L 5 KR 5601/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 5201/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 5601/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 2.11.2009 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld der Arbeitnehmerin K. (im Folgenden: Arbeitnehmerin), den der Beklagte der Klägerin gem. § 1 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung (Aufwendungsausgleichgesetz, AAG) erstatten muss, nach dem (realen), über der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung liegenden Einkommen der Arbeitnehmerin oder (höchstens) nach einem (fiktiven) Einkommen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze zu berechnen ist.

Die im Jahr 2005 bei der Klägerin beschäftigte Arbeitnehmerin, die als freiwillig Versicherte Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse (BKK M.) ist und der bei Arbeitsunfähigkeit Krankengeld zusteht (Mitteilung der Klägerin vom 5.7.2010), entband am 16.12.2005 ein Kind. Die Mutterschutzfrist begann am 8.11.2005 und endete am 14.2.2006 (SG-Akte S. 103). Die Arbeitnehmerin erzielte in den Monaten August bis Oktober 2005 bei Veranlagung nach Steuerklasse 4 folgende Einkünfte (brutto/netto; Gehaltsabrechnungen SG-Akte S. 88 ff.):

August 2005 7.950,00 EUR 4.113,58 EUR September 2005 7.950,00 EUR 4.113,95 EUR Oktober 2005 7.950,00 EUR 4.111,88 EUR

In den Einkünften sind Einmalzahlungen nicht enthalten. Der Arbeitnehmeranteil zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung betrug 296,11 EUR.

Die Arbeitnehmerin bezog während der Mutterschutzfrist (8.11.2005 bis 14.2.2006) Mutterschaftsgeld. Außerdem zahlte ihr die Klägerin einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld in Höhe ihres bisherigen regelmäßigen Einkommens abzüglich des Mutterschaftsgelds von kalendertäglich 13,00 EUR.

Unter dem 30.6.2006 beantragte die Klägerin die Erstattung des an die Arbeitnehmerin gezahlten Zuschusses zum Mutterschaftsgeld für die Zeit vom 1.1.2006 bis 14.2.2006 in Höhe von 5.539,95 EUR gem. § 1 Abs. 2 Nr. 1 AAG (Verwaltungsakte S. 117).

Mit Bescheid vom 15.11.2006 (Verwaltungsakte S. 135) setzte der Beklagte den Erstattungsbetrag auf 4.038,30 EUR fest; im Übrigen lehnte er den Erstattungsantrag ab. Zur Begründung führte er aus, die BKK-Arbeitgeberversicherung erstatte den Arbeitgebern gem. § 1 Abs. 2 Nr. 1 AAG in Verbindung mit § 6 Nr. 1 der Satzung den nach § 14 des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) gezahlten Zuschuss zum Mutterschaftsgeld in vollem Umfang. Für die Berechnung des erstattungsfähigen Zuschusses sei allerdings nur das jeweilige Bruttoarbeitsentgelt der Arbeitnehmerin bis zur Höhe der in der Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze maßgeblich (§ 8 Abs. 3 der Satzung). Da das Bruttoarbeitsentgelt der Arbeitnehmerin über der Beitragsbemessungsgrenze gelegen habe, werde der Zuschussbetrag entsprechend gekürzt (Berechnung lt. Anlage zum Bescheid vom 15.11.2006, Verwaltungsakte S. 132; Beitragsbemessungsgrenze 2006: 5.250,00 EUR, fiktives monatliches Nettoeinkommen der Arbeitnehmerin: 3.082,25 EUR; vgl. auch SG-Akte S. 53,56).

Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug die Klägerin vor, für die Zuschussberechnung sei das Bruttoarbeitsentgelt der Arbeitnehmerin in voller Höhe anzusetzen. Die auf die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung abstellende Regelung in § 8 Abs. 3 der Satzung sei von der Ermächtigungsgrundlage des § 9 Abs. 2 Nr. 1 AAG nicht gedeckt (vgl. Knorr/Krasney, Entgeltfortzahlung-Krankengeld-Mutterschaftsgeld, L 509, 17). Nach dieser Vorschrift dürfe die Satzung nur die Höhe der Erstattung gem. § 1 Abs. 1 AAG (Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall) begrenzen. Sie gelte nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut jedoch nicht für den (hier streitigen) Erstattungsanspruch gem. § 1 Abs. 2 Nr. 1 AAG (Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld). Dessen Höhe habe der Gesetzgeber nicht beschränken wollen. § 8 Abs. 3 der Satzung verstoße außerdem gegen Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 3 Abs. 2 GG. Die letztgenannte Vorschrift wolle Frauen und Männern gleiche Erwerbschancen gewährleisten (BVerfG, Beschl. vom 18.11.2003, - 1 BvR 302/96 -). Deswegen müsse der Gesetzgeber unbeschadet seines Gestaltungsspielraums faktische Diskriminierungen als Folge einer Gesetzesbestimmung vermeiden. Werde die Erstattung des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld gem. § 8 Abs. 3 der Satzung begrenzt, könne dies in der gesellschaftlichen Wirklichkeit dazu führen, dass Arbeitnehmerinnen wegen zusätzlicher Zahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers der Weg in besser bezahlte höhere Positionen zu Gunsten männlicher Kollegen versperrt bleibe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.3.2007 (Verwaltungsakte S. 144) wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er ergänzend aus, die Begrenzungsregelung in § 8 Abs. 3 der Satzung werde von der Ermächtigungsvorschrift in § 9 Abs. 2 AAG gedeckt. Danach könne die Satzung (u.a.) die Höhe der Erstattung nach § 1 Abs. 1 AAG beschränken und verschiedene Erstattungssätze, die 40 v.H. nicht unterschritten, vorsehen (Nr. 1), eine pauschale Erstattung des von den Arbeitgebern zu tragenden Teils des Gesamtsozialversicherungsbeitrags für das nach § 11 MuSchG gezahlte Arbeitsentgelt (Nr. 2) und die Zahlung von Vorschüssen (Nr. 3) vorsehen. Die Regelungsgegenstände der Satzung seien damit nicht abschließend aufgezählt. Insbesondere dürfe der Satzungsgeber die Erstattung der Arbeitgeberzuschüsse zum Mutterschaftsgeld einschränken. Die Satzungsbestimmung in § 8 Abs. 3 wahre das (versicherungsrechtliche) Äquivalenzprinzip. Bei Arbeitsentgelten oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung seien die Umlagen teils wesentlich geringer als die zu leistenden Erstattungen, da diese nicht durch die Beitragsbemessungsgrenze beschränkt würden. Diese Diskrepanz zwischen Einnahme- und Ausgabenseite müsse ausgeglichen werden, was auch nach Auffassung des BSG nur durch eine Korrektur des Erstattungsbetrags möglich sei. Andernfalls würden Arbeitgeber ohne Arbeitnehmerinnen mit Bezügen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze unter Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) schlechter gestellt, da sie die Erstattungsbeträge über der Beitragsbemessungsgrenze mitfinanzieren müssten. Dadurch käme es zu einer Umverteilung der Lohnkosten. Deswegen werde nach der Satzung nur der Betrag erstattet, für den auch Umlagen abgeführt worden seien.

Am 10.4.2007 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stuttgart. Die Klage betraf zunächst mehrere Erstattungsfälle und wurde in einem am 26.2.2009 geschlossenen Verfahrensvergleich auf das Verfahren der Arbeitnehmerin beschränkt (SG-Akte S. 84).

Zur Begründung ihrer Klage wiederholte die Klägerin ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren. Der Beklagte müsse den der Arbeitnehmerin gezahlten Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld in voller Höhe erstatten (vgl. auch das Gemeinsame Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen zum AAG vom 21.12.2005 Nr. 3.6). Die Begrenzungsreglung in § 8 Abs. 3 der Satzung sei von der Ermächtigungsgrundlage in § 9 Abs. 2 Nr. 1 AAG nicht gedeckt (vgl. Reinhard/Ackermann u.a., Entgeltfortzahlungsgesetz, AAG § 9 Rdnr. 12). Danach dürfe nur der Erstattungsanspruch nach § 1 Abs. 1 AAG beschränkt werden, nicht jedoch der hier streitige Erstattungsanspruch aus § 1 Abs. 2 Nr. 1 AAG.

Der Beklagte bezog sich auf die Begründung des Widerspruchsbescheids. Die Begrenzungsvorschrift in § 8 Abs. 3 der Satzung sei rechtsgültig. § 9 Abs. 2 AAG zähle die möglichen Gegenstände der Satzung nicht abschließend auf. Diese dürfe im Rahmen der Gesetze auch andere Fragen, die im Zusammenhang mit dem Ausgleich von Arbeitgeberaufwendungen stünden, regeln, sofern der Zweck des Ausgleichsverfahrens gewahrt werde (Geyer/Knorr/Krasney, Entgeltfortzahlung, Mutterschaftsgeld, § 9 AAG Rdnr. 5; Reinhard/Wagner, Entgeltfortzahlungsgesetz, § 9 AAG Rdnr. 11; zur Vorgängervorschrift § 16 Abs. 2 LFZG Kaiser/Dunkl/Hold/Kleinsorge, Entgeltfortzahlungsgesetz, § 16 LFZG Rdnr. 7). Mit der Anknüpfung an die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung habe der Satzungsgeber eine sachgerechte Regelung getroffen. Bei der (verfassungskonformen) Auslegung des AAG müsse das Äquivalenzprinzip beachtet werden. Der Gedanke des sozialen Ausgleichs rechtfertige es nicht, das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung außer Acht zu lassen (BVerfGE 48,227,235). Hierauf habe sich das BSG in einem Urteil zum Lohnausfallrisiko bei Mutterschaftsfällen bezogen (Urt. v. 10.5.2005, - B 1 KR 22/03 R -) und entschieden, dass von den Arbeitgebern entsprechend den Grundsätzen über die Erhebung der LFZG-Umlagebeträge eine Erstattung und Leistungsgewährung maximal bis zur Höhe der für die gesetzliche Rentenversicherung maßgeblichen Beträge, insbesondere also unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze, zu erfolgen habe. Da die Umlagen zur Durchführung des Ausgleichsverfahrens letztendlich an die Beitragsbemessungsgrenze gebunden seien (vgl. § 7 Abs. 1 und 2 AAG), müsse entsprechendes für die Erstattungszahlungen gelten, damit es nicht zu der im Widerspruchsbescheid angeführten Umverteilung von Lohnkosten komme.

Bei der Finanzierung der Mutterschutzleistungen orientiere sich die anteilsmäßige Belastung des Arbeitgebers an seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Deswegen stelle § 7 AAG für die Höhe der Umlage auf einen Prozentsatz des Bruttoarbeitsentgelts ab. Dieser Grundsatz werde nur dann durchbrochen, wenn das Arbeitsentgelt oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze für die Rentenversicherung liege. In diesem Fall sei die Umlage aus der Beitragsbemessungsgrenze zu errechnen. Hierfür seien allein Gründe der Verwaltungsvereinfachung maßgeblich. Demgegenüber hätten Arbeitgeber, die Gehälter über der Beitragsbemessungsgrenze zahlten, nicht finanziell entlastet werden sollen. Der für die Arbeitgeber durch das Entgeltfortzahlungsverfahren entstehende Verwaltungsaufwand solle so gering wie möglich gehalten werden. Da die Umlagen zusammen mit den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen eingezogen würden, werde für beides ein einheitlicher Entgeltbegriff angewendet. Das Bundesministerium für Gesundheit teile im Ergebnis ihre Rechtsauffassung (Schreiben vom 14.3.2007, SG-Akte S. 47).

Hinsichtlich der Berechnung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld sei gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 MuSchG das durchschnittliche kalendertägliche Arbeitsentgelt der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor Beginn der Schutzfrist nach § 3 Abs. 2 MuSchG maßgeblich. Da die Mutterschutzfrist der Arbeitnehmerin im November 2005 begonnen habe, komme es also auf das Arbeitsentgelt der Monate August bis Oktober 2005 an. Zur Berechnung des Nettoarbeitsentgelts müsse bei privat bzw. freiwillig Krankenversicherten außerdem der um den Beitragszuschuss verminderte Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag angesetzt werden (vgl. Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 23.5.2005, Nr. 7.2.4.2 Abs. 2; SF Medien, Aktuell 10, Mutterschaftsgeld, S. 78, Punkt 2.2.2). Danach würde sich – folgte man der Rechtsauffassung der Klägerin - ein erstattungsfähiger Zuschussbetrag von 5.140,35 EUR ergeben (Berechnung Schriftsatz vom 28.4.2009, SG-Akte S. 93); die Klägerin stimmte dieser Berechnung zu (Schriftsatz vom 2.10.2009, SG-Akte S. 108).

Mit Urteil vom 2.11.2009 verurteilte das Sozialgericht den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 15.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.3.2007, an die Klägerin weitere 1.102.05 EUR zu zahlen. Zur Begründung führte es aus, Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs sei § 1 Abs. 2 Nr. 1 AAG. Danach hätten die Krankenkassen den Arbeitgebern in vollem Umfang den nach § 14 Abs. 1 MuSchG gezahlten Zuschuss zu erstatten. Gem. § 8 Abs. 2 Satz 1 AAG könne die Krankenkasse die Durchführung der U1- und U2-Verfahren auf eine andere Krankenkasse oder einen Landes- oder Bundesverband übertragen; das sei vorliegend geschehen. Der Erstattungsanspruch richte sich daher gegen den Beklagten.

Gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 MuSchG erhielten Frauen, die Anspruch auf Mutterschaftsgeld hätten, während ihres bestehenden Arbeitsverhältnisses für die Zeit der Schutzfristen des § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchG sowie für den Entbindungstag von ihrem Arbeitgeber einen Zuschuss in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen 13 EUR und dem um die gesetzlichen Abzüge verminderten durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelt. Dieses sei aus den letzten drei abgerechneten Kalendermonaten vor Beginn der Schutzfrist nach § 3 Abs. 2 MuSchG zu berechnen (§ 14 Abs. 1 Satz 2 MuSchG). Die Mutterschutzfrist beginne gem. § 3 Abs. 2 MuSchG sechs Wochen vor der Entbindung und ende gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 MuSchG acht Wochen nach der Entbindung. Davon ausgehend habe die Klägerin einen Erstattungsanspruch in Höhe des der Arbeitnehmerin (unstreitig) zustehenden Arbeitgeberzuschusses von 5.140,35 EUR, weshalb der Beklagte weitere 1.102,05 EUR zahlen müsse.

Der Beklagte habe den Erstattungsbetrag zu Unrecht gekürzt. Die an die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung anknüpfende Kürzungsregelung in § 8 Abs. 3 der Satzung sei nichtig. Sie sei von der Ermächtigungsgrundlage des § 9 AAG nicht gedeckt. Außerdem sei die ungekürzte Erstattung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld auch verfassungsrechtlich geboten.

Nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 Nr. 1 AAG könne die Satzung die Höhe der Erstattung nach § 1 Abs. 1 AAG beschränken und verschiedene Erstattungssätze, die 40 v.H. nicht unterschritten, vorsehen. Die Vorschrift lasse eine Begrenzung der Erstattung nur in den Fällen der Entgeltfortzahlung nach § 1 Abs. 1 AAG zu. Demgegenüber fehle in § 9 Abs. 2 Nr. 1 AAG eine Verweisung auf § 1 Abs. 2 AAG. Zwar seien die fakultativen Satzungsregelungen in § 9 Abs. 2 AAG nur beispielhaft und nicht abschließend aufgeführt (vgl. Treber, Entgeltfortzahlungsgesetz, § 9 AAG Rdnr. 8). Jedoch sehe § 1 Abs. 2 Nr. 1 AAG vor, dass der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld in vollem Umfang erstattet werde. Davon dürfe der Satzungsgeber nicht ohne entsprechende (ausdrückliche) Ermächtigungsgrundlage abweichen (vgl. Reinhard/Wagner, Entgeltfortzahlungsgesetz, § 1 AAG Rdnr. 34). Die Entstehungsgeschichte des Gesetzes bestätige dies. Das AAG sei im Hinblick auf die Entscheidung des BVerfG vom 18.11.2003 (- 1 BvR 302/96 -) erlassen worden. Danach habe die Verpflichtung der Arbeitgeber zur Zahlung von Zuschüssen zum Mutterschaftsgeld in der damaligen Ausgestaltung mit Begrenzung auf Kleinunternehmen gegen Art. 3 Abs. 2 GG verstoßen, weil sie einer Diskriminierung von Frauen im Arbeitsleben Vorschub geleistet und das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) verletzt habe. Das BVerfG habe dem Gesetzgeber aufgegeben, den verfassungswidrigen Zustand bis 31.12.2005 zu beseitigen. Dem habe die Einführung des AAG im hier relevanten Bereich gedient; sie bezwecke, die verfassungsrechtlich gebotene tatsächliche Gleichberechtigung von Mann und Frau im Arbeitsleben herzustellen (BT-Drs. 16/39, S. 22). Dieser verfassungsrechtlich gebotene Gesetzeszweck könne bei Beibehaltung des Ausgleichs- und Umlageverfahrens wirksam nur erreicht werden, wenn der Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld (dem Gesetzeswortlaut folgend) in vollem Umfang erstattet werde. Andernfalls würde jedenfalls bei gut bezahlten Arbeitsplätzen nach wie vor der faktischen Diskriminierung von Frauen Vorschub geleistet. Arbeitgeber könnten sich im Hinblick auf höhere wirtschaftliche Risiken dazu veranlasst sehen, Männer bei Einstellungen und Beförderungen zu bevorzugen. Dabei müsse davon ausgegangen werden, dass das BVerfG seinerzeit nicht nur die diskriminierende Differenzierung nach Klein- und Großunternehmen beseitigen, sondern insgesamt eine verfassungskonforme Rechtslage habe schaffen wollen.

Die Auffassung des Beklagten, wonach die Begrenzung des Erstattungsanspruchs nach dem Äquivalenzprinzip (verfassungsrechtlich) geboten sei, da auch die Arbeitgeberumlagen auf die Beitragsbemessungsgrenze begrenzt seien, lasse sich aus dem hierfür zitierten Beschluss des BVerfG vom 26.4.1978 (- 1 BvL 29/76 -) nicht herleiten. Das BVerfG habe entschieden, es verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), wenn die Umlage im Fall der Kurzarbeit nicht nach den tatsächlich gezahlten, sondern nach fiktiven Löhnen berechnet werde. Gegenstand der Entscheidung sei also die (äquivalente) Heranziehung zur Umlagepflicht, nicht jedoch die Höhe der Erstattung gewesen. Ein Äquivalenzprinzip, wie es der Beklagte verstehe, folge aus der genannten Entscheidung nicht.

Schließlich könne sich der Beklagte auch nicht auf das Urteil des BSG vom 10.5.2005 (- B 1 KR 22/03 R -) stützen. Das BSG habe im Wesentlichen zum Ausdruck gebracht, dass Umlagen bzw. Beiträge als Leistungen auf der einen Seite in einem angemessenen Verhältnis zum Erstattungsanspruch auf der anderen Seite stehen müssten. Ein auf jeden einzelnen Arbeitnehmer des Arbeitgebers bezogenes Äquivalenzverhältnis lasse sich daraus nicht ableiten, zumal die Umlagen zur Finanzierung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld auch aus den Einkommen männlicher Arbeitnehmer berechnet würden, ohne dass für diese die Erstattung eines entsprechenden Zuschusses in Frage komme. Für das Äquivalenzprinzip sei daher entscheidend, dass die Leistungen des Arbeitgebers insgesamt in einem angemessenen Verhältnis zu den in Betracht kommenden Gegenleistungen stünden. Dies sei durch eine entsprechende Regelung zur Höhe des Umlagesatzes erreichbar. Eine etwaige Benachteiligung von Arbeitgebern, die keine oder nur wenige Arbeitnehmerinnen mit Gehältern über der Beitragsbemessungsgrenze beschäftigten, liege im weiten Gestaltungsermessen des Gesetzgebers. Folgte man insoweit der Argumentation des Beklagten, würden auch Arbeitgeber benachteiligt, die keine oder nur wenige weibliche Arbeitnehmer beschäftigten.

Auf das ihm am 9.11.2009 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 2.12.2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und bekräftigt er sein bisheriges Vorbringen. Das Sozialgericht habe das versicherungsrechtliche Äquivalenzprinzip nicht hinreichend berücksichtigt und sich insoweit in Widerspruch zur Rechtsprechung des BSG und des BVerfG gesetzt. Ohne Beschränkung des Erstattungsanspruchs nach Maßgabe der Beitragsbemessungsgrenze komme es im Ausgleichsverfahren zur Umverteilung von Lohnkosten. Das Sozialgericht habe auch zu Unrecht darauf verwiesen, die Leistungen des Arbeitgebers müssten (nur) insgesamt in einem angemessenen Verhältnis zu den in Betracht kommenden Gegenleistungen stehen, was durch eine entsprechende Regelung des Umlagesatzes erreicht werden könne. Dabei werde verkannt, dass die Erstattungsleistungen das Gegenstück zum Umlagesatz darstellten; je höher die Erstattungsleistungen, desto höher falle der Umlagesatz aus. Wenn alle Arbeitgeber Umlagen bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze abführten, ein Teil der Arbeitgeber (i. d. R. die wirtschaftlich besser gestellten) jedoch teils wesentlich höhere Erstattungsansprüche (oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze) hätten, gebe es kein angemessenes Verhältnis zwischen Umlage und Erstattung mehr. Das sei nur durch die Anwendung derselben Berechnungsgrundlage auf der Einnahme- und der Ausgabenseite zu gewährleisten. Andernfalls werde der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 2.11.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und bekräftigt ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt sie vor, § 9 Abs. 2 AAG zähle die Regelungsgegenstände der Satzung zwar nicht abschließend auf, jedoch könne die Satzung gem. § 9 Abs. 2 Nr. 1 AAG nur die Höhe der Erstattung nach § 1 Abs. 1 AAG beschränken. Mangels Verweisung auf § 1 Abs. 2 AAG dürfe der Anspruch auf Erstattung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 AAG) jedoch nicht begrenzt werden. Andernfalls würden weibliche Arbeitnehmer auch faktisch diskriminiert, was mit dem Zweck des Gesetzes und der Rechtsprechung des BVerfG nicht vereinbar wäre. Arbeitnehmerinnen würde der Aufstieg in Positionen mit Vergütungen über der Beitragsbemessungsgrenze erschwert (vgl. Buchner, NZA 2006, 121). Auch deswegen müsse die Ermächtigungsvorschrift des § 9 Abs. 2 Nr. 1 AAG einschränkend ausgelegt werden. Das vom Beklagten angeführte Äquivalenzprinzip sei in der Gesamtheit von Umlagen und Erstattungen zu betrachten. In die U2-Umlage seien alle Arbeitgeber unabhängig von der Anzahl der Arbeitnehmer einbezogen; das gelte auch für Arbeitgeber mit überwiegend männlichen Beschäftigten. Letztere zahlten also für einen männlichen Arbeitnehmer Umlagen, ohne für ihn Erstattungsleistungen erhalten zu können. Arbeitgeber mit einem geringen Anteil weiblicher Arbeitnehmer bekämen höhere Erstattungen als Arbeitgeber, die überdurchschnittlich viele Arbeitnehmerinnen beschäftigten. Diese Ungleichbehandlung sei wegen des Verbots der Geschlechterdiskriminierung geboten. Die Entscheidung des BVerfG vom 26.4.1978 (- 1 BvL 29/76 -) habe die Frage behandelt, ob es mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sei, wenn die Umlage bei Kurzarbeit nicht nach den tatsächlich gezahlten, sondern nach fiktiven Löhnen berechnet werde. Das BVerfG verstehe das Äquivalenzprinzip ebenfalls in einem weiteren Sinne. Das Umlageverfahren solle Arbeitgeber, die das Entgeltfortzahlungsrisiko trügen, durch Einbeziehung in eine Ausgleichsgemeinschaft entlasten, wobei die Umlagen kostendeckend und nach dem vermutlich entstehenden Bedarf erhoben würden. Ein engeres Verständnis des Äquivalenzprinzips folge auch nicht aus der Entscheidung des BSG vom 10.5.2005 (- B 1 KR 22/03 -); das Sozialgericht habe das zutreffend dargelegt. Gegenstand dieser Entscheidung sei die Frage gewesen, ob der Erstattungsanspruch auch für eine Arbeitnehmerin bestehe, die von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sei. Schließlich liege es in der Natur eines Umlageverfahrens, dass Umlage und spätere Erstattungsansprüche sich nicht exakt entsprechen könnten. Andernfalls wäre das Umlageverfahren überflüssig. Das komme auch in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck; danach würden durch die Neuregelung des AAG, wie es für alle Umlageverfahren typisch sei, einige Arbeitgeber entlastet, andere belastet (BT-Drs. 16/39 S. 11). Der Gesetzgeber sei auch davon ausgegangen, dass die öffentlichen Haushalte entlastet würden, da bei den öffentlichen Arbeitgebern der Frauenanteil über dem Durchschnitt der Wirtschaft liege.

Der Beklagte hat abschließend vorgetragen, die Mutterschaftskosten würden gleichermaßen auf alle Arbeitgeber verteilt, allerdings werde gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen, wenn alle Arbeitgeber Umlagen zahlen müssten, ein Teil der Arbeitgeber jedoch Erstattungen nach Maßgabe von Gehältern oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung erhalte; das führe zu einer Umverteilung der Lohnkosten und widerspreche dem Solidarprinzip. Eine Ungleichbehandlung dieser Art sei nicht gerechtfertigt, zumal die Begrenzung der Umlagen ausschließlich aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung eingeführt worden sei. Mit der Anlehnung an eine im Sozialversicherungsrecht geltende Bemessungsgrundlage werde der Einzug der Umlage vereinfacht, da sie zusammen mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag abgeführt werden könne. Der Gesetzgeber habe mit der Begrenzung der Umlage auf die Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung jedoch nicht das Äquivalenzprinzip aushebeln wollen; er habe die von der Klägerin angeführte Problematik, wonach das AAG eine Begrenzung der Erstattung nicht zulasse, nicht gesehen. Das Problem habe bis zur Einführung des AAG kaum praktische Bedeutung gehabt, weil das U2-Verfahren nach dem LFZG nur für Kleinbetriebe und mittelständische Betriebe gegolten habe, in denen nur ausnahmsweise Arbeitnehmerinnen mit Gehältern oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze beschäftigt worden seien. Das habe sich erst mit Einführung des AAG und der damit verbundenen Einbeziehung auch der Großunternehmen geändert. Deswegen liege eine unbeabsichtigte Regelungslücke vor, die mit der streitigen Satzungsregelung im Rahmen des § 9 Abs. 2 AAG ausgefüllt werden dürfe. Das Sozialgericht habe die Ermittlung des Nettoarbeitsentgelts unter Berücksichtigung der privaten Kranken- und Pflegeversicherung zutreffend behandelt; insoweit werde das Urteil nicht angegriffen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten des Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).

Die Berufung des Beklagten ist gem. § 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthaft; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei einem streitigen Erstattungsbetrag von 1.102,05 EUR überschritten. Die Berufung ist auch sonst gem. § 151 SGG zulässig.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Beklagten zu Recht dazu verurteilt, der Klägerin den der Arbeitnehmerin für die Zeit vom 1.1. bis 14.2.2006 gezahlten Zuschuss zum Mutterschaftsgeld gem. § 1 Abs. 2 Nr. 1 AAG in voller Höhe, berechnet nach dem (tatsächlichen) Bruttogehalt der Arbeitnehmerin, zu erstatten. Er muss der Klägerin daher weitere 1.102,50 EUR zahlen.

I. 1. Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruchs der Klägerin ist § 1 Abs. 2 Nr. 1 AAG. Die am 1.1.2006 in Kraft getretene Bestimmung des § 1 AAG (Art. 4 Satz 2 des Gesetzes v. 22.12.2005, BGBl I S.3686) ist auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar, da Arbeitgeberzuschüsse für die Zeit vom 1.1. bis 14.2.2006 in Rede stehen. Gem. § 1 Abs. 2 Nr. 1 AAG erstatten die Krankenkassen mit Ausnahme der landwirtschaftlichen Krankenkassen den Arbeitgebern in vollem Umfang den vom Arbeitgeber nach § 14 Abs. 1 MuSchG gezahlten Zuschuss zum Mutterschaftsgeld. Aus der Bezugnahme auf § 14 Abs. 1 MuSchG folgt, dass es für Grund und Höhe des Erstattungsanspruchs nicht allein auf den der Arbeitnehmerin tatsächlich gezahlten, sondern auf den ihr rechtlich zustehenden Zuschuss ankommt.

Gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 MuSchG erhalten Frauen, die Anspruch auf Mutterschaftsgeld (u.a.) nach § 200 Abs. 1, 2 Satz 1 bis 4 und Abs. 3 Reichsversicherungsordnung (RVO) haben, während ihres bestehenden Arbeitsverhältnisses für die Zeit der Schutzfristen des § 3 Abs. 2 und 6 Abs. 1 MuSchG (6 Wochen vor bzw. 8 Wochen nach der Entbindung) sowie für den Entbindungstag von ihrem Arbeitgeber einen Zuschuss in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen 13 EUR und dem um die gesetzlichen Abzüge verminderten durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelt. Letzteres ist (bei monatlicher Abrechnung) aus den letzten drei abgerechneten Kalendermonaten vor Beginn der Schutzfrist des § 3 Abs. 2 MuSchG zu berechnen (§ 14 Abs. 1 Satz 2 MuSchG). Näheres zur Berechnung des Arbeitsentgelts, wie etwa die Nichtberücksichtigung einmalig gezahlten Arbeitsentgelts, regeln die Bestimmungen in § 14 Abs. 1 Satz 3 ff. MuSchG.

Gem. § 200 Abs. 1 RVO wird Mutterschaftsgeld (u.a.) weiblichen Mitgliedern (einer Krankenkasse) gezahlt, die bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Krankengeld haben. Einzelheiten zur Berechnung des Mutterschaftsgeldes sind in § 200 Abs. 2 Satz 1 bis 4 RVO geregelt. Für Mitglieder, die bei Beginn der Schutzfrist nach § 3 Abs. 2 MuSchG in einem Arbeitsverhältnis stehen, wird als Mutterschaftsgeld das um die gesetzlichen Abzüge verminderte durchschnittliche kalendertägliche Arbeitsentgelt der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor Beginn der Schutzfrist nach § 3 Abs. 2 MuSchG gezahlt. Es beträgt höchstens 13 EUR für den Kalendertag (§ 200 Abs. 2 Satz 1 und 2 RVO). Im Übrigen gelten die Vorschriften des SGB V entsprechend, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist (§ 195 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 Satz 1 RVO).

2. Die (auf Antrag zu erbringenden, § 2 Abs. 2 Satz 1 AAG) Erstattungsbeträge werden dem Arbeitgeber von der Krankenkasse ausgezahlt, bei der die nach § 14 Abs. 1 MuSchG anspruchsberechtigten Frauen versichert sind (§ 2 Abs. 1 Satz 1 AAG). Die Krankenkassen bilden hierfür ein von ihnen zu verwaltendes Sondervermögen (§ 8 Abs. 1 AAG), in das die Umlagen der an den so genannten U1- und U2-Verfahren beteiligten Arbeitgeber fließen. Das U1-Verfahren bezieht sich auf § 1 Abs. 1 AAG, betrifft also die in dieser Vorschrift geregelte Erstattung der Aufwendungen, die den Arbeitgebern für Entgeltfortzahlungen nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz entstehen; das U2-Verfahren bezieht sich auf § 1 Abs. 2 AAG und betrifft die Arbeitgeberaufwendungen für Mutterschaftsleistungen (§ 1 Abs. 3 AAG). Die Umlagen sind nach näherer Maßgabe des § 7 Abs. 2 AAG jeweils in einem Prozentsatz des Entgelts (Umlagesatz) festzusetzen, nach dem die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer, Arbeitnehmerinnen und Auszubildenden bemessen werden oder bei Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu bemessen wären. Die Durchführung der U1- und U2-Verfahren kann gem. § 8 Abs. 2 Satz 1 AAG auf eine andere Krankenkasse oder einen Landes- oder Bundesverband übertragen werden. Das ist hier für die BKK M. geschehen; sie hat die Durchführung des U2-Verfahrens durch entsprechende Satzungsbestimmung (§ 18a ihrer Satzung) auf den Beklagten übertragen.

