Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 10 P 4184/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 1535/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 09. März 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger ab 21. Juli 2006 Anspruch auf Pflegegeld nach der Pflegestufe II statt Pflegestufe I hat.
Der am 1951 geborene Kläger ist bei der Beklagten pflegeversichert. Er ist infolge eines Autounfalls querschnittsgelähmt und bezieht von der Beklagten Pflegegeld nach der Pflegestufe I seit 01. April 1995 (Bescheid vom 31. März 1995). Dem zu Grunde lag das Gutachten des Internisten Dr. S., Medizinischer Dienst der Krankenkassen Baden-Württemberg (MDK), vom 09. Februar 1995. Einen ersten Höherstufungsantrag des Klägers vom 04. Dezember 2001 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24. Januar 2002 ab. Dem zu Grunde lag das Gutachten des Dr. B. vom 21. Januar 2002, der im Bereich der Körperpflege einen Hilfebedarf von 49 Minuten täglich annahm, und zwar einmal täglich 30 Minuten für das Duschen sowie 19 Minuten täglich für das dreimal wöchentlich erforderliche Ausräumen des Rektums à 45 Minuten. Des Weiteren bezieht der Kläger Pflegegeld vom zuständigen Sozialhilfeträger.
Wegen eines Decubitus IV. Grades befand sich der Kläger von September 2005 bis März 2006 in stationärer Behandlung im M.-hospital S ... Während dieser stationären Behandlung erfolgten die Anlage eines Anus praeters und eines suprapubischen Blasenkatheters sowie Unterschenkelamputationen beidseits.
Am 21. Juli 2006 beantragte der Kläger erneut die Höherstufung. Die Beklagte betraute daraufhin den MDK mit der Erstattung eines Gutachtens zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß dem Elften Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB XI). Pflegefachkraft M. S. suchte den Kläger am 27. Juli 2006 zuhause auf und erstattete am 22. August 2006 ihr Gutachten. Pflegebegründende Diagnosen seien eine Querschnittslähmung und Zustand nach Unterschenkelamputation beidseits. Der erforderliche Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege betrage elf Minuten pro Tag und zwar fünf Minuten beim Duschen (Waschen und Abtrocknen des Gesäßes), vier Minuten beim Aufstehen/Zu-Bett-Gehen sowie zwei Minuten beim Stehen (Transfer). Der vom Kläger geltend gemachte wesentlich höhere Hilfebedarf sei aufgrund der beschriebenen Fähigkeitsstörungen nicht nachvollziehbar. Die Abnahme des Hilfebedarfs sei auf eine Adaption an die Behinderung zurückzuführen.
Mit Schreiben vom 31. August 2006 teilte die Beklagte daraufhin dem Kläger mit, der MDK habe festgestellt, dass sich der Pflegezustand gebessert habe. Deshalb lägen die Voraussetzungen nach Pflegestufe I nicht mehr vor. Der durchschnittliche tägliche Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege betrage für die Pflegestufe I nach den gesetzlichen Vorschriften über 45 Minuten täglich. Der vom MDK festgestellte durchschnittliche tägliche Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege betrage elf Minuten, dadurch entfalle die Pflegestufe I ab 01. Oktober 2006. Es werde ihm Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Der Kläger teilte hierzu mit Schreiben vom 04. September 2006 mit, er widerspreche dieser angekündigten Aberkennung der Pflegestufe I. Aufgrund der Amputation beider Beine, und eines künstlichen Darmausgangs sei er pflegebedürftig mindestens im Rahmen der Pflegestufe I. Im Hinblick auf die Verschlechterung seines allgemeinen Gesundheitszustands und den damit einhergehenden Pflegebedarf stehe ihm sogar die Pflegestufe II zu, die er deshalb auch beantragt habe. Im sog. Pflegebogen für den MDK gab der Kläger am 21. September 2006 einen Zeitaufwand für Hilfeleistungen in den Bereichen Körperpflege, Blasenentleerung, Darmentleerung, Aufstehen/Zu-Bett-Gehen sowie An- und Auskleiden und Arztbesuche von mindestens 120 Minuten an. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine erneute Begutachtung durch den MDK. Dessen Gutachterin R. stellte in ihrem Gutachten vom 25. Oktober 2006 nach Aktenlage einen Gesamthilfebedarf von elf Minuten pro Tag im Bereich der Grundpflege fest. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Kläger der Hilfe bei der Ganzkörperwäsche in dem von ihm geltend gemachten hohen Umfang bedürfe, wo er doch keinerlei Einschränkungen der oberen Extremitäten habe. Auch die Angaben des Zeitaufwands für die einzelnen Verrichtungen seien nicht nachvollziehbar. Der Kläger sei mit Pflegehilfsmitteln gut versorgt und daher nicht mehr, wie zu Zeiten der Einstufung, auf Hilfe angewiesen.
Der Kläger teilte daraufhin der Beklagten mit, er halte an seinem "Widerspruch" fest. In den von der Beklagten angesetzten Zeiträumen sei es selbst für einen gesunden Menschen nicht möglich, die notwendige Körperpflege durchzuführen. Insbesondere die tiefen Hautfalten im Sitzbereich erforderten angesichts der Stuhlinkontinenz eine äußerst zeitintensive besondere Pflege.
Am 11. Januar 2007 führte Pflegefachkraft B.-B. von der Beklagten einen Hausbesuch beim Kläger durch. Sie stellte fest, der Kläger werde täglich von seiner Schwester, Frau R. G., geduscht. Dies sei bei Darminkontinenz und häufigem Durchfall absolut erforderlich. Häufig werde er auch zweimal täglich geduscht, z. B. bei Durchfall oder wenn das Urinkatheter geknickt sei und Urin danebenlaufe. 20 Minuten seien ausreichend. Da der Kläger auf dem Badewannenlifter nicht sitzstabil sei, benötige er Unterstützung. Ein weiterer Zeitaufwand von realistisch zweimal täglich zehn Minuten entstehe für die besondere notwendige Körperpflege im Bereich des Gesäßes, die gleichfalls von der Schwester des Klägers durchgeführt werde, mindestens zweimal à zehn Minuten täglich. Für die Versorgung des Blasenkatheters und des Anus praeter-Beutels seien zehn Minuten täglich realistisch. Die Schwester des Klägers helfe auch bei jedem Transfer. Insgesamt benötige der Kläger täglich 73 Minuten Hilfe bei Körperpflege und Mobilität. Hiermit konfrontiert, hielt Gutachterin R. an ihrer Einschätzung fest (Stellungnahme vom 25. Januar 2007). Die Beklagte teilte dem Kläger mit Bescheid vom 08. Februar 2007 mit, er erhalte ab 01. Oktober 2006 in der Pflegestufe I monatlich EUR 205,00 Pflegegeld.
Mit Schriftsatz vom 01. März 2007, eingegangen bei der Beklagten am 02. März 2007, machte der Kläger erneut geltend, dass eine Höherstufung angezeigt sei und erklärte, insoweit gegen den Bescheid vom 08. Februar 2007 Widerspruch einzulegen. Pflegefachkraft T. von der Beklagten hielt in ihrer Stellungnahme vom 19. Juni 2007 den Hilfebedarf von 73 Minuten für sehr hoch angesetzt, angemessen seien 48 Minuten. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2007 zurück. Der Gesetzgeber sehe für die Gewährung von Pflegeleistungen je nach Intensität des Hilfebedarfs drei Stufen vor. Unterschieden werde zwischen "erheblicher Pflegebedürftigkeit" (Pflegestufe I), "Schwerpflegebedürftigkeit" (Pflegestufe II) und "Schwerstpflegebedürftigkeit" (Pflegestufe III). Für die Pflegestufe II würden vom Gesetzgeber i.V. mit den Pflegebedürftigkeitsrichtlinien folgende Vorgaben gemacht: Schwerpflegebedürftigkeit liege vor bei einem mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten erforderlichen Hilfebedarf bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität. Zusätzlich müsse mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt werden. Der wöchentliche Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger, Nachbar oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für alle für die Versorgung des Pflegebedürftigen nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit erforderlichen Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung benötige, müsse im Tagesdurchschnitt mindestens drei Stunden betragen, wobei auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen müssten. Die Gutachten des MDK sowie ihrer (der Beklagten) Pflegefachkräfte ließen eine höhere Pflegestufe als die anerkannte Pflegestufe I nicht zu.
Am 22. August 2007 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Hierbei trug er zur Begründung weiter vor, aufgrund seiner beidseitigen Unterschenkelamputation und Querschnittslähmung sowie des künstlichen Darmausgangs einen erheblichen Pflegebedarf zu haben. Insbesondere benötige er zu verschiedenen Tageszeiten den erforderlichen Pflegebedarf bei der Körperpflege, nämlich immer zumindest dann, wenn Körperentleerungen erfolgt seien. Dies könne wohl nicht ernsthaft zugemutet werden, dass er sich insofern auf eine einmalige Verrichtung am Tag beschränken solle.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Auch nach Aussage seiner Ärzte könne der Kläger die Katheterversorgung in der Regel selbstständig durchführen. Aus den vom SG eingeholten Arztbericht ergäben sich letztendlich keine objektiven Anhaltspunkte für einen höheren Hilfebedarf.
Das SG zog zunächst die ärztlichen Unterlagen des M.-hospitals S. bei und holte bei dem Urologen Dr. L. sowie bei dem Internisten und Kardiologen Dr. St. sachverständige Zeugenauskünfte ein. Dr. L. gab an (Auskunft vom 19. Dezember 2007), der Kläger könne aus urologischer Sicht die fälligen Verbandswechsel des suprapubischen Blasenkatheters selbstständig, eventuell mit Unterstützung durchführen. Dr. St. teilte mit (Auskunft vom 15. Januar 2008), im Verlauf der Behandlung seit der erstmaligen Vorstellung am 08. Juni 2007 habe sich der psychische Zustand deutlich gebessert, der körperliche Zustand sei gleich geblieben. Der Kläger habe einen deutlich höheren Pflegebedarf als in den Gutachten angegeben. Er sei hochgradig Decubitus gefährdet sowie die Versorgung des Blasenkatheters und des Anus praeter-Beutels sei zeitintensiv. Aufgrund einer Untersuchung im häuslichen Bereich des Klägers am 22. November 2008 erstattete Dr. M. S., Arzt für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, das vom SG in Auftrag gegebene schriftliche sachverständige Gutachten vom 22. Dezember 2008. Hiernach lägen folgende Diagnosen vor: Spastische Paraparese bei komplettem Querschnitt Th 11/12 mit Harn- und Stuhlinkontinenz; Suprapubischer Dauerkatheter und Anus praeter-Anlage; Zustand nach Oberschenkelamputation beidseits, kein Anhalt für eine psychische Erkrankung. Der Gesamtpflegebedarf für die Grundpflege (Körperpflege, Ernährung, Mobilität) liege bei 61 Minuten pro Tag, einschließlich der hauswirtschaftlichen Versorgung 106 Minuten. Die besonderen Erschwernisse durch das Vorliegen des Blasenkatheters und des Anus praeter seien dabei berücksichtigt. Es bestehe auch eine Spastik der unteren Extremitäten, die den Transfer erschwere. Im Einzelnen bedürfe der Kläger bei den Verrichtungen des täglichen Lebens fremder Hilfe oder Betreuung wie folgt: Beim Duschen/Baden täglich 35 Minuten, einschließlich des intensiven Abtrocknens insbesondere der Hautfalten. Für den morgendlichen Wechsel des Harnkatheterbeutels und des Stomabeutels liege der Zeitbedarf bei täglich zehn Minuten. Alle zwei Tage werde die Flasche des Anus praeter gewechselt. Der Zeitbedarf für diese Behandlungspflege liege bei zehn Minuten. Morgens erfolge eine Hilfestellung beim Transfer vom Bett in den Rollstuhl sowie mittags nach dem Mittagessen vom Rollstuhl zurück in das Bett. Sodann erfolge nochmals ein Transfer vom Bett zurück in den Rollstuhl und abends ein Transfer vom Rollstuhl in das Bett. Der Zeitbedarf liege bei jeweils zwei Minuten. Es bestehe somit ein täglicher Zeitbedarf von acht Minuten. Der tägliche Zeitbedarf für die Hilfe beim An- und Auskleiden des Unterkörpers liege bei acht Minuten. Der Kläger könne selbstständig mit dem Rollstuhl sich in der Wohnung bewegen sowie kurze Strecken mit dem behindertengerecht ausgestatteten PKW zurücklegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 09. März 2009 wies das SG die Klage ab. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne einer Verschlimmerung, welche einen Anspruch auf die beantragte Pflegeleistung nach der Pflegestufe II begründen könnte, sei nicht nachgewiesen. Das SG schloss sich insoweit in vollem Umfang den Ausführungen und Darlegungen des Gerichtssachverständigen Dr. S. an und sah bei Zugrundelegung der gesamten Aktenunterlagen keine Veranlassung, hiervon abzuweichen. Entscheidend für die Pflegebedürftigkeit sei nicht die Art oder Schwere der Erkrankung oder Behinderung, somit auch nicht die Diagnose und nicht die damit verbundenen Einbußen an Lebensqualität, sondern allein der konkret daraus resultierende zeitliche Umfang des Hilfebedarfs im Bereich der abschließend als pflegebegründend definierten Verrichtungen.
Der Gerichtsbescheid wurde der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 17. März 2009 zugestellt.
Am 02. April 2009 hat der Kläger hiergegen per Telefax Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er trägt vor, zwar werde er tatsächlich nur einmal täglich von einer Schwester beim Baden unterstützt. Natürlich sei es ebenfalls richtig, dass auch nur einmal täglich der Harnkatheterbeutel geleert werde. Es könne aber nicht zu seinen Lasten gehen, dass er mangels Finanzierungsmöglichkeit bisher den eigentlich weitergehenden Hilfebedarf nicht in Anspruch nehmen könne. In Wirklichkeit leide er bedingt durch den Anus praeter häufig tagsüber an Durchfall und durch den suprapubischen Dauerkatheter nässe er sehr häufig in die Hose. Die Annahmen des SG und des Sachverständigen Dr. S. zum erforderlichen Pflegebedarf bei der Körperhygiene würden dem nicht gerecht.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 09. März 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 08. Februar 2007 in der Gestalt Widerspruchsbescheids vom 25. Juli 2007 zu verurteilen, ihm Pflegegeld nach Pflegestufe II ab 21. Juli 2006 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt ergänzend vor, der Kläger habe gegenüber dem Sachverständigen Dr. S. am 22. November 2008 bestätigt, dass er die Stomabeutel tagsüber selbst leere und dies auch meistens abends der Fall sei. Auch werde abends bei der Körperpflege kein Hilfebedarf angegeben. An den notwendigen Harnkatheter schließe der Kläger abends selbstständig einen zweiten Beutel an. Auch im Gutachten der Pflegefachkraft vom 19. Juni 2007 werde festgestellt, dass die Anus praeter-Versorgung weitgehend durch den Kläger selbstständig erfolge. Ein Pflegebedarf der Pflegestufe II bestehe daher nicht.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat zu Recht mit Bescheid vom 08. Februar in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juli 2007 den Antrag des Klägers, ihm Pflegeleistungen nach Pflegestufe II statt Pflegestufe I zu erbringen, abgelehnt.
1. Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 08. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juli 2007. Ausdrücklich hat die Beklagte mit diesem Bescheid nur Pflegegeld nach der Pflegestufe I für die Zeit ab 01. Oktober 2006 bewilligt, dessen Zahlung sie zunächst ohne Erlass eines entsprechenden Bescheids zum 30. September 2006 eingestellt hatte. Der Senat geht davon aus, dass die Beklagte mit dieser Bewilligung zugleich der Antrag des Klägers auf Höherstufung vom 21. Juli 2006 sinngemäß abgelehnt hat. Jedenfalls aus dem Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2007 ergibt sich hinreichend deutlich, dass die Beklagte die Auffassung vertrat, die Voraussetzungen für die Bewilligung von Pflegegeld nach der Pflegestufe II lägen nicht vor.
2. Gemäß § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist die Änderung, soweit der ursprüngliche Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen so, wie er ergangen ist, nicht mehr erlassen werden dürfte (BSG SozR 1300 § 48 Nr. 22). Zu vergleichen sind nach § 48 Abs. 1 SGB X stets die zum Zeitpunkt der Aufhebung bzw. des Aufhebungstermins bestehenden tatsächlichen Verhältnisse mit jenen, die zum Zeitpunkt der letzten Leistungsbewilligung, bei der die Anspruchsvoraussetzungen vollständig geprüft worden sind, vorhanden gewesen sind (Bundessozialgericht [BSG] SozR 4-1300 § 48 Nr. 6). Als Vergleichsmaßstab sind somit hier die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend, die zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 24. Januar 2002 vorgelegen haben, mit welchem die Beklagte den Antrag des Klägers auf Höherstufung vom 04. Dezember 2001 abgelehnt und damit die Anspruchsvoraussetzungen vollständig geprüft hatte.
Eine wesentliche Änderung in diesem Sinne im Pflegebedarf des Klägers lässt sich nicht feststellen.
Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB XI können Pflegebedürftige anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Pflegebedürftig sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, die im Einzelnen in § 14 Abs. 4 SGB XI genannt sind, auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maß (§ 15 SGB XI) der Hilfe bedürfen. Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Pflegebedürftige der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe II mindestens drei Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI). Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI). Die Grundpflege umfasst die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI), der Ernährung (§ 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI) und der Mobilität (§ 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI). Zur Grundpflege zählt ein Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege beim Waschen, Duschen, Baden, der Zahnpflege, dem Kämmen, Rasieren, der Darm- und Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung beim mundgerechten Zubereiten der Nahrung und der Aufnahme der Nahrung sowie im Bereich der Mobilität beim selbstständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, dem An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen und dem Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung. Das Ausmaß des Pflegebedarfs ist nach einem objektiven ("abstrakten") Maßstab zu beurteilen. Denn § 14 SGB XI stellt allein auf den "Bedarf" an Pflege und nicht auf die unterschiedliche Art der Deckung dieses Bedarfs bzw. die tatsächlich erbrachte Pflege ab (vgl. BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 19). Bei der Bestimmung des erforderlichen Zeitbedarfs für die Grundpflege sind als Orientierungswerte die Zeitkorridore der Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI (Begutachtungs-Richtlinien) zu berücksichtigen. Diese Zeitwerte sind zwar keine verbindlichen Vorgaben; es handelt sich jedoch um Zeitkorridore mit Leitfunktion (Abschnitt F Nr. 1 der Begutachtungs-Richtlinien; vgl. dazu BSG SozR 4-3300 § 23 Nr. 3 m.w.N.). Dabei beruhen die Zeitkorridore auf der vollständigen Übernahme der Verrichtungen durch eine Laienpflegekraft.
Das SG hat in dem angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend und ausführlich dargelegt, dass und aus welchen Gründen ein Pflegebedarf von zwei Stunden in der Grundpflege Voraussetzung für eine Höherstufung in die Pflegestufe II - nicht erreicht ist. Der Senat nimmt insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die zutreffenden Gründe des Gerichtsbescheids des SG Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist noch auszuführen: Entgegen der im Vortrag des Klägers immer wieder erscheinenden Auffassung, maßgeblich für die Einstufung in die Pflegestufe sei, wie lange er aufgrund seiner Behinderung für bestimmte Verrichtungen benötige, ist die Pflegebedürftigkeit nach §§ 14, 15 SGB XI danach zu beurteilen, in welchem Umfang der Pflegebedürftige der Hilfe anderer bei den in § 14 SGB XI aufgeführten Verrichtungen bedarf. Die Hilfe im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB XI besteht in der Unterstützung, in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder in Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen (§ 14 Abs. 3 SGB XI). Verrichtungen, die der Betroffene nach entsprechender Anleitung selbst - wenn auch mit gegenüber einem Gesunden erhöhtem Zeitaufwand - bewältigt, begründen keinen Pflegebedarf im Sinne des § 14 SGB XI. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger etwa wegen einer psychischen Erkrankung oder einer Antriebsminderung im besonderen Maße der Beaufsichtigung und Veranlassung zur Vornahme notwendiger Verrichtungen etwa im Bereich der Körperhygiene bedürfte, ergeben sich aus dem gesamten Akteninhalt nicht. Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 22. Dezember 2008 für das Duschen/Baden einschließlich intensivem Abtrocknen einen Zeitaufwand von 35 Minuten veranschlagt. Selbst wenn - wie vom Kläger vorgetragen - ein höherer Zeitaufwand für die Körperpflege wegen wiederholten Durchfalls und Einnässens im Laufe des Tages benötigt werden sollte, so lässt sich daraus ein Hilfebedarf von mindestens zwei Stunden im Bereich der Grundpflege - wie für Pflegestufe II erforderlich - nicht begründen.
Unwidersprochen hat der Sachverständige Dr. S. dargelegt, das Waschen des Oberkörpers erfolge selbstständig, ebenso die Zahnpflege sowie das Kämmen und Rasieren. Mundgerechte Zubereitung und Aufnahme der Nahrung seien selbstständig möglich. Der Hilfebedarf beschränkt sich auf die Mobilität (Aufstehen, Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden) und auf die Körperpflege. Auch die vom SG eingeholten sachverständigen Zeugenauskünfte des Urologen Dr. L. und des Internisten Dr. St. bestätigen insoweit die Beschränkung des Hilfebedarfs auf die genannten Bereiche. Selbst wenn entsprechend den Einschätzungen von Dr. St. von einem im Einzelnen höheren zeitlichen Hilfebedarf auszugehen sein sollte, wird ein Gesamthilfebedarf im Bereich der Grundpflege von zwei Stunden bei weitem nicht erreicht. Ausgehend von dem vom Sachverständigen Dr. S. genannten Hilfebedarf bei den Verrichtungen der Grundpflege von 61 Minuten müsste, damit die Voraussetzungen der Pflegestufe II erfüllt sind, ein weiterer Hilfebedarf von nochmals 60 Minuten vorhanden sein. Anhaltspunkte dafür, dass die vom Sachverständigen Dr. S. erfolgte Schätzung des Hilfebedarfs derart unzutreffend ist, dass sie nur die Hälfte des tatsächlichen Hilfebedarfs erfasst, bestehen nicht.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger ab 21. Juli 2006 Anspruch auf Pflegegeld nach der Pflegestufe II statt Pflegestufe I hat.
Der am 1951 geborene Kläger ist bei der Beklagten pflegeversichert. Er ist infolge eines Autounfalls querschnittsgelähmt und bezieht von der Beklagten Pflegegeld nach der Pflegestufe I seit 01. April 1995 (Bescheid vom 31. März 1995). Dem zu Grunde lag das Gutachten des Internisten Dr. S., Medizinischer Dienst der Krankenkassen Baden-Württemberg (MDK), vom 09. Februar 1995. Einen ersten Höherstufungsantrag des Klägers vom 04. Dezember 2001 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24. Januar 2002 ab. Dem zu Grunde lag das Gutachten des Dr. B. vom 21. Januar 2002, der im Bereich der Körperpflege einen Hilfebedarf von 49 Minuten täglich annahm, und zwar einmal täglich 30 Minuten für das Duschen sowie 19 Minuten täglich für das dreimal wöchentlich erforderliche Ausräumen des Rektums à 45 Minuten. Des Weiteren bezieht der Kläger Pflegegeld vom zuständigen Sozialhilfeträger.
Wegen eines Decubitus IV. Grades befand sich der Kläger von September 2005 bis März 2006 in stationärer Behandlung im M.-hospital S ... Während dieser stationären Behandlung erfolgten die Anlage eines Anus praeters und eines suprapubischen Blasenkatheters sowie Unterschenkelamputationen beidseits.
Am 21. Juli 2006 beantragte der Kläger erneut die Höherstufung. Die Beklagte betraute daraufhin den MDK mit der Erstattung eines Gutachtens zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß dem Elften Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB XI). Pflegefachkraft M. S. suchte den Kläger am 27. Juli 2006 zuhause auf und erstattete am 22. August 2006 ihr Gutachten. Pflegebegründende Diagnosen seien eine Querschnittslähmung und Zustand nach Unterschenkelamputation beidseits. Der erforderliche Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege betrage elf Minuten pro Tag und zwar fünf Minuten beim Duschen (Waschen und Abtrocknen des Gesäßes), vier Minuten beim Aufstehen/Zu-Bett-Gehen sowie zwei Minuten beim Stehen (Transfer). Der vom Kläger geltend gemachte wesentlich höhere Hilfebedarf sei aufgrund der beschriebenen Fähigkeitsstörungen nicht nachvollziehbar. Die Abnahme des Hilfebedarfs sei auf eine Adaption an die Behinderung zurückzuführen.
Mit Schreiben vom 31. August 2006 teilte die Beklagte daraufhin dem Kläger mit, der MDK habe festgestellt, dass sich der Pflegezustand gebessert habe. Deshalb lägen die Voraussetzungen nach Pflegestufe I nicht mehr vor. Der durchschnittliche tägliche Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege betrage für die Pflegestufe I nach den gesetzlichen Vorschriften über 45 Minuten täglich. Der vom MDK festgestellte durchschnittliche tägliche Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege betrage elf Minuten, dadurch entfalle die Pflegestufe I ab 01. Oktober 2006. Es werde ihm Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Der Kläger teilte hierzu mit Schreiben vom 04. September 2006 mit, er widerspreche dieser angekündigten Aberkennung der Pflegestufe I. Aufgrund der Amputation beider Beine, und eines künstlichen Darmausgangs sei er pflegebedürftig mindestens im Rahmen der Pflegestufe I. Im Hinblick auf die Verschlechterung seines allgemeinen Gesundheitszustands und den damit einhergehenden Pflegebedarf stehe ihm sogar die Pflegestufe II zu, die er deshalb auch beantragt habe. Im sog. Pflegebogen für den MDK gab der Kläger am 21. September 2006 einen Zeitaufwand für Hilfeleistungen in den Bereichen Körperpflege, Blasenentleerung, Darmentleerung, Aufstehen/Zu-Bett-Gehen sowie An- und Auskleiden und Arztbesuche von mindestens 120 Minuten an. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine erneute Begutachtung durch den MDK. Dessen Gutachterin R. stellte in ihrem Gutachten vom 25. Oktober 2006 nach Aktenlage einen Gesamthilfebedarf von elf Minuten pro Tag im Bereich der Grundpflege fest. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Kläger der Hilfe bei der Ganzkörperwäsche in dem von ihm geltend gemachten hohen Umfang bedürfe, wo er doch keinerlei Einschränkungen der oberen Extremitäten habe. Auch die Angaben des Zeitaufwands für die einzelnen Verrichtungen seien nicht nachvollziehbar. Der Kläger sei mit Pflegehilfsmitteln gut versorgt und daher nicht mehr, wie zu Zeiten der Einstufung, auf Hilfe angewiesen.
Der Kläger teilte daraufhin der Beklagten mit, er halte an seinem "Widerspruch" fest. In den von der Beklagten angesetzten Zeiträumen sei es selbst für einen gesunden Menschen nicht möglich, die notwendige Körperpflege durchzuführen. Insbesondere die tiefen Hautfalten im Sitzbereich erforderten angesichts der Stuhlinkontinenz eine äußerst zeitintensive besondere Pflege.
Am 11. Januar 2007 führte Pflegefachkraft B.-B. von der Beklagten einen Hausbesuch beim Kläger durch. Sie stellte fest, der Kläger werde täglich von seiner Schwester, Frau R. G., geduscht. Dies sei bei Darminkontinenz und häufigem Durchfall absolut erforderlich. Häufig werde er auch zweimal täglich geduscht, z. B. bei Durchfall oder wenn das Urinkatheter geknickt sei und Urin danebenlaufe. 20 Minuten seien ausreichend. Da der Kläger auf dem Badewannenlifter nicht sitzstabil sei, benötige er Unterstützung. Ein weiterer Zeitaufwand von realistisch zweimal täglich zehn Minuten entstehe für die besondere notwendige Körperpflege im Bereich des Gesäßes, die gleichfalls von der Schwester des Klägers durchgeführt werde, mindestens zweimal à zehn Minuten täglich. Für die Versorgung des Blasenkatheters und des Anus praeter-Beutels seien zehn Minuten täglich realistisch. Die Schwester des Klägers helfe auch bei jedem Transfer. Insgesamt benötige der Kläger täglich 73 Minuten Hilfe bei Körperpflege und Mobilität. Hiermit konfrontiert, hielt Gutachterin R. an ihrer Einschätzung fest (Stellungnahme vom 25. Januar 2007). Die Beklagte teilte dem Kläger mit Bescheid vom 08. Februar 2007 mit, er erhalte ab 01. Oktober 2006 in der Pflegestufe I monatlich EUR 205,00 Pflegegeld.
Mit Schriftsatz vom 01. März 2007, eingegangen bei der Beklagten am 02. März 2007, machte der Kläger erneut geltend, dass eine Höherstufung angezeigt sei und erklärte, insoweit gegen den Bescheid vom 08. Februar 2007 Widerspruch einzulegen. Pflegefachkraft T. von der Beklagten hielt in ihrer Stellungnahme vom 19. Juni 2007 den Hilfebedarf von 73 Minuten für sehr hoch angesetzt, angemessen seien 48 Minuten. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2007 zurück. Der Gesetzgeber sehe für die Gewährung von Pflegeleistungen je nach Intensität des Hilfebedarfs drei Stufen vor. Unterschieden werde zwischen "erheblicher Pflegebedürftigkeit" (Pflegestufe I), "Schwerpflegebedürftigkeit" (Pflegestufe II) und "Schwerstpflegebedürftigkeit" (Pflegestufe III). Für die Pflegestufe II würden vom Gesetzgeber i.V. mit den Pflegebedürftigkeitsrichtlinien folgende Vorgaben gemacht: Schwerpflegebedürftigkeit liege vor bei einem mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten erforderlichen Hilfebedarf bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität. Zusätzlich müsse mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt werden. Der wöchentliche Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger, Nachbar oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für alle für die Versorgung des Pflegebedürftigen nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit erforderlichen Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung benötige, müsse im Tagesdurchschnitt mindestens drei Stunden betragen, wobei auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen müssten. Die Gutachten des MDK sowie ihrer (der Beklagten) Pflegefachkräfte ließen eine höhere Pflegestufe als die anerkannte Pflegestufe I nicht zu.
Am 22. August 2007 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Hierbei trug er zur Begründung weiter vor, aufgrund seiner beidseitigen Unterschenkelamputation und Querschnittslähmung sowie des künstlichen Darmausgangs einen erheblichen Pflegebedarf zu haben. Insbesondere benötige er zu verschiedenen Tageszeiten den erforderlichen Pflegebedarf bei der Körperpflege, nämlich immer zumindest dann, wenn Körperentleerungen erfolgt seien. Dies könne wohl nicht ernsthaft zugemutet werden, dass er sich insofern auf eine einmalige Verrichtung am Tag beschränken solle.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Auch nach Aussage seiner Ärzte könne der Kläger die Katheterversorgung in der Regel selbstständig durchführen. Aus den vom SG eingeholten Arztbericht ergäben sich letztendlich keine objektiven Anhaltspunkte für einen höheren Hilfebedarf.
Das SG zog zunächst die ärztlichen Unterlagen des M.-hospitals S. bei und holte bei dem Urologen Dr. L. sowie bei dem Internisten und Kardiologen Dr. St. sachverständige Zeugenauskünfte ein. Dr. L. gab an (Auskunft vom 19. Dezember 2007), der Kläger könne aus urologischer Sicht die fälligen Verbandswechsel des suprapubischen Blasenkatheters selbstständig, eventuell mit Unterstützung durchführen. Dr. St. teilte mit (Auskunft vom 15. Januar 2008), im Verlauf der Behandlung seit der erstmaligen Vorstellung am 08. Juni 2007 habe sich der psychische Zustand deutlich gebessert, der körperliche Zustand sei gleich geblieben. Der Kläger habe einen deutlich höheren Pflegebedarf als in den Gutachten angegeben. Er sei hochgradig Decubitus gefährdet sowie die Versorgung des Blasenkatheters und des Anus praeter-Beutels sei zeitintensiv. Aufgrund einer Untersuchung im häuslichen Bereich des Klägers am 22. November 2008 erstattete Dr. M. S., Arzt für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, das vom SG in Auftrag gegebene schriftliche sachverständige Gutachten vom 22. Dezember 2008. Hiernach lägen folgende Diagnosen vor: Spastische Paraparese bei komplettem Querschnitt Th 11/12 mit Harn- und Stuhlinkontinenz; Suprapubischer Dauerkatheter und Anus praeter-Anlage; Zustand nach Oberschenkelamputation beidseits, kein Anhalt für eine psychische Erkrankung. Der Gesamtpflegebedarf für die Grundpflege (Körperpflege, Ernährung, Mobilität) liege bei 61 Minuten pro Tag, einschließlich der hauswirtschaftlichen Versorgung 106 Minuten. Die besonderen Erschwernisse durch das Vorliegen des Blasenkatheters und des Anus praeter seien dabei berücksichtigt. Es bestehe auch eine Spastik der unteren Extremitäten, die den Transfer erschwere. Im Einzelnen bedürfe der Kläger bei den Verrichtungen des täglichen Lebens fremder Hilfe oder Betreuung wie folgt: Beim Duschen/Baden täglich 35 Minuten, einschließlich des intensiven Abtrocknens insbesondere der Hautfalten. Für den morgendlichen Wechsel des Harnkatheterbeutels und des Stomabeutels liege der Zeitbedarf bei täglich zehn Minuten. Alle zwei Tage werde die Flasche des Anus praeter gewechselt. Der Zeitbedarf für diese Behandlungspflege liege bei zehn Minuten. Morgens erfolge eine Hilfestellung beim Transfer vom Bett in den Rollstuhl sowie mittags nach dem Mittagessen vom Rollstuhl zurück in das Bett. Sodann erfolge nochmals ein Transfer vom Bett zurück in den Rollstuhl und abends ein Transfer vom Rollstuhl in das Bett. Der Zeitbedarf liege bei jeweils zwei Minuten. Es bestehe somit ein täglicher Zeitbedarf von acht Minuten. Der tägliche Zeitbedarf für die Hilfe beim An- und Auskleiden des Unterkörpers liege bei acht Minuten. Der Kläger könne selbstständig mit dem Rollstuhl sich in der Wohnung bewegen sowie kurze Strecken mit dem behindertengerecht ausgestatteten PKW zurücklegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 09. März 2009 wies das SG die Klage ab. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne einer Verschlimmerung, welche einen Anspruch auf die beantragte Pflegeleistung nach der Pflegestufe II begründen könnte, sei nicht nachgewiesen. Das SG schloss sich insoweit in vollem Umfang den Ausführungen und Darlegungen des Gerichtssachverständigen Dr. S. an und sah bei Zugrundelegung der gesamten Aktenunterlagen keine Veranlassung, hiervon abzuweichen. Entscheidend für die Pflegebedürftigkeit sei nicht die Art oder Schwere der Erkrankung oder Behinderung, somit auch nicht die Diagnose und nicht die damit verbundenen Einbußen an Lebensqualität, sondern allein der konkret daraus resultierende zeitliche Umfang des Hilfebedarfs im Bereich der abschließend als pflegebegründend definierten Verrichtungen.
Der Gerichtsbescheid wurde der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 17. März 2009 zugestellt.
Am 02. April 2009 hat der Kläger hiergegen per Telefax Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er trägt vor, zwar werde er tatsächlich nur einmal täglich von einer Schwester beim Baden unterstützt. Natürlich sei es ebenfalls richtig, dass auch nur einmal täglich der Harnkatheterbeutel geleert werde. Es könne aber nicht zu seinen Lasten gehen, dass er mangels Finanzierungsmöglichkeit bisher den eigentlich weitergehenden Hilfebedarf nicht in Anspruch nehmen könne. In Wirklichkeit leide er bedingt durch den Anus praeter häufig tagsüber an Durchfall und durch den suprapubischen Dauerkatheter nässe er sehr häufig in die Hose. Die Annahmen des SG und des Sachverständigen Dr. S. zum erforderlichen Pflegebedarf bei der Körperhygiene würden dem nicht gerecht.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 09. März 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 08. Februar 2007 in der Gestalt Widerspruchsbescheids vom 25. Juli 2007 zu verurteilen, ihm Pflegegeld nach Pflegestufe II ab 21. Juli 2006 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt ergänzend vor, der Kläger habe gegenüber dem Sachverständigen Dr. S. am 22. November 2008 bestätigt, dass er die Stomabeutel tagsüber selbst leere und dies auch meistens abends der Fall sei. Auch werde abends bei der Körperpflege kein Hilfebedarf angegeben. An den notwendigen Harnkatheter schließe der Kläger abends selbstständig einen zweiten Beutel an. Auch im Gutachten der Pflegefachkraft vom 19. Juni 2007 werde festgestellt, dass die Anus praeter-Versorgung weitgehend durch den Kläger selbstständig erfolge. Ein Pflegebedarf der Pflegestufe II bestehe daher nicht.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat zu Recht mit Bescheid vom 08. Februar in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juli 2007 den Antrag des Klägers, ihm Pflegeleistungen nach Pflegestufe II statt Pflegestufe I zu erbringen, abgelehnt.
1. Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 08. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juli 2007. Ausdrücklich hat die Beklagte mit diesem Bescheid nur Pflegegeld nach der Pflegestufe I für die Zeit ab 01. Oktober 2006 bewilligt, dessen Zahlung sie zunächst ohne Erlass eines entsprechenden Bescheids zum 30. September 2006 eingestellt hatte. Der Senat geht davon aus, dass die Beklagte mit dieser Bewilligung zugleich der Antrag des Klägers auf Höherstufung vom 21. Juli 2006 sinngemäß abgelehnt hat. Jedenfalls aus dem Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2007 ergibt sich hinreichend deutlich, dass die Beklagte die Auffassung vertrat, die Voraussetzungen für die Bewilligung von Pflegegeld nach der Pflegestufe II lägen nicht vor.
2. Gemäß § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist die Änderung, soweit der ursprüngliche Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen so, wie er ergangen ist, nicht mehr erlassen werden dürfte (BSG SozR 1300 § 48 Nr. 22). Zu vergleichen sind nach § 48 Abs. 1 SGB X stets die zum Zeitpunkt der Aufhebung bzw. des Aufhebungstermins bestehenden tatsächlichen Verhältnisse mit jenen, die zum Zeitpunkt der letzten Leistungsbewilligung, bei der die Anspruchsvoraussetzungen vollständig geprüft worden sind, vorhanden gewesen sind (Bundessozialgericht [BSG] SozR 4-1300 § 48 Nr. 6). Als Vergleichsmaßstab sind somit hier die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend, die zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 24. Januar 2002 vorgelegen haben, mit welchem die Beklagte den Antrag des Klägers auf Höherstufung vom 04. Dezember 2001 abgelehnt und damit die Anspruchsvoraussetzungen vollständig geprüft hatte.
Eine wesentliche Änderung in diesem Sinne im Pflegebedarf des Klägers lässt sich nicht feststellen.
Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB XI können Pflegebedürftige anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Pflegebedürftig sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, die im Einzelnen in § 14 Abs. 4 SGB XI genannt sind, auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maß (§ 15 SGB XI) der Hilfe bedürfen. Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Pflegebedürftige der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe II mindestens drei Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI). Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI). Die Grundpflege umfasst die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI), der Ernährung (§ 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI) und der Mobilität (§ 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI). Zur Grundpflege zählt ein Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege beim Waschen, Duschen, Baden, der Zahnpflege, dem Kämmen, Rasieren, der Darm- und Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung beim mundgerechten Zubereiten der Nahrung und der Aufnahme der Nahrung sowie im Bereich der Mobilität beim selbstständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, dem An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen und dem Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung. Das Ausmaß des Pflegebedarfs ist nach einem objektiven ("abstrakten") Maßstab zu beurteilen. Denn § 14 SGB XI stellt allein auf den "Bedarf" an Pflege und nicht auf die unterschiedliche Art der Deckung dieses Bedarfs bzw. die tatsächlich erbrachte Pflege ab (vgl. BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 19). Bei der Bestimmung des erforderlichen Zeitbedarfs für die Grundpflege sind als Orientierungswerte die Zeitkorridore der Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI (Begutachtungs-Richtlinien) zu berücksichtigen. Diese Zeitwerte sind zwar keine verbindlichen Vorgaben; es handelt sich jedoch um Zeitkorridore mit Leitfunktion (Abschnitt F Nr. 1 der Begutachtungs-Richtlinien; vgl. dazu BSG SozR 4-3300 § 23 Nr. 3 m.w.N.). Dabei beruhen die Zeitkorridore auf der vollständigen Übernahme der Verrichtungen durch eine Laienpflegekraft.
Das SG hat in dem angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend und ausführlich dargelegt, dass und aus welchen Gründen ein Pflegebedarf von zwei Stunden in der Grundpflege Voraussetzung für eine Höherstufung in die Pflegestufe II - nicht erreicht ist. Der Senat nimmt insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die zutreffenden Gründe des Gerichtsbescheids des SG Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist noch auszuführen: Entgegen der im Vortrag des Klägers immer wieder erscheinenden Auffassung, maßgeblich für die Einstufung in die Pflegestufe sei, wie lange er aufgrund seiner Behinderung für bestimmte Verrichtungen benötige, ist die Pflegebedürftigkeit nach §§ 14, 15 SGB XI danach zu beurteilen, in welchem Umfang der Pflegebedürftige der Hilfe anderer bei den in § 14 SGB XI aufgeführten Verrichtungen bedarf. Die Hilfe im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB XI besteht in der Unterstützung, in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder in Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen (§ 14 Abs. 3 SGB XI). Verrichtungen, die der Betroffene nach entsprechender Anleitung selbst - wenn auch mit gegenüber einem Gesunden erhöhtem Zeitaufwand - bewältigt, begründen keinen Pflegebedarf im Sinne des § 14 SGB XI. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger etwa wegen einer psychischen Erkrankung oder einer Antriebsminderung im besonderen Maße der Beaufsichtigung und Veranlassung zur Vornahme notwendiger Verrichtungen etwa im Bereich der Körperhygiene bedürfte, ergeben sich aus dem gesamten Akteninhalt nicht. Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 22. Dezember 2008 für das Duschen/Baden einschließlich intensivem Abtrocknen einen Zeitaufwand von 35 Minuten veranschlagt. Selbst wenn - wie vom Kläger vorgetragen - ein höherer Zeitaufwand für die Körperpflege wegen wiederholten Durchfalls und Einnässens im Laufe des Tages benötigt werden sollte, so lässt sich daraus ein Hilfebedarf von mindestens zwei Stunden im Bereich der Grundpflege - wie für Pflegestufe II erforderlich - nicht begründen.
Unwidersprochen hat der Sachverständige Dr. S. dargelegt, das Waschen des Oberkörpers erfolge selbstständig, ebenso die Zahnpflege sowie das Kämmen und Rasieren. Mundgerechte Zubereitung und Aufnahme der Nahrung seien selbstständig möglich. Der Hilfebedarf beschränkt sich auf die Mobilität (Aufstehen, Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden) und auf die Körperpflege. Auch die vom SG eingeholten sachverständigen Zeugenauskünfte des Urologen Dr. L. und des Internisten Dr. St. bestätigen insoweit die Beschränkung des Hilfebedarfs auf die genannten Bereiche. Selbst wenn entsprechend den Einschätzungen von Dr. St. von einem im Einzelnen höheren zeitlichen Hilfebedarf auszugehen sein sollte, wird ein Gesamthilfebedarf im Bereich der Grundpflege von zwei Stunden bei weitem nicht erreicht. Ausgehend von dem vom Sachverständigen Dr. S. genannten Hilfebedarf bei den Verrichtungen der Grundpflege von 61 Minuten müsste, damit die Voraussetzungen der Pflegestufe II erfüllt sind, ein weiterer Hilfebedarf von nochmals 60 Minuten vorhanden sein. Anhaltspunkte dafür, dass die vom Sachverständigen Dr. S. erfolgte Schätzung des Hilfebedarfs derart unzutreffend ist, dass sie nur die Hälfte des tatsächlichen Hilfebedarfs erfasst, bestehen nicht.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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