L 7 AS 1838/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AS 2580/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 1838/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 11. März 2010 werden zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Kläger begehren die als Darlehen bewilligten Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) als Zuschuss.

Der am 1951 geborene Kläger Ziff. 1 schied 1996 aus seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung gegen Abfindung aus, die er überwiegend in einer Lebensversicherung anlegte. Seither war er überwiegend arbeitslos; eine dauerhafte Reintegration in den Arbeitsmarkt ist trotz zahlreicher Wiedereingliederungsmaßnahmen nicht geglückt. Lediglich kürzere Zeitverträge kamen zustande. Nach Ende des Arbeitslosengeldbezuges am 21. März 2004 erzielte er aus der zum 1. Juni 2004 aufgelösten Lebensversicherung EUR 36.001,26. Zusammen mit seiner am 1973 geborenen Lebensgefährtin, der Klägerin Ziff. 2, bewohnt er das seit 1995 in seinem Alleineigentum stehende Einfamilienhaus E.str. , R.-B., Flurstück-Nr. 2454. Die Grundstücksgröße beträgt 4,87a, die Wohnfläche 120m². Das Grundstück ist lastenfrei. Das Haus umfasst ein Wohn-, ein Ess- und ein Schlafzimmer, drei weitere Wohnräume, Küche, Bad, Waschraum sowie Kellerräume. Ein Mitarbeiter des Gutachterausschusses der Gemeinde R. schätzte den Wert im April 2009 unter Berücksichtigung des Bodenrichtwertes und des Gebäudewertes nach den Unterlagen der Gebäudeversicherung auf EUR 250.000.-, anhand der Vergleichswerte auf EUR 195.000.-, nachdem im Jahr 2008 in der Nachbarschaft ein ähnliches Anwesen zu diesem Preis verkauft worden war. Aufgrund einer Besichtigung des Hauses am 2. Juli 2009 setzte der Gutachterausschuss den Verkehrswert auf EUR 185.000.- fest. Dabei wurde neben dem Bodenrichtwert von EUR 97.400.- nach den Normalherstellungskosten 2000 ein Gebäudewert i.H.v. ca. EUR 110.000.- ermittelt. Vom so ermittelten Gesamtwert wurde wegen eines festgestellten Renovierungsrückstandes ein Betrag i.H.v. EUR 20.000.- abgezogen; wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 147/148 der Verwaltungsakten Bezug genommen.

Ein erster Antrag auf Leistungen nach dem SGB II wurde mangels Hilfebedürftigkeit wegen einzusetzenden Vermögens abgelehnt (Bescheid vom 27. Dezember 2004 und Widerspruchsbescheid vom 7. März 2005). Zwischenzeitlich bezog der Kläger Ziff. 1 Arbeitslosengeld vom 13. September 2008 bis zum 12. März 2009 mit einem täglichen Leistungsbetrag i.H.v. EUR 19,11.

Am 5. März 2009 beantragten die Kläger erneut die Gewährung von Arbeitslosengeld II (Alg II). Zu diesem Zeitpunkt verfügte der Kläger Ziff. 1 über Bankguthaben i.H.v. EUR 10.375,88, die Klägerin Ziff. 2 i.H.v. EUR 933,38, des Weiteren über ein Bausparguthaben i.H.v. EUR 2.642,85. Kosten der Unterkunft fielen an für Wasser/Abwasser, Abfallgebühren, Gebäudeversicherung und Grundsteuer i.H.v. EUR 111,93 monatlich; wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 81/88 der Verwaltungsakte Bezug genommen. Der Beitrag für die freiwillige gesetzliche Krankenversicherung betrug für die Kläger jeweils EUR 125,16 monatlich (ab 1. Juli 2009 EUR 120,12), in der sozialen Pflegeversicherung EUR 18,48 (ab 1. Juli 2009 EUR 17,79). Da die freiwillige Krankenversicherung des Klägers Ziff. 1 erst am 13. März 2009 begonnen hatte, betrug der Beitrag für diesen Restmonat EUR 79,27 und zur Pflegeversicherung EUR 11,70

Mit Bescheid vom 14. Juli 2009 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II für den Zeitraum vom 5. März bis 31. August 2009 wie folgt: für März 2009 dem Kläger Ziff. 1 EUR 355,10, der Klägerin Ziff. 2 EUR 393,21; für April bis Juni monatlich jeweils EUR 514,91, für Juli und August monatlich jeweils EUR 521,08. Die Leistungen wurden nur darlehensweise gewährt, da zwar Vermögen vorhanden, dessen sofortiger Verbrauch oder Verwertung jedoch nicht möglich sei oder für die Kläger eine besondere Härte bedeuten würde.

Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch wandten sich die Kläger allein gegen die lediglich darlehensweise Bewilligung, da das von ihnen bewohnte Eigenheim nicht unangemessen groß und daher nicht einzusetzen sei. Die Höhe der gewährten Leistungen wurde nicht beanstandet.

Auf den Fortzahlungsantrag der Kläger vom 20. August 2009 gewährte der Beklagte mit Bewilligungsbescheid vom 7. September 2009 für den Zeitraum vom 1. September 2009 bis 28. Februar 2010 - wiederum darlehensweise - Leistungen für den Kläger Ziff. 1 i.H.v. EUR 3.126,48 (monatlich EUR 521,08) sowie für die Klägerin Ziff. 2 i.H.v. EUR 3.101,22 (monatlich EUR 516,87). Auch hiergegen legten die Kläger Widerspruch ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11. September 2009 wies der Beklagte die Widersprüche gegen den Bescheid vom 14. Juli 2009 zurück. Die Wohnfläche des Eigenheims liege über der im Falle der Kläger anzusetzenden Angemessenheitsgrenze von 100m², so dass es nicht als geschütztes Vermögen gelte. Der Wert übersteige die für die Kläger geltenden Vermögensfreibeträge von insgesamt EUR 15.450.-. Da der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung nicht möglich seien oder eine besondere Härte bedeuten würden, seien Leistungen als Darlehen erbracht worden.

Hiergegen haben die Kläger am 23. September 2009 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben (S 11 AS 2580/09) und zu deren Begründung vorgetragen, die Leistungen seien endgültig und nicht nur darlehensweise zu gewähren, da ein selbstbewohntes Eigenheim bis zu einer Wohnfläche von 120m² geschütztes Vermögen darstelle. Ihres diene ihnen auch zur Alterssicherung. Des weiteren erreiche das Hausgrundstück nicht den vom Beklagten zugrunde gelegten Wert.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28. September 2009 hat der Beklagte auch die Widersprüche gegen den Bescheid vom 7. September 2009 als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen haben die Kläger am 15. Oktober 2009 mit entsprechendem Begehren und Begründung Klage beim SG erhoben (S 11 AS 2786/09). Mit Beschluss vom 8. Februar 2010 hat das SG beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Mit Urteil vom 11. März 2010 hat das SG "die Klage" abgewiesen. In Anwendung der in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) entwickelten Maßstäbe zur Angemessenheit von Wohneigentum sei für die Kläger von einer angemessenen Wohnfläche von 90m² auszugehen, die das bewohnte Eigenheim nicht nur unerheblich übersteige. Die Verwertung des Hauses stelle weder eine besondere Härte dar noch sei sie offensichtlich unwirtschaftlich. Das Ziel, im Alter mietfrei zu wohnen, könne nicht unter die für Altersvorsorgevermögen geltenden Ausnahmetatbestände gefasst werden.

Gegen dieses, ihnen am 16. März 2010 zugestellte Urteil haben die Kläger am 13. April 2010 beim SG Berufung eingelegt und zu deren Begründung zunächst im Wesentlichen ausgeführt, der vom Beklagten und SG zugrunde gelegte Wert des Anwesens könne bei einem Verkauf nicht annähernd erzielt werden. Die vom Gutachterausschuss angewandte Methode (Goldmarkwerte anhand der Gebäudeversicherung) sei zwar üblich. Das Alter und der Zustand des Hauses seien aber nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die Hausbank eines potentiellen Kunden habe einen niedrigeren Gesamtwert ermittelt, den dieser aber nicht zu zahlen bereit gewesen sei. Mittlerweile habe der Kläger Ziff. 1 einen Maklerauftrag an die LBS GmbH erteilt, der als Verhandlungsbasis einen Kaufpreis von EUR 175.000.- vorsehe (Bl. 29 der Senatsakten). Aufgrund der Lücken im Erwerbsleben könne der Kläger Ziff. 1 nur eine kleine Rente erwarten, so dass die Möglichkeit mietfreien Wohnens im Alter für ihn erhebliche Bedeutung habe.

Die Kläger beantragen (sachdienlich gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 11. März 2010 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 14. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2009 sowie des Bescheides vom 7. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2009 zu verpflichten, die bewilligten Leistungen für die Zeit vom 5. März 2009 bis 28. Februar 2010 als Zuschuss zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Unangemessenheit des Eigenheims resultiere allein aus der Größe der Immobilie; auf den möglicherweise zu erzielenden Verkaufserlös komme es nicht an.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten des Senats, des SG und des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte mit dem Einverständnis der Beteiligten gem. §§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die gem. § 153 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegten Berufungen sind zulässig, insbesondere statthaft gem. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Sie haben jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat die Klagen zu Recht abgewiesen.

Gegenstand ist des Verfahrens ist lediglich das mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) zu verfolgende Begehren der Kläger, den Beklagten zu verpflichten, die darlehensweise gewährten Leistungen endgültig zu bewilligen. Aufgrund der verbundenen Klageverfahren ist streitbefangen der Zeitraum vom 5. März 2009 bis 28. Februar 2010. Bescheide über nachfolgende Zeiträume sind nicht nach § 96 Abs. 1 SGG kraft Gesetzes Gegenstand des Verfahrens geworden. Höhere Leistungen, als bereits bewilligt, begehren die Kläger nicht.

Die Kläger haben keinen Anspruch auf die endgültige Gewährung von Alg II; die lediglich darlehensweise Gewährung verletzt sie nicht in ihren Rechten.

Die Kläger erfüllen die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 19, 7 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II; insbesondere bestehen an der Erwerbsfähigkeit beider Kläger keine Zweifel. Des weiteren besteht zwischen ihnen eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft i.S.d. § 7 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 3a SGB II, was sie auch nicht in Abrede stellen. Sie bilden mithin eine Bedarfsgemeinschaft, so dass das Vermögen des Klägers Ziff. 1 gem. § 9 Abs. 2 SGB II bei der Feststellung der Hilfebedürftigkeit der Klägerin Ziff. 2 zu berücksichtigen ist. Mit Ausnahme des dem Kläger Ziff. 1 bis zum 12. März 2009 gewährten Arbeitslosengeldes bezogen die Kläger im streitigen Zeitraum kein Einkommen und verfügten - unter Außerachtlassung des Eigenheims - über kein Vermögen, das die für sie geltenden Freibeträge überschritt; wegen deren Berechnung wird auf die zutreffende Darstellung in den Widerspruchsbescheiden Bezug genommen. Zu Recht sind Beklagter und SG davon ausgegangen, dass die Kläger angesichts des Wohneigentums hilfebedürftig i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II nur aufgrund der Regelung des § 9 Abs. 4 SGB II sind. Danach ist hilfebedürftig auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

Das Eigentum des Klägers Ziff. 1 an dem mit dem Eigenheim bebauten Grundstück gehört zum zu berücksichtigenden Vermögen i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB II. Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 1 SGB II). Eine Beschränkung der Verwertung des Hausgrundstücks aus rechtlichen Gründen besteht nicht. Es steht im Alleineigentums des Klägers Ziff. 1 und ist - mit Ausnahme der mittlerweile im Rahmen der Darlehensgewährung zugunsten des Beklagten eingetragenen dinglichen Rechte - nicht belastet. Eine die Verwertung hindernde Rechte Dritter bestehen nicht. Auch tatsächliche Hindernisse stehen einer solchen nicht entgegen, insbesondere ergeben sich keinerlei Hinweise auf eine fehlende Marktgängigkeit einer Immobilie dieser Art im streitigen Zeitraum. Dagegen spricht bereits der dem Bericht des Gutachterausschusses zu entnehmende Umstand, dass im Jahr 2008 in der Nachbarschaft ein ähnliches Anwesen zu einem Preis von 195.000.- verkauft worden war. Dass der vom Kläger zwischenzeitlich eingeschaltete Makler ein klares Interesse an der Makelung des Objektes gezeigt hatte, spricht ebenso gegen eine tatsächliche Unverkäuflichkeit wie der nun abgeschlossene Maklervertrag mit der LBS. Des weiteren stellen die Verkehrswertbestimmungen durch den Gutachterausschuss und die Hausbank des zwischenzeitlichen Kaufinteressenten Indizien für die Marktgängigkeit dar. Letztlich wird dies auch von den Klägern nicht in Abrede gestellt. Die der Verwertung i.S.d. § 12 Abs. 1 SGB II innewohnende zeitliche Komponente ist somit erfüllt. Das Vermögen stand den Klägern nicht nur abstrakt zur Verfügung, ohne dass absehbar gewesen wäre, ob und wann sie hieraus einen wirtschaftlichen Nutzen ziehen konnten. Einer Verwertung innerhalb der Bewilligungszeiträume standen keine nicht überwindbaren rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse entgegen (vgl. BSG SozR 4-4200 § 12 Nr. 6). Dass die Verwertung vorliegend nicht im streitigen Leistungszeitraum realisiert wurde, führt nicht zur Unverwertbarkeit, sondern ist gerade der Grund für die zumindest darlehensweise Leistungsgewährung.

Das Eigenheim ist der Berücksichtigung nicht nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II entzogen. Danach ist ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung als Vermögen nicht zu berücksichtigen. Die Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, greift zur Bestimmung der Angemessenheit im Recht der Grundsicherung auf die Vorgaben des Zweiten Wohnungsbaugesetzes - Wohnungsbau- und Familienheimgesetz - (II. WoBauG) zurück. Diese stellen allerdings keine quasi normativen Werte dar; vielmehr erlauben Besonderheiten des Einzelfalles eine Abweichung von diesen Werten (BSG SozR 4-4200 § 12 Nr. 3). Die in dieser Rechtsprechung gezogene Grenze für eine angemessene Größe einer Eigentumswohnung kann nicht ohne Weiteres für Hauseigentum übernommen werden, da dieses i.d.R. 80m², die danach bei einem Zweipersonenhaushalt angemessen wären, überschreitet. Der Schutz des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II würde dann für die ausdrücklich aufgeführten Hausgrundstücke leerlaufen. Der Gesetzgeber bezweckte mit der Regelung im Wesentlichen, die Vermögensberücksichtigung des bisherigen Rechts der Arbeitslosenhilfe fortzuführen. Dort war in der Rechtsprechung des BSG in Anlehnung an die Vorschriften des II. WoBauG ein Familienheim mit einer Größe von 130m² - bezogen auf einen Vierpersonenhaushalt - als angemessen erachtet worden. Hiervon ausgehend ist die angemessene Wohnfläche bei einer Bewohnerzahl von weniger als vier grundsätzlich um 20m² pro Person zu mindern. Für einen Zweipersonenhaushalt sind daher in Familienheimen mit nur einer Wohnung grundsätzlich 90m² als angemessen anzusehen. Geringe Überschreitungen dieser Grenze sind unschädlich, da in die Wohnfläche eines Hauses ganz oder teilweise auch Flächen wie z.B. Hausflure eingerechnet werden, was bei Eigentumswohnungen nicht geschieht (zum Ganzen BSG SozR 4-4200 § 12 Nrn. 4 und 10). Die von den Klägern im Klageverfahren vorgelegten Beiträge aus verschiedenen Internetseiten sind insoweit nicht maßgeblich; überwiegend berücksichtigen sie nicht die genannte Rechtsprechung oder stellen sie zu pauschal dar. Zu beachten ist insbesondere, dass sich die dort zitierten Entscheidungen und Richtwerte für eine angemessene Größe auf einen Vierpersonenhaushalt beziehen. Da Besonderheiten, die einen höheren Wohnflächenbedarf rechtfertigen könnten, bei den Klägern nicht vorliegen, kann das Eigenheim mit einer Wohnfläche von 120m² nicht mehr als angemessen angesehen werden. Dies ergibt sich schon aus dem Zuschnitt von drei weiteren Wohnräumen neben Schlaf-, Ess- und Wohnzimmer. Allein die Fläche der Zimmer ohne Küche, Bad, Diele und Flur beläuft sich nach den vorgelegten Plänen auf ca. 95m². Überschreitet die Wohnfläche wie vorliegend die Höchstgrenze, bedarf es keiner Erörterung der Angemessenheit der Gesamtgrundstücksgröße (BSG SozR 4-4200 § 12 Nr. 4).

Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II sind des weiteren Rechte und Sachen nicht als Vermögen zu berücksichtigen, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. "Offensichtlich unwirtschaftlich" ist eine Verwertung, wenn der auf dem Markt erzielbare Gegenwert in deutlichem Missverhältnis zum "wirklichen Wert" steht, z.B. wenn bei einer Veräußerung wesentlich weniger erzielt werden kann als zum Erwerb aufgewendet. Gewisse Verluste - insbesondere unter dem Aspekt veränderter Marktpreise und des bisher in Anspruch genommenen Wohnwertes - können jedoch als zumutbar angesehen werden (BSG SozR 4-4200 § 12 Nr. 4). Eine solche offensichtliche Unwirtschaftlichkeit besteht vorliegend nicht. Nach den Feststellungen des Gutachterausschusses beträgt der Bodenwert EUR 97.400.-, der Gebäudewert nach den Normalherstellungskosten 2000 (Sachwert) EUR 110.000.-, der Gesamtwert mithin EUR 207.400.-. Dabei ist die altersbedingte Wertminderung schon berücksichtigt, nicht aber diejenige der Kosten für die Beseitigung des Instandhaltungsrückstandes, auf den auch die Kläger verweisen. Nach Abzug dieser vom Gutachterausschuss auf EUR 20.000.- geschätzten Kosten verbleibt ein Wert von ca. EUR 187.000.-, mithin unter Berücksichtigung der Gesamteinschätzung des Gutachterausschusses von EUR 185.000.-. Wie sich aus dem Verkauf eines ähnlichen Anwesens in der Nachbarschaft im Jahr 2008 für EUR 195.000.- und dem als Verhandlungsbasis im Maklervertrag vorgesehenen Betrag von EUR 175.000.- ergibt, kann von einem diesem Wert entsprechenden Verwertungserlös ausgegangen werden. Auch die Hausbank des potentiellen Käufers hatte mit offenbar ca. EUR 164.000.- einen Wert in dieser Größenordnung angenommen (Abweichung von ca. 10% gegenüber den Feststellungen des Gutachterausschusses). Eine Verwertung würde mithin nicht zu einer Verschleuderung des Vermögens führen.

Für eine besondere Härte i.S.d. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II sind außergewöhnliche Umstände notwendig, die nicht durch die ausdrücklichen Freistellungen über das Schonvermögen oder die Absetzungsbeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II erfasst werden. Vorausgesetzt wird ein deutlich größeres Opfer als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (BSG a.a.O.). Zwar ist nicht zu verkennen, dass beim Kläger Ziff. 1 aufgrund der Lücken in der Erwerbsbiographie Abstriche an der Alterssicherung aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu machen sind. Allerdings ist das daher vorgetragene Interesse an einem mietfreien Wohnen - auch im Alter - bereits unter dem Schutz des Wohneigentums i.S.d. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II erfasst, das der Gesetzgeber eben ausdrücklich nur auf Eigentum in angemessener Größe erstreckt hat. Aus demselben Grund kann dieses Interesse auch nicht unter die weiteren Ausnahmetatbestände des § 12 SGB II über Altersvorsorgevermögen subsumiert werden. Denn der Einsatz des Eigentums im Alter soll nach den Vorstellungen der Kläger nur durch mietfreies Wohnen erfolgen, nicht durch Verwertung mit anschließendem Einsatz des Erlöses zum Lebensunterhalt im Alter. Ein "mietfreies Wohnen" könnte der Kläger Ziff. 1 im Übrigen auch durch den - nach dem Verkauf des Eigenheims - beabsichtigten Ankauf einer Eigentumswohnung von angemessener Größe realisieren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved