Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 1749/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4159/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 3. Juni 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die am 10. Oktober 1960 geborene Klägerin begann nach ihren eigenen Angaben im Jahr 1977 eine Lehre als Herrenschneiderin, die sie im Oktober 1977 abbrach. Sie übte danach bis 1988 verschiedene Tätigkeiten aus und begann im Januar 1988 (bis November 2003) als Altenpflegerin versicherungspflichtig zu arbeiten. Eine Lehre als Altenpflegerin, die die Klägerin im Januar 1998 begonnen hatte, brach sie am 14. November 2003 ohne Prüfung ab. Sie bezog im Anschluss daran Leistungen der Arbeitsverwaltung sowie vom 22. Juli bis 1. Oktober 2004 Krankengeld und arbeitet seit Februar 2005 halbtags (20 Wochenstunden) als Anwaltsgehilfin im Anwaltsbüro ihres Ehemannes, nachdem die Beklagte einen Einarbeitungszuschuss bewilligt hatte (Bescheid vom 5. September 2005). Zu ihrem Tätigkeitsfeld gehört die Beschaffung von Prozessakten und die Terminorganisation. Nach ihren eigenen Angaben telefoniert sie hierbei auch mit Mandanten und fertigt Schreiben auf einer Tastatur an. Es ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 seit dem 1. Januar 2005 - nach Vergleichsannahme in der Rechtssache S 6 SB 1750/07 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) - anerkannt.
Vom 1. März bis 30. September 2004 nahm die Klägerin an einer Reintegrationsmaßnahme des beruflichen Bildungszentrums (BBZ) W. teil.
Am 12. Dezember 2005 beantragte die Klägerin bei der Beklagten formlos die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung führte sie aus, sie leide seit 1993 an Gesundheitsstörungen, die sich permanent verschlechterten, so dass sie ihre Arbeit als Altenpflegerin 2003 wegen einer chronischen Polyarthritis und eines Bandscheibenvorfalles im August 2003 habe aufgeben müssen. Nach Beiziehung zahlreicher ärztlicher Befundberichte ließ die Beklagte die Klägerin fachärztlich begutachten. Internist und Rheumatologe Dr. L. gelangte in seinem Gutachten vom 10. Mai 2006 für die Klägerin zu folgenden Diagnosen: chronifiziertes Ganzkörperschmerzsyndrom (vorbefundlich Fibromyalgiesyndrom), angegebene Schwellneigung im Bereich der Hände und anderer Gelenke (jedoch klinisch und laborchemisch kein Anhalt für entzündlich-rheumatische Erkrankung), wiederkehrende Nacken- und Kreuzschmerzen (aktuell keine Bewegungseinschränkungen und keine Wurzelreizerscheinungen), komplikationslose Abtragung eines kleinen Knötchens am rechten Vorfuß am 9. März 2005 und Cholesterinerhöhung. Bereits zu Beginn der Beschwerdeerhebung sei geklagt worden, dass psychische Probleme im Vordergrund stünden. Aus internistisch-rheumatologischer Sicht sei eine Leistungsminderung bezüglich der zuletzt verrichteten Tätigkeit als Bürohelferin zu verneinen. Diese und andere leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könne die Klägerin unter Vermeidung besonderer Anforderungen an die Belastbarkeit der Wirbelsäule, der Hände oder Füße sechs Stunden und mehr verrichten. Ärztin für Psychiatrie Dr. H. gelangte in ihrem psychiatrischen Zusatzgutachten vom 16. Mai 2006 für die Klägerin zu folgenden Diagnosen: emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typus, Verdacht auf leicht ausgeprägte somatoforme Schmerzstörung und schädlicher Gebrauch von Schmerzmitteln und Benzodiazepinen. Die Auffassung, Aufmerksamkeit, Konzentrations- und Merkfähigkeit seien nicht wesentlich beeinträchtigt gewesen. Aus der Vorgeschichte sei jedoch eine mehrfache Traumatisierung durch Gewalt und sexuellen Missbrauch in der Kindheit bekannt. Infolge dessen sei es zu verschiedenen Störungen und wiederholten Suizidversuchen gekommen. Eine psychiatrisch-psychotherapeutische Intensivierung der Behandlung sei dringend erforderlich. Sie sei aber noch in der Lage, Tätigkeiten als Bürohelferin und sonstige leichte bis mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Es bestehe lediglich eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit. Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 22. Mai 2006 mit der Begründung ab, mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben, so dass weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung bzw Berufsunfähigkeit vorliege.
Mit ihrem dagegen am 8. Juni 2006 eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie leide seit Jahren an rheumatischen Beschwerden, an einem Fibromyalgiesyndrom, an arthritischen Beschwerden und an einem Bandscheibenvorfall. Die Vielzahl der Symptome führten zu einer psychischen Erkrankung. Aufgrund der Schmerzen sei auch ihre Nachtruhe gestört. Nach erneuter Stellungnahme des Dr. L. wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 19. März 2007 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, Dr. L. habe die Wirbelsäule untersucht und sei nur zu qualitativen Einschränkungen gelangt. Dr. H. habe hingegen lediglich die Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme mit anschließender ambulanter Psychotherapie befürwortet. Die Klägerin sei daher in der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in wechselnder Körperhaltung, ohne Nachtschicht und ohne besondere Anforderungen an die Belastbarkeit der Wirbelsäule, Hände oder Füße mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Der zuletzt ausgeübte Beruf als Bürogehilfin sei dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen, so dass die Klägerin auf sämtliche ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden könne. Die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit sei nicht erforderlich.
Mit ihrer dagegen am 10. April 2007 beim SG erhobenen Klage hat die Klägerin ergänzend zur Widerspruchsbegründung geltend gemacht, es bestehe ein ständiges Schmerzbild, das durch die verschriebene Medikation lediglich eingedämmt werden könne. Dies führe zu weiteren Organschäden und zu einer psychischen Beeinträchtigung. Aufgrund ihres Fibromyalgiesyndroms sei sie nicht mehr in der Lage, mehr als drei Stunden täglich zu arbeiten.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG die Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie Dr. M.-E. schriftlich als sachverständige Zeugin gehört und Krankenunterlagen von dem behandelnden Hausarzt Dr. K. beigezogen. Dr. M.-E. hat angegeben (Auskunft vom 25. Juli 2007), die Klägerin habe sich erstmals im April 2005 und zuletzt im November 2005 vorgestellt. Seit Januar 2006 seien Untersuchungsbefunde nicht mehr erhoben worden, so dass bezüglich des Leistungsvermögens keine Aussage getroffen werden könne.
Das SG hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. R. vom 25. Januar 2008 eingeholt. Dieser hat im Hinblick auf den von der Klägerin geschilderten Tagesablauf festgehalten, dass sie bis 16 oder 18 Uhr im Sekretariat des Rechtsanwaltbüros ihres Ehemannes arbeite. Sie meide zwar Großveranstaltungen, treffe sich aber gelegentlich mit Freunden und befreundeten Ehepaaren. Zuhause benutze sie ihren Heimtrainer und in ihrer Freizeit unternehme sie Spaziergänge im S. (bis zu 90 Minuten), wobei die Strecke zwischen vier bis fünf Kilometer betrage. Darüber hinaus gehe sie alle 14 Tage nach B.-B. um dort zu schwimmen. Im September 2007 habe sie für drei Wochen auf einem Campingplatz in Spanien Urlaub gemacht, wobei die Hinfahrt mit einem VW-Bus erfolgt sei, in dem sie sich habe hinlegen können. Auch im Jahr zuvor habe sie einen 17-tägigen Urlaub in Spanien verbracht. Bei der psychischen Untersuchung sei eine geringgradig verminderte Antriebslage, ein subdepressives Stimmungsbild sowie eine leichtgradige Störung der kognitiven und mnestischen Funktionen aufgefallen. Unter Berücksichtigung des aktuellen neurologisch-psychatrischen Befundes könne eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung leichten Ausprägungsgrades und ein degeneratives Hals- bzw Lendenwirbelsäulensyndrom festgestellt werden. Im vorliegenden Fall bestehe eine Diskrepanz zwischen der Intensität bzw dem Ausbreitungsgebiet der geklagten Beschwerden und den organisch nachweisbaren Befunden. Ein Teil dieser Diskrepanz erkläre sich durch das Krankheitsbild der somatoformen Schmerzstörung. Die Analyse der Alltagsaktivitäten und der nur leicht gestörte psychische Befund zeigten jedoch, dass es sich um einen geringen Ausprägungsgrad handle. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne die Klägerin ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu 20 kg verrichten. Dauerndes Stehen oder Gehen müsse vermieden werden, während dauerhaftes Sitzen zumutbar sei. Nicht leidensgerecht seien gleichförmige Körperhaltungen, wie häufiges Bücken oder Arbeiten auf Leitern und Gerüsten. Treppensteigen solle nur noch zeitweise verrichtet werden, während Akkord- und Fließbandarbeiten vermieden werden müssten. In Bezug auf Schichtarbeit sei es ihr zuzumuten, Tätigkeiten in der Früh- oder Spätschicht durchzuführen. Die Verrichtung von Nachtarbeiten könnte die bereits vorhandenen Schlafstörungen verschlimmern, so dass diese vermieden werden müssten. Auch Arbeiten in Kälte, unter Wärmeeinfluss, unter Einwirkung von Staub, Gasen und Dämpfen oder in Gegenwart von Nässe müssten vermieden werden. Eine besondere Beanspruchung des Gehörs oder des Sehvermögens könne ebenso wie Publikumsverkehr zugemutet werden. Auch sei die Klägerin in der Lage, Arbeiten an Schreib- oder Büromaschinen zu verrichten. Sie könne allerdings keine Aufgaben mit hoher Verantwortung, wie dies zB beim Anleiten oder beim Beaufsichtigen mehrerer Personen bzw beim Überwachen oder Bedienen komplizierter Maschinen der Fall sei, übernehmen. Unter Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen sei die Klägerin noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auszuüben. Besondere Arbeitsbedingungen seien nicht notwendig.
Mit Urteil vom 3. Juni 2008 hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, es schließe sich den angefochtenen Bescheiden, insbesondere dem Widerspruchsbescheid vollumfänglich an. Zu ergänzen sei, dass eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht in Betracht komme, da der Klägerin kein Berufsschutz zukomme. Auch ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. R., dass sie noch in der Lage sei, leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkes unter Berücksichtigung qualitativer - nicht arbeitsmarktunüblicher - Leistungseinschränkungen sechs Stunden täglich zu verrichten. Ein weiteres Gutachten auf orthopädisch-rheumatologischem Fachgebiet sei nicht notwendig, da nicht ersichtlich sei, dass sich die Klägerin in dauernder fachorthopädischer Behandlung befinde. Auch habe rheumatologisch keine spezifische Behandlung mehr stattgefunden. Bei dem vorhandenen Ganzkörperschmerz handele es sich nicht um eine primäre rheumatologische Erkrankung, sondern um eine Erkrankung, die Dr. R. zu Recht als somatoforme Schmerzstörung klassifiziert habe. Die Leistungseinschätzung des Gutachters sei insbesondere vor dem Hintergrund des Tagesablaufs und der Alltagsaktivitäten der Klägerin schlüssig und nachvollziehbar. Hiervon ausgehend könne weder ein Rückzugsverhalten noch ein eingeschränktes Leistungsvermögen festgestellt werden.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 22. Juli 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21. August 2008 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt; eine Begründung der Berufung ist nach mehrmaliger Erinnerung erstmals am 15. Dezember 2008 erfolgt. Zur Begründung trägt die Klägerin vor, die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hätten in ihrer Kombination zu einem ständigen Schmerzbild geführt, das sich nicht nur bei ihrer Halbtagsarbeit, sondern auch im normalen Alltagsleben ständig auswirke und mit den verschiedenen Medikamenten lediglich gelindert werden könne. Letztlich hätten ihre Beschwerden auch zu einer Depression geführt. Aufgrund der Dauermedikation seien im Übrigen auch andere Organe geschädigt worden. Sie sei daher nicht in der Lage, mindestens drei Stunden täglich zu arbeiten. Im Hinblick auf das Gutachten des Dr. R. sei anzumerken, dass dieser nicht alle vorhandenen und aktenkundige medizinische Vorbefunde ausgewertet habe. So leide sie bereits seit mehreren Jahrzehnten an orthopädischen und rheumatischen Beschwerden. Weder Dr. R. noch Dr. L. hätten spezifische Untersuchungen im Hinblick auf die bei ihr vorliegende Fibromyalgie vorgenommen. Auch das SG habe nicht alle aktenkundigen Befunde beigezogen und berücksichtigt. Das SG habe auch rechtsfehlerhaft die Einholung eines Gutachtens auf orthopädisch-rheumatologischem Fachgebiet abgelehnt. Für das Vorliegen einer Erkrankung sei es nicht Voraussetzung, dass sich der Erkrankte in Behandlung begebe. Auch habe sie weiterhin ihre Fibromyalgie spezifisch behandelt, in dem sie ihre Schmerzmedikamente eingenommen habe. Generell sei zu berücksichtigen, dass für sie flexible Arbeitszeiten im Rechtsanwaltsbüro ihres Ehemannes bestünden. Sie könne deshalb ihre Arbeit unterbrechen oder nach Hause gehen, wenn sie schmerz- oder konzentrationsbedingt nicht mehr arbeiten könne. Sie bleibe mindestens einen Arbeitstag in der Woche zuhause. Ansonsten müsse sie des Öfteren früher gehen oder ihre Arbeit unterbrechen. Ihre Arbeitsstelle bleibe aufrechterhalten, weil es sich um ein Ehegattenarbeitsverhältnis handle. Seit dem 28. Mai 2008 sei sie an 34 Tagen gehindert gewesen zu arbeiten, da sie sich in ärztliche Behandlung habe begeben müssen, und zwar wegen einer Entzündung in der linken Schulter, wegen eines Verdachts auf Polyneuropathie, wegen einer depressiven Episode, einem Verdacht auf Magengeschwür und einer Magenspiegelung. Zusammenfassend sei festzustellen, dass bei ihr organisch objektivierbare Gesundheitsschäden im orthopädischen Bereich vorlägen. Hinzu komme ein langjähriges Vollbild eines Fibromyalgiesyndroms und eine mindestens mittelgradige Depression. Zur weiteren Begründung hat die Klägerin ua das ärztliche Attest des Facharztes für Innere Medizin Dr. K. vom 15. Februar 2009, den Arztbrief des Anästhesisten Prof. Dr. K. vom 11. Dezember 2008, den Arztbrief des Neurologen und Psychiaters Dr. D. vom 23. April 2009, den Arztbrief des Orthopäden Dr. N. vom 12. Mai 2009, den Arztbrief des Orthopäden Prof. Dr. H. vom 10. August 2009 und die Bescheinigung des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. vom 12. November 2009 sowie den Arztbrief der Assistenzärztin T. vom 11. Juli 2008 (Behandlung in Notaufnahme wegen nicht näher bezeichneten zerebrovaskulären Krankheiten, jedoch am gleichen Tag auf eigenen Wunsch entlassen) vorgelegt. Dr. K. hat in seinem Attest die Auffassung vertreten, dass die Gesamtbelastbarkeit durch das Fibromyalgiesyndrom, durch die Nebenwirkungen der erforderlichen Dauertherapie, der Schlafstörungen und der sekundären Konzentrationsstörungen sowie wegen der reaktiven depressiven Episoden erheblich beeinträchtigt sei, so dass die Klägerin ihre berufliche Tätigkeit aktuell durchschnittlich weniger als drei Stunden täglich ausüben könne. Prof. Dr. H. hat in seinem Arztbrief über die Karpaltunnelspaltung rechts in Vollnarkose berichtet, wobei sich postoperativ eine deutliche Besserung der Symptomatik gezeigt habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 3. Juni 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Dezember 2005 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und weist bezüglich der Diagnose Fibromyalgie darauf hin, dass die Bezeichnung "Fibromyalgie" keinen Eingang in die internationalen Klassifikationssysteme gefunden habe. Das Beschwerdesystem werde in der Fachwelt unter der Diagnose "somatoforme Schmerzstörung" eingeordnet. Die diagnostische Zuordnung könne jedoch dahinstehen, da es nicht auf die gestellte Diagnosen ankomme, sondern auf den klinischen funktionellen Befund. Dieser rechtfertige nicht die begehrte Rente. Die Beklagte hat zudem den Versicherungsverlauf vom 21. Januar 2009 vorgelegt.
Der Senat hat die Gerichtsakte in dem Verfahren S 6 SB 1750/07 beigezogen und zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen.
Dr. M.-E. hat mitgeteilt (Auskunft vom 9. März 2009), seit ihrem Schreiben vom 25. November 2007 habe sich die Klägerin zweimal vorgestellt, und zwar im Oktober 2008 und Januar 2009. Die im Gutachten des Dr. R. genannten Angaben zur Anamnese deckten sich weitgehend mit den Angaben bei den Behandlungen der Klägerin. Die von dem Gutachter angeführte anhaltende somatoforme Schmerzstörung widerspreche der Diagnose eines Fibromyalgiesyndroms nicht, sondern sei lediglich eine Beschreibung eines Syndroms aus einem anderen Blickwinkel. Die für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit maßgebenden Leiden lägen auf orthopädischem Fachgebiet. Dr. D. hat mitgeteilt (Auskunft vom 20. Juli 2009), die bei der Klägerin diagnostizierten Leiden hätten eine Einschränkung ihrer psychischen Belastbarkeit zur Folge. Sie sei nicht mehr für Tätigkeiten geeignet, die zu einer besonderen psychischen Beanspruchung führten (Akkord-, Schicht- und Nachtarbeit).
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. vom 22. Dezember 2009 eingeholt. Im Hinblick auf den Tagesablauf der Klägerin hat Dr. W. angegeben, die Klägerin arbeite in der Regel von 8 bis 12 Uhr. Beim Telefonieren bekomme sie Kopf- oder Ohrenschmerzen, teils auch Rückenschmerzen. Ihr Mann habe deshalb eine Rechtsanwaltsfachangestellte auf 400 EUR-Basis eingestellt. Mittags fahre die Klägerin mit der S-Bahn oder mit dem Linienbus nach Hause, da sie selbst nicht mehr mit dem PKW fahre. Ihre Reaktionsfähigkeit habe vor ein bis zwei Monaten nachgelassen. Lange könne sie nicht mehr lesen, da sie etwa seit drei Monaten an einem grünen Star leide. Dr. W. hat weiter festgestellt, die Klägerin leide an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung mit einem chronifizierten Fibromyalgiesyndrom. In psychischer Hinsicht liege eine chronisch depressive Störung vor, aktuell von der Ausprägung einer Dysthymie. Die anhaltende somatoforme Schmerzstörung bzw das Fibromyalgiesyndrom vermindere die körperliche Leistungsfähigkeit, so dass bei der vorliegenden Ausprägung der schmerzhaften Muskelverspannungen nur noch körperlich leichte Tätigkeiten gesundheitlich zumutbar seien und zwar unter Ausschluss von Kälte, Nässe- und Zuglufteinwirkung sowie unter Vermeidung von Arbeiten in Zwangshaltung und einseitiger Körperposition. Durchführbar seien hingegen Tätigkeiten in vorwiegend temperierten Räumen, im Wechsel der Körperhaltung zwischen Sitzen, Gehen und Stehen sowie ohne abnormen Zeitdruck wie Fließband- oder Akkordarbeit. Der Wechsel zwischen Tag- und Nachtschicht sei ebenfalls auszuschließen. Die psychischen Störungen gingen einher mit einer Verminderung der Belastbarkeit bezüglich sozialem Druck, Arbeitsanforderung, konzentrativer Ausdauer und Aufmerksamkeit. Deshalb sei das Ausmaß der zumutbaren Tätigkeiten in quantitativer Hinsicht eingeschränkt. Die Klägerin könne an fünf Tagen leichte Tätigkeiten drei bis unter sechs Stunden verrichten, konkret eine Halbtagsarbeit von rund 20 Wochenstunden. Diese Einschränkung sei durch die chronifizierte komplexe Schmerzkrankheit im Verbund mit morpholgischen Veränderungen an der Wirbelsäule und Gelenken, insbesondere durch die chronische psychische Störung in Interaktion bedingt. Bezüglich der Befunde, die die übrigen Gutachter erhoben hätten, bestehe zwar eine gute Übereinstimmung, im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit bestünden aber Divergenzen. Seit Juli 2008 sei es verstärkt zu Wirbelsäulen- und Gelenkbeschwerden gekommen. Er habe deshalb auch ein MRT der Halswirbelsäule veranlasst und verweise diesbezüglich auf den Arztbrief des Radiologen Dr. B. vom 14. Dezember 2009.
Für die Beklagte hat Dr. H. am 13. Januar 2010 zu dem Gutachten des Dr. W. Stellung genommen und darauf hingewiesen, dass im Verlauf seit Mai 2006 eine Verschlechterung der psychischen Situation nicht angenommen werden könne. Dr. W. habe keine Angaben zur Ausprägung der somatoformen Schmerzstörung gemacht. Die Diagnose einer Dysthymie sei im Hinblick auf die aktuellen anamnestischen Daten nicht nachvollziehbar. Insgesamt könne der Leistungseinschätzung des Dr. W. nicht gefolgt werden.
Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts das Gutachten des Facharztes für Chirurgie und Orthopädie Dr. D. vom 10. Mai 2010 erhoben. Im Hinblick auf den Tagesablauf der Klägerin hat Dr. D. festgehalten, dass die Klägerin angegeben habe, sie könne vielleicht 40 bis 50 Minuten am Stück sitzen und müsse dann aufstehen und rumlaufen. Sie arbeite im Büro mal sechs Stunden, mal acht Stunden. Sie fahre gern Fahrrad und lese. Auch nehme sei seit vier Monaten an einem Funktionstraining teil und gehe zwei Mal in der Woche schwimmen. Sie gehe auch weiterhin ca. 15 bis 20 Minuten spazieren. Zur Arbeit fahre sie mit dem Auto (etwa 17 Minuten). Auf orthopädischem Fachgebiet lägen bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen vor: Etwa 10-prozentige Gesamtbeweglichkeitseinschränkung der Halswirbelsäule bei kernspintomographisch dokumentierten vermehrten Verschleißerscheinungen in den Bewegungssegmenten C3/C4 und C5/C6 (bei fehlendem Nachweis von sensiblen oder motorischen Nervenwurzelreizerscheinungen seitens die Halswirbelsäule betreffender Rückenmarksnerven), Schmerzsymptomatik der Lendenwirbelsäule mit daraus resultierenden Schmerzen in den endgradigen Beugebereichen des Hüftgelenks (jedoch derzeit ohne Bewegungseinschränkung und ohne Nachweis von sensiblen oder motorischen Nervenwurzelreizerscheinungen seitens die Lendenwirbelsäule betreffender Rückenmarksnerven), schmerzhafte Beweglichkeit im linken Schultergelenk bei der Abduktion und Elevation bei kernspintomographisch dokumentiertem vermehrtem Verschleiß der Supra-und Supscapularissehne und beginnender Schultergelenks-Arthrose, beidseits leicht abgeschwächte grobe Kraft beider Hände infolge von Schmerzen in den Langfingermittelgelenken, kernspintomographisch dokumentierte vermehrte artrothische Veränderungen im linken innen gelegenen Kniegelenkskompartiment bei derzeit (noch) bestehendem Innenmeniskusriss im mittleren Anteil mit daraus resultierender Schmerzsymptomatik (insbesondere bei Beugung und derzeit bestehender Ergußbildung) und endgradig eingeschränkte Beweglichkeit der rechten Großzehe. Die Klägerin müsse deshalb mittelschwere und schwere Arbeiten, dh regelmäßiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel über 5 kg, Arbeiten mit häufigem Bücken oder Arbeiten in gebückter Zwangshaltung, Überkopfarbeiten und Arbeiten mit überwiegendem Stehen und Gehen bzw. Treppensteigen sowie Arbeiten, die ein In-die-Hocke-gehen erfordern, vermeiden. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen sei die Klägerin noch in der Lage, sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche zu arbeiten.
Die Klägerin hat hierzu am 26. Juli 2010 vorgetragen, Dr. D. habe die Aktenlage nicht ausgewertet, wobei er die jetzigen Beschwerden zutreffend beschrieben habe. Deshalb müsse der zuletzt behandelnde Orthopäde Dr. S. als sachverständiger Zeuge gehört werden. Auch müsse Dr. D. sein Gutachten vor der mündlichen Verhandlung schriftlich erläutern bzw ergänzen. Schließlich sei ein neurologisches sowie ein internistisch-rheumatologisches Zusatzgutachten erforderlich. Im Dezember 2009 sei sie 14 Mal zum Arzt gegangen und am 22./23. Dezember 2009 habe stationär eine Meniskusoperation stattgefunden. Im Jahr 2010 hätten bislang 33 ärztliche, psychotherpeutische und krankengymnastische Behandlungen/Untersuchungen stattgefunden. Am 5. Mai 2010 sei sie wegen eines Verdachts auf Herzinfarkt notfallmäßig im Krankenhaus behandelt worden. Zudem habe sie im Juli 2010 als Fußgängerin einen Verkehrsunfall erlitten, bei dem sie unfallbedingt erneut auf das linke Knie gefallen sei. Im Hinblick auf ihren instabilen Kreislauf mit stark schwankendem Blutdruck sei deshalb auch ein internistisches Gutachten einzuholen.
Mit Schriftsatz vom 13. August 2010 trägt die Klägerin vor, im Gutachten von Dr. D. würden weder Vorbefunde noch aktuelle Behandlungen berücksichtigt. Insoweit werde auf den Schriftsatz vom 23. Juli 2010 verwiesen. Die "Exploration" sei mittels heimlicher, dh ihr nicht mitgeteilter Tonbandaufnahmen "vorbereitet" und dann lediglich teilweise und damit willkürlich im Gutachten wiedergegeben worden. Hierbei hätten sich offenbar auch Hörfehler eingeschlichen. Sie habe auch nicht angegeben, dass sie "mal 6 Stunden, mal 8 Stunden [arbeite]". Sie sei (formal) halbtags angestellt, arbeite aber - wenn sie nicht krankgeschrieben sei - unter halbtags. Hierzu werde auf den Vortrag unter anderem im Schriftsatz vom 15. Dezember 2008 verwiesen. Sie sei nach wie vor der berechtigten Auffassung, dass sie angesichts der Kombination ihrer sich insbesondere seit 2007 verschlimmernden Erkrankungen eine Restleistungsfähigkeit von unter drei Stunden habe. Zu berücksichtigen sei hierbei, dass sich ihre Beschwerden aufgrund der Fibromyalgie, des Restless-Legs-Syndroms, der orthopädischen und internistischen Beschwerden in Verbindung mit der Depression infolge des Dauerschmerzbildes jeweils wechselseitig "förderten". Dies habe zur Folge, dass auch unter den vom Sachverständigen Dr. W. genannten Bedingungen kaum noch eine quantitative Leistungsfähigkeit bestehe. Die Operation des Karpaltunnels rechts im August 2009 sei nicht erfolgreich verlaufen. Es müsse gegebenenfalls nachoperiert werden (ebenso der Ulnaris). Seitdem bestehe ein Schmerz in der rechten Hand im rechten Arm bei geringster zeitlicher Inanspruchnahme. Auch bei der linken Hand ist eine CTS-OP erforderlich. Die Meniskus-OP im Dezember 2009 sei ebenfalls nicht erfolgreich verlaufen. Am 17. Juni 2010 sei das linke Knie durch einen Verkehrsunfall weiter geschädigt worden. Eine für den 15. Juli 2010 angesetzte zweite OP habe wegen Kreislaufinstabilität verschoben werden müssen. Der instabile und nicht einstellbare Kreislauf (instabiler Blutdruck) sei durch den Hausarzt Dr. K. und durch die notfallmässige Einweisung am 5. Mai 2010 wegen Va Herzinfarkt dokumentiert. Die orthopädischen Behandlungen HWS, linke Schulter bei Dr. S. seien bislang erfolglos geblieben. Auch hier träten nach kurzer zeitlicher Beanspruchung jeweils Schmerzen auf. Es handele sich um degenerative Veränderungen, die bereits seit (mindestens) 2005 dokumentiert sind, sodass hauptsächlich schmerzlindernd (Cortison Spritzen, Schmerzmittel Ibuflam 800 3 x täglich) behandelt werde. Die psychotherapeutische Behandlung bei dem Therapeuten B. werde fortgesetzt. Die Zeiten der Krankschreibungen hätten sich erhöht. Die Arbeitszeiten innerhalb der "Halbtagsanstellung" würden nach ihrem Gesundheitszustand in Einzelabsprache gestaltet. Eine zusätzlich Hilfskraft sei eingestellt worden, da eine verlässliche Arbeitsplanung gesundheitsbedingt mit ihr nicht mehr möglich sei. Um einer Amtsaufklärung zu genügen, seien im Rahmen von § 103 SGG die hiermit beantragten Gutachten einzuholen, um die Auswirkungen der bei der Klägerin vorhandenen Erkrankungen in ihrer Kombination und Wechselwirkung auf die verbleibende quantitative Leistungsfähigkeit überhaupt prüfen zu können, nämlich ein neurologisches (Wurzelreizsyndrom) und ein internistisch-rheumatologisches Zusatzgutachten. Im Schriftsatz vom 23. Juli 2010 habe sie die Einvernahme von Dr. med S. als sachverständigen Zeugen und eine schriftliche Erläuterung bzw Ergänzung des Gutachtens des Sachverständigen Dr. D. (§§ 118 SGG, 411 Absatz 3 ZPO) vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung beantragt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalt und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, auf die beigezogene Gerichtsakte in dem Verfahren S 6 SB 1750/07 sowie auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten (einschließlich der Akte zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) Bezug genommen,
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid der Beklagten vom 22. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2007 (§ 95 SGG) rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Die Klägerin hat weder ab dem 1. Dezember 2005 noch ab einem späteren Zeitpunkt Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, auch nicht wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. Dezember 2007 nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I, 554). Dies folgt aus § 300 Abs 1 SGB VI. Danach sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt (§ 302b Abs 1 SGB VI).
Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Nach diesen Maßstäben ist die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, weil sie noch in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts und unter Beachtung quantitativer Leistungseinschränkungen leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Die Belastbarkeit der Klägerin ist im Wesentlichen aufgrund von Schmerzen eingeschränkt. Die Klägerin leidet insbesondere an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung leichten Ausprägungsgrades bzw an einem Fibromyalgiesyndrom. Dies entnimmt der Senat den Gutachten des Dr. R. und des Dr. L., wobei letzteres im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden konnte. Auch Dr. M.-E. hat in ihrer Auskunft vom 9. März 2009 dargelegt, dass sich bei ihren Untersuchungen Charakteristika eines Fibromyalgiesyndroms gezeigt haben. Dr. W. hat die genannten Diagnosen bestätigt, in dem er ebenfalls angegeben hat, dass die Klägerin an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung mit einem chronifizierten Fibromyalgiesyndrom leidet. Darüber hinaus geht er auch von einer Dysthymie aus. In diesem Zusammenhang weist der Senat aber darauf hin, dass die diagnostische Zuordnung der Schmerzen der Klägerin im Hinblick auf die Diagnose "anhaltende somatoforme Schmerzsstörung" und "Fibromyalgie" nicht streiterheblich ist, da es nicht auf die gestellte Diagnosen ankommt, sondern auf den klinischen funktionellen Befund. Hierauf hat die Beklagte zutreffend hingewiesen. Darüber hinaus hat Dr. M.-E. in ihrer Auskunft vom 9. März 2009 auch darauf hingewiesen, dass die von Dr. R. angeführte anhaltende somatoforme Schmerzstörung nicht der Diagnose eines Fibromyalgiesyndroms widerspricht, sondern lediglich eine Beschreibung des Syndroms aus einem anderen Blickwinkel ist. Das deckt sich auch damit, dass sowohl Dr. R. als auch Dr. W. und Dr. D. ein übereinstimmendes Beschwerdebild bei der Klägerin erhoben haben. Auf das Vorliegen von übereinstimmenden Befunden hat Dr. W. in seinem Gutachten auch ausdrücklich hingewiesen.
Darüber hinaus leidet die Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet an einer etwa 10-prozentigen Gesamt-Beweglichkeitseinschränkung der Halswirbelsäule bei kernspintomographisch dokumentierten vermehrten Verschleißerscheinungen in den Bewegungssegmenten C3/C4 und C5/C6 (bei fehlendem Nachweis von sensiblen oder motorischen Nervenwurzelreizerscheinungen seitens die Halswirbelsäule betreffender Rückenmarksnerven), an einer Schmerzsymptomatik der Lendenwirbelsäule mit daraus resultierenden Schmerzen in den endgradigen Beugebereichen des Hüftgelenks, jedoch derzeit ohne Bewegungseinschränkungen und ohne Nachweis von sensiblen oder motorischen Nervenwurzelreizerscheinungen seitens die Lendenwirbelsäule betreffende Rückenmarksnerven, an einer schmerzhaften Beweglichkeit im linken Schultergelenk bei der Abduktion und Elevation und bei kernspintomotraphisch dokumentierten vermehrtem Verschleiß der Supra- und Subscapularissehne und beginnender Schultergelenksarthrose, an beidseits leicht abgeschwächter grober Kraft beider Hände infolge von Schmerzen in den Langfingermittelgelenken und an einer endgradig eingeschränkten Beweglichkeit der rechten Großzehe. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. D ...
Der von Dr. D. geäußerte Verdacht auf eine Innenmeniskusschädigung des linken Kniegelenks mag die Indikation für eine Operation begründen, rechtfertigt aber nicht die Annahme einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht. Dies gilt auch für die von der Klägerin vorgetragene, im Einzelnen nicht näher bezeichnete "weitere Schädigung" des linken Kniegelenks durch einen Verkehrsunfall am 17. Juni 2010, bei dem die Klägerin nach dem Schriftsatz vom 23. Juli 2010 als Fußgängerin auf das linke Knie gefallen war, zumal die Klägerin die Absicht hat, die Beeinträchtigungen im linken Kniegelenk operativ behandeln zu lassen. Dass eine Operation aus medizinischen Gründen nicht nur vorübergehend (zB wegen Kreislaufbeschwerden), sondern dauerhaft ausgeschlossen ist, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Auch hat sie nicht behauptet, durch die Beschwerden im linken Kniegelenk in ihrer Gehfähigkeit beeinträchtigt zu sein. Nach dem Gutachten des Dr. D. macht sich die Innenmeniskusschädigung vornehmlich durch Schmerzen bei der Beugung des Kniegelenks bemerkbar. Der Sachverständige hat diesem Umstand dadurch Rechnung getragen, dass er Arbeiten in der Hocke und Arbeiten, die mit Treppensteigen verbunden sind, zumindest derzeit nicht für zumutbar erachtet.
Darüber hinaus besteht ein Zustand nach Karpaltunnel-Syndrom-Operation an der rechten Hand, wobei sich postoperativ eine deutliche Besserung der Symptomatik gezeigt hat. Dies folgert der Senat aus dem Arztbrief des Prof. Dr. H. vom 10. August 2009. Der gerichtliche Sachverständige Dr. W., der auch Arzt für Neurologie ist, stellte bei seiner Untersuchung am 7. Dezember 2009 fest, dass sich an der rechten Hand ulnar unter Einbeziehung der Finger D5 und D4 eine Sensibilitätsminderung gezeigt hat, wobei die Narbe nach Karpaltunnel-Dekompression unauffällig erschien. Auch dies belegt, dass die Operation zumindest so erfolgreich war, dass eine nennenswerte Einschränkung der Erwerbsfähigkeit hieraus nicht resultiert. Die Untersuchung durch Dr. D. am 30. April 2010 schließlich ergab, dass die Muskulatur beider Hände bei der Klägerin regelrecht kräftig ausgeprägt ist. Dies rechtfertigt die Annahme, dass keine nervlich oder schmerzbedingte Inaktivität vorliegt. Der Senat hält daher die Behauptung der Klägerin im Schriftsatz vom 13. August 2010, wonach die Operation des Karpaltunnels im August 2009 nicht erfolgreich verlaufen sei, für widerlegt.
Aufgrund der genannten Gesundheitsstörungen ist die Klägerin nur noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten. Zu vermeiden sind mithin mittelschwere und schwere körperliche Arbeiten und Tätigkeiten mit regelmäßigem Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel über 5 kg, Arbeiten mit häufigem Bücken oder Arbeiten in gebückter Zwangshaltung, Überkopfarbeiten, Arbeiten mit vorwiegendem Stehen und gehen bzw Treppensteigen und Arbeiten, die ein In-die-Hocke-gehen erfordern. Diese qualitativen Leistungseinschränkungen entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. D., die aufgrund der geschilderten Gesundheitsstörungen auch nachvollziehbar und schlüssig sind. Dies insbesondere deshalb, weil die orthopädischen Beschwerden - insbesondere in den Gelenkbereichen - seit Juli 2008 zugenommen haben, was sich ua aus dem Arztbrief der Assistenzärztin T. über die notfallmäßige Aufnahme der Klägerin am 11. Juli 2008 und dem Arztbrief des Prof. Dr. K. vom 11. Dezember 2008 ergibt. Schließlich hat auch Dr. N. in seinem Arztbrief vom 12. Mai 2009 zunehmend Beschwerden im Bereich der unteren Wirbelsäule bei beginnender Osteochondrose C3/C4 und C6/C7 beschrieben. Im Hinblick auf die Einschätzung des Dr. R., wonach die Klägerin noch in der Lage sei, Lasten bis zu 20 kg zu heben, ist insofern eine nachvollziehbare Verschlechterung eingetreten, da sie nunmehr - wie von Dr. D. ausgeführt - nicht mehr in der Lage ist, Lasten ohne Hilfsmittel über 5 kg zu heben, zu tragen oder zu bewegen. Aus dem Gutachten des Dr. R. entnimmt der Senat jedoch die weiterhin geltenden zusätzlichen qualitativen Leistungseinschränkungen, wonach die Klägerin auch Akkord- und Fließbandarbeiten, die Verrichtung von Nachtarbeiten, Arbeiten in Kälte, unter Wärmeeinfluss, unter Einwirkung von Staub, Gasen und Dämpfen oder in der Gegenwart von Nässe vermeiden muss. Auch kann die Klägerin keine Aufgaben mit hoher Verantwortung, wie dies zB beim Anleiten oder beim Beaufsichtigen mehrerer Personen bzw beim Überwachen oder Bedienen komplizierter Maschinen der Fall ist, mehr ausüben. Dies resultiert aus dem bei der Klägerin vorliegenden psychischen Befund, des Dr. W. als Dysthymie eingeordnet hat.
