L 10 U 582/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 2727/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 582/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 29.11.2007 wird zurückgewiesen. A

ußergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 05.12.2001.

Dem am 1976 geborenen Kläger fiel am 05.12.2001 bei seiner Tätigkeit als Aushilfe bei der Firma H. B. AG, M. , beim Einladen in einen LKW ein Trolly mit einem Gewicht von ca. 15 kg gegen das Gesicht. Bei der Untersuchung des Klägers am selben Tag diagnostizierte der Durchgangsarzt Dr. D. , M. , eine leichte Schädelprellung und eine kleine Augenplatzwunde, die mittels Pflaster versorgt wurde. Der Kläger habe über erhebliche Kopfschmerzen und leichte Übelkeit geklagt, sei voll orientiert gewesen, nach dem Unfall habe leichte Benommenheit, jedoch kein Erbrechen und keine Amnesie bestanden. Klinisch und anamnestisch sah Dr. D. keinen Anhalt für ein Schädel-Hirn-Trauma und bescheinigte Arbeitsunfähigkeit bis 07.12.2001.

Am 11.12.2001 begab sich der Kläger zu dem Augenarzt PD Dr. St. in Behandlung, der einen vorübergehenden Gesichtsfeldausfall und eine Hornhauterosion am linken Auge beschrieb, einen Zustand nach Gesichtsprellung und eine Contusio bulbi links diagnostizierte und dem Kläger Arbeitsunfähigkeit bis 28.12.2001 bescheinigte. Ab 02.01.2002 nahm der Kläger seine Tätigkeit bei der Firma H. B. AG wieder auf (Unfallanzeige der Firma H. B. AG). Erneut arbeitsunfähig war der Kläger mit der Diagnose Kopfschmerzen am 16.09.2002 und vom 09.10.2002 bis 31.03.2003. Prof. Dr. D. , Direktor der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums T. , diagnostizierte auf Grund stationärer Behandlung des Klägers vom 22.10.2002 bis 31.10.2002 einen Clusterkopfschmerz.

Den in der Folge gestellten Antrag des Klägers vom März 2003 auf Gewährung einer "Unfallrente" wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 05.12.2001 lehnte die Beklagte u.a. nach Einholung einer Stellungnahme des Prof. Dr. D. (der Clusterkopfschmerz sei nicht als unmittelbare Folge des Unfallereignisses vom 05.12.2001 anzusehen) und eines Befundberichts des Prof. Dr. W. , Augenklinik der Universitätsklinik T. (Zustand nach Contusio bulbi am linken Auge, seitdem Gesichtsfeldausfall auf der linken Seite, den die pupillenperimetrische Untersuchung nicht habe bestätigen können, leichte Bindehautreizung am linken Auge; eine nennenswerte Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des betroffenen Auges bestehe nicht) mit Bescheid vom 18.08.2003 ab.

In seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, Dr. W. , Assistenzarzt in der Neurologischen Klinik am Universitätsklinikum T. , habe bei diversen Gesprächen bestätigt, dass der Clusterkopfschmerz unmittelbare Unfallfolge sei. Dies werde außerdem durch den behandelnden Allgemeinarzt Dr. A. bestätigt. Die Beklagte holte daraufhin Auskünfte der behandelnden Ärzte des Klägers sowie eine beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. H. ein. Der behandelnde Augenarzt PD Dr. St. berichtete über eine bakterielle Konjunktivitis des linken Auges im Februar 2004, der Gesichtsfeldausfall links sei nicht abschließend geklärt. Die Allgemeinärztin Dr. S. W. gab an, sie habe den Kläger am 18.11., 22.11. und 02.12.2002 wegen eines Clusterkopfschmerzes behandelt. Der Neurologe und Psychiater Dr. M. berichtete über eine Behandlung des Klägers wegen eines traumatischen Clusterkopfschmerzes, komplizierend sei unter der medikamentösen Therapie sowie Cannabis-Beigebrauch eine organische Halluzinose aufgetreten. Dr. H. , Neurologe und Psychiater, führte in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme aus, die Ursache für einen Clusterkopfschmerz sei bislang in der medizinischen Wissenschaft nicht klar. Eine traumatische Genese werde in der medizinischen Literatur nicht erwähnt. Das Schädeltrauma sei ausgesprochen banal gewesen, inwieweit wirklich eine contusio bulbi stattgefunden habe, erscheine eher fraglich, ein Clusterkopfschmerz lasse sich mit dem Ereignis nicht in Zusammenhang bringen. Mit Widerspruchsbescheid vom 03.08.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 23.08.2004 mit dem Begehren, die Beklagte zur Gewährung einer Verletztenrente zu verurteilen, Klage zum Sozialgericht Reutlingen erhoben und geltend gemacht, er sei nach dem Unfall einige Minuten ohne Bewusstsein gewesen. Unmittelbar nach dem Unfallereignis seien neben Sehstörungen auch sogenannte Clusterkopfschmerzen aufgetreten. Sein behandelnder Neurologe Dr. M. bestätige einen Zusammenhang mit dem Unfallereignis. Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung schriftlicher sachverständiger Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte, u.a. Dr. M., Prof. Dr. D. , Prof. Dr. Z. und Dr. A. sowie durch Einholung eines Gutachtens von dem Ärztlichen Direktor der Klinik für Neurologie und Neurologische Rehabilitation des Bezirkskrankenhauses G. , Prof. Dr. Dr. W. und Einholung eines Gutachtens nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) mit ergänzender Stellungnahme von dem Ärztlichen Direktor der Neurologischen Klinik der Universität U. , Prof. Dr. L ... Dr. M. hat über Behandlungen des Klägers seit 26.11.2002 mit den Diagnosen eines Clusterkopfschmerzes links mit fast kompletter Remission unter medikamentöser Therapie und Gilles de la Tourette-Syndrom mit Hyperaktivitätssyndrom und Tics und Cannabismissbrauch berichtet. Er hat, ausgehend von nach den Angaben des Klägers seit unmittelbar nach dem Unfall bestehenden heftigen Halbseitenkopfschmerzen, einen Zusammenhang der Kopfschmerzen mit dem Unfallereignis gesehen. Prof. Dr. D. hat über die stationäre Behandlung des Klägers vom 22.10.2002 bis 31.10.2002 mit der Diagnose eines Clusterkopfschmerzes berichtet. Einen Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Unfallereignis hat er nicht gesehen. Prof. Dr. Z. , geschäftsführender Direktor der Augenklinik des Universitätsklinikums T. , hat angegeben, der Kläger sei erstmals am 23.10.1997 behandelt worden. Damals habe er angegeben, seit wenigen Stunden am linken Auge nichts mehr zu sehen, festgestellt worden sei lediglich ein Gerstenkorn links. Nach dem Arbeitsunfall habe die nächste Untersuchung am 04.07.2002 stattgefunden; im Gesichtsfeld des linken Auges habe sich ein nicht ganz kompletter Ausfall des linken oberen Quadranten gefunden, für den sich keine objektive Erklärung ergeben habe. Hinsichtlich der Beurteilung des Clusterkopfschmerzes schließe er sich Dr. H. an, eine traumatische Optikusatrophie bestehe nicht, objektivierbare Unfallfolgen seien auf seinem Fachgebiet nicht erkennbar. Dr. A. hat über eine Behandlung des Klägers nach dem Unfallereignis erstmals am 09.09.2002 berichtet, dabei habe der Kläger über seit fünf Wochen immer wieder auftretendes Erbrechen und jetzt Kopfweh mit Druckgefühl im linken Auge geklagt. Am 11.09.2002 habe der Kläger seit zwei Wochen starke Kopfschmerzen links angegeben.

Prof. Dr. Dr. W. hat einen idiopathischen Clusterkopfschmerz diagnostiziert. Der Clusterkopfschmerz sei nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen. Diese Einschätzung beruhe im Wesentlichen darauf, dass bei dem erlittenen Unfall aus den vorliegenden Befunden lediglich eine Schädelprellung und kein schwerwiegendes Schädel-Hirn-Trauma belegbar sei, eine Schädelprellung nach herrschender wissenschaftlicher Lehrmeinung nicht zur Auslösung eines chronischen posttraumatischen Kopfschmerzes geeignet sei und außerdem auch Zweifel am zeitlichen Zusammenhang des Unfalls mit dem Beginn der Kopfschmerzen berechtigt seien. Prof. Dr. L. hat einen posttraumatischen Kopfschmerz vom Clustertyp, eine posttraumatische Hemicrania continua (einseitiger Kopfschmerz) in Vollremission bei Commotio cerebri (Gehirnerschütterung bzw. leichtes Schädelhirntrauma) und ein diskretes Horner-Syndrom (Herabhängen des Oberlids, Pupillenverengung und Hebung des Unterlids) links diagnostiziert. Unter Zugrundelegung der Angaben des Klägers ist Prof. Dr. L. davon ausgegangen, dass unmittelbar nach dem Unfall eine Hemicrania continua bestanden habe, die im Verlauf in einen posttraumatischen episodischen Kopfschmerz vom Clustertyp übergegangen sei. Diese Schmerzsymptomatik sei mit hoher Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen und habe zu einer - im Einzelnen dargelegten - zeitlich abgestuften Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) geführt, seit 15.05.2003 um 10 v.H.

Zu dem Gutachten des Prof. Dr. L. hat die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. H. vorgelegt, in welchen dieser ausgeführt hat, die Diagnose einer Commotio cerebri sei anhand der im Durchgangsarztbericht wiedergegebenen Befunde nicht nachvollziehbar; außerdem stütze sich Prof. Dr. L. wesentlich auf die rein subjektiven Angaben des Klägers, die mit den dokumentierten Vorbefunden nicht übereinstimmen würden.

Mit Urteil vom 29.11.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Verletztenrente nach § 56 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII), weil die bei dem Unfall erlittenen Verletzungen bis zum 28.12.2001 folgenlos ausgeheilt seien. Der bei dem Kläger bestehende Clusterkopfschmerz sei als unfallunabhängig zu werten. Hierfür hat sich das Sozialgericht auf die Beurteilung des Prof. Dr. D. , des Prof. Dr. Dr. W. und des Dr. H. gestützt. Für die Diagnose eines posttraumatischen Kopfschmerzes seien - so Prof. Dr. Dr. W. - entsprechend den Kriterien der "International headache Society" folgende Kriterien zu fordern: 1. Anamnestisch Vorliegen eines Schädel-Hirn-Traumas oder einer HWS-Beschleunigungsverletzung definierten Schweregrades mit Angaben zu Bewusstlosigkeit oder posttraumatischer Amnesie für mehr als zehn Minuten. 2. Vorliegen pathologischer Auffälligkeiten bei zumindest zwei der nachstehend aufgeführten Untersuchungsverfahren: Klinisch-neurologische Untersuchung, Nativ-Röntgen-Aufnahmen des Schädels (oder der HWS), kraniale (und cervicale) bildgebende Verfahren, neurophysiologische Untersuchungen (evozierte Potentiale, Vestibularisfunktions- tests), neuropsychologische Untersuchungen oder Liquoruntersuchung. 3. Beginn des posttraumatischen Kopfschmerzes innerhalb von 14 Tagen nach dem Unfall.

Diese Voraussetzungen lägen bei dem Kläger nicht vor. Hinsichtlich des erstgenannten Kriteriums stehe auf Grund des Durchgangsarztberichtes fest, dass weder eine Bewusstlosigkeit noch eine Amnesie vorgelegen habe. Soweit der Kläger dies in der Folgezeit bei ärztlichen Untersuchungen angegeben habe, stehe dies mit den zeitnahen Angaben im Durchgangsarztbericht nicht im Einklang und könne deshalb nicht überzeugen. Die erlittene leichte Schädelprellung sei nicht geeignet, einen posttraumatischen Kopfschmerz auszulösen. Hinsichtlich des zweiten Kriteriums seien pathologische Befunde in den aufgeführten Untersuchungen nicht belegbar. Hinsichtlich des dritten Kriteriums seien die Kopfschmerzen den aktenkundigen Unterlagen zufolge nicht innerhalb einer Zeitspanne von 14 Tagen nach dem Unfall aufgetreten. Wegen Kopfschmerzen habe der Kläger erstmals am 09.09.2002 Dr. A. aufgesucht und diesem gegenüber über Erbrechen und Kopfschmerzen seit fünf Wochen berichtet. Soweit Prof. Dr. L. und Dr. M. einen ursächlichen Zusammenhang angenommen hätten, sei dies nicht überzeugend. Diese seien zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger eine Commotio cerebri erlitten habe und dass die Kopfschmerzen gleich nach dem Unfall aufgetreten seien und danach fortbestanden hätten, bis sie in einen Cluster-Kopfschmerz übergegangen seien. Insgesamt sei der Clusterkopfschmerz damit nicht Unfallfolge, auch weitere Unfallfolgen seien nicht erkennbar, insbesondere - so überzeugend Prof. Dr. Z. und Dr. H. - keine traumatische Optikusarthrophie.

Gegen das am 18.01.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 06.02.2008 Berufung eingelegt. Er macht geltend, zu Unrecht habe das Sozialgericht die Auffassung von Dr. M. und Prof. Dr. L. als nicht überzeugend erachtet. Nach dem Ergebnis der weiteren Ermittlungen im Berufungsverfahren habe PD Dr. St. bereits im April 2002 Kopfschmerzen diagnostiziert. Zu Unrecht habe das Sozialgericht daher angenommen, dass Kopfschmerzen erst seit 09.09.2002 bestanden hätten. Des Weiteren habe das Sozialgericht nicht allein auf Grund des Durchgangsarztberichts davon ausgehen dürfen, dass keine Bewusstlosigkeit oder Amnesie vorgelegen habe.

Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 29.11.2007 und den Bescheid der Beklagten vom 18.08.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.08.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer MdE um 80 v.H. vom 08.12.2001 bis 11.12.2001, nach einer MdE um 30 v.H. vom 29.12.2001 bis 15.09.2002 und nach einer MdE um 20 v.H. vom 01.11.2002 bis 14.03.2003 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

Die AOK Neckar-Alb hat auf Anfrage des Senats mitgeteilt, der Kläger sei nach dem streitgegenständlichen Ereignis wegen Augapfel/Orbitalprellung vom 05.12.2001 bis 07.12.2001 von Dr. D. und vom 12.12.2001 bis 28.12.2001 von PD Dr. Stanowski, am 16.09.2002 wegen Migräne von Dr. A. und vom 09.10.2002 bis 31.03.2003 mit den Diagnosen Augapfel/Orbitalprellung, Kopfschmerz, offene Wunde an der Lippe und Mundhöhle, Clusterkopfschmerz von Dr. A. , Dr. A. und vom Universitätsklinikum T. arbeitsunfähig geschrieben gewesen. PD Dr. St. hat auf Anfrage des Senats mitgeteilt, der Kläger sei im Zeitraum von Dezember 2001 bis Dezember 2002 elf Mal bei ihm in Behandlung gewesen. Auf die Frage, ob der Kläger auch über Kopfschmerzen geklagt habe, hat Dr. St. angegeben, am 04.04.2002 sei das linke Auge druckschmerzhaft gewesen; in diesem Zusammenhang hätten geringe Kopfschmerzen bestanden.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat wegen der Folgen des Unfalls vom 05.12.2001 keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente, weil seine Erwerbsfähigkeit infolge des Unfalls nicht über die 26. Woche nach dem Unfall um wenigstens 20 v.H. gemindert ist.

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII).

Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).

Bei dem Ereignis vom 05.12.2001 handelte es sich - dies ist zwischen den Beteiligten zu Recht völlig unstreitig - um einen Arbeitsunfall, denn der streitgegenständliche Unfall ereignete sich in Ausübung der versicherten Tätigkeit des Klägers. Das Sozialgericht hat jedoch in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend dargelegt, dass der Kläger die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente nicht erfüllt, weil der Arbeitsunfall vom 05.12.2001 über den 28.12.2001 hinaus keine Gesundheitsstörungen hinterlassen hat, die eine MdE um mehr als 20 v.H. bedingen.

Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Andernfalls ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Gab es neben der versicherten Ursache noch andere, konkurrierende Ursachen (im naturwissenschaftlichen Sinn), z.B. Krankheitsanlagen, so war die versicherte Ursache wesentlich, sofern die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war. Eine überwiegende oder auch nur gleichwertige Bedeutung der versicherten gegenüber der konkurrierenden Ursache ist damit für die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs nicht Voraussetzung.

Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).

Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend dargelegt, dass der bei dem Kläger vorliegende Clusterkopfschmerz nicht Folge des streitgegenständlichen Ereignisses ist. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Ergänzend ist im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren anzumerken, dass das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, dass keines der von Prof. Dr. Dr. W. genannten, für die Diagnose eines posttraumatischen Kopfschmerzes erforderlichen Kriterien erfüllt ist. Wie das Sozialgericht vermag sich auch der Senat nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger bei dem streitgegenständlichen Ereignis ein Schädel-Hirn-Trauma erlitt. Wie Prof. Dr. Dr. W. und Dr. H. zutreffend ausgeführt haben, finden sich im Durchgangsarztbericht des Dr. D. über die ca. zwei Stunden nach dem Unfall erfolgte Untersuchung des Klägers gerade keine Hinweise, die ein Schädel-Hirn-Trauma belegen. Denn Dr. D. hat im Durchgangsarztbericht ausdrücklich festgehalten, dass klinisch und anamnestisch kein Anhalt für ein Schädel-Hirn-Trauma bestanden habe. Hinsichtlich der anamnestischen Angaben des Klägers ist im Durchgangsarztbericht festgehalten, dass nach dem Unfall eine leichte Benommenheit, jedoch kein Erbrechen und keine Amnesie bestanden habe. Bei der Untersuchung durch Dr. D. klagte der Kläger - so die Ausführungen im Durchgangsarztbericht - über erhebliche Kopfschmerzen und eine leichte Übelkeit, war jedoch voll orientiert. Im Röntgen des Schädels ergab sich - so Dr. D. - kein Hinweis für eine frische knöcherne Verletzung. Aus dem dargestellten Befund ergibt sich, dass Dr. D. den Kläger im Hinblick auf den Unfallhergang gerade unter dem Gesichtspunkt eines Schädel-Hirn-Traumas untersuchte und auch anamnestisch befragte. Die Angaben des Klägers dokumentierte Dr. D. im Durchgangsarztbericht. Dabei ist, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, lediglich eine leichte Benommenheit nach dem Unfall, hingegen gerade keine Bewusstlosigkeit festgehalten. Damit ist die im späteren Verlauf des Verfahrens von Seiten des Klägers aufgestellte Behauptung, nach dem Unfall bewusstlos gewesen zu sein, gerade nicht nachgewiesen. Der Senat sieht auch keinen Anlass, allein auf Grund der späteren Behauptung des Klägers die Ausführungen des Dr. D. im Durchgangsarztbericht in Zweifel zu ziehen, zumal der Kläger auch hinsichtlich der nach dem Unfallereignis bestehenden Kopfschmerzsymptomatik keine plausiblen Angaben gemacht hat.

Letztlich kann allerdings dahingestellt bleiben, ob der Kläger im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Ereignis nicht nur eine Schädelprellung, sondern eine - so Prof. Dr. L. - Commotio cerebri, also eine Gehirnerschütterung bzw. ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma erlitt, denn auch ausgehend hiervon ist ein Zusammenhang mit den bei dem Kläger bestehenden Clusterkopfschmerzen und dem Unfallereignis nicht hinreichend wahrscheinlich. Zutreffend hat das Sozialgericht darauf abgestellt, dass es insoweit bereits an einem hinreichenden zeitlichen Zusammenhang mit dem Entstehen der Kopfschmerzsymptomatik und dem streitgegenständlichen Unfallereignis fehlt. Die Behauptung des Klägers, bereits unmittelbar nach dem Unfallereignis und sodann durchgehend an schweren Kopfschmerzen gelitten zu haben, ist durch nichts belegt. Soweit der Kläger gegenüber Prof. Dr. Dr. W. sogar angegeben hat, in den ersten Monaten nach dem Unfall über 200 Arztbesuche, vorwiegend beim Hausarzt und Augenarzt absolviert zu haben, ist dies sogar widerlegt. Der behandelnde Hausarzt Dr. A. hat in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage gegenüber dem Sozialgericht eine Behandlung des Klägers nach dem streitgegenständlichen Ereignis erstmals am 09.09.2002 angegeben, hierbei hat er unter dem 11.09.2002 anamnestisch seit zwei Wochen starke Kopfschmerzen links festgehalten. Der behandelnde Augenarzt PD Dr. St. hat für den Zeitraum von Dezember 2001 bis Dezember 2002 elf Behandlungen angegeben, wobei er von dem Kläger geklagte Kopfschmerzen nur für den 04.04.2002 und nicht in dem von dem Kläger behaupteten starken Ausmaß, sondern nur "geringe Kopfschmerzen" angegeben hat. Die stationäre Behandlung in der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums T. fand erst im Oktober 2002 statt, auch Dr. S. , Dr. M. und Dr. A. haben den Kläger erst nach September 2002 behandelt. Dokumentiert ist darüber hinaus lediglich noch eine ambulante Untersuchung des Klägers in der Augenklinik des Universitätsklinikums T. am 04.07.2002, bei der - so die Angaben des Prof. Dr. Z. - ein objektiv nicht erklärbarer Gesichtsfeldausfall des linken Auges erhoben wurde, hierbei gab der Kläger - so Prof. Dr. Z. - auch Kopfschmerzen an. Arbeitsunfähigkeit wegen Kopfschmerzen wurde, wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt und die erneute Auskunft der A. N-A.im Berufungsverfahren bestätigt hat, nach Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit des Klägers am 29.12.2001 erstmals durch Dr. A. für den 16.09.2002 bescheinigt. Damit findet sich insgesamt keinerlei Beleg für die Behauptung des Klägers, unmittelbar nach dem Unfallereignis und durchgehend unter starken Kopfschmerzen gelitten zu haben. Entgegen der vom Kläger dann im Berufungsverfahren geäußerten Auffassung, die von Dr. A. beschriebenen starken Kopfschmerzen hätten zumindest seit April 2002 angedauert, ist auch dies nicht belegt. Denn PD Dr. St. hat auf Grund der Untersuchung des Klägers am 04.04.2002 lediglich geringe Kopfschmerzen festgehalten und Dr. A. hat - wie bereits oben dargelegt - anamnestisch am 11.09.2002 starke Kopfschmerzen erst seit zwei Wochen vor dem 11.09.2002 dokumentiert. Damit fehlt es aber an einem hinreichenden zeitlichen Zusammenhang des Clusterkopfschmerzes mit dem streitgegenständlichen Ereignis.

Wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, ist bereits deshalb der Auffassung des behandelnden Arztes Dr. M. und des nach § 109 SGG gehörten Sachverständigen Prof. Dr. L. nicht zu folgen. Denn diese sind entsprechend den späteren Angaben des Klägers davon ausgegangen, dass bereits unmittelbar seit dem Unfallereignis eine dauerhafte, starke Kopfschmerzsymptomatik, die unmittelbar in einen Clusterkopfschmerz übergegangen ist, bestanden hat. Damit beruht die Bewertung von Dr. M. und Prof. Dr. L. auf einem falschen Sachverhalt.

Sonstige Unfallfolgen, die eine Minderung der Erwerbsfähigkeit begründen würden, liegen nicht vor. Dies gilt insbesondere für den von PD Dr. St. und Prof. Dr. Z. beschriebenen Gesichtsfeldausfall am linken Auge. Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob dieser, obwohl - so Prof. Dr. Z. - objektiv nicht erklärbar, als Unfallfolge angesehen werden kann. Denn wie Prof. Dr. W. , Augenklinik im Universitätsklinikum T. , in dem im Verwaltungsverfahren beigezogenen Befundbericht dargelegt hat, führt der Gesichtsfeldausfall zu keiner nennenswerten Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des linken Auges. Auch besteht, wie Prof. Dr. Z. dargelegt hat, keine traumatische Optikusatrophie.

Insgesamt sind damit keine Unfallfolgen, die zu einer MdE um wenigstens 20 v.H. über die 26. Woche nach dem Unfallereignis hinaus führen, nachgewiesen, sodass der geltend gemachte Anspruch auf Verletztenrente nicht besteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved