L 7 SO 1348/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 SO 2678/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 1348/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 26. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung laufender Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Der am 1940 geborene Kläger und seine am 1947 geborene Ehefrau wohnen aufgrund einer ordnungsrechtlichen Einweisungsverfügung in einer städtischen Unterkunft, für die eine Nutzungsentschädigung von EUR 262,88 monatlich erhoben wird. Davon entfallen EUR 217,81 auf die Kaltmiete, EUR 30.- auf Wasserkosten sowie EUR 15,07 auf die Müllentsorgung. Die Heizung erfolgt durch holzbefeuerte Einzelöfen. Nach eigenen Angaben leben die Eheleute in der Wohnung getrennt.

Der Kläger bezieht seit 1. Juni 2005 eine Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit einem monatlichen Auszahlungsbetrag i.H.v. EUR 665,89 ab 1. Juli 2008 und EUR 681,94 ab 1. Juli 2009. Die Krankenversicherung besteht im Rahmen der Familienversicherung über die Ehefrau. Diese erhielt Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Nach Ende des Sozialhilfebezuges nach den Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) zum 31. Dezember 2004 wandte sich der Kläger erstmals am 25. Februar 2009 wieder an den Beklagten und beantragte die Gewährung von finanziellen Hilfen. Seine Rente reiche nicht mehr aus, nachdem er gezwungen sei, auch für seine Ehefrau aufzukommen. Aufgrund eines früheren Herzinfarktes müsse er zweimal täglich acht Medikamente einnehmen, die alle etwas kosteten. Aus gesundheitlichen Gründen lebe er von seiner Ehefrau in derselben Unterkunft getrennt. Auf Anforderung des Beklagten legte er das Attest des Allgemeinmediziners Dr. H. vom 9. März 2009 vor, wonach beim Kläger aufgrund einer Krebserkrankung eine Vollkosternährung erforderlich sei. Über Vermögen verfügen die Eheleute nicht. In einer vom Kläger selbst ausgefüllten und unterschriebenen Mietbescheinigung wurde die Gesamtmiete (Kaltmiete und Nebenkosten) mit jeweils EUR 131.- monatlich für jeden Ehegatten angegeben.

Mit Bescheid vom 12. Mai 2009 lehnte der Beklagte die Gewährung von laufenden Grundsicherungsleistungen ab, da das anrechenbare Einkommen des Klägers seinen grundsicherungsrechtlichen Bedarf um monatlich EUR 4,43 überschreite. Dabei hatte der Beklagte, von einem Zusammenleben der Ehegatten ausgehend, der Berechnung einen Regelsatz i.H.v. EUR 316.-, einen ernährungsbedingten Mehrbedarf i.H.v. EUR 25,56 sowie Kosten der Unterkunft i.H.v. EUR 131,45 (auf den Kläger entfallender hälftiger Anteil) zugrunde gelegt. Des Weiteren wurde wegen des Arbeitslosengeld II-Bezug der Ehefrau das bei dieser angerechnete Renteneinkommen des Klägers i.H.v. EUR 188,45 abgezogen.

Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruches führte der Kläger aus, ihm stünden zur Sicherung des Lebensunterhaltes monatlich EUR 351.- zu, des Weiteren "nach § 21 Abs. 5 SGB II" jedem Hilfebedürftigen EUR 4.- täglich, also EUR 120.- monatlich, sowie für "medizinische Verpflegung" EUR 80.- monatlich. Für Miete und Strom habe er schon immer EUR 329.- monatlich gezahlt; hierzu legte er einen Ausschnitt aus der Anlage des Sozialhilfebescheides vom 23. Juni 2003 vor; auf Bl. 3131 der Verwaltungsakte wird Bezug genommen.

Bereits am 26. Mai 2009 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben, mit der er die Gewährung von Grundsicherungsleistungen begehrt und zu deren Begründung er sein Vorbringen aus dem Widerspruch wiederholt hat.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. August 2009 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Das einzusetzende Einkommen des Klägers übersteige seinen grundsicherungsrechtlichen Bedarf um EUR 157,88 monatlich. Ausgehend von dem Getrenntleben der Ehegatten in derselben Unterkunft ist dabei abweichend vom Ausgangsbescheid ein Regelsatz i.H.v. EUR 351.- zugrunde gelegt und ein Einkommenseinsatz für die Ehefrau nicht mehr berücksichtigt worden.

Zur Begründung der weiter aufrecht erhaltenen Klage hat der Kläger ausgeführt, er werde seit 30 Jahren in Deutschland verfolgt, habe zu Unrecht seine Arbeit verloren und sei später durch einen Bauvertrag in eine hohe Verschuldung geraten.

Mit Gerichtsbescheid vom 26. Februar 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Diese sei zwar nach Erlass des Widerspruchsbescheides zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Der Berechnung des Beklagten im Widerspruchsbescheid folgend, übersteige das Einkommen des Klägers seinen anzuerkennenden Bedarf.

Hiergegen hat der Kläger am 19. März 2010 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt, mit der sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er sein Vorbringen aus dem Widerspruchs- und Klageverfahren wiederholt und ergänzend einen Bescheid über die Anerkennung eines Grades der Behinderung von 40 seit dem 17. April 2009 vorgelegt; eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit i.S.d. Einkommenssteuerrechts wurde festgestellt; wegen des weiteren Inhaltes wird auf Bl. 4 der Senatsakte Bezug genommen.

Schriftliche Hinweise des Berichterstatters an den Kläger und dessen Ehefrau, dass nach der Formulierung in der Berufungsschrift auch Leistungen an die Ehefrau begehrt worden sein dürften, wurden u.a. mit dem Zusatz zurückgesandt "Sie haben alles verdreht".

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 26. Februar 2010 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 12. Mai 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. August 2009 zu verurteilen, ihm ab dem 1. Februar 2009 laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung hat er auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten, der Verfahrensakten des SG und des Senats sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch sonst zulässig.

Der Senat hegt trotz der - pauschalen und nicht individuell personenbezogenen - Beschimpfungen und Verfolgungsvorwürfe in den Schreiben des Klägers keinen Zweifel an dessen Prozessfähigkeit. Zwar ergibt sich zumindest aus dem in der Verwaltungsakte befindlichen allgemeinärztlichen Attest vom 5. Februar 2003 u.a. die Diagnose einer schizoid-querulatorischen Entwicklung. Dennoch ist der Kläger, wie der Ablauf des Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens zeigt, in der Lage, sein Begehren noch sachgerecht geltend zu machen und inhaltlich zu begründen.

Gegenstand des Verfahrens ist lediglich ein Leistungsanspruch des Klägers selbst. Soweit sich aus den Formulierungen in der Berufungsschrift Anhaltspunkte dafür ergaben, dass auch ein Anspruch der Ehefrau geltend gemacht sein könnte, sind diese nach Auffassung des Senats durch die Antwort auf das Anschreiben des Berichterstatters ausgeräumt.

Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrten laufenden Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII.

Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erhalten nach § 19 Abs. 2 i.V.m. § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ältere und dauerhaft voll erwerbsgeminderte Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII beschaffen können. Der Kläger gehört zwar zum grundsätzlich anspruchsberechtigten Personenkreis, da er die Altersgrenze des § 41 Abs. 2 Satz 1 SGB XII überschritten hat; er ist jedoch in der Lage, seinen notwendigen Lebensunterhalt aus der ihm gewährten Altersrente zu bestreiten.

Der grundsicherungsrechtlich relevante notwendige Lebensunterhalt wird in § 42 SGB XII geregelt und umfasst zunächst den für den Leistungsberechtigten maßgebenden Regelsatz nach § 28 SGB XII. Dass der Beklagte im Widerspruchsbescheid den Regelsatz für einen Alleinstehenden i.H.v. EUR 351.- bzw. ab 1. Juli 2009 i.H.v. EUR 359.- angesetzt hat, ist nicht zu beanstanden. Der Kläger selbst hat vorgetragen, dass er trotz noch bestehender Ehe von seiner Ehefrau - in derselben Unterkunft - getrennt lebt. Der Senat hat keinerlei Grund, diese Angaben in Zweifel zu ziehen, nachdem auch die Grundsicherungsträger hiervon ausgehen. Im Übrigen ist diese Annahme des höchst möglichen Regelsatzes für den Kläger günstig.

Zu berücksichtigen sind nach § 42 Satz 1 Nr. 2 SGB XII die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entsprechend § 29 SGB XII. Der Kläger hat vorgetragen, entgegen der Annahme des Beklagten betrage die "Miete" der Unterkunft EUR 277,12 monatlich. Zum Beleg hierfür hat er jedoch nur die Anlage zu einem Sozialhilfebewilligungsbescheid vom 23. Juni 2003 vorgelegt. Diese Angabe ist daher schon mangels Aktualität nicht relevant. Die vom Beklagten berücksichtigten Gesamtkosten von EUR 262,88 (Kaltmiete EUR 217,81, Wasser EUR 30.-, Müll EUR 15,07) beruhen hingegen auf den Angaben des zuständigen Ordnungsamtes der Wohngemeinde über die Höhe und Zusammensetzung der Nutzungsentschädigung für die Unterkunft. Diese Werte stimmen im Übrigen auch mit denen in der vom Kläger selbst unterschriebenen Mietbescheinigung überein; dort wird als Gesamtmiete (Kaltmiete und Nebenkosten) ein Anteil jedes Ehegatten von EUR 131.- monatlich angegeben, insgesamt also EUR 262.-. Einen Beleg über aktuell höhere Unterkunftskosten hat der Kläger nicht vorgelegt. Aus der Mietbescheinigung vom 5. März 2004 (Bl. 3035 der Verwaltungsakte) ergibt sich vielmehr, dass die Kaltmiete von EUR 217,81 gleichgeblieben ist, sich hingegen Verschiebungen bei den Nebenkosten ergeben haben. So ist insbesondere der Wasseranteil gegenüber 2004 niedriger. Nicht zu beanstanden ist des Weiteren, dass der Beklagte die Gesamtkosten nach Kopfteilen aufgeteilt und dem Kläger somit die Hälfte der Kosten zugerechnet hat. Somit ist der Beklagte entgegen der Annahme des Klägers nicht von Unterkunftskosten von EUR 108.- monatlich ausgegangen. Dies umfasst nur den hälftigen Anteil des Klägers an der Kaltmiete; des Weiteren wurden auch die vom Ordnungsamt bestätigten Nebenkosten hälftig berücksichtigt. Die Kosten für den nicht zur Heizung benötigten Strom sind keine Aufwendungen für Unterkunft und Heizung i.S.d. § 29 SGB XII, sondern sind bereits im Regelsatz enthalten. Der Beklagte hat somit die tatsächlichen Kosten der Unterkunft in dem auf den Kläger entfallenden Anteil in die Berechnungen eingestellt.

Die Kosten der Heizung waren für die Frage der laufenden Leistungen nicht zu berücksichtigen. Monatlich fällig werdende Aufwendungen hierfür fallen beim Kläger nicht an, was von ihm auch nicht geltend gemacht wird. Die Heizung erfolgt mittels Brennholz; hierfür hat der Beklagte mit gesondertem Bescheid bereits eine - einmalige - Brennstoffbeihilfe gewährt. Der Kläger hat nicht geltend gemacht, dass diese nicht ausreichte.

Ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung i.S.d. § 42 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 30 Abs. 5 SGB XII ist nicht zu berücksichtigen. Nach dieser Regelung, die dem vom Kläger angeführten § 21 Abs. 5 SGB II inhaltlich entspricht, wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Einen Festbetrag hierfür von EUR 4.- täglich bzw. EUR 120.- monatlich ist entgegen der Auffassung des Klägers rechtlich nicht vorgesehen. Entscheidend ist vielmehr der Bedarf im Einzelfall (Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-4200 § 21 Nr. 2). Ein solcher Mehrbedarf setzt somit voraus, dass (1.) eine medizinisch begründete Notwendigkeit einer besonderen Kostform besteht und (2.) sich für den Hilfebedürftigen aus dieser Kostform ein finanzieller Mehraufwand ergibt, der über den Ernährungsanteil im Regelsatz hinausgeht. Die bisherige Praxis und Rechtsprechung zur Vorläuferregelung des BSHG beruhte hinsichtlich der diagnostizierten Erkrankungen und dadurch notwendigen Kostformen sowie des sich daraus ergebenden finanziellen Mehrbedarfs vor allem auf den Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge für die Gewährung von Krankenkostzulagen (Kleinere Schriften des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge 48, 2. Aufl. 1997). Der Gesetzgeber hat in der Begründung zu § 21 Abs. 5 SGB II gerade auf diese Empfehlungen des Deutschen Vereins zurückgegriffen (BT-Drucks. 15/1516 S. 57). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat den Empfehlungen besonderes Gewicht beigemessen und ausgeführt, dass ein Abweichen von diesen begründungsbedürftig sei und eine entsprechende Fachkompetenz voraussetze (Beschluss vom 20. Juni 2006 - 1 BvR 2673/05 - (juris)). Die Empfehlungen stellen zwar weder Rechtsnormen noch antizipierte Sachverständigengutachten dar; sie können aber im Regelfall zur Konkretisierung des angemessenen Mehrbedarfs i.S.d. § 21 Abs. 5 SGB II herangezogen werden; die Umstände des Einzelfalles sind allerdings zu beachten (BSG, Urteil vom 15. April 2008 - B 14/11b AS 3/07 R - (juris)).

Mittlerweile liegen diese Empfehlungen in der dritten, neu bearbeiteten Auflage vom 1. Oktober 2008 vor (veröffentlicht unter www.deutscher-verein.de). Diese beruhen auf der Einbeziehung der neueren medizinischen Erkenntnisse, insbesondere des Bundesverbandes Deutscher Ernährungsmediziner sowie weiterer Fachverbände, der der Berechnung der Regelsätze zugrundeliegenden Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2003 (EVS 2003) sowie originären Erhebungsergebnissen zu den Kosten einer Vollkosternährung. Nach Auffassung des Senats können diese überarbeiteten Empfehlungen daher im selben Maße einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden wie die bisherigen.

Nach dem bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegten Attest des Allgemeinmediziners Dr. H. vom 9. März 2009 bedürfe der Kläger wegen einer Krebserkrankung einer besonderen Kostform, nämlich Vollkost. Eine Krebserkrankung ist im aktuellen Bescheid über den Grad der Behinderung nicht genannt. Eine akute Krebserkrankung dürfte daher nicht bestehen. Allerdings lag beim Kläger nach dem Attest des Dr. H. vom 5. Februar 2003 ein Zustand nach Colon ascend. Karzinom 1993 vor. Auch wegen des somit betroffenen Verdauungsorgans kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger einer besonderen Kostform tatsächlich bedarf.

Allerdings löst die vom behandelnden Arzt als notwendig erachtete Vollkost keinen finanziellen Mehrbedarf aus, der den im Regelsatz enthaltenen Ernährungsanteil übersteigt. Nach den Erhebungsergebnissen des Deutschen Vereins unter Berücksichtigung der wissenschaftlichen Ausarbeitung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. "Lebensmittelkosten im Rahmen einer vollwertigen Ernährung" vom April 2008 deckt jedoch der Regelsatz für allein Lebende den Mindestaufwand für eine Vollkost (III.2 der Empfehlungen). Solange aber ein Verfahrensbeteiligter nicht substantiiert vorträgt, dass Zweifel an Feststellungen, Auffassungen oder Beurteilungen von fachkundigen Stellen bestehen, und sich dem Gericht solche Zweifel auch nicht aufdrängen, muss sich ein Gericht nicht veranlasst sehen, weitere Ermittlungen anzustellen. Anhaltspunkte solcher Art sieht der Senat nicht und werden vom Kläger auch nicht vorgetragen. Im Übrigen hat sich auch das BVerfG in seinem Urteil vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - (juris)) auf die zitierte Passage in den Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. bezogen und dies als einen Beleg dafür gewertet, dass die Regelleistungen zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht als evident unzureichend erkannt werden könnten. Dies bedeutet, dass die Kostform der Vollkost keinen über den Regelsatz hinausgehenden finanziellen Aufwand erfordert. Damit sind die Voraussetzungen für den geltenden gemachten Anspruch auf höhere Leistungen unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs nach § 30 Abs. 5 SGB XII nicht erfüllt.

Die beim Kläger darüber hinaus bestehenden Gesundheitsstörungen, wie sie im Bescheid über den Grad der Behinderung genannt sind, machen eine besondere Kostform nicht notwendig. Dies ergibt sich ohne Weiteres aus dem Attest des Dr. H. vom 9. März 2009, in dem diesbezüglich nur die Krebserkrankung bezeichnet wird. Die Berechnung des Beklagten, der einen Mehrbedarf i.H.v. EUR 25,56 monatlich berücksichtigt hatte, ist für den Kläger somit günstig.

Ein Mehrbedarf nach §§ 42, 30 Abs. 1 SGB XII scheidet schon deswegen aus, weil dem Kläger das Merkzeichen "G" nicht zuerkannt ist.

Soweit der Kläger einen weiteren Bedarf für "medizinische Verpflegung" geltend macht, ist nicht eindeutig, was er damit meint. Nach dem Wortlaut wäre an eine Verpflegung aus medizinischen Gründen zu denken, also gerade an den oben erörterten Mehrbedarf wegen kostaufwändiger Ernährung. Da der Kläger für diesen aber EUR 120.- monatlich geltend macht, hier hingegen EUR 80.- monatlich und darüber hinaus auch diesen Bedarf in seiner Aufzählung zusätzlich nummeriert, geht der Senat davon aus, dass sich der Kläger auf die medizinische Versorgung bezieht. Denn im Verlauf des Verfahrens hat er u.a. geltend gemacht, dass auch die Kosten für die von ihm benötigten Arzneimittel zu berücksichtigen seien. So müsse er zweimal täglich acht verschiedene Medikamente einnehmen. Der grundsicherungsrechtlich anzuerkennende Schutz im Krankheitsfall wird dem Kläger über die Absicherung im Rahmen der Familienversicherung mit seiner Ehefrau gewährt. Ob die hiervon unter Umständen nicht abgedeckten Kosten für Arzneimittel einen sozialhilferechtlich anzuerkennenden Bedarf darstellen, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn der Kläger ist in der Lage, auch diesen von ihm selbst auf EUR 80.- monatlich bezifferten Aufwand aus seiner Altersrente zu bestreiten, ohne dass sein grundsicherungsrechtlich relevanter Lebensunterhalt gefährdet wäre. Dem Kläger steht eine monatliche Altersrente i.H.v. EUR 665,89 bis 30. Juni 2009 und danach i.H.v. EUR 681,94 zur Verfügung. Davon sind abzuziehen die Kosten der Unterkunft i.H.v. EUR 131,45 und der jeweilige Regelsatz (EUR 351.- bis 30. Juni 2009, danach EUR 359.-). Somit verbleibt dem Kläger ein Betrag von EUR 183,44 bzw. EUR 191,49. Hiervon kann er den geltend gemachten Bedarf von EUR 80.- ohne Weiteres decken.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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