3. Die (gem. Art. 4 Satz 2 des Gesetzes v. 22.12.2005, BGBl I, S. 3686, rückwirkend zum 1.10.2005 in Kraft gesetzte) Vorschrift des § 9 AAG legt die Gegenstände fest, die in der Satzung der Krankenkasse geregelt werden müssen bzw. geregelt werden dürfen. Gem. § 9 Abs. 1 AAG muss die Satzung insbesondere Bestimmungen enthalten über die Höhe der Umlagesätze (Nr. 1), die Bildung von Betriebsmitteln (Nr. 2), die Aufstellung des Haushalts (Nr. 3) und die Prüfung und Abnahme des Rechnungsabschlusses (Nr. 4). Die Satzung kann gem. § 9 Abs. 2 AAG die Höhe der Erstattung nach § 1 Abs. 1 AAG beschränken und verschiedene Erstattungssätze, die 40 v. H. nicht unterschreiten (Nr. 1), sowie eine pauschale Erstattung des von den Arbeitgebern zu tragenden Teils des Gesamtsozialversicherungsbeitrags für das nach § 11 MuSchG (Arbeitsentgelt bei Beschäftigungsverboten) gezahlte Arbeitsentgelt (Nr. 2) und die Zahlung von Vorschüssen (Nr. 3) vorsehen und schließlich die Übertragung nach § 8 Abs. 2 AAG enthalten (Nr. 5). Die Vorschriften über den Inhalt der Satzung in § 9 Abs. 1 und 2 AAG gelten auch für Satzungen von Landes- oder Bundesverbänden, auf die die Durchführung der U1- und U2-Verfahren gem. § 8 Abs. 2 Satz 1 AAG übertragen worden ist (§ 9 Abs. 5 AAG).

Für die streitige Zeit vom 1.1. bis 14.2.2006 ist die (gem. § 18 zum 1.1.2006 in Kraft getretene) Satzung des Beklagten in der Fassung vom 13.12.2005 (im Folgenden nur Satzung) maßgeblich; der Satzungsbeschluss wurde also zu einer Zeit gefällt, als die Satzungsermächtigung des § 9 AAG bereits gegolten hatte (zur grundsätzlichen Wirksamkeit der Satzung insoweit BSG, Urt. v. 27.10.2009, - B 1 KR 12/09 R -).

Die Satzung sieht in § 6 Nr. 1 vor, dass den ausgleichsberechtigten Arbeitgebern für Aufwendungen aus Anlass der Mutterschaft (U2) 100 v. H. des nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 AAG gezahlten Zuschusses zum Mutterschaftsgeld (Nr. 1) sowie des nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 AAG bei Beschäftigungsverboten gezahlten Arbeitsentgelts (Nr. 2) erstattet wird. Nach § 7 Abs. 2 (i. V. m. Abs. 1) der Satzung werden dem Arbeitgeber für Aufwendungen aus Anlass der Mutterschaft (U2) zusätzlich zu der Erstattung nach § 6 Nr. 2 die von diesem zu tragenden Beiträge nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 AAG pauschaliert i. H. v. 10 v.H. (jetzt: 20 v. H. - Satzung in der Fassung des 2. Nachtrags vom 5.10.2006) des fortgezahlten Arbeitsentgelts erstattet. Gem. § 8 Abs. 1 der Satzung wird für Erstattungen nach § 5 und § 7 Abs. 1 (Entgeltfortzahlung - U1) nur das fortgezahlte Arbeitsentgelt bis zur Höhe der in der Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt. Gleiches gilt nach § 8 Abs. 2 der Satzung für die Erstattungen nach § 6 Nr. 2. Für die Berechnung der Erstattungen nach § 7 Abs. 2 werden nur diejenigen Aufwendungen bis zur Höhe der in der Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze zugrunde gelegt. Gem. § 8 Abs. 3 der Satzung ist für die Berechnung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld nach § 6 Nr. 1 das Bruttoarbeitsentgelt maximal bis zu der Höhe der in der Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze maßgebend.

II. Davon ausgehend muss der Beklagte, auf den die Durchführung des U2-Verfahrens in der Satzung der BKK M. übertragen wurde, der Klägerin den an die Arbeitnehmerin gezahlten Zuschuss zum Mutterschaftsgeld in voller Höhe erstatten. Der Erstattungsanspruch des Arbeitgebers nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 AAG umfasst den der Arbeitnehmerin gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 MuSchG zustehenden (und gezahlten) Arbeitgeberzuschuss. Dieser ist nach deren tatsächlichem, um die gesetzlichen Abzüge vermindertem Bruttoentgelt zu berechnen. Das gilt auch dann, wenn das Bruttoentgelt der Arbeitnehmerin über der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung liegt. Es ist nicht zulässig, den Erstattungsanspruch des Arbeitgebers in solchen Fällen auf einen fiktiven Zuschussbetrag zu begrenzen, der sich ergibt, wenn an Stelle des tatsächlichen ein fiktives Bruttogehalt in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze angesetzt wird. Die dies vorsehende Bestimmung in § 8 Abs. 3 der Satzung des Beklagten ist mangels gesetzlicher Rechtsgrundlage nichtig.

1. Die Beteiligten streiten (zu Recht) nicht darüber, dass der Klägerin (für die Zeit vom 1.1. bis 14.2.2006) gem. § 1 Abs. 2 Nr. 1 AAG ein Erstattungsanspruch gegen den Beklagten dem Grunde nach zusteht. Auch die Höhe des Erstattungsanspruchs ist – abgesehen von der Anwendung der Begrenzungsvorschrift in § 8 Abs. 3 der Satzung – unstreitig.

Die Klägerin hat der Arbeitnehmerin einen Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld gezahlt, worauf diese gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 MuSchG auch Anspruch hatte. Der Arbeitnehmerin stand gem. § 200 Abs. 1 RVO Mutterschaftsgeld zu. Sie war freiwilliges Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse, der BKK M. (§ 188 SGB V), und ihr war bei Arbeitsunfähigkeit Krankengeld (§ 44 SGB V) zu gewähren; der Krankengeldanspruch war nicht durch Satzung der Krankenkasse der Arbeitnehmerin ausgeschlossen (§ 44 Abs. 2 SGB V). Die Höhe des gem. § 1 Abs. 2 Nr. 1 AAG zu erstattenden Zuschusses beträgt für die streitige Zeit vom 1.1. bis 14.2.2006 – vor Anwendung der Begrenzungsvorschrift in § 8 Abs. 3 der Satzung – 5.140,35 EUR und ist mit diesem Betrag nach näherer Maßgabe der Bestimmungen in § 14 Abs. 1 Satz 2 ff. MuSchG richtig berechnet; hierüber sind sich die Beteiligten einig, Berechnungsfehler sind nicht ersichtlich.

2. Der Beklagte muss der Klägerin den Zuschussbetrag von 5.140,35 EUR in voller Höhe erstatten. Die Begrenzungsregelung in § 8 Abs. 3 seiner Satzung ist nichtig. Hierfür sind folgende Erwägungen des Senats maßgeblich.

a. Das AAG errichtet eine Arbeitgeberversicherung. Diese ist als gesetzliche Zwangsversicherung (BSG, Urt. v. 16.12.1980, - 3 RK 18/79 – zur Vorgängerregelung in § 10 LFZG) mit zwei Versicherungszweigen, nämlich einer Entgeltfortzahlungs- und einer Mutterschaftsleistungsversicherung, konzipiert. § 1 Abs. 1 AAG regelt die Entgeltfortzahlungsversicherung (vgl. zum Begriff BSG, Urt. v. 27.10.2009, - B 1 KR 12/09 R -). Nach dieser Vorschrift sind den Arbeitgebern 80 % der für Entgeltfortzahlungen im Krankheitsfall nach Maßgabe des Entgeltfortzahlungsgesetzes entstehenden Aufwendungen einschließlich des Arbeitgeberanteils an den Sozialabgaben zu erstatten. § 1 Abs. 2 AAG regelt die hier in Rede stehende Mutterschaftsleistungsversicherung. Während § 1 Abs. 2 AAG für diesen Versicherungszweig anordnet, dass die Arbeitgeberaufwendungen "in vollem Umfang" erstattet werden, sieht § 1 Abs. 1 AAG für die Entgeltfortzahlungsversicherung nur eine Erstattungsquote von 80 % vor. Dem Arbeitgeber verbleibt in der Entgeltfortzahlungsversicherung daher ein unversichertes Aufwandsrisiko, das die Mutterschaftsleistungsversicherung nicht kennt.

Der Gesetzgeber hat die Krankenkassen oder Krankenkassenverbände, die die Arbeitgeberversicherung durchführen, in § 9 AAG dazu ermächtigt (bzw. verpflichtet), einzelne Gegenstände durch Satzung zu regeln. Hier ist allein die Bestimmung des § 9 Abs. 2 AAG über fakultative Satzungsgegenstände von Belang; der in § 9 Abs. 1 AAG festgelegte obligatorische Satzungsinhalt steht nicht in Rede.

Gem. § 9 Abs. 2 Nr. 1 AAG kann die Satzung die Höhe der Erstattung nach § 1 Abs. 1 AAG beschränken und verschiedene Erstattungssätze, die 40 v. H. nicht unterschreiten, festlegen. Außerdem darf die Satzung gem. § 9 Abs. 2 Nr. 2 AAG eine pauschale Erstattung des Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag für Arbeitsentgelt vorsehen, das nach § 11 MuSchG bei mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverboten (vgl. §§ 4, 6 MuSchG) gezahlt worden ist. Mit den genannten Vorschriften hat der Gesetzgeber die Träger der Arbeitgeberversicherung in begrenztem Maße dazu ermächtigt, den Versicherungsumfang bzw. die Versicherungsleistungen eigenständig näher zu bestimmen. Er hat dabei nach den beiden Zweigen der Arbeitgeberversicherung unterschieden und angeordnet, ob bzw. inwieweit von der gesetzlichen Konzeption der Entgeltfortzahlungsversicherung mit einem Deckungsgrad von höchstens 80% (§ 1 Abs. 1 AAG) und der Mutterschaftsleistungsversicherung mit einem Deckungsgrad von 100% (§ 1 Abs. 2 AAG) abgewichen werden darf. Diese Regelung ist abschließend. Sie betrifft mit den Versicherungsleistungen einen Kerngegenstand der Arbeitgeberversicherung des AAG. Kerngegenstände dieser Art muss der Gesetzgeber zwar nicht in vollem Umfang selbst durch Gesetz regeln. Er darf seine Regelungsbefugnisse im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen (vgl. dazu etwa BVerfGE 33,125,156 ff.; BVerfGE 107, 59 ff., 111,191 ff.) auf andere Instanzen, etwa Sozialversicherungsträger, übertragen. Deren Rechtssetzungsbefugnisse richten sich dann aber strikt nach dem Umfang der ihnen erteilten Rechtssetzungs-, hier: Satzungsermächtigung. Der Wortlaut des § 9 Abs. 2 Nr. 1 AAG beschränkt die Befugnis des Satzungsgebers zur Begrenzung der Versicherungsleistung (der Höhe der Erstattung nach § 1 Abs. 1 AAG) ausdrücklich auf die Entgeltfortzahlungsversicherung und erlaubt eine Pauschalierung und damit ggf. auch eine (gewisse) Begrenzung der Versicherungsleistung in der Mutterschaftsleistungsversicherung nur hinsichtlich der Erstattung des Arbeitgeberanteils an den Sozialabgaben bei gem. § 11 MuSchG fortgezahltem Arbeitsentgelt. Der Gesetzeswortlaut des § 9 Abs. 2 Nr. 1 AAG lässt – auch im Hinblick auf die dargestellte Gesetzessystematik – eine erweiternde Auslegung nicht zu (vgl. auch BSG, Urt. v. 18.7.2006, - B 1 A 1/06 R -, das sich bei der Auslegung des § 9 Abs. 2 Nr. 1 AAG bzw. des § 9 Abs. 1 Nr. 1 AAG ebenfalls strikt am Wortlaut der Vorschriften orientiert).

Der Senat kann danach offen lassen, ob – wie der Beklagte vorbringt – das Fehlen einer Ermächtigung zur (weitergehenden) Begrenzung der Erstattungsleistungen auch in der Mutterschaftsleistungsversicherung eine unbeabsichtigte Regelungslücke des AAG darstellt oder nicht. Sollte eine Gesetzeslücke tatsächlich vorliegen, wäre es Sache des Gesetz- und nicht des Satzungsgebers, diese (in verfassungskonformer Weise) zu schließen. Er – und nicht der Beklagte - müsste dann auch darüber bestimmen, nach welchen näheren Maßgaben Erstattungsleistungen der Mutterschaftsleistungsversicherung zu begrenzen wären. Davon abgesehen dürfte eine unbeabsichtigte Regelungslücke kaum vorliegen. Mit dem AAG hat der Gesetzgeber die Erstattung der Arbeitgeberaufwendungen für Mutterschaftsleistungen in Reaktion auf die (sogleich noch darzustellende) Rechtsprechung des BVerfG neu geordnet und die zuvor bestehende und für verfassungswidrig erklärte Beschränkung auf Kleinbetriebe aufgehoben (vgl. näher BT-Drs. 16/39 S. 9). Ihm war daher bewusst, dass künftig auch Großbetriebe Zuschüsse zum Mutterschaftsgeld zahlen müssen, wobei er schwerlich übersehen haben dürfte, dass in solchen Betrieben auch Frauen mit Arbeitsentgelten über der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung beschäftigt sind. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass, wie es für alle Umlageverfahren typisch ist, einige Arbeitgeber kostenseitig entlastet, andere kostenseitig belastet werden, was u.a. von der Unternehmensgröße, der Lohnsumme, der Beschäftigtenstruktur nach Geschlecht und Alter abhängen wird (vgl. BT-Drs. 16/39 S. 11). Schließlich unterscheidet sich die Satzungsermächtigung des § 9 Abs. 2 Nr. 1 AAG von der Vorgängerregelung in § 16 Abs. 2 Nr. 1 LFZG. Diese enthielt ebenfalls eine Ermächtigung zur Beschränkung des Erstattungsanspruchs, nahm hierfür aber uneingeschränkt auf § 10 Abs. 1 LFZG Bezug und schloss damit die in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LFZG geregelte Erstattung des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld ein. Hätte der Gesetzgeber dies - verfassungsrechtlicher Bedenken ungeachtet - weiterhin gewollt, hätte er dies in der Satzungsermächtigung des § 9 AAG entsprechend zum Ausdruck gebracht bzw. bringen müssen. Das ist freilich nicht geschehen. Vielmehr ist mit § 9 AAG die Vorläuferregelung des § 16 LFZG mit "einigen Veränderungen" (BT-Drs. 16/39 S. 14) übernommen und die Möglichkeit zur Beschränkung von Mutterschaftsleistungen der Sache nach abgeschafft worden (vgl. auch Kaiser/Dunkl/Hold/Kleinsorge, Entgeltfortzahlungsgesetz, LFZG § 10 Rdnr. 49; Geyer/Knorr/Krasney, Entgeltfortzahlung, Krankengeld, Mutterschaftsgeld, AAG § 9 Rdnr. 17).

b. Der verfassungsrechtliche Hintergrund und – damit zusammenhängend - die bereits angesprochene Entstehungsgeschichte des AAG, namentlich des § 1 Abs. 2 Nr. 1 AAG bestätigen die Richtigkeit der Gesetzesauslegung des Senats.

Das BVerfG hat in seinem Beschluss vom 18.11.2003 (- 1 BvR 302/96 -) zur Verfassungsmäßigkeit des vom Arbeitgeber zu zahlenden Zuschusses zum Mutterschaftsgeld dargelegt, dass das mit dem gesetzlichen Mutterschutz verfolgte Ziel, die im Arbeitsverhältnis stehenden Mütter (und das werdende Kind) vor arbeitsplatzbedingten Gefahren, Überforderungen und Gesundheitsschädigungen zu schützen, einen hohen Rang hat, und der Gesetzgeber mit ihm auch seinen Schutzauftrag aus Art. 6 Abs. 4 GG verwirklicht. Bei der Erfüllung dieses Schutzauftrags muss der Gesetzgeber auch mögliche faktische Diskriminierungen berücksichtigen, die von Schutzgesetzen zugunsten von Frauen ausgehen können, etwa weil sie – wie bei gesetzlichen Arbeitgeberzuschüssen zum Mutterschaftsgeld - höhere Belastungen der Arbeitgeber bei der Beschäftigung von Frauen im Vergleich zu Männern bewirken. Dem muss der Gesetzgeber entgegentreten. Bei einem Ausgleichs- und Umlageverfahren darf weder der Anteil der beschäftigten Frauen an der Gesamtbelegschaft noch deren Entgelthöhe von Bedeutung sein. Nur wenn alle am Ausgleichs- und Umlageverfahren beteiligten Arbeitgeber hinsichtlich der Finanzierung der im Arbeitsverhältnis entstehenden Zusatzkosten bei Schwangerschaft aufgrund von Mutterschutzgesetzen unabhängig von Geschlecht und Anzahl der Beschäftigten gleich behandelt werden, können sie durch ihr Einstellungsverhalten ihre finanzielle Belastung nicht beeinflussen, so dass eine mittelbare Frauendiskriminierung vermieden wird. Das BVerfG hat deswegen die Regelung über die Erstattung des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld im seinerzeit noch geltenden Lohnfortzahlungsgesetz für verfassungswidrig erklärt, weil das U2-Verfahren nicht für mittlere und große Unternehmen mit mehr als 20 bzw. 30 Beschäftigten galt (vgl. näher BVerfG, a. a. O.).

Angesichts dieser Rechtsprechung des BVerfG ist die Begrenzungsregelung in § 8 Abs. 3 der Satzung auch verfassungsrechtlich nicht zulässig. Bei Anwendung des § 8 Abs. 3 der Satzung müsste ein Arbeitgeber Arbeitnehmerinnen mit Bruttoarbeitsentgelten oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach Maßgabe des tatsächlichen (hohen) Arbeitsentgelts zahlen, bekäme den Zuschuss jedoch nicht in der gezahlten Höhe, sondern nur nach Maßgabe eines (niedrigeren) fiktiven Arbeitsentgelts in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung erstattet. Da er mit dem Differenzbetrag zusätzlich zu den Umlagen des U2-Verfahrens belastet bliebe, könnte er sich dafür entscheiden, höher bezahlte Arbeitsstellen, namentlich in Führungspositionen, sowohl bei Ersteinstellungen wie bei Beförderungen nicht mit weiblichen Arbeitnehmern zu besetzen. Die davon ausgehende faktische Diskriminierung von Frauen wäre verfassungswidrig. Der Gesetzgeber wollte mit dem AAG aber (naturgemäß) einen insgesamt verfassungskonformen Rechtszustand herstellen. In der Gesetzesbegründung zum AAG wird hierzu darauf verwiesen, die geltende Rechtslage könne dazu führen, dass die Betriebe, deren Aufwendungen nicht erstattet würden, eine geringere Zahl von Frauen einstellten und beschäftigten, da sie bei Einstellung von Frauen mit finanziellen Belastungen durch Mutterschaftsleistungen rechnen müssten (BT-Drs. 16/39 S. 9). Damit kommt auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht in Betracht, die für die Entgeltfortzahlungsversicherung des § 1 Abs. 1 AAG geltende Begrenzungsermächtigung des § 9 Abs. 2 Nr. 1 AAG auf die Mutterschaftsleistungsversicherung zu erstrecken.

c. Aus dem sozialversicherungsrechtlichen Äquivalenzprinzip bzw. den Anforderungen des (allgemeinen) Gleichheitssatzes in Art. 3 Abs. 1 GG folgt nichts anderes; die Begrenzungsregelung des § 8 Abs. 3 der Satzung des Beklagten ist damit nicht zu rechtfertigen.

Das Äquivalenzprinzip beruht auf dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Es gilt zunächst für öffentliche Abgaben im Allgemeinen und besagt, dass zu Beiträgen nur herangezogen werden darf, wer von einem bestimmten öffentlichen Unternehmen einen (äquivalenten) Vorteil zu erwarten hat. Für Sozialversicherungsbeiträge gilt das Äquivalenzprinzip nur mit Einschränkungen, da es in der Sozialversicherung auch um sozialen Ausgleich nach Maßgabe des Solidarprinzips und nicht um die Abgeltung individueller Vorteile geht (vgl. auch etwa BVerfGE 11,105). Gleichwohl folgen aus Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtliche Vorgaben auch für die Bemessung von Sozialversicherungsbeiträgen und für das Verhältnis zwischen Beitrag und Leistung. Dabei spielt es im Grundsatz keine ausschlaggebende Rolle, ob Beiträge bzw. Leistungsansprüche von Beschäftigten oder Beiträge und Leistungen (allein) von Arbeitgebern, wie in der Unfallversicherung oder (hier) der Arbeitgeberversicherung des AAG, in Rede stehen (vgl. etwa BSG, Urt. v. 10.5.2005, - B 1 KR 22/03 R -). Deswegen muss der Gesetzgeber bei der Beitragsgestaltung sachgerecht differenzieren, bspw. in der gesetzlichen Unfallversicherung für die von den Unternehmen zu tragenden Versicherungsbeiträge eine risikogerechte Abstufung vornehmen (BSG, Urt. v. 7.12.2004, - B 2 U 43/03 R -). Außerdem bedürfen nach der Rechtsprechung des BVerfG sozialversicherungsrechtliche Beitragspflichten ohne zugleich bestehende entsprechende Leistungsaussicht regelmäßig einer besonderen Rechtfertigung (vgl. dazu etwa BVerfG, Beschl. v. 11.1.1995, - 1 BvR 892/88 -; Beschl. v. 24.5.2000, - 1 BvL 1/98 – u. a.; BSG, Urt. v. 10.5.2005, - B 1 KR 22/03 R -). Aus der Rechtsprechung des BVerfG zur beitrags- und leistungsrechtlichen Behandlung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt (BVerfGE 92, 53; 102, 127) folgt schließlich, dass Beiträge bei der Berechnung von kurzfristigen beitragsfinanzierten Sozialleistungen grundsätzlich den gleichen Erfolgswert auf der Leistungsseite haben müssen; das gilt auch für die hier streitigen Leistungen der Arbeitgeberversicherung des AAG (vgl. BSG, Urt. v. 10.5.2005, - B 1 KR 22/03 R -). Eine versicherungsmathematische Äquivalenz zwischen Beitragsaufwendungen und Leistungshöhe ist deswegen freilich nicht erforderlich. Allerdings muss die Gewährung unterschiedlich hoher Leistungen an Versicherte mit gleicher Beitragsbelastung durch einen hinreichenden sachlichen Grund gerechtfertigt sein.

In der Mutterschaftsleistungsversicherung sind die Umlagen der am Ausgleichsverfahren (U2-Verfahren) teilnehmenden Arbeitgeber der Höhe nach durch die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung begrenzt, da der Umlagesatz gem. § 7 Abs. 2 Satz 1 AAG – aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung - auf das für die Bemessung der Rentenversicherungsbeiträge maßgebliche Arbeitsentgelt der Beschäftigten angewendet wird. Werden die Versicherungsleistungen nicht – wie in § 8 Abs. 3 der Satzung vorgesehen - in entsprechender Weise begrenzt, hat das zur Folge, dass Arbeitgeber für Mutterschaftsgeldzuschüsse an weibliche Beschäftigte mit Arbeitsentgelten über der Beitragsbemessungsgrenze eine ihrer Umlagelast nicht exakt äquivalente (höhere) Versicherungsleistung erhalten. Diese Äquivalenzstörung ist indessen rechtlich unschädlich. Der leistungsrechtliche "Vorteil" von Arbeitgebern mit gut verdienenden Arbeitnehmerinnen stellt sich als (nicht beabsichtigte) Folgewirkung des im besonderen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 2 GG begründeten Verbots der faktischen Diskriminierung von Frauen im Erwerbsleben dar und ist dadurch im Hinblick auf die Rechtsprechung des BVerfG (Beschl. v. 18.11.2003, - 1 BvR 302/96 -) sachlich nicht nur gerechtfertigt, sondern sogar geboten. Entsprechendes gilt für die vom Beklagten als weitere Folgewirkung monierte (begrenzte) Umverteilung von Lohn(zusatz)kosten zu Gunsten der nicht selten größeren Betriebe mit gut verdienenden Arbeitnehmerinnen.

In der Mutterschaftsleistungsversicherung ist damit sowohl auf der Beitrags- bzw. Umlage- wie der Leistungsseite neben der Unternehmensgröße auch die ohnehin zeitlichem Wandel unterliegende Geschlechterzusammensetzung der Unternehmensbelegschaft unbeachtlich. Es muss daher im Hinblick auf das Äquivalenzprinzip auch als sachlich gerechtfertigt hingenommen werden, dass Arbeitgeber mit unterdurchschnittlich wenigen oder gar keinen weiblichen Beschäftigten eine überproportionale Umlagelast tragen, während Arbeitgeber mit überdurchschnittlich vielen oder ausschließlich weiblichen Beschäftigten überproportionale Versicherungsleistungen erhalten können. Demzufolge hat das BSG auch die U2-Umlagepflicht von Arbeitgebern mit ausschließlich männlichen Beschäftigten für zulässig erachtet (vgl. BSG, Urt. v. 24.6.1992, - 1 RK 34/91 –). Dass der Gesetzgeber von einem grundsätzlichen Gleichgewicht von Umlage und Leistung ausging, ändert daran nichts und rechtfertigt die vom Beklagten vorgenommene Beschränkung der Erstattungsansprüche - entgegen der vom Bundesministerium für Gesundheit im Schreiben vom 14.3.2007 zum Ausdruck gebrachten Rechtsansicht - nicht. Davon abgesehen hat der Gesetzgeber unterschiedliche Belastungen der Unternehmen in Abhängigkeit auch von der Beschäftigtenstruktur nach Geschlecht und Alter durchaus erkannt und deswegen etwa die per Saldo eintretende Entlastung der öffentlichen Arbeitgeber mit ihrem überdurchschnittlichen Frauenanteil hervorgehoben (BT.-Drs. 16/39 S. 2,11). Zudem bezieht sich die vom Ministerium angeführte Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drs. 16/39 S. 13) allein auf die (gleiche) Behandlung einmalig gezahlten Arbeitsentgelts sowohl auf der Umlage- wie auf der Leistungsseite. Letztendlich ist die vom Beklagten gerügte Äquivalenzstörung auch Ausdruck des in der Arbeitgeberversicherung des AAG wirksamen sozialversicherungsrechtlichen Solidarprinzips (zur Entgeltfortzahlungsversicherung etwa BSG, Urt. v. 25.9.2000, - B 1 KR 2/00 R -; Urt. v. 10.5.2005, - B 1 KR 33/03 R -; zur Mutterschaftsleistungsversicherung BSG, Urt. v. 24.6.1992, - 1 RK 34/01 -), wenngleich (wie hier) im Einzelfall auch hierauf ersichtlich nicht angewiesene Arbeitgeber vom solidarischen Ausgleich der durch Mutterschaftsleistungen verursachten Lohn(zusatz)kosten profitieren.

Auf die Entscheidung des BVerfG vom 26.4.1978 (- 1 BvL 29/76 -) oder das Urteil des BSG vom 10.5.2005 (- B 1 KR 22/03 R -) kann sich der Beklagte für seine Rechtsansicht nicht berufen. Beide Entscheidungen betreffen unzulässige, weil sachlich nicht gerechtfertigte Leistungskürzungen, ohne dass Gesichtspunkte der faktischen Diskriminierung von Frauen im Erwerbsleben von Belang gewesen wären. Das BVerfG (a. a. O.) hatte beanstandet, bei Kurzarbeit die Umlagen aus einem fiktiven Volllohn, die Leistungen hingegen nach dem stark verkürzten Arbeitsentgelt zu berechnen. Das BSG (a. a. O.) hatte über die Erstattung der Beiträge zu entscheiden, die ein Arbeitgeber für eine von der Rentenversicherungspflicht befreite Beschäftigte zu einer berufsständischen Alterssicherung gezahlt hat. Es hat - nur hierauf bezogen - dargelegt, dass der Erstattungsanspruch nicht losgelöst von der Umlagepflicht gewürdigt werden darf, es also unzulässig ist, dem Arbeitgeber trotz entsprechender Umlagelast die Erstattung seiner Aufwendungen für die nicht rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmerin zu verweigern. Hieraus kann nicht (umgekehrt) abgeleitet werden, dass die Erstattungsansprüche der Arbeitgeber allein wegen der grundsätzlich gebotenen Äquivalenz von Umlage und Leistung beschränkt werden dürfen. Vielmehr sind neben dem Erfordernis einer entsprechenden Satzungsermächtigung die jeweiligen verfassungsrechtlichen Implikationen, wie vorliegend das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 2 GG, zu beachten.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist daher nach billigem Ermessen zu entscheiden. Die Voraussetzungen des § 197a Abs. 1 SGG, wonach Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben werden und für die Kostengrundentscheidung die Bestimmungen der §§ 154 bis 162 VwGO entsprechend gelten, sind nicht erfüllt. Die Klägerin ist hinsichtlich der Erstattung ihrer Aufwendungen für Mutterschaftsleistungen nämlich als Leistungsempfängerin i. S. d. § 183 SGG bzw. hinsichtlich der Umlagepflicht nach dem AAG als Versicherte anzusehen. Das BSG hat dies zunächst für die Entgeltfortzahlungsversicherung – für die am U1-Verfahren teilnehmenden – Arbeitgeber entschieden und hierfür auf die vom Gesetzgeber angenommene besondere Schutzbedürftigkeit von Kleinbetrieben, aber auch darauf abgestellt, dass die finanziellen Mittel der Arbeitgeberversicherung nach ähnlichen Grundsätzen finanziert werden wie Sozialleistungen i. S. d. § 11 Sozialgesetzbuch Erstes Buch, SGB I (vgl. BSG, Beschl. v. 20.12.2005, - B 1 KR 5/05 B -; Urt. v. 18.7.2006, - B 1 A 1/06 R -; Urt. v. 27.10.2009, - B 1 KR 12/09 R -). Die Erwägung zur Schutzbedürftigkeit der versicherten Arbeitgeber trifft für die Mutterschaftsleistungsversicherung zwar nicht in gleichem Maße zu, da sie anders als die auf Betriebe mit nicht mehr als 30 Beschäftigten beschränkte Entgeltfortzahlungsversicherung auch für Großbetriebe – wie die Klägerin – gilt. Gleichwohl hat das BSG in kostenrechtlicher Hinsicht eine Differenzierung zwischen den beiden Zweigen der Arbeitgeberversicherung des AAG ersichtlich nicht vorgenommen. Im Beschluss vom 20.12.2005 (- B 1 KR 5/05 B -) hat es sich für die soziale Funktion des gesetzlichen Umlage- und Ausgleichssystems auch auf die Entscheidung des BVerfG vom 18.11.2003 ( - 1 BvR 302/96 -) zur Verfassungswidrigkeit der Beschränkung des U2-Verfahrens auf Kleinunternehmen bezogen (vgl. wohl auch BSG, Urt. v. 18.7.2006, - B 1 A 1/06 R -). Damit richtet sich die Kostengrundentscheidung vorliegend nach § 193 SGG (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 10.12.2009, - L 16 (5) KR 211/08 -; vgl. auch BSG, Urt. v. 27.10.2009 - B 1 KR 12/09 R -).

Es entspricht billigen Ermessen, dass der Beklagte der Klägerin deren außergerichtlichen Kosten erstatten muss, da er mit seiner Berufung erfolglos geblieben ist.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG). Die maßgeblichen Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG geklärt.
Rechtskraft
Aus
Saved