L 7 SO 3903/10 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 14 SO 1705/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 3903/10 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 6. August 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe:

Die unter Beachtung der Vorschriften der §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingelegte Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Der Senat konnte in der vorliegenden Besetzung über die Beschwerde entscheiden, da ein eindeutiges und unmissverständliches Ablehnungsgesuch gegen den Senat bezogen gerade auf das hier konkret zu entscheidende Verfahren nicht vorliegt. Selbst wenn die Ausführungen des Antragstellers in der Beschwerdeschrift ("Zuständige der falsch erstellten Beschlüsse sind wegen Rechtsbeugung, Prozessbetrug, Amtsmissbrauch, Rechtsmissbrauch abgelehnt.") sich nicht nur auf die von ihm in diesem Zusammenhang genannten zurückliegenden Beschlüsse vom 26. Juli und 4. August 2010 beziehen sollten, sondern nach Auslegung als Ablehnungsgesuch auch für das vorliegende Verfahren zu verstehen gewesen wären, hinderte dies die Entscheidung durch den Senat nicht. Ein solches Ablehnungsgesuch wäre unzulässig, da es rechtsmissbräuchlich wäre (vgl. hierzu Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 19. Januar 2010 - B 11 AL 13/09 C - (juris)).

Nach § 60 SGG i.V.m. § 42 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Dabei kommt es nach ständiger Rechtsprechung darauf an, ob der betroffene Beteiligte von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger objektiver Betrachtung Anlass hat, die Voreingenommenheit des oder der abgelehnten Richter zu befürchten (vgl. u.a. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl. 2009, § 54 Rdnr. 10 m.w.N.). Nach § 60 SGG i.V.m. § 45 Abs. 1 ZPO entscheidet das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung. Es ist allerdings anerkannt, dass abweichend vom Wortlaut des § 45 Abs. 1 ZPO der Spruchkörper ausnahmsweise in alter Besetzung unter Mitwirkung der abgelehnten Richter über unzulässige Ablehnungsgesuche in bestimmten Fallgruppen entscheidet. Hierzu zählt u.a. die pauschale Ablehnung eines gesamten Spruchkörpers (vgl. Bundesverfassungsgericht, NJW 2007, 3771; BSG a.a.O. sowie SozR 4-1500 § 60 Nr. 4 Rdnr. 8; Bundesfinanzhof, NJW 2009, 3806 m.w.N.; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 60 Rdnr. 10d).

So liegt es hier. Versteht man die Ausführungen des Antragstellers in seinem Schreiben vom 13. August 2010 als Ablehnungsgesuch, beträfe es pauschal alle Richter des Senats, die an den Beschlüssen vom 26. Juli und 4. August 2010 mitgewirkt hatten und die allein wegen der Mitwirkung an diesem Beschluss abgelehnt werden, ohne dass konkrete Anhaltspunkte vorgebracht würden, die bei vernünftiger objektiver Betrachtung auf eine Befangenheit der Mitglieder des Spruchkörpers hindeuten. Der bloße Umstand, dass der Senat zuvor über Ablehnungsgesuche des Antragstellers entschieden hat, vermag die Besorgnis der Befangenheit unter keinem Gesichtspunkt zu begründen. Anhaltspunkte für eine Befangenheit ergeben sich insbesondere nicht aus dem Vorbringen des Antragstellers, der Beschluss des Senats vom 4. August 2010 sei zurückdatiert worden und tatsächlich zeitgleich mit dem Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn (SG) vom 13. August 2010 ergangen. Bereits im Beschluss vom 12. August 2010 hatte der Senat auf ein ähnliches Vorbringen des Antragstellers bzgl. des Beschlusses vom 26. Juli 2010 auf die Postlaufzeiten hingewiesen. Der Senat wäre auch nicht gehindert gewesen, über ein solchermaßen unzulässiges Ablehnungsgesuch zeitgleich mit der Sachentscheidung zu befinden (vgl. BSG, Beschluss vom 19. Januar 2010 a.a.O.), zumal unter dem Gesichtspunkt der vom Antragsteller gerade behaupteten Eilbedürftigkeit.

Die Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt. Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung den zutreffenden Ausführungen des SG an und nimmt auf diese Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG), zumal der Antragsteller im Wesentlichen lediglich seine Begründung aus dem erstinstanzlichen Verfahren wiederholt hat, ohne auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses einzugehen. Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass sich ein Anordnungsgrund für die u.a. begehrten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den bereits zurückliegenden Zeitraum vom 1. November 2009 bis 17. März 2010 nicht daraus ergibt, dass die Beigeladene "vorsätzlich durch gefälschte Angaben, die längst verhandelt sind, rechtswidrig ohne rechtliche Grundlage, nichtige Verwaltungsakte sowie rechtswidrigen Leistungsentzug tätigte". Eine Klärung der Rechtmäßigkeit der Leistungsversagung in einem zurückliegenden und abgeschlossenen Zeitraum ist dem Hauptsacheverfahren vorbehalten, da die Beigeladene aktuell Leistungen zum Lebensunterhalt erbringt. Schon deswegen war den Anträgen des Antragstellers auf Vernehmung verschiedener Mitarbeiter der beteiligten Träger nicht nachzukommen. Auch wenn der Antragsteller nunmehr vorträgt, er habe mit der "Nachzahlung" rückständige Miete gezahlt, macht er damit nicht ausreichend glaubhaft, dass er keinerlei finanzielle Mittel zum unmittelbaren Lebensunterhalt zurückgehalten hat. Im Übrigen ändert dies nichts an dem Umstand, dass ihm Leistungen tatsächlich bewilligt und ausgezahlt wurden, mit denen er seinen aktuellen Lebensunterhalt sichern konnte. Sollte der Antragsteller diese Leistungen zweckwidrig vollständig zur Schuldentilgung eingesetzt haben, begründet dies keinen neuerlichen Leistungsanspruch. Allenfalls besteht die Möglichkeit, dass die Beigeladene dem Antragsteller bei tatsächlicher völliger Mittellosigkeit zur Überbrückung bis zur nächsten Leistungsauszahlung Lebensmittelgutscheine zur Verfügung stellt. Da die Beigeladene hierüber noch nicht entschieden, es mithin nicht abgelehnt hat und eine solche gegebenenfalls bestehende Notlage bislang nicht bekannt war, besteht diesbezüglich für eine gerichtliche Entscheidung, zumal im Beschwerdeverfahren, derzeit noch kein Rechtsschutzbedürfnis.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Der Antrag auf Prozesskostenhilfe war wegen fehlender Erfolgsaussicht abzulehnen (§ 73a SGG i.V.m. § 114 ZPO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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