Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 3964/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 1993/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29. März 2010 zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Dem Kläger werden Missbrauchskosten in Höhe von Euro 225.- auferlegt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt unter Anfechtung zweier Rentenanpassungsmitteilungen einen früheren Beginn der vormals bezogenen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Der am 1934 in Griechenland geborene Kläger war ab 1963 in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt. Am 1. Mai 1978 zog er sich bei einem Autounfall eine Gehirnerschütterung sowie Schädel- und Schulterprellungen zu. Nach Ende der Lohnfortzahlung am 11. Juni 1978 nahm er keine versicherungspflichtige Beschäftigung mehr auf. Es folgten Zeiten der Arbeitsunfähigkeit und der Arbeitslosigkeit. Vom 1. Januar 1984 bis 28. Februar 1989 entrichtete der Kläger bei der Beklagten freiwillige Beiträge in Höhe des Mindestbeitrags.
Ein erster Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 2. Oktober 1979 war mit Bescheid vom 24. Januar 1980 und Widerspruchsbescheid vom 16. März 1981 abgelehnt worden. Klage und Berufung hiergegen hatten keinen Erfolg (Urteile des Sozialgerichts Karlsruhe (SG) vom 23. November 1983 - S 13 J 812/81 - und des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 26. Juni 1985 - L 2 J 499/84 -). Auch ein zweiter Rentenantrag blieb erfolglos (Ablehnungsbescheid vom 5. März 1986 und Widerspruchsbescheid vom 3. Juni 1986). Im daran anschließenden sozialgerichtlichen Verfahren (S 13 J 1734/86) schlossen die Beteiligten einen Vergleich, wonach sich der beklagte Rentenversicherungsträger verpflichtete, dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit, ausgehend vom Eintritt des Versicherungsfalles am 1. März 1989, bis Ende Dezember 1992 zu gewähren. Der Kläger machte im Gegenzug weitere Ansprüche nicht mehr geltend. Mit Bescheid vom 6. August 1990 führte die Beklagte diesen Vergleich aus (Rentenbeginn am 31. August 1989). Nach Verlängerung der Zeitrente (Bescheid vom 25. August 1993) wurde sie mit Bescheid vom 14. Dezember 1993 ab dem 1. Februar 1994 in eine Dauerrente umgewandelt.
Am 25. August 1998 beantragte der Kläger nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), ihm unter Aufhebung früherer Rentenbescheide höhere Rente wegen Erwerbsunfähigkeit unter Berücksichtigung einer Anrechnungszeit von 900 Tagen sowie diese Rente bereits ab dem 29. Oktober 1979 zu gewähren. Die gegen den dies ablehnenden Bescheid vom 16. September 1998 und den Widerspruchsbescheid vom 25. November 1998 erhobene Klage, die auf den Rentenbeginn beschränkt wurde, wies das SG durch Urteil vom 5. Oktober 1999 ab (S 6 RJ 4973/98). Die dagegen eingelegte Berufung blieb ohne Erfolg, da der geltend gemachte Anspruch bereits an der Frist des § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X scheitere (Urteil des LSG vom 11. April 2001 - L 2 RJ 4392/99 -). Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wurde vom Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 18. Juli 2001 verworfen (B 13 RJ 165/01 B).
Mit Bescheid vom 8. Juni 2001 bewilligte die Beklagte dem Kläger Regelaltersrente ab dem 1. Juli 1999.
Einen gegen eine Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2007 eingelegten Widerspruch, mit dem der Kläger u.a. die Gewährung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bereits ab dem 1. Oktober 1979 begehrte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. September 2007 als unzulässig zurück. Die hiergegen erhobene Klage, mit der der Kläger sein Begehren weiter verfolgte, blieb ohne Erfolg (Gerichtsbescheid des SG vom 3. März 2009 - S 16 R 4733/07 -). Mit Urteil vom 17. Juni 2010 (L 7 R 1206/09) wies der Senat die dagegen eingelegte Berufung zurück. Die auf einen früheren Beginn der vormals bezogenen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gerichtete Klage sei bereits unzulässig, da die angefochtene Rentenanpassungsmitteilung hierzu keine Verwaltungsentscheidung enthalte. Des Weiteren stünde dem Begehren die Rechtskraft der früheren gerichtlichen Entscheidungen entgegen.
In einer dem Kläger am 24. Juni 2008 zugegangenen "Mitteilung über die Anpassung der Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung" erhöhte die Beklagte den Rentenbetrag der Altersrente ab dem 1. Juli 2008 auf EUR 645,86 monatlich wegen der Erhöhung des aktuellen Rentenwertes auf EUR 26,56. Dieser Bescheid trete für die Zeit ab dem 1. Juli 2008 an die Stelle des zuletzt erteilten Bescheides über die Höhe des Rentenbetrages. Durch die Erhöhung des Rentenbetrages ändere sich auch der aus der Rente zu zahlende Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 7. Juli 2008 Widerspruch ein, mit dem er wiederum die Gewährung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bereits ab dem 1. Oktober 1979 begehrte. Zur Begründung zitierte er Stellungnahmen von Ärzten und Leistungsträgern aus früheren Verfahren.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. August 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Dieser sei unzulässig; mit dem angefochtenen Bescheid sei keine Entscheidung über den Beginn der Erwerbsunfähigkeitsrente oder die Berücksichtigung weiterer rentenrechtlicher Zeiten getroffen, sondern nur die Rentenhöhe an den aktuellen Rentenwert angepasst worden. Über das Begehren des Klägers seien bereits mehrere Verfahren vor dem LSG Baden-Württemberg anhängig gewesen.
Unter ausdrücklicher Bezeichnung dieses Widerspruchsbescheides hat der Kläger am 9. September 2008 beim SG (S 12 R 3964/08) Klage auf Gewährung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit ab 1. Oktober 1979 erhoben, zu deren Begründung er sein Vorbringen aus dem Widerspruch wiederholt und vertieft hat, ohne auf die Begründung des Widerspruchsbescheides einzugehen. Des weiteren hat er in der Klageschrift auch die Aufhebung des "Bescheides" vom 16. März 1981 beantragt.
Mit einem weiteren Widerspruch vom 6. Juli 2009 hat sich der Kläger gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2009 gewandt und erneut u.a. die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bereits am 1. Oktober 1979 begehrt. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. September 2009 hat die Beklagte auch diesen als unzulässig zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die am 24. September 2009 beim SG erhobene Klage (S 12 R 4228/09), mit der der Kläger wiederum die Gewährung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit ab 1. Oktober 1979 begehrt hat. Des weiteren hat er in der Klageschrift auch die Aufhebung des Urteils des SG vom 23. November 1983 sowie des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 16. März 1981 beantragt.
Nachdem es die beiden Klageverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hatte, hat das SG die Klagen mit Gerichtsbescheid vom 29. März 2010 abgewiesen. Die Anpassung der Regelaltersrente unter Berücksichtigung des aktuellen Rentenwertes sei korrekt erfolgt. Soweit der Kläger die Rentenanpassungsmitteilungen bzw. die daraufhin ergangenen Widerspruchsbescheide zum Anlass genommen habe, sich wiederholt gegen den Widerspruchsbescheid vom 16. März 1981 und das später hierzu ergangene Urteil des SG vom 23. November 1983 zu wenden, erstreckten sich die Widerspruchsbescheide vom 21. August 2008 und 11. September 2009 nicht auf diese früheren Entscheidungen. Deshalb könne aufgrund der seinerzeit rechtskräftig ergangenen gerichtlichen Entscheidung eine materielle-rechtliche Prüfung, ob dem Kläger für den von ihm gewünschten Zeitraum einer Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit zustehe, nicht erfolgen.
Am 6. April 2010 hat der Kläger hiergegen beim SG Berufung eingelegt, mit der er in der Sache sein bisheriges Begehren weiterverfolgt. Wegen der Einzelheiten wird insbesondere auf die Schreiben des Klägers vom 14. und 29. Juni sowie vom 12. August 2010 Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29. März 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. August 2008 sowie der Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2009 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit auch für die Zeit vom 1. Oktober 1979 bis 30. August 1989 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat sie auf die Ausführungen in den Widerspruchsbescheiden verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, der Verfahrensakten des SG und des Senats, die Vorakten des LSG L 2 J 499/84, L 2 J 457/86, L 2 RJ 1581/98, L 2 RJ 4392/99, L 2 RJ 122/02, L 2 RJ 292/02, L 2 R 1593/05 und L 7 R 1206/09 sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. § 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 29. März 2010 ist zulässig, insbesondere auch statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Nach dem Gesamtverlauf des Verfahrens und dem Eindruck, der in der mündlichen Verhandlung vom Kläger gewonnen werden konnte, bestehen für den Senat weiterhin keine Zweifel an dessen Prozessfähigkeit. Insbesondere ergibt sich aus dem vom Kläger im Verfahren vorgelegten vorläufigen Arztbericht der Klinik Dr. Römer, Klinik für psychosomatische und psychotherapeutische Behandlung und Rehabilitation, vom 10. Dezember 2009 (Bl. 4, 63, 94 der Senatsakte) kein Hinweis auf eine die Geschäfts- oder Prozessfähigkeit betreffende Gesundheitsstörung (vgl. a. Senatsurteil vom 17. Juni 2010 - L 7 R 1206/09).
Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Sie sind mit den vom Kläger ausschließlich verfolgten Begehren mangels vorherigen Verwaltungs- und Vorverfahrens unzulässig (§§ 77, 78 SGG). Dem Begehren stehen des Weiteren die Bestandskraft früherer Verwaltungsakte und die Rechtskraft früherer gerichtlicher Entscheidungen entgegen. Ein Zugunstenverfahren i.S.d. § 44 SGB X ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites. Gegenstand des Verfahrens ist nicht der in den Klageschriften jeweils ausdrücklich genannte Widerspruchsbescheid vom 16. März 1981. Der Senat geht davon aus, dass die Angabe dieses Bescheides lediglich der konkreten Bezeichnung des Klagebegehrens dienen sollte. Denn mit dem Bescheid vom 24. Januar 1980 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 1981 hatte die Beklagte den ersten Antrag des Klägers auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 2. Oktober 1979 abgelehnt. Nach § 123 SGG entscheidet das Gericht über die erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Dementsprechend hat der Kläger nach dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Antrag die Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 16. März 1981 nicht mehr beantragt. Das Begehren des Klägers ist erkennbar auf einen Beginn der vormals gewährten Rente wegen Erwerbs-, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit ab 1. Oktober 1979 gerichtet. Dies entspricht seinem während des gesamten Verfahrens verfolgten Ziel. Soweit er in der Berufungsschrift einen Rentenbeginn ab dem "2. Oktober 1979" beantragt hat, ist dieser Antrag im Hinblick auf das erkennbare Klagebegehren auszulegen. Das angegebene Datum bezeichnet inhaltlich die Stellung des Rentenantrags, aus der sich ein Rentenbeginn zum 1. Oktober 1979 ergäbe. Die Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2009 ist nicht nach § 96 Abs. 1 SGG kraft Gesetzes Verfahrensgegenstand im bereits anhängigen Klageverfahren (S 12 R 3964/08) geworden, da deren Regelung nicht den Streitgegenstand dieses Verfahrens betraf (dazu unten).
Mit Klage und Berufung begehrt der Kläger den früheren Beginn der vormals bezogenen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die von ihm vorliegend angefochtenen Bescheide treffen hierzu jedoch gerade keine Entscheidung. Die Rentenanpassungsmitteilungen zum 1. Juli 2008, bzw. 2009, die allein Gegenstand des jeweiligen Widerspruchsverfahrens waren, betrafen bereits ausdrücklich nur die Regelaltersrente; eine Regelung irgendeiner Art zur vormals bezogenen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit wird überhaupt nicht getroffen. Wie vom Senat bereits im Urteil vom 17. Juni 2010 ausgeführt, beschränkt sich der Regelungsgehalt der Rentenanpassungsmitteilung allein auf die wertmäßige Fortschreibung bereits zuerkannter Rentenrechte nach § 65 des Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach werden zum 1. Juli eines jeden Jahres die Renten angepasst, indem der bisherige aktuelle Rentenwert durch den neuen aktuellen Rentenwert ersetzt wird. Die maßgeblichen Entscheidungen über die Rentenart, die Rentenhöhe sowie über den Beginn des subjektiven Rechts auf Rente, also des Rentenstammrechts, werden ausschließlich im jeweiligen Rentenbewilligungsbescheid getroffen (BSG SozR 3-1300 § 31 Nr. 13). Die Rentenanpassungsmitteilung beinhaltet lediglich die zukunftsgerichtete und begünstigende isolierte Ersetzung der im bisherigen Bescheid zugleich enthaltenen Höchstbegrenzung der monatlichen Rentenansprüche aufgrund der Neuberechnung in einem generell festgelegten Modus. Sonstige Entscheidungen sind aus diesem Anlass weder zulässig noch bedarf es ihrer (BSG a.a.O.). Wortlaut und Inhalt der hier angefochtenen Rentenanpassungsmitteilungen bieten keinen Anlass, im Wege der Auslegung einen darüber hinausgehenden Regelungsgehalt anzunehmen. Aus Sicht eines verständigen Dritten wird aus ihr ohne Weiteres ersichtlich, dass nur eine Anpassung an den neuen Rentenwert erfolgen soll. Dies wird in den vorliegend angefochtenen Widerspruchsbescheiden nochmals ausdrücklich bestätigt. Mithin hat die Beklagte vor Erhebung der Klage keine - noch nicht unanfechtbare - Ausgangsentscheidung über den Beginn der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit getroffen. Dies war vielmehr Inhalt des in Ausführung des im Verfahren S 13 J 1734/86 geschlossenen Vergleichs ergangenen Bescheides vom 6. August 1990, der jedoch bereits bestandskräftig und in der Sache bindend ist (§ 77 SGG).
Daneben steht dem Klagebegehren auch die Rechtskraft der früheren gerichtlichen Entscheidungen entgegen. Ein früherer Beginn der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit war bereits durch Urteile des SG vom 5. Oktober 1999 (S 6 RJ 4973/98) und des LSG vom 11. April 2001 (L 2 RJ 4392/99) verneint worden; letzteres ist nach Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss des BSG vom 18. Juli 2001 (B 13 RJ 165/01 B) rechtskräftig geworden.
Zwar steht die Bestandskraft früherer Bescheide einer Überprüfung in einem Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X selbst dann nicht entgegen, wenn diese durch rechtskräftige Gerichtsentscheidungen bestätigt wurden. Die vorliegenden Bescheide sind jedoch, wie dargestellt, nicht in einem solchen Verfahren ergangen und treffen gerade keine Regelung über die Aufhebung bestandskräftiger Verwaltungsakte. Es kann hier auch offenbleiben, ob im Widerspruch des Klägers ein solcher - neuerlicher - Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X gesehen werden könnte. Denn eine Verwaltungsentscheidung hierüber ist jedenfalls nicht ergangen und damit nicht Gegenstand der gerichtlichen Prüfung. Selbst im Rahmen einer Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 1 SGG, die der Kläger vorliegend aber nicht erhoben hat, kann nur eine Verurteilung der Verwaltung zum Erlass eines Verwaltungsaktes erreicht werden, nicht aber eine gerichtliche Entscheidung in der Sache ohne vorherige Verwaltungsentscheidung (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG SozR 3-1500 § 88 Nr. 2). Ohnehin wäre insoweit die Ausschlussfrist des § 44 Abs. 4 SGB X bereits seit langem abgelaufen.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid vom 29. März 2010 war daher mangels Begründetheit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 192 und 193 SGG. Der Senat hat im Rahmen seines Ermessens von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG dem Kläger Kosten aufzuerlegen. Die Rechtsverfolgung ist missbräuchlich im Sinne dieser Regelung, insbesondere wenn der Rechtsstreit trotz offensichtlicher Aussichtslosigkeit weitergeführt wird (BT-Drucks. 14/6335 S. 35; Bundesverfassungsgericht NJW 1986, 2102). Dabei genügt nach der geltenden Fassung des § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG die objektive Aussichtslosigkeit (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Juni 2003 - L 12 AL 3537/02 -; Hessisches LSG, Urteil vom 11. Dezember 2002 - L 6 AL 1000/01 - (beide juris); Knittel in Hennig, SGG, § 192 Rdnr. 12; Groß in Hk-SGG, 3. Aufl., § 192 Rdnr. 10; a.A. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 192 Rdnr. 9a). Soweit teilweise angenommen wird, dass Kosten nicht verhängt werden können, wenn der Kläger im Einzelfall aus seelischen oder geistigen Gründen ausnahmsweise nicht in der Lage ist, die Aussichtslosigkeit zu erkennen, führt dies hier zu keinem anderen Ergebnis. Eine solche Einschränkung ist beim Kläger aus den bereits bei der Prozessfähigkeit berücksichtigten Umständen nicht ersichtlich. Dem Kläger wurde in zahlreichen früheren Gerichtsentscheidungen aller Instanzen deutlich vor Augen geführt, dass sein Begehren keinen Erfolg haben kann, zuletzt im Senatsurteil vom 17. Juni 2010 (L 7 R 1206/09). Das Ausnutzen der grundsätzlichen Kostenfreiheit der Sozialgerichtsbarkeit durch wiederholte Rechtsverfolgung trotz bindend gewordener Entscheidungen ist missbräuchlich (vgl. a. Leitherer, a.a.O., Rdnr. 9). Das Verhalten des Klägers zeigt daher ein hohes Maß an Uneinsichtigkeit, zumal der Berichterstatter ihn schriftlich auf die Aussichtslosigkeit im Hinblick auf die rechtskräftigen Entscheidungen in früheren Rechtsstreiten und die fehlende Verwaltungsentscheidung im konkreten Rechtsstreit sowie auf die Möglichkeit der Auferlegung von "Missbräuchlichkeitskosten" hingewiesen hat und dieser Hinweis in der mündlichen Verhandlung wiederholt worden ist. Es ist daher angemessen, dass der Kläger Kosten, die durch die Befassung des Gerichts mit einer aussichtslosen Sache entstehen, zu erstatten hat. Der Senat hat es auch im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers bei dem gesetzlichen Mindestbetrag nach § 192 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 184 Abs. 2 SGG belassen.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Dem Kläger werden Missbrauchskosten in Höhe von Euro 225.- auferlegt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt unter Anfechtung zweier Rentenanpassungsmitteilungen einen früheren Beginn der vormals bezogenen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Der am 1934 in Griechenland geborene Kläger war ab 1963 in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt. Am 1. Mai 1978 zog er sich bei einem Autounfall eine Gehirnerschütterung sowie Schädel- und Schulterprellungen zu. Nach Ende der Lohnfortzahlung am 11. Juni 1978 nahm er keine versicherungspflichtige Beschäftigung mehr auf. Es folgten Zeiten der Arbeitsunfähigkeit und der Arbeitslosigkeit. Vom 1. Januar 1984 bis 28. Februar 1989 entrichtete der Kläger bei der Beklagten freiwillige Beiträge in Höhe des Mindestbeitrags.
Ein erster Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 2. Oktober 1979 war mit Bescheid vom 24. Januar 1980 und Widerspruchsbescheid vom 16. März 1981 abgelehnt worden. Klage und Berufung hiergegen hatten keinen Erfolg (Urteile des Sozialgerichts Karlsruhe (SG) vom 23. November 1983 - S 13 J 812/81 - und des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 26. Juni 1985 - L 2 J 499/84 -). Auch ein zweiter Rentenantrag blieb erfolglos (Ablehnungsbescheid vom 5. März 1986 und Widerspruchsbescheid vom 3. Juni 1986). Im daran anschließenden sozialgerichtlichen Verfahren (S 13 J 1734/86) schlossen die Beteiligten einen Vergleich, wonach sich der beklagte Rentenversicherungsträger verpflichtete, dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit, ausgehend vom Eintritt des Versicherungsfalles am 1. März 1989, bis Ende Dezember 1992 zu gewähren. Der Kläger machte im Gegenzug weitere Ansprüche nicht mehr geltend. Mit Bescheid vom 6. August 1990 führte die Beklagte diesen Vergleich aus (Rentenbeginn am 31. August 1989). Nach Verlängerung der Zeitrente (Bescheid vom 25. August 1993) wurde sie mit Bescheid vom 14. Dezember 1993 ab dem 1. Februar 1994 in eine Dauerrente umgewandelt.
Am 25. August 1998 beantragte der Kläger nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), ihm unter Aufhebung früherer Rentenbescheide höhere Rente wegen Erwerbsunfähigkeit unter Berücksichtigung einer Anrechnungszeit von 900 Tagen sowie diese Rente bereits ab dem 29. Oktober 1979 zu gewähren. Die gegen den dies ablehnenden Bescheid vom 16. September 1998 und den Widerspruchsbescheid vom 25. November 1998 erhobene Klage, die auf den Rentenbeginn beschränkt wurde, wies das SG durch Urteil vom 5. Oktober 1999 ab (S 6 RJ 4973/98). Die dagegen eingelegte Berufung blieb ohne Erfolg, da der geltend gemachte Anspruch bereits an der Frist des § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X scheitere (Urteil des LSG vom 11. April 2001 - L 2 RJ 4392/99 -). Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wurde vom Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 18. Juli 2001 verworfen (B 13 RJ 165/01 B).
Mit Bescheid vom 8. Juni 2001 bewilligte die Beklagte dem Kläger Regelaltersrente ab dem 1. Juli 1999.
Einen gegen eine Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2007 eingelegten Widerspruch, mit dem der Kläger u.a. die Gewährung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bereits ab dem 1. Oktober 1979 begehrte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. September 2007 als unzulässig zurück. Die hiergegen erhobene Klage, mit der der Kläger sein Begehren weiter verfolgte, blieb ohne Erfolg (Gerichtsbescheid des SG vom 3. März 2009 - S 16 R 4733/07 -). Mit Urteil vom 17. Juni 2010 (L 7 R 1206/09) wies der Senat die dagegen eingelegte Berufung zurück. Die auf einen früheren Beginn der vormals bezogenen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gerichtete Klage sei bereits unzulässig, da die angefochtene Rentenanpassungsmitteilung hierzu keine Verwaltungsentscheidung enthalte. Des Weiteren stünde dem Begehren die Rechtskraft der früheren gerichtlichen Entscheidungen entgegen.
In einer dem Kläger am 24. Juni 2008 zugegangenen "Mitteilung über die Anpassung der Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung" erhöhte die Beklagte den Rentenbetrag der Altersrente ab dem 1. Juli 2008 auf EUR 645,86 monatlich wegen der Erhöhung des aktuellen Rentenwertes auf EUR 26,56. Dieser Bescheid trete für die Zeit ab dem 1. Juli 2008 an die Stelle des zuletzt erteilten Bescheides über die Höhe des Rentenbetrages. Durch die Erhöhung des Rentenbetrages ändere sich auch der aus der Rente zu zahlende Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 7. Juli 2008 Widerspruch ein, mit dem er wiederum die Gewährung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bereits ab dem 1. Oktober 1979 begehrte. Zur Begründung zitierte er Stellungnahmen von Ärzten und Leistungsträgern aus früheren Verfahren.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. August 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Dieser sei unzulässig; mit dem angefochtenen Bescheid sei keine Entscheidung über den Beginn der Erwerbsunfähigkeitsrente oder die Berücksichtigung weiterer rentenrechtlicher Zeiten getroffen, sondern nur die Rentenhöhe an den aktuellen Rentenwert angepasst worden. Über das Begehren des Klägers seien bereits mehrere Verfahren vor dem LSG Baden-Württemberg anhängig gewesen.
Unter ausdrücklicher Bezeichnung dieses Widerspruchsbescheides hat der Kläger am 9. September 2008 beim SG (S 12 R 3964/08) Klage auf Gewährung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit ab 1. Oktober 1979 erhoben, zu deren Begründung er sein Vorbringen aus dem Widerspruch wiederholt und vertieft hat, ohne auf die Begründung des Widerspruchsbescheides einzugehen. Des weiteren hat er in der Klageschrift auch die Aufhebung des "Bescheides" vom 16. März 1981 beantragt.
Mit einem weiteren Widerspruch vom 6. Juli 2009 hat sich der Kläger gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2009 gewandt und erneut u.a. die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bereits am 1. Oktober 1979 begehrt. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. September 2009 hat die Beklagte auch diesen als unzulässig zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die am 24. September 2009 beim SG erhobene Klage (S 12 R 4228/09), mit der der Kläger wiederum die Gewährung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit ab 1. Oktober 1979 begehrt hat. Des weiteren hat er in der Klageschrift auch die Aufhebung des Urteils des SG vom 23. November 1983 sowie des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 16. März 1981 beantragt.
Nachdem es die beiden Klageverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hatte, hat das SG die Klagen mit Gerichtsbescheid vom 29. März 2010 abgewiesen. Die Anpassung der Regelaltersrente unter Berücksichtigung des aktuellen Rentenwertes sei korrekt erfolgt. Soweit der Kläger die Rentenanpassungsmitteilungen bzw. die daraufhin ergangenen Widerspruchsbescheide zum Anlass genommen habe, sich wiederholt gegen den Widerspruchsbescheid vom 16. März 1981 und das später hierzu ergangene Urteil des SG vom 23. November 1983 zu wenden, erstreckten sich die Widerspruchsbescheide vom 21. August 2008 und 11. September 2009 nicht auf diese früheren Entscheidungen. Deshalb könne aufgrund der seinerzeit rechtskräftig ergangenen gerichtlichen Entscheidung eine materielle-rechtliche Prüfung, ob dem Kläger für den von ihm gewünschten Zeitraum einer Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit zustehe, nicht erfolgen.
Am 6. April 2010 hat der Kläger hiergegen beim SG Berufung eingelegt, mit der er in der Sache sein bisheriges Begehren weiterverfolgt. Wegen der Einzelheiten wird insbesondere auf die Schreiben des Klägers vom 14. und 29. Juni sowie vom 12. August 2010 Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29. März 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. August 2008 sowie der Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2009 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit auch für die Zeit vom 1. Oktober 1979 bis 30. August 1989 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat sie auf die Ausführungen in den Widerspruchsbescheiden verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, der Verfahrensakten des SG und des Senats, die Vorakten des LSG L 2 J 499/84, L 2 J 457/86, L 2 RJ 1581/98, L 2 RJ 4392/99, L 2 RJ 122/02, L 2 RJ 292/02, L 2 R 1593/05 und L 7 R 1206/09 sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. § 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 29. März 2010 ist zulässig, insbesondere auch statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Nach dem Gesamtverlauf des Verfahrens und dem Eindruck, der in der mündlichen Verhandlung vom Kläger gewonnen werden konnte, bestehen für den Senat weiterhin keine Zweifel an dessen Prozessfähigkeit. Insbesondere ergibt sich aus dem vom Kläger im Verfahren vorgelegten vorläufigen Arztbericht der Klinik Dr. Römer, Klinik für psychosomatische und psychotherapeutische Behandlung und Rehabilitation, vom 10. Dezember 2009 (Bl. 4, 63, 94 der Senatsakte) kein Hinweis auf eine die Geschäfts- oder Prozessfähigkeit betreffende Gesundheitsstörung (vgl. a. Senatsurteil vom 17. Juni 2010 - L 7 R 1206/09).
Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Sie sind mit den vom Kläger ausschließlich verfolgten Begehren mangels vorherigen Verwaltungs- und Vorverfahrens unzulässig (§§ 77, 78 SGG). Dem Begehren stehen des Weiteren die Bestandskraft früherer Verwaltungsakte und die Rechtskraft früherer gerichtlicher Entscheidungen entgegen. Ein Zugunstenverfahren i.S.d. § 44 SGB X ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites. Gegenstand des Verfahrens ist nicht der in den Klageschriften jeweils ausdrücklich genannte Widerspruchsbescheid vom 16. März 1981. Der Senat geht davon aus, dass die Angabe dieses Bescheides lediglich der konkreten Bezeichnung des Klagebegehrens dienen sollte. Denn mit dem Bescheid vom 24. Januar 1980 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 1981 hatte die Beklagte den ersten Antrag des Klägers auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 2. Oktober 1979 abgelehnt. Nach § 123 SGG entscheidet das Gericht über die erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Dementsprechend hat der Kläger nach dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Antrag die Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 16. März 1981 nicht mehr beantragt. Das Begehren des Klägers ist erkennbar auf einen Beginn der vormals gewährten Rente wegen Erwerbs-, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit ab 1. Oktober 1979 gerichtet. Dies entspricht seinem während des gesamten Verfahrens verfolgten Ziel. Soweit er in der Berufungsschrift einen Rentenbeginn ab dem "2. Oktober 1979" beantragt hat, ist dieser Antrag im Hinblick auf das erkennbare Klagebegehren auszulegen. Das angegebene Datum bezeichnet inhaltlich die Stellung des Rentenantrags, aus der sich ein Rentenbeginn zum 1. Oktober 1979 ergäbe. Die Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2009 ist nicht nach § 96 Abs. 1 SGG kraft Gesetzes Verfahrensgegenstand im bereits anhängigen Klageverfahren (S 12 R 3964/08) geworden, da deren Regelung nicht den Streitgegenstand dieses Verfahrens betraf (dazu unten).
Mit Klage und Berufung begehrt der Kläger den früheren Beginn der vormals bezogenen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die von ihm vorliegend angefochtenen Bescheide treffen hierzu jedoch gerade keine Entscheidung. Die Rentenanpassungsmitteilungen zum 1. Juli 2008, bzw. 2009, die allein Gegenstand des jeweiligen Widerspruchsverfahrens waren, betrafen bereits ausdrücklich nur die Regelaltersrente; eine Regelung irgendeiner Art zur vormals bezogenen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit wird überhaupt nicht getroffen. Wie vom Senat bereits im Urteil vom 17. Juni 2010 ausgeführt, beschränkt sich der Regelungsgehalt der Rentenanpassungsmitteilung allein auf die wertmäßige Fortschreibung bereits zuerkannter Rentenrechte nach § 65 des Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach werden zum 1. Juli eines jeden Jahres die Renten angepasst, indem der bisherige aktuelle Rentenwert durch den neuen aktuellen Rentenwert ersetzt wird. Die maßgeblichen Entscheidungen über die Rentenart, die Rentenhöhe sowie über den Beginn des subjektiven Rechts auf Rente, also des Rentenstammrechts, werden ausschließlich im jeweiligen Rentenbewilligungsbescheid getroffen (BSG SozR 3-1300 § 31 Nr. 13). Die Rentenanpassungsmitteilung beinhaltet lediglich die zukunftsgerichtete und begünstigende isolierte Ersetzung der im bisherigen Bescheid zugleich enthaltenen Höchstbegrenzung der monatlichen Rentenansprüche aufgrund der Neuberechnung in einem generell festgelegten Modus. Sonstige Entscheidungen sind aus diesem Anlass weder zulässig noch bedarf es ihrer (BSG a.a.O.). Wortlaut und Inhalt der hier angefochtenen Rentenanpassungsmitteilungen bieten keinen Anlass, im Wege der Auslegung einen darüber hinausgehenden Regelungsgehalt anzunehmen. Aus Sicht eines verständigen Dritten wird aus ihr ohne Weiteres ersichtlich, dass nur eine Anpassung an den neuen Rentenwert erfolgen soll. Dies wird in den vorliegend angefochtenen Widerspruchsbescheiden nochmals ausdrücklich bestätigt. Mithin hat die Beklagte vor Erhebung der Klage keine - noch nicht unanfechtbare - Ausgangsentscheidung über den Beginn der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit getroffen. Dies war vielmehr Inhalt des in Ausführung des im Verfahren S 13 J 1734/86 geschlossenen Vergleichs ergangenen Bescheides vom 6. August 1990, der jedoch bereits bestandskräftig und in der Sache bindend ist (§ 77 SGG).
Daneben steht dem Klagebegehren auch die Rechtskraft der früheren gerichtlichen Entscheidungen entgegen. Ein früherer Beginn der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit war bereits durch Urteile des SG vom 5. Oktober 1999 (S 6 RJ 4973/98) und des LSG vom 11. April 2001 (L 2 RJ 4392/99) verneint worden; letzteres ist nach Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss des BSG vom 18. Juli 2001 (B 13 RJ 165/01 B) rechtskräftig geworden.
Zwar steht die Bestandskraft früherer Bescheide einer Überprüfung in einem Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X selbst dann nicht entgegen, wenn diese durch rechtskräftige Gerichtsentscheidungen bestätigt wurden. Die vorliegenden Bescheide sind jedoch, wie dargestellt, nicht in einem solchen Verfahren ergangen und treffen gerade keine Regelung über die Aufhebung bestandskräftiger Verwaltungsakte. Es kann hier auch offenbleiben, ob im Widerspruch des Klägers ein solcher - neuerlicher - Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X gesehen werden könnte. Denn eine Verwaltungsentscheidung hierüber ist jedenfalls nicht ergangen und damit nicht Gegenstand der gerichtlichen Prüfung. Selbst im Rahmen einer Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 1 SGG, die der Kläger vorliegend aber nicht erhoben hat, kann nur eine Verurteilung der Verwaltung zum Erlass eines Verwaltungsaktes erreicht werden, nicht aber eine gerichtliche Entscheidung in der Sache ohne vorherige Verwaltungsentscheidung (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG SozR 3-1500 § 88 Nr. 2). Ohnehin wäre insoweit die Ausschlussfrist des § 44 Abs. 4 SGB X bereits seit langem abgelaufen.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid vom 29. März 2010 war daher mangels Begründetheit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 192 und 193 SGG. Der Senat hat im Rahmen seines Ermessens von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG dem Kläger Kosten aufzuerlegen. Die Rechtsverfolgung ist missbräuchlich im Sinne dieser Regelung, insbesondere wenn der Rechtsstreit trotz offensichtlicher Aussichtslosigkeit weitergeführt wird (BT-Drucks. 14/6335 S. 35; Bundesverfassungsgericht NJW 1986, 2102). Dabei genügt nach der geltenden Fassung des § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG die objektive Aussichtslosigkeit (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Juni 2003 - L 12 AL 3537/02 -; Hessisches LSG, Urteil vom 11. Dezember 2002 - L 6 AL 1000/01 - (beide juris); Knittel in Hennig, SGG, § 192 Rdnr. 12; Groß in Hk-SGG, 3. Aufl., § 192 Rdnr. 10; a.A. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 192 Rdnr. 9a). Soweit teilweise angenommen wird, dass Kosten nicht verhängt werden können, wenn der Kläger im Einzelfall aus seelischen oder geistigen Gründen ausnahmsweise nicht in der Lage ist, die Aussichtslosigkeit zu erkennen, führt dies hier zu keinem anderen Ergebnis. Eine solche Einschränkung ist beim Kläger aus den bereits bei der Prozessfähigkeit berücksichtigten Umständen nicht ersichtlich. Dem Kläger wurde in zahlreichen früheren Gerichtsentscheidungen aller Instanzen deutlich vor Augen geführt, dass sein Begehren keinen Erfolg haben kann, zuletzt im Senatsurteil vom 17. Juni 2010 (L 7 R 1206/09). Das Ausnutzen der grundsätzlichen Kostenfreiheit der Sozialgerichtsbarkeit durch wiederholte Rechtsverfolgung trotz bindend gewordener Entscheidungen ist missbräuchlich (vgl. a. Leitherer, a.a.O., Rdnr. 9). Das Verhalten des Klägers zeigt daher ein hohes Maß an Uneinsichtigkeit, zumal der Berichterstatter ihn schriftlich auf die Aussichtslosigkeit im Hinblick auf die rechtskräftigen Entscheidungen in früheren Rechtsstreiten und die fehlende Verwaltungsentscheidung im konkreten Rechtsstreit sowie auf die Möglichkeit der Auferlegung von "Missbräuchlichkeitskosten" hingewiesen hat und dieser Hinweis in der mündlichen Verhandlung wiederholt worden ist. Es ist daher angemessen, dass der Kläger Kosten, die durch die Befassung des Gerichts mit einer aussichtslosen Sache entstehen, zu erstatten hat. Der Senat hat es auch im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers bei dem gesetzlichen Mindestbetrag nach § 192 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 184 Abs. 2 SGG belassen.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
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