Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 1223/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 3037/10 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerden gegen den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 10. Juni 2010 mit dem der Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt sowie die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt wurde, werden zurückgewiesen.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes streitig, ob die Antragsgegnerin den Antragstellern höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gem. §§ 19 ff SGB II zu gewähren hat, weil der Antragstellerin Ziff. 1. für die Zeit vom 13. April 2010 bis zum 25. Juni 2010 Leistungen im Wege eines Darlehens nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II zu erbringen sind.
Die Antragstellerin Ziff. 1., geboren 1968, ist alleinerziehende Mutter zweier Kinder (N., geboren 1993 (Antragsteller Ziff. 2.), T., geboren 1996 (Antragsteller Ziff. 3.)). Sie studiert seit dem 6. September 2002 an der T. E.-K.-Universität in den Fächern Empirische Kulturwissenschaft, Allgemeine Rhetorik, Romanische Philologie I. Das Studium wurde mehrfach aus Krankheitsgründen unterbrochen. Im 14. Fachsemester befindlich hat sie sich zum 30. September 2009 exmatrikuliert, hat jedoch im März 2010 ihre Magisterarbeit eingereicht und am 25. Juni 2010 ihre Magisterprüfung in Empirischer Kulturwissenschaft erfolgreich beendet und damit das Studium abgeschlossen.
Mit Bescheid vom 15. September 2009 hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin Ziff. 1 und ihren beiden minderjährigen Kindern Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Oktober 2009 bis zum 31. März 2010 bewilligt. Dabei legte die Antragsgegnerin bei der Antragstellerin Ziff. 1. die volle Regelleistung zuzüglich des Zuschlags gemäß § 21 Abs. 3 SGB II zugrunde. Mit Änderungsbescheid vom 25. November 2009 teilte die Antragsgegnerin den Antragstellern mit, dass die Antragstellerin Ziff. 1 ab 1. Januar 2010 bis zum Abschluss ihres Studiums aus der Bedarfsgemeinschaft ausgeschlossen werde, es bestehe lediglich Anspruch auf Mehrbedarf für Alleinerziehende.
Hiergegen haben die Antragsteller am 11. Dezember 2009 Widerspruch eingelegt, den die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 30. Dezember 2009 zurückgewiesen hat. Hiergegen haben die Antragsteller am 15. Januar 2010 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben (Az. S 2 AS 161/10).
Auf den Antrag der Antragsteller vom 6. April 2010 hat die Antragsgegnerin mit bestandskräftigem Bescheid vom 12. April 2010 den Antragstellern für die Zeit vom 1. April 2010 bis zum 31. Juli 2010 Leistungen bewilligt, wobei der Antragstellerin Ziff. 1. lediglich der Mehrbedarfszuschlag zuerkannt wurde.
Nachdem die Antragstellerin Ziff. 1 am 25. Juni 2010 ihr Studium beendet hat, bewilligte die Antragsgegnerin den Antragstellern mit Bescheid vom 1. Juli 2010 Leistungen für die Zeit ab dem 26. Juni 2010 bis zum 30. September 2010, wobei sie der Antragstellerin Ziff. 1. nun auch wieder die volle Regelleistung zuerkannte.
Den am 13. April 2010 beim SG gestellten Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz hat das SG mit Beschluss vom 10. Juni 2010 abgelehnt; ebenso hat es in diesem Beschluss die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlange grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Für die Zeit vom 1. Januar 2010 bis zum 12. April 2010 könne kein Anordnungsgrund angenommen werden. Für die Zeit ab der Antragstellung könne dahingestellt bleiben, ob ein Anordnungsanspruch gegeben sei, es liege jedenfalls kein Anordnungsgrund vor. Ein Anordnungsgrund auf Bewilligung höherer Leistungen nach dem SGB II als der von der Antragsgegnerin bisher gewährte Mehrbedarf für Alleinerziehende komme nicht in Betracht, da diesem der bestandskräftige Bewilligungsbescheid vom 12. April 2010 entgegenstehe. Mit diesem seien den Antragstellern Leistungen für die Zeit vom 1. April 2010 bis zum 31. Juli 2010 bewilligt worden. Gegen diesen Bescheid hätten die Antragsteller keinen Widerspruch erhoben. Die Widerspruchsfrist sei mittlerweile abgelaufen. Werde der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht fristgerecht oder erfolglos eingelegt, so sei der Verwaltungsakt für die Beteiligten und auch für das Gericht gemäß § 77 SGG in der Sache bindend. Entgegen dem Vortrag der Antragsteller sei dieser Bescheid auch nicht Gegenstand des Klageverfahrens gemäß § 96 Abs. 1 SGG geworden, denn eine Abänderung oder ein Ersatz des ursprünglich angefochtenen Verwaltungsaktes vom 25. November 2009 liege hier nicht vor. Der Bescheid vom 25. November 2009 habe die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 1. Januar 2010 bis zum 31. März 2010 zum Inhalt gehabt. Der Bewilligungsbescheid vom 12. April 2010 regele dagegen die Zeit vom 1. April 2010 bis zum 31. Juli 2010. Eine analoge Anwendung des § 96 Abs. 1 SGG auf Bewilligungsbescheide für Folgezeiträume im Rahmen des SGB II sei grundsätzlich nicht gerechtfertigt.
Hiergegen haben die Antragsteller am 25. Juni 2010 beim Landessozialgericht (LSG) Beschwerde erhoben. Da die Antragstellerin davon ausgegangen sei, dass der Bescheid vom 12. April 2010 Gegenstand des bereits laufenden Klageverfahrens geworden sei, habe sie davon abgesehen, gegen den Bescheid Widerspruch einzulegen. Seien Leistungen ohne zeitliche Begrenzung abgelehnt, so sei Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens die gesamte bis zur Entscheidung verstrichene Zeit. Sei zwischenzeitlich ein neuer Antrag gestellt, und dieser abschlägig beschieden worden, sei diese erneute Ablehnung in unmittelbarer Anwendung des § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden; denn die Ablehnung ersetze für den späteren Zeitraum den früheren Ablehnungsbescheid. Entsprechend habe die Antragsgegnerin die Antragstellerin Ziff. 1. mit dem Bescheid vom 25. November 2009 ab dem 1. Januar 2010 bis zum Abschluss des Studiums, und damit unbefristet, aus der Bedarfsgemeinschaft ausgeschlossen. Folgerichtig habe der Bescheid vom 12. April 2010 hierzu keine neue Entscheidung getroffen.
Die Antragsteller beantragen, 1. den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 10. Juni 2010 abzuändern, 2. der Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, den Antragstellern vorläufig Leistungen nach dem SGB II als Darlehen für die Zeit vom 13. April 2010 bis zum 25. Juni 2010 zu gewähren. 3. den Antragstellern für die Wahrnehmung ihrer Rechte in 1. Instanz Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt W. L., T., zu gewähren. 4. den Antragstellern zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt W. L., T., zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des LSG sowie auf die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist statthaft (§ 172 Abs. 1, Abs. 3 SGG), frist- und formgerecht eingelegt (§ 173 Satz 2 SGG) und damit insgesamt zulässig.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht Reutlingen hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt. Das Vorliegen eines Anordnungsgrundes und auch das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs sind nicht glaubhaft gemacht.
Prozessuale Grundlage des im vorläufigen Rechtsschutz verfolgten Anspruchs ist § 86b Abs. 2 S. 2 SGG. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus. Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorweg nehmenden Eilentscheidung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) kann auch bei Leistungen nach dem SGB II in aller Regel nur bejaht werden, wenn wegen einer Notlage über existenzsichernde Leistungen für die Gegenwart und die nahe Zukunft gestritten wird und dem Antragsteller schwere schlechthin unzumutbare Nachteile entstünden, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen würde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 25. November 2005 - L 13 AS 4106/05 ER-B). Einen finanziellen Ausgleich für die Vergangenheit herbeizuführen, also für die Zeit vor Rechtshängigkeit des Eilverfahrens, ist, von einer in die Gegenwart fortwirkenden Notlage abgesehen, nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes, sondern des Hauptsacheverfahrens (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 - L 13 AS 1620/06 ER-B - veröffentlicht in Juris). Der Anordnungsanspruch hängt vom voraussichtlichen Erfolg des Hauptsacherechtsbehelfs ab und erfordert eine summarische Prüfung; an ihn sind um so niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen, insbesondere eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG] in NJW 2003, 1236 f. und Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - veröffentlicht in Juris). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung, hier also der Entscheidung über die Beschwerde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. auch dazu Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 a.a.O. m.w.N.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen und unter Zugrundelegung der (hier maßgeblichen) Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde hat die Antragstellerin weder das Vorliegen eines Anordnungsgrundes noch das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht.
Mit dem bestandskräftigen Bescheid vom 12. April 2010 hat die Antragsgegnerin bindend festgestellt, welche Leistungen gem. §§ 19 ff SGB II den Antragstellern ab dem 1. April 2010 zustehen. Dieser Bescheid ersetzt oder ändert keine Regelung, die im Bescheid vom 15. September 2009 in der Fassung des Bescheids vom 7. Oktober 2009 sowie dem Bescheid vom 25. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Dezember 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 30. Dezember 2009. Die Regelungen dieser Bescheide bezogen sich auf den Zeitraum bis zum 31. März 2010. Ein dauerhafter Ausschluss der Antragstellerin Ziff. 1., auch über den laufenden Bewilligungszeitraum hinaus, kann dem Bescheid vom 25. November 2009 nicht entnommen werden. Daher ersetzt oder ändert der Bescheid vom 12. April 2010, dessen Regelungswirkung sich erst ab dem 1. April 2010 entfaltet, keine Regelung der zuvor genannten Bescheide. Auch aus der Formulierung der Antragsgegnerin, die Antragstellerin "bis zum Abschluss Ihres Studiums" aus der Bedarfsgemeinschaft auszuschließen, beinhaltet keine Grundlage dafür, eine Entscheidung der Antragsgegnerin auch für Zeiten außerhalb des Bewilligungsabschnitts treffen zu wollen.
Damit ist der Bescheid vom 12. April 2010, der mit einer korrekten Rechtsmittelbelehrung versehen war, mangels Widerspruch bestandskräftig geworden und bindet auch den Senat (§ 77 SGG). Steht aufgrund dieses Bescheids bindend fest, welche Leistungen den Antragstellern zustehen, kann im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes diese Bindungswirkung nicht übergangen werden (vgl. Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 86b Rdnr. 26d m.w.N.).
Für Zeiten nach dem 25. Juni 2010 hat die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 1. Juli 2010 auf die mit der Beendigung des Studiums eingetretene Veränderung reagiert.
Damit liegen weder Anordnungsanspruch noch Anordnungsgrund vor. Es war wie tenoriert zu entscheiden.
Da der Bescheid vom 12. April 2010 bereits vor Antragstellung ergangen war, hat die Beschwerde gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe durch das SG, wie auch der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens mangels Erfolgsaussicht keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Dabei berücksichtigt der Senat, dass die Antragsteller in vollem Umfang unterlegen sind.
Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes streitig, ob die Antragsgegnerin den Antragstellern höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gem. §§ 19 ff SGB II zu gewähren hat, weil der Antragstellerin Ziff. 1. für die Zeit vom 13. April 2010 bis zum 25. Juni 2010 Leistungen im Wege eines Darlehens nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II zu erbringen sind.
Die Antragstellerin Ziff. 1., geboren 1968, ist alleinerziehende Mutter zweier Kinder (N., geboren 1993 (Antragsteller Ziff. 2.), T., geboren 1996 (Antragsteller Ziff. 3.)). Sie studiert seit dem 6. September 2002 an der T. E.-K.-Universität in den Fächern Empirische Kulturwissenschaft, Allgemeine Rhetorik, Romanische Philologie I. Das Studium wurde mehrfach aus Krankheitsgründen unterbrochen. Im 14. Fachsemester befindlich hat sie sich zum 30. September 2009 exmatrikuliert, hat jedoch im März 2010 ihre Magisterarbeit eingereicht und am 25. Juni 2010 ihre Magisterprüfung in Empirischer Kulturwissenschaft erfolgreich beendet und damit das Studium abgeschlossen.
Mit Bescheid vom 15. September 2009 hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin Ziff. 1 und ihren beiden minderjährigen Kindern Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Oktober 2009 bis zum 31. März 2010 bewilligt. Dabei legte die Antragsgegnerin bei der Antragstellerin Ziff. 1. die volle Regelleistung zuzüglich des Zuschlags gemäß § 21 Abs. 3 SGB II zugrunde. Mit Änderungsbescheid vom 25. November 2009 teilte die Antragsgegnerin den Antragstellern mit, dass die Antragstellerin Ziff. 1 ab 1. Januar 2010 bis zum Abschluss ihres Studiums aus der Bedarfsgemeinschaft ausgeschlossen werde, es bestehe lediglich Anspruch auf Mehrbedarf für Alleinerziehende.
Hiergegen haben die Antragsteller am 11. Dezember 2009 Widerspruch eingelegt, den die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 30. Dezember 2009 zurückgewiesen hat. Hiergegen haben die Antragsteller am 15. Januar 2010 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben (Az. S 2 AS 161/10).
Auf den Antrag der Antragsteller vom 6. April 2010 hat die Antragsgegnerin mit bestandskräftigem Bescheid vom 12. April 2010 den Antragstellern für die Zeit vom 1. April 2010 bis zum 31. Juli 2010 Leistungen bewilligt, wobei der Antragstellerin Ziff. 1. lediglich der Mehrbedarfszuschlag zuerkannt wurde.
Nachdem die Antragstellerin Ziff. 1 am 25. Juni 2010 ihr Studium beendet hat, bewilligte die Antragsgegnerin den Antragstellern mit Bescheid vom 1. Juli 2010 Leistungen für die Zeit ab dem 26. Juni 2010 bis zum 30. September 2010, wobei sie der Antragstellerin Ziff. 1. nun auch wieder die volle Regelleistung zuerkannte.
Den am 13. April 2010 beim SG gestellten Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz hat das SG mit Beschluss vom 10. Juni 2010 abgelehnt; ebenso hat es in diesem Beschluss die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlange grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Für die Zeit vom 1. Januar 2010 bis zum 12. April 2010 könne kein Anordnungsgrund angenommen werden. Für die Zeit ab der Antragstellung könne dahingestellt bleiben, ob ein Anordnungsanspruch gegeben sei, es liege jedenfalls kein Anordnungsgrund vor. Ein Anordnungsgrund auf Bewilligung höherer Leistungen nach dem SGB II als der von der Antragsgegnerin bisher gewährte Mehrbedarf für Alleinerziehende komme nicht in Betracht, da diesem der bestandskräftige Bewilligungsbescheid vom 12. April 2010 entgegenstehe. Mit diesem seien den Antragstellern Leistungen für die Zeit vom 1. April 2010 bis zum 31. Juli 2010 bewilligt worden. Gegen diesen Bescheid hätten die Antragsteller keinen Widerspruch erhoben. Die Widerspruchsfrist sei mittlerweile abgelaufen. Werde der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht fristgerecht oder erfolglos eingelegt, so sei der Verwaltungsakt für die Beteiligten und auch für das Gericht gemäß § 77 SGG in der Sache bindend. Entgegen dem Vortrag der Antragsteller sei dieser Bescheid auch nicht Gegenstand des Klageverfahrens gemäß § 96 Abs. 1 SGG geworden, denn eine Abänderung oder ein Ersatz des ursprünglich angefochtenen Verwaltungsaktes vom 25. November 2009 liege hier nicht vor. Der Bescheid vom 25. November 2009 habe die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 1. Januar 2010 bis zum 31. März 2010 zum Inhalt gehabt. Der Bewilligungsbescheid vom 12. April 2010 regele dagegen die Zeit vom 1. April 2010 bis zum 31. Juli 2010. Eine analoge Anwendung des § 96 Abs. 1 SGG auf Bewilligungsbescheide für Folgezeiträume im Rahmen des SGB II sei grundsätzlich nicht gerechtfertigt.
Hiergegen haben die Antragsteller am 25. Juni 2010 beim Landessozialgericht (LSG) Beschwerde erhoben. Da die Antragstellerin davon ausgegangen sei, dass der Bescheid vom 12. April 2010 Gegenstand des bereits laufenden Klageverfahrens geworden sei, habe sie davon abgesehen, gegen den Bescheid Widerspruch einzulegen. Seien Leistungen ohne zeitliche Begrenzung abgelehnt, so sei Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens die gesamte bis zur Entscheidung verstrichene Zeit. Sei zwischenzeitlich ein neuer Antrag gestellt, und dieser abschlägig beschieden worden, sei diese erneute Ablehnung in unmittelbarer Anwendung des § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden; denn die Ablehnung ersetze für den späteren Zeitraum den früheren Ablehnungsbescheid. Entsprechend habe die Antragsgegnerin die Antragstellerin Ziff. 1. mit dem Bescheid vom 25. November 2009 ab dem 1. Januar 2010 bis zum Abschluss des Studiums, und damit unbefristet, aus der Bedarfsgemeinschaft ausgeschlossen. Folgerichtig habe der Bescheid vom 12. April 2010 hierzu keine neue Entscheidung getroffen.
Die Antragsteller beantragen, 1. den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 10. Juni 2010 abzuändern, 2. der Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, den Antragstellern vorläufig Leistungen nach dem SGB II als Darlehen für die Zeit vom 13. April 2010 bis zum 25. Juni 2010 zu gewähren. 3. den Antragstellern für die Wahrnehmung ihrer Rechte in 1. Instanz Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt W. L., T., zu gewähren. 4. den Antragstellern zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt W. L., T., zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des LSG sowie auf die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist statthaft (§ 172 Abs. 1, Abs. 3 SGG), frist- und formgerecht eingelegt (§ 173 Satz 2 SGG) und damit insgesamt zulässig.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht Reutlingen hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt. Das Vorliegen eines Anordnungsgrundes und auch das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs sind nicht glaubhaft gemacht.
Prozessuale Grundlage des im vorläufigen Rechtsschutz verfolgten Anspruchs ist § 86b Abs. 2 S. 2 SGG. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus. Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorweg nehmenden Eilentscheidung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) kann auch bei Leistungen nach dem SGB II in aller Regel nur bejaht werden, wenn wegen einer Notlage über existenzsichernde Leistungen für die Gegenwart und die nahe Zukunft gestritten wird und dem Antragsteller schwere schlechthin unzumutbare Nachteile entstünden, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen würde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 25. November 2005 - L 13 AS 4106/05 ER-B). Einen finanziellen Ausgleich für die Vergangenheit herbeizuführen, also für die Zeit vor Rechtshängigkeit des Eilverfahrens, ist, von einer in die Gegenwart fortwirkenden Notlage abgesehen, nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes, sondern des Hauptsacheverfahrens (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 - L 13 AS 1620/06 ER-B - veröffentlicht in Juris). Der Anordnungsanspruch hängt vom voraussichtlichen Erfolg des Hauptsacherechtsbehelfs ab und erfordert eine summarische Prüfung; an ihn sind um so niedrigere Anforderungen zu stellen, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen, insbesondere eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung droht (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG] in NJW 2003, 1236 f. und Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - veröffentlicht in Juris). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung, hier also der Entscheidung über die Beschwerde (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. auch dazu Senatsbeschluss vom 26. Juli 2006 a.a.O. m.w.N.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen und unter Zugrundelegung der (hier maßgeblichen) Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde hat die Antragstellerin weder das Vorliegen eines Anordnungsgrundes noch das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht.
Mit dem bestandskräftigen Bescheid vom 12. April 2010 hat die Antragsgegnerin bindend festgestellt, welche Leistungen gem. §§ 19 ff SGB II den Antragstellern ab dem 1. April 2010 zustehen. Dieser Bescheid ersetzt oder ändert keine Regelung, die im Bescheid vom 15. September 2009 in der Fassung des Bescheids vom 7. Oktober 2009 sowie dem Bescheid vom 25. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Dezember 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 30. Dezember 2009. Die Regelungen dieser Bescheide bezogen sich auf den Zeitraum bis zum 31. März 2010. Ein dauerhafter Ausschluss der Antragstellerin Ziff. 1., auch über den laufenden Bewilligungszeitraum hinaus, kann dem Bescheid vom 25. November 2009 nicht entnommen werden. Daher ersetzt oder ändert der Bescheid vom 12. April 2010, dessen Regelungswirkung sich erst ab dem 1. April 2010 entfaltet, keine Regelung der zuvor genannten Bescheide. Auch aus der Formulierung der Antragsgegnerin, die Antragstellerin "bis zum Abschluss Ihres Studiums" aus der Bedarfsgemeinschaft auszuschließen, beinhaltet keine Grundlage dafür, eine Entscheidung der Antragsgegnerin auch für Zeiten außerhalb des Bewilligungsabschnitts treffen zu wollen.
Damit ist der Bescheid vom 12. April 2010, der mit einer korrekten Rechtsmittelbelehrung versehen war, mangels Widerspruch bestandskräftig geworden und bindet auch den Senat (§ 77 SGG). Steht aufgrund dieses Bescheids bindend fest, welche Leistungen den Antragstellern zustehen, kann im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes diese Bindungswirkung nicht übergangen werden (vgl. Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 86b Rdnr. 26d m.w.N.).
Für Zeiten nach dem 25. Juni 2010 hat die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 1. Juli 2010 auf die mit der Beendigung des Studiums eingetretene Veränderung reagiert.
Damit liegen weder Anordnungsanspruch noch Anordnungsgrund vor. Es war wie tenoriert zu entscheiden.
Da der Bescheid vom 12. April 2010 bereits vor Antragstellung ergangen war, hat die Beschwerde gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe durch das SG, wie auch der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens mangels Erfolgsaussicht keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Dabei berücksichtigt der Senat, dass die Antragsteller in vollem Umfang unterlegen sind.
Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
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