Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 599/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 1745/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 05.05.2003 auch hinsichtlich der Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 2108 nach der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung aufgehoben und die Klage auch insoweit abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind im Klage-, Berufungs- und Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) anzuerkennen sind.
Der 1951 geborene Kläger absolvierte von April 1966 bis Ende Dezember 1968 eine Ausbildung zum Maler und war anschließend bis März 1987 bei verschiedenen Firmen im Wesentlichen als Maler und/oder Stukkateur nicht-selbständig beschäftigt. Die dabei verrichteten Arbeiten umfassten auch das Aufstellen von Gerüsten. Ab Mai 1987 war der Kläger als selbständiger Stukkateur mit zeitweise zwölf Beschäftigten tätig und bei der Beklagten als Unternehmer pflichtversichert. Bei einem Arbeitsunfall am 12.08.1987 zog er sich Verletzungen des rechten Armes zu. Wegen der Folgen dieses Arbeitsunfalles bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 27.07.1989 Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 25 vom Hundert (v. H.) ab 31.07.1989.
Am 11.05.1998 trat beim Kläger wegen eines Bandscheibenvorfalls im Bereich L4/5 Arbeitsunfähigkeit ein. Am 14.05.1998 wurde der Bandscheibenvorfall in der Neurochirurgischen Klinik und Poliklinik der Universität W. operiert. Aus der anschließenden stationären Heilbehandlung vom 26.05.1998 bis zum 16.06.1998 in den Kliniken H. wurde der Kläger als arbeitsunfähig entlassen.
Am 06.07.1998 ging bei der Beklagten die vom Kläger erstellte Unternehmeranzeige über eine Berufskrankheit ein, in der er seine Bandscheibenbeschwerden auf seine berufliche Tätigkeit zurückführte. Im Rahmen der von der Beklagten daraufhin aufgenommenen Ermittlungen teilte Oberarzt Prof. Dr. K. von der Neurochirurgischen Klinik und Poliklinik der Universität W. unter dem 30.09.1998 mit, seiner Ansicht nach liege keine Berufskrankheit vor. Der Orthopäde Dr. R. erstattete auf Anforderung der Beklagten am 03.12.1998 die Ärztliche Anzeige über das Vorliegen einer Berufskrankheit und teilte gleichzeitig mit, der Kläger habe sich seit 1979 bei ihm immer wieder wegen rezidivierender Kreuzschmerzen vorgestellt. Die Beklagte zog sodann von der Landesversicherungsanstalt B. medizinische Unterlagen, unter anderem den Bericht der Kliniken H. vom 10.07.1998 den Arztbrief der Neurochirurgischen Klinik und Poliklinik W. vom 25.05.1998, und das auf Veranlassung der Landesversicherungsanstalt erstattete Rentengutachten von Dr. G. vom 24.11.1998, bei. Ferner holte die Beklagte die Befundberichte des Allgemeinarztes Dr. K. vom 24.02.1999 und der Neurochirurgischen Klinik W. vom 18.03.1999 sowie von Dipl.-Ing. St. von ihrem Technischen Aufsichtsdienst die Stellungnahme vom 13.07.1999 ein, in der die arbeitstechnischen Voraussetzungen für das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV als erfüllt angesehen wurden. Schließlich holte die Beklagte von Prof. Dr. C. das orthopädische Gutachten vom 07.10.1999 ein. Darin wurden eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule im Bereich L4/5 sowie beginnende degenerative Veränderungen der gesamten Wirbelsäule beschrieben. Die Wirbelsäulenbeschwerden seien auf die berufliche Tätigkeit des Klägers zurückzuführen, zumindest sei die berufliche Belastung als wesentliche Teilursache anzusehen. Die MdE werde auf 10 v. H. geschätzt. Der Staatliche Gewerbearzt Dr. Th. schloss sich in seiner Stellungnahme vom 31.01.2000 diesen Ausführungen an. Der Arzt für Arbeits- und Sozialmedizin Dr. F. vertrat in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 28.03.2000 die Auffassung, es handle sich um einen Anlageschaden der Lendenwirbelsäule bei Hinweisen auf eine Scheuermann’sche Erkrankung im kritischen thorako-lumbalen Übergangsbereich und eine Sakralisation von L5 mit funktioneller Einsteifung des Bandscheibensegmentes L5/S1 bei insgesamt nicht dem Alter vorauseilenden Degenerativschäden der Lendenwirbelsäule. Das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV könne nicht hinreichend wahrscheinlich gemacht werden. Nach erneuter Aktenvorlage empfahl Prof. Dr. Th. in seiner Stellungnahme vom 02.08.2000 die Einholung einer ergänzenden Beurteilung von Prof. Dr. C ... Mit Bescheid vom 13.09.2000 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers als Berufskrankheit ab. Zwar sei nach der Stellungnahme des Technischen Aufsichtsdienstes die berufliche Tätigkeit geeignet gewesen, eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule zu verursachen. Die Erkrankung des Klägers könne jedoch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die berufliche Tätigkeit zurückgeführt werden, da aufgrund der sehr früh beginnenden Beschwerden, des Hinweises auf eine Scheuermann’sche Erkrankung und den dadurch entstandenen monosegmentalen Bandscheibenschaden im Segment L4/5 von einer anlagebedingten und schicksalhaften Entwicklung auszugehen sei. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12.02.2001 zurückgewiesen.
Dagegen erhob der Kläger am 12.03.2001 Klage zum Sozialgericht Mannheim.
Das Sozialgericht hörte zunächst Dr. R. unter dem 23.07.2001 sowie den Allgemeinmediziner Dr. K. und den Orthopäden Dr. L. unter dem 25.07.2001 schriftlich als sachverständige Zeugen.
Sodann holte es das orthopädische Gutachten von Dr. St. vom 13.11.2001 ein. Dieser beschrieb im Bereich der Lendenwirbelsäule eine nahezu isolierte Bandscheibenerkrankung, eine Osteochondrose und Spondylose, einen Zustand nach Bandscheibenoperation L4/5 rechts sowie zusätzlich eine diskrete beginnende Osteochondrose auch in den Segmenten L2/3 und L3/4 ohne klinisch funktionelle Relevanz. Neben der beruflichen Tätigkeit kämen nennenswerte weitere Bedingungen zur Verursachung beziehungsweise Verschlimmerung des festgestellten Bandscheibenleidens L4/5 nicht in Betracht. Die von Dr. F. vermutete lumbosakrale Bewegungsstörung lasse sich nicht erhärten. Es sei überwiegend wahrscheinlich, dass der beruflichen Tätigkeit eine übergeordnete, nicht nur zumindest annähernd gleichwertige Bedeutung für die Entstehung des Bandscheibenleidens zukomme. Die MdE bewertete er ebenfalls mit 10 v. H.
Die Beklagte legte hierzu die Stellungnahme von Dr. F. vom 22.01.2002 vor, zu der das Sozialgericht wiederum die ergänzende Stellungnahme von Dr. St. vom 30.04.2002 einholte. Außerdem legte die Beklagte das von Dr. T. und Dr. Sch., Institut für Medizinische Begutachtung in K., erstattete orthopädische Gutachten nach Aktenlage vom 31.10.2002 vor, in dem bezweifelt wurde, dass beim Kläger als Maler und Stukkateur die arbeitstechnischen Voraussetzungen für das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV erfüllt seien. Nähere Ermittlungen hierzu seien jedoch nicht erforderlich, da bereits aus medizinischen Gründen ein ursächlicher Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit nicht angenommen werden könne. Es liege beim Kläger kein belastungskonformes Schadensbild vor. Weder die Verteilung noch das Ausmaß der vorhandenen umformenden Veränderungen an der Wirbelsäule entsprächen dem, was man als belastungsinduzierte Reaktionen bezeichnen könne. Das Sozialgericht holte hierzu die weitere ergänzende Stellungnahme von Dr. St. vom 21.02.2003 ein und hörte den Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung am 05.05.2003 zu seiner beruflichen Tätigkeit an.
Mit Urteil vom 05.05.2003 verurteilte das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide, dem Kläger wegen der Folgen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV auf der Grundlage eines Versicherungsfalls vom 11.05.1998 Verletztengeld bis zum 14.11.1999 und im Anschluss daran Rente nach einer Stütz-MdE um 10 v. H. zu gewähren. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen seien erfüllt. Anhaltspunkte dafür, dass der Tagesdosisgrenzwert nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell um mehr als die Hälfte unterschritten sei, gebe es nicht. Aufgrund der vorliegenden ärztlichen Gutachten sei auch davon auszugehen, dass die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung der Lendenwirbelsäulenbeschwerden als Berufskrankheit gegeben seien.
Die Beklagte hat am 04.06.2003 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und während des Berufungsverfahrens die Erstellung einer Belastungsbeurteilung nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell durch ihren Technischen Aufsichtsdienst veranlasst. Aufgrund eines am 27.11.2003 mit dem Kläger und seinem Rechtsanwalt geführten Gesprächs hat Dipl.-Ing. St. die Belastungsbeurteilung vom 01.04.2004 erstellt, wonach sich für die Tätigkeiten des Klägers eine Gesamtbelastungsdosis von 14,8 x 106 Nh errechne. Damit sei der Richtwert nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell von 25 x 106 Nh weit unterschritten, weshalb die arbeitstechnischen Voraussetzungen für eine Erkrankung im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV nicht erfüllt seien. Im Hinblick auf die weit unter dem Richtwert liegende Gesamtbelastungsdosis hat die Beklagte die Auffassung vertreten, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen für eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV beim Kläger nicht erfüllt seien. Darüber hinaus lägen auch die medizinischen Voraussetzungen nicht vor. Sie beruft sich hierzu auf die vorgelegte Stellungnahme von Dr. F. vom 20.04.2004.
Mit Urteil vom 23.06.2005 hat das Landessozialgericht das Urteil des Sozialgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV liege beim Kläger nicht vor. Auf die Frage, ob die haftungsausfüllende Kausalität zu bejahen wäre, komme es nicht an, so dass dahin stehen könne, ob der Meinung von Prof. Dr. C. und Dr. St. oder der gegenteiligen Auffassung von Dr. F. sowie Dr. T. und Dr. Sch. zu folgen wäre. Denn es fehle bereits an den arbeitstechnischen Voraussetzungen und damit an der haftungsbegründenden Kausalität. Das Landessozialgericht hat sich dabei auf die Berechnung des Technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten vom 01.04.2004 gestützt.
Das Bundessozialgericht hat mit Beschluss vom 13.12.2005 die hiergegen vom Kläger eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zugelassen. Mit Urteil vom 30.10.2007 hat das Bundessozialgericht das Urteil des Landessozialgerichts aufgehoben, soweit es unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts die Klage auf Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV abgewiesen hat; in diesem Umfang hat das Bundessozialgericht die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen. Im Übrigen hat es die Revision zurückgewiesen. Es hat zur Begründung unter anderem ausgeführt, der untere Grenzwert, bei dessen Unterschreitung nach gegenwärtigem Wissensstand ein Kausalzusammenhang zwischen beruflichen Einwirkungen und bandscheibenbedingter Erkrankung der Lendenwirbelsäule ausgeschlossen und deshalb auf einzelfallbezogene medizinische Ermittlungen verzichtet werden könne, sei auf die Hälfte des im Mainz-Dortmunder-Dosismodell vorgeschlagenen Orientierungswertes für die Gesamtbelastungsdosis von 25 x 106 Nh herabzusetzen, wobei die dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell zugrundeliegende Mindestdruckkraft pro Arbeitsvorgang abzusenken und auf eine Mindesttagesdosis zu verzichten sei.
Sodann hat die Beklagte die Stellungnahme des Dipl. Ing. St. von ihrem Technischen Aufsichtsdienst vom 18.07.2008 vorgelegt. Darin ist dieser zu der Einschätzung gelangt, die modifizierte Lebensarbeitszeitdosis des Klägers auf der Basis des Urteils des Bundessozialgerichts betrage 18,9 x 106 Nh.
Daraufhin hat der Senat von Amts wegen das Gutachten des Arztes für Orthopädie Prof. Dr. Dr. H., Chefarzt der Orthopädischen Abteilung der Fachkliniken H., vom 13.10.2008 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, eine haftungsausfüllende Kausalität bezüglich einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule im Sinne der Nr. 2108 der Anlage zur BKV sei nicht gegeben. Beim Kläger lägen im Bereich der Wirbelsäule neben einem Zustand nach Spondylodese der Halswirbelsäule in Höhe C5/6 mit verbliebenem mäßigem konzentrischem Funktionsdefizit sowie rest-sensibler Störung C6 links, ein Postnukleotomiesyndrom nach lumbaler Bandscheibenoperation L4/5 mit postoperativ immanenter Höhenminderung des Zwischenwirbelraumes sowie konsekutiver Fassettenarthrose L4/5 vor, während die übrigen Bandscheibenetagen L1/2, L2/3, L3/4 und L5/S1 keine schwerwiegenden Veränderungen aufwiesen. Damit liege tatsächlich eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule vor. Allerdings müsse bei der vorliegenden Unterschreitung der Mindestrichtwertdosis eine pathognomonische morphologische Situation vorliegen. Derartige morphologische Aufbrauchserscheinungen seien vorliegend aber nicht gegeben. Denn es handle sich um einen monosegmentalen Bandscheibenschaden, der zwar nicht zwingend gegen die Annahme einer berufsbedingten Erkrankung spreche. Aber andererseits müsse klar herausgestellt werden, dass die übrigen Segmente der Wirbelsäule bildgebend bezüglich des degenerativen Aufbrauchs nicht einmal die Altersnorm erreichten. Das hauptbelastete Areal L5/S1 sei radiologisch völlig unauffällig. Auch im operierten Segment L4/5 fehlten belastungsadaptive Störungen wie beispielsweise knöcherne Ausziehungen im Bereich der Bandansätze, die eine erhebliche mechanische Überforderung der Wirbelsäule belegen könnten. Das erhebliche körperliche Übergewicht sei für die übersteigerte Entwicklung der operationsimmanenten Veränderungen im operierten Segment sicherlich als wesentliche konkurrierende Störung aufzufassen. Betrachte man nun die degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule, wie sich diese radiologisch vor der Operation im Jahr 1998 gezeigt hätten, so seien diese Veränderungen in etwa gleichwertig mit denen der Brustwirbelsäule. Im Bereich der Halswirbelsäule habe zu diesem Zeitpunkt keine wesentlichen Veränderungen bestanden. Von einem wesentlich übersteigenden Betroffensein der Lendenwirbelsäule im Vergleich zur übrigen Wirbelsäule sei somit nicht auszugehen. Im weiteren Verlauf sei es zu einem schicksalhaften Bandscheibenvorfall auch im Bereich der Halswirbelsäule gekommen, der zu einem operativen Eingriff Anlass gegeben habe. Hier sei das Hauptbewegungssegment C5/6 betroffen gewesen. Der Sachverständige hat zusammenfassend ausgeführt, ein gleichförmiges Schadensbild, vor allem belastungskonforme Veränderungen im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV, ließen sich nicht nachweisen.
Dr. F. hat sich in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 23.10.2008 dieser Einschätzung angeschlossen. Gegen die Anerkennung der Wirbelsäulenbeschwerden als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV spreche, dass der Kläger eine beträchtliche Arteriosklerose aufweise, bei ihm ein metabolisches Syndrom mit Adipositas, Dyslipidämie und Hyperglycerinämie vorliege, als Folge der Endplattenverwerfungen bei LWK4/5 im Sinne eines Morbus Scheuermann, des kongruent dazu beträchtlichen Knochenmarködems und der Schmorl`schen Herde eine sekundäre Bandscheibenerweichung durch die schwergradige segmentale Ischämie vorliege, die monosegmentale Bandscheibenerweichung dem Anlageschaden eines Morbus Scheuermann folge sowie eine schwergradige gleichsinnige Degeneration der Halswirbelsäule vorliege, welche tendenziell ausgeprägter sei als an der Lendenwirbelsäule.
Den Antrag des Klägers auf Ablehnung des Prof. Dr. Dr. H. wegen Besorgnis der Befangenheit hat das Landessozialgericht mit Beschluss vom 29.12.2008 abgelehnt.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. W. vom 24.07.2009 eingeholt. Für seine Beurteilung hat er die "Medizinischen Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule" (Konsensempfehlungen) herangezogen. Er hat ausgeführt, Voraussetzung für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV sei eine gesicherte bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule, eine ausreichende Exposition und eine plausible zeitliche Korrelation zur Entwicklung der bandscheibenbedingten Erkrankung. All dies sei beim Kläger gegeben. Wesentliche konkurrierende Ursachen seien beim Klägern nicht erkennbar. Eine Skoliose, Hyperlordose oder Gleitwirbelbildung liege nicht vor. Auch seien die diskreten Scheuermann´schen Veränderungen zu gering, um als konkurrierende Ursache anerkannt zu werden. Auch die diskreten Asymmetrien am lumbosacralen Übergang taugten nicht als konkurrierende Ursache. Ferner stelle die Adipositas keine konkurrierende Ursache dar. Eine wesentliche Begleitspondylose liege beim Kläger nicht vor. Beim Kläger handle es sich daher um die Konstellation B3 der Konsensempfehlungen. Für diese Konstellation habe kein Konsens gefunden werden können. Nach seiner Einschätzung liege aber mit Wahrscheinlichkeit eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule vor, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch die Berufsausübung wesentlich hervorgerufen worden sei. Denn beim Kläger liege eine ausreichend lange Einwirkung einer schweren rückenbelastenden Tätigkeit vor. Beim Kläger hätten bis 1998 keine dem Alter vorauseilenden degenerativen Veränderungen an der Brustwirbelsäule oder Halswirbelsäule im Sinne einer Veranlagung zu bandscheibenbedingten Erkrankungen vorgelegen. Die bis in das Jahr 1979 zurückreichenden Röntgenaufnahmen zeigten keinerlei vorbestehenden Bandscheibenschäden, schwerwiegende Formvarianten oder Abnormalitäten der Lendenwirbelsäule, die eine bandscheibenbedingte Erkrankung begünstigen würden. Gerade auf Grund der Langjährigkeit der rückenbelastenden Tätigkeit sei es wahrscheinlich, dass diese überwiegend zur monosegmentalen Bandscheibenerkrankung des Klägers an der Lendenwirbelsäule geführt habe. Dabei sei zu berücksichtigen, dass gerade bei rückenbelastenden Tätigkeiten die beiden untersten Bandscheiben der Lendenwirbelsäule einer besonderen Belastung ausgesetzt seien. Der Sachverständige hat aber auch ausgeführt, es sei ihm sehr wohl bewusst, dass es in diesem speziellen Fall kein eindeutiges "richtig oder falsch" hinsichtlich der Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV gebe. Der Sachverständige hat die MdE mit 20 v. H. eingeschätzt. Dem Gutachten beigefügt war der Arztbrief des Radiologen Dr. P. vom 04.02.2009.
Die Beklagte hat die beratungsärztliche Stellungnahme des Arztes für Chirurgie Dr. Th. vom 01.10.2009 vorgelegt. In den Konsensempfehlungen werde für die Fallgruppe B3 ein belastungsadaptives Schadensbild zur Begründung einer haftungsausfüllenden Kausalität gefordert. Der beim Kläger vorliegende monosegmentalte Bandscheibenschaden im Segment L4/5 sei im Hinblick auf das Fehlen von Spuren der beruflichen Belastung im Bereich der mittleren und oberen Lendenwirbelsäule selbst bei erfüllten arbeitstechnischen Voraussetzungen auf einen ausschließlich schicksalhaft entstandenen Degenerationsprozess zurückzuführen. Mithin lägen die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV nicht vor.
Hierzu hat Dr. W. in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 19.12.2009 ausgeführt, es spreche zwar einiges dafür, dass oberhalb L4/5 gelegene Bandscheibenschäden, insbesondere wenn sie monosegmental vorlägen, eher gegen eine berufsbedingte Bandscheibenerkrankung sprächen. Dies treffe auf den Kläger aber gerade nicht zu, da bei ihm die Etage L4/5 betroffen sei. Ferner sprächen bei einer monosegmentalen Chondrose/Bandscheibenerkrankung im Röntgenbild ohne wesentliche Begleitspondylose Plausibilitätsüberlegungen bei fehlenden magnetresonanztomographischen Begleitbefunden in anderen Segmenten eher gegen das Vorliegen einer Berufskrankheit, wenn das 45. Lebensjahr überschritten sei. Der Kläger sei aber bereits mit 28 beziehungsweise 29 Jahren wegen einer Lendenwirbelsäulenproblematik in ärztlicher Behandlung gewesen, die auch die Notwendigkeit einer Röntgendiagnostik nach sich gezogen habe. Zusammengefasst sei auch in den Anhängen zu den Konsensempfehlungen hinsichtlich der Fallkonstellation B3 festzustellen, dass unterschiedliche Auffassungen bestünden, die derzeit wissenschaftlich und medizinisch noch nicht abschließend und einstimmig geklärt werden könnten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 05.05.2003 auch hinsichtlich der Ankerkennung einer Berufskrankheit Nr. 2108 nach der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung aufzuheben und die Klage auch insoweit abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung seines Wirbelsäulenleidens als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV.
Anzuwenden sind die Vorschriften des zum 01.01.1997 in Kraft getretenen Siebten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VII), da der geltend gemachte Versicherungsfall erst mit der nach diesem Zeitpunkt eingetretenen Aufgabe der für wirbelsäulenschädlich gehaltenen Tätigkeit eingetreten sein kann (§ 212 Abs. 1 SGB VII). Die BKV ist in ihrer zum 01.12.1997 in Kraft getretenen Fassung vom 31.10.1997 (BGBl I S. 2623) anzuwenden, die aufgrund des SGB VII erlassen worden ist.
Rechtsgrundlage sind damit die §§ 7 und 9 SGB VII in Verbindung mit der BKV.
Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII).
Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, dass die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind oder wenn sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können (§ 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Unfallversicherungsträger haben darüber hinaus eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII erfüllt sind (§ 9 Abs. 2 SGB VII).
Aus diesen gesetzlichen Vorgaben hat die Rechtsprechung (zuletzt in BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R) die folgenden Grundsätze entwickelt:
Für die Feststellung einer Erkrankung als Berufskrankheit ist erforderlich, dass die Verrichtungen des Versicherten einer versicherten Tätigkeit zuzurechnen sind (innerer beziehungsweise sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtungen zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität) und dass diese Einwirkungen eine Krankheit des Versicherten verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität).
Die versicherte Tätigkeit, die Verrichtungen, die Einwirkungen und die Krankheit müssen als rechtserhebliche Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein. Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach allgemeiner Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon zu begründen.
Für die Einwirkungskausalität und die haftungsbegründende Kausalität, welche nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich. Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen die berufliche Verursachung spricht, so dass auf diesen Grad der Wahrscheinlichkeit vernünftigerweise die Entscheidung gestützt werden kann und ernste Zweifel ausscheiden. Bei der Anwendung dieser Beweismaßstäbe ist zu beachten, dass für die tatsächlichen Grundlagen der Wertentscheidung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung, soweit es sich nicht um den Kausalverlauf als solchen handelt, also insbesondere für Art und Ausmaß der schädigungsgeeigneten Einwirkung als wichtiges Kriterium für die Prüfung der haftungsbegründenden Kausalität, der volle Nachweis zu erbringen ist.
Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs beziehungsweise Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Wenn es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen gibt, ist sozialrechtlich allein relevant, ob die Einwirkungen wesentlich waren. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere/n Ursache/n keine überragende Bedeutung hat/haben. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur diese Ursache/n "wesentlich" und damit Ursache/n im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jede/s andere alltäglich vorkommende Ereignis oder Einwirkung zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSG, Urteil vom 09.05.2005 - B 2 U 1/05 R; BSG, Urteil vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind vorliegend die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV nicht gegeben.
Als Berufskrankheit sind bezeichnet in Nr. 2108 der Anlage zur BKV bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben ursächlich waren oder sein können.
Vorliegend sind die medizinischen Voraussetzungen für das Vorliegen der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV nicht gegeben. Das Vorliegen einer durch die berufliche Tätigkeit verursachten bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule ist nicht nachgewiesen.
Der Senat stützt sich im Rahmen seiner Beurteilung auf die Konsensempfehlungen der auf Anregung des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften eingerichteten interdisziplinären Arbeitsgruppe (Trauma und Berufskrankheit Heft 3/2005, S. 211 ff.). Im Hinblick auf die Schwierigkeiten der Beurteilung des Ursachenzusammenhangs bei der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV war die medizinische Wissenschaft gezwungen, weitere Kriterien zu erarbeiten, die zumindest in ihrer Gesamtschau für oder gegen eine berufliche Verursachung sprechen. Diese sind in den Konsensempfehlungen niedergelegt. Sie stellen den aktuellen Stand der nationalen und internationalen Diskussion zur Verursachung von Lendenwirbelsäulenerkrankungen durch körperliche berufliche Belastungen dar (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.11.2009 - L 2 U 154/06; LSG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 19.03.2009 - L 31 U 489/08 und L 31 U 454/08; vergleiche auch BSG, Urteil vom 27.06.2006 - B 2 U 13/05 R). Zur Gewährleistung einer gleichen und gerechten Behandlung aller Versicherten im Geltungsbereich des SGB VII begegnet daher deren Anwendung keinen Bedenken und wendet der Senat sie mithin an.
In den Konsensempfehlungen werden typische Befundkonstellationen definiert und die Einschätzung der Experten zur Beurteilung des Ursachenzusammenhangs wiedergegeben. Danach gilt bei den Konstellationen B (Lokalisation: bandscheibenbedingte Erkrankung betrifft L5/S1 und/oder L4/5, Ausprägung des Bandscheibenschadens: Chondrose Grad II oder höher und/oder Vorfall) der Zusammenhang als wahrscheinlich, wenn wesentliche konkurrierende Ursachenfaktoren nicht erkennbar sind und eine Begleitspondylose vorliegt (Konstellation B1) oder eine Höhenminderung und/oder ein Prolaps an mehreren Bandscheiben - bei monosegmentaler/m Chondrose/Vorfall in L5/S1 oder L4/5 "black disc" im Magnetresonanztomogramm in mindestens zwei angrenzenden Segmenten - oder eine besonders intensive Belastung - Erreichen des Richtwertes für die Lebensdosis in weniger als zehn Jahren - bestand oder ein besonderes Gefährdungspotenzial - Erreichen der Hälfte des Tagesdosis-Richtwertes nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell durch hohe Belstungsspitzen - vorliegt (Konstellation B2). Die Einschätzung des Zusammenhangs durch die Arbeitsgruppenteilnehmer ist unterschiedlich, soweit weder eine Begleitspondylose noch eines der zuvor genannten Zusatzkriterien vorliegt (Konstellation B3). Diesbezüglich sprechen aber nach der Mehrheit der Sachverständigen gewichtige Argumente gegen einen Zusammenhang und spricht damit das Fehlen einer Begleitspondylose in der Konstellation B3 gegen eine Expositionsabhängigkeit der bandscheibenbedingten Erkrankung. In Anhang 1 der Anmerkungen zu den Konsensempehlungen weisen Grosser/Schröter auf Studien hin, nach denen deutliche Höhenminderungen von Bandscheiben in allen Segmenten der Lendenwirbelsäule bei Schwerarbeitern deutlich häufiger als in der Normalbevölkerung seien. Auch sei danach die Häufigkeit von Spondylosen in der belasteten Gruppe in allen Segmenten der Lendenwirbelsäule deutlich erhöht. Zudem entspreche die Konstellation B3 der häufigsten Manifestationsform eigenständiger Bandscheibenerkrankungen innerer Ursache an der Lendenwirbelsäule. Es existierten keinerlei epidemiologische Arbeiten, welche nachwiesen, dass bei Schadensbildern, die der Konstellation B3 entsprechen, bei beruflich Exponierten im Vergleich zur Normalbevölkerung statistisch eine relevante Risikoerhöhung bestehe. Die epidemiologische Literatur zu berufsbedingten Bandscheibenerkrankungen bestätige eine relative Häufung von Chondrosen bei schwerer im Vergleich zu leichter Arbeit an der mittleren und oberen Lendenwirbelsäule und eine absolute Häufung in den unteren beiden Lendenwirbelsäulen-Segmenten; dies entspricht auch der aus biomechanischer Sicht zu erwartenden Entwicklung, während ein mono- und bisegmentaler Befall biomechanisch kaum plausibel sei (Trauma und Berufskrankheit 2005, S. 219 bis 221). Demgegenüber sind Seidler/Bolm-Audorff in Anhang 2 der Anmerkungen zu den Konsensempehlungen der Auffassung, der hohe Stellenwert, welcher dem Fehlen einer Begleitspondylose beigemessen werde, sei wissenschaftlich nicht begründbar. Aber auch von diesen Autoren wird eingeräumt, dass Patienten mit Chondrose und Spondylose ein erhöhtes berufliches Erkrankungsrisiko aufwiesen (Trauma und Berufskrankheit 2005, S. 221 und 222). Ferner sei bei erkennbaren wesentlichen konkurrierenden Ursachen zu beachten, dass bei Vorliegen einer Begleitspondylose der Ursachenzusammenhang von der Bewertung der Qualität der Krankheitsursachen nach der Theorie von der wesentlichen Bedingung abhänge (Konstellation B9) und bei Nicht-Vorliegen einer Begleitspondylose der Ursachenzusammenhang zu verneinen sei (Konstellation B10).
Von diesen Erwägungen ausgehend, sind beim Kläger die medizinischen Voraussetzungen der geltend gemachten Berufskrankheit nicht erfüllt.
Beim Kläger liegt nach dem überzeugenden Gutachten des Prof. Dr. Dr. H. vom 13.10.2008 im Bereich der Wirbelsäule neben einem Zustand nach Spondylodese der Halswirbelsäule in Höhe C5/6 ein Postnukleotomiesyndrom nach lumbaler Bandscheibenoperation L4/5 vor, während die übrigen Bandscheibenetagen L1/2, L2/3, L3/4 und L5/S1 keine schwerwiegenden Veränderungen aufweisen. Damit liegt zwar eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule vor. Der Kläger fällt aber nicht unter die Konstellation B1. Denn eine Begleitspondylose liegt beim Kläger nicht vor. Hierauf hat Dr. W. in seinem Gutachten vom 24.07.2009 ausdrücklich hingewiesen. Beim Kläger liegt auch nicht die Konstellation B2 vor, bei der auf die Bedingung des Vorliegens einer Begleitspondylose verzichtet werden kann. Zum einen fehlt es wegen des im Bereich L4/5 lediglich monosegmentalen Befundes an der unteren Lendenwirbelsäule an einer Höhenminderung und/oder einem Prolaps an mehreren Bandscheiben in mindestens zwei angrenzenden Segmenten. Zum anderen unterlag der als Maler und Stukkateur tätig gewesene Kläger ausweislich der aktenkundigen Stellungnahmen des Technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten weder einer besonders intensiven Belastung noch einem besonderen Gefährdungspotential im Sinne der Konsensempfehlungen. Mithin entspricht das Krankheitsbild des Klägers - auch unterstellt, bei den von Prof. Dr. Dr. H. und Dr. F. dargelegten Erkrankungen handelt es sich nicht um erkennbare wesentliche konkurrierende Ursachen - allenfalls der Konstellation B3, bezüglich derer letztlich unter den Sachverständigen - mit den jeweils oben bereits angeführten Argumenten - keine Einigung erzielt werden konnte. Damit ist nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Diskussion ein Zusammenhang des monosegmentalen Bandscheibenschadens des Klägers mit dessen beruflicher Tätigkeit zwar nicht auszuschließen. Er lässt sich aber nicht im erforderlichen Maß wahrscheinlich machen, was im Rahmen der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers geht (Hessisches LSG, Urteil vom 18.08.2009 - L 3 U 202/04).
Nichts anderes ergibt sich nach der Überzeugung des Senats aus dem Gutachten des Dr. W. vom 24.07.2009. Indem er seine gegenteilige Einschätzung damit begründet hat, beim Kläger liege eine ausreichend lange Einwirkung einer schweren rückenbelastenden Tätigkeit vor, hat er lediglich die arbeitstechnischen Voraussetzungen, deren Vorliegen zwischen den Beteiligten nunmehr unstreitig ist, bejaht. Deren Vorliegen wirkt sich aber im Rahmen der Beurteilung der medizinischen Voraussetzungen nur dann wahrscheinlichkeitserhöhend aus, wenn sie wegen einer besonders intensiven Belastung oder einem besonderen Gefährdungspotential zur Annahme der Konstellation B2 führt, was aber bei dem als Maler und/oder Stukkateur tätig gewesenen Kläger - wie oben dargelegt - gerade nicht der Fall ist und auch Dr. W. nicht angenommen hat. Die Einschätzung von Dr. W., gerade auf Grund der Langjährigkeit der rückenbelastenden Tätigkeit sei es wahrscheinlich, dass überwiegend die rückenbelastende Tätigkeit zur monosegmentalen Bandscheibenerkrankung des Klägers an der Lendenwirbelsäule geführt habe, trifft in Ermangelung der hier erforderlichen intensiven Belastung nicht zu. Ferner überzeugt das Argument des Dr. W., gerade bei rückenbelastenden Tätigkeiten seien die beiden untersten Bandscheiben der Lendenwirbelsäule einer besonderen Belastung ausgesetzt, vor dem Hintergrund der gegenteiligen, oben bereits dargelegten Argumentation von Grosser/Schröter im Anhang 1 der Anmerkungen zu den Konsensempfehlungen nicht. Demgegenüber hat Prof. Dr. Dr. H. in seinem Gutachten vom 13.10.2008 für den Senat überzeugend dargelegt, warum vorliegend die medizinischen Voraussetzungen nicht gegeben sind. Er hat zutreffend - ebenso wie Dr. Th. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 01.10.2009 - darauf hingewiesen, dass das hauptbelastete Areal L5/S1 radiologisch völlig unauffällig ist und auch im operierten Segment L4/5 belastungsadaptive Störungen wie beispielsweise knöcherne Ausziehungen im Bereich der Bandansätze, was eine erhebliche mechanische Überforderung der Wirbelsäule belegen könnte, fehlen.
Nachdem der Kausalzusammenhang bereits unter Annahme der Konstellation B3 zu verneinen ist, lässt es der Senat offen, ob vorliegend - wofür die Hinweise des Prof. Dr. Dr. H. in seinem Gutachten vom 13.10.2008 auf das erhebliche körperliche Übergewicht und des Dr. F. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 23.10.2008 auf die Arteriosklerose, das metabolische Syndrom mit Adipositas, Dyslipidämie und Hyperglycämie sowie den Morbus Scheuermann als wesentliche konkurrierende Störung sprechen - gar die Konstellation B10 vorliegt, bei der ein Ursachenzusammenhang ohne Weiteres zu verneinen wäre.
Nach alledem liegen zur Überzeugung des Senats die medizinischen Voraussetzungen der Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV nicht vor. Das Urteil des Sozialgericht war daher aufzuheben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG gegeben ist.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind im Klage-, Berufungs- und Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) anzuerkennen sind.
Der 1951 geborene Kläger absolvierte von April 1966 bis Ende Dezember 1968 eine Ausbildung zum Maler und war anschließend bis März 1987 bei verschiedenen Firmen im Wesentlichen als Maler und/oder Stukkateur nicht-selbständig beschäftigt. Die dabei verrichteten Arbeiten umfassten auch das Aufstellen von Gerüsten. Ab Mai 1987 war der Kläger als selbständiger Stukkateur mit zeitweise zwölf Beschäftigten tätig und bei der Beklagten als Unternehmer pflichtversichert. Bei einem Arbeitsunfall am 12.08.1987 zog er sich Verletzungen des rechten Armes zu. Wegen der Folgen dieses Arbeitsunfalles bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 27.07.1989 Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 25 vom Hundert (v. H.) ab 31.07.1989.
Am 11.05.1998 trat beim Kläger wegen eines Bandscheibenvorfalls im Bereich L4/5 Arbeitsunfähigkeit ein. Am 14.05.1998 wurde der Bandscheibenvorfall in der Neurochirurgischen Klinik und Poliklinik der Universität W. operiert. Aus der anschließenden stationären Heilbehandlung vom 26.05.1998 bis zum 16.06.1998 in den Kliniken H. wurde der Kläger als arbeitsunfähig entlassen.
Am 06.07.1998 ging bei der Beklagten die vom Kläger erstellte Unternehmeranzeige über eine Berufskrankheit ein, in der er seine Bandscheibenbeschwerden auf seine berufliche Tätigkeit zurückführte. Im Rahmen der von der Beklagten daraufhin aufgenommenen Ermittlungen teilte Oberarzt Prof. Dr. K. von der Neurochirurgischen Klinik und Poliklinik der Universität W. unter dem 30.09.1998 mit, seiner Ansicht nach liege keine Berufskrankheit vor. Der Orthopäde Dr. R. erstattete auf Anforderung der Beklagten am 03.12.1998 die Ärztliche Anzeige über das Vorliegen einer Berufskrankheit und teilte gleichzeitig mit, der Kläger habe sich seit 1979 bei ihm immer wieder wegen rezidivierender Kreuzschmerzen vorgestellt. Die Beklagte zog sodann von der Landesversicherungsanstalt B. medizinische Unterlagen, unter anderem den Bericht der Kliniken H. vom 10.07.1998 den Arztbrief der Neurochirurgischen Klinik und Poliklinik W. vom 25.05.1998, und das auf Veranlassung der Landesversicherungsanstalt erstattete Rentengutachten von Dr. G. vom 24.11.1998, bei. Ferner holte die Beklagte die Befundberichte des Allgemeinarztes Dr. K. vom 24.02.1999 und der Neurochirurgischen Klinik W. vom 18.03.1999 sowie von Dipl.-Ing. St. von ihrem Technischen Aufsichtsdienst die Stellungnahme vom 13.07.1999 ein, in der die arbeitstechnischen Voraussetzungen für das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV als erfüllt angesehen wurden. Schließlich holte die Beklagte von Prof. Dr. C. das orthopädische Gutachten vom 07.10.1999 ein. Darin wurden eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule im Bereich L4/5 sowie beginnende degenerative Veränderungen der gesamten Wirbelsäule beschrieben. Die Wirbelsäulenbeschwerden seien auf die berufliche Tätigkeit des Klägers zurückzuführen, zumindest sei die berufliche Belastung als wesentliche Teilursache anzusehen. Die MdE werde auf 10 v. H. geschätzt. Der Staatliche Gewerbearzt Dr. Th. schloss sich in seiner Stellungnahme vom 31.01.2000 diesen Ausführungen an. Der Arzt für Arbeits- und Sozialmedizin Dr. F. vertrat in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 28.03.2000 die Auffassung, es handle sich um einen Anlageschaden der Lendenwirbelsäule bei Hinweisen auf eine Scheuermann’sche Erkrankung im kritischen thorako-lumbalen Übergangsbereich und eine Sakralisation von L5 mit funktioneller Einsteifung des Bandscheibensegmentes L5/S1 bei insgesamt nicht dem Alter vorauseilenden Degenerativschäden der Lendenwirbelsäule. Das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV könne nicht hinreichend wahrscheinlich gemacht werden. Nach erneuter Aktenvorlage empfahl Prof. Dr. Th. in seiner Stellungnahme vom 02.08.2000 die Einholung einer ergänzenden Beurteilung von Prof. Dr. C ... Mit Bescheid vom 13.09.2000 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers als Berufskrankheit ab. Zwar sei nach der Stellungnahme des Technischen Aufsichtsdienstes die berufliche Tätigkeit geeignet gewesen, eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule zu verursachen. Die Erkrankung des Klägers könne jedoch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die berufliche Tätigkeit zurückgeführt werden, da aufgrund der sehr früh beginnenden Beschwerden, des Hinweises auf eine Scheuermann’sche Erkrankung und den dadurch entstandenen monosegmentalen Bandscheibenschaden im Segment L4/5 von einer anlagebedingten und schicksalhaften Entwicklung auszugehen sei. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12.02.2001 zurückgewiesen.
Dagegen erhob der Kläger am 12.03.2001 Klage zum Sozialgericht Mannheim.
Das Sozialgericht hörte zunächst Dr. R. unter dem 23.07.2001 sowie den Allgemeinmediziner Dr. K. und den Orthopäden Dr. L. unter dem 25.07.2001 schriftlich als sachverständige Zeugen.
Sodann holte es das orthopädische Gutachten von Dr. St. vom 13.11.2001 ein. Dieser beschrieb im Bereich der Lendenwirbelsäule eine nahezu isolierte Bandscheibenerkrankung, eine Osteochondrose und Spondylose, einen Zustand nach Bandscheibenoperation L4/5 rechts sowie zusätzlich eine diskrete beginnende Osteochondrose auch in den Segmenten L2/3 und L3/4 ohne klinisch funktionelle Relevanz. Neben der beruflichen Tätigkeit kämen nennenswerte weitere Bedingungen zur Verursachung beziehungsweise Verschlimmerung des festgestellten Bandscheibenleidens L4/5 nicht in Betracht. Die von Dr. F. vermutete lumbosakrale Bewegungsstörung lasse sich nicht erhärten. Es sei überwiegend wahrscheinlich, dass der beruflichen Tätigkeit eine übergeordnete, nicht nur zumindest annähernd gleichwertige Bedeutung für die Entstehung des Bandscheibenleidens zukomme. Die MdE bewertete er ebenfalls mit 10 v. H.
Die Beklagte legte hierzu die Stellungnahme von Dr. F. vom 22.01.2002 vor, zu der das Sozialgericht wiederum die ergänzende Stellungnahme von Dr. St. vom 30.04.2002 einholte. Außerdem legte die Beklagte das von Dr. T. und Dr. Sch., Institut für Medizinische Begutachtung in K., erstattete orthopädische Gutachten nach Aktenlage vom 31.10.2002 vor, in dem bezweifelt wurde, dass beim Kläger als Maler und Stukkateur die arbeitstechnischen Voraussetzungen für das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV erfüllt seien. Nähere Ermittlungen hierzu seien jedoch nicht erforderlich, da bereits aus medizinischen Gründen ein ursächlicher Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit nicht angenommen werden könne. Es liege beim Kläger kein belastungskonformes Schadensbild vor. Weder die Verteilung noch das Ausmaß der vorhandenen umformenden Veränderungen an der Wirbelsäule entsprächen dem, was man als belastungsinduzierte Reaktionen bezeichnen könne. Das Sozialgericht holte hierzu die weitere ergänzende Stellungnahme von Dr. St. vom 21.02.2003 ein und hörte den Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung am 05.05.2003 zu seiner beruflichen Tätigkeit an.
Mit Urteil vom 05.05.2003 verurteilte das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide, dem Kläger wegen der Folgen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV auf der Grundlage eines Versicherungsfalls vom 11.05.1998 Verletztengeld bis zum 14.11.1999 und im Anschluss daran Rente nach einer Stütz-MdE um 10 v. H. zu gewähren. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen seien erfüllt. Anhaltspunkte dafür, dass der Tagesdosisgrenzwert nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell um mehr als die Hälfte unterschritten sei, gebe es nicht. Aufgrund der vorliegenden ärztlichen Gutachten sei auch davon auszugehen, dass die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung der Lendenwirbelsäulenbeschwerden als Berufskrankheit gegeben seien.
Die Beklagte hat am 04.06.2003 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und während des Berufungsverfahrens die Erstellung einer Belastungsbeurteilung nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell durch ihren Technischen Aufsichtsdienst veranlasst. Aufgrund eines am 27.11.2003 mit dem Kläger und seinem Rechtsanwalt geführten Gesprächs hat Dipl.-Ing. St. die Belastungsbeurteilung vom 01.04.2004 erstellt, wonach sich für die Tätigkeiten des Klägers eine Gesamtbelastungsdosis von 14,8 x 106 Nh errechne. Damit sei der Richtwert nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell von 25 x 106 Nh weit unterschritten, weshalb die arbeitstechnischen Voraussetzungen für eine Erkrankung im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV nicht erfüllt seien. Im Hinblick auf die weit unter dem Richtwert liegende Gesamtbelastungsdosis hat die Beklagte die Auffassung vertreten, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen für eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV beim Kläger nicht erfüllt seien. Darüber hinaus lägen auch die medizinischen Voraussetzungen nicht vor. Sie beruft sich hierzu auf die vorgelegte Stellungnahme von Dr. F. vom 20.04.2004.
Mit Urteil vom 23.06.2005 hat das Landessozialgericht das Urteil des Sozialgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV liege beim Kläger nicht vor. Auf die Frage, ob die haftungsausfüllende Kausalität zu bejahen wäre, komme es nicht an, so dass dahin stehen könne, ob der Meinung von Prof. Dr. C. und Dr. St. oder der gegenteiligen Auffassung von Dr. F. sowie Dr. T. und Dr. Sch. zu folgen wäre. Denn es fehle bereits an den arbeitstechnischen Voraussetzungen und damit an der haftungsbegründenden Kausalität. Das Landessozialgericht hat sich dabei auf die Berechnung des Technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten vom 01.04.2004 gestützt.
Das Bundessozialgericht hat mit Beschluss vom 13.12.2005 die hiergegen vom Kläger eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zugelassen. Mit Urteil vom 30.10.2007 hat das Bundessozialgericht das Urteil des Landessozialgerichts aufgehoben, soweit es unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts die Klage auf Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV abgewiesen hat; in diesem Umfang hat das Bundessozialgericht die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen. Im Übrigen hat es die Revision zurückgewiesen. Es hat zur Begründung unter anderem ausgeführt, der untere Grenzwert, bei dessen Unterschreitung nach gegenwärtigem Wissensstand ein Kausalzusammenhang zwischen beruflichen Einwirkungen und bandscheibenbedingter Erkrankung der Lendenwirbelsäule ausgeschlossen und deshalb auf einzelfallbezogene medizinische Ermittlungen verzichtet werden könne, sei auf die Hälfte des im Mainz-Dortmunder-Dosismodell vorgeschlagenen Orientierungswertes für die Gesamtbelastungsdosis von 25 x 106 Nh herabzusetzen, wobei die dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell zugrundeliegende Mindestdruckkraft pro Arbeitsvorgang abzusenken und auf eine Mindesttagesdosis zu verzichten sei.
Sodann hat die Beklagte die Stellungnahme des Dipl. Ing. St. von ihrem Technischen Aufsichtsdienst vom 18.07.2008 vorgelegt. Darin ist dieser zu der Einschätzung gelangt, die modifizierte Lebensarbeitszeitdosis des Klägers auf der Basis des Urteils des Bundessozialgerichts betrage 18,9 x 106 Nh.
Daraufhin hat der Senat von Amts wegen das Gutachten des Arztes für Orthopädie Prof. Dr. Dr. H., Chefarzt der Orthopädischen Abteilung der Fachkliniken H., vom 13.10.2008 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, eine haftungsausfüllende Kausalität bezüglich einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule im Sinne der Nr. 2108 der Anlage zur BKV sei nicht gegeben. Beim Kläger lägen im Bereich der Wirbelsäule neben einem Zustand nach Spondylodese der Halswirbelsäule in Höhe C5/6 mit verbliebenem mäßigem konzentrischem Funktionsdefizit sowie rest-sensibler Störung C6 links, ein Postnukleotomiesyndrom nach lumbaler Bandscheibenoperation L4/5 mit postoperativ immanenter Höhenminderung des Zwischenwirbelraumes sowie konsekutiver Fassettenarthrose L4/5 vor, während die übrigen Bandscheibenetagen L1/2, L2/3, L3/4 und L5/S1 keine schwerwiegenden Veränderungen aufwiesen. Damit liege tatsächlich eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule vor. Allerdings müsse bei der vorliegenden Unterschreitung der Mindestrichtwertdosis eine pathognomonische morphologische Situation vorliegen. Derartige morphologische Aufbrauchserscheinungen seien vorliegend aber nicht gegeben. Denn es handle sich um einen monosegmentalen Bandscheibenschaden, der zwar nicht zwingend gegen die Annahme einer berufsbedingten Erkrankung spreche. Aber andererseits müsse klar herausgestellt werden, dass die übrigen Segmente der Wirbelsäule bildgebend bezüglich des degenerativen Aufbrauchs nicht einmal die Altersnorm erreichten. Das hauptbelastete Areal L5/S1 sei radiologisch völlig unauffällig. Auch im operierten Segment L4/5 fehlten belastungsadaptive Störungen wie beispielsweise knöcherne Ausziehungen im Bereich der Bandansätze, die eine erhebliche mechanische Überforderung der Wirbelsäule belegen könnten. Das erhebliche körperliche Übergewicht sei für die übersteigerte Entwicklung der operationsimmanenten Veränderungen im operierten Segment sicherlich als wesentliche konkurrierende Störung aufzufassen. Betrachte man nun die degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule, wie sich diese radiologisch vor der Operation im Jahr 1998 gezeigt hätten, so seien diese Veränderungen in etwa gleichwertig mit denen der Brustwirbelsäule. Im Bereich der Halswirbelsäule habe zu diesem Zeitpunkt keine wesentlichen Veränderungen bestanden. Von einem wesentlich übersteigenden Betroffensein der Lendenwirbelsäule im Vergleich zur übrigen Wirbelsäule sei somit nicht auszugehen. Im weiteren Verlauf sei es zu einem schicksalhaften Bandscheibenvorfall auch im Bereich der Halswirbelsäule gekommen, der zu einem operativen Eingriff Anlass gegeben habe. Hier sei das Hauptbewegungssegment C5/6 betroffen gewesen. Der Sachverständige hat zusammenfassend ausgeführt, ein gleichförmiges Schadensbild, vor allem belastungskonforme Veränderungen im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV, ließen sich nicht nachweisen.
Dr. F. hat sich in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 23.10.2008 dieser Einschätzung angeschlossen. Gegen die Anerkennung der Wirbelsäulenbeschwerden als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV spreche, dass der Kläger eine beträchtliche Arteriosklerose aufweise, bei ihm ein metabolisches Syndrom mit Adipositas, Dyslipidämie und Hyperglycerinämie vorliege, als Folge der Endplattenverwerfungen bei LWK4/5 im Sinne eines Morbus Scheuermann, des kongruent dazu beträchtlichen Knochenmarködems und der Schmorl`schen Herde eine sekundäre Bandscheibenerweichung durch die schwergradige segmentale Ischämie vorliege, die monosegmentale Bandscheibenerweichung dem Anlageschaden eines Morbus Scheuermann folge sowie eine schwergradige gleichsinnige Degeneration der Halswirbelsäule vorliege, welche tendenziell ausgeprägter sei als an der Lendenwirbelsäule.
Den Antrag des Klägers auf Ablehnung des Prof. Dr. Dr. H. wegen Besorgnis der Befangenheit hat das Landessozialgericht mit Beschluss vom 29.12.2008 abgelehnt.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. W. vom 24.07.2009 eingeholt. Für seine Beurteilung hat er die "Medizinischen Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule" (Konsensempfehlungen) herangezogen. Er hat ausgeführt, Voraussetzung für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV sei eine gesicherte bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule, eine ausreichende Exposition und eine plausible zeitliche Korrelation zur Entwicklung der bandscheibenbedingten Erkrankung. All dies sei beim Kläger gegeben. Wesentliche konkurrierende Ursachen seien beim Klägern nicht erkennbar. Eine Skoliose, Hyperlordose oder Gleitwirbelbildung liege nicht vor. Auch seien die diskreten Scheuermann´schen Veränderungen zu gering, um als konkurrierende Ursache anerkannt zu werden. Auch die diskreten Asymmetrien am lumbosacralen Übergang taugten nicht als konkurrierende Ursache. Ferner stelle die Adipositas keine konkurrierende Ursache dar. Eine wesentliche Begleitspondylose liege beim Kläger nicht vor. Beim Kläger handle es sich daher um die Konstellation B3 der Konsensempfehlungen. Für diese Konstellation habe kein Konsens gefunden werden können. Nach seiner Einschätzung liege aber mit Wahrscheinlichkeit eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule vor, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch die Berufsausübung wesentlich hervorgerufen worden sei. Denn beim Kläger liege eine ausreichend lange Einwirkung einer schweren rückenbelastenden Tätigkeit vor. Beim Kläger hätten bis 1998 keine dem Alter vorauseilenden degenerativen Veränderungen an der Brustwirbelsäule oder Halswirbelsäule im Sinne einer Veranlagung zu bandscheibenbedingten Erkrankungen vorgelegen. Die bis in das Jahr 1979 zurückreichenden Röntgenaufnahmen zeigten keinerlei vorbestehenden Bandscheibenschäden, schwerwiegende Formvarianten oder Abnormalitäten der Lendenwirbelsäule, die eine bandscheibenbedingte Erkrankung begünstigen würden. Gerade auf Grund der Langjährigkeit der rückenbelastenden Tätigkeit sei es wahrscheinlich, dass diese überwiegend zur monosegmentalen Bandscheibenerkrankung des Klägers an der Lendenwirbelsäule geführt habe. Dabei sei zu berücksichtigen, dass gerade bei rückenbelastenden Tätigkeiten die beiden untersten Bandscheiben der Lendenwirbelsäule einer besonderen Belastung ausgesetzt seien. Der Sachverständige hat aber auch ausgeführt, es sei ihm sehr wohl bewusst, dass es in diesem speziellen Fall kein eindeutiges "richtig oder falsch" hinsichtlich der Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV gebe. Der Sachverständige hat die MdE mit 20 v. H. eingeschätzt. Dem Gutachten beigefügt war der Arztbrief des Radiologen Dr. P. vom 04.02.2009.
Die Beklagte hat die beratungsärztliche Stellungnahme des Arztes für Chirurgie Dr. Th. vom 01.10.2009 vorgelegt. In den Konsensempfehlungen werde für die Fallgruppe B3 ein belastungsadaptives Schadensbild zur Begründung einer haftungsausfüllenden Kausalität gefordert. Der beim Kläger vorliegende monosegmentalte Bandscheibenschaden im Segment L4/5 sei im Hinblick auf das Fehlen von Spuren der beruflichen Belastung im Bereich der mittleren und oberen Lendenwirbelsäule selbst bei erfüllten arbeitstechnischen Voraussetzungen auf einen ausschließlich schicksalhaft entstandenen Degenerationsprozess zurückzuführen. Mithin lägen die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV nicht vor.
Hierzu hat Dr. W. in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 19.12.2009 ausgeführt, es spreche zwar einiges dafür, dass oberhalb L4/5 gelegene Bandscheibenschäden, insbesondere wenn sie monosegmental vorlägen, eher gegen eine berufsbedingte Bandscheibenerkrankung sprächen. Dies treffe auf den Kläger aber gerade nicht zu, da bei ihm die Etage L4/5 betroffen sei. Ferner sprächen bei einer monosegmentalen Chondrose/Bandscheibenerkrankung im Röntgenbild ohne wesentliche Begleitspondylose Plausibilitätsüberlegungen bei fehlenden magnetresonanztomographischen Begleitbefunden in anderen Segmenten eher gegen das Vorliegen einer Berufskrankheit, wenn das 45. Lebensjahr überschritten sei. Der Kläger sei aber bereits mit 28 beziehungsweise 29 Jahren wegen einer Lendenwirbelsäulenproblematik in ärztlicher Behandlung gewesen, die auch die Notwendigkeit einer Röntgendiagnostik nach sich gezogen habe. Zusammengefasst sei auch in den Anhängen zu den Konsensempfehlungen hinsichtlich der Fallkonstellation B3 festzustellen, dass unterschiedliche Auffassungen bestünden, die derzeit wissenschaftlich und medizinisch noch nicht abschließend und einstimmig geklärt werden könnten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 05.05.2003 auch hinsichtlich der Ankerkennung einer Berufskrankheit Nr. 2108 nach der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung aufzuheben und die Klage auch insoweit abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung seines Wirbelsäulenleidens als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV.
Anzuwenden sind die Vorschriften des zum 01.01.1997 in Kraft getretenen Siebten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VII), da der geltend gemachte Versicherungsfall erst mit der nach diesem Zeitpunkt eingetretenen Aufgabe der für wirbelsäulenschädlich gehaltenen Tätigkeit eingetreten sein kann (§ 212 Abs. 1 SGB VII). Die BKV ist in ihrer zum 01.12.1997 in Kraft getretenen Fassung vom 31.10.1997 (BGBl I S. 2623) anzuwenden, die aufgrund des SGB VII erlassen worden ist.
Rechtsgrundlage sind damit die §§ 7 und 9 SGB VII in Verbindung mit der BKV.
Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII).
Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, dass die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind oder wenn sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können (§ 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Unfallversicherungsträger haben darüber hinaus eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII erfüllt sind (§ 9 Abs. 2 SGB VII).
Aus diesen gesetzlichen Vorgaben hat die Rechtsprechung (zuletzt in BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R) die folgenden Grundsätze entwickelt:
Für die Feststellung einer Erkrankung als Berufskrankheit ist erforderlich, dass die Verrichtungen des Versicherten einer versicherten Tätigkeit zuzurechnen sind (innerer beziehungsweise sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtungen zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität) und dass diese Einwirkungen eine Krankheit des Versicherten verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität).
Die versicherte Tätigkeit, die Verrichtungen, die Einwirkungen und die Krankheit müssen als rechtserhebliche Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein. Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach allgemeiner Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon zu begründen.
Für die Einwirkungskausalität und die haftungsbegründende Kausalität, welche nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich. Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen die berufliche Verursachung spricht, so dass auf diesen Grad der Wahrscheinlichkeit vernünftigerweise die Entscheidung gestützt werden kann und ernste Zweifel ausscheiden. Bei der Anwendung dieser Beweismaßstäbe ist zu beachten, dass für die tatsächlichen Grundlagen der Wertentscheidung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung, soweit es sich nicht um den Kausalverlauf als solchen handelt, also insbesondere für Art und Ausmaß der schädigungsgeeigneten Einwirkung als wichtiges Kriterium für die Prüfung der haftungsbegründenden Kausalität, der volle Nachweis zu erbringen ist.
Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs beziehungsweise Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Wenn es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen gibt, ist sozialrechtlich allein relevant, ob die Einwirkungen wesentlich waren. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere/n Ursache/n keine überragende Bedeutung hat/haben. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur diese Ursache/n "wesentlich" und damit Ursache/n im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jede/s andere alltäglich vorkommende Ereignis oder Einwirkung zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSG, Urteil vom 09.05.2005 - B 2 U 1/05 R; BSG, Urteil vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind vorliegend die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV nicht gegeben.
Als Berufskrankheit sind bezeichnet in Nr. 2108 der Anlage zur BKV bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben ursächlich waren oder sein können.
Vorliegend sind die medizinischen Voraussetzungen für das Vorliegen der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV nicht gegeben. Das Vorliegen einer durch die berufliche Tätigkeit verursachten bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule ist nicht nachgewiesen.
Der Senat stützt sich im Rahmen seiner Beurteilung auf die Konsensempfehlungen der auf Anregung des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften eingerichteten interdisziplinären Arbeitsgruppe (Trauma und Berufskrankheit Heft 3/2005, S. 211 ff.). Im Hinblick auf die Schwierigkeiten der Beurteilung des Ursachenzusammenhangs bei der Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV war die medizinische Wissenschaft gezwungen, weitere Kriterien zu erarbeiten, die zumindest in ihrer Gesamtschau für oder gegen eine berufliche Verursachung sprechen. Diese sind in den Konsensempfehlungen niedergelegt. Sie stellen den aktuellen Stand der nationalen und internationalen Diskussion zur Verursachung von Lendenwirbelsäulenerkrankungen durch körperliche berufliche Belastungen dar (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.11.2009 - L 2 U 154/06; LSG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 19.03.2009 - L 31 U 489/08 und L 31 U 454/08; vergleiche auch BSG, Urteil vom 27.06.2006 - B 2 U 13/05 R). Zur Gewährleistung einer gleichen und gerechten Behandlung aller Versicherten im Geltungsbereich des SGB VII begegnet daher deren Anwendung keinen Bedenken und wendet der Senat sie mithin an.
In den Konsensempfehlungen werden typische Befundkonstellationen definiert und die Einschätzung der Experten zur Beurteilung des Ursachenzusammenhangs wiedergegeben. Danach gilt bei den Konstellationen B (Lokalisation: bandscheibenbedingte Erkrankung betrifft L5/S1 und/oder L4/5, Ausprägung des Bandscheibenschadens: Chondrose Grad II oder höher und/oder Vorfall) der Zusammenhang als wahrscheinlich, wenn wesentliche konkurrierende Ursachenfaktoren nicht erkennbar sind und eine Begleitspondylose vorliegt (Konstellation B1) oder eine Höhenminderung und/oder ein Prolaps an mehreren Bandscheiben - bei monosegmentaler/m Chondrose/Vorfall in L5/S1 oder L4/5 "black disc" im Magnetresonanztomogramm in mindestens zwei angrenzenden Segmenten - oder eine besonders intensive Belastung - Erreichen des Richtwertes für die Lebensdosis in weniger als zehn Jahren - bestand oder ein besonderes Gefährdungspotenzial - Erreichen der Hälfte des Tagesdosis-Richtwertes nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell durch hohe Belstungsspitzen - vorliegt (Konstellation B2). Die Einschätzung des Zusammenhangs durch die Arbeitsgruppenteilnehmer ist unterschiedlich, soweit weder eine Begleitspondylose noch eines der zuvor genannten Zusatzkriterien vorliegt (Konstellation B3). Diesbezüglich sprechen aber nach der Mehrheit der Sachverständigen gewichtige Argumente gegen einen Zusammenhang und spricht damit das Fehlen einer Begleitspondylose in der Konstellation B3 gegen eine Expositionsabhängigkeit der bandscheibenbedingten Erkrankung. In Anhang 1 der Anmerkungen zu den Konsensempehlungen weisen Grosser/Schröter auf Studien hin, nach denen deutliche Höhenminderungen von Bandscheiben in allen Segmenten der Lendenwirbelsäule bei Schwerarbeitern deutlich häufiger als in der Normalbevölkerung seien. Auch sei danach die Häufigkeit von Spondylosen in der belasteten Gruppe in allen Segmenten der Lendenwirbelsäule deutlich erhöht. Zudem entspreche die Konstellation B3 der häufigsten Manifestationsform eigenständiger Bandscheibenerkrankungen innerer Ursache an der Lendenwirbelsäule. Es existierten keinerlei epidemiologische Arbeiten, welche nachwiesen, dass bei Schadensbildern, die der Konstellation B3 entsprechen, bei beruflich Exponierten im Vergleich zur Normalbevölkerung statistisch eine relevante Risikoerhöhung bestehe. Die epidemiologische Literatur zu berufsbedingten Bandscheibenerkrankungen bestätige eine relative Häufung von Chondrosen bei schwerer im Vergleich zu leichter Arbeit an der mittleren und oberen Lendenwirbelsäule und eine absolute Häufung in den unteren beiden Lendenwirbelsäulen-Segmenten; dies entspricht auch der aus biomechanischer Sicht zu erwartenden Entwicklung, während ein mono- und bisegmentaler Befall biomechanisch kaum plausibel sei (Trauma und Berufskrankheit 2005, S. 219 bis 221). Demgegenüber sind Seidler/Bolm-Audorff in Anhang 2 der Anmerkungen zu den Konsensempehlungen der Auffassung, der hohe Stellenwert, welcher dem Fehlen einer Begleitspondylose beigemessen werde, sei wissenschaftlich nicht begründbar. Aber auch von diesen Autoren wird eingeräumt, dass Patienten mit Chondrose und Spondylose ein erhöhtes berufliches Erkrankungsrisiko aufwiesen (Trauma und Berufskrankheit 2005, S. 221 und 222). Ferner sei bei erkennbaren wesentlichen konkurrierenden Ursachen zu beachten, dass bei Vorliegen einer Begleitspondylose der Ursachenzusammenhang von der Bewertung der Qualität der Krankheitsursachen nach der Theorie von der wesentlichen Bedingung abhänge (Konstellation B9) und bei Nicht-Vorliegen einer Begleitspondylose der Ursachenzusammenhang zu verneinen sei (Konstellation B10).
Von diesen Erwägungen ausgehend, sind beim Kläger die medizinischen Voraussetzungen der geltend gemachten Berufskrankheit nicht erfüllt.
Beim Kläger liegt nach dem überzeugenden Gutachten des Prof. Dr. Dr. H. vom 13.10.2008 im Bereich der Wirbelsäule neben einem Zustand nach Spondylodese der Halswirbelsäule in Höhe C5/6 ein Postnukleotomiesyndrom nach lumbaler Bandscheibenoperation L4/5 vor, während die übrigen Bandscheibenetagen L1/2, L2/3, L3/4 und L5/S1 keine schwerwiegenden Veränderungen aufweisen. Damit liegt zwar eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule vor. Der Kläger fällt aber nicht unter die Konstellation B1. Denn eine Begleitspondylose liegt beim Kläger nicht vor. Hierauf hat Dr. W. in seinem Gutachten vom 24.07.2009 ausdrücklich hingewiesen. Beim Kläger liegt auch nicht die Konstellation B2 vor, bei der auf die Bedingung des Vorliegens einer Begleitspondylose verzichtet werden kann. Zum einen fehlt es wegen des im Bereich L4/5 lediglich monosegmentalen Befundes an der unteren Lendenwirbelsäule an einer Höhenminderung und/oder einem Prolaps an mehreren Bandscheiben in mindestens zwei angrenzenden Segmenten. Zum anderen unterlag der als Maler und Stukkateur tätig gewesene Kläger ausweislich der aktenkundigen Stellungnahmen des Technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten weder einer besonders intensiven Belastung noch einem besonderen Gefährdungspotential im Sinne der Konsensempfehlungen. Mithin entspricht das Krankheitsbild des Klägers - auch unterstellt, bei den von Prof. Dr. Dr. H. und Dr. F. dargelegten Erkrankungen handelt es sich nicht um erkennbare wesentliche konkurrierende Ursachen - allenfalls der Konstellation B3, bezüglich derer letztlich unter den Sachverständigen - mit den jeweils oben bereits angeführten Argumenten - keine Einigung erzielt werden konnte. Damit ist nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Diskussion ein Zusammenhang des monosegmentalen Bandscheibenschadens des Klägers mit dessen beruflicher Tätigkeit zwar nicht auszuschließen. Er lässt sich aber nicht im erforderlichen Maß wahrscheinlich machen, was im Rahmen der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers geht (Hessisches LSG, Urteil vom 18.08.2009 - L 3 U 202/04).
Nichts anderes ergibt sich nach der Überzeugung des Senats aus dem Gutachten des Dr. W. vom 24.07.2009. Indem er seine gegenteilige Einschätzung damit begründet hat, beim Kläger liege eine ausreichend lange Einwirkung einer schweren rückenbelastenden Tätigkeit vor, hat er lediglich die arbeitstechnischen Voraussetzungen, deren Vorliegen zwischen den Beteiligten nunmehr unstreitig ist, bejaht. Deren Vorliegen wirkt sich aber im Rahmen der Beurteilung der medizinischen Voraussetzungen nur dann wahrscheinlichkeitserhöhend aus, wenn sie wegen einer besonders intensiven Belastung oder einem besonderen Gefährdungspotential zur Annahme der Konstellation B2 führt, was aber bei dem als Maler und/oder Stukkateur tätig gewesenen Kläger - wie oben dargelegt - gerade nicht der Fall ist und auch Dr. W. nicht angenommen hat. Die Einschätzung von Dr. W., gerade auf Grund der Langjährigkeit der rückenbelastenden Tätigkeit sei es wahrscheinlich, dass überwiegend die rückenbelastende Tätigkeit zur monosegmentalen Bandscheibenerkrankung des Klägers an der Lendenwirbelsäule geführt habe, trifft in Ermangelung der hier erforderlichen intensiven Belastung nicht zu. Ferner überzeugt das Argument des Dr. W., gerade bei rückenbelastenden Tätigkeiten seien die beiden untersten Bandscheiben der Lendenwirbelsäule einer besonderen Belastung ausgesetzt, vor dem Hintergrund der gegenteiligen, oben bereits dargelegten Argumentation von Grosser/Schröter im Anhang 1 der Anmerkungen zu den Konsensempfehlungen nicht. Demgegenüber hat Prof. Dr. Dr. H. in seinem Gutachten vom 13.10.2008 für den Senat überzeugend dargelegt, warum vorliegend die medizinischen Voraussetzungen nicht gegeben sind. Er hat zutreffend - ebenso wie Dr. Th. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 01.10.2009 - darauf hingewiesen, dass das hauptbelastete Areal L5/S1 radiologisch völlig unauffällig ist und auch im operierten Segment L4/5 belastungsadaptive Störungen wie beispielsweise knöcherne Ausziehungen im Bereich der Bandansätze, was eine erhebliche mechanische Überforderung der Wirbelsäule belegen könnte, fehlen.
Nachdem der Kausalzusammenhang bereits unter Annahme der Konstellation B3 zu verneinen ist, lässt es der Senat offen, ob vorliegend - wofür die Hinweise des Prof. Dr. Dr. H. in seinem Gutachten vom 13.10.2008 auf das erhebliche körperliche Übergewicht und des Dr. F. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 23.10.2008 auf die Arteriosklerose, das metabolische Syndrom mit Adipositas, Dyslipidämie und Hyperglycämie sowie den Morbus Scheuermann als wesentliche konkurrierende Störung sprechen - gar die Konstellation B10 vorliegt, bei der ein Ursachenzusammenhang ohne Weiteres zu verneinen wäre.
Nach alledem liegen zur Überzeugung des Senats die medizinischen Voraussetzungen der Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV nicht vor. Das Urteil des Sozialgericht war daher aufzuheben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG gegeben ist.
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