Trotz der genannten Gesundheitsstörungen ist die Klägerin jedoch noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Der Senat schließt sich insofern den nachvollziehbaren und schlüssigen Leistungseinschätzungen des Dr. D., des Dr. R., des Dr. L. und der Dr. H. an. Der Senat geht davon aus, dass eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens, wie etwa von Dr. K. in seinem Attest vom 15. Februar 2009 und Dr. W. angenommen, sich insbesondere nicht mit dem Tagesablauf der Klägerin und ihren Alltagsaktivitäten in Einklang bringen lässt. So hat die Klägerin gegenüber Dr. D. angegeben, dass sie aktuell immer noch in der Lage ist, mal sechs Stunden und mal acht Stunden zu arbeiten, dass zu ihren Hobbys das Lesen gehöre, sie seit vier Monaten ein Funktionstraining absolviere und dazu auch zwei Mal in der Woche schwimmen gehe. Zudem fährt die Klägerin eigenen Angaben zufolge wieder Auto, nachdem sie gegenüber Dr. W. angegeben hatte, selbst nicht mehr mit dem Auto zu fahren. Schließlich ergibt sich aus den Angaben der Klägerin gegenüber Dr. R., dass ein sozialer Rückzug nicht stattgefunden hat, weshalb auch die von Dr. W. diagnostizierte Dysthymie nicht zu einer Reduzierung des zeitlichen Leistungsvermögens führt. In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass sich nach seiner ständigen Rechtsprechung (vgl Urteil vom 20. Juli 2010 - L 11 R 5140/09; Urteil vom 24. September 2009 - L 11 R 742/09) der Schweregrad psychischer Erkrankungen und somatoformer Schmerzstörungen aus den daraus resultierenden Defiziten im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessenspektrum und die soziale Interaktionsfähigkeit ableitet. Vor diesem Hintergrund kann auch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Klägerin weiterhin als Büroangestellte bei ihrem Ehemann arbeitet, auch wenn dieser darauf hingewiesen hat, dass er das Arbeitsverhältnis nur aufgrund der ehelichen Beziehung aufrechterhält und die Klägerin ihre Arbeitszeit frei einteilen kann. Wie bereits dargelegt hat die Klägerin gegenüber Dr. D. selbst angegeben, gelegentlich bis zu acht Stunden arbeiten zu können.
Die Leistungseinschätzung des Dr. W. ist auch deshalb nicht überzeugend, weil er gravierende Unterschiede hinsichtlich der Befunde nicht angegeben hat. Er hat im Gegenteil darauf hingewiesen, dass bezüglich der Befunde eine gute Übereinstimmung mit den übrigen vorliegenden ärztlichen Unterlagen und Gutachten besteht. Seine angenommene Divergenz in der Leistungsbeurteilung hat er nicht hinreichend begründet. Er hat seine zeitliche Leistungseinschätzung lediglich mit dem Vorhandensein der chronifizierten komplexen Schmerzkrankheit in Verbund mit morphologischen Veränderungen an der Wirbelsäule und den Gelenken und im Hinblick auf die chronische psychische Störung begründet. Den Schweregrad der bei der Klägerin vorliegenden somatoformen Schmerzstörung hat Dr. W. in seinem Gutachten jedoch überhaupt nicht angegeben und die morphologischen Veränderungen an der Wirbelsäule und an den Gelenken führen - wie sich aus dem Gutachten des Dr. D. ergibt - nicht zu einer zeitlichen Leistungseinschränkung. Darüber hinaus hat Dr. D. in seiner Auskunft vom 20. Juli 2009 ebenfalls keine Befunde mitgeteilt, die zu einer zeitlichen Einschränkung des Leistungsvermögens führen. Er hat - wie bereits Dr. R. - lediglich dargelegt, dass die Klägerin nicht mehr für Tätigkeiten geeignet ist, die zu einer besonderen psychischen Beanspruchung führen (wie zB Akkord-, Schicht- und Nachtarbeit).
Weitere Ermittlungen von Amts wegen waren nicht erforderlich. Der Senat musste insbesondere kein neurologisches, internistisches oder internistisch-rheumatologische Zusatzgutachten einholen. Die hierauf abzielenden Beweisanträge der Klägerin im Schriftsatz vom 13. August 2010 werden daher abgelehnt. Zum einen wurde die Klägerin bereits durch Dr. R. auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet begutachtet und es ist nicht ersichtlich, dass sich auf neurologischem Fachgebiet der Gesundheitszustand der Klägerin wesentlich verändert hat. Entsprechende Befunde sind nämlich den Gutachten des Dr. W. und des Dr. D. bzw der Auskunft des Dr. D. nicht zu entnehmen. Auch war kein internistisch-rheumatisches Gutachten einzuholen. Zum einen hat Dr. M.-E. in ihrem Arztbrief vom 7. November 2008 angegeben, dass keine Hinweise für eine entzündliche rheumatische Erkrankungen vorliegen. Zum anderen hat diese in ihrer Auskunft vom 9. März 2009 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit der Klägerin am sinnvollsten ist, wenn ein Schmerztherapeut, am günstigsten mit einem psychiatrischen Ausbildungshintergrund, die Leistungsfähigkeit der Klägerin beurteile. Dr. R. ist jedoch Schmerztherapeut und zugleich Facharzt für Psychiatrie, so dass auch ein weiteres schmerztherapeutisches Gutachten nicht in Betracht kam.
Soweit die Klägerin ein internistisches Gutachten anregt, sieht der Senat ebenfalls keinen Bedarf, von Amts wegen zu ermitteln. Sie hat zwar mitgeteilt, dass sie am 5. Mai 2010 wegen eines Verdachts auf einen Herzinfarkt notfallmäßig im Krankenhaus behandelt worden ist. Daraus entnimmt der Senat aber, dass lediglich ein Verdacht bestand und mithin kein Herzinfarkt eingetreten ist. Die Klägerin hat diesbezüglich auch nichts anderes behauptet. Der Vortrag, sie leide seit längerem an einem instabilen Kreislauf und stark schwankendem Blutdruck, kann in dieser Allgemeinheit als wahr unterstellt werden. Daraus kann aber nicht der Schluss auf eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf nicht absehbare Zeit gezogen werden. Abgesehen davon, dass Kreislaufprobleme und Bluthochdruck grundsätzlich behandelbar sind und bei sachgerechter medizinischer Therapie nicht zu einer dauerhaften Minderung der Leistungsfähigkeit führen, hat die Klägerin nicht substantiiert dargelegt, inwiefern "die hierdurch verursachte internistische Problematik" bereits zu einem eingeschränkten Leistungsvermögen geführt hat. Eine weitere Aufklärung von Amts wegen war daher nicht notwendig. Im Übrigen befand sich der Blutdruck noch bei der Untersuchung durch Dr. W. am 7. Dezember 2009 mit 110/70 mm Hg (Bl. 177 d. LSG-Akte) im Normalbereich.
Der Senat musste auch nicht von Dr. D. - wie von der Klägerin beantragt - vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung eine schriftliche Erläuterung bzw Ergänzung seines Gutachtens einholen. Zwar haben die Beteiligten nach § 116 Satz 2 SGG, § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO das Recht dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache für sachdienlich erachten (BVerfG, Kammerbeschluss vom 3. Februar 1998 - 1 BvR 909/94 - NJW 1998, 2273 = Juris Rdnr 11; vgl auch BSG vom 12. Dezember 2006 - B 13 R 427/06 B - Juris Rdnr 7; BGH vom 7. Oktober 1997 - VI ZR 252/96 - NJW 1998, 162, 163 = Juris Rdnr 10 - alle mwN). Dabei müssen die dem Sachverständigen zu stellenden Fragen nicht formuliert werden. Es reicht vielmehr aus, die erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret zu bezeichnen (BSG SozR 3-1750 § 411 Nr 1 S 5; SozR 4-1500 § 116 Nr 1 Rdnr 7; BVerwG NJW 1996, 2318), zB auf Lücken oder Widersprüche hinzuweisen. Einwendungen in diesem Sinn sind dem Gericht rechtzeitig mitzuteilen (vgl § 411 Abs 4 ZPO). Eine Form für die Befragung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, sodass sie sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen kann (vgl zu alledem auch BSG vom 23. März 2010, B 5 R 154/10 B).
Die Klägerin hat jedoch keine erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret bezeichnet oder auf Lücken oder Widersprüche hingewiesen, sondern vielmehr ausgeführt, der Sachverständige "möge auch auf die teilweise abweichenden Vordiagnosen, die Erforderlichkeit der beantragten Zusatzgutachten" eingehen und "eine nachvollziehbare Begründung bezüglich des quantitativen Restleistungsvermögens" abgeben. Hierbei handelt es sich nicht um erläuterungsbedürftige Punkte im Sinne der genannten Rechtsprechung; vielmehr setzt die Klägerin im Ergebnis ihre eigene Leistungseinschätzung der des Sachverständigen entgegen und hält deshalb diese für nicht nachvollziehbar. Wie bereits dargelegt, hält der Senat die Leistungseinschätzung des Dr. D., die auch von Dr. R., Dr. L. und Dr. H. geteilt wird, vor dem Hintergrund der bei der Klägerin bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen für nachvollziehbar und schlüssig.
Der Senat musste auch nicht das Erscheinen von Dr. D. zum Termin zur mündlichen Verhandlung anordnen. Gemäß § 118 Abs 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 411 Abs 3 ZPO kann das Gericht das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutert. Hierbei handelt es sich um eine Ermessensentscheidung des Senats (BSG, Beschluss vom 25. November 2008 - B 5 R 366/07 B). Die mündliche Erörterung ist nach Ansicht des Senats insbesondere dann geboten, wenn sie zur Klärung von Zweifeln oder zur Beseitigung von Unklarheiten unumgänglich ist (vgl auch BGH, Urteil vom 11. Juli 2007 - VIII ZR 215/00 = NJW 2001, 3269). Je nach den Umständen des Einzelfalles kann auch eine schriftliche Erläuterung des Gutachtens genügen (BSG, aaO, mwN). Ein Anlass zur weiteren Klärung in diesem Sinne besteht im vorliegenden Fall nicht. Denn die Klägerin hat keine Unklarheiten im Gutachten des Dr. D. aufgezeigt. Sie hat im Schriftsatz vom 23. Juli 2010 sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die jetzigen Beschwerden von ihm zutreffend beschrieben worden sind. Soweit Dr. D. die orthopädische Behandlung - wie von der Klägerin angegeben - ab Februar 2009 nicht erwähnt hat, führt dies nicht zu einer Unklarheit des Gutachtens. Die bei der Klägerin erhobenen Befunde lassen sich aber sowohl mit dem von Dr. D. erhobenen Diagnosen als auch mit dessen Leistungseinschätzung in Einklang bringen.
Der Senat hält auch die von der Klägerin beantragte Einvernahme von Dr. S. nicht für erforderlich und lehnt deshalb den entsprechenden Beweisantrag im Schriftsatz vom 13. August 2010 ab. Die Klägerin hat zur Begründung dieses Antrages vorgetragen, die orthopädischen Behandlungen HWS, linke Schulter bei Dr. S. seien bislang erfolglos geblieben. Auch hier träten nach kurzer zeitlicher Beanspruchung jeweils Schmerzen auf. Es handele sich um degenerative Veränderungen, die bereits seit (mindestens) 2005 dokumentiert sind, sodass hauptsächlich schmerzlindernd behandelt werde. Aus dem Umstand, dass die Beschwerden auch nach Ansicht der Klägerin aus den seit Jahren dokumentierten degenerativen Veränderungen resultieren, kann der Schluss gezogen werden, dass diese Veränderungen Gegenstand der Untersuchung durch Dr. D. am 30. April 2010 waren und deshalb auch bei seiner Leistungseinschätzung der Klägerin berücksichtigt wurden. Die von der Klägerin behauptete schmerzlindernde Behandlung durch Dr. S. wird als wahr unterstellt. Durch eine Schmerzbehandlung wird aber die Leistungsfähigkeit verbessert und nicht verschlechtert. Dass degenerative Veränderungen von Gelenken in aller Regel nicht mehr rückgängig gemacht werden können, liegt in der Natur derartiger Alterungsprozesse und sagt nichts darüber aus, ob und in welchem Ausmaß dies zu Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit führt. Im Übrigen ist auch hier zu berücksichtigen, dass Dr. D. nach den Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 23. Juli 2010 die jetzigen Beschwerden zutreffend beschrieben hat.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben nach § 240 Abs 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art 1 Nr 61 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Kläger ist zwar vor dem 02. Januar 1961 geboren. Sie hat jedoch keinen Beruf erlernt und ist seit Februar 2005 halbtags als Büroangestellte (ohne Ausbildung) im Rechtsanwaltsbüro ihres Ehemannes beschäftigt. Die Klägerin ist damit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist insofern nicht erforderlich. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes kann sie jedoch - wie bereits dargelegt - unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen sechs Stunden und mehr täglich verrichten.
Die Berufung war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die am 10. Oktober 1960 geborene Klägerin begann nach ihren eigenen Angaben im Jahr 1977 eine Lehre als Herrenschneiderin, die sie im Oktober 1977 abbrach. Sie übte danach bis 1988 verschiedene Tätigkeiten aus und begann im Januar 1988 (bis November 2003) als Altenpflegerin versicherungspflichtig zu arbeiten. Eine Lehre als Altenpflegerin, die die Klägerin im Januar 1998 begonnen hatte, brach sie am 14. November 2003 ohne Prüfung ab. Sie bezog im Anschluss daran Leistungen der Arbeitsverwaltung sowie vom 22. Juli bis 1. Oktober 2004 Krankengeld und arbeitet seit Februar 2005 halbtags (20 Wochenstunden) als Anwaltsgehilfin im Anwaltsbüro ihres Ehemannes, nachdem die Beklagte einen Einarbeitungszuschuss bewilligt hatte (Bescheid vom 5. September 2005). Zu ihrem Tätigkeitsfeld gehört die Beschaffung von Prozessakten und die Terminorganisation. Nach ihren eigenen Angaben telefoniert sie hierbei auch mit Mandanten und fertigt Schreiben auf einer Tastatur an. Es ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 seit dem 1. Januar 2005 - nach Vergleichsannahme in der Rechtssache S 6 SB 1750/07 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) - anerkannt.
Vom 1. März bis 30. September 2004 nahm die Klägerin an einer Reintegrationsmaßnahme des beruflichen Bildungszentrums (BBZ) W. teil.
Am 12. Dezember 2005 beantragte die Klägerin bei der Beklagten formlos die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung führte sie aus, sie leide seit 1993 an Gesundheitsstörungen, die sich permanent verschlechterten, so dass sie ihre Arbeit als Altenpflegerin 2003 wegen einer chronischen Polyarthritis und eines Bandscheibenvorfalles im August 2003 habe aufgeben müssen. Nach Beiziehung zahlreicher ärztlicher Befundberichte ließ die Beklagte die Klägerin fachärztlich begutachten. Internist und Rheumatologe Dr. L. gelangte in seinem Gutachten vom 10. Mai 2006 für die Klägerin zu folgenden Diagnosen: chronifiziertes Ganzkörperschmerzsyndrom (vorbefundlich Fibromyalgiesyndrom), angegebene Schwellneigung im Bereich der Hände und anderer Gelenke (jedoch klinisch und laborchemisch kein Anhalt für entzündlich-rheumatische Erkrankung), wiederkehrende Nacken- und Kreuzschmerzen (aktuell keine Bewegungseinschränkungen und keine Wurzelreizerscheinungen), komplikationslose Abtragung eines kleinen Knötchens am rechten Vorfuß am 9. März 2005 und Cholesterinerhöhung. Bereits zu Beginn der Beschwerdeerhebung sei geklagt worden, dass psychische Probleme im Vordergrund stünden. Aus internistisch-rheumatologischer Sicht sei eine Leistungsminderung bezüglich der zuletzt verrichteten Tätigkeit als Bürohelferin zu verneinen. Diese und andere leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könne die Klägerin unter Vermeidung besonderer Anforderungen an die Belastbarkeit der Wirbelsäule, der Hände oder Füße sechs Stunden und mehr verrichten. Ärztin für Psychiatrie Dr. H. gelangte in ihrem psychiatrischen Zusatzgutachten vom 16. Mai 2006 für die Klägerin zu folgenden Diagnosen: emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typus, Verdacht auf leicht ausgeprägte somatoforme Schmerzstörung und schädlicher Gebrauch von Schmerzmitteln und Benzodiazepinen. Die Auffassung, Aufmerksamkeit, Konzentrations- und Merkfähigkeit seien nicht wesentlich beeinträchtigt gewesen. Aus der Vorgeschichte sei jedoch eine mehrfache Traumatisierung durch Gewalt und sexuellen Missbrauch in der Kindheit bekannt. Infolge dessen sei es zu verschiedenen Störungen und wiederholten Suizidversuchen gekommen. Eine psychiatrisch-psychotherapeutische Intensivierung der Behandlung sei dringend erforderlich. Sie sei aber noch in der Lage, Tätigkeiten als Bürohelferin und sonstige leichte bis mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Es bestehe lediglich eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit. Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 22. Mai 2006 mit der Begründung ab, mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben, so dass weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung bzw Berufsunfähigkeit vorliege.
Mit ihrem dagegen am 8. Juni 2006 eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie leide seit Jahren an rheumatischen Beschwerden, an einem Fibromyalgiesyndrom, an arthritischen Beschwerden und an einem Bandscheibenvorfall. Die Vielzahl der Symptome führten zu einer psychischen Erkrankung. Aufgrund der Schmerzen sei auch ihre Nachtruhe gestört. Nach erneuter Stellungnahme des Dr. L. wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 19. März 2007 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, Dr. L. habe die Wirbelsäule untersucht und sei nur zu qualitativen Einschränkungen gelangt. Dr. H. habe hingegen lediglich die Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme mit anschließender ambulanter Psychotherapie befürwortet. Die Klägerin sei daher in der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in wechselnder Körperhaltung, ohne Nachtschicht und ohne besondere Anforderungen an die Belastbarkeit der Wirbelsäule, Hände oder Füße mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Der zuletzt ausgeübte Beruf als Bürogehilfin sei dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen, so dass die Klägerin auf sämtliche ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden könne. Die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit sei nicht erforderlich.
Mit ihrer dagegen am 10. April 2007 beim SG erhobenen Klage hat die Klägerin ergänzend zur Widerspruchsbegründung geltend gemacht, es bestehe ein ständiges Schmerzbild, das durch die verschriebene Medikation lediglich eingedämmt werden könne. Dies führe zu weiteren Organschäden und zu einer psychischen Beeinträchtigung. Aufgrund ihres Fibromyalgiesyndroms sei sie nicht mehr in der Lage, mehr als drei Stunden täglich zu arbeiten.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG die Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie Dr. M.-E. schriftlich als sachverständige Zeugin gehört und Krankenunterlagen von dem behandelnden Hausarzt Dr. K. beigezogen. Dr. M.-E. hat angegeben (Auskunft vom 25. Juli 2007), die Klägerin habe sich erstmals im April 2005 und zuletzt im November 2005 vorgestellt. Seit Januar 2006 seien Untersuchungsbefunde nicht mehr erhoben worden, so dass bezüglich des Leistungsvermögens keine Aussage getroffen werden könne.
Das SG hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. R. vom 25. Januar 2008 eingeholt. Dieser hat im Hinblick auf den von der Klägerin geschilderten Tagesablauf festgehalten, dass sie bis 16 oder 18 Uhr im Sekretariat des Rechtsanwaltbüros ihres Ehemannes arbeite. Sie meide zwar Großveranstaltungen, treffe sich aber gelegentlich mit Freunden und befreundeten Ehepaaren. Zuhause benutze sie ihren Heimtrainer und in ihrer Freizeit unternehme sie Spaziergänge im S. (bis zu 90 Minuten), wobei die Strecke zwischen vier bis fünf Kilometer betrage. Darüber hinaus gehe sie alle 14 Tage nach B.-B. um dort zu schwimmen. Im September 2007 habe sie für drei Wochen auf einem Campingplatz in Spanien Urlaub gemacht, wobei die Hinfahrt mit einem VW-Bus erfolgt sei, in dem sie sich habe hinlegen können. Auch im Jahr zuvor habe sie einen 17-tägigen Urlaub in Spanien verbracht. Bei der psychischen Untersuchung sei eine geringgradig verminderte Antriebslage, ein subdepressives Stimmungsbild sowie eine leichtgradige Störung der kognitiven und mnestischen Funktionen aufgefallen. Unter Berücksichtigung des aktuellen neurologisch-psychatrischen Befundes könne eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung leichten Ausprägungsgrades und ein degeneratives Hals- bzw Lendenwirbelsäulensyndrom festgestellt werden. Im vorliegenden Fall bestehe eine Diskrepanz zwischen der Intensität bzw dem Ausbreitungsgebiet der geklagten Beschwerden und den organisch nachweisbaren Befunden. Ein Teil dieser Diskrepanz erkläre sich durch das Krankheitsbild der somatoformen Schmerzstörung. Die Analyse der Alltagsaktivitäten und der nur leicht gestörte psychische Befund zeigten jedoch, dass es sich um einen geringen Ausprägungsgrad handle. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne die Klägerin ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu 20 kg verrichten. Dauerndes Stehen oder Gehen müsse vermieden werden, während dauerhaftes Sitzen zumutbar sei. Nicht leidensgerecht seien gleichförmige Körperhaltungen, wie häufiges Bücken oder Arbeiten auf Leitern und Gerüsten. Treppensteigen solle nur noch zeitweise verrichtet werden, während Akkord- und Fließbandarbeiten vermieden werden müssten. In Bezug auf Schichtarbeit sei es ihr zuzumuten, Tätigkeiten in der Früh- oder Spätschicht durchzuführen. Die Verrichtung von Nachtarbeiten könnte die bereits vorhandenen Schlafstörungen verschlimmern, so dass diese vermieden werden müssten. Auch Arbeiten in Kälte, unter Wärmeeinfluss, unter Einwirkung von Staub, Gasen und Dämpfen oder in Gegenwart von Nässe müssten vermieden werden. Eine besondere Beanspruchung des Gehörs oder des Sehvermögens könne ebenso wie Publikumsverkehr zugemutet werden. Auch sei die Klägerin in der Lage, Arbeiten an Schreib- oder Büromaschinen zu verrichten. Sie könne allerdings keine Aufgaben mit hoher Verantwortung, wie dies zB beim Anleiten oder beim Beaufsichtigen mehrerer Personen bzw beim Überwachen oder Bedienen komplizierter Maschinen der Fall sei, übernehmen. Unter Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen sei die Klägerin noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auszuüben. Besondere Arbeitsbedingungen seien nicht notwendig.
Mit Urteil vom 3. Juni 2008 hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, es schließe sich den angefochtenen Bescheiden, insbesondere dem Widerspruchsbescheid vollumfänglich an. Zu ergänzen sei, dass eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht in Betracht komme, da der Klägerin kein Berufsschutz zukomme. Auch ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. R., dass sie noch in der Lage sei, leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkes unter Berücksichtigung qualitativer - nicht arbeitsmarktunüblicher - Leistungseinschränkungen sechs Stunden täglich zu verrichten. Ein weiteres Gutachten auf orthopädisch-rheumatologischem Fachgebiet sei nicht notwendig, da nicht ersichtlich sei, dass sich die Klägerin in dauernder fachorthopädischer Behandlung befinde. Auch habe rheumatologisch keine spezifische Behandlung mehr stattgefunden. Bei dem vorhandenen Ganzkörperschmerz handele es sich nicht um eine primäre rheumatologische Erkrankung, sondern um eine Erkrankung, die Dr. R. zu Recht als somatoforme Schmerzstörung klassifiziert habe. Die Leistungseinschätzung des Gutachters sei insbesondere vor dem Hintergrund des Tagesablaufs und der Alltagsaktivitäten der Klägerin schlüssig und nachvollziehbar. Hiervon ausgehend könne weder ein Rückzugsverhalten noch ein eingeschränktes Leistungsvermögen festgestellt werden.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 22. Juli 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21. August 2008 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt; eine Begründung der Berufung ist nach mehrmaliger Erinnerung erstmals am 15. Dezember 2008 erfolgt. Zur Begründung trägt die Klägerin vor, die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hätten in ihrer Kombination zu einem ständigen Schmerzbild geführt, das sich nicht nur bei ihrer Halbtagsarbeit, sondern auch im normalen Alltagsleben ständig auswirke und mit den verschiedenen Medikamenten lediglich gelindert werden könne. Letztlich hätten ihre Beschwerden auch zu einer Depression geführt. Aufgrund der Dauermedikation seien im Übrigen auch andere Organe geschädigt worden. Sie sei daher nicht in der Lage, mindestens drei Stunden täglich zu arbeiten. Im Hinblick auf das Gutachten des Dr. R. sei anzumerken, dass dieser nicht alle vorhandenen und aktenkundige medizinische Vorbefunde ausgewertet habe. So leide sie bereits seit mehreren Jahrzehnten an orthopädischen und rheumatischen Beschwerden. Weder Dr. R. noch Dr. L. hätten spezifische Untersuchungen im Hinblick auf die bei ihr vorliegende Fibromyalgie vorgenommen. Auch das SG habe nicht alle aktenkundigen Befunde beigezogen und berücksichtigt. Das SG habe auch rechtsfehlerhaft die Einholung eines Gutachtens auf orthopädisch-rheumatologischem Fachgebiet abgelehnt. Für das Vorliegen einer Erkrankung sei es nicht Voraussetzung, dass sich der Erkrankte in Behandlung begebe. Auch habe sie weiterhin ihre Fibromyalgie spezifisch behandelt, in dem sie ihre Schmerzmedikamente eingenommen habe. Generell sei zu berücksichtigen, dass für sie flexible Arbeitszeiten im Rechtsanwaltsbüro ihres Ehemannes bestünden. Sie könne deshalb ihre Arbeit unterbrechen oder nach Hause gehen, wenn sie schmerz- oder konzentrationsbedingt nicht mehr arbeiten könne. Sie bleibe mindestens einen Arbeitstag in der Woche zuhause. Ansonsten müsse sie des Öfteren früher gehen oder ihre Arbeit unterbrechen. Ihre Arbeitsstelle bleibe aufrechterhalten, weil es sich um ein Ehegattenarbeitsverhältnis handle. Seit dem 28. Mai 2008 sei sie an 34 Tagen gehindert gewesen zu arbeiten, da sie sich in ärztliche Behandlung habe begeben müssen, und zwar wegen einer Entzündung in der linken Schulter, wegen eines Verdachts auf Polyneuropathie, wegen einer depressiven Episode, einem Verdacht auf Magengeschwür und einer Magenspiegelung. Zusammenfassend sei festzustellen, dass bei ihr organisch objektivierbare Gesundheitsschäden im orthopädischen Bereich vorlägen. Hinzu komme ein langjähriges Vollbild eines Fibromyalgiesyndroms und eine mindestens mittelgradige Depression. Zur weiteren Begründung hat die Klägerin ua das ärztliche Attest des Facharztes für Innere Medizin Dr. K. vom 15. Februar 2009, den Arztbrief des Anästhesisten Prof. Dr. K. vom 11. Dezember 2008, den Arztbrief des Neurologen und Psychiaters Dr. D. vom 23. April 2009, den Arztbrief des Orthopäden Dr. N. vom 12. Mai 2009, den Arztbrief des Orthopäden Prof. Dr. H. vom 10. August 2009 und die Bescheinigung des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. vom 12. November 2009 sowie den Arztbrief der Assistenzärztin T. vom 11. Juli 2008 (Behandlung in Notaufnahme wegen nicht näher bezeichneten zerebrovaskulären Krankheiten, jedoch am gleichen Tag auf eigenen Wunsch entlassen) vorgelegt. Dr. K. hat in seinem Attest die Auffassung vertreten, dass die Gesamtbelastbarkeit durch das Fibromyalgiesyndrom, durch die Nebenwirkungen der erforderlichen Dauertherapie, der Schlafstörungen und der sekundären Konzentrationsstörungen sowie wegen der reaktiven depressiven Episoden erheblich beeinträchtigt sei, so dass die Klägerin ihre berufliche Tätigkeit aktuell durchschnittlich weniger als drei Stunden täglich ausüben könne. Prof. Dr. H. hat in seinem Arztbrief über die Karpaltunnelspaltung rechts in Vollnarkose berichtet, wobei sich postoperativ eine deutliche Besserung der Symptomatik gezeigt habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 3. Juni 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Dezember 2005 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und weist bezüglich der Diagnose Fibromyalgie darauf hin, dass die Bezeichnung "Fibromyalgie" keinen Eingang in die internationalen Klassifikationssysteme gefunden habe. Das Beschwerdesystem werde in der Fachwelt unter der Diagnose "somatoforme Schmerzstörung" eingeordnet. Die diagnostische Zuordnung könne jedoch dahinstehen, da es nicht auf die gestellte Diagnosen ankomme, sondern auf den klinischen funktionellen Befund. Dieser rechtfertige nicht die begehrte Rente. Die Beklagte hat zudem den Versicherungsverlauf vom 21. Januar 2009 vorgelegt.
Der Senat hat die Gerichtsakte in dem Verfahren S 6 SB 1750/07 beigezogen und zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen.
Dr. M.-E. hat mitgeteilt (Auskunft vom 9. März 2009), seit ihrem Schreiben vom 25. November 2007 habe sich die Klägerin zweimal vorgestellt, und zwar im Oktober 2008 und Januar 2009. Die im Gutachten des Dr. R. genannten Angaben zur Anamnese deckten sich weitgehend mit den Angaben bei den Behandlungen der Klägerin. Die von dem Gutachter angeführte anhaltende somatoforme Schmerzstörung widerspreche der Diagnose eines Fibromyalgiesyndroms nicht, sondern sei lediglich eine Beschreibung eines Syndroms aus einem anderen Blickwinkel. Die für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit maßgebenden Leiden lägen auf orthopädischem Fachgebiet. Dr. D. hat mitgeteilt (Auskunft vom 20. Juli 2009), die bei der Klägerin diagnostizierten Leiden hätten eine Einschränkung ihrer psychischen Belastbarkeit zur Folge. Sie sei nicht mehr für Tätigkeiten geeignet, die zu einer besonderen psychischen Beanspruchung führten (Akkord-, Schicht- und Nachtarbeit).
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. vom 22. Dezember 2009 eingeholt. Im Hinblick auf den Tagesablauf der Klägerin hat Dr. W. angegeben, die Klägerin arbeite in der Regel von 8 bis 12 Uhr. Beim Telefonieren bekomme sie Kopf- oder Ohrenschmerzen, teils auch Rückenschmerzen. Ihr Mann habe deshalb eine Rechtsanwaltsfachangestellte auf 400 EUR-Basis eingestellt. Mittags fahre die Klägerin mit der S-Bahn oder mit dem Linienbus nach Hause, da sie selbst nicht mehr mit dem PKW fahre. Ihre Reaktionsfähigkeit habe vor ein bis zwei Monaten nachgelassen. Lange könne sie nicht mehr lesen, da sie etwa seit drei Monaten an einem grünen Star leide. Dr. W. hat weiter festgestellt, die Klägerin leide an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung mit einem chronifizierten Fibromyalgiesyndrom. In psychischer Hinsicht liege eine chronisch depressive Störung vor, aktuell von der Ausprägung einer Dysthymie. Die anhaltende somatoforme Schmerzstörung bzw das Fibromyalgiesyndrom vermindere die körperliche Leistungsfähigkeit, so dass bei der vorliegenden Ausprägung der schmerzhaften Muskelverspannungen nur noch körperlich leichte Tätigkeiten gesundheitlich zumutbar seien und zwar unter Ausschluss von Kälte, Nässe- und Zuglufteinwirkung sowie unter Vermeidung von Arbeiten in Zwangshaltung und einseitiger Körperposition. Durchführbar seien hingegen Tätigkeiten in vorwiegend temperierten Räumen, im Wechsel der Körperhaltung zwischen Sitzen, Gehen und Stehen sowie ohne abnormen Zeitdruck wie Fließband- oder Akkordarbeit. Der Wechsel zwischen Tag- und Nachtschicht sei ebenfalls auszuschließen. Die psychischen Störungen gingen einher mit einer Verminderung der Belastbarkeit bezüglich sozialem Druck, Arbeitsanforderung, konzentrativer Ausdauer und Aufmerksamkeit. Deshalb sei das Ausmaß der zumutbaren Tätigkeiten in quantitativer Hinsicht eingeschränkt. Die Klägerin könne an fünf Tagen leichte Tätigkeiten drei bis unter sechs Stunden verrichten, konkret eine Halbtagsarbeit von rund 20 Wochenstunden. Diese Einschränkung sei durch die chronifizierte komplexe Schmerzkrankheit im Verbund mit morpholgischen Veränderungen an der Wirbelsäule und Gelenken, insbesondere durch die chronische psychische Störung in Interaktion bedingt. Bezüglich der Befunde, die die übrigen Gutachter erhoben hätten, bestehe zwar eine gute Übereinstimmung, im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit bestünden aber Divergenzen. Seit Juli 2008 sei es verstärkt zu Wirbelsäulen- und Gelenkbeschwerden gekommen. Er habe deshalb auch ein MRT der Halswirbelsäule veranlasst und verweise diesbezüglich auf den Arztbrief des Radiologen Dr. B. vom 14. Dezember 2009.
Für die Beklagte hat Dr. H. am 13. Januar 2010 zu dem Gutachten des Dr. W. Stellung genommen und darauf hingewiesen, dass im Verlauf seit Mai 2006 eine Verschlechterung der psychischen Situation nicht angenommen werden könne. Dr. W. habe keine Angaben zur Ausprägung der somatoformen Schmerzstörung gemacht. Die Diagnose einer Dysthymie sei im Hinblick auf die aktuellen anamnestischen Daten nicht nachvollziehbar. Insgesamt könne der Leistungseinschätzung des Dr. W. nicht gefolgt werden.
Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts das Gutachten des Facharztes für Chirurgie und Orthopädie Dr. D. vom 10. Mai 2010 erhoben. Im Hinblick auf den Tagesablauf der Klägerin hat Dr. D. festgehalten, dass die Klägerin angegeben habe, sie könne vielleicht 40 bis 50 Minuten am Stück sitzen und müsse dann aufstehen und rumlaufen. Sie arbeite im Büro mal sechs Stunden, mal acht Stunden. Sie fahre gern Fahrrad und lese. Auch nehme sei seit vier Monaten an einem Funktionstraining teil und gehe zwei Mal in der Woche schwimmen. Sie gehe auch weiterhin ca. 15 bis 20 Minuten spazieren. Zur Arbeit fahre sie mit dem Auto (etwa 17 Minuten). Auf orthopädischem Fachgebiet lägen bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen vor: Etwa 10-prozentige Gesamtbeweglichkeitseinschränkung der Halswirbelsäule bei kernspintomographisch dokumentierten vermehrten Verschleißerscheinungen in den Bewegungssegmenten C3/C4 und C5/C6 (bei fehlendem Nachweis von sensiblen oder motorischen Nervenwurzelreizerscheinungen seitens die Halswirbelsäule betreffender Rückenmarksnerven), Schmerzsymptomatik der Lendenwirbelsäule mit daraus resultierenden Schmerzen in den endgradigen Beugebereichen des Hüftgelenks (jedoch derzeit ohne Bewegungseinschränkung und ohne Nachweis von sensiblen oder motorischen Nervenwurzelreizerscheinungen seitens die Lendenwirbelsäule betreffender Rückenmarksnerven), schmerzhafte Beweglichkeit im linken Schultergelenk bei der Abduktion und Elevation bei kernspintomographisch dokumentiertem vermehrtem Verschleiß der Supra-und Supscapularissehne und beginnender Schultergelenks-Arthrose, beidseits leicht abgeschwächte grobe Kraft beider Hände infolge von Schmerzen in den Langfingermittelgelenken, kernspintomographisch dokumentierte vermehrte artrothische Veränderungen im linken innen gelegenen Kniegelenkskompartiment bei derzeit (noch) bestehendem Innenmeniskusriss im mittleren Anteil mit daraus resultierender Schmerzsymptomatik (insbesondere bei Beugung und derzeit bestehender Ergußbildung) und endgradig eingeschränkte Beweglichkeit der rechten Großzehe. Die Klägerin müsse deshalb mittelschwere und schwere Arbeiten, dh regelmäßiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel über 5 kg, Arbeiten mit häufigem Bücken oder Arbeiten in gebückter Zwangshaltung, Überkopfarbeiten und Arbeiten mit überwiegendem Stehen und Gehen bzw. Treppensteigen sowie Arbeiten, die ein In-die-Hocke-gehen erfordern, vermeiden. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen sei die Klägerin noch in der Lage, sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche zu arbeiten.
Die Klägerin hat hierzu am 26. Juli 2010 vorgetragen, Dr. D. habe die Aktenlage nicht ausgewertet, wobei er die jetzigen Beschwerden zutreffend beschrieben habe. Deshalb müsse der zuletzt behandelnde Orthopäde Dr. S. als sachverständiger Zeuge gehört werden. Auch müsse Dr. D. sein Gutachten vor der mündlichen Verhandlung schriftlich erläutern bzw ergänzen. Schließlich sei ein neurologisches sowie ein internistisch-rheumatologisches Zusatzgutachten erforderlich. Im Dezember 2009 sei sie 14 Mal zum Arzt gegangen und am 22./23. Dezember 2009 habe stationär eine Meniskusoperation stattgefunden. Im Jahr 2010 hätten bislang 33 ärztliche, psychotherpeutische und krankengymnastische Behandlungen/Untersuchungen stattgefunden. Am 5. Mai 2010 sei sie wegen eines Verdachts auf Herzinfarkt notfallmäßig im Krankenhaus behandelt worden. Zudem habe sie im Juli 2010 als Fußgängerin einen Verkehrsunfall erlitten, bei dem sie unfallbedingt erneut auf das linke Knie gefallen sei. Im Hinblick auf ihren instabilen Kreislauf mit stark schwankendem Blutdruck sei deshalb auch ein internistisches Gutachten einzuholen.
Mit Schriftsatz vom 13. August 2010 trägt die Klägerin vor, im Gutachten von Dr. D. würden weder Vorbefunde noch aktuelle Behandlungen berücksichtigt. Insoweit werde auf den Schriftsatz vom 23. Juli 2010 verwiesen. Die "Exploration" sei mittels heimlicher, dh ihr nicht mitgeteilter Tonbandaufnahmen "vorbereitet" und dann lediglich teilweise und damit willkürlich im Gutachten wiedergegeben worden. Hierbei hätten sich offenbar auch Hörfehler eingeschlichen. Sie habe auch nicht angegeben, dass sie "mal 6 Stunden, mal 8 Stunden [arbeite]". Sie sei (formal) halbtags angestellt, arbeite aber - wenn sie nicht krankgeschrieben sei - unter halbtags. Hierzu werde auf den Vortrag unter anderem im Schriftsatz vom 15. Dezember 2008 verwiesen. Sie sei nach wie vor der berechtigten Auffassung, dass sie angesichts der Kombination ihrer sich insbesondere seit 2007 verschlimmernden Erkrankungen eine Restleistungsfähigkeit von unter drei Stunden habe. Zu berücksichtigen sei hierbei, dass sich ihre Beschwerden aufgrund der Fibromyalgie, des Restless-Legs-Syndroms, der orthopädischen und internistischen Beschwerden in Verbindung mit der Depression infolge des Dauerschmerzbildes jeweils wechselseitig "förderten". Dies habe zur Folge, dass auch unter den vom Sachverständigen Dr. W. genannten Bedingungen kaum noch eine quantitative Leistungsfähigkeit bestehe. Die Operation des Karpaltunnels rechts im August 2009 sei nicht erfolgreich verlaufen. Es müsse gegebenenfalls nachoperiert werden (ebenso der Ulnaris). Seitdem bestehe ein Schmerz in der rechten Hand im rechten Arm bei geringster zeitlicher Inanspruchnahme. Auch bei der linken Hand ist eine CTS-OP erforderlich. Die Meniskus-OP im Dezember 2009 sei ebenfalls nicht erfolgreich verlaufen. Am 17. Juni 2010 sei das linke Knie durch einen Verkehrsunfall weiter geschädigt worden. Eine für den 15. Juli 2010 angesetzte zweite OP habe wegen Kreislaufinstabilität verschoben werden müssen. Der instabile und nicht einstellbare Kreislauf (instabiler Blutdruck) sei durch den Hausarzt Dr. K. und durch die notfallmässige Einweisung am 5. Mai 2010 wegen Va Herzinfarkt dokumentiert. Die orthopädischen Behandlungen HWS, linke Schulter bei Dr. S. seien bislang erfolglos geblieben. Auch hier träten nach kurzer zeitlicher Beanspruchung jeweils Schmerzen auf. Es handele sich um degenerative Veränderungen, die bereits seit (mindestens) 2005 dokumentiert sind, sodass hauptsächlich schmerzlindernd (Cortison Spritzen, Schmerzmittel Ibuflam 800 3 x täglich) behandelt werde. Die psychotherapeutische Behandlung bei dem Therapeuten B. werde fortgesetzt. Die Zeiten der Krankschreibungen hätten sich erhöht. Die Arbeitszeiten innerhalb der "Halbtagsanstellung" würden nach ihrem Gesundheitszustand in Einzelabsprache gestaltet. Eine zusätzlich Hilfskraft sei eingestellt worden, da eine verlässliche Arbeitsplanung gesundheitsbedingt mit ihr nicht mehr möglich sei. Um einer Amtsaufklärung zu genügen, seien im Rahmen von § 103 SGG die hiermit beantragten Gutachten einzuholen, um die Auswirkungen der bei der Klägerin vorhandenen Erkrankungen in ihrer Kombination und Wechselwirkung auf die verbleibende quantitative Leistungsfähigkeit überhaupt prüfen zu können, nämlich ein neurologisches (Wurzelreizsyndrom) und ein internistisch-rheumatologisches Zusatzgutachten. Im Schriftsatz vom 23. Juli 2010 habe sie die Einvernahme von Dr. med S. als sachverständigen Zeugen und eine schriftliche Erläuterung bzw Ergänzung des Gutachtens des Sachverständigen Dr. D. (§§ 118 SGG, 411 Absatz 3 ZPO) vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung beantragt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalt und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, auf die beigezogene Gerichtsakte in dem Verfahren S 6 SB 1750/07 sowie auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten (einschließlich der Akte zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) Bezug genommen,
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid der Beklagten vom 22. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2007 (§ 95 SGG) rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Die Klägerin hat weder ab dem 1. Dezember 2005 noch ab einem späteren Zeitpunkt Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, auch nicht wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. Dezember 2007 nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I, 554). Dies folgt aus § 300 Abs 1 SGB VI. Danach sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt (§ 302b Abs 1 SGB VI).
Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Nach diesen Maßstäben ist die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, weil sie noch in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts und unter Beachtung quantitativer Leistungseinschränkungen leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Die Belastbarkeit der Klägerin ist im Wesentlichen aufgrund von Schmerzen eingeschränkt. Die Klägerin leidet insbesondere an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung leichten Ausprägungsgrades bzw an einem Fibromyalgiesyndrom. Dies entnimmt der Senat den Gutachten des Dr. R. und des Dr. L., wobei letzteres im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden konnte. Auch Dr. M.-E. hat in ihrer Auskunft vom 9. März 2009 dargelegt, dass sich bei ihren Untersuchungen Charakteristika eines Fibromyalgiesyndroms gezeigt haben. Dr. W. hat die genannten Diagnosen bestätigt, in dem er ebenfalls angegeben hat, dass die Klägerin an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung mit einem chronifizierten Fibromyalgiesyndrom leidet. Darüber hinaus geht er auch von einer Dysthymie aus. In diesem Zusammenhang weist der Senat aber darauf hin, dass die diagnostische Zuordnung der Schmerzen der Klägerin im Hinblick auf die Diagnose "anhaltende somatoforme Schmerzsstörung" und "Fibromyalgie" nicht streiterheblich ist, da es nicht auf die gestellte Diagnosen ankommt, sondern auf den klinischen funktionellen Befund. Hierauf hat die Beklagte zutreffend hingewiesen. Darüber hinaus hat Dr. M.-E. in ihrer Auskunft vom 9. März 2009 auch darauf hingewiesen, dass die von Dr. R. angeführte anhaltende somatoforme Schmerzstörung nicht der Diagnose eines Fibromyalgiesyndroms widerspricht, sondern lediglich eine Beschreibung des Syndroms aus einem anderen Blickwinkel ist. Das deckt sich auch damit, dass sowohl Dr. R. als auch Dr. W. und Dr. D. ein übereinstimmendes Beschwerdebild bei der Klägerin erhoben haben. Auf das Vorliegen von übereinstimmenden Befunden hat Dr. W. in seinem Gutachten auch ausdrücklich hingewiesen.
Darüber hinaus leidet die Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet an einer etwa 10-prozentigen Gesamt-Beweglichkeitseinschränkung der Halswirbelsäule bei kernspintomographisch dokumentierten vermehrten Verschleißerscheinungen in den Bewegungssegmenten C3/C4 und C5/C6 (bei fehlendem Nachweis von sensiblen oder motorischen Nervenwurzelreizerscheinungen seitens die Halswirbelsäule betreffender Rückenmarksnerven), an einer Schmerzsymptomatik der Lendenwirbelsäule mit daraus resultierenden Schmerzen in den endgradigen Beugebereichen des Hüftgelenks, jedoch derzeit ohne Bewegungseinschränkungen und ohne Nachweis von sensiblen oder motorischen Nervenwurzelreizerscheinungen seitens die Lendenwirbelsäule betreffende Rückenmarksnerven, an einer schmerzhaften Beweglichkeit im linken Schultergelenk bei der Abduktion und Elevation und bei kernspintomotraphisch dokumentierten vermehrtem Verschleiß der Supra- und Subscapularissehne und beginnender Schultergelenksarthrose, an beidseits leicht abgeschwächter grober Kraft beider Hände infolge von Schmerzen in den Langfingermittelgelenken und an einer endgradig eingeschränkten Beweglichkeit der rechten Großzehe. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. D ...
Der von Dr. D. geäußerte Verdacht auf eine Innenmeniskusschädigung des linken Kniegelenks mag die Indikation für eine Operation begründen, rechtfertigt aber nicht die Annahme einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht. Dies gilt auch für die von der Klägerin vorgetragene, im Einzelnen nicht näher bezeichnete "weitere Schädigung" des linken Kniegelenks durch einen Verkehrsunfall am 17. Juni 2010, bei dem die Klägerin nach dem Schriftsatz vom 23. Juli 2010 als Fußgängerin auf das linke Knie gefallen war, zumal die Klägerin die Absicht hat, die Beeinträchtigungen im linken Kniegelenk operativ behandeln zu lassen. Dass eine Operation aus medizinischen Gründen nicht nur vorübergehend (zB wegen Kreislaufbeschwerden), sondern dauerhaft ausgeschlossen ist, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Auch hat sie nicht behauptet, durch die Beschwerden im linken Kniegelenk in ihrer Gehfähigkeit beeinträchtigt zu sein. Nach dem Gutachten des Dr. D. macht sich die Innenmeniskusschädigung vornehmlich durch Schmerzen bei der Beugung des Kniegelenks bemerkbar. Der Sachverständige hat diesem Umstand dadurch Rechnung getragen, dass er Arbeiten in der Hocke und Arbeiten, die mit Treppensteigen verbunden sind, zumindest derzeit nicht für zumutbar erachtet.
Darüber hinaus besteht ein Zustand nach Karpaltunnel-Syndrom-Operation an der rechten Hand, wobei sich postoperativ eine deutliche Besserung der Symptomatik gezeigt hat. Dies folgert der Senat aus dem Arztbrief des Prof. Dr. H. vom 10. August 2009. Der gerichtliche Sachverständige Dr. W., der auch Arzt für Neurologie ist, stellte bei seiner Untersuchung am 7. Dezember 2009 fest, dass sich an der rechten Hand ulnar unter Einbeziehung der Finger D5 und D4 eine Sensibilitätsminderung gezeigt hat, wobei die Narbe nach Karpaltunnel-Dekompression unauffällig erschien. Auch dies belegt, dass die Operation zumindest so erfolgreich war, dass eine nennenswerte Einschränkung der Erwerbsfähigkeit hieraus nicht resultiert. Die Untersuchung durch Dr. D. am 30. April 2010 schließlich ergab, dass die Muskulatur beider Hände bei der Klägerin regelrecht kräftig ausgeprägt ist. Dies rechtfertigt die Annahme, dass keine nervlich oder schmerzbedingte Inaktivität vorliegt. Der Senat hält daher die Behauptung der Klägerin im Schriftsatz vom 13. August 2010, wonach die Operation des Karpaltunnels im August 2009 nicht erfolgreich verlaufen sei, für widerlegt.
Aufgrund der genannten Gesundheitsstörungen ist die Klägerin nur noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten. Zu vermeiden sind mithin mittelschwere und schwere körperliche Arbeiten und Tätigkeiten mit regelmäßigem Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel über 5 kg, Arbeiten mit häufigem Bücken oder Arbeiten in gebückter Zwangshaltung, Überkopfarbeiten, Arbeiten mit vorwiegendem Stehen und gehen bzw Treppensteigen und Arbeiten, die ein In-die-Hocke-gehen erfordern. Diese qualitativen Leistungseinschränkungen entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. D., die aufgrund der geschilderten Gesundheitsstörungen auch nachvollziehbar und schlüssig sind. Dies insbesondere deshalb, weil die orthopädischen Beschwerden - insbesondere in den Gelenkbereichen - seit Juli 2008 zugenommen haben, was sich ua aus dem Arztbrief der Assistenzärztin T. über die notfallmäßige Aufnahme der Klägerin am 11. Juli 2008 und dem Arztbrief des Prof. Dr. K. vom 11. Dezember 2008 ergibt. Schließlich hat auch Dr. N. in seinem Arztbrief vom 12. Mai 2009 zunehmend Beschwerden im Bereich der unteren Wirbelsäule bei beginnender Osteochondrose C3/C4 und C6/C7 beschrieben. Im Hinblick auf die Einschätzung des Dr. R., wonach die Klägerin noch in der Lage sei, Lasten bis zu 20 kg zu heben, ist insofern eine nachvollziehbare Verschlechterung eingetreten, da sie nunmehr - wie von Dr. D. ausgeführt - nicht mehr in der Lage ist, Lasten ohne Hilfsmittel über 5 kg zu heben, zu tragen oder zu bewegen. Aus dem Gutachten des Dr. R. entnimmt der Senat jedoch die weiterhin geltenden zusätzlichen qualitativen Leistungseinschränkungen, wonach die Klägerin auch Akkord- und Fließbandarbeiten, die Verrichtung von Nachtarbeiten, Arbeiten in Kälte, unter Wärmeeinfluss, unter Einwirkung von Staub, Gasen und Dämpfen oder in der Gegenwart von Nässe vermeiden muss. Auch kann die Klägerin keine Aufgaben mit hoher Verantwortung, wie dies zB beim Anleiten oder beim Beaufsichtigen mehrerer Personen bzw beim Überwachen oder Bedienen komplizierter Maschinen der Fall ist, mehr ausüben. Dies resultiert aus dem bei der Klägerin vorliegenden psychischen Befund, des Dr. W. als Dysthymie eingeordnet hat.
Trotz der genannten Gesundheitsstörungen ist die Klägerin jedoch noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Der Senat schließt sich insofern den nachvollziehbaren und schlüssigen Leistungseinschätzungen des Dr. D., des Dr. R., des Dr. L. und der Dr. H. an. Der Senat geht davon aus, dass eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens, wie etwa von Dr. K. in seinem Attest vom 15. Februar 2009 und Dr. W. angenommen, sich insbesondere nicht mit dem Tagesablauf der Klägerin und ihren Alltagsaktivitäten in Einklang bringen lässt. So hat die Klägerin gegenüber Dr. D. angegeben, dass sie aktuell immer noch in der Lage ist, mal sechs Stunden und mal acht Stunden zu arbeiten, dass zu ihren Hobbys das Lesen gehöre, sie seit vier Monaten ein Funktionstraining absolviere und dazu auch zwei Mal in der Woche schwimmen gehe. Zudem fährt die Klägerin eigenen Angaben zufolge wieder Auto, nachdem sie gegenüber Dr. W. angegeben hatte, selbst nicht mehr mit dem Auto zu fahren. Schließlich ergibt sich aus den Angaben der Klägerin gegenüber Dr. R., dass ein sozialer Rückzug nicht stattgefunden hat, weshalb auch die von Dr. W. diagnostizierte Dysthymie nicht zu einer Reduzierung des zeitlichen Leistungsvermögens führt. In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass sich nach seiner ständigen Rechtsprechung (vgl Urteil vom 20. Juli 2010 - L 11 R 5140/09; Urteil vom 24. September 2009 - L 11 R 742/09) der Schweregrad psychischer Erkrankungen und somatoformer Schmerzstörungen aus den daraus resultierenden Defiziten im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessenspektrum und die soziale Interaktionsfähigkeit ableitet. Vor diesem Hintergrund kann auch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Klägerin weiterhin als Büroangestellte bei ihrem Ehemann arbeitet, auch wenn dieser darauf hingewiesen hat, dass er das Arbeitsverhältnis nur aufgrund der ehelichen Beziehung aufrechterhält und die Klägerin ihre Arbeitszeit frei einteilen kann. Wie bereits dargelegt hat die Klägerin gegenüber Dr. D. selbst angegeben, gelegentlich bis zu acht Stunden arbeiten zu können.
Die Leistungseinschätzung des Dr. W. ist auch deshalb nicht überzeugend, weil er gravierende Unterschiede hinsichtlich der Befunde nicht angegeben hat. Er hat im Gegenteil darauf hingewiesen, dass bezüglich der Befunde eine gute Übereinstimmung mit den übrigen vorliegenden ärztlichen Unterlagen und Gutachten besteht. Seine angenommene Divergenz in der Leistungsbeurteilung hat er nicht hinreichend begründet. Er hat seine zeitliche Leistungseinschätzung lediglich mit dem Vorhandensein der chronifizierten komplexen Schmerzkrankheit in Verbund mit morphologischen Veränderungen an der Wirbelsäule und den Gelenken und im Hinblick auf die chronische psychische Störung begründet. Den Schweregrad der bei der Klägerin vorliegenden somatoformen Schmerzstörung hat Dr. W. in seinem Gutachten jedoch überhaupt nicht angegeben und die morphologischen Veränderungen an der Wirbelsäule und an den Gelenken führen - wie sich aus dem Gutachten des Dr. D. ergibt - nicht zu einer zeitlichen Leistungseinschränkung. Darüber hinaus hat Dr. D. in seiner Auskunft vom 20. Juli 2009 ebenfalls keine Befunde mitgeteilt, die zu einer zeitlichen Einschränkung des Leistungsvermögens führen. Er hat - wie bereits Dr. R. - lediglich dargelegt, dass die Klägerin nicht mehr für Tätigkeiten geeignet ist, die zu einer besonderen psychischen Beanspruchung führen (wie zB Akkord-, Schicht- und Nachtarbeit).
Weitere Ermittlungen von Amts wegen waren nicht erforderlich. Der Senat musste insbesondere kein neurologisches, internistisches oder internistisch-rheumatologische Zusatzgutachten einholen. Die hierauf abzielenden Beweisanträge der Klägerin im Schriftsatz vom 13. August 2010 werden daher abgelehnt. Zum einen wurde die Klägerin bereits durch Dr. R. auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet begutachtet und es ist nicht ersichtlich, dass sich auf neurologischem Fachgebiet der Gesundheitszustand der Klägerin wesentlich verändert hat. Entsprechende Befunde sind nämlich den Gutachten des Dr. W. und des Dr. D. bzw der Auskunft des Dr. D. nicht zu entnehmen. Auch war kein internistisch-rheumatisches Gutachten einzuholen. Zum einen hat Dr. M.-E. in ihrem Arztbrief vom 7. November 2008 angegeben, dass keine Hinweise für eine entzündliche rheumatische Erkrankungen vorliegen. Zum anderen hat diese in ihrer Auskunft vom 9. März 2009 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit der Klägerin am sinnvollsten ist, wenn ein Schmerztherapeut, am günstigsten mit einem psychiatrischen Ausbildungshintergrund, die Leistungsfähigkeit der Klägerin beurteile. Dr. R. ist jedoch Schmerztherapeut und zugleich Facharzt für Psychiatrie, so dass auch ein weiteres schmerztherapeutisches Gutachten nicht in Betracht kam.
Soweit die Klägerin ein internistisches Gutachten anregt, sieht der Senat ebenfalls keinen Bedarf, von Amts wegen zu ermitteln. Sie hat zwar mitgeteilt, dass sie am 5. Mai 2010 wegen eines Verdachts auf einen Herzinfarkt notfallmäßig im Krankenhaus behandelt worden ist. Daraus entnimmt der Senat aber, dass lediglich ein Verdacht bestand und mithin kein Herzinfarkt eingetreten ist. Die Klägerin hat diesbezüglich auch nichts anderes behauptet. Der Vortrag, sie leide seit längerem an einem instabilen Kreislauf und stark schwankendem Blutdruck, kann in dieser Allgemeinheit als wahr unterstellt werden. Daraus kann aber nicht der Schluss auf eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf nicht absehbare Zeit gezogen werden. Abgesehen davon, dass Kreislaufprobleme und Bluthochdruck grundsätzlich behandelbar sind und bei sachgerechter medizinischer Therapie nicht zu einer dauerhaften Minderung der Leistungsfähigkeit führen, hat die Klägerin nicht substantiiert dargelegt, inwiefern "die hierdurch verursachte internistische Problematik" bereits zu einem eingeschränkten Leistungsvermögen geführt hat. Eine weitere Aufklärung von Amts wegen war daher nicht notwendig. Im Übrigen befand sich der Blutdruck noch bei der Untersuchung durch Dr. W. am 7. Dezember 2009 mit 110/70 mm Hg (Bl. 177 d. LSG-Akte) im Normalbereich.
Der Senat musste auch nicht von Dr. D. - wie von der Klägerin beantragt - vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung eine schriftliche Erläuterung bzw Ergänzung seines Gutachtens einholen. Zwar haben die Beteiligten nach § 116 Satz 2 SGG, § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO das Recht dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache für sachdienlich erachten (BVerfG, Kammerbeschluss vom 3. Februar 1998 - 1 BvR 909/94 - NJW 1998, 2273 = Juris Rdnr 11; vgl auch BSG vom 12. Dezember 2006 - B 13 R 427/06 B - Juris Rdnr 7; BGH vom 7. Oktober 1997 - VI ZR 252/96 - NJW 1998, 162, 163 = Juris Rdnr 10 - alle mwN). Dabei müssen die dem Sachverständigen zu stellenden Fragen nicht formuliert werden. Es reicht vielmehr aus, die erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret zu bezeichnen (BSG SozR 3-1750 § 411 Nr 1 S 5; SozR 4-1500 § 116 Nr 1 Rdnr 7; BVerwG NJW 1996, 2318), zB auf Lücken oder Widersprüche hinzuweisen. Einwendungen in diesem Sinn sind dem Gericht rechtzeitig mitzuteilen (vgl § 411 Abs 4 ZPO). Eine Form für die Befragung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, sodass sie sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen kann (vgl zu alledem auch BSG vom 23. März 2010, B 5 R 154/10 B).
Die Klägerin hat jedoch keine erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret bezeichnet oder auf Lücken oder Widersprüche hingewiesen, sondern vielmehr ausgeführt, der Sachverständige "möge auch auf die teilweise abweichenden Vordiagnosen, die Erforderlichkeit der beantragten Zusatzgutachten" eingehen und "eine nachvollziehbare Begründung bezüglich des quantitativen Restleistungsvermögens" abgeben. Hierbei handelt es sich nicht um erläuterungsbedürftige Punkte im Sinne der genannten Rechtsprechung; vielmehr setzt die Klägerin im Ergebnis ihre eigene Leistungseinschätzung der des Sachverständigen entgegen und hält deshalb diese für nicht nachvollziehbar. Wie bereits dargelegt, hält der Senat die Leistungseinschätzung des Dr. D., die auch von Dr. R., Dr. L. und Dr. H. geteilt wird, vor dem Hintergrund der bei der Klägerin bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen für nachvollziehbar und schlüssig.
Der Senat musste auch nicht das Erscheinen von Dr. D. zum Termin zur mündlichen Verhandlung anordnen. Gemäß § 118 Abs 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 411 Abs 3 ZPO kann das Gericht das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutert. Hierbei handelt es sich um eine Ermessensentscheidung des Senats (BSG, Beschluss vom 25. November 2008 - B 5 R 366/07 B). Die mündliche Erörterung ist nach Ansicht des Senats insbesondere dann geboten, wenn sie zur Klärung von Zweifeln oder zur Beseitigung von Unklarheiten unumgänglich ist (vgl auch BGH, Urteil vom 11. Juli 2007 - VIII ZR 215/00 = NJW 2001, 3269). Je nach den Umständen des Einzelfalles kann auch eine schriftliche Erläuterung des Gutachtens genügen (BSG, aaO, mwN). Ein Anlass zur weiteren Klärung in diesem Sinne besteht im vorliegenden Fall nicht. Denn die Klägerin hat keine Unklarheiten im Gutachten des Dr. D. aufgezeigt. Sie hat im Schriftsatz vom 23. Juli 2010 sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die jetzigen Beschwerden von ihm zutreffend beschrieben worden sind. Soweit Dr. D. die orthopädische Behandlung - wie von der Klägerin angegeben - ab Februar 2009 nicht erwähnt hat, führt dies nicht zu einer Unklarheit des Gutachtens. Die bei der Klägerin erhobenen Befunde lassen sich aber sowohl mit dem von Dr. D. erhobenen Diagnosen als auch mit dessen Leistungseinschätzung in Einklang bringen.
Der Senat hält auch die von der Klägerin beantragte Einvernahme von Dr. S. nicht für erforderlich und lehnt deshalb den entsprechenden Beweisantrag im Schriftsatz vom 13. August 2010 ab. Die Klägerin hat zur Begründung dieses Antrages vorgetragen, die orthopädischen Behandlungen HWS, linke Schulter bei Dr. S. seien bislang erfolglos geblieben. Auch hier träten nach kurzer zeitlicher Beanspruchung jeweils Schmerzen auf. Es handele sich um degenerative Veränderungen, die bereits seit (mindestens) 2005 dokumentiert sind, sodass hauptsächlich schmerzlindernd behandelt werde. Aus dem Umstand, dass die Beschwerden auch nach Ansicht der Klägerin aus den seit Jahren dokumentierten degenerativen Veränderungen resultieren, kann der Schluss gezogen werden, dass diese Veränderungen Gegenstand der Untersuchung durch Dr. D. am 30. April 2010 waren und deshalb auch bei seiner Leistungseinschätzung der Klägerin berücksichtigt wurden. Die von der Klägerin behauptete schmerzlindernde Behandlung durch Dr. S. wird als wahr unterstellt. Durch eine Schmerzbehandlung wird aber die Leistungsfähigkeit verbessert und nicht verschlechtert. Dass degenerative Veränderungen von Gelenken in aller Regel nicht mehr rückgängig gemacht werden können, liegt in der Natur derartiger Alterungsprozesse und sagt nichts darüber aus, ob und in welchem Ausmaß dies zu Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit führt. Im Übrigen ist auch hier zu berücksichtigen, dass Dr. D. nach den Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 23. Juli 2010 die jetzigen Beschwerden zutreffend beschrieben hat.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben nach § 240 Abs 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art 1 Nr 61 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Kläger ist zwar vor dem 02. Januar 1961 geboren. Sie hat jedoch keinen Beruf erlernt und ist seit Februar 2005 halbtags als Büroangestellte (ohne Ausbildung) im Rechtsanwaltsbüro ihres Ehemannes beschäftigt. Die Klägerin ist damit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist insofern nicht erforderlich. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes kann sie jedoch - wie bereits dargelegt - unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen sechs Stunden und mehr täglich verrichten.
Die Berufung war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved