Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KR 4144/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 5963/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 23. November 2009 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Rehabilitierung für das Unrecht, das ihm seiner Meinung nach widerfahren ist.
Der 1926 geborene Kläger ist ua der Ansicht, der für sein Haus zuständige Bezirksschornsteinfegermeister habe am 23. Juni 1992 rechtswidrig ein Gespräch in seinem Haus aufgezeichnet. Nach Angaben des Klägers wurde das von ihm gegen den Bezirksschornsteinfegermeister angestrengte Strafverfahren gemäß § 153 der Strafprozessordnung eingestellt. Nachdem der Kläger dem Bezirksschornsteinfegermeister am 16. April 2003 den Zutritt zu seinem Haus verweigerte, verschaffte sich dieser den Zutritt unter Zuhilfenahme der Polizei. Wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte wurde der Kläger zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 30 EUR verurteilt. Da die Geldstrafe nicht bezahlt wurde, verbüßte der Kläger vom 25. Februar 2005 bis 21. März 2005 eine Ersatzfreiheitsstrafe.
Der Kläger leidet an Diabetes mellitus Typ II mit Polyneuropathie beider Beine, einem chronisch degenerativen Wirbelsäulensyndrom, einer chronisch rezidivierenden Periarthropathia humeroscapularis beidseits, einer rheumatoiden Arthritis mit polyarthrotischen Gelenkveränderungen, einer Arthrose des linken oberen Sprunggelenkes nach Granatsplitterverletzung, einem Zustand nach Gelenkersatz beider Kniegelenke, einer Hypertonie und einer Hyperurikämie. Beim Kläger ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 und das Merkzeichen G anerkannt. Einige seiner Gesundheitsstörungen führt der Kläger auf den Polizeieinsatz am 16. April 2003 zurück.
Der Kläger ist als Rentner versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten. Am 6. Mai 2008 verordnete der Allgemeinarzt Dr. B. dem Kläger zum Erhalt der Selbständigkeit und zur Verbesserung der Beweglichkeit eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme.
Mit Bescheid vom 20. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2008 lehnte die Beklagte, gestützt auf die von ihr eingeholten Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) Baden-Württemberg, den Antrag ab. Die Weiterführung der ambulanten Behandlung sei ausreichend und vorrangig. Nach den Unterlagen würden sich keine Anhaltspunkte ergeben, dass die Therapieoptionen vor Ort erschöpft seien und das Rehabilitationsziel nur mit einer stationären Rehabilitationsmaßnahme erreicht werden könne. Konkrete ambulante Leistungen und spezielle Heilmittelkombinationen seien nicht nachgewiesen worden.
Mit der dagegen am 26. November 2008 vor dem Sozialgericht Ulm (SG) erhobenen Klage hat der Kläger ausgeführt, er habe die stationäre Rehabilitationsmaßnahme wegen der durch den Polizeieinsatz am 16. April 2003 verursachten Verletzungen und der daraus resultierenden Spätfolgen beantragt. Er hat Auszüge des Schriftverkehrs mit dem Landgericht Ulm wegen des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und der seiner Meinung nach zu Unrecht erlittenen Haftstrafe, Auszüge der Korrespondenz mit dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg und ärztliche Unterlagen aus den Jahren 2002 bis 2004 vorgelegt.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung des Befundberichts des Dr. B. vom 26. Dezember 2008, der zum Ausdruck gebracht hat, dass bei dem multimorbiden Kläger eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme ein wichtiger Schritt wäre, um Pflegebedürftigkeit zu vermeiden und die Autonomie und Selbständigkeit des Klägers zu erhalten.
Nachdem der Facharzt für Sozialmedizin R., MDK Baden-Württemberg, im sozialmedizinischen Gutachten vom 23. März 2009 darauf hingewiesen hatte, dass eine geriatrische stationäre Abklärung notwendig sein könne und nicht auszuschließen sei, dass eine geriatrische Rehabilitationsmaßnahme sinnvoll sei und zur angesprochenen Erhaltung zur Selbstversorgungsfähigkeit beitrage, hat die Beklagte nach der von ihr vorgelegten Aktennotiz dem Kläger in einem persönlichen Gespräch am 30. Juni 2009 die Bewilligung einer stationären geriatrischen Rehabilitationsmaßnahme angeboten und ein Schreiben zur Klagerücknahme zur Unterschrift vorgelegt. Der Kläger hat nach der Aktennotiz darauf hingewiesen, dass er die stationäre geriatrische Rehabilitation annehme, aber die Klage nicht zurücknehme. Er werde keine Unterschrift leisten, da man seine Unterschrift schon mehrfach missbraucht habe. Er wolle unbedingt Gerechtigkeit. Die Beklagte hat noch die beiden Entwürfe zur Bewilligung einer dreiwöchigen stationären geriatrischen Maßnahme, einmal in einer Einrichtung in I. und einmal in einer Einrichtung in E., jeweils mit dem Hinweis, dass eine Zuzahlung in Höhe von 220 EUR an die Kureinrichtung zu entrichten sei, vorgelegt.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 23. November 2009 den Bescheid der Beklagten vom 20. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2008 abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine geriatrische Rehabilitation zu verschaffen. Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei bereit, dem Kläger eine geriatrische Rehabilitationsmaßnahme zur Verfügung zu stellen, habe aber zu Recht die Gewährung einer stationären medizinischen Rehabilitation abgelehnt.
Hiergegen hat der Kläger am 18. Dezember 2009 beim SG Berufung eingelegt und ua darauf hingewiesen, dass sich die Beklagte mit ihm wegen der Kur telefonisch in Verbindung gesetzt habe. Sie seien sich jedoch nicht einig geworden. Die Beklagte solle ihm schriftlich geben, was sie vorhabe. Sie sehe nicht ein, dass sie verloren habe. Wenn sie eine geriatrische Maßnahme bewillige, aber diese mit Forderungen belege, sei es doch keine Maßnahme. Er stimme nicht zu, dass man ihm eine Reha genehmige mit der Forderung, die Klage zurückzunehmen und auch verschweige, dass er 500 EUR zahlen solle. Ihm gehe es nicht um Macht, sondern um Gerechtigkeit. Mit mehreren Schreiben hat der Kläger nochmals auf die Vorfälle mit dem Bezirksschornsteinfegermeister und der Polizei hingewiesen. Beigefügt hat der Kläger wiederum Auszüge seiner Korrespondenz mit verschiedenen Gerichten und Behörden, ua dem Bundesverfassungsgericht und dem Petitionsausschuss des Landtages von Baden-Württemberg.
Die Berichterstatterin hat am 14. Mai 2010 mit den Beteiligten in U. einen Erörterungstermin durchgeführt. Der Kläger hat auf die Frage, warum er Berufung eingelegt hat und was das Ziel der Berufung sei, die Vorfälle mit dem Bezirksschornsteinfegermeister und der Polizei erklärt und dazu einen Aktenordner mit Unterlagen vorgelegt. Auf Frage der Berichterstatterin, was diese Vorfälle mit der Krankenkasse und dem Rechtsstreit gegenüber der Krankenkasse zu tun haben, hat der Kläger erklärt: "Eigentlich nichts." Auf nochmalige Frage hat der Kläger erklärt: "Ich möchte eine Rehabilitation vom Staat. Ich möchte rehabilitiert werden für das Unrecht, das mir geschehen ist." Die Berichterstatterin hat darauf hingewiesen, dass dies in vorliegendem Rechtsstreit nicht geklärt werden kann. Der Kläger hat dann darauf verwiesen, dass ihm dies auch schon vor dem Amtsgericht und dem Verwaltungsgericht gesagt worden sei. Die Beklagte hat eine Aufnahme zur geriatrischen Rehabilitation in der Einrichtung in E. am 2. Juni 2010 und in der Einrichtung in I. am 19. Mai 2010 angeboten. Der Kläger hat zunächst erklärt, in die Einrichtung in E. gehen zu wollen, allerdings den Rechtsstreit nicht für erledigt erklärt und zur Begründung angeführt, er möchte Gerechtigkeit. Auf den Hinweis der Berichterstatterin, dass dann die Berufung als unzulässig zu verwerfen sein werde, hat der Kläger erklärt: "Wenn ich keine Rehabilitation bekomme, möchte ich auch keine Kur." Auf Frage der Berichterstatterin, was der Kläger konkret von der Krankenkasse noch begehrt, hat der Kläger erklärt: "Nichts mehr." Auf den Hinweis, dass der Kläger damit seine Berufung für erledigt erklärt hat, hat der Kläger erklärt: "Nein, das habe ich nicht." Die Berichterstatterin hat schließlich vorgeschlagen, Prozesserklärungen dahingehend abzugeben, dass die Beklagte dem Kläger die Aufnahme zur geriatrischen Rehabilitation in E. am 2. Juni 2010 verschafft, der Kläger damit einverstanden ist und die Beteiligten sich darüber einig sind, dass das Verfahren erledigt ist. Mit diesen Prozesserklärungen hat sich der Kläger nicht einverstanden erklärt.
Nach dem Erörterungstermin hat der Kläger mit Schreiben vom 28. Mai 2010 und 26. Juli 2010 erklärt, der Sachverhalt in der Niederschrift stimme nicht mit den Tatsachen überein. Im Folgenden hat der Kläger nochmals versucht darzulegen, dass und welche Straftat der Bezirksschornsteinfegermeister begangen habe und warum er, der Kläger, zu Unrecht vom Amtsgericht, Landgericht und Verwaltungsgericht verurteilt worden sei. Er erhebe Widerspruch gegen die Behauptung, das Verfahren sei erledigt und der Gerichtsbescheid des SG habe Bestand. Die 500 EUR, die man bei der Kur zahlen solle, würden verschwiegen. Egal, wie die Entscheidung ausfalle, werde er weiter für Gerechtigkeit kämpfen. Das SG habe die Beklagte zu Recht verurteilt, ihm eine Kur zu verschaffen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 23. November 2009 abzuändern, den Bescheid der Beklagten vom 20. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2008 aufzuheben und ihn für das Unrecht, das ihm widerfahren ist, zu rehabilitieren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat ausgeführt, nicht nachvollziehbar sei, weshalb der Kläger Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG eingelegt hat. Was der Kläger mit einer Zahlung von 500 EUR meine, sei ihr nicht bekannt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Abs 1, 151 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist unzulässig, da für sie kein Rechtsschutzinteresse besteht.
Eine Klage und ein Rechtsmittel sind nur dann zulässig, wenn ein Rechtsschutzinteresse gegeben ist. Für ein Rechtsmittel ergibt sich dies im Allgemeinen aus der formellen Beschwer des Rechtsmittelklägers, der mit seinem Begehren in der vorangegangenen Instanz unterlegen ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, Vor § 143 Rdnr 5 mwN). Mit dem Erfordernis der Beschwer ist in aller Regel gewährleistet, dass das Rechtsmittel nicht eingelegt wird, ohne dass ein sachliches Bedürfnis des Rechtsmittelklägers hieran besteht (BSG, Urteil vom 8. Mai 2007, B 2 U 3/06 R, SozR 4-2700 § 136 Nr 3 mwN). Jedoch gilt auch für Rechtsmittel der allgemeine Grundsatz, dass niemand die Gerichte grundlos oder für unlautere Zwecke in Anspruch nehmen darf. Deshalb kann in Ausnahmefällen trotz Vorliegens einer Beschwer das Rechtsschutzinteresse fehlen, wenn der Rechtsweg unnötig, zweckwidrig oder missbräuchlich beschritten wird (BSG aaO mwN; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO mwN). Unnütz und deshalb unzulässig ist ein Rechtsmittel insbesondere dann, wenn durch die angefochtene Entscheidung keine Rechte, rechtlichen Interessen oder sonstigen schutzwürdigen Belange des Rechtsmittelführers betroffen sind und die weitere Rechtsverfolgung ihm deshalb offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorurteile bringen kann.
Ein solches das Rechtsschutzinteresse ausschließendes, zweckwidriges Prozessieren des Klägers liegt hier vor. Das SG hat der Klage des Klägers teilweise stattgegeben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine geriatrische Rehabilitationsmaßnahme zu verschaffen. Die Beklagte ist zur Ausführung dieses Urteils (unter Beachtung der gesetzlichen Voraussetzungen, ua der Verpflichtung des Klägers, gemäß §§ 61 Satz 2, 62 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch Zuzahlungen zu stationären Maßnahmen in Höhe von 10 EUR je Kalendertag zu leisten, soweit die Belastungsgrenze nicht überschritten ist) auch bereit. Mit seiner Berufung begehrt der Kläger nicht etwa eine Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation statt der vom SG zugesprochenen Maßnahme zur geriatrischen Rehabilitation, sondern Rehabilitierung für das Unrecht, das ihm seiner Meinung nach im Zusammenhang mit den Vorfällen mit dem Bezirksschornsteinfegermeister und der Polizei widerfahren ist. Dabei ist dem Kläger nach den Angaben im Erörterungstermin durchaus bewusst, dass sich dieses Begehren über einen Rechtsstreit gegen die Beklagte nicht befriedigen lässt. Denn auf die Frage der Berichterstatterin, was der Vorfall mit dem Bezirksschornsteinfegermeister und dem Polizeieinsatz mit dem Rechtsstreit gegenüber der Beklagten zu tun hat, hat der Kläger in Erörterungstermin selbst erklärt: "Eigentlich nichts". Die Erklärungen des Klägers im Erörterungstermin ("Ich möchte rehabilitiert werden für das Unrecht, das mir geschehen ist." "Ich möchte Gerechtigkeit." "Wenn ich keine Rehabilitation bekomme, möchte ich auch keine Kur.") und in den Schriftsätzen ("Egal wie Ihre Entscheidung ausfällt, Ich werde weiter kämpfen für Gerechtigkeit.") zeigen, dass es dem Kläger letztlich überhaupt nicht darum geht, gegenüber der Beklagten eine durchsetzbare Rechtsposition zu erhalten. Das Prozessieren dient vielmehr allein dazu, allgemein und losgelöst von jeglichen verfahrensrechtlichen oder prozessualen Vorgaben seine Unzufriedenheit mit dem Verhalten des Bezirksschornsteinfegermeisters, der Polizei, weiterer Behörden und der bislang involvierten Gerichte zum Ausdruck zu bringen und im Allgemeinen (nicht aber durch die oder von der Beklagten) rehabilitiert zu werden für das Unrecht, das ihm seiner Meinung nach geschehen ist. Dies jedoch genügt für die Bejahung eines Rechtsschutzinteresses nicht. Denn eine Aufhebung der von ihm angefochtenen Entscheidung, des Gerichtsbescheides des SG, kann ihm diesbezüglich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen. Deshalb ist die Berufung unzulässig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen gemäß § 160 Abs 2 SGG nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Rehabilitierung für das Unrecht, das ihm seiner Meinung nach widerfahren ist.
Der 1926 geborene Kläger ist ua der Ansicht, der für sein Haus zuständige Bezirksschornsteinfegermeister habe am 23. Juni 1992 rechtswidrig ein Gespräch in seinem Haus aufgezeichnet. Nach Angaben des Klägers wurde das von ihm gegen den Bezirksschornsteinfegermeister angestrengte Strafverfahren gemäß § 153 der Strafprozessordnung eingestellt. Nachdem der Kläger dem Bezirksschornsteinfegermeister am 16. April 2003 den Zutritt zu seinem Haus verweigerte, verschaffte sich dieser den Zutritt unter Zuhilfenahme der Polizei. Wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte wurde der Kläger zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 30 EUR verurteilt. Da die Geldstrafe nicht bezahlt wurde, verbüßte der Kläger vom 25. Februar 2005 bis 21. März 2005 eine Ersatzfreiheitsstrafe.
Der Kläger leidet an Diabetes mellitus Typ II mit Polyneuropathie beider Beine, einem chronisch degenerativen Wirbelsäulensyndrom, einer chronisch rezidivierenden Periarthropathia humeroscapularis beidseits, einer rheumatoiden Arthritis mit polyarthrotischen Gelenkveränderungen, einer Arthrose des linken oberen Sprunggelenkes nach Granatsplitterverletzung, einem Zustand nach Gelenkersatz beider Kniegelenke, einer Hypertonie und einer Hyperurikämie. Beim Kläger ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 und das Merkzeichen G anerkannt. Einige seiner Gesundheitsstörungen führt der Kläger auf den Polizeieinsatz am 16. April 2003 zurück.
Der Kläger ist als Rentner versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten. Am 6. Mai 2008 verordnete der Allgemeinarzt Dr. B. dem Kläger zum Erhalt der Selbständigkeit und zur Verbesserung der Beweglichkeit eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme.
Mit Bescheid vom 20. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2008 lehnte die Beklagte, gestützt auf die von ihr eingeholten Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) Baden-Württemberg, den Antrag ab. Die Weiterführung der ambulanten Behandlung sei ausreichend und vorrangig. Nach den Unterlagen würden sich keine Anhaltspunkte ergeben, dass die Therapieoptionen vor Ort erschöpft seien und das Rehabilitationsziel nur mit einer stationären Rehabilitationsmaßnahme erreicht werden könne. Konkrete ambulante Leistungen und spezielle Heilmittelkombinationen seien nicht nachgewiesen worden.
Mit der dagegen am 26. November 2008 vor dem Sozialgericht Ulm (SG) erhobenen Klage hat der Kläger ausgeführt, er habe die stationäre Rehabilitationsmaßnahme wegen der durch den Polizeieinsatz am 16. April 2003 verursachten Verletzungen und der daraus resultierenden Spätfolgen beantragt. Er hat Auszüge des Schriftverkehrs mit dem Landgericht Ulm wegen des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und der seiner Meinung nach zu Unrecht erlittenen Haftstrafe, Auszüge der Korrespondenz mit dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg und ärztliche Unterlagen aus den Jahren 2002 bis 2004 vorgelegt.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung des Befundberichts des Dr. B. vom 26. Dezember 2008, der zum Ausdruck gebracht hat, dass bei dem multimorbiden Kläger eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme ein wichtiger Schritt wäre, um Pflegebedürftigkeit zu vermeiden und die Autonomie und Selbständigkeit des Klägers zu erhalten.
Nachdem der Facharzt für Sozialmedizin R., MDK Baden-Württemberg, im sozialmedizinischen Gutachten vom 23. März 2009 darauf hingewiesen hatte, dass eine geriatrische stationäre Abklärung notwendig sein könne und nicht auszuschließen sei, dass eine geriatrische Rehabilitationsmaßnahme sinnvoll sei und zur angesprochenen Erhaltung zur Selbstversorgungsfähigkeit beitrage, hat die Beklagte nach der von ihr vorgelegten Aktennotiz dem Kläger in einem persönlichen Gespräch am 30. Juni 2009 die Bewilligung einer stationären geriatrischen Rehabilitationsmaßnahme angeboten und ein Schreiben zur Klagerücknahme zur Unterschrift vorgelegt. Der Kläger hat nach der Aktennotiz darauf hingewiesen, dass er die stationäre geriatrische Rehabilitation annehme, aber die Klage nicht zurücknehme. Er werde keine Unterschrift leisten, da man seine Unterschrift schon mehrfach missbraucht habe. Er wolle unbedingt Gerechtigkeit. Die Beklagte hat noch die beiden Entwürfe zur Bewilligung einer dreiwöchigen stationären geriatrischen Maßnahme, einmal in einer Einrichtung in I. und einmal in einer Einrichtung in E., jeweils mit dem Hinweis, dass eine Zuzahlung in Höhe von 220 EUR an die Kureinrichtung zu entrichten sei, vorgelegt.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 23. November 2009 den Bescheid der Beklagten vom 20. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2008 abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine geriatrische Rehabilitation zu verschaffen. Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei bereit, dem Kläger eine geriatrische Rehabilitationsmaßnahme zur Verfügung zu stellen, habe aber zu Recht die Gewährung einer stationären medizinischen Rehabilitation abgelehnt.
Hiergegen hat der Kläger am 18. Dezember 2009 beim SG Berufung eingelegt und ua darauf hingewiesen, dass sich die Beklagte mit ihm wegen der Kur telefonisch in Verbindung gesetzt habe. Sie seien sich jedoch nicht einig geworden. Die Beklagte solle ihm schriftlich geben, was sie vorhabe. Sie sehe nicht ein, dass sie verloren habe. Wenn sie eine geriatrische Maßnahme bewillige, aber diese mit Forderungen belege, sei es doch keine Maßnahme. Er stimme nicht zu, dass man ihm eine Reha genehmige mit der Forderung, die Klage zurückzunehmen und auch verschweige, dass er 500 EUR zahlen solle. Ihm gehe es nicht um Macht, sondern um Gerechtigkeit. Mit mehreren Schreiben hat der Kläger nochmals auf die Vorfälle mit dem Bezirksschornsteinfegermeister und der Polizei hingewiesen. Beigefügt hat der Kläger wiederum Auszüge seiner Korrespondenz mit verschiedenen Gerichten und Behörden, ua dem Bundesverfassungsgericht und dem Petitionsausschuss des Landtages von Baden-Württemberg.
Die Berichterstatterin hat am 14. Mai 2010 mit den Beteiligten in U. einen Erörterungstermin durchgeführt. Der Kläger hat auf die Frage, warum er Berufung eingelegt hat und was das Ziel der Berufung sei, die Vorfälle mit dem Bezirksschornsteinfegermeister und der Polizei erklärt und dazu einen Aktenordner mit Unterlagen vorgelegt. Auf Frage der Berichterstatterin, was diese Vorfälle mit der Krankenkasse und dem Rechtsstreit gegenüber der Krankenkasse zu tun haben, hat der Kläger erklärt: "Eigentlich nichts." Auf nochmalige Frage hat der Kläger erklärt: "Ich möchte eine Rehabilitation vom Staat. Ich möchte rehabilitiert werden für das Unrecht, das mir geschehen ist." Die Berichterstatterin hat darauf hingewiesen, dass dies in vorliegendem Rechtsstreit nicht geklärt werden kann. Der Kläger hat dann darauf verwiesen, dass ihm dies auch schon vor dem Amtsgericht und dem Verwaltungsgericht gesagt worden sei. Die Beklagte hat eine Aufnahme zur geriatrischen Rehabilitation in der Einrichtung in E. am 2. Juni 2010 und in der Einrichtung in I. am 19. Mai 2010 angeboten. Der Kläger hat zunächst erklärt, in die Einrichtung in E. gehen zu wollen, allerdings den Rechtsstreit nicht für erledigt erklärt und zur Begründung angeführt, er möchte Gerechtigkeit. Auf den Hinweis der Berichterstatterin, dass dann die Berufung als unzulässig zu verwerfen sein werde, hat der Kläger erklärt: "Wenn ich keine Rehabilitation bekomme, möchte ich auch keine Kur." Auf Frage der Berichterstatterin, was der Kläger konkret von der Krankenkasse noch begehrt, hat der Kläger erklärt: "Nichts mehr." Auf den Hinweis, dass der Kläger damit seine Berufung für erledigt erklärt hat, hat der Kläger erklärt: "Nein, das habe ich nicht." Die Berichterstatterin hat schließlich vorgeschlagen, Prozesserklärungen dahingehend abzugeben, dass die Beklagte dem Kläger die Aufnahme zur geriatrischen Rehabilitation in E. am 2. Juni 2010 verschafft, der Kläger damit einverstanden ist und die Beteiligten sich darüber einig sind, dass das Verfahren erledigt ist. Mit diesen Prozesserklärungen hat sich der Kläger nicht einverstanden erklärt.
Nach dem Erörterungstermin hat der Kläger mit Schreiben vom 28. Mai 2010 und 26. Juli 2010 erklärt, der Sachverhalt in der Niederschrift stimme nicht mit den Tatsachen überein. Im Folgenden hat der Kläger nochmals versucht darzulegen, dass und welche Straftat der Bezirksschornsteinfegermeister begangen habe und warum er, der Kläger, zu Unrecht vom Amtsgericht, Landgericht und Verwaltungsgericht verurteilt worden sei. Er erhebe Widerspruch gegen die Behauptung, das Verfahren sei erledigt und der Gerichtsbescheid des SG habe Bestand. Die 500 EUR, die man bei der Kur zahlen solle, würden verschwiegen. Egal, wie die Entscheidung ausfalle, werde er weiter für Gerechtigkeit kämpfen. Das SG habe die Beklagte zu Recht verurteilt, ihm eine Kur zu verschaffen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 23. November 2009 abzuändern, den Bescheid der Beklagten vom 20. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2008 aufzuheben und ihn für das Unrecht, das ihm widerfahren ist, zu rehabilitieren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat ausgeführt, nicht nachvollziehbar sei, weshalb der Kläger Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG eingelegt hat. Was der Kläger mit einer Zahlung von 500 EUR meine, sei ihr nicht bekannt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Abs 1, 151 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist unzulässig, da für sie kein Rechtsschutzinteresse besteht.
Eine Klage und ein Rechtsmittel sind nur dann zulässig, wenn ein Rechtsschutzinteresse gegeben ist. Für ein Rechtsmittel ergibt sich dies im Allgemeinen aus der formellen Beschwer des Rechtsmittelklägers, der mit seinem Begehren in der vorangegangenen Instanz unterlegen ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, Vor § 143 Rdnr 5 mwN). Mit dem Erfordernis der Beschwer ist in aller Regel gewährleistet, dass das Rechtsmittel nicht eingelegt wird, ohne dass ein sachliches Bedürfnis des Rechtsmittelklägers hieran besteht (BSG, Urteil vom 8. Mai 2007, B 2 U 3/06 R, SozR 4-2700 § 136 Nr 3 mwN). Jedoch gilt auch für Rechtsmittel der allgemeine Grundsatz, dass niemand die Gerichte grundlos oder für unlautere Zwecke in Anspruch nehmen darf. Deshalb kann in Ausnahmefällen trotz Vorliegens einer Beschwer das Rechtsschutzinteresse fehlen, wenn der Rechtsweg unnötig, zweckwidrig oder missbräuchlich beschritten wird (BSG aaO mwN; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO mwN). Unnütz und deshalb unzulässig ist ein Rechtsmittel insbesondere dann, wenn durch die angefochtene Entscheidung keine Rechte, rechtlichen Interessen oder sonstigen schutzwürdigen Belange des Rechtsmittelführers betroffen sind und die weitere Rechtsverfolgung ihm deshalb offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorurteile bringen kann.
Ein solches das Rechtsschutzinteresse ausschließendes, zweckwidriges Prozessieren des Klägers liegt hier vor. Das SG hat der Klage des Klägers teilweise stattgegeben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine geriatrische Rehabilitationsmaßnahme zu verschaffen. Die Beklagte ist zur Ausführung dieses Urteils (unter Beachtung der gesetzlichen Voraussetzungen, ua der Verpflichtung des Klägers, gemäß §§ 61 Satz 2, 62 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch Zuzahlungen zu stationären Maßnahmen in Höhe von 10 EUR je Kalendertag zu leisten, soweit die Belastungsgrenze nicht überschritten ist) auch bereit. Mit seiner Berufung begehrt der Kläger nicht etwa eine Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation statt der vom SG zugesprochenen Maßnahme zur geriatrischen Rehabilitation, sondern Rehabilitierung für das Unrecht, das ihm seiner Meinung nach im Zusammenhang mit den Vorfällen mit dem Bezirksschornsteinfegermeister und der Polizei widerfahren ist. Dabei ist dem Kläger nach den Angaben im Erörterungstermin durchaus bewusst, dass sich dieses Begehren über einen Rechtsstreit gegen die Beklagte nicht befriedigen lässt. Denn auf die Frage der Berichterstatterin, was der Vorfall mit dem Bezirksschornsteinfegermeister und dem Polizeieinsatz mit dem Rechtsstreit gegenüber der Beklagten zu tun hat, hat der Kläger in Erörterungstermin selbst erklärt: "Eigentlich nichts". Die Erklärungen des Klägers im Erörterungstermin ("Ich möchte rehabilitiert werden für das Unrecht, das mir geschehen ist." "Ich möchte Gerechtigkeit." "Wenn ich keine Rehabilitation bekomme, möchte ich auch keine Kur.") und in den Schriftsätzen ("Egal wie Ihre Entscheidung ausfällt, Ich werde weiter kämpfen für Gerechtigkeit.") zeigen, dass es dem Kläger letztlich überhaupt nicht darum geht, gegenüber der Beklagten eine durchsetzbare Rechtsposition zu erhalten. Das Prozessieren dient vielmehr allein dazu, allgemein und losgelöst von jeglichen verfahrensrechtlichen oder prozessualen Vorgaben seine Unzufriedenheit mit dem Verhalten des Bezirksschornsteinfegermeisters, der Polizei, weiterer Behörden und der bislang involvierten Gerichte zum Ausdruck zu bringen und im Allgemeinen (nicht aber durch die oder von der Beklagten) rehabilitiert zu werden für das Unrecht, das ihm seiner Meinung nach geschehen ist. Dies jedoch genügt für die Bejahung eines Rechtsschutzinteresses nicht. Denn eine Aufhebung der von ihm angefochtenen Entscheidung, des Gerichtsbescheides des SG, kann ihm diesbezüglich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen. Deshalb ist die Berufung unzulässig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen gemäß § 160 Abs 2 SGG nicht vor.
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