auch sei die Berechnungsweise der Beiträge und der Säumniszuschläge nicht nachvollziehbar. Mit der Firma Eu. F. L. habe sie (die Klägerin) nichts zu tun gehabt. Das Strafverfahren sei bis zum Abschluss des sozialgerichtlichen Verfahrens ausgesetzt.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und legte auf Anforderung des SG die Übersetzung der Bestätigung des britischen Versicherungsträgers vom 28. März 2007 vor, wonach für die Eu. F. L. keine Vordrucke E 101 ausgestellt worden seien.
Am 31. März 2010 beantragte die Klägerin, die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage anzuordnen, weil die Klage der Hauptsache voraussichtlich Erfolg haben werde.
Die Beklagte trat diesen Antrag unter Verweis auf ihre Bescheide entgegen.
Mit Beschluss vom 22 April 2010 lehnte das SG den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, ab. Nach Lage der Akten spreche viel dafür, dass die Beklagte zu Recht Beiträge von der Klägerin nach fordere. Die Bewertung der Beklagten, dass zwischen der Klägerin und der A.K. Bauservice GmbH und der R. Bau GmbH keine Werkverträge vorgelegen hätten, sondern tatsächlich Arbeitnehmer entliehen worden seien, sei überzeugend. Beide Firmen hätten nicht über sächliche oder personelle Ausstattung verfügt hätten, sondern seien nur Briefkastenfirmen gewesen, über die Arbeitnehmer vermittelt worden seien. Hinsichtlich des im Vertrag vom 18. Dezember 2003 angegebenen Projekts habe die R. Bau GmbH der Klägerin mit Schreiben vom 10. Dezember 2003 den Einsatz von Maurern bei wöchentlicher Abrechnung auf einer Stundenlohnbasis von EUR 24,00 bestätigt und sie (die Klägerin) mit Schreiben vom 18. Dezember 2003 angewiesen, diese direkt zu bezahlen. Der als Vorarbeiter benannte S. B. sei vom Hauptzollamt B. am 1. Juli 2007 als Zeuge vernommen worden und habe angegeben, der Geschäftsführer der Klägerin habe die Bauaufsicht geführt, Anweisungen erteilt, Material und schweres Werkzeug zur Verfügung gestellt sowie sich erkundigt, ob es Probleme gebe oder etwas benötigt werde. Nach dem aufgrund der tatsächlichen Durchführung und der praktischen Handhabung ermittelten wirklichen Willen der Vertragspartner liege bei dem im Vertrag vom 18. Dezember 2003 genannten Bauobjekt kein Werkvertrag, sondern Arbeitnehmerüberlassung vor. Dass die Beklagte für andere Projekte, für die keine Werkverträge vorgelegt worden seien, ähnliche Abläufe annehme und entsprechend zur gleichen rechtlichen Bewertung komme, sei danach nicht zu beanstanden. Im Übrigen, auch wegen der Verjährung, werde auf die Ausführungen im Bescheid vom 8. August 2008 verwiesen. Die Vollziehung der Beitragsbescheide stelle für die Klägerin auch keine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte dar. Die Antragstellerin habe entsprechende Tatsachen nicht vorgetragen.
Gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 27. April 2010 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 11. Mai 2010 Beschwerde eingelegt. Die Aussage des S. B. liege ihr nicht vor. Das SG habe nicht beachtet, dass die Grenze zwischen illegaler Arbeitnehmerüberlassung und einem Werkvertrag fließend sei. Dass nach den Angaben des S. B. ihr Geschäftsführer die Bauaufsicht geführt und Anweisungen erteilt habe, könne auch im Rahmen der Gewährleistungsverpflichtungen der A.K. Bauservice GmbH und der R. Bau GmbH erfolgen. Dass sie (die Klägerin) - teilweise - Material und schweres Werkzeug zur Verfügung gestellt habe, spreche ebenfalls nicht gegen einen Werkvertrag. Hinsichtlich eines Bauprojekts liege ein schriftlicher Leihvertrag vor, bei dem die R. Bau GmbH ausdrücklich versichert habe, keine Arbeitnehmerüberlassung zu betreiben. Gegen eine Arbeitnehmerüberlassung und für einen Werkvertrag spreche, dass die A.K. Bauservice GmbH und der R. Bau GmbH Gewährleistung geschuldet hätten. Beide GmbHs hätten über eigene Betriebsorganisation und eigene fachliche Kompetenz verfügt. Die Abrechnung auf Stundenbasis in Bezug auf die R. Bau GmbH sei erfolgt, weil eine erfolgsorientierte Abrechnung nicht möglich gewesen sei, da das Bauvorhaben durch sie (die Klägerin) eng kalkuliert gewesen sei. Bei der A.K. Bauservice GmbH habe es keine Stundenbasisvereinbarung gegeben, sondern es seien Pauschalen vereinbart gewesen. Da die angeblichen illegalen Arbeitnehmerüberlassungen in der A.K. Bauservice GmbH teilweise schon im Jahre 2003 erfolgt seien, seien die Forderungen zum 31. Dezember 2007 verjährt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. April 2010 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der beim Sozialgericht Karlsruhe unter dem Aktenzeichen S 7 KR 2585/09 anhängigen Klage anzuordnen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Ihrer Auffassung nach ist der angefochtene Beschluss des SG zutreffend.
Die durch Beschluss des Senats vom 2. Juni 2010 als zuständige Einzugsstellen beigeladenen Krankenkassen haben im Beschwerdeverfahren keine Anträge gestellt und sich nicht geäußert.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Klägerin ist zulässig. Sie ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ausgeschlossen. Denn der für eine Berufung notwendige Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG vom EUR 750,00 ist überschritten. Der Antrag der Klägerin, die aufschiebende Wirkung der beim SG anhängigen Klage S 7 KR 2585/09 anzuordnen, betrifft eine Forderung von Beiträgen einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 10.235,10.
Die zulässige Beschwerde der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat den Antrag, die aufschiebende Wirkung der anhängigen Klage S 7 KR 2585/09 anzuordnen, zu Recht abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.
1. Die beim SG anhängige Klage S 7 KR 2585/09 hat keine aufschiebende Wirkung. Nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Dies gilt auch hinsichtlich der Festsetzung von Säumniszuschlägen. Hierbei kann offen bleiben, ob Säumniszuschläge nach § 24 Abs. 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) im Sinne des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG Nebenkosten oder selbst öffentliche Abgaben sind (so Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. März 2009, L 1 KR 45/09 B ER, veröffentlicht in Juris, unter Hinweis auf Bundestags-Drucksache 7/4122, S. 34). Jedenfalls lässt sich § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG entnehmen, dass die aufschiebende Wirkung umfassend immer dann entfallen soll, wenn die Anfechtung solche öffentlich-rechtlichen Geldforderungen betrifft, die ein Hoheitsträger zur Deckung seines Finanzbedarfs für die Erfüllung seiner öffentlich-rechtlichen Aufgaben erhebt. Zu diesen Forderungen gehören auch die Säumniszuschläge. Sie sind nicht - nur - ein Druckmittel (so aber Keller, in: Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl. 2008, § 86a Rn. 13a), sondern sie sollen die Sozialleistungsträger auch so stellen, wie sie stehen würden, wenn die Versicherten ihrer Beitragspflicht ordnungsgemäß nachgekommen wären (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.). Der Säumniszuschlag soll auch einen Ausgleich dafür schaffen, dass die Beiträge den Versicherungsträgern nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen; es handelt sich damit um einen standardisierten Mindestschadensausgleich (Bundessozialgericht - BSG - SozR 4-2400 § 24 Nr. 2).
2. Die Frage, ob eine aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage anzuordnen ist, ist anhand einer Interessenabwägung zu entscheiden. Maßgeblich ist, ob das Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit schwerer wiegt als das gegenläufige Interesse am Erhalt der aufschiebenden Wirkung. Die Interessenabwägung fällt grundsätzlich von vornherein zu Gunsten der sofortigen Vollziehbarkeit aus, wenn der Widerspruch oder die Klage gegen den Verwaltungsakt aufgrund der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur summarischen Prüfung erkennbar aussichtslos ist. Sie fällt von vornherein für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung aus, wenn der Verwaltungsakt nach summarischer Prüfung erkennbar rechtswidrig ist. Ist keiner dieser Fälle der erkennbaren Aussichtslosigkeit der Klage oder der erkennbaren Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts gegeben, so sind die Beteiligteninteressen anhand sonstiger Umstände im Einzelfall zu ermitteln und gegeneinander abzuwägen.
2.1. Im Rahmen der Interessenabwägung spricht gegen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage S 7 KR 2585/09, dass aufgrund des derzeitigen Sach- und Streitstandes der mit der Klage angefochtene Bescheid der Beklagten vom 8. August 2008 nicht erkennbar rechtswidrig ist.
Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat den Gesamtsozialversicherungsbeitrag der Arbeitgeber zu zahlen. Als Gesamtsozialversicherungsbeitrag werden nach § 28d Satz 1 SGB IV die Beiträge in der Kranken- oder Rentenversicherung für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten oder Hausgewerbetreibenden sowie der Beitrag aus Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Recht der Arbeitsförderung gezahlt. Dies gilt auch für den Beitrag zur Pflegeversicherung für einen in der Krankenversicherung kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten (§ 28d Satz 2 SGB IV). Die Mittel zur Durchführung des Ausgleichs der Arbeitgeberaufwendungen im Rahmen der Lohnfortzahlung werden nach dem bis 31. Dezember 2005 geltenden § 14 Abs. 1 Lohnfortzahlungsgesetz (LFZG), seit 1. Januar 2006 § 7 Abs. 1 des Aufwendungsausgleichsgesetzes (AAG), durch eine Umlage von den am Ausgleich beteiligten Arbeitgebern aufgebracht.
Unter Berücksichtigung des Ermittlungsergebnisses des Hauptzollamts B. spricht einiges dafür, dass die Klägerin als Arbeitgeberin der Arbeitnehmer, die auf ihren Baustellen tätig waren, gilt, weil diese Arbeitnehmer ihr unerlaubt überlassen worden sind. Denn nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen, wenn der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam ist. Unwirksam ist dieser Vertrag nach § 9 Nr. 1 AÜG, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis hat. Für die Zahlung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge haften der Verleiher und der Entleiher als Gesamtschuldner (§ 28e Abs. 2 Satz 4 SGB VI).
Aufgrund des derzeitigen Sach- und Streitstandes ist unter Berücksichtigung des Ermittlungsergebnisses des Hauptzollamts B. die Annahme der Beklagten, es habe unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung vorgelegen, nicht erkennbar rechtswidrig. Bei der Arbeitnehmerüberlassung werden dem Entleiher die Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt. Der Entleiher setzt sie nach seinen Vorstellungen und Zielen in seinem Betrieb wie eigene Arbeitnehmer ein. Die Arbeitskräfte sind voll in den Betrieb des Entleihers eingegliedert und führen ihre Arbeiten allein nach dessen Weisungen aus. Die Vertragspflicht des Verleihers gegenüber dem Entleiher endet, wenn er den Arbeitnehmer ausgewählt und ihn dem Entleiher zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt hat. Von der Arbeitnehmerüberlassung ist die Tätigkeit eines Arbeitnehmers bei einem Dritten auf Grund eines Werk- oder Dienstvertrags zu unterscheiden. In diesen Fällen wird der Unternehmer für einen anderen tätig. Er organisiert die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen und bleibt für die Erfüllung der im Vertrag vorgesehenen Dienste oder für die Herstellung des geschuldeten Werkes gegenüber dem Drittunternehmen verantwortlich. Die zur Ausführung des Dienst- oder Werkvertrags eingesetzten Arbeitnehmer unterliegen der Weisung des Arbeitgebers und sind dessen Erfüllungsgehilfen. Der Werkbesteller kann jedoch, wie sich aus § 645 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ergibt, dem Werkunternehmer selbst oder dessen Erfüllungsgehilfen Anweisungen für die Ausführung des Werkes erteilen. Solche Dienst- oder Werkverträge werden vom Arbeitnehmerüberlassungsgesetz nicht erfasst (Bundesarbeitsgericht - BAG - Urteil vom 6. August 2003 - 7 AZR 180/03 -, veröffentlicht in juris). Die der Klägerin von der A.K. Bauservice GmbH und der R. Bau GmbH überlassenen Arbeitnehmer haben auf Baustellen der Klägerin weisungsgebundene Arbeit verrichtet. Dies ergibt sich auch aus den Angaben des im Ermittlungsverfahren vom Hauptzollamt B. vernommenen S. B ... Die Niederschrift über diese Vernehmung befindet sich in den Verwaltungsakten der Beklagten (Bl. 61/63). Da im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten erfolgt, ist es nicht erforderlich, im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine Beweisaufnahme durchzuführen. Vielmehr können vorliegende Niederschriften über Vernehmungen bei der summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten berücksichtigt werden. Nach den Angaben des S. B. gab der Geschäftsführer der Klägerin die Anweisungen und führte die Bauaufsicht auf den Baustellen. Jedenfalls das Material und das schwere Werkzeug stellte die Klägerin zu Verfügung.
Allein dass der Vertrag zwischen der Klägerin und der R. Bau GmbH als Werkvertrag oder Nachunternehmervertrag bezeichnet worden ist, begründet noch nicht die Annahme, dass tatsächlich ein Werkvertrag geschlossen worden ist (vgl. BAG, Urteil vom 6. August 2003 - 7 AZR 180/03 -, veröffentlicht in juris). Es ist nicht auszuschließen, dass mit der genannten Bezeichnung des Vertrages die Überlassung von Arbeitnehmern verschleiert werden sollte. Zwischen der Klägerin und der A.K. Bauservice GmbH gibt es keine schriftlichen Vereinbarungen, so dass schon deswegen nicht auf die Bezeichnung eines Vertrages abgestellt werden kann.
Wenn eine unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung vorlag, kommt es für die Haftung der Klägerin für die nicht entrichteten Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagen nicht auf ein Verschulden der Klägerin oder ihres Geschäftsführers an. Die Nachforderung bestünde auch dann, wenn eine strafrechtliche Verurteilung allein an dem Fehlen des hierfür erforderlichen Vorsatzes scheitern sollte.
Auch ist nicht davon auszugehen, dass die von der Beklagten geltend gemachte Nachforderung an Gesamtsozialversicherungsbeiträgen verjährt ist. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, der nach § 17 LFZG auf die Umlagen nach § 14 LFZG entsprechend Anwendung findet, verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Nach § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV (in der ab 1. Januar 1995 bis 31. Dezember 2005 geltenden Fassung) werden Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen sind, spätestens am 15. des Monats fällig, der dem Monat folgt, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt.
Gesamtsozialversicherungsbeiträge, die im Jahre 2003 fällig wurden, wären bei Anwendung der vierjährigen Verjährungsfrist am 31. Dezember 2007 verjährt gewesen. Die Klägerin hat ihre Behauptung, die entliehenen Arbeitnehmer hätten bereits im Jahre 2003 Arbeiten erbracht, bislang nicht substantiiert dargelegt und belegt. Aus der pauschalen Behauptung könnte sich ableiten lassen, dass nur ein Teil der Arbeiten im Jahre 2003 (bis November 2003) erbracht worden ist, so dass die im Jahre 2004 fällig gewordenen Beiträge für Arbeiten ab Dezember 2003 nicht verjährt wären.
Im Übrigen könnte auch die 30-jährige Verjährungsfrist eingreifen. Für Vorsatz im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 3 SGB IV ist das Bewusstsein und der Wille erforderlich, die Abführung der Beiträge zu unterlassen. Nach der Rechtsprechung des BSG reicht es aus, wenn der Arbeitgeber die Beiträge mit (nur) bedingtem Vorsatz vorenthalten hat, also die Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat (BSG, Urteil vom 17. April 2008 - B 13 R 123/07 R - veröffentlicht in juris; BSG SozR 3-2400 § 25 Nr. 7.; SozR 4-2400 § 23a Nr. 3). Direkter Vorsatz ist daher nicht erforderlich. Die bei einem derartigen vorsätzlichen Verhalten eingreifende 30-jährige Verjährungsfrist beginnt ab dem Zeitpunkt, ab dem Beiträge vorsätzlich vorenthalten werden, also u.a. ab dem Zeitpunkt, an dem der Arbeitgeber von der Existenz der Beitragsforderung erfährt. Die verlängerte Verjährung erfasst alle Beitragsnachforderungen, die zu diesem Zeitpunkt noch geltend gemacht werden können: Hat der Beitragsschuldner bei Eintritt der Fälligkeit noch keinen Vorsatz zur Vorenthaltung, läuft zunächst vom folgenden Kalenderjahr an eine vierjährige Verjährungsfrist. Diese verlängert sich jedoch durch eine rückwirkende Umwandlung in die 30-jährige Verjährungsfrist, wenn der Beitragsschuldner noch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist bösgläubig wird (vgl. BSG SozR 3-2400 § 25 Nr. 7). Ein beitragspflichtiger Arbeitgeber, bei dem innerhalb unverjährter Zeit Vorsatz eintritt, ist nicht mehr in dem Sinne schutzwürdig, dass ihm die kürzere, vierjährige Verjährungsfrist zugutegehalten werden müsste, weil er noch nicht davon ausgehen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden.
Auch die Festsetzung von Säumniszuschlägen durch die Beklagte ist nicht erkennbar rechtswidrig. Nach § 24 Abs. 1 SGB IV ist für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins v.H. des rückständigen, auf EUR 50,00 nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist nach § 24 Abs. 2 SGB IV ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Da auf Grund des derzeitigen Sach- und Streitstandes davon auszugehen ist, dass Beitragsrückstände bestehen, die Klägerin also die Gesamtsozialversicherungsbeiträge nicht zum Fälligkeitszeitpunkt gezahlt hat, konnte die Beklagte Säumniszuschläge festsetzen.
2.2. Die aufschiebende Wirkung der Klage S 7 KR 2585/09 kann auch nicht angeordnet werden, weil die Klägerin sowohl im Antragsverfahren als auch im Beschwerdeverfahren schon nicht vorgetragen hat, wie ihre finanziellen Verhältnisse sind und weshalb sie nicht in der Lage sein soll, die Gesamtsozialversicherungsbeiträge zunächst zu entrichten.
2.3. Bei der Interessenabwägung ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin für den Fall, dass sie mit der anhängigen Klage ganz oder teilweise Erfolg hat, die zunächst gezahlten Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Säumniszuschläge von der Beklagten wieder zurückerhalten kann. Eine Zahlungsunfähigkeit der Beklagten kann nicht eintreten. Demgegenüber könnte während der Dauer des Klageverfahrens die Klägerin - aus heute noch nicht bekannten Gründen - in Insolvenz fallen oder ihren Geschäftsbetrieb einstellen. Würde die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet und die Klage rechtskräftig abgewiesen, bestünde die Gefahr, dass die nachgeforderten Gesamtsozialversicherungsbeiträge nicht mehr eingetrieben werden könnten und der Solidargemeinschaft der Versicherten damit ein Nachteil entsteht. Dieses Interesse ist höher zu gewichten als das Interesse der Klägerin.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, 154, 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
4. Die endgültige Festsetzung des Streitwerts für beide Rechtszüge beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1, 63 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Die Klägerin wendet sich gegen eine Forderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 10.235,10. In Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist der Streitwert regelmäßig ein Betrag von 25 v.H. der geforderten Gesamtsozialversicherungsbeiträge einschließlich Säumniszuschlägen. Dies sind gerundet EUR 2.559,00.
5. Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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