Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 7 KR 839/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 4831/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. September 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er seit 01. April 2007 der Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) unterliege.
Der am 1935 geborene Kläger, türkischer Staatsangehöriger, dessen Angehörige im Herkunftsland leben, wohnt seit 1962 im Inland. Er verfügte über eine Aufenthaltsberechtigung, die seit 01. Januar 2005 nach den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) als Niederlassungserlaubnis weiter gilt. Der Kläger war zuletzt bis 07. Dezember 1984 aufgrund einer Beschäftigung versicherungspflichtig und Mitglied der Beklagten. Seither bezog er von der Beigeladenen Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Recht der Sozialhilfe. Seit 01. August 2000 erhält er Regelaltersrente, deren monatlicher Zahlbetrag sich im ersten Halbjahr 2007 auf EUR 492,34, im zweiten Halbjahr 2007 auf EUR 494,97 belief. Daneben bezieht der Kläger eine geringfügige Rente aus der türkischen Rentenversicherung (etwa EUR 37,00 monatlich). Seit dem Beginn der Altersrente bezieht er von der Beigeladenen nur noch Krankenhilfe, seit 01. Januar 2005 Hilfe bei Krankheit nach dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB XII), eine jährliche Brennstoffbeihilfe und Wohngeld.
Mit Schreiben vom 02. April 2007 meldete die Beigeladene vorsorglich einen Erstattungsanspruch für die Leistungen der Hilfe bei Krankheit ab 01. April 2007 bei der Beklagten an. Sodann forderte die Beigeladene den Kläger auf, bei der Beklagten auf eine Mitgliedschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V hinzuwirken. Am 15. Juni 2007 ging bei der Beklagten die Anzeige des Klägers zur Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V und § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) ein. Der Kläger machte auch Angaben zu seinen Einkünften und Ausgaben. Zugleich beantragte er bei der Beigeladenen Leistungen der Grundsicherung, weil wegen der Beiträge zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung Hilfebedürftigkeit eintrete.
Durch Bescheid vom 10. Juli 2007 lehnte die Beklagte - zugleich im Namen der Pflegekasse - die Feststellung der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V und § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 SGB XI ab. Der Kläger sei nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG verpflichtet dafür zu sorgen, dass der Lebensunterhalt einschließlich eines ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel sichergestellt sei. Demgemäß trete die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht ein.
Der Kläger erhob Widerspruch. Für die Erteilung eines Aufenthaltstitels sei in der Regel vorausgesetzt, dass die Passpflicht erfüllt und der Lebensunterhalt gesichert sei. Von einem erforderlichen ausreichenden Krankenversicherungsschutz sei nicht die Rede. Der Lebensunterhalt sei durch die bezogenen Renten gesichert.
Der Widerspruchsausschuss der Beklagten erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2008. Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz seien, würden von § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nur erfasst, wenn für die Erteilung des Aufenthaltstitels keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG bestehe. Letztere Vorschrift setze u.a. voraus, dass der Lebensunterhalt gesichert sei. Die hier streitige Versicherungspflicht trete nicht ein, wenn der Ausländer verpflichtet sei dafür zu sorgen, dass der Lebensunterhalt einschließlich eines ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel sichergestellt sei. Dies sei beim Kläger nicht der Fall, so dass die Voraussetzungen des § 5 Abs. 11 SGB V nicht erfüllt seien. Im Übrigen beziehe dieser auch eine türkische Rente, aufgrund deren Krankenversicherung in Betracht komme.
Mit der am 22. Februar 2008 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung stellte er zunächst klar, eine Krankenversicherung aus türkischem Recht bestehe für ihn nicht. Bei seinem Aufenthaltstitel bestehe keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts. Ein weiterer Ausschlussgrund nach § 5 Abs. 8a SGB V existiere nicht. Allerdings sei er auf die Hilfe bei Krankheit durch die Beigeladene dringend angewiesen, da er wegen chronischer Erkrankungen laufend behandlungsbedürftig sei.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Die sich aus § 5 Abs. 11 SGB V ergebende Voraussetzung, dass der Lebensunterhalt gesichert sei, werde vom Kläger nicht erfüllt. Ausnahmen griffen nicht ein. Mehrere Sozialgerichte hätten bereits in gleichartigen Fällen die Auffassung vertreten, dass Leistungen der Hilfe bei Krankheit nach dem SGB XII die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V verdrängten. Leistungen nach § 264 SGB V seien vorrangig. Richtig sei, dass der Ausschluss des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V der Subsidiarität der Sozialhilfe widerspreche; ob diese Subsidiarität jedoch überhaupt durchgängig realisiert werden sollte, sei jedoch zweifelhaft. Die hier streitige Vorschrift sei so konzipiert, dass sie nur eingreife, wenn alle anderen Sicherungen, also auch die Sozialhilfe ausfielen. Nicht nachvollziehbar sei, weshalb bei der bekannten Hilfebedürftigkeit des Klägers ihm zustehende Leistungen, z.B. der Grundsicherung im Alter, nicht zur Verfügung gestellt würden. Im Übrigen würde die begehrte Versicherungspflicht die rechtliche oder wirtschaftliche Stellung des Klägers nicht verbessern, sodass sein Rechtsschutzbedürfnis zweifelhaft sei.
Die Beigeladene (Beiladungsbeschluss des SG vom 11. April 2008) vertrat die Auffassung, da lediglich Leistungen der Hilfe bei Krankheit bezogen würden, liege kein Ausschlussgrund für § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V vor. Die Niederlassungserlaubnis nach dem AufenthG sei ohne Auflagen unbefristet und unbeschränkt erteilt worden, sodass keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhaltes bestehe.
Durch Urteil vom 16. September 2008 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung legte es dar, das Rechtsschutzbedürfnis fehle nicht, nachdem das Recht der Krankenversicherung gegenüber dem Sozialhilferecht durchaus Vergünstigungen enthalte. Der Gesetzgeber habe jedoch die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis davon abhängig gemacht, dass der Lebensunterhalt gesichert sei. Eine Ausnahme hiervon greife nicht ein. Auf den langjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet komme es nicht an. Ob die Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts bestehe, sei für den konkreten streitigen Zeitraum zu prüfen. Auf den Zeitpunkt der Erteilung des Aufenthaltstitels komme es nicht an. Zur Sicherung des Lebensunterhalts gehöre auch die Sicherstellung der eigenen Krankenversicherung. Auf die Frage, ob der Kläger im Hinblick auf den tatsächlichen Bezug von Leistungen der Hilfe bei Krankheit von § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ausgeschlossen sei, komme es letztlich nicht an.
Gegen das ihm am 20. September 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15. Oktober 2008 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er nunmehr vor, für ihn gelte der Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation vom 19. September 1980 (ARB 1/80). Aus diesem Beschluss ergebe sich automatisch sein Aufenthaltsrecht. Eine Aufenthaltserlaubnis habe nur deklaratorischen Charakter. Demgemäß sei das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel und eines Krankenversicherungsschutzes nicht Voraussetzung. Damit erfülle er die Voraussetzungen des § 5 Abs. 11 SGB V und werde von der Versicherungspflicht nach Abs. 1 Nr. 13 der Vorschrift erfasst. Ferner sei dabei zu verbleiben, dass der Anspruch auf Hilfe bei Krankheit nach dem SGB XII nicht vorrangig vor der hier streitigen Vorschrift sein könne. Andernfalls hätte es der Ausnahmeregelung des § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V, die nicht krankenversicherte Empfänger von Leistungen nach dem SGB XII von der Versicherungspflicht ausschließe, nicht mehr bedurft.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. September 2008 aufzuheben und unter Aufhebung des Bescheids vom 10. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Januar 2008 festzustellen, dass er seit 01. April 2007 pflichtversichertes Mitglied der Beklagten ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verbleibt dabei, dass für den Kläger eine Verpflichtung zur Sicherung des vollständigen Lebensunterhalts bestehe. Der Beschluss ARB 1/80 gelte nur für Arbeitnehmer, was der Kläger seit Jahren nicht mehr sei. Auf Bezieher von Altersrente erstrecke sich der Beschluss nicht. Unerheblich sei, dass der Aufenthaltstitel lediglich deklaratorischen Charakter habe. Das Europäische Fürsorgeabkommen vom 11. Dezember 1953 begründe nur eine sozialhilferechtliche Gleichstellung und lasse sich für den hier streitigen Anspruch nicht heranziehen.
Die Beigeladene beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. September 2008 aufzuheben und unter Aufhebung des Bescheids vom 10. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Januar 2008 festzustellen, dass der Kläger seit 01. April 2007 pflichtversichertes Mitglied der Beklagten ist.
Sie schließt sich dem Vorbringen des Klägers an und vertritt die Auffassung, der ARB 1/80 werde durch das Ausscheiden aus dem Arbeitsleben nicht unanwendbar. Für die hieraus abzuleitenden aufenthaltsrechtlichen Ansprüche sei das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel und ausreichenden Krankenversicherungsschutzes nicht Voraussetzung. Das Europäische Fürsorgeabkommen sei auch auf türkische Staatsangehörige anwendbar.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil des SG vom 16. September 2008 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat im Bescheid vom 10. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Januar 2008 zutreffend festgestellt, dass der Kläger seit 01. April 2007 nicht pflichtversichertes Mitglied bei ihr ist.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Versicherungspflicht und Mitgliedschaft ab 01. April 2007 ist allein § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB V, angefügt durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG -) vom 26. März 2007, BGBl. I S. 378. Hiernach sind versicherungspflichtig Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und zuletzt gesetzlich krankenversichert waren. Diese Voraussetzungen sind schon deshalb nicht gegeben, weil der Kläger von der Beigeladenen Leistungen nach dem Fünften Kapitel des SGB XII erhält und damit einen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hat.
Gemäß der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 16/3100, S. 94) begründet § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V eine Versicherungspflicht für Personen, die keinen Anspruch auf eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall haben und die zuletzt gesetzlich krankenversichert gewesen sind. Des Weiteren wird (durch den im vorliegenden Fall nicht einschlägigen Buchst. b) eine Versicherungspflicht für Personen ohne Absicherung im Krankheitsfall begründet, die bisher nicht in Deutschland gesetzlich oder privat krankenversichert waren und dem Grunde nach der gesetzlichen Krankenversicherung zuzuordnen sind. Hierdurch wird für diesen Personenkreis das politische Ziel umgesetzt, dass in Deutschland niemand ohne Schutz im Krankheitsfall sein soll. Gemäß dieser Begründung sind "ohne Anspruch auf anderweitige Absicherung im Krankheitsfall" insbesondere die nicht gesetzlich oder privat krankenversicherten Personen, die keinen Anspruch auf Hilfe bei Krankheit nach § 40 des Achten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VIII) - Jugendhilfe -, § 48 SGB XII - Sozialhilfe - oder § 264 SGB V - Übernahme der Krankenbehandlung für nicht Versicherungspflichtige gegen Kostenerstattung -, auf Gesundheitsfürsorge nach dem Strafvollzugsgesetz oder auf sonstige Gesundheitsfürsorge haben, die nicht beihilfeberechtigt sind, keinem Sondersystem wie der freien Heilfürsorge angehören und auch keinen Anspruch auf Krankenbehandlung nach dem Bundesversorgungsgesetz, dem Bundesentschädigungsgesetz oder vergleichbaren gesetzlichen Regelungen haben.
Der Kläger war bei der Beklagten zuletzt bis 07. Dezember 1984, dem Ende seiner letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung gesetzlich krankenversichert. Anschließend bezog er Leistungen der Sozialhilfe. Auf Hilfe zum Lebensunterhalt (seit Inkrafttreten des SGB XII am 01. Januar 2005 §§ 27 ff. SGB XII) ist er seit Beginn der Regelaltersrente am 01. August 2000 nicht mehr angewiesen. Er erhält jedoch weiterhin Hilfe bei Krankheit ( § 48 SGB XII) in Form der ihm von der Beigeladenen erteilten Behandlungsscheine, die ihm Zugang zur ärztlichen und zahnärztlichen Behandlung eröffnen. Der Anspruch hierauf und der tatsächliche Bezug dieser Leistungen wurde und wird von der Beigeladenen nicht in Frage gestellt. Deren Interesse ist es im vorliegenden Rechtsstreit lediglich, die Pflicht zu tatsächlichen Krankenhilfeleistungen für den im Rentenalter befindlichen Kläger gegen die finanziell günstigere bloße Beitragsverpflichtung einzutauschen. Dies ist jedoch aus den im Folgenden darzulegenden Gründen verwehrt.
Bereits die zitierte Gesetzesbegründung (vgl. nochmals BT-Drucksache 16/3100 S. 94) nennt zwanglos den Anspruch auf Hilfe bei Krankheit nach § 48 SGB XII als Ausschlussgrund für die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Dies wird auch in der Rechtsprechung zwanglos so verstanden (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 13. Juni 2007 - B 12 KR 29/06 R - SozR 4-2500 § 9 Nr. 1 Rdnr. 20 im Sinne eines "Obiter dictum" zur am 01. April 2007 in Kraft getretenen Vorschrift). Weiter ist entschieden worden (vgl. BSG, Urteil vom 27. Januar 2010 - B 12 KR 2/09 R - in Juris, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Rdnr. 14), eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bestehe für die Dauer des Bezugs von Leistungen (dort) nach dem Recht der Jugendhilfe (SGB VIII) nicht, weil mit Ansprüchen auf Krankenhilfe eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall bestehe. Als die Versicherungspflicht ausschließende anderweitige Absicherung reiche eine dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechende Absicherung aus, der Begriff der anderweitigen Absicherung fordere keine "Versicherung", sondern eben lediglich eine Absicherung. Hierzu zählt neben den oben aus der Gesetzesbegründung zitierten gesetzlichen Ansprüchen auch die Hilfe bei Krankheit nach § 48 SGB XII.
Die vom Gesetzgeber beabsichtigte Subsidiarität der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V gegenüber allen anderen Absicherungen im Krankheitsfall sichert die Bestimmung des § 5 Abs. 8a Satz 1 SGB V. Danach ist nach Absatz 1 Nr. 13 nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 SGB V versichert ist. Satz 1 gilt entsprechend für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG). Mit der Regelung in Satz 2 soll erreicht werden, dass der Sozialhilfeträger weiterhin für die Krankenbehandlung der Empfänger von Leistungen nach dem "Dritten bis Neunten Kapitel" des SGB XII oder von laufenden Leistungen nach § 2 AsylbLG zuständig bleibt (BT-Drucks. 16/3100, S. 94). Demgemäß nennt der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung § 264 SGB V als eine solche Absicherung. Zwar sah die im ursprünglichen Gesetzesentwurf genannte Fassung des § 5 Abs. 8a SGB V den Ausschluss der Versicherungspflicht für Empfänger von Leistungen nach dem Dritten bis Neunten Kapitel des SGB XII vor. Es ist aber fraglich, ob der Gesetzgeber allein auf Grund der im Laufe der Beratung gemachten Einschränkung auf Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII, die dann auch beschlossen wurde, etwas an der Subsidiarität der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, die nur diejenigen erfassen soll, die überhaupt keinen Versicherungsschutz im Krankheitsfall haben, ändern wollte. Denn zu der insoweit gegenüber dem ursprünglichen Gesetzesentwurf vorgenommenen Änderung führte der Bericht des Ausschusses für Gesundheit aus, (§ 5 Abs. 8a) Satz 2 präzisiere die Regelung zum Vorrang der Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers, um sie für diesen leichter umsetzbar zu machen (BT-Drucks. 16/4247, S. 29). Eine Änderung dieser bisherigen Kostentragungspflicht und die finanzielle Belastung durch die mit Einführung der Versicherungspflicht verbundene Beitragspflicht hätte einer eigenständigen Regelung bedurft und war auch nicht beabsichtigt (vgl. nochmals BSG, wie zitiert, Rdnr. 17).
Diese Auffassung wird in der Kommentarliteratur uneingeschränkt geteilt (vgl. etwa Peters in Kasseler Kommentar, § 5 SGB V Rdnrn. 163, 164, 179, Stand April 2008; Just in Becker/Kingreen, SGB V, 2. Aufl. 2010, § 5 Rdnr. 62).
Der anderslautenden Rechtsauffassung des Klägers und der Beigeladenen, die im Kern auf die Systemwidrigkeit zielt, dass mit einem Vorrang der Leistungen der Sozialhilfe durch § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V deren Subsidiarität durchbrochen werde, kann daher nicht gefolgt werden.
Die somit konsequent durchzuhaltende Subsidiarität der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V führt dazu, dass es auf die Sondervorschrift des § 5 Abs. 10 (vor 01. Januar 2008: Abs. 11) SGB V nicht ankommt. Nach dieser von den Beteiligten und auch vom SG vorrangig diskutierten Bestimmung werden Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, von der Versicherungspflicht nach Abs. 1 Nr. 13 erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem AufenthG besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG besteht. Dies ist systematisch eine rechtshindernde Ausnahmebestimmung dahingehend, dass Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V selbst dann nicht entsteht, wenn es an einer anderweitigen Absicherung - wie hier der Hilfe bei Krankheit nach § 48 SGB XII - fehlt. Nach der Gesetzesbegründung (vgl. nochmals BT-Drucks. 16/3100 S. 95) ist ein Versicherungsschutz nicht geboten in den Fällen, in denen die Ausländer gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG verpflichtet sind dafür zu sorgen, dass ihr Lebensunterhalt einschließlich eines ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel sichergestellt ist. Diese Ausländer verfügen insoweit über eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall, welche wiederum die Versicherungspflicht hindert. Eine andere Sichtweise würde dazu führen, dass Nicht-EU-Ausländer gegenüber deutschen Staatsbürgern dahingehend privilegiert würden, dass sie grundsätzlich unter Versicherungspflicht stünden, deutsche Staatsbürger dagegen, wenn sie nicht schon bei Eintritt der Sozialhilfebedürftigkeit einen Krankenversicherungsschutz haben, in solchen Fällen auf den Krankenhilfeanspruch nach dem SGB XII verwiesen würden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. November 2009 - L 5 KR 5144/08 - in Juris; Revision beim BSG anhängig unter B 12 KR 25/09 R). Die Vorschrift des § 5 Abs. 10 SGB V dient dazu, eine für die gesetzlichen Krankenkassen möglichst leicht handhabbare Feststellung der Voraussetzungen zu erhalten und Missbrauch weitestgehend auszuschließen (vgl. nochmals Gesetzesbegründung S. 95). Dies ist im Fall des Klägers, dem unbestritten Anspruch auf Hilfe bei Krankheit nach § 48 SGB XII zusteht, nicht einschlägig. Der Assoziationsratsbeschluss ARB 1/80 ist für die hier zu entscheidenden Fragen ebenso wenig erheblich wie das Europäische Fürsorgeabkommen.
Da Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht besteht, tritt auch keine Versicherungspflicht nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 SGB XI ein. Der Senat lässt dahingestellt, ob dies Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist. Denn der Kläger hat sowohl im Klageverfahren als auch im Berufungsverfahren nur die Feststellung der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V begehrt, nicht aber auch die Versicherungspflicht nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 SGB XI, die die Beklagte im angefochtenen Bescheid vom 10. Juli 2007 im Namen der bei ihr errichteten Pflegekasse abgelehnt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er seit 01. April 2007 der Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) unterliege.
Der am 1935 geborene Kläger, türkischer Staatsangehöriger, dessen Angehörige im Herkunftsland leben, wohnt seit 1962 im Inland. Er verfügte über eine Aufenthaltsberechtigung, die seit 01. Januar 2005 nach den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) als Niederlassungserlaubnis weiter gilt. Der Kläger war zuletzt bis 07. Dezember 1984 aufgrund einer Beschäftigung versicherungspflichtig und Mitglied der Beklagten. Seither bezog er von der Beigeladenen Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Recht der Sozialhilfe. Seit 01. August 2000 erhält er Regelaltersrente, deren monatlicher Zahlbetrag sich im ersten Halbjahr 2007 auf EUR 492,34, im zweiten Halbjahr 2007 auf EUR 494,97 belief. Daneben bezieht der Kläger eine geringfügige Rente aus der türkischen Rentenversicherung (etwa EUR 37,00 monatlich). Seit dem Beginn der Altersrente bezieht er von der Beigeladenen nur noch Krankenhilfe, seit 01. Januar 2005 Hilfe bei Krankheit nach dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB XII), eine jährliche Brennstoffbeihilfe und Wohngeld.
Mit Schreiben vom 02. April 2007 meldete die Beigeladene vorsorglich einen Erstattungsanspruch für die Leistungen der Hilfe bei Krankheit ab 01. April 2007 bei der Beklagten an. Sodann forderte die Beigeladene den Kläger auf, bei der Beklagten auf eine Mitgliedschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V hinzuwirken. Am 15. Juni 2007 ging bei der Beklagten die Anzeige des Klägers zur Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V und § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) ein. Der Kläger machte auch Angaben zu seinen Einkünften und Ausgaben. Zugleich beantragte er bei der Beigeladenen Leistungen der Grundsicherung, weil wegen der Beiträge zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung Hilfebedürftigkeit eintrete.
Durch Bescheid vom 10. Juli 2007 lehnte die Beklagte - zugleich im Namen der Pflegekasse - die Feststellung der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V und § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 SGB XI ab. Der Kläger sei nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG verpflichtet dafür zu sorgen, dass der Lebensunterhalt einschließlich eines ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel sichergestellt sei. Demgemäß trete die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht ein.
Der Kläger erhob Widerspruch. Für die Erteilung eines Aufenthaltstitels sei in der Regel vorausgesetzt, dass die Passpflicht erfüllt und der Lebensunterhalt gesichert sei. Von einem erforderlichen ausreichenden Krankenversicherungsschutz sei nicht die Rede. Der Lebensunterhalt sei durch die bezogenen Renten gesichert.
Der Widerspruchsausschuss der Beklagten erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2008. Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz seien, würden von § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nur erfasst, wenn für die Erteilung des Aufenthaltstitels keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG bestehe. Letztere Vorschrift setze u.a. voraus, dass der Lebensunterhalt gesichert sei. Die hier streitige Versicherungspflicht trete nicht ein, wenn der Ausländer verpflichtet sei dafür zu sorgen, dass der Lebensunterhalt einschließlich eines ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel sichergestellt sei. Dies sei beim Kläger nicht der Fall, so dass die Voraussetzungen des § 5 Abs. 11 SGB V nicht erfüllt seien. Im Übrigen beziehe dieser auch eine türkische Rente, aufgrund deren Krankenversicherung in Betracht komme.
Mit der am 22. Februar 2008 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung stellte er zunächst klar, eine Krankenversicherung aus türkischem Recht bestehe für ihn nicht. Bei seinem Aufenthaltstitel bestehe keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts. Ein weiterer Ausschlussgrund nach § 5 Abs. 8a SGB V existiere nicht. Allerdings sei er auf die Hilfe bei Krankheit durch die Beigeladene dringend angewiesen, da er wegen chronischer Erkrankungen laufend behandlungsbedürftig sei.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Die sich aus § 5 Abs. 11 SGB V ergebende Voraussetzung, dass der Lebensunterhalt gesichert sei, werde vom Kläger nicht erfüllt. Ausnahmen griffen nicht ein. Mehrere Sozialgerichte hätten bereits in gleichartigen Fällen die Auffassung vertreten, dass Leistungen der Hilfe bei Krankheit nach dem SGB XII die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V verdrängten. Leistungen nach § 264 SGB V seien vorrangig. Richtig sei, dass der Ausschluss des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V der Subsidiarität der Sozialhilfe widerspreche; ob diese Subsidiarität jedoch überhaupt durchgängig realisiert werden sollte, sei jedoch zweifelhaft. Die hier streitige Vorschrift sei so konzipiert, dass sie nur eingreife, wenn alle anderen Sicherungen, also auch die Sozialhilfe ausfielen. Nicht nachvollziehbar sei, weshalb bei der bekannten Hilfebedürftigkeit des Klägers ihm zustehende Leistungen, z.B. der Grundsicherung im Alter, nicht zur Verfügung gestellt würden. Im Übrigen würde die begehrte Versicherungspflicht die rechtliche oder wirtschaftliche Stellung des Klägers nicht verbessern, sodass sein Rechtsschutzbedürfnis zweifelhaft sei.
Die Beigeladene (Beiladungsbeschluss des SG vom 11. April 2008) vertrat die Auffassung, da lediglich Leistungen der Hilfe bei Krankheit bezogen würden, liege kein Ausschlussgrund für § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V vor. Die Niederlassungserlaubnis nach dem AufenthG sei ohne Auflagen unbefristet und unbeschränkt erteilt worden, sodass keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhaltes bestehe.
Durch Urteil vom 16. September 2008 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung legte es dar, das Rechtsschutzbedürfnis fehle nicht, nachdem das Recht der Krankenversicherung gegenüber dem Sozialhilferecht durchaus Vergünstigungen enthalte. Der Gesetzgeber habe jedoch die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis davon abhängig gemacht, dass der Lebensunterhalt gesichert sei. Eine Ausnahme hiervon greife nicht ein. Auf den langjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet komme es nicht an. Ob die Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts bestehe, sei für den konkreten streitigen Zeitraum zu prüfen. Auf den Zeitpunkt der Erteilung des Aufenthaltstitels komme es nicht an. Zur Sicherung des Lebensunterhalts gehöre auch die Sicherstellung der eigenen Krankenversicherung. Auf die Frage, ob der Kläger im Hinblick auf den tatsächlichen Bezug von Leistungen der Hilfe bei Krankheit von § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ausgeschlossen sei, komme es letztlich nicht an.
Gegen das ihm am 20. September 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15. Oktober 2008 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er nunmehr vor, für ihn gelte der Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation vom 19. September 1980 (ARB 1/80). Aus diesem Beschluss ergebe sich automatisch sein Aufenthaltsrecht. Eine Aufenthaltserlaubnis habe nur deklaratorischen Charakter. Demgemäß sei das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel und eines Krankenversicherungsschutzes nicht Voraussetzung. Damit erfülle er die Voraussetzungen des § 5 Abs. 11 SGB V und werde von der Versicherungspflicht nach Abs. 1 Nr. 13 der Vorschrift erfasst. Ferner sei dabei zu verbleiben, dass der Anspruch auf Hilfe bei Krankheit nach dem SGB XII nicht vorrangig vor der hier streitigen Vorschrift sein könne. Andernfalls hätte es der Ausnahmeregelung des § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V, die nicht krankenversicherte Empfänger von Leistungen nach dem SGB XII von der Versicherungspflicht ausschließe, nicht mehr bedurft.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. September 2008 aufzuheben und unter Aufhebung des Bescheids vom 10. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Januar 2008 festzustellen, dass er seit 01. April 2007 pflichtversichertes Mitglied der Beklagten ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verbleibt dabei, dass für den Kläger eine Verpflichtung zur Sicherung des vollständigen Lebensunterhalts bestehe. Der Beschluss ARB 1/80 gelte nur für Arbeitnehmer, was der Kläger seit Jahren nicht mehr sei. Auf Bezieher von Altersrente erstrecke sich der Beschluss nicht. Unerheblich sei, dass der Aufenthaltstitel lediglich deklaratorischen Charakter habe. Das Europäische Fürsorgeabkommen vom 11. Dezember 1953 begründe nur eine sozialhilferechtliche Gleichstellung und lasse sich für den hier streitigen Anspruch nicht heranziehen.
Die Beigeladene beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. September 2008 aufzuheben und unter Aufhebung des Bescheids vom 10. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Januar 2008 festzustellen, dass der Kläger seit 01. April 2007 pflichtversichertes Mitglied der Beklagten ist.
Sie schließt sich dem Vorbringen des Klägers an und vertritt die Auffassung, der ARB 1/80 werde durch das Ausscheiden aus dem Arbeitsleben nicht unanwendbar. Für die hieraus abzuleitenden aufenthaltsrechtlichen Ansprüche sei das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel und ausreichenden Krankenversicherungsschutzes nicht Voraussetzung. Das Europäische Fürsorgeabkommen sei auch auf türkische Staatsangehörige anwendbar.
Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil des SG vom 16. September 2008 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat im Bescheid vom 10. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Januar 2008 zutreffend festgestellt, dass der Kläger seit 01. April 2007 nicht pflichtversichertes Mitglied bei ihr ist.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Versicherungspflicht und Mitgliedschaft ab 01. April 2007 ist allein § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB V, angefügt durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG -) vom 26. März 2007, BGBl. I S. 378. Hiernach sind versicherungspflichtig Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und zuletzt gesetzlich krankenversichert waren. Diese Voraussetzungen sind schon deshalb nicht gegeben, weil der Kläger von der Beigeladenen Leistungen nach dem Fünften Kapitel des SGB XII erhält und damit einen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hat.
Gemäß der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 16/3100, S. 94) begründet § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V eine Versicherungspflicht für Personen, die keinen Anspruch auf eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall haben und die zuletzt gesetzlich krankenversichert gewesen sind. Des Weiteren wird (durch den im vorliegenden Fall nicht einschlägigen Buchst. b) eine Versicherungspflicht für Personen ohne Absicherung im Krankheitsfall begründet, die bisher nicht in Deutschland gesetzlich oder privat krankenversichert waren und dem Grunde nach der gesetzlichen Krankenversicherung zuzuordnen sind. Hierdurch wird für diesen Personenkreis das politische Ziel umgesetzt, dass in Deutschland niemand ohne Schutz im Krankheitsfall sein soll. Gemäß dieser Begründung sind "ohne Anspruch auf anderweitige Absicherung im Krankheitsfall" insbesondere die nicht gesetzlich oder privat krankenversicherten Personen, die keinen Anspruch auf Hilfe bei Krankheit nach § 40 des Achten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VIII) - Jugendhilfe -, § 48 SGB XII - Sozialhilfe - oder § 264 SGB V - Übernahme der Krankenbehandlung für nicht Versicherungspflichtige gegen Kostenerstattung -, auf Gesundheitsfürsorge nach dem Strafvollzugsgesetz oder auf sonstige Gesundheitsfürsorge haben, die nicht beihilfeberechtigt sind, keinem Sondersystem wie der freien Heilfürsorge angehören und auch keinen Anspruch auf Krankenbehandlung nach dem Bundesversorgungsgesetz, dem Bundesentschädigungsgesetz oder vergleichbaren gesetzlichen Regelungen haben.
Der Kläger war bei der Beklagten zuletzt bis 07. Dezember 1984, dem Ende seiner letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung gesetzlich krankenversichert. Anschließend bezog er Leistungen der Sozialhilfe. Auf Hilfe zum Lebensunterhalt (seit Inkrafttreten des SGB XII am 01. Januar 2005 §§ 27 ff. SGB XII) ist er seit Beginn der Regelaltersrente am 01. August 2000 nicht mehr angewiesen. Er erhält jedoch weiterhin Hilfe bei Krankheit ( § 48 SGB XII) in Form der ihm von der Beigeladenen erteilten Behandlungsscheine, die ihm Zugang zur ärztlichen und zahnärztlichen Behandlung eröffnen. Der Anspruch hierauf und der tatsächliche Bezug dieser Leistungen wurde und wird von der Beigeladenen nicht in Frage gestellt. Deren Interesse ist es im vorliegenden Rechtsstreit lediglich, die Pflicht zu tatsächlichen Krankenhilfeleistungen für den im Rentenalter befindlichen Kläger gegen die finanziell günstigere bloße Beitragsverpflichtung einzutauschen. Dies ist jedoch aus den im Folgenden darzulegenden Gründen verwehrt.
Bereits die zitierte Gesetzesbegründung (vgl. nochmals BT-Drucksache 16/3100 S. 94) nennt zwanglos den Anspruch auf Hilfe bei Krankheit nach § 48 SGB XII als Ausschlussgrund für die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Dies wird auch in der Rechtsprechung zwanglos so verstanden (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 13. Juni 2007 - B 12 KR 29/06 R - SozR 4-2500 § 9 Nr. 1 Rdnr. 20 im Sinne eines "Obiter dictum" zur am 01. April 2007 in Kraft getretenen Vorschrift). Weiter ist entschieden worden (vgl. BSG, Urteil vom 27. Januar 2010 - B 12 KR 2/09 R - in Juris, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Rdnr. 14), eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bestehe für die Dauer des Bezugs von Leistungen (dort) nach dem Recht der Jugendhilfe (SGB VIII) nicht, weil mit Ansprüchen auf Krankenhilfe eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall bestehe. Als die Versicherungspflicht ausschließende anderweitige Absicherung reiche eine dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechende Absicherung aus, der Begriff der anderweitigen Absicherung fordere keine "Versicherung", sondern eben lediglich eine Absicherung. Hierzu zählt neben den oben aus der Gesetzesbegründung zitierten gesetzlichen Ansprüchen auch die Hilfe bei Krankheit nach § 48 SGB XII.
Die vom Gesetzgeber beabsichtigte Subsidiarität der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V gegenüber allen anderen Absicherungen im Krankheitsfall sichert die Bestimmung des § 5 Abs. 8a Satz 1 SGB V. Danach ist nach Absatz 1 Nr. 13 nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 SGB V versichert ist. Satz 1 gilt entsprechend für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG). Mit der Regelung in Satz 2 soll erreicht werden, dass der Sozialhilfeträger weiterhin für die Krankenbehandlung der Empfänger von Leistungen nach dem "Dritten bis Neunten Kapitel" des SGB XII oder von laufenden Leistungen nach § 2 AsylbLG zuständig bleibt (BT-Drucks. 16/3100, S. 94). Demgemäß nennt der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung § 264 SGB V als eine solche Absicherung. Zwar sah die im ursprünglichen Gesetzesentwurf genannte Fassung des § 5 Abs. 8a SGB V den Ausschluss der Versicherungspflicht für Empfänger von Leistungen nach dem Dritten bis Neunten Kapitel des SGB XII vor. Es ist aber fraglich, ob der Gesetzgeber allein auf Grund der im Laufe der Beratung gemachten Einschränkung auf Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII, die dann auch beschlossen wurde, etwas an der Subsidiarität der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, die nur diejenigen erfassen soll, die überhaupt keinen Versicherungsschutz im Krankheitsfall haben, ändern wollte. Denn zu der insoweit gegenüber dem ursprünglichen Gesetzesentwurf vorgenommenen Änderung führte der Bericht des Ausschusses für Gesundheit aus, (§ 5 Abs. 8a) Satz 2 präzisiere die Regelung zum Vorrang der Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers, um sie für diesen leichter umsetzbar zu machen (BT-Drucks. 16/4247, S. 29). Eine Änderung dieser bisherigen Kostentragungspflicht und die finanzielle Belastung durch die mit Einführung der Versicherungspflicht verbundene Beitragspflicht hätte einer eigenständigen Regelung bedurft und war auch nicht beabsichtigt (vgl. nochmals BSG, wie zitiert, Rdnr. 17).
Diese Auffassung wird in der Kommentarliteratur uneingeschränkt geteilt (vgl. etwa Peters in Kasseler Kommentar, § 5 SGB V Rdnrn. 163, 164, 179, Stand April 2008; Just in Becker/Kingreen, SGB V, 2. Aufl. 2010, § 5 Rdnr. 62).
Der anderslautenden Rechtsauffassung des Klägers und der Beigeladenen, die im Kern auf die Systemwidrigkeit zielt, dass mit einem Vorrang der Leistungen der Sozialhilfe durch § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V deren Subsidiarität durchbrochen werde, kann daher nicht gefolgt werden.
Die somit konsequent durchzuhaltende Subsidiarität der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V führt dazu, dass es auf die Sondervorschrift des § 5 Abs. 10 (vor 01. Januar 2008: Abs. 11) SGB V nicht ankommt. Nach dieser von den Beteiligten und auch vom SG vorrangig diskutierten Bestimmung werden Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, von der Versicherungspflicht nach Abs. 1 Nr. 13 erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem AufenthG besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG besteht. Dies ist systematisch eine rechtshindernde Ausnahmebestimmung dahingehend, dass Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V selbst dann nicht entsteht, wenn es an einer anderweitigen Absicherung - wie hier der Hilfe bei Krankheit nach § 48 SGB XII - fehlt. Nach der Gesetzesbegründung (vgl. nochmals BT-Drucks. 16/3100 S. 95) ist ein Versicherungsschutz nicht geboten in den Fällen, in denen die Ausländer gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG verpflichtet sind dafür zu sorgen, dass ihr Lebensunterhalt einschließlich eines ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel sichergestellt ist. Diese Ausländer verfügen insoweit über eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall, welche wiederum die Versicherungspflicht hindert. Eine andere Sichtweise würde dazu führen, dass Nicht-EU-Ausländer gegenüber deutschen Staatsbürgern dahingehend privilegiert würden, dass sie grundsätzlich unter Versicherungspflicht stünden, deutsche Staatsbürger dagegen, wenn sie nicht schon bei Eintritt der Sozialhilfebedürftigkeit einen Krankenversicherungsschutz haben, in solchen Fällen auf den Krankenhilfeanspruch nach dem SGB XII verwiesen würden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. November 2009 - L 5 KR 5144/08 - in Juris; Revision beim BSG anhängig unter B 12 KR 25/09 R). Die Vorschrift des § 5 Abs. 10 SGB V dient dazu, eine für die gesetzlichen Krankenkassen möglichst leicht handhabbare Feststellung der Voraussetzungen zu erhalten und Missbrauch weitestgehend auszuschließen (vgl. nochmals Gesetzesbegründung S. 95). Dies ist im Fall des Klägers, dem unbestritten Anspruch auf Hilfe bei Krankheit nach § 48 SGB XII zusteht, nicht einschlägig. Der Assoziationsratsbeschluss ARB 1/80 ist für die hier zu entscheidenden Fragen ebenso wenig erheblich wie das Europäische Fürsorgeabkommen.
Da Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht besteht, tritt auch keine Versicherungspflicht nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 SGB XI ein. Der Senat lässt dahingestellt, ob dies Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist. Denn der Kläger hat sowohl im Klageverfahren als auch im Berufungsverfahren nur die Feststellung der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V begehrt, nicht aber auch die Versicherungspflicht nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 SGB XI, die die Beklagte im angefochtenen Bescheid vom 10. Juli 2007 im Namen der bei ihr errichteten Pflegekasse abgelehnt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
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