L 11 R 2830/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 1214/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 2830/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 19. März 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung eines implantatgestützten Zahnersatzes im Oberkiefer streitig.

Der 1957 geborene Kläger ist Leiter des Regionalen Bildungszentrums M. der B. G ... Er ist als Dozent, Kommunikations- und Gendertrainer tätig, wobei ihm hauptsächlich die Fort- und Weiterbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter obliegt. Er qualifiziert zudem Führungskräfte in den Führungs- und Fachakademien (Workshops und Kommunikationstrainings) der B. G. (Bescheinigung der B. G. vom 7. Juni 2010).

Am 8. Januar 2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten formlos die Übernahme von Kosten einer geplanten Implantatversorgung "zunächst OK" (gemeint Oberkiefer). Als Dozent und ausgebildeter Gendertrainer stehe er an ca. 150 Tagen jährlich bundesweit im besonderen Rampenlicht der Öffentlichkeit. Durch seinen Sprechberuf (täglich ca. acht Stunden Kommunikation und Training) sei er in besonderem Maße auf eine professionelle festsitzende Versorgung mit Zahnersatz angewiesen. Mit herausnehmbarem Zahnersatz sehe er sich "insbesondere psychisch bedingt(!)" in der weiteren Ausübung seiner Beschäftigung und damit in seiner Erwerbsfähigkeit gefährdet. Er sei freiwilliges Mitglied der B. G. und in diesem Zusammenhang in gewissem Umfang auch beihilfeberechtigt. Seine beiden "GKV-Boni" seien erfüllt. Mit Bescheid vom 19. Januar 2009 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, Zuschüsse zur zahnärztlichen Behandlung und zum Zahnersatz könnten nur erbracht werden, wenn die Leistungen zur Ausübung des bisherigen Berufes erforderlich seien. Die Leistungsverpflichtung beziehe sich dabei nicht auf Tätigkeiten, für deren Ausübung der Kopfraum (Mund und Zähne) nicht unmittelbar besonderen Belastungen ausgesetzt sei oder bei denen auch optischen Anforderungen bereits mit Zahnersatzlösungen des üblichen Standards Rechnung getragen werde. Diene der Zahnersatz lediglich der Besserung des allgemeinen Gesundheitszustandes und im Hinblick auf die konkrete Berufsausübung nicht unmittelbar oder gezielt der Abwendung einer erheblich gefährdeten oder geminderten Erwerbsfähigkeit, könnten keine Kosten übernommen werden. Von der Prüfung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen habe man bei dieser Sachlage abgesehen.

Mit seinem hiergegen am 10. Februar 2009 erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, § 15 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) mache eine Leistungszusage nicht vom Ermessen des Leistungsträgers abhängig. Es bestehe vielmehr ein Rechtsanspruch bei Vorliegen der entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen. Der angefochtene Bescheid entspreche auch nicht den Voraussetzungen der §§ 31 ff Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), da die Beklagte seinen Fall nicht individuell aufgegriffen und gewürdigt habe. Bei seiner Tätigkeit als Kommunikationstrainer, Dozent und Gendertrainer sei sein Kopfraum einer besonders hohen Belastung ausgesetzt. So trainiere er ua Großgruppen in verschiedenen Seminarreihen und begleite auch deren entsprechende kommunikative Nachbetreuung. Ein Arbeitstag umfasse dabei mindestens neun bis elf Stunden bei ca 150 Einsätzen im Jahr. Seine eigenen täglichen Redeanteile pro Veranstaltung umfassten mindestens sechs bis acht Stunden. Zu den Berufsgruppen, deren Mitglieder Zahnersatz bekommen könnten, gehörten zB auch Logopäden. Diese Berufsgruppe erreiche quantitativ durchschnittlich bei drei bis vier Stunden täglich maximal 50% seines kommunikativen Anforderungsvolumens. Seine beantragte Kostenübernahme diene nicht lediglich der Besserung seines Allgemeinzustandes. Er sei vielmehr aufgrund seiner beruflichen Herausforderungen im kommunikativen Bereich in besonderer Weise auf eine festsitzende Zahnersatzversorgung angewiesen. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. März 2009 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Zuschüsse zum Zahnersatz als Maßnahme der medizinischen Rehabilitation nur dann zu leisten seien, wenn die speziellen Voraussetzungen des § 10 SGB VI in Bezug auf die Erwerbstätigkeit (Berufstätigkeit) gegeben seien. Unter Zugrundelegung seines Berufes sei aber nicht erkennbar, inwieweit der bei ihm notwendige Zahnersatz der wesentlichen Besserung oder Wiederherstellung seiner Erwerbsfähigkeit dienen solle und damit eine Leistung zur Rehabilitation darstelle. Vorliegend diene der Zahnersatz lediglich zur Besserung des allgemeinen Gesundheitszustandes, ohne dass damit auch der Zahnersatz speziell, unmittelbar und gezielt zur wesentlichen Besserung der Erwerbsfähigkeit und zur Ausübung des bisherigen Berufes erforderlich sei. Insofern habe auch das Bundessozialgericht (BSG) die Leistungsverpflichtung des Rentenversicherungsträgers auf spezielle Berufe beschränkt, wie zB den des Berufsmusikers. Er könne seinen Beruf mit dem Zahnersatz, wie ihn die Krankenkasse üblicherweise finanziere, weiterhin ausüben. Die angedachte Implantatversorgung sei mithin nicht ausschließlich berufsbedingt erforderlich, sondern werde vielmehr vorrangig aus medizinischen Gründen vorgenommen, weshalb eine Kostenübernahme ausscheide.

Hiergegen hat der Kläger zunächst am 4. April 2009 per E-Mail und sodann am 15. April 2009 schriftlich Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Er hat sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Die Beklagte habe es unterlassen, ihn zu begutachten. Auch habe sie die Bestimmungen zum Verwaltungsverfahren nicht berücksichtigt. Momentan plane er die Eingliederung einer festsitzenden Unterkieferprothese. Ein entsprechender Heil- und Kostenplan sei zwischenzeitlich von seiner Krankenkasse bewilligt worden. Die Bruttokosten beliefen sich auf ca 3.000,00 bis 4.000,00 EUR. Wesentlich umfangreicher gestalte sich die Versorgung im Oberkiefer. Hierzu sei aufgrund der Komplexität und der Auswirkungen auf seine Tätigkeit noch kein detaillierter Heil- und Kostenplan erstellt worden. Schließlich habe die Beklagte kein Anhörungsverfahren nach § 24 SGB X durchgeführt. Zur weiteren Begründung seiner Klage hat der Kläger folgende Unterlagen vorgelegt: Bestätigung der Barmer Ersatzkasse - Regionales Bildungszentrum M. - vom 3. Juni 2009, Bestätigung der H. B. Stiftung vom Juli 2005, wonach er an der B. Inhouse-Qualifizierung "Gender-Kompetenz durch Gender-Training und Gender-Beratung" von November 2004 bis Juni 2005 teilgenommen und das Lernprojekt "Seminar, Umgang mit Beschwerden" erarbeitet habe, die Bestätigung der B. E. vom 25. September 1996, wonach er an einem Kommunikationstraining für Trainer teilgenommen habe und den Heil- und Kostenplan über die Versorgung dreier Zähne im Unterkiefer (Zähne 32, 33 und 43) mit einer Vollkrone (Zahn 33) bzw Brücke oder Prothese (Zähne 32, 43), wobei sich die Gesamtkosten auf 2.441,40 EUR beliefen und der Eigenanteil des Klägers (abzüglich der Festzuschüsse in Höhe von 733,83 EUR) 1.707,57 EUR betrage. In diesem Zusammenhang hat der Kläger auch die Rechnung der Zahnärzte Dr. Dr. K. und L. vom 10. September 2009 für zahnärztliche Leistungen in Höhe von 937,03 EUR im Hinblick auf die Versorgung der Zähne 32, 33 und 43 vorgelegt (Vollkrone und Brücke). Schließlich hat der Kläger den Heil- und Kostenplan der Zahnärzte Dr. Dr. K. und L.vom 25. September 2009 über die Versorgung der Zähne 15, 14, 13, 23, 24 und 25 im Oberkiefer mit Teleskopkronen/Konuskronen eingereicht, wonach sich die Gesamtkosten auf 4.369,11 EUR beliefen und der Eigenanteil (abzüglich der Festzuschüsse in Höhe von insgesamt 1.646,68 EUR) 2.722,43 EUR betrage. Hierbei wurde im Heil- und Kostenplan angegeben, dass es sich bei den Zähnen 14, 13, 23, 24 und 25 um erneuerungsbedürftige Kronen und bei dem Zahn Nr 15 um einen erhaltungswürdigen Zahn mit weitgehender Zerstörung handle. Vorgeschlagen wurde jeweils eine vollkeramische oder keramische vollverblendete Restauration mittels Teleskopkrone.

Mit Urteil vom 19. März 2010 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten, die ihm durch die Versorgung mit Zahnersatz und Implantaten im Unter- und Oberkiefer entstanden seien bzw entstünden. Die angefochtene Entscheidung sei im Hinblick auf § 24 SGB X nicht rechtswidrig, da der Bescheid einen Antrag des Klägers ablehne und nicht in eine ihm bereits zugeordnete Rechtsposition eingreife. Eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit des Klägers liege nicht vor. Er übe zwar einen Sprechberuf aus, dass er zu dessen Ausübung allerdings eines festsitzenden Zahnersatzes und