Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 2791/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 2064/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 14. März 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt im Rahmen des Zugunstenverfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab 1. Oktober 2004.
Die 1955 geborene Klägerin begann am 1. August 1970 eine Lehre als Friseurin, die sie zum 31. März 1971 ohne Abschluss beendete. Anschließend war sie als Näherin und Arbeiterin bis Dezember 1995 beschäftigt, zuletzt als Versandarbeiterin bei der Firma K. in Z ... Ab 10. Oktober 1995 war sie arbeitsunfähig erkrankt und bezog Leistungen der Krankenversicherung, anschließend Leistungen der Bundesagentur für Arbeit.
Am 14. November 1996 beantragte sie erstmals die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Nachdem die medizinischen Ermittlungen der Beklagten ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten ergaben, lehnte diese den Antrag mit Bescheid vom 27. November 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. März 1997 ab. Die hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Mannheim (SG - S 10 J 975/97) nach weiteren medizinischen Ermittlungen mit Urteil vom 10. Juni 1998 ab. Die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin (L 8 RJ 2485/98) verwarf das LSG (Landessozialgericht Baden-Württemberg) mit Beschluss vom 24. März 1999 als unzulässig.
Mit Schreiben vom 14. April 1999 beantragte die Klägerin die Überprüfung der ergangenen Entscheidungen nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), höchst fürsorglich beantragte sie erneut Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Nach den sozialmedizinischen Gutachten des Sozialmediziners Dr. G. vom 8. Juli 1999, der eine zeitliche Leistungseinschränkung für leichte körperliche Arbeiten verneinte und der fachübergreifenden Begutachtung durch die Doktores W. (Chirurg), Dr. B. (Neurologe und Psychiater) und Dr. M.-R., die ebenfalls eine vollschichtige Leistungsfähigkeit ergab, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11. Oktober 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. April 2000 die Gewährung einer Rente erneut ab. Die Klägerin erhob hiergegen beim SG am 4. Mai 2000 erneut Klage (S 8 RJ 1006/00). Das SG befragte zunächst die behandelnden Ärzte und veranlasste Begutachtungen durch den Neurologen und Psychiater Dr. B. und den Orthopäden Dr. R. sowie auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch die Orthopädin Dr. G ... Dr. B. (Gutachten vom 19. Februar 2001) und Dr. R. (Gutachten vom 15. Mai 2001) vertraten die Auffassung, dass die Klägerin in der Lage sei, leichte Tätigkeiten mit näherer bezeichneten qualitativen Einschränkungen, noch vollschichtig zu verrichten. Die Orthopädin Dr. G. vertrat in ihrem Gutachten vom 30. August 2002 hingegen die Auffassung, die Klägerin sei lediglich halb- bis untervollschichtig belastbar. Mit Urteil vom 26. Februar 2003 wies das SG die Klage ab. Hiergegen richtete sich die Berufung der Klägerin vom 31. März 2003 (L 2 RJ 1230/03). Im Rahmen des anhängigen Berufungsverfahrens wurde weiter Beweis erhoben. Der Orthopäde Dr. St. hielt die Klägerin in seinem Sachverständigengutachten vom 4. Dezember 2003 für weiterhin in der Lage, leichte Tätigkeiten in der vollen täglichen Arbeitszeit von acht Stunden zu leisten. Die Orthopädin Dr. G. führte unter dem 21. Juni 2004 im Rahmen ihrer ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme gemäß § 109 SGG aus, sie bleibe bei ihrer Auffassung, die Klägerin könne leichte Bürotätigkeiten nur vier bis eventuell sechs Stunden täglich verrichten. Die Klägerin legte weitere ärztliche Unterlagen über die am 16. September 2004 durchgeführte Tumornephrektomie und Adrenalektomie rechts vor. Bei feingeweblicher Untersuchung des Tumors fand sich entsprechend dem Bericht des pathologischen Instituts der Universität H. vom 24. September 2004 ein Angiomyolipom, hierbei habe es sich um einen gutartigen Tumor gehandelt. Ferner erfolgte eine ambulante Beinvenenoperation in der Atosklinik H. (Berichte vom 26. November 2004, 21. Dezember 2004). Nach dem Bericht vom 16. Dezember 2004 erfolgte in der Zeit vom 29. November bis 16. Dezember 2004 eine ambulante Vorsorgeleistung im Therapiezentrum B. R ... In der mündlichen Verhandlung vom 26. Januar 2005 schlossen die Beteiligten einen Vergleich dahingehend, dass sich die Beklagte bereit erklärte, einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. Oktober 2004 zu überprüfen und einen rechtsbehelfsfähigen Bescheid zu erteilen.
Mit Bescheid vom 28. Februar 2005 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 11. Oktober 1999 ab, nach nochmaliger Überprüfung aller vorliegenden ärztlichen Unterlagen bestehe weiterhin ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 9. September 2005 zurück, nachdem sie weitere Befundunterlagen und Arztbriefe beigezogen hatte.
Am 28. September 2005 hat die Klägerin beim SG erneut Klage erhoben sowie unter dem 29. September 2005 einen neuen Rentenantrag wegen Erwerbsminderung gestellt. Hierzu legte sie weitere Arztberichte vor.
Das SG hat die behandelnden Ärzte gehört. Der Neurologe und Psychiater Dr. W. hat unter dem 11. Januar 2006 u.a. ausgeführt, aufgrund des von ihm diagnostizierten chronischen Schmerzsyndroms und einer depressiven Antriebsschwäche sei die Klägerin aus nervenärztlicher Sicht nicht arbeitsfähig. Es könnten noch halbschichtige leichte körperliche Tätigkeiten ohne Stressbelastung durchgeführt werden. Der Orthopäde Dr. V. (in Gemeinschaftspraxis tätig mit der Orthopädin Dr. G., die im vorangegangenen Klageverfahren als Sachverständige nach § 109 SGG gehört wurde) hat in seiner Auskunft vom 13. Februar 2006 dargelegt, sowohl die Erkrankungen des Achsorgans als auch der Schultergelenke und beider Arme führten zu einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin. Am 18. Juli 2005 habe die Klägerin einen häuslichen Treppensturz mit multiplen Prellungen erlitten, danach habe sich das Schmerzbild noch weiter verstärkt, vor allem in der "Nacken-Schulter-Region", aber auch im "Kreuz". Die Klägerin sei nur noch in der Lage, unter drei Stunden täglich tätig zu sein. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. hat mit Schreiben vom 22. März 2006 mitgeteilt, bei der Klägerin lägen wiederkehrende pychovegetative Erschöpfungszustände vor, weshalb sie lediglich zwischen drei und sechs Stunden täglich leichte Arbeiten verrichten könne. Das SG hat weiter Beweis erhoben durch die Einholung von Sachverständigengutachten des Orthopäden Dr. W., des Neurologen/Psychiaters Dr. B. sowie des Internisten Dr. S ... Der Orthopäde Dr. W. hat in seinem Gutachten vom 12. Juli 2006 ausgeführt, die Klägerin sei in der Lage, die zuvor ausgeübte Tätigkeit einer Arbeiterin der Versandabteilung zwischen sechs und acht Stunden täglich auszuüben, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien ca. sechs Stunden pro Tag auszuüben. Mittelschwere und schwere Arbeiten seien aufgrund des von ihm diagnostizierten chronischen Schmerzsyndroms der Wirbelsäule nicht zumutbar. Eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung halte er für dringend angezeigt. Dr. B. hat auf nervenärztlichem Fachgebiet eine mittel bis schwer ausgeprägte mehrdimensionale (ängstlich-dysthym-somatoforme) psychosomatische (neurotische) Störung festgestellt. Die Klägerin sei in der Lage, acht Stunden pro Arbeitstag an fünf Tagen in der Woche leichte Arbeiten auszuüben. Es sollten jedoch Arbeiten vermieden werden, die nach allgemeiner Erfahrung mit erhöhtem Stress verbunden sind (Gutachten vom 15. Januar 2007). Der Internist Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 16. April 2007 ein Asthma-Bronchiale, ein Zustand nach operativer Entfernung der rechten Niere wegen gutartigen Tumors, einen Zustand nach mehrfachen Venenoperationen ohne wesentliche Restvarikosis, diagnostiziert. Die Klägerin sei dazu fähig, leichte körperliche Arbeiten ca. acht Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Auf Antrag nach § 109 SGG erstellte die Neurologin und Psychiaterin Dr. Sch. das Gutachten vom 4. Oktober 2007. Dr. Sch. diagnostizierte eine chronisch-somatoforme Schmerzstörung, ein chronisch rezidivierendes HWS-Syndrom ohne neurologische Ausfälle, ein chronisch rezidivierendes LWS-Syndrom bei Wirbelgleiten L 5/S 1 ohne neurologische Ausfälle und eine sensible Halbseitenstörung links, ungeklärter Ethnologie. Die Klägerin sei in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt 8 Stunden täglich zu verrichten. Mit Urteil vom 14. März 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat es ausgeführt, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Klägerin zumindest leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts noch sechs Stunden täglich verrichten könne. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung seien nicht erfüllt.
Gegen das am 31. März 2008 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 30. April 2008. Zur Begründung trägt sie vor, sie sei nicht in der Lage, insbesondere wegen der Beschwerden auf orthopädischem Gebiet, drei Stunden und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten auszuüben. Desweiteren hat sie weitere umfangreiche Arztberichte vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 14. März 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. Februar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. September 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Abänderung des Bescheids vom 11. Oktober 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. April 2000 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Oktober 2004 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend, die Voraussetzungen einer Rentengewährung wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung lägen nicht vor. Die Klägerin sei in der Lage, leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne zeitliche Einschränkung auszuüben. Die Beklagte hat hierzu den ärztlichen Entlassungsbericht über die vom 11. September bis 16. Oktober 2008 über das von der Klägerin durchgeführte Heilverfahren vorgelegt. Danach kommen die Ärzte des Heilverfahrens zu dem Ergebnis, dass die Klägerin in der Lage sei, leichte Arbeiten im wechselnder Körperhaltung über sechs Stunden täglich zu verrichten.
Der Senat hat weiter Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Neurologen und Psychiater Dr. H ... In seinem Gutachten vom 19. April 2009 hat Dr. H. eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie eine leichte depressive Episode festgestellt. Die Klägerin sei in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten. Weiter werden von Dr. H. qualitative Einschränkungen näher bezeichnet. Nachdem die Klägerin Befundunterlagen über eine Polysomnographie-Diagnostik im Schlaflabor des schlafmedizinischen Zentrums der Universitäts-HNO-Klinik am Universitätsklinikum M. vom April 2009 vorgelegt hatte, hat Dr. H. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 17. August 2009 ausgeführt, dass die dort festgestellte Diagnose eines Restless-Legs-Syndroms überdauernde funktionelle Leistungseinschränkungen nicht nach sich zöge. Er verbleibe daher bei der im Gutachten getroffenen Leistungsbeurteilung. Der Senat hat weiterhin aktuelle Befundunterlagen des behandelnden Dr. V. sowie einen Befundbericht des behandelnden Nervenarztes Dr. H. beigezogen und weiter Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Internisten Dr. S ... Dieser diagnostizierte in seinem Sachverständigengutachten vom 27. April 2001 ein Athma-Bronchiale (vollkompensiert), einen Zustand nach operativer Entfernung der rechten Niere wegen gutartigen Tumors sowie eine Urge-Symptomatik, einen Reizmagen sowie ein Reizdarm-Syndrom, Leberzysten, eine Restvarikosis nach mehrfachen operativen Eingriffen beider Beine ohne aktuelle, klinisch bedeutsame chronisch-venöse Insuffizienz sowie einen Vitamin D-Mangelzustand. Die Asthmaerkrankung führte zu dem Ausschluss schwerer körperlicher Arbeiten. Mittelschwere körperliche Arbeiten könnten bis zu drei Stunden arbeitstäglich ausgeübt werden. Arbeiten unter Einwirkung reizender inhalativer Substanzen seien zu vermeiden. Die übrigen Erkrankungen führten zu keinen zusätzlichen Einschränkungen. Die Klägerin sei in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten, in Belastungsspitzen auch mittelschwere körperliche Arbeiten, im Gehen oder Stehen oder im Sitzen in geschlossenen Räumen sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche auszuüben.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten des Senats sowie der Akten der Beklagten und der beigezogenen Akten vorangegangener Gerichtsverfahren Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig, sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch nicht begründet; das SG hat die Klage zu Rechte abgewiesen. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der Bescheid der Beklagten vom 28. Februar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. September 2005 mit dem die Beklagte die Abänderung des Bescheids vom 11. Oktober 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. April 2000 abgelehnt und den Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung verneint hat. Diese Bescheide erweisen sich als rechtsmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat auch ab 1. Oktober 2004 keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Nach § 44 SGB X ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuch längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht (§ 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X).
Ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Voraussetzung einer solchen Rente ist unter anderem, dass der jeweilige Versicherte voll erwerbsgemindert (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI) bzw. teilweise erwerbsgemindert (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI) ist. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mind. sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Das SG hat die Rechtsgrundlagen zutreffend dargelegt; der Senat verweist diesbezüglich auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Klägerin ist zur vollen Überzeugung des Senats nach der umfassenden Beweisaufnahme noch in der Lage, über den 30. September 2004 hinaus leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mind. sechs Stunden täglich zu verrichten. Sie ist damit weder erwerbsgemindert, noch berufsunfähig und hat deshalb keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung. Auf orthopädischem Fachgebiet wird das Leistungsvermögen in erster Linie durch degenerative Veränderungen der Wirbelsäule eingeschränkt. Sowohl der erstinstanzlich gehörte Sachverständige Dr. W., als auch die Untersuchung des Dr. H. auf neurologischem Gebiet ergaben keine weitergehenden Einschränkungen als dass dadurch schwere und mittelschwere Arbeiten ausgeschlossen sind. Eine auf eine umschriebene Nervenwurzel beziehbare Schmerzausstrahlung oder sonstige neurologische Ausfallerscheinungen wie Paresen oder Muskelatrophien oder auf eine radikuläre Schädigung (Nervenwurzelschädigung) beziehbare Sensibilitätsstörungen konnten nicht nachgewiesen werden. Der von Dr. H. beschriebenen Hypästhesie der kompletten linken Körperhälfte kommt eine funktionelle Bedeutung nicht zu. Bereits die Gutachten auf orthopädischem Gebiet des Dr. R. und Dr. St. haben weitergehende Einschränkungen nicht beschrieben. Auch aus dem Entlassungsbericht des im September/Oktober 2008 durchgeführten Heilverfahrens lassen sich weitergehende Einschränkungen auch auf orthopädischem Gebiet nicht erkennen. Die gegenteiligen Äußerungen des behandelnden Arztes Dr. V. sind somit für den Senat nicht nachvollziehbar. Auch auf internistischem Fachgebiet liegen keine Gesundheitsstörungen vor, die das zeitliche Leistungsvermögen für leichte Arbeiten einschränken könnten. Der Internist Dr. S. hat die Klägerin sowohl anlässlich des Gutachtens vom 16. April 2007, als auch auf Veranlassung des Senats im März 2010 untersucht. Er hat weder anlässlich der ersten, noch der zweiten Untersuchung Erkrankungen festgestellt, die eine zeitliche Leistungseinschränkung für leichte Arbeiten rechtfertigen könnten. Das bei der Klägerin bestehende Asthma-Bronchiale, was nach Aussage des Sachverständigen unter medikamentöser Behandlung gut kompensiert ist, führt dazu, dass schwere und mittelschwere Arbeiten zeitweise ausgeschlossen sind. Ferner sind Arbeiten unter Einwirkung reizender inhalativer Substanzen ausgeschlossen. Bis 100 Watt haben sich bei der entsprechenden Untersuchung keine Blutgasveränderungen bzw. eine Veränderung des Laktatspiegels im Sinne des Erreichens einer Anerobenschwelle gezeigt. Die übrigen dem internistischen Fachgebiet zuordenbaren Diagnosen (Zustand nach operativer Entfernung der Niere wegen gutartigen Tumors, Urge-Symptomatik, Reizmagen, Reizdarm-Syndrom, Leberzysten, Restvarikosis, Vitamin D-Mangelzustand) führen zu keiner zeitlichen Leistungseinschränkung und auch zu keinen weiteren qualitativen Einschränkungen, bis auf die Tatsache, dass aufgrund der Nierenentfernung Arbeiten im Freien vermieden werden sollten. Auf nervenärztlichem Fachgebiet liegt nach dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des Dr. H. eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung (ICD 10 F 45.4) vor. Desweiterem ist eine leichte depressive Episode (ICD 10 F 32.0) gegeben. Durch diese Gesundheitsstörungen ist die Klägerin im Gebrauch ihrer körperlichen und seelischen Kräfte leicht - bis mäßiggradig gemindert. Aufgrund der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung sowie der leichten depressiven Episode muss eine Überforderung durch Akkordarbeit, Wechselschicht oder Nachtarbeit sowie Arbeit unter besonderem Zeitdruck vermieden werden. Ebenso sind Arbeiten, die besondere Ansprüche an Konzentration und Auffassung bzw. eine erhöhte Verantwortung oder eine besondere geistige Beanspruchung erfordern, auszuschließen. Eine zeitliche Leistungseinschränkung für leichte Tätigkeiten kann daraus nicht abgeleitet werden. Der Sachverständige Dr. H. hat sich insbesondere dem Gutachten der Frau Dr. Sch. vom 4. Oktober 2007 sowohl in diagnostischer Hinsicht, als auch bezüglich der Leistungsbeurteilung angeschlossen. Eine Änderung hat sich nicht ergeben. Soweit die Neurologen und Psychiater Dr. W. und Dr. H. von einem zeitlich reduzierten Leistungsvermögen ausgehen vermag dies den Senat nicht zu überzeugen. Diagnosen, die diese Leistungsreduzierung rechtfertigen könnten, sind nicht gegeben. Die Klägerin hat gegenüber den nervenärztlichen Sachverständigen, zuletzt bei Dr. H. einen Tagesablauf bzw. sonstige Aktivitäten geschildert, die sich mit einem zeitlich eingeschränkten Leistungsvermögen, wie von Dr. H. und Dr. W. beschrieben, nicht in Einklang bringen. Sie betreut nach ihren Angaben Pflegekinder. Das von ihr als Pflegekind betreute Mädchen hat bis Oktober 2005 in ihrem Haushalt gelebt. Daneben betreut sie seit 1999 einen Pflegesohn. Außerdem versorgt sie ihre pflegebedürftige Mutter. Nach ihren Angaben erledige sie den eigenen Haushalt, besorge mit ihrem Ehemann die Einkäufe und putze die Wohnung (ungefähr ein Mal die Woche). Ein sozialer Rückzug ist weder innerhalb der Familie, noch außerhalb (nach eigenen Angaben habe sie einen großen Bekanntenkreis) zu erkennen. Im Übrigen sind von keinem Sachverständigen Einschränkungen der Auffassung, der Konzentration, des Gedächtnisses und des Durchhaltevermögens berichtet worden.
Unter Beachtung aller festgestellten Gesundheitsstörungen ist die Klägerin somit in der Lage, leichte körperliche Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen auszuüben. Vermieden werden sollten ständige gleichförmige Körperhaltungen wie Überkopfarbeiten, Arbeiten auf Leitern, häufiges Bücken oder häufiges Treppensteigen sowie Arbeiten in Kälte, unter Kälteeinfluss oder im Freien. Schließlich sind Arbeiten mit einem das normale Maß deutlich übersteigenden Verantwortung bzw. einer deutlich übersteigenden geistlichen Beanspruchung nicht ausführbar. Aus den genannten qualitativen Einschränkungen ergeben sich weder schwere spezifische Leistungseinschränkungen, noch stellen sie eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen dar (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 11. März 1999 - B 13 RJ 71/97). Einschränkungen der Wegefähigkeit liegen nicht vor. Mit dem genannten Leistungsvermögen ist die Klägerin nicht erwerbsgemindert.
Auch die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit im Sinne des § 240 Abs. 1 SGB VI liegen nicht vor; Ausgangspunkt der Prüfung ist der "bisherige Beruf," den der Versicherte ausgeführt hat (vgl. BSG, SozR 2200, § 1246 Nr. 107 und 169). Kann der Versicherte diesen "bisherigen Beruf" aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten, so ist zu ermitteln, ob es zumindest eine Tätigkeit gibt, die ihm sozial zumutbar ist und die er gesundheitlich wie fachlich noch bewältigen kann. Das BSG hat zur Feststellung des qualitativen Wertes des bisherigen Berufs und damit zur Bestimmung zumutbarer Verweisungstätigkeiten ein Mehrstufenschema entwickelt und in Gruppen untergliedert (vgl. u.a. BSG SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 55). Da die Klägerin keinen Beruf erlernt hat und lediglich ungelernte Tätigkeiten verrichtet hat, kann sie auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, der Benennung konkreter Verweisungstätigkeiten bedarf es nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt im Rahmen des Zugunstenverfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab 1. Oktober 2004.
Die 1955 geborene Klägerin begann am 1. August 1970 eine Lehre als Friseurin, die sie zum 31. März 1971 ohne Abschluss beendete. Anschließend war sie als Näherin und Arbeiterin bis Dezember 1995 beschäftigt, zuletzt als Versandarbeiterin bei der Firma K. in Z ... Ab 10. Oktober 1995 war sie arbeitsunfähig erkrankt und bezog Leistungen der Krankenversicherung, anschließend Leistungen der Bundesagentur für Arbeit.
Am 14. November 1996 beantragte sie erstmals die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Nachdem die medizinischen Ermittlungen der Beklagten ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten ergaben, lehnte diese den Antrag mit Bescheid vom 27. November 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. März 1997 ab. Die hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Mannheim (SG - S 10 J 975/97) nach weiteren medizinischen Ermittlungen mit Urteil vom 10. Juni 1998 ab. Die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin (L 8 RJ 2485/98) verwarf das LSG (Landessozialgericht Baden-Württemberg) mit Beschluss vom 24. März 1999 als unzulässig.
Mit Schreiben vom 14. April 1999 beantragte die Klägerin die Überprüfung der ergangenen Entscheidungen nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), höchst fürsorglich beantragte sie erneut Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Nach den sozialmedizinischen Gutachten des Sozialmediziners Dr. G. vom 8. Juli 1999, der eine zeitliche Leistungseinschränkung für leichte körperliche Arbeiten verneinte und der fachübergreifenden Begutachtung durch die Doktores W. (Chirurg), Dr. B. (Neurologe und Psychiater) und Dr. M.-R., die ebenfalls eine vollschichtige Leistungsfähigkeit ergab, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11. Oktober 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. April 2000 die Gewährung einer Rente erneut ab. Die Klägerin erhob hiergegen beim SG am 4. Mai 2000 erneut Klage (S 8 RJ 1006/00). Das SG befragte zunächst die behandelnden Ärzte und veranlasste Begutachtungen durch den Neurologen und Psychiater Dr. B. und den Orthopäden Dr. R. sowie auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch die Orthopädin Dr. G ... Dr. B. (Gutachten vom 19. Februar 2001) und Dr. R. (Gutachten vom 15. Mai 2001) vertraten die Auffassung, dass die Klägerin in der Lage sei, leichte Tätigkeiten mit näherer bezeichneten qualitativen Einschränkungen, noch vollschichtig zu verrichten. Die Orthopädin Dr. G. vertrat in ihrem Gutachten vom 30. August 2002 hingegen die Auffassung, die Klägerin sei lediglich halb- bis untervollschichtig belastbar. Mit Urteil vom 26. Februar 2003 wies das SG die Klage ab. Hiergegen richtete sich die Berufung der Klägerin vom 31. März 2003 (L 2 RJ 1230/03). Im Rahmen des anhängigen Berufungsverfahrens wurde weiter Beweis erhoben. Der Orthopäde Dr. St. hielt die Klägerin in seinem Sachverständigengutachten vom 4. Dezember 2003 für weiterhin in der Lage, leichte Tätigkeiten in der vollen täglichen Arbeitszeit von acht Stunden zu leisten. Die Orthopädin Dr. G. führte unter dem 21. Juni 2004 im Rahmen ihrer ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme gemäß § 109 SGG aus, sie bleibe bei ihrer Auffassung, die Klägerin könne leichte Bürotätigkeiten nur vier bis eventuell sechs Stunden täglich verrichten. Die Klägerin legte weitere ärztliche Unterlagen über die am 16. September 2004 durchgeführte Tumornephrektomie und Adrenalektomie rechts vor. Bei feingeweblicher Untersuchung des Tumors fand sich entsprechend dem Bericht des pathologischen Instituts der Universität H. vom 24. September 2004 ein Angiomyolipom, hierbei habe es sich um einen gutartigen Tumor gehandelt. Ferner erfolgte eine ambulante Beinvenenoperation in der Atosklinik H. (Berichte vom 26. November 2004, 21. Dezember 2004). Nach dem Bericht vom 16. Dezember 2004 erfolgte in der Zeit vom 29. November bis 16. Dezember 2004 eine ambulante Vorsorgeleistung im Therapiezentrum B. R ... In der mündlichen Verhandlung vom 26. Januar 2005 schlossen die Beteiligten einen Vergleich dahingehend, dass sich die Beklagte bereit erklärte, einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. Oktober 2004 zu überprüfen und einen rechtsbehelfsfähigen Bescheid zu erteilen.
Mit Bescheid vom 28. Februar 2005 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 11. Oktober 1999 ab, nach nochmaliger Überprüfung aller vorliegenden ärztlichen Unterlagen bestehe weiterhin ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 9. September 2005 zurück, nachdem sie weitere Befundunterlagen und Arztbriefe beigezogen hatte.
Am 28. September 2005 hat die Klägerin beim SG erneut Klage erhoben sowie unter dem 29. September 2005 einen neuen Rentenantrag wegen Erwerbsminderung gestellt. Hierzu legte sie weitere Arztberichte vor.
Das SG hat die behandelnden Ärzte gehört. Der Neurologe und Psychiater Dr. W. hat unter dem 11. Januar 2006 u.a. ausgeführt, aufgrund des von ihm diagnostizierten chronischen Schmerzsyndroms und einer depressiven Antriebsschwäche sei die Klägerin aus nervenärztlicher Sicht nicht arbeitsfähig. Es könnten noch halbschichtige leichte körperliche Tätigkeiten ohne Stressbelastung durchgeführt werden. Der Orthopäde Dr. V. (in Gemeinschaftspraxis tätig mit der Orthopädin Dr. G., die im vorangegangenen Klageverfahren als Sachverständige nach § 109 SGG gehört wurde) hat in seiner Auskunft vom 13. Februar 2006 dargelegt, sowohl die Erkrankungen des Achsorgans als auch der Schultergelenke und beider Arme führten zu einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin. Am 18. Juli 2005 habe die Klägerin einen häuslichen Treppensturz mit multiplen Prellungen erlitten, danach habe sich das Schmerzbild noch weiter verstärkt, vor allem in der "Nacken-Schulter-Region", aber auch im "Kreuz". Die Klägerin sei nur noch in der Lage, unter drei Stunden täglich tätig zu sein. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. hat mit Schreiben vom 22. März 2006 mitgeteilt, bei der Klägerin lägen wiederkehrende pychovegetative Erschöpfungszustände vor, weshalb sie lediglich zwischen drei und sechs Stunden täglich leichte Arbeiten verrichten könne. Das SG hat weiter Beweis erhoben durch die Einholung von Sachverständigengutachten des Orthopäden Dr. W., des Neurologen/Psychiaters Dr. B. sowie des Internisten Dr. S ... Der Orthopäde Dr. W. hat in seinem Gutachten vom 12. Juli 2006 ausgeführt, die Klägerin sei in der Lage, die zuvor ausgeübte Tätigkeit einer Arbeiterin der Versandabteilung zwischen sechs und acht Stunden täglich auszuüben, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien ca. sechs Stunden pro Tag auszuüben. Mittelschwere und schwere Arbeiten seien aufgrund des von ihm diagnostizierten chronischen Schmerzsyndroms der Wirbelsäule nicht zumutbar. Eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung halte er für dringend angezeigt. Dr. B. hat auf nervenärztlichem Fachgebiet eine mittel bis schwer ausgeprägte mehrdimensionale (ängstlich-dysthym-somatoforme) psychosomatische (neurotische) Störung festgestellt. Die Klägerin sei in der Lage, acht Stunden pro Arbeitstag an fünf Tagen in der Woche leichte Arbeiten auszuüben. Es sollten jedoch Arbeiten vermieden werden, die nach allgemeiner Erfahrung mit erhöhtem Stress verbunden sind (Gutachten vom 15. Januar 2007). Der Internist Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 16. April 2007 ein Asthma-Bronchiale, ein Zustand nach operativer Entfernung der rechten Niere wegen gutartigen Tumors, einen Zustand nach mehrfachen Venenoperationen ohne wesentliche Restvarikosis, diagnostiziert. Die Klägerin sei dazu fähig, leichte körperliche Arbeiten ca. acht Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Auf Antrag nach § 109 SGG erstellte die Neurologin und Psychiaterin Dr. Sch. das Gutachten vom 4. Oktober 2007. Dr. Sch. diagnostizierte eine chronisch-somatoforme Schmerzstörung, ein chronisch rezidivierendes HWS-Syndrom ohne neurologische Ausfälle, ein chronisch rezidivierendes LWS-Syndrom bei Wirbelgleiten L 5/S 1 ohne neurologische Ausfälle und eine sensible Halbseitenstörung links, ungeklärter Ethnologie. Die Klägerin sei in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt 8 Stunden täglich zu verrichten. Mit Urteil vom 14. März 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat es ausgeführt, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Klägerin zumindest leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts noch sechs Stunden täglich verrichten könne. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung seien nicht erfüllt.
Gegen das am 31. März 2008 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 30. April 2008. Zur Begründung trägt sie vor, sie sei nicht in der Lage, insbesondere wegen der Beschwerden auf orthopädischem Gebiet, drei Stunden und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten auszuüben. Desweiteren hat sie weitere umfangreiche Arztberichte vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 14. März 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. Februar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. September 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Abänderung des Bescheids vom 11. Oktober 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. April 2000 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Oktober 2004 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend, die Voraussetzungen einer Rentengewährung wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung lägen nicht vor. Die Klägerin sei in der Lage, leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne zeitliche Einschränkung auszuüben. Die Beklagte hat hierzu den ärztlichen Entlassungsbericht über die vom 11. September bis 16. Oktober 2008 über das von der Klägerin durchgeführte Heilverfahren vorgelegt. Danach kommen die Ärzte des Heilverfahrens zu dem Ergebnis, dass die Klägerin in der Lage sei, leichte Arbeiten im wechselnder Körperhaltung über sechs Stunden täglich zu verrichten.
Der Senat hat weiter Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Neurologen und Psychiater Dr. H ... In seinem Gutachten vom 19. April 2009 hat Dr. H. eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie eine leichte depressive Episode festgestellt. Die Klägerin sei in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten. Weiter werden von Dr. H. qualitative Einschränkungen näher bezeichnet. Nachdem die Klägerin Befundunterlagen über eine Polysomnographie-Diagnostik im Schlaflabor des schlafmedizinischen Zentrums der Universitäts-HNO-Klinik am Universitätsklinikum M. vom April 2009 vorgelegt hatte, hat Dr. H. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 17. August 2009 ausgeführt, dass die dort festgestellte Diagnose eines Restless-Legs-Syndroms überdauernde funktionelle Leistungseinschränkungen nicht nach sich zöge. Er verbleibe daher bei der im Gutachten getroffenen Leistungsbeurteilung. Der Senat hat weiterhin aktuelle Befundunterlagen des behandelnden Dr. V. sowie einen Befundbericht des behandelnden Nervenarztes Dr. H. beigezogen und weiter Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Internisten Dr. S ... Dieser diagnostizierte in seinem Sachverständigengutachten vom 27. April 2001 ein Athma-Bronchiale (vollkompensiert), einen Zustand nach operativer Entfernung der rechten Niere wegen gutartigen Tumors sowie eine Urge-Symptomatik, einen Reizmagen sowie ein Reizdarm-Syndrom, Leberzysten, eine Restvarikosis nach mehrfachen operativen Eingriffen beider Beine ohne aktuelle, klinisch bedeutsame chronisch-venöse Insuffizienz sowie einen Vitamin D-Mangelzustand. Die Asthmaerkrankung führte zu dem Ausschluss schwerer körperlicher Arbeiten. Mittelschwere körperliche Arbeiten könnten bis zu drei Stunden arbeitstäglich ausgeübt werden. Arbeiten unter Einwirkung reizender inhalativer Substanzen seien zu vermeiden. Die übrigen Erkrankungen führten zu keinen zusätzlichen Einschränkungen. Die Klägerin sei in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten, in Belastungsspitzen auch mittelschwere körperliche Arbeiten, im Gehen oder Stehen oder im Sitzen in geschlossenen Räumen sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche auszuüben.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten des Senats sowie der Akten der Beklagten und der beigezogenen Akten vorangegangener Gerichtsverfahren Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig, sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch nicht begründet; das SG hat die Klage zu Rechte abgewiesen. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der Bescheid der Beklagten vom 28. Februar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. September 2005 mit dem die Beklagte die Abänderung des Bescheids vom 11. Oktober 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. April 2000 abgelehnt und den Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung verneint hat. Diese Bescheide erweisen sich als rechtsmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat auch ab 1. Oktober 2004 keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Nach § 44 SGB X ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuch längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht (§ 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X).
Ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Voraussetzung einer solchen Rente ist unter anderem, dass der jeweilige Versicherte voll erwerbsgemindert (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI) bzw. teilweise erwerbsgemindert (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI) ist. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mind. sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Das SG hat die Rechtsgrundlagen zutreffend dargelegt; der Senat verweist diesbezüglich auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Klägerin ist zur vollen Überzeugung des Senats nach der umfassenden Beweisaufnahme noch in der Lage, über den 30. September 2004 hinaus leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mind. sechs Stunden täglich zu verrichten. Sie ist damit weder erwerbsgemindert, noch berufsunfähig und hat deshalb keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung. Auf orthopädischem Fachgebiet wird das Leistungsvermögen in erster Linie durch degenerative Veränderungen der Wirbelsäule eingeschränkt. Sowohl der erstinstanzlich gehörte Sachverständige Dr. W., als auch die Untersuchung des Dr. H. auf neurologischem Gebiet ergaben keine weitergehenden Einschränkungen als dass dadurch schwere und mittelschwere Arbeiten ausgeschlossen sind. Eine auf eine umschriebene Nervenwurzel beziehbare Schmerzausstrahlung oder sonstige neurologische Ausfallerscheinungen wie Paresen oder Muskelatrophien oder auf eine radikuläre Schädigung (Nervenwurzelschädigung) beziehbare Sensibilitätsstörungen konnten nicht nachgewiesen werden. Der von Dr. H. beschriebenen Hypästhesie der kompletten linken Körperhälfte kommt eine funktionelle Bedeutung nicht zu. Bereits die Gutachten auf orthopädischem Gebiet des Dr. R. und Dr. St. haben weitergehende Einschränkungen nicht beschrieben. Auch aus dem Entlassungsbericht des im September/Oktober 2008 durchgeführten Heilverfahrens lassen sich weitergehende Einschränkungen auch auf orthopädischem Gebiet nicht erkennen. Die gegenteiligen Äußerungen des behandelnden Arztes Dr. V. sind somit für den Senat nicht nachvollziehbar. Auch auf internistischem Fachgebiet liegen keine Gesundheitsstörungen vor, die das zeitliche Leistungsvermögen für leichte Arbeiten einschränken könnten. Der Internist Dr. S. hat die Klägerin sowohl anlässlich des Gutachtens vom 16. April 2007, als auch auf Veranlassung des Senats im März 2010 untersucht. Er hat weder anlässlich der ersten, noch der zweiten Untersuchung Erkrankungen festgestellt, die eine zeitliche Leistungseinschränkung für leichte Arbeiten rechtfertigen könnten. Das bei der Klägerin bestehende Asthma-Bronchiale, was nach Aussage des Sachverständigen unter medikamentöser Behandlung gut kompensiert ist, führt dazu, dass schwere und mittelschwere Arbeiten zeitweise ausgeschlossen sind. Ferner sind Arbeiten unter Einwirkung reizender inhalativer Substanzen ausgeschlossen. Bis 100 Watt haben sich bei der entsprechenden Untersuchung keine Blutgasveränderungen bzw. eine Veränderung des Laktatspiegels im Sinne des Erreichens einer Anerobenschwelle gezeigt. Die übrigen dem internistischen Fachgebiet zuordenbaren Diagnosen (Zustand nach operativer Entfernung der Niere wegen gutartigen Tumors, Urge-Symptomatik, Reizmagen, Reizdarm-Syndrom, Leberzysten, Restvarikosis, Vitamin D-Mangelzustand) führen zu keiner zeitlichen Leistungseinschränkung und auch zu keinen weiteren qualitativen Einschränkungen, bis auf die Tatsache, dass aufgrund der Nierenentfernung Arbeiten im Freien vermieden werden sollten. Auf nervenärztlichem Fachgebiet liegt nach dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des Dr. H. eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung (ICD 10 F 45.4) vor. Desweiterem ist eine leichte depressive Episode (ICD 10 F 32.0) gegeben. Durch diese Gesundheitsstörungen ist die Klägerin im Gebrauch ihrer körperlichen und seelischen Kräfte leicht - bis mäßiggradig gemindert. Aufgrund der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung sowie der leichten depressiven Episode muss eine Überforderung durch Akkordarbeit, Wechselschicht oder Nachtarbeit sowie Arbeit unter besonderem Zeitdruck vermieden werden. Ebenso sind Arbeiten, die besondere Ansprüche an Konzentration und Auffassung bzw. eine erhöhte Verantwortung oder eine besondere geistige Beanspruchung erfordern, auszuschließen. Eine zeitliche Leistungseinschränkung für leichte Tätigkeiten kann daraus nicht abgeleitet werden. Der Sachverständige Dr. H. hat sich insbesondere dem Gutachten der Frau Dr. Sch. vom 4. Oktober 2007 sowohl in diagnostischer Hinsicht, als auch bezüglich der Leistungsbeurteilung angeschlossen. Eine Änderung hat sich nicht ergeben. Soweit die Neurologen und Psychiater Dr. W. und Dr. H. von einem zeitlich reduzierten Leistungsvermögen ausgehen vermag dies den Senat nicht zu überzeugen. Diagnosen, die diese Leistungsreduzierung rechtfertigen könnten, sind nicht gegeben. Die Klägerin hat gegenüber den nervenärztlichen Sachverständigen, zuletzt bei Dr. H. einen Tagesablauf bzw. sonstige Aktivitäten geschildert, die sich mit einem zeitlich eingeschränkten Leistungsvermögen, wie von Dr. H. und Dr. W. beschrieben, nicht in Einklang bringen. Sie betreut nach ihren Angaben Pflegekinder. Das von ihr als Pflegekind betreute Mädchen hat bis Oktober 2005 in ihrem Haushalt gelebt. Daneben betreut sie seit 1999 einen Pflegesohn. Außerdem versorgt sie ihre pflegebedürftige Mutter. Nach ihren Angaben erledige sie den eigenen Haushalt, besorge mit ihrem Ehemann die Einkäufe und putze die Wohnung (ungefähr ein Mal die Woche). Ein sozialer Rückzug ist weder innerhalb der Familie, noch außerhalb (nach eigenen Angaben habe sie einen großen Bekanntenkreis) zu erkennen. Im Übrigen sind von keinem Sachverständigen Einschränkungen der Auffassung, der Konzentration, des Gedächtnisses und des Durchhaltevermögens berichtet worden.
Unter Beachtung aller festgestellten Gesundheitsstörungen ist die Klägerin somit in der Lage, leichte körperliche Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen auszuüben. Vermieden werden sollten ständige gleichförmige Körperhaltungen wie Überkopfarbeiten, Arbeiten auf Leitern, häufiges Bücken oder häufiges Treppensteigen sowie Arbeiten in Kälte, unter Kälteeinfluss oder im Freien. Schließlich sind Arbeiten mit einem das normale Maß deutlich übersteigenden Verantwortung bzw. einer deutlich übersteigenden geistlichen Beanspruchung nicht ausführbar. Aus den genannten qualitativen Einschränkungen ergeben sich weder schwere spezifische Leistungseinschränkungen, noch stellen sie eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen dar (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 11. März 1999 - B 13 RJ 71/97). Einschränkungen der Wegefähigkeit liegen nicht vor. Mit dem genannten Leistungsvermögen ist die Klägerin nicht erwerbsgemindert.
Auch die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit im Sinne des § 240 Abs. 1 SGB VI liegen nicht vor; Ausgangspunkt der Prüfung ist der "bisherige Beruf," den der Versicherte ausgeführt hat (vgl. BSG, SozR 2200, § 1246 Nr. 107 und 169). Kann der Versicherte diesen "bisherigen Beruf" aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten, so ist zu ermitteln, ob es zumindest eine Tätigkeit gibt, die ihm sozial zumutbar ist und die er gesundheitlich wie fachlich noch bewältigen kann. Das BSG hat zur Feststellung des qualitativen Wertes des bisherigen Berufs und damit zur Bestimmung zumutbarer Verweisungstätigkeiten ein Mehrstufenschema entwickelt und in Gruppen untergliedert (vgl. u.a. BSG SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 55). Da die Klägerin keinen Beruf erlernt hat und lediglich ungelernte Tätigkeiten verrichtet hat, kann sie auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, der Benennung konkreter Verweisungstätigkeiten bedarf es nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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