S 14 R 534/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Münster (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 14 R 534/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid der Beklagten vom 28.03.2006 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 01.06.2010 wird aufgehoben. Die Beigeladene wird verurteilt, an die Klägerin 1.972,72 EUR zu zahlen. Die Beigeladene trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Erstattung des Eigenanteils für die Anschaffung eines digi-talen Hörgerätes.

Die am 00.00.1946 geborene Klägerin war bis zum Februar 2009 als Rechtsanwalts- und Notargehilfin in einer 20-Wochenstunden-Stellung beschäftigt, seit dem 01.03.2009 erhält sie Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Daneben bezieht sie Witwenrente.

Aus dem in den Akten der Beklagten befindlichen Reha-Entlassungsbericht der P. Klinik St. X. vom 27.10.2005 sind als Diagnosen erkennbar:

- Dreh- und Schwankschwindel bei Morbus Menière nach Hörsturz

Die Klägerin behauptet einen einschlägigen Teilhabeantrag bei der Beklagten am 03.01.2006. Unter diesem Datum ist in den Akten der Beklagten lediglich dokumentiert ein nach dem Stempel der Beigeladenen offenbar in der Geschäftsstelle N. der Beigeladenen aufgenommener Teilhabeantrag, nach der von der Klägerin unterschriebenen Anlage ge-richtet auf Bewilligung eines "großen EDV-Bildschirms". Die vorgedruckte Ausstattung "or-thopädischer Bürostuhl" ist durchgestrichen.

Ein schriftlicher formloser Antrag der Klägerin, gerichtet auf die Kostenübernahme von Hörgerätekosten, ist bei der Beklagten am 20.03.2006 eingegangen.

Die Rechnung der Firma B. Hörgeräte N. vom 14.02.2006 weist einen Eigenanteil – neben dem aufgeführten Kassenanteil – für die Hörgeräteversorgung mit Hörgerät des Typs Artis S in Höhe von 2.049,32 EUR aus, drei Positionen der Rechnung betreffen Reinigungsartikel.

Bei den Akten befinden sich außerdem in Kopie die Anpassungsempfehlung des HNO-Arztes Dr. H. aus N. vom 03.01.2006 sowie die Hörgeräteverordnung desselben Arztes vom 09.02.2006. Ein Anpassbericht ist nicht zur Akte gereicht worden.

Die Beklagte versagte durch Bescheid vom 28.03.2006 die Teilhabeleistung mit der Be-gründung, dass es sich um medizinische Grundversorgung handele, die zu Lasten der Krankenkasse gehe. Der Widerspruchsbescheid ist erst unter dem 01.06.2010 erteilt wor-den, nachdem die Beklagte nach ihren Akten zuvor den Ausgang des Erwerbsminde-rungsrentenprozesses Az. 17 (15) R 49/07 abgewartet hatte.

Die Klage ist am 29.06.2010 erhoben worden, die Krankenkasse ist durch Beschluss vom 30.09.2010 beigeladen worden. Ein Vergleichsvorschlag des Gerichts ist von den Beteilig-ten nicht akzeptiert worden.

Die Klägerin hat zur Begründung zunächst insbesondere zu den Umständen der Antrag-stellung und sodann zu den drei ihr bekannt gewordenen Urteilen der erkennenden Kam-mer vom 09.11.2010 vorgetragen, in denen die jeweilige Beigeladene zur Kostenüber-nahme verurteilt worden war.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.06.2010 zu verurteilen, der Klägerin zugezahlte Kosten des Hörgerätes in Höhe von 1.972,72 EUR zu erstatten, hilfsweise die Beigeladene zu verurteilen, diesen Betrag zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bleibt bei ihrer Position, dass die Beigeladene als Krankenkasse für die Hörgerätever-sorgung zuständig sei, weil es sich um medizinische Grundversorgung handele. In Aus-wertung des eingeholten Sachverständigengutachtens trägt sie vor, die bestehenden Hör-einschränkungen bedingten keine höherwertige Versorgung aus berufsbedingten Grün-den.

Sie legt als Kopie aus ihren Rentenakten das Gutachten des HNO-Arztes Dr. K. vom 16.11.2006 vor, das damals eine leichte Innenohrschwerhörigkeit bds. feststellte.

Die Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt sie vor, es sei weder vorgetragen noch ersichtlich, aus welchen Gründen die Klägerin daran gehindert gewesen sein könnte, einen Leistungsantrag bei der Beigeladenen zu stellen und zwar vor dem Kauf der Hörgeräte. Die Versicherten – so auch die Klägerin – hätten im Sachleistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung Obliegenheitspflichten, bei deren Verletzung uneingeschränkt die finanziellen Konsequen-zen von Handlungen und Versäumnissen zu tragen seien. Insbesondere mutet der Ge-setzgeber den Versicherten zu, vor Selbstbeschaffung einer Leistung einen Leistungsan-trag zu stellen. Es sei weder vorgetragen noch ersichtlich, aus welchen Gründen die Klä-gerin daran gehindert gewesen sein könnte, einen Leistungsantrag auch bei der Beigela-denen zu stellen, und zwar vor dem Kauf der Hörgeräte.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens von dem Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. F. aus C ... Dessen Gutachten vom 05.07.2011 ist unter Hinzuziehung eines Hörgeräteakustikermeisters als Hilfsperson des Sachverständigen erstattet worden.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, sie ist begründet im Sinne der gemäß § 75 Abs. 5 des Sozialge-richtsgesetzes (SGG) zulässigen Verurteilung der Beigeladenen. Da die Bescheide der Beklagten bei fehlender Zuständigkeit rechtswidrig erteilt worden sind, sind diese aufzu-heben.

Die Beigeladene ist gemäß §§ 14 Abs. 1 u. 2 und 15 Abs. 1 S. 3 u. 4 des Sozialgesetzbu-ches IX (SGB IX) zuständig und somit verpflichtet, den seit nunmehr seit mehr als sechs Jahren streitigen Bedarf der Klägerin zu befriedigen.

Gemäß § 5 SGB IX ist die Beigeladene möglicher Rehabilitationsträger im Rahmen des SGB IX. Nach § 14 Abs. 1 S. 1 u. 2 SGB IX hat ein Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang eines Antrags bei ihm festzustellen, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist, andernfalls leitet er den Antrag unverzüglich weiter. Wird dagegen nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX der Antrag nicht weiter-geleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest. Nach § 15 Abs. 1 S. 2 SGB IX können Leistungsberechtigte dem Rehabilitationsträger eine an-gemessene Frist setzen, nach Satz 3 derselben Vorschrift können sie nach Ablauf der Frist die Leistung selbst beschaffen, nach § 15 Abs. 1 S. 4 SGB IX besteht eine Erstat-tungspflicht des Rehabilitationsträgers auch dann, wenn eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbracht werden kann oder die Leistung zu Unrecht abgelehnt worden ist. Nach Überzeugung des Gerichts ist in diesem Sinne die Leistung, nämlich das für den Bedarf der Klägerin geeignete Hörgerät, schon vor längerer Zeit unaufschiebbar gewor-den, denn die Klägerin konnte nicht mehrere Jahre auf eine Ausstattung warten, die da-mals ihren beruflichen Einsatz sicherstellen sollte. Spätestens die der Beigeladenen mit Zustellung des Beiladungsbeschlusses bekanntgemachte Klageerhebung dürfte im Übri-gen jeder anderweitigen Fristsetzung gleichzuachten sein.

Nach Überzeugung der erkennenden Kammer ist die Beigeladene der Leistungsträger, der gem. § 14 Abs. 1 und 2 SGB IX als Erster mit dem Leistungsbedarf der Klägerin befasst war. Bereits im Januar 2006 war der HNO-Arzt Dr. H. als Kassenarzt mit dem Bedarf der Klägerin befasst, wie aus seiner Anpassempfehlung vom 03.01.2006 ersichtlich ist. Schon im Februar 2006 hatte der Hörgeräteakustiker die Anpassung eines von ihm für geeignet gehaltenen Hörgeräts abgeschlossen, was aus der Rechnung vom 14.02.2006 erkennbar ist. Im Rahmen des Vertrags zwischen der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker - KdöR - und den Spitzenverbänden (bzw. seit 01.07.2008 dem Spitzenverband Bund) der Kran-kenkassen ist der Hörgeräteakustiker stets in die Leistungserbringung der Beigeladenen eingeschaltet. Die Verordnung des Dr. H. wurde am 09.02.2006 ausgestellt. Erst im Monat danach ging der aktenkundige Antrag auf Teilhabeleistungen vom 14.03.2006 bei der Be-klagten ein. Der Antrag vom 03.01.2006 bezieht sich nach seinem allein erkennbaren In-halt nicht auf die Kosten eines Hörgeräts.

Damit hatten zwar möglicherweise bis zum Eingang der Versorgungsanzeige des Hörge-räteakustikers bei der Beigeladenen deren eigene Bedienstete nicht von dem Bedarf der Klägerin erfahren können, dennoch hatten aber bereits Stellen, die für die Beigeladene in das System der Leistungserbringung eingeschaltet waren, Kenntnis davon. Dies ist aus-reichend, denn im Rahmen des Sachleistungssystems ist eine Entscheidung der Kranken-kassen über einen Leistungsantrag (§ 19 S. 1 SGB IV) grundsätzlich nicht erforderlich (Auktor in LPK-SGB V § 15 Rn 10 unter Hinw. auf BSGE 59, 172). Für den Vertragsarzt oder das zugelassene Krankenhaus ist anerkannt, dass sie gesetzlich ermächtigt sind, mit Wirkung für die Krankenkasse erforderliche Behandlungsmaßnahmen zu treffen, damit bereits konkludent über den konkreten Leistungsanspruch zu entscheiden und diesen in der Regel auch sogleich zu erfüllen (Hampel in juris PK-SGB IV § 19 Rn 30); dies muss auf der Basis des erwähnten Vertrages zwischen der Bundesinnung der Hörgeräteakusti-ker - KdöR - und den Spitzenverbänden (bzw. ab 01.07.2008 dem Spitzenverband Bund) der Krankenkassen für die Hörgeräteakustiker genauso gelten, wenn ein Versicherter un-ter Vorlage seines Krankenversicherungsausweises (Chipkarte) zumindest konkludent geltend macht, Leistungen zu Lasten einer Krankenkasse in Anspruch nehmen zu wollen.

In einem von der Beigeladenen - über ihre Spitzenverbände - im Rahmen der §§ 125, 126 und 127 SGB V mit geschaffenen und verantworteten System, zu dessen Besonderheiten es gehört, dass die Beigeladene von einem Leistungsbedarf oft spät, möglicherweise erst nach Erbringung der Leistung oder eines Teils der Leistung (z.B. wie hier bei zuzahlungs-pflichtigen Hörgeräten) erfährt, kann sich die Beigeladene nicht so stellen lassen, als hätte sie von dem geäußerten Bedarf, der der Leistungserbringung vorangegangen ist, keine Kenntnis gehabt; vielmehr muss sie sich im Rahmen des § 14 SGB IX die Kenntnis der von ihr eingeschalteten anderen Stellen, insbesondere der mit ihr vertraglich verbundenen Leistungserbringer, zuordnen lassen. Dabei kann offen bleiben, ob der Hörgeräteakustiker deshalb als Empfangsbevollmächtigter der Krankenkasse angesehen werden kann, weil regelmäßig nur über ihn ein Versicherter seinen Versorgungsbedarf offenbart. Das Gleiche gilt im vorliegenden Fall für den bereits am 03.01.2006 mit dem Bedarf befassten Kassenarzt, den HNO-Arzt Dr. H ...

Letztlich zielt § 14 SGB IX auf die Vermeidung eines negativen Kompetenzkonfliktes (Ste-vens-Bartol in Feldes/Kothe/Stevens-Bartol SGB IX § 14 Rn 1), also darauf, dass ver-schiedene Leistungsträger nicht jeweils eine Leistung ablehnen können mit der Begrün-dung, ein anderer Träger sei - möglicherweise - im Rahmen seines Leistungsrechts zu-ständig. Im Rahmen des § 14 SGB IX hätte die Beigeladene deshalb dafür Sorge tragen müssen, dass die entsprechenden Informationen so zusammengeführt wurden, dass sie den Anforderungen des § 14 SGB IX Rechnung hätte tragen können, der gerade verhin-dern soll, dass Leistungsberechtigte sich an verschiedene Träger wenden müssen, um jeweils dort die Antwort zu erhalten, ein anderer Träger sei möglicherweise zuständig. Die Beigeladene hat dann nur die Möglichkeit, für schnelle Kenntnisnahme durch ihre Be-diensteten innerhalb der Frist des § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX Sorge zu tragen und den An-trag fristgerecht weiterzuleiten oder nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX den Leistungsbedarf festzustellen und die Leistung zu erbringen (vgl. Urteil des BSG vom 21.08.2008 - B 13 R 33/07 R - SozR 4-3250 § 14 Nr 7). Die erkennende Kammer hält damit an ihren früher bereits in den Urteilen vom 09.11.2010, Az S 14 129/10, S 14 (4) R 28/08 und S 14 (4) R 44/08 (Berufungs-Az L 18 R 29/11, L 8 R 1052/10 und L 3 R 1054/10) und vom 01.02.2011, Az S 14 (4) R 50/08 (Berufungs-Az L 14R 265/11) ausgeführten Überlegun-gen fest und folgt nicht der Auffassung, dass es im Rahmen des § 14 SGB IX auf den Ein-gang der Versorgungsanzeige bei der Beigeladenen ankomme (LSG Berlin Brandenburg, Urteil vom 25.11.2010, Az L 31 R 37/10, und Sächsisches LSG, Urteil vom 19.04.2011, Az L 5 R 48/08). Die erst durch Eingang der Versorgungsanzeige relativ spät ermöglichte po-sitive Kenntnisnahme der Beigeladenen kann nicht maßgeblich sein, wenn die Beigeladene in einem durch sie bzw. durch ihre Spitzenverbände wesentlich mit geschaffenen und mit verantworteten System nicht frühzeitig dafür Sorge trägt, bei Erstbefassung eines Leis-tungserbringers (hier HNO-Arzt und Hörgeräteakustiker) von einem Bedarf informiert zu werden.

Auf einen entsprechenden Bedarf der Klägerin schließt das Gericht aus dem Sachver-ständigengutachten vom 05.07.2011. Der Sachverständige Dr. F., der einen Hörgeräteakustikermeister als Hilfsperson eingeschaltet hatte, führt darin nachvollziehbar aus, dass die Klägerin mit den sog. Festbetragshörgeräten für ein Tätigwerden in ihrem Beruf als Rechtsanwalts- und Notargehilfin, in dem Schreiben nach Diktiergerät und Tele-fonieren bei gleichzeitigen Absprachen mit im Raum befindlichen Personen auch unter Störgeräuschbedingungen erforderlich waren, nicht ausreichend zu versorgen war.

Anspruchsgrundlage des eigenen Rechtsgebietes der Beigeladenen ist im Übrigen § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V. Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 17.12.2009. Az B 3 KR 20/08 R, dort Rn 19f in juris, ausdrücklich ausgesprochen, Ziel der Versorgung sei auch im Rahmen des § 33 SGB V die Angleichung an das Hörvermögen hörgesunder Menschen; solange dieser Ausgleich im Sinne eines Gleichziehens mit deren Hörvermö-gen nicht vollständig erreicht sei, könne die Versorgung mit einem fortschrittlichen Hörge-rät nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass die gesetzliche Krankenversicherung nur für die Aufrechterhaltung eines - wie auch immer zu bestimmenden - Basishörvermö-gens aufzukommen habe (mit Hinweis auf BSGE 93, 183 = SozR 4-2500 § 33 Nr 8). Ziel des von den Krankenkassen nach § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V geschuldeten - möglichst voll-ständigen - Behinderungsausgleiches ist es nach Meinung des BSG sogar, hörbehinderten Menschen im Rahmen des möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Dieser Anspruch ist auch nicht durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V limitiert, wenn - wie hier nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. F. - Festbetragshörgeräte keinen ausreichenden Ausgleich der Hörbeeinträchtigung z. B. unter den Bedingungen einer Mehrpersonenkommunikation erbringen können.

Soweit die Beigeladene geltend machen wollte, der Hörgeräteakustiker hätte zuzahlungs-freie Angebote unterbreiten müssen, mag dies grundsätzlich richtig sein. Sie sei aber da-rauf hingewiesen, dass dies unter rechtlichen Gesichtspunkten ihre Zahlungspflicht nicht auszuschließen vermöchte, selbst dann nicht, wenn Zweifel bestünden, ob ein Bedarf der Klägerin in der Zeit ab Januar 2006 bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand mit Ablauf des Monats Februar 2009 wirklich objektiv bestanden hätte. Nach der Feststellung des Bun-dessozialgerichts (Urteil v. 17.12.2008, Rn 36) enthebt die Festbetragsregelung die Beige-ladene nicht von der Pflicht, im Rahmen ihrer Sachleistungsverantwortung für eine ausrei-chende Versorgung der Versicherten Sorge zu tragen, wenn vor allem bei anpassungsbe-dürftigen Hilfsmitteln der notwendige Überblick über die Marktlage und über geeignete An-gebote auch bei zumutbarer Anstrengung für Versicherte schwierig - oder nach Auffas-sung der Kammer gar nicht - zu erlangen ist. Dass im Übrigen der Markt für die Hörgeräteversorgung durch ein hohes Maß an Intransparenz gekennzeichnet ist (so BSG aaO Rn 41) bedeutet nicht, dass Krankenkassen auf der Grundlage des geltenden Rechts zu Leistungseinschränkungen befugt sind oder hierzu durch die Festbetragsregelung er-mächtigt werden. Die Beigeladene hätte dann für frühe eigene Kenntnisnahme und für eine adäquate Beratung der Klägerin über einen konkreten Weg zu den gesetzlich mögli-chen Leistungen sorgen müssen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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