L 3 AL 802/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AL 652/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 802/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung und Rückforderung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) vom 14.12.1998 bis 11.06.2000 sowie der für diese Zeit entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung streitig.

Der 1947 geborene türkische Kläger war von 1972 bis zum 30.06.1996 bei der Firma L. beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund eines am 15.03.1996 geschlossenen Aufhebungsvertrages. Der Kläger erhielt eine Abfindung in Höhe von 82.000 DM, die im letzten Monat des Arbeitsverhältnisses zur Zahlung fällig wurde. In der Folgezeit bezog der Kläger nach einem Ruhen des Anspruchs wegen der Gewährung einer Abfindung ab dem 01.10.1996 mit Unterbrechungen Arbeitslosengeld bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 13.12.1998.

Am 09.11.1998 stellte er bei der Beklagten den Antrag auf Gewährung von Alhi und gab hierbei an, er und seine als Hausfrau tätige Ehefrau verfügten über kein Einkommen und kein Vermögen. In der Folgezeit bezog der Kläger Alhi, und zwar vom 14.12.1998 bis 19.09.2000 in Höhe von insgesamt 32.471,01 DM (= 16.602,16 EUR). Ab dem 09.09.1999 war seine Ehefrau als Raumpflegerin mit einem monatlichen Verdienst von 630 DM tätig. Ab 12.11.2001 war der Kläger wieder als Schlosser versicherungspflichtig beschäftigt.

Am 04.02.2005 teilte das Hauptzollamt T. der Beklagten mit, die Ehefrau des Klägers habe bei der B. am 12.10.1995 einen Betrag von 75.000 DM mit einer Laufzeit von einem Jahr und am 03.05.1995 einen Betrag in Höhe von 50.000 DM mit einer Laufzeit von zwei Jahren angelegt. Hierzu wurden Kopien der Überweisungsaufträge vorgelegt.

Nach Anhörung des Klägers nahm die Beklagte mit Bescheid vom 16.09.2005 die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 14.12.1998 bis 19.09.2000 zurück mit der Begründung, der Kläger habe in den Anträgen auf Bewilligung von Alhi vorsätzlich, zumindest aber grob fahrlässig falsche Angaben zu seiner Vermögenssituation gemacht, weil er die Spareinlagen seiner Frau bei der B. in Höhe von 125.000 DM (63.911,49 EUR) nicht angegeben habe. Unter Berücksichtigung dieses Vermögens habe keine Bedürftigkeit vorgelegen. Weiter setzte sie die Erstattung der gewährten Leistung gemäß § 50 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sowie die Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gemäß § 335 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) fest. Danach ergab sich eine Gesamtforderung in Höhe von 21.113,94 EUR.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, die Spareinlagen von 125.000 EUR (gemeint: DM) hätten ihm nicht zur Verfügung gestanden, da seine Ehefrau auf ihrem Konto bei der B. lediglich zwei Vermögen verwaltet habe. Den Teilbetrag von 50.000 DM habe sie von ihrem Sohn erhalten, um für diesen in der Türkei Grundvermögen zu erwerben. Die Summe sei längst wieder an den Sohn zurückgezahlt. Zum anderen handele es sich um Vermögen seiner Schwägerin E., welches diese seiner Ehefrau während eines Scheidungsverfahrens vorübergehend zur Verwaltung überlassen habe. Dieser Betrag sei zusammen mit den aufgelaufenen Zinsen, insgesamt 95.026,43 DM, am 03.11.2000 an die Berechtigte zurückbezahlt worden. Hierzu legte er Bescheinigungen seiner Schwägerin vor, wonach diese während ihres Scheidungsverfahrens seiner Ehefrau 75.000 DM zur Verwaltung gegeben und diesen Betrag mit Zinsen (insgesamt 95.026,43 DM) am 03.11.2000 mit Vollmacht ihrer Schwester von der Z. abgehoben und so zurück erhalten habe. Weiter legte er eine Bescheinigung seines Sohnes D., geboren am 01.03.1967, vor, wonach dieser seiner Mutter am 03.05.1995 50.000 DM gegeben habe, um für ihn eine Immobilie in der Türkei zu kaufen. Wegen steigender Immobilienpreise habe er von diesem Geschäft Abstand genommen, seine Mutter habe ihm das Geld am 20.02.1998 in bar zurückgegeben.

In einer internen Stellungnahme der Beklagten ist hierzu ausgeführt, der Betrag von 50.000 DM sei bei der Entstehung des Anspruchs auf Alhi am 14.12.1998 nicht mehr vorhanden gewesen, zumal eine Anlagelaufzeit von zwei Jahren im Mai 1997 geendet habe und die Bestätigung des Sohnes insoweit nicht zu widerlegen sei. Der Betrag von 75.000 DM sei jedoch nachweislich am 02.11.2000 zugunsten der Ehefrau des Klägers vorhanden gewesen. Es sei nicht glaubhaft nachgewiesen, dass es sich um Geld der Schwester der Ehefrau gehandelt habe, zumal eine Übergabe an die Ehefrau des Klägers am 10.12.1995 angegeben, das Geld jedoch bereits am 12.10.1995 bei der B. angelegt worden sei.

Mit Bescheid vom 29.11.2005 änderte die Beklagte den Bescheid vom 16.09.2005 ab und nahm die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 14.12.1998 bis 11.06.2000 zurück. Weiter setzte sie die Erstattung der in dieser Zeit gewährten Arbeitslosenhilfe in Höhe von 14.37,85 EUR sowie der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 2.686,30 EUR, insgesamt 16.724,15 EUR, fest.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17.01.2006 wies die Beklagte den hiergegen erhobenen Widerspruch zurück. Der Kläger habe in den Anträgen auf Alhi Vermögen seiner Ehefrau in Höhe von 75.000 DM nicht angegeben. Es sei nicht glaubhaft, dass es sich um Geld der Schwägerin des Klägers gehandelt habe. Diese habe nach ihren Angaben dessen Ehefrau am 10.12.1995 75.000 DM gegeben. Dieser Betrag sei jedoch bereits am 12.10.1995 bei der B. von der Ehefrau des Klägers angelegt worden. Dieses Geld sei auch noch während des Bezugs von Alhi vorhanden gewesen.

Hiergegen hat der Kläger am 20.02.2006 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, seine Ehefrau habe das Geld von ihrer Schwester bereits am 12.10.1995 erhalten. Bei der abweichenden Angabe (10.12.1995) habe es sich um einen Schreibfehler bei der Übersetzung der Erklärung der Schwester aus dem Türkischen gehandelt.

Das SG hat in der mündlichen Verhandlung am 15.05.2007 Frau E. als Zeugin gehört. Diese hat u.a. angegeben, sie sei 1978 nach Deutschland gekommen. Sie habe das Vermögen von 75.000 DM aus ihrem Verdienst von monatlich ca. 2.700 DM angespart. 1994 habe sie zum zweiten Mal geheiratet, sich jedoch bereits nach einem Jahr wieder getrennt. Sie habe die gesamten 75.000 DM ihrer Schwester gegeben, damit diese es für Notfälle aufhebe und damit ihr Ehemann keinen Zugriff auf das Geld habe. Sie habe das Geld damals in bar auf ihrem Konto bei der R. abgehoben und am 03.11.2000 zuzüglich Zinsen von ihrer Schwester wieder bekommen.

Die Zeugin E. hat eine Bestätigung ihrer Bank über die Kontenbewegungen vom 16.07.1993 bis 09.06.1995 vorgelegt, auf die Bezug genommen wird. Danach hat sie u.a. am 12.04.1995 den Betrag von 72.000 DM abgehoben.

Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, bei der behaupteten Treuhandvereinbarung handele es sich nur um eine Schutzbehauptung des Klägers. Es sei nicht glaubhaft, dass selbst unter Geschwistern ein so hoher Betrag ohne eine Vereinbarung oder Quittung in irgend einer Form übertragen oder übergeben werde. Auch falle auf, dass eine umfassende Vollmacht über die Verfügbarkeit des Betrages erst im September 2000, also kurz vor dem Abheben des Betrages bei der B., erteilt worden sei (Bl. 207 der Verwaltungsakten). Zudem habe die Treugeberin - die Schwägerin des Klägers - keine Nachweise darüber erbringen können, dass sie ab 03.11.2000 wieder über den Betrag von inzwischen 95.000 DM verfügt habe.

Die Zeugin E. hat hierzu vorgetragen, sie habe ihren beiden Töchtern jeweils 15.000 DM für die Ausstattung einer Wohnung bzw. für die Hochzeit gegeben. 13.000 EUR habe sie bei der M. Bank angelegt. Zudem habe sie ihre Eltern finanziell unterstützt.

Mit Urteil vom 18.12.2007 hat das SG den Bescheid vom 16.09.2005 in der Fassung des Bescheides vom 29.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2006 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Bewilligungsbescheide seien nicht rechtswidrig gewesen. Der Kläger sei im streitigen Zeitraum bedürftig gewesen. Insbesondere habe seine Ehefrau nicht über ein Vermögen in Höhe von 75.000 DM verfügt. Dies ergebe sich aus den glaubhaften Angaben der Zeugin E., wonach diese im Jahr 1995 den Betrag von 75.000 DM ihrer Schwester zur Verwaltung bzw. Verwahrung gegeben habe. Hierfür habe ein nachvollziehbares Motiv vorgelegen, nämlich das Geld dem Zugriff des Ehemannes zu entziehen, mit dem sie damals in Scheidung gelebt habe. Gestützt würden die Angaben der Zeugin durch die aktenkundigen Kontoauszüge. Der Betrag sei auch zeitnah auf den Namen der Ehefrau des Klägers bei der B. angelegt worden. Zudem habe der Kläger glaubhaft versichert, von dem auf den Namen seiner Ehefrau angelegten Konto bei der B. überhaupt keine Kenntnis gehabt zu haben.

Gegen das am 01.02.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19.02.2008 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, schon die Annahme des Gerichts, die Aussage der Zeugin E., sie habe aus Angst vor einer mindestens teilweisen Auszahlungsverpflichtung gegenüber ihrem zweiten Ehemann das Geld an ihre Schwester übergeben, sei glaubhaft, entbehre jeder Grundlage. Denn weder nach deutschem noch nach türkischem Recht habe der in Scheidung lebende Ehemann, der hier zudem bereits seinen Wohnsitz wieder in der Türkei gehabt habe, einen Anspruch auf einen nur geringen Bruchteil des Geldes gehabt. Auch sei die Aussage der Zeugin in der mündlichen Verhandlung, sie habe 75.000 DM ihrer Schwester gegeben, damit diese es für Notfälle für sie aufhebe, in sich widersprüchlich und nicht nachvollziehbar. Die Zeugin habe zwar Nachweise erbracht, während des fraglichen Zeitraums eine Summe in etwa der Höhe des hier strittigen Betrages von einem ihrer Konten abgehoben zu haben. Dieses Geld habe jedoch von verschiedenen anderen Konten gestammt. Über die Herkunft der Gelder habe sie keine Nachweise vorlegen können. Es sei durchaus nicht von der Hand zu weisen, dass das von anderen Konten stammende Geld teilweise von anderen Personen dort eingezahlt worden sei. Auch sei auffällig, dass eine umfassende Vollmacht über die Verfügbarkeit des Betrages erst im September 2000 und damit kurz vor dem Abheben des Betrages bei der B. erteilt worden sei. Völlig unglaubwürdig sei zudem die Behauptung des Klägers, er habe von diesen Transaktionen der Ehefrau und seiner Schwägerin nichts gewusst, da es bei dem kulturellen Hintergrund völlig unüblich sei, derartige Geldtransfers von Seiten der Ehefrau gegenüber dem Ehemann geheim zu halten oder halten zu können. Schließlich habe die Zeugin E. keine ausreichenden Nachweise darüber vorlegen können, wie sie über den inzwischen auf 95.000 DM erhöhten Betrag verfügt habe. Auch sei nicht geklärt, wer die im Jahr 2000 ausbezahlten Zinserträge in Höhe von 20.000 DM versteuert habe. Schließlich habe der Kläger keine Nachweise über den Verbleib seiner Abfindung in Höhe von 82.000 DM vorgelegt.

Der Kläger hat weiter Kontoauszüge der Konten von sich und seiner Ehefrau bei der K. aus dem Jahr 2000 vorgelegt, auf die Bezug genommen wird.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 18. Dezember 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Berufungs¬ausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die angefochtenen Bescheide zu Recht aufgehoben, weil die Voraussetzungen für die Rücknahme der Bewilligungsbescheide nicht vorliegen.

Rechtsgrundlage für eine Rücknahme ist § 45 SGB X. Soweit danach ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 45 Abs. 1 SGB X).

Die Bewilligungsbescheide waren nicht rechtswidrig, denn die Voraussetzungen für die Bewilligung von Alhi im streitigen Zeitraum haben vorgelegen. Gemäß § 190 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung haben Anspruch auf Arbeitslosenhilfe Arbeitnehmer, die

1. arbeitslos sind, 2. sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet haben, 3. einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht haben, weil sie die Anwartschaftszeit nicht erfüllt haben, 4. die besonderen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt haben (Fassung bis zum 31.12.1999) bzw. 5. in der Vorfrist Arbeitslosengeld bezogen haben, ohne dass der Anspruch wegen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 24 Wochen erloschen ist (Abs. 1 Nr. 4 neu gefasst durch 3. SGB III-ÄndG vom 22.12.1999 (BGBl. I S. 2624), in Kraft ab 01.01.2000) und 6. bedürftig sind

Die Voraussetzungen des § 190 Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 SGB III sind unstreitig erfüllt. Der Kläger ist im streitigen Zeitraum auch bedürftig gewesen. Nach § 6 Abs. 1 der Arbeitslosenhilfe-Verordnung ist Vermögen des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen, soweit es verwertbar ist, die Verwertung zumutbar ist und der Wert des Vermögens, dessen Verwertung zumutbar ist, jeweils 8.000 Deutsche Mark übersteigt.

Der Kläger und seine Ehefrau haben im streitigen Zeitraum über kein den Betrag von 16.000 DM übersteigendes Vermögen verfügt.

Der Betrag von 50.000 DM, den die Ehefrau des Klägers am 03.05.1995 bei der B.-Bank angelegt hat, stellt kein anzurechnendes Vermögen dar. Zum einen hat der Kläger nämlich glaubhaft vorgetragen, wovon auch die Beklagte bisher ausgegangen ist, dass es sich um Vermögen des Sohnes des Klägers gehandelt hat. Zum anderen endete die Kreditlaufzeit von 2 Jahren bereits vor dem streitigen Zeitraum. Zur Überzeugung des Senats ist dieser Betrag wieder an den Sohn zurückgezahlt worden.

Auch der am 12.10.1995 bei der B.-Bank angelegte Betrag in Höhe von 75.000 DM stellt kein anrechenbares Vermögen dar. Zur Überzeugung des Senats handelt es sich hierbei um Vermögen der Schwägerin des Klägers, das dessen Ehefrau für diese treuhänderisch verwaltet hat. Ein Treuhandvertrag ist, anders als eine Abtretung, dadurch gekennzeichnet, dass der Treugeber dem Treuhänder Vermögensrechte überträgt, ihn aber in der Ausübung der sich daraus im Außenverhältnis ergebenden Rechtsmacht im Innenverhältnis nach Maßgabe der schuldrechtlichen Treuhandvereinbarung beschränkt (BSG, Urteil vom 25.01.2006 - B 12 KR 40/04 R - in juris).

Dafür, dass es sich hierbei um Vermögen der Schwester gehandelt hat, spricht zunächst der Umstand, dass diese über ein Vermögen in dieser Höhe verfügt hat. So hat sie durch Vorlage einer Bankbestätigung über ihre Kontenbewegungen auch nachgewiesen, dass sie im April 1995 und damit in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der durch die Ehefrau des Klägers erfolgten Geldanlage ihr Guthaben bei der M. Bank in Höhe von 72.000 DM sowie die Zinsen in Höhe von 828,65 DM abgehoben hat. Soweit die Beklagte hierzu vorgetragen hat, es sei weiter aufzuklären, ob es sich hierbei um Vermögen der Schwägerin gehandelt habe oder um Gelder Dritter, was die verschiedenen Kontobewegungen nahe legen würden, so kommt es hierauf nicht an. Maßgeblich ist nämlich allein, dass es sich nicht um Vermögen des Klägers oder seiner Ehefrau gehandelt hat, sondern um Vermögen, das in einem Betrag von dem Konto der Schwägerin abgehoben worden ist. Selbst wenn es sich hierbei um Vermögen Dritter gehandelt hätte, wovon der Senat nicht ausgeht, würde dies nicht zu einer Anrechnung des Vermögens beim Kläger führen. Gleiches gilt für die Frage, ob die Schwägerin ihre Zinseinkünfte ordnungsgemäß versteuert hat.

Der Senat hält auch den Vortrag des Klägers für glaubhaft, seine Schwägerin habe während des laufenden Scheidungsverfahrens ihr Vermögen ihrer Schwester anvertraut, um es dem Zugriff ihres Ehemannes zu entziehen.

Soweit die Beklagte hierzu vorträgt, weder nach deutschem noch nach türkischem Recht habe der in Scheidung lebende Ehemann einen Anspruch auf einen nur geringen Bruchteil dieses Geldes gehabt, ist dies sowohl richtig als auch unbeachtlich. Denn es ist nicht vorgetragen, der in Scheidung lebende Ehemann habe einen rechtlichen Anspruch gehabt. Hätte ein solcher bestanden, so hätte diesem auch die Übergabe des Geldes an die Schwester nicht entgegengehalten werden können. Durch die Übergabe sollte vielmehr ein tatsächlicher, ggf. auch rechtswidriger Zugriff des in Scheidung lebenden Ehemannes auf das Vermögen seiner Ehefrau verhindert werden. Der Umstand, dass sich der Ehemann schon (wieder) in der Türkei aufhielt, vermag an dem Motiv der Schwägerin, diesem keinen Zugriff auf ihr Vermögen zu gewähren, nichts zu ändern.

Auch der zeitliche Ablauf spricht für den Vortrag des Klägers. Denn die Übergabe des Geldes an die Ehefrau des Klägers fand bereits am 12.10.1995 statt. Offensichtlich liegt hinsichtlich der Daten 10.12. und 12.10 ein Zahlendreher vor, der bei der Übersetzung der türkischen Bescheinigung ins Deutsche unterlaufen ist (türkische Bescheinigung vom 03.11.2000 - Bl. 205 Rückseite 12.10.1995; Übersetzung Bl. 205 Vorderseite: 10.12.1995).

Schließlich vermag auch der Umstand, dass eine Vollmacht erst im Jahre 2000 ausgestellt worden ist, die Glaubwürdigkeit der Zeugin nicht zu erschüttern. Denn erst zu diesem Zeitpunkt bestand ein Bedürfnis für eine solche Vollmacht, um den Betrag abheben zu können. Zur Überzeugung des Senats hat die Schwägerin des Klägers auch das ihr zustehende Guthaben im Dezember 2000 abgehoben und behalten.

Für den klägerischen Vortrag spricht zudem, dass alle Transaktionen bereits lange abgewickelt waren, bevor die Beklagte von dem Konto Kenntnis erlangt hat.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wonach Schuldverpflichtungen unter nahen Angehörigen nur anzuerkennen sind, wenn der Vertrag als solcher und seine tatsächliche Durchführung in allen wesentlichen Punkten dem zwischen Dritten Üblichen entsprechen (BSG, Urteil vom 24.05.2006 - B 11a AL 7/05 R - in juris). Hieraus folgt jedoch entgegen der Auffassung der Beklagten nicht, dass nur schriftliche Verträge anzuerkennen sind. Das BSG bezieht sich in der angeführten Entscheidung auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH, Beschluss vom 25.06.2002 - X B 30/01 - in juris). Der BFH hatte darin ausgeführt, mit der Prüfung im Wege des Fremdvergleichs solle sichergestellt werden, dass keine Vermögensvermischung vorliege. Dem lag der Sachverhalt zugrunde, dass der Vater des dortigen Klägers vor Abschluss von Darlehens- und Schenkungsverträgen die hierfür bestimmten Geldmittel auf betriebliche Konten überwiesen hatte. Hierdurch sei die Trennung zwischen Vermögenssphäre und Einkunftssphäre von Eltern und Kindern nicht mehr gewährleistet gewesen. Ein Darlehensvertrag zwischen nahen Angehörigen sei nur anzuerkennen, wenn der Vertrag und seine tatsächliche Durchführung in allen wesentlichen Punkten dem zwischen fremden Dritten Üblichen entspreche. Eine Vermögensvermischung ist vorliegend nicht gegeben. Denn die Ehefrau des Klägers hat auf dem Konto der B. ausschließlich Vermögen ihrer Schwester verwaltet. Eine scharfe Trennung des Eigenvermögens des Treuhänders vom verwalteten Treugut hat damit vorgelegen (ebenso LSG Schleswig Holstein, Urteil vom 06.07.2007 - L 3 AL 125/06 ZVW). Da die entscheidungs¬erheblichen Tatsachen zur Überzeugung des Senats festgestellt sind, kommt es auf Beweislastgrundsätze nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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