L 4 R 2889/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 679/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 2889/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 14. Mai 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Klägerin Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01. Mai 2006 zusteht.

Die am 1954 geborene, nach Ehescheidung wieder verheiratete Klägerin, die Mutter einer am 1969 geborenen Tochter ist, hat ihren Angaben zufolge nach dem Hauptschulabschluss, wobei sie im 16. Lebensjahr an einer Hirnhautentzündung erkrankte, als Arbeiterin bei verschiedenen Betrieben gearbeitet, wobei der Versicherungsverlauf vom 01. Juli 2008 nach Schwangerschaft/Mutterschutz und Pflichtbeitragszeiten für Kindererziehung ab 07. September 1970, unterbrochen durch Gesundheitsmaßnahmen (Krankheit) und Zeiten der Arbeitslosigkeit, Pflichtbeiträge wegen versicherungspflichtiger Beschäftigung ausweist. 1992 und 1995 durchlief die Klägerin berufliche Umschulungen auf Kosten der Arbeitsverwaltung; insoweit hat die Klägerin eine Ausbildung (Umschulung) zur Bürokauffrau angegeben, wobei der genannte Versicherungsverlauf AFG-Pflichtbeitragszeiten wegen beruflicher Ausbildung vom 01. Januar bis 31. Dezember 1992 sowie vom 02. Februar bis 31. März 1995 ausweist. Die Klägerin arbeitete zeitweise als Sekretärin und dann im Restaurant- sowie im Saunabereich im Solebad von B. D ... Nach dem Versicherungsverlauf bezog sie vom 01. Mai bis 11. Dezember 2005 (Erschöpfung des Anspruchs) Arbeitslosengeld. Vom 01. Dezember 2006 bis 16. Oktober 2008 war die Klägerin als Aushilfe bei der Firma R. 8,05 Stunden pro Woche (35 Stunden pro Monat) geringfügig beschäftigt. Dem Vorbringen der Klägerin zufolge wurde ihr dort aus gesundheitlichen Gründen gekündigt; nach der am 19. November 2008 eingegangenen Arbeitgeberauskunft der Firma R. war die Klägerin vom 22. bis 30. Oktober 2007 sowie vom 05. bis 10. Mai, vom 02. bis 07. Juni und vom 29. Juli bis 01. August 2008 arbeitsunfähig krank. Ferner verrichtet die Klägerin Bürotätigkeiten für ihren Ehemann, der selbstständiger Maschinenbauingenieur ist, und zwar ihren Angaben zufolge (Schreiben vom 21. September 2008) im Umfang von drei Stunden im Monat. Nach dem früheren Schwerbehindertengesetz besteht bei der Klägerin seit 11. August 1989 ein Grad der Behinderung (GdB) von 50, wobei als Behinderungen depressive Verstimmung und psychovegetative Regulationsstörung, Verlust der Gebärmutter, Verwachsungsbauch nach mehreren Operationen, Hypotonie und Kopfschmerzen nach Meningitis festgestellt sind (Bescheid des Versorgungsamts Rottweil, Bl. 78 der Verwaltungsakte der Beklagten).

Am 15. Mai 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung. Die behandelnden Fachärzte für Allgemeinmedizin der Gemeinschaftspraxis K.-H./K. befürworteten unter dem 03. November 2005 den Rentenantrag "wegen voraussichtlicher EU". Die Beklagte erhob das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. B. vom 05. Juli 2006. Der Gutachter, der die Klägerin am 04. Juli 2006 untersucht hatte, stellte folgende Diagnosen: Rezidivierendes Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäulensyndrom bei Fehlstatik, Rotatorendegeneration beider Schultern bei Zustand nach Kalkdepotentfernung links und Verdacht auf subacromealen Kalkherd rechts sowie Knick-Senk-Spreizfüße Grad II. Dr. B. gelangte zu der Beurteilung, die Klägerin könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Einsatz der Arme im Bereich der Horizontalen verrichten, mithin auch weiterhin die Tätigkeit als Bürokauffrau. Dieser Beurteilung stimmte Dr. Ha., Beratender Arzt der Beklagten, zu (Stellungnahme vom 20. Juli 2008). Mit Bescheid vom 09. August 2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil die Klägerin mit dem vorhandenen Leistungsvermögen Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche regelmäßig ausüben könne. Sie sei daher in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts tätig zu sein. Dies schließe auch zumutbare Tätigkeiten als Bürohilfe mindestens sechs Stunden täglich ein. Bei der Beklagten ging dann noch am 14. August 2006 der ärztliche Befundbericht der Ärzte der genannten Gemeinschaftspraxis vom 10. August 2006 ein, in der als Diagnose auch "depressive Erkrankung/Restless Legs" genannt wurde. Mit dem gegen die Rentenablehnung eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, wie sich aus ihrem Versicherungsverlauf ergebe, habe sie seit der durchlittenen Hirnhautentzündung Probleme gehabt, die kein Arbeitgeber auf Dauer mitgemacht habe. Ihr Gleichgewichtssinn sei vermindert und auch ihre Konzentration lasse nach einer Stunde stark nach. Es bereite große Mühe, ihren Tagesablauf in den Griff zu bekommen; sie müsse sich immer wieder hinlegen, da sie keine Kraft mehr habe. Auch ihre Größe von 1,47 Meter habe ihr enorme Schwierigkeiten im Arbeitsleben bereitet. Die Beklagte erhob den Befundbericht des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. vom 25. Oktober 2006, der über eine einmalige Untersuchung der Klägerin am 20. Oktober 2006 berichtete. Danach war ein höhergradiges affektives Defizit nicht erkennbar, ebensowenig eine höhergradige Antriebs- oder Motivationsschwierigkeit. Aufgrund einer beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. S. vom 07. November 2006 blieb der Widerspruch der Klägerin erfolglos (Widerspruchsbescheid der bei der Beklagten bestimmten Widerspruchsstelle vom 19. Dezember 2006).

Mit am 16. Januar 2007 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG). Sie machte geltend, sie sei nicht mehr in der Lage, sechs Stunden am Tag zu arbeiten, da sie sich nach ein bis zwei Stunden nicht mehr konzentrieren könne und darunter dann die Arbeitsqualität leide. Das mache auf Dauer kein Arbeitgeber mit. Die Beklagte trat der Klage entgegen.

Das SG erhob schriftliche Auskünfte als sachverständige Zeugen des Dr. B. vom 19. März 2007, des Facharztes für Allgemeinmedizin K. vom 09. April 2007, der weitere Arztbriefe vorlegte und von dem am 24. Juli 2007 eine weitere schriftliche Auskunft einging, des Dr. E. vom 21. Mai 2007 sowie des Facharztes für Orthopädie Dr. M. vom 28. Juni 2007. Auf die Auskünfte wird Bezug genommen. Ferner erstattete am 20. November 2007 Dr. N., Facharzt für Neurologie und Chefarzt der Neurologischen Abteilung des V. v. P. Hospitals in R., ein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten (Untersuchung am 19. November 2007). Der Sachverständige stellte als Diagnosen eine rezidivierende depressive Störung (gegenwärtig remittiert), den Verdacht auf Spannungskopfschmerz und ein Restless-legs-Syndrom fest. Die Klägerin könne weiterhin leichte körperliche Tätigkeiten sechs Stunden am Tag verrichten, auch Büroarbeiten. Zu vermeiden seien Arbeiten unter Zeitdruck, ebenso Fließband- oder Akkordarbeit und ferner Nachtschichten. Gegebenenfalls wäre fachärztliche Hilfe (neurologisch-psychiatrisch) in Anspruch zu nehmen, wobei diese Behandlung auch neben einer Erwerbstätigkeit durchgeführt werden könnte.

Mit Urteil vom 14. Mai 2008 wies das SG die Klage ab. Die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Im erlernten Beruf der Bürokauffrau könne sie noch sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Dabei stützte sich das Gericht auf das Gutachten des Dr. B. und das Sachverständigengutachten des Dr. N ... Soweit der behandelnde Hausarzt K. zu dem Ergebnis eines nur noch vierstündigen Leistungsvermögens gelange, habe diese Leistungseinschätzung im Hinblick auf die Beurteilung des fachkompetenteren Sachverständigen Dr. N. nicht überzeugen können. Auch der behandelnde Orthopäde Dr. M., bei dem die Klägerin im Juni 2007 zuletzt in Behandlung gewesen sei, habe aufgrund dieser Untersuchungen keine Bedenken gegen eine leichte Tätigkeit, die mindestens noch sechs Stunden täglich ausgeführt werden könne. Das Urteil des SG wurde der Klägerin am 29. Mai 2008 zugestellt.

Dagegen hat die Klägerin am 13. Juni 2008 schriftlich Berufung beim SG zum Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Bis zum 16. Oktober 2008, als ihr gekündigt worden sei, weil sie aus gesundheitlichen Gründen die Leistung, die von ihr verlangt worden sei, nicht habe erbringen können, habe sie ungefähr acht Stunden in der Woche gearbeitet. Sie habe starke Leistungsschwankungen, je nach Tagesform. Sie könne morgens aufstehen und sich wohlfühlen; jedoch komme es vor, dass sie nach einer Stunde keine Kraft mehr habe und todmüde sei. Schmerzen im Arm, in der Schulter und im Hüftbereich seien jeden Tag vorhanden, so dass sie je nach Schmerzgrad Tabletten einnehme. Krankengymnastik könne sie nicht durchführen. Da sie an Depressionen leide, habe sie Probleme, sich zu konzentrieren. Ihre Nerven lägen blank, da sie genau wisse, dass sie ihr Arbeitspensum nicht schaffe und dies ihr niemand glauben wolle. Ihr Tagesablauf richte sich nach ihrem Befinden. Eine Kur habe sie nicht mehr beantragt, was daran liege, dass sie mehr krank als gesund werde, wenn sie länger als ein paar Tage aus ihrer gewohnten Umgebung rausgerissen werde. Sie habe zwar mit einer Psychologin wegen eines Termins telefoniert; sie habe leider keinen Termin erhalten, da die Psychologin keine neuen Patienten angenommen habe. Sie habe mit ihr jedoch ein längeres Telefongespräch geführt, an dessen Ende die Psychologin erklärt habe, dass sie (die Klägerin) sich selbst sehr gut kenne und sie (die Psychologin) überhaupt nicht wisse, warum eine Therapie erforderlich sein solle.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 14. Mai 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 09. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Dezember 2006 zu verurteilen, ihr ab 01. Mai 2006 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angegriffene Urteil und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend. Sie hat den Versicherungsverlauf vom 01. Juli 2008 vorgelegt.

Der Berichterstatter hat eine Auskunft der Firma R. eingeholt, die am 19. November 2008 beim Gericht eingegangen ist.

Der Berichterstatter des Senats hat die Beteiligten mit Verfügungen vom 05. Dezember 2008 und 22. April 2010 auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hingewiesen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens nach § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG nach Anhörung der Beteiligten (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG) durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, zumal die Rechtssache auch keine rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten aufweist, ist statthaft und zulässig, jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 09. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Dezember 2006 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat, wie das SG zu Recht entschieden hat, weder ab 01. Mai 2006 noch ab einem späteren Zeitpunkt Anspruch auf Rente wegen voller oder wegen teilweiser Erwerbsminderung.

Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Nach diesen Maßstäben ist die Klägerin nicht erwerbsgemindert, weil sie unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Sie leidet an Erkrankungen auf orthopädischem und nervenärztlichem Fachgebiet; diese sind jedoch nicht so ausgeprägt, dass das Leistungsvermögen der Klägerin in zeitlicher Hinsicht gemindert wäre.

Wie der Senat dem urkundenbeweislich verwertbaren Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. B. vom 05. Juli 2006 entnimmt, leidet die Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet an rezidivierendem Hals-, Brust- und Lendenwirbelsyndrom bei Fehlstatik, an Rotatorendegeneration beider Schultern bei Zustand nach Kalkdepotentfernung links und Verdacht auf subakromialen Kalkherd rechts sowie an Knick-Senk-Spreizfüßen Grad II. Diese Gesundheitsstörungen schließen, wie Dr. B. überzeugend dargelegt hat, nur Tätigkeiten mit dem Einsatz der Arme im Bereich der Horizontalen aus, bedingen aber sonst keine zeitliche Leistungseinschränkung für leichte Arbeiten. Dieser Beurteilung im Gutachten vom 05. Juli 2006 hat sich Dr. B. auch in der Auskunft vom 19. März 2007 erneut angeschlossen. Auch der Orthopäde Dr. M., der die Klägerin im Juni 2007 zuletzt behandelt hat, hat es in seiner Auskunft vom 28. Juni 2007 als zumutbar angesehen, dass die Klägerin noch leichte Tätigkeiten von mindestens sechs Stunden täglich verrichtet. Darauf, dass er eine Knochendichtemessung sowie gegebenenfalls eine MRT-Untersuchung der Lendenwirbelsäule empfohlen hat, kommt es nicht an.

Ferner bestehen bei der Klägerin auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet, wie der Senat dem Sachverständigengutachten des Dr. N. vom 20. November 2007 entnimmt, eine rezidivierende depressive Störung (gegenwärtig remittiert), ein Verdacht auf Spannungskopfschmerz und ein Restless-legs-Syndrom. Auch diese Gesundheitsstörungen schränken die Leistungsfähigkeit der Klägerin in zeitlicher Hinsicht nicht ein, wie Dr. N. auch unter Berücksichtigung der Angaben der Klägerin zum Tagesablauf überzeugend dargelegt hat. Danach sind der Klägerin leichte Tätigkeiten noch mindestens sechs Stunden täglich möglich. Zu vermeiden sind lediglich Arbeiten unter Zeitdruck, also Fließband- oder Akkordarbeit, ferner Nachtschichten. Dieser Einschätzung steht in Übereinstimmung mit der Beurteilung des Neurologen Dr. E., die er in seiner Auskunft vom 21. Mai 2007 aufgrund der einmaligen Untersuchung am 20. Oktober 2006 abgegeben hat, wobei er auf eine derzeit leichte Episode einer depressiven Störung hingewiesen hat. Der Sachverständige Dr. N. hat auch dargelegt, dass die Klägerin gegebenenfalls fachärztliche Hilfe (neurologisch-psychiatrisch) in Anspruch nehmen solle. Auch Dr. E. hat in seinem Arztbrief vom 25. Oktober 2006 eine neuropsychiatrische Mitbehandlung empfohlen. Solche fachärztlichen Behandlungen finden ersichtlich nicht statt. Soweit der behandelnde Facharzt für Allgemeinmedizin K. in der Auskunft vom 09. April 2007 in Anbetracht der überaus häufigen Arztkontakte und der offensichtlichen Therapieresistenz hinsichtlich der beklagten körperlichen Beschwerden von einer rezidivierenden depressiven Erkrankung (mit derzeit mittelgradiger Episode) ausgegangen ist und angenommen hat, dass die Klägerin auch bei leichten Arbeiten unter vier Stunden täglich stets mit langen Fehlzeiten aufwarten würde und ferner in der am 24. Juli 2007 beim SG eingegangenen weiteren Auskunft eine deutliche Verschlimmerung der depressiven Symptomatik angegeben hat, ist diese Verschlimmerung sowie auch eine zeitliche Leistungseinschränkung durch das Sachverständigengutachten des Dr. N. nicht bestätigt worden, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass der Arzt K. selbst eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung, die im Verwaltungsverfahren durch die Beklagte nicht veranlasst worden war, empfohlen hatte. Darauf, dass bei der Klägerin ein GdB von 50 besteht, und dass die (geringfügige) Aushilfstätigkeit bei der Firma R. am 16. Oktober 2008 beendet wurde, kann die Klägerin einen Rentenanspruch nicht stützen. Unerheblich ist auch, in welchem zeitlichen Umfang die Klägerin Bürotätigkeiten für ihren selbstständig tätigen Ehemann verrichtet.

Der Klägerin stünde auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu, sofern sie diese Rente weiter hilfsweise ebenfalls begehren sollte.

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 des RV-Altergrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554) auch Versicherte, die vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Im Hinblick auf die bei der Klägerin durchgeführte Umschulung zur Bürokauffrau vom 01. bis 31. Januar 1992 und gegebenenfalls auch noch vom 02. Februar bis 31. März 1995 könnte die Klägerin Berufsschutz als Angestellte mit einer in der Regel dreijährigen bzw. bis zu zweijährigen Ausbildung nicht in Anspruch nehmen. Im Übrigen wäre die Klägerin, wenn die zeitweise als Sekretärin ausgeübte Tätigkeit als bisheriger Beruf angesehen würde, in der Lage, derartige Bürotätigkeiten noch mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, wie der Gutachter Dr. B. sowie der Sachverständige Dr. N. dargelegt haben.

Die Erhebung eines weiteren Sachverständigengutachtens war nicht geboten.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved