Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 4264/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 5344/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 16. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.
Dem Kläger werden Kosten in Höhe von 225,- EUR auferlegt.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der dem Kläger zu erstattenden Kosten des Widerspruchsverfahrens streitig.
Der 1951 geborene Kläger war ab 23. März 2009 arbeitsunfähig erkrankt. Nach dem Ende des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung durch seinen Arbeitgeber zahlte die Beklagte seit 12. April 2009 Krankengeld (Krg). Aufgrund des Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, die Erwerbsfähigkeit des Klägers sei erheblich gefährdet, forderte ihn die Beklagte mit Bescheid vom 5. Mai 2009 auf, bis zum 17. Juli 2009 einen Antrag auf medizinische Rehabilitationsmaßnahmen beim Rentenversicherungsträger zu stellen. Dagegen erhob der Kläger am 26. Mai 2009 Widerspruch mit der Begründung, der Aufforderung nach § 51 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sei eine ordnungsgemäße Ermessensausübung nicht vorausgegangen. Vielmehr handele es sich um ein Standardschreiben. Mit Bescheid vom 2. Juni 2009 hob die Beklagte den Bescheid vom 5. Mai 2009 auf und half dem Widerspruch in vollem Umfang ab.
Daraufhin beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Erstattung der Kosten des Vorverfahrens, die er der Höhe nach mit insgesamt 1.263,19 EUR bezifferte. Dabei legte er eine Geschäftsgebühr nach Nr 2400 des Vergütungsverzeichnisses (VV) in Höhe von 520,- EUR, eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr nach Nr 1005 VV in Höhe von weiteren 520,- EUR, eine Auslagenpauschale nach Nr 7002 VV in Höhe von 20,- EUR sowie eine Dokumentenpauschale nach Nr 7000 VV in Höhe von 1,50 EUR zugrunde.
Mit Bescheid vom 16. Juni 2009 erstattete die Beklagte Kosten in Höhe von lediglich 311,18 EUR. Dabei ging sie von einer Geschäftsgebühr nach Nr 2400 in Höhe von 240,- EUR, einer Auslagenpauschale nach Nr 7002 VV in Höhe von 20,- EUR und der Dokumentenpauschale nach Nr 7000 VV in Höhe von 1,50 EUR aus. Die Einigungs- und Erledigungsgebühr könne nicht anerkannt werden. Den dagegen erhobenen Widerspruch begründete der Prozessbevollmächtigte ausdrücklich nicht "da dies nicht von Sinn getragen erscheint". Mit Widerspruchsbescheid vom 5. August 2009 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch als unbegründet zurückzuweisen.
Die am 22. August 2009 beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobene Klage hat der klägerische Bevollmächtigte ebenfalls nicht begründet.
Nach vorangegangener Anhörung hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 16. Oktober 2009, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 17. Oktober 2009, die Klage mit der Begründung abgewiesen, für das Verfahren seien die Betragsrahmengebühren anzusetzen, da es nach § 183 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gerichtskostenfrei gewesen wäre. Die Höhe der Rechtsanwaltsvergütung bestimme sich nach dem VV. Bei der Bemessung der Geschäftsgebühr sei der Ansatz einer Höchstgebühr in Höhe von 520,- Euro unbillig. Für die Überdurchschnittlichkeit des Umfangs und der Schwierigkeit der Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers sowie der Bedeutung der Angelegenheit und der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers ergäben sich keinerlei Anhaltspunkte. Eine Überschreitung der Schwellengebühr in Höhe von 240,- Euro sei nicht begründet. Schwierig und umfangreich im Sinne des Satzes 2 der Nr 2400 VV sei eine Tätigkeit nämlich nur dann, wenn sie nicht als einfach bzw mit nur geringem Aufwand verbunden und noch nicht an der Grenze zwischen einfach und schwierig (durchschnittlich schwierig) bzw mit nur geringem Aufwand verbunden und umfangreich (durchschnittlich umfangreich) zu beurteilen sei. Dies sei im Fall des Klägers nicht so. Auch die Erledigungsgebühr nach Nr 1005 VV sei nicht anzusetzen. Die setze nämlich die aktive Mitwirkung des Rechtsanwalts an der Erledigung voraus. Der Rechtsanwalt müsse eine besondere, auf die Beilegung der Sache ohne gerichtliche Entscheidung abzählende, über die bereits mit der Geschäftsgebühr abgegoltene Einlegung und Begründung des Rechtsbehelfs hinaus gehende Tätigkeit entfaltet haben. Eine derartige Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers sei indessen nicht erkennbar.
Die am 17. November 2009 eingelegte Berufung hat der klägerische Bevollmächtigte ebenfalls nicht begründet.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 16. Oktober 2009 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. August 2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, weitere 952,01 Euro Kosten des Vorverfahrens zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Feststellung des klägerischen Bevollmächtigten, dass es sich bei der Aufforderung an den Kläger nach § 51 SGB V um ein Standardschreiben gehandelt und eine Ermessensausübung nicht stattgefunden habe, zweifelsfrei nicht die Kriterien für eine umfangreich oder schwierige Tätigkeit entfalte. Die Einigungs- oder Erledigungsgebühr sei in voller Höhe gestrichen worden, da keine besondere Verfahrensförderung zur Erledigung des Verfahrens erfolgt sei. Die Tätigkeit des klägerischen Bevollmächtigten sei über diese bloße Einlegung und Begründung des Widerspruchs nicht hinausgegangen. Die Zahlung des Betrages sei am 16. Juni 2009 veranlasst worden.
Der klägerische Bevollmächtigte des Klägers und der Kläger selbst wurden mit Schreiben des Senats vom 14. April 2010 darauf hingewiesen, dass der Senat erwäge, Verschuldenskosten nach § 192 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Höhe von 225,- Euro festzusetzen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Denn der Bescheid vom 16. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. August 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf die Erstattung weiterer Aufwendungen für die Vertretung durch den bevollmächtigten Rentenberater im isolierten Vorverfahren.
Nach § 63 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind gemäß § 63 Abs 2 SGB X erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Gemäß § 63 Abs 3 Satz 1 SGB X setzt die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest; dabei bestimmt die Kostenentscheidung gemäß § 63 Abs 3 Satz 3 SGB X auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder sonstigen Bevollmächtigten notwendig war.
Die Vergütung (Gebühren und Auslagen) für anwaltliche Tätigkeiten der Rechtsanwälte bemisst sich seit 1. Juli 2004 nach dem RVG, hier in der Fassung ab 1. Juli 2006 gemäß Art 3, 5 und 6 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5. Mai 2004 (BGBl I 2004, 718). Dieses Gesetz gilt gemäß § 4 Abs 1 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts (BGBl I 2007, 2840) auch für die Vergütung der Rentenberaterinnen und Rentenberater. Deshalb kann auch der Prozessbevollmächtigte des Klägers, ein Rentenberater, die Vergütung nach dem RVG geltend machen.
Die Höhe der Vergütung bestimmt sich, da es sich bei dem Kläger als Versicherten um einen kostenprivilegierten Beteiligten im Sinne des § 183 Satz 1 SGG handelt, nach § 2 Abs 2 Satz 1 RVG nach dem VV der Anlage 1 zum RVG.
Nach Nr 2400 VV RVG umfasst die Geschäftsgebühr einen Betragsrahmen von 40 EUR bis 520 EUR, bzw, wenn eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist, gemäß Nr 2401 VV RVG 40 EUR bis 260 EUR. Eine Gebühr von mehr als 240 EUR (bzw von mehr als 120 EUR gemäß Nr 2401 VV RVG) kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (sog Schwellengebühr). Innerhalb dieses Gebührenrahmens bestimmt der Rechtsanwalt gemäß § 14 Abs 1 Satz 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Damit hat der Gesetzgeber dem Bevollmächtigten ein Beurteilungs- und Entscheidungsvorrecht eingeräumt, wobei die Literatur und ihr folgend die Rechtsprechung den Bevollmächtigten darüber hinaus einen Spielraum von 20 % (Toleranzgrenze) zugesteht, der sowohl von Dritten wie auch von Gerichten zu beachten ist (BSG, Urteil vom 1. Juli 2009, B 4 AS 21/09 R, SozR 4-1935 § 14 Nr 2 mwN). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Bevollmächtigten getroffene Bestimmung gemäß § 14 Abs 1 Satz 4 RVG nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.
Die in § 14 Abs 1 Satz 1 RVG genannten Kriterien (somit die objektiven Kriterien des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit und die subjektiven Kriterien der Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber sowie dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie gemäß § 14 Abs 1 Satz 3 RVG das besondere Haftungsrisiko) sind nicht abschließend und im Übrigen selbständig und gleichwertig (BSG aaO). Deshalb ist zunächst die billige Gebühr anhand der Kriterien des § 14 RVG zu bestimmen und erst in einem zweiten Schritt zu beurteilen, ob es bei der ermittelten Gebühr bleibt (wenn der Umfang und/oder die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit mehr als durchschnittlich sind) oder die zutreffende Gebühr in Höhe des Betrages der Schwellengebühr gekappt wird. Eine gesonderte Bedeutung kommt dem Umfang und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit damit nicht innerhalb der Abwägung nach § 14 RVG zu, sondern einzig für die Öffnung des Gebührenrahmens über die Schwellengebühr hinaus. Der Umfang oder die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit müssen daher über dem Durchschnitt liegen, um im Ergebnis eine höhere Gebühr als die Schwellengebühr zu erreichen (BSG aaO mwN).
Darüber hinaus kommt eine Erledigungsgebühr nach Nr 1005 VV RVG bei einer Einigung oder Erledigung in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen in gerichtlichen Verfahren Betrags-rahmengebühren entstehen, in Betracht. Nach den amtlichen, vom Gesetzestext umfassten Erläuterungen zu Nr 1002 Satz 1 VV RVG setzt diese Vorschrift voraus, dass "sich die Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt". Dem steht nach Satz 2 gleich, dass "sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt".
Der Kläger hat weder Anspruch auf die Erstattung einer Geschäftsgebühr von mehr als 240 EUR noch einer Erledigungsgebühr.
Im Rahmen der Ermittlung der Geschäftsgebühr ist zunächst zu berücksichtigen, dass eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren nicht vorausgegangen war und sich die Gebühr damit nach Nr 2400 VV RVG richtet. Sowohl der Umfang als auch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sind maximal als durchschnittlich zu bewerten.
Weder hat der Bevollmächtigte des Klägers auf einen besonderen Umfang der Tätigkeit hingewiesen noch ist ein solcher ersichtlich. Denn eine durchschnittliche Tätigkeit umfasst bezüglich des (zeitlichen) Umfangs den Aufwand für eine Besprechung und Beratung, das Anfordern von Unterlagen, deren Sichtung, eine Rechtsprechungs- und Literaturrecherche, die Auseinandersetzung hiermit und mit dem von der Behörde herangezogenen Sachverhalt einschließlich Beweismitteln, den Schriftverkehr mit dem Mandanten und der Behörde sowie ergänzend alle Tätigkeiten, die mangels entsprechender Gebührenvorschriften nicht durch eine besondere Gebühr vergütet werden (BSG aaO). Gründe, warum ein über den durchschnittlichen Aufwand hinausgehender Umfang erforderlich gewesen sein soll, sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Damit kann maximal ein durchschnittlicher Umfang angenommen werden.
Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ist vorliegend ebenfalls nur durchschnittlich. Die vom Umfang zu unterscheidende Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit meint die Intensität der Arbeit. Ausgehend von einem objektiven Maßstab ist auf einen Rechtsanwalt abzustellen, der sich bei der Wahrnehmung des Mandats darauf beschränken kann und darf, den Fall mit den einschlägigen Rechtsvorschriften, gegebenenfalls unter Heranziehung von Rechtsprechung und Kommentarliteratur, zu bearbeiten. Dies beinhaltet aber auch, dass hierfür spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten in eingeschränktem Umfang erforderlich sein können. Überdurchschnittlich schwierig ist die Tätigkeit zB dann, wenn erhebliche, sich üblicherweise nicht stellende Probleme auftreten (BSG aaO). Diese können sowohl im tatsächlichen als auch im juristischen Bereich liegen. Vorliegend sind weder Probleme im Umgang mit dem Mandanten noch rechtliche Probleme ersichtlich. Denn der Bevollmächtigte hat sich lediglich mit dem fehlenden Ermessen im Bescheid vom 5. Mai 2009 auseinandersetzen müssen. Insgesamt hat es sich daher um einen Normal- bzw Routinefall ohne umfangreichere Beweiswürdigung und eingehende Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Literatur gehandelt.
Auch ist die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger nicht überdurchschnittlich. In Bezug hierauf kommt es auf eine unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit, an (BSG aaO). Die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger bestand vorliegend darin, den Anspruch auf die Gewährung von Krg aufrechtzuerhalten. Allerdings ist das Begehren des Klägers nicht gleichbedeutend mit der Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums. Denn auch bei Beendigung der Gewährung von Krg ist die Gewährung weiterer Sozialleistungen wie zB Arbeitslosengeld I und II, Rente wegen voller Erwerbsminderung oder Sozialhilfe möglich. Deshalb ist die Bedeutung nicht als sehr hoch einzustufen.
Insgesamt ist eine Überschreitung der Schwellengebühr nicht begründet, denn weder der Umfang noch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit waren überdurchschnittlich.
Schließlich sind die Voraussetzungen einer Erledigungsgebühr vorliegend nicht erfüllt, weil sich das isolierte Vorverfahren nicht "durch die anwaltliche Mitwirkung" iS der Nrn 1005, 1002 VV RVG erledigt hat. Nach den Erläuterungen zu Nr 1002 VV RVG setzt diese Vorschrift nicht nur bei einer Anfechtung eines Verwaltungsaktes, sondern auch bei einem auf Erlass eines Verwaltungsaktes gerichteten Ziel (wie hier der weiteren Gewährung von Krg) eine (besondere) anwaltliche Mitwirkung voraus. Nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung des BSG kann ein Rechtsanwalt oder Rentenberater für die Mitwirkung an der Erledigung eines isolierten Vorverfahrens durch Abhilfebescheid nur dann eine Erledigungsgebühr verlangen, wenn er eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit und damit eine qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung entfaltet hat, die über das Maß desjenigen hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten wird (vgl BSG, Urteile vom 5. Mai 2010, B 11 AL 14/09 R, Terminbericht Nr 27/10; vom 5. Mai 2009, B 13 R 137/08 R, juris mwN; und dem folgend die dem Bevollmächtigten des Klägers bekannten Beschlüsse des erkennenden Senats vom 29. Juni 2010, L 11 KR 1363/10 NZB; vom 2. Juni 2010, L 11 R 5463/09 und vom 16. April 2010, L 11 KR 5348/09 NZB). Allein die Widerspruchsbegründung, die der Kläger als streitvermeidende Tätigkeit erachtet, reicht daher nicht aus, um die Erledigungsgebühr auszulösen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 192, 193 SGG. Der Senat hat im Rahmen seines Ermessens von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, gemäß § 192 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG Verschuldenskosten aufzuerlegen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass er den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist. Eine entsprechende Belehrung ist durch die Berichterstatterin in dem sowohl dem Kläger als auch seinem Bevollmächtigten zugestellten Schreiben vom 14. April 2010 erfolgt. Die Anwesenheit der Kläger in der mündlichen Verhandlung ist hierfür nach Auffassung des Senats nicht erforderlich (vgl LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21. Februar 2006 - L 6 (3) P 4/04; SG Leipzig, Urteil vom 18. Februar 2009 - S 1 KR 100/07 - veröffentlicht in Juris). Denn die Hinweispflicht basiert auf dem Verfassungsgrundsatz des rechtlichen Gehörs (Art 103 Grundgesetz, siehe auch § 62 SGG; vgl Hennig, Kommentar zum SGG, § 192 SGG Rdnr 17), der aber lediglich besagt, dass der Beteiligte Gelegenheit haben muss, sich vor der Entscheidung hierzu zu äußern (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, § 62 SGG Rdnr 2 mwN). Seit 1. April 2008 ist auch ein schriftlicher Hinweis möglich (Gesetz vom 26. März 2008, BGBl I S 444).
Die Rechtsverfolgung ist im vorliegenden Fall auch missbräuchlich. Ein Missbrauch ist dann anzunehmen, wenn die Rechtsverfolgung offensichtlich unzulässig oder (wie hier) unbegründet ist und sie von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss. Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Missbrauchsgebühr in § 34 Abs 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (vgl BVerfG, NJW 1996 S 1273, 1274). Die Rechtsprechung des BVerfG ist auch zur Auslegung des § 192 SGG heranzuziehen, denn Wortlaut und Zweck beider Vorschriften stimmen überein (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. Juni 2004 - L 12 AL 59/03, Thüringer LSG, Urteil vom 18. September 2003 - L 2 RA 379/03 - beide veröffentlicht in Juris). Der Kläger hat ohne nachvollziehbare Begründung den Rechtsstreit fortgeführt, obwohl ihm die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Wer ein Verfahren, dessen Aussichtslosigkeit ihm im Einzelnen dargelegt worden ist, ohne nachvollziehbare Begründung fortführt, nimmt das Gericht missbräuchlich in Anspruch (LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 07. Dezember 2009, L 2 KN 195/07, juris). Der Senat hält im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens deshalb die Auferlegung einer Verschuldensgebühr für geboten. Die Höhe der auferlegten Kosten entspricht der gesetzlichen Mindestgebühr (§ 192 Abs 1 Satz 3 SGG in Verbindung mit § 184 Abs 2 SGG).
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen gemäß § 160 Abs 2 SGG nicht vor. Insbesondere ist die Frage, wann eine Erledigungsgebühr anfällt, höchstrichterlich schon geklärt.
Dem Kläger werden Kosten in Höhe von 225,- EUR auferlegt.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der dem Kläger zu erstattenden Kosten des Widerspruchsverfahrens streitig.
Der 1951 geborene Kläger war ab 23. März 2009 arbeitsunfähig erkrankt. Nach dem Ende des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung durch seinen Arbeitgeber zahlte die Beklagte seit 12. April 2009 Krankengeld (Krg). Aufgrund des Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, die Erwerbsfähigkeit des Klägers sei erheblich gefährdet, forderte ihn die Beklagte mit Bescheid vom 5. Mai 2009 auf, bis zum 17. Juli 2009 einen Antrag auf medizinische Rehabilitationsmaßnahmen beim Rentenversicherungsträger zu stellen. Dagegen erhob der Kläger am 26. Mai 2009 Widerspruch mit der Begründung, der Aufforderung nach § 51 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sei eine ordnungsgemäße Ermessensausübung nicht vorausgegangen. Vielmehr handele es sich um ein Standardschreiben. Mit Bescheid vom 2. Juni 2009 hob die Beklagte den Bescheid vom 5. Mai 2009 auf und half dem Widerspruch in vollem Umfang ab.
Daraufhin beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Erstattung der Kosten des Vorverfahrens, die er der Höhe nach mit insgesamt 1.263,19 EUR bezifferte. Dabei legte er eine Geschäftsgebühr nach Nr 2400 des Vergütungsverzeichnisses (VV) in Höhe von 520,- EUR, eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr nach Nr 1005 VV in Höhe von weiteren 520,- EUR, eine Auslagenpauschale nach Nr 7002 VV in Höhe von 20,- EUR sowie eine Dokumentenpauschale nach Nr 7000 VV in Höhe von 1,50 EUR zugrunde.
Mit Bescheid vom 16. Juni 2009 erstattete die Beklagte Kosten in Höhe von lediglich 311,18 EUR. Dabei ging sie von einer Geschäftsgebühr nach Nr 2400 in Höhe von 240,- EUR, einer Auslagenpauschale nach Nr 7002 VV in Höhe von 20,- EUR und der Dokumentenpauschale nach Nr 7000 VV in Höhe von 1,50 EUR aus. Die Einigungs- und Erledigungsgebühr könne nicht anerkannt werden. Den dagegen erhobenen Widerspruch begründete der Prozessbevollmächtigte ausdrücklich nicht "da dies nicht von Sinn getragen erscheint". Mit Widerspruchsbescheid vom 5. August 2009 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch als unbegründet zurückzuweisen.
Die am 22. August 2009 beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobene Klage hat der klägerische Bevollmächtigte ebenfalls nicht begründet.
Nach vorangegangener Anhörung hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 16. Oktober 2009, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 17. Oktober 2009, die Klage mit der Begründung abgewiesen, für das Verfahren seien die Betragsrahmengebühren anzusetzen, da es nach § 183 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gerichtskostenfrei gewesen wäre. Die Höhe der Rechtsanwaltsvergütung bestimme sich nach dem VV. Bei der Bemessung der Geschäftsgebühr sei der Ansatz einer Höchstgebühr in Höhe von 520,- Euro unbillig. Für die Überdurchschnittlichkeit des Umfangs und der Schwierigkeit der Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers sowie der Bedeutung der Angelegenheit und der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers ergäben sich keinerlei Anhaltspunkte. Eine Überschreitung der Schwellengebühr in Höhe von 240,- Euro sei nicht begründet. Schwierig und umfangreich im Sinne des Satzes 2 der Nr 2400 VV sei eine Tätigkeit nämlich nur dann, wenn sie nicht als einfach bzw mit nur geringem Aufwand verbunden und noch nicht an der Grenze zwischen einfach und schwierig (durchschnittlich schwierig) bzw mit nur geringem Aufwand verbunden und umfangreich (durchschnittlich umfangreich) zu beurteilen sei. Dies sei im Fall des Klägers nicht so. Auch die Erledigungsgebühr nach Nr 1005 VV sei nicht anzusetzen. Die setze nämlich die aktive Mitwirkung des Rechtsanwalts an der Erledigung voraus. Der Rechtsanwalt müsse eine besondere, auf die Beilegung der Sache ohne gerichtliche Entscheidung abzählende, über die bereits mit der Geschäftsgebühr abgegoltene Einlegung und Begründung des Rechtsbehelfs hinaus gehende Tätigkeit entfaltet haben. Eine derartige Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers sei indessen nicht erkennbar.
Die am 17. November 2009 eingelegte Berufung hat der klägerische Bevollmächtigte ebenfalls nicht begründet.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 16. Oktober 2009 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. August 2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, weitere 952,01 Euro Kosten des Vorverfahrens zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Feststellung des klägerischen Bevollmächtigten, dass es sich bei der Aufforderung an den Kläger nach § 51 SGB V um ein Standardschreiben gehandelt und eine Ermessensausübung nicht stattgefunden habe, zweifelsfrei nicht die Kriterien für eine umfangreich oder schwierige Tätigkeit entfalte. Die Einigungs- oder Erledigungsgebühr sei in voller Höhe gestrichen worden, da keine besondere Verfahrensförderung zur Erledigung des Verfahrens erfolgt sei. Die Tätigkeit des klägerischen Bevollmächtigten sei über diese bloße Einlegung und Begründung des Widerspruchs nicht hinausgegangen. Die Zahlung des Betrages sei am 16. Juni 2009 veranlasst worden.
Der klägerische Bevollmächtigte des Klägers und der Kläger selbst wurden mit Schreiben des Senats vom 14. April 2010 darauf hingewiesen, dass der Senat erwäge, Verschuldenskosten nach § 192 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Höhe von 225,- Euro festzusetzen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Denn der Bescheid vom 16. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. August 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf die Erstattung weiterer Aufwendungen für die Vertretung durch den bevollmächtigten Rentenberater im isolierten Vorverfahren.
Nach § 63 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind gemäß § 63 Abs 2 SGB X erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Gemäß § 63 Abs 3 Satz 1 SGB X setzt die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest; dabei bestimmt die Kostenentscheidung gemäß § 63 Abs 3 Satz 3 SGB X auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder sonstigen Bevollmächtigten notwendig war.
Die Vergütung (Gebühren und Auslagen) für anwaltliche Tätigkeiten der Rechtsanwälte bemisst sich seit 1. Juli 2004 nach dem RVG, hier in der Fassung ab 1. Juli 2006 gemäß Art 3, 5 und 6 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5. Mai 2004 (BGBl I 2004, 718). Dieses Gesetz gilt gemäß § 4 Abs 1 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts (BGBl I 2007, 2840) auch für die Vergütung der Rentenberaterinnen und Rentenberater. Deshalb kann auch der Prozessbevollmächtigte des Klägers, ein Rentenberater, die Vergütung nach dem RVG geltend machen.
Die Höhe der Vergütung bestimmt sich, da es sich bei dem Kläger als Versicherten um einen kostenprivilegierten Beteiligten im Sinne des § 183 Satz 1 SGG handelt, nach § 2 Abs 2 Satz 1 RVG nach dem VV der Anlage 1 zum RVG.
Nach Nr 2400 VV RVG umfasst die Geschäftsgebühr einen Betragsrahmen von 40 EUR bis 520 EUR, bzw, wenn eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist, gemäß Nr 2401 VV RVG 40 EUR bis 260 EUR. Eine Gebühr von mehr als 240 EUR (bzw von mehr als 120 EUR gemäß Nr 2401 VV RVG) kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (sog Schwellengebühr). Innerhalb dieses Gebührenrahmens bestimmt der Rechtsanwalt gemäß § 14 Abs 1 Satz 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Damit hat der Gesetzgeber dem Bevollmächtigten ein Beurteilungs- und Entscheidungsvorrecht eingeräumt, wobei die Literatur und ihr folgend die Rechtsprechung den Bevollmächtigten darüber hinaus einen Spielraum von 20 % (Toleranzgrenze) zugesteht, der sowohl von Dritten wie auch von Gerichten zu beachten ist (BSG, Urteil vom 1. Juli 2009, B 4 AS 21/09 R, SozR 4-1935 § 14 Nr 2 mwN). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Bevollmächtigten getroffene Bestimmung gemäß § 14 Abs 1 Satz 4 RVG nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.
Die in § 14 Abs 1 Satz 1 RVG genannten Kriterien (somit die objektiven Kriterien des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit und die subjektiven Kriterien der Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber sowie dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie gemäß § 14 Abs 1 Satz 3 RVG das besondere Haftungsrisiko) sind nicht abschließend und im Übrigen selbständig und gleichwertig (BSG aaO). Deshalb ist zunächst die billige Gebühr anhand der Kriterien des § 14 RVG zu bestimmen und erst in einem zweiten Schritt zu beurteilen, ob es bei der ermittelten Gebühr bleibt (wenn der Umfang und/oder die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit mehr als durchschnittlich sind) oder die zutreffende Gebühr in Höhe des Betrages der Schwellengebühr gekappt wird. Eine gesonderte Bedeutung kommt dem Umfang und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit damit nicht innerhalb der Abwägung nach § 14 RVG zu, sondern einzig für die Öffnung des Gebührenrahmens über die Schwellengebühr hinaus. Der Umfang oder die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit müssen daher über dem Durchschnitt liegen, um im Ergebnis eine höhere Gebühr als die Schwellengebühr zu erreichen (BSG aaO mwN).
Darüber hinaus kommt eine Erledigungsgebühr nach Nr 1005 VV RVG bei einer Einigung oder Erledigung in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen in gerichtlichen Verfahren Betrags-rahmengebühren entstehen, in Betracht. Nach den amtlichen, vom Gesetzestext umfassten Erläuterungen zu Nr 1002 Satz 1 VV RVG setzt diese Vorschrift voraus, dass "sich die Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt". Dem steht nach Satz 2 gleich, dass "sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt".
Der Kläger hat weder Anspruch auf die Erstattung einer Geschäftsgebühr von mehr als 240 EUR noch einer Erledigungsgebühr.
Im Rahmen der Ermittlung der Geschäftsgebühr ist zunächst zu berücksichtigen, dass eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren nicht vorausgegangen war und sich die Gebühr damit nach Nr 2400 VV RVG richtet. Sowohl der Umfang als auch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sind maximal als durchschnittlich zu bewerten.
Weder hat der Bevollmächtigte des Klägers auf einen besonderen Umfang der Tätigkeit hingewiesen noch ist ein solcher ersichtlich. Denn eine durchschnittliche Tätigkeit umfasst bezüglich des (zeitlichen) Umfangs den Aufwand für eine Besprechung und Beratung, das Anfordern von Unterlagen, deren Sichtung, eine Rechtsprechungs- und Literaturrecherche, die Auseinandersetzung hiermit und mit dem von der Behörde herangezogenen Sachverhalt einschließlich Beweismitteln, den Schriftverkehr mit dem Mandanten und der Behörde sowie ergänzend alle Tätigkeiten, die mangels entsprechender Gebührenvorschriften nicht durch eine besondere Gebühr vergütet werden (BSG aaO). Gründe, warum ein über den durchschnittlichen Aufwand hinausgehender Umfang erforderlich gewesen sein soll, sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Damit kann maximal ein durchschnittlicher Umfang angenommen werden.
Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ist vorliegend ebenfalls nur durchschnittlich. Die vom Umfang zu unterscheidende Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit meint die Intensität der Arbeit. Ausgehend von einem objektiven Maßstab ist auf einen Rechtsanwalt abzustellen, der sich bei der Wahrnehmung des Mandats darauf beschränken kann und darf, den Fall mit den einschlägigen Rechtsvorschriften, gegebenenfalls unter Heranziehung von Rechtsprechung und Kommentarliteratur, zu bearbeiten. Dies beinhaltet aber auch, dass hierfür spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten in eingeschränktem Umfang erforderlich sein können. Überdurchschnittlich schwierig ist die Tätigkeit zB dann, wenn erhebliche, sich üblicherweise nicht stellende Probleme auftreten (BSG aaO). Diese können sowohl im tatsächlichen als auch im juristischen Bereich liegen. Vorliegend sind weder Probleme im Umgang mit dem Mandanten noch rechtliche Probleme ersichtlich. Denn der Bevollmächtigte hat sich lediglich mit dem fehlenden Ermessen im Bescheid vom 5. Mai 2009 auseinandersetzen müssen. Insgesamt hat es sich daher um einen Normal- bzw Routinefall ohne umfangreichere Beweiswürdigung und eingehende Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Literatur gehandelt.
Auch ist die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger nicht überdurchschnittlich. In Bezug hierauf kommt es auf eine unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht aber für die Allgemeinheit, an (BSG aaO). Die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger bestand vorliegend darin, den Anspruch auf die Gewährung von Krg aufrechtzuerhalten. Allerdings ist das Begehren des Klägers nicht gleichbedeutend mit der Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums. Denn auch bei Beendigung der Gewährung von Krg ist die Gewährung weiterer Sozialleistungen wie zB Arbeitslosengeld I und II, Rente wegen voller Erwerbsminderung oder Sozialhilfe möglich. Deshalb ist die Bedeutung nicht als sehr hoch einzustufen.
Insgesamt ist eine Überschreitung der Schwellengebühr nicht begründet, denn weder der Umfang noch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit waren überdurchschnittlich.
Schließlich sind die Voraussetzungen einer Erledigungsgebühr vorliegend nicht erfüllt, weil sich das isolierte Vorverfahren nicht "durch die anwaltliche Mitwirkung" iS der Nrn 1005, 1002 VV RVG erledigt hat. Nach den Erläuterungen zu Nr 1002 VV RVG setzt diese Vorschrift nicht nur bei einer Anfechtung eines Verwaltungsaktes, sondern auch bei einem auf Erlass eines Verwaltungsaktes gerichteten Ziel (wie hier der weiteren Gewährung von Krg) eine (besondere) anwaltliche Mitwirkung voraus. Nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung des BSG kann ein Rechtsanwalt oder Rentenberater für die Mitwirkung an der Erledigung eines isolierten Vorverfahrens durch Abhilfebescheid nur dann eine Erledigungsgebühr verlangen, wenn er eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit und damit eine qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung entfaltet hat, die über das Maß desjenigen hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten wird (vgl BSG, Urteile vom 5. Mai 2010, B 11 AL 14/09 R, Terminbericht Nr 27/10; vom 5. Mai 2009, B 13 R 137/08 R, juris mwN; und dem folgend die dem Bevollmächtigten des Klägers bekannten Beschlüsse des erkennenden Senats vom 29. Juni 2010, L 11 KR 1363/10 NZB; vom 2. Juni 2010, L 11 R 5463/09 und vom 16. April 2010, L 11 KR 5348/09 NZB). Allein die Widerspruchsbegründung, die der Kläger als streitvermeidende Tätigkeit erachtet, reicht daher nicht aus, um die Erledigungsgebühr auszulösen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 192, 193 SGG. Der Senat hat im Rahmen seines Ermessens von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, gemäß § 192 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG Verschuldenskosten aufzuerlegen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass er den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist. Eine entsprechende Belehrung ist durch die Berichterstatterin in dem sowohl dem Kläger als auch seinem Bevollmächtigten zugestellten Schreiben vom 14. April 2010 erfolgt. Die Anwesenheit der Kläger in der mündlichen Verhandlung ist hierfür nach Auffassung des Senats nicht erforderlich (vgl LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21. Februar 2006 - L 6 (3) P 4/04; SG Leipzig, Urteil vom 18. Februar 2009 - S 1 KR 100/07 - veröffentlicht in Juris). Denn die Hinweispflicht basiert auf dem Verfassungsgrundsatz des rechtlichen Gehörs (Art 103 Grundgesetz, siehe auch § 62 SGG; vgl Hennig, Kommentar zum SGG, § 192 SGG Rdnr 17), der aber lediglich besagt, dass der Beteiligte Gelegenheit haben muss, sich vor der Entscheidung hierzu zu äußern (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, § 62 SGG Rdnr 2 mwN). Seit 1. April 2008 ist auch ein schriftlicher Hinweis möglich (Gesetz vom 26. März 2008, BGBl I S 444).
Die Rechtsverfolgung ist im vorliegenden Fall auch missbräuchlich. Ein Missbrauch ist dann anzunehmen, wenn die Rechtsverfolgung offensichtlich unzulässig oder (wie hier) unbegründet ist und sie von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss. Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Missbrauchsgebühr in § 34 Abs 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (vgl BVerfG, NJW 1996 S 1273, 1274). Die Rechtsprechung des BVerfG ist auch zur Auslegung des § 192 SGG heranzuziehen, denn Wortlaut und Zweck beider Vorschriften stimmen überein (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. Juni 2004 - L 12 AL 59/03, Thüringer LSG, Urteil vom 18. September 2003 - L 2 RA 379/03 - beide veröffentlicht in Juris). Der Kläger hat ohne nachvollziehbare Begründung den Rechtsstreit fortgeführt, obwohl ihm die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Wer ein Verfahren, dessen Aussichtslosigkeit ihm im Einzelnen dargelegt worden ist, ohne nachvollziehbare Begründung fortführt, nimmt das Gericht missbräuchlich in Anspruch (LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 07. Dezember 2009, L 2 KN 195/07, juris). Der Senat hält im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens deshalb die Auferlegung einer Verschuldensgebühr für geboten. Die Höhe der auferlegten Kosten entspricht der gesetzlichen Mindestgebühr (§ 192 Abs 1 Satz 3 SGG in Verbindung mit § 184 Abs 2 SGG).
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen gemäß § 160 Abs 2 SGG nicht vor. Insbesondere ist die Frage, wann eine Erledigungsgebühr anfällt, höchstrichterlich schon geklärt.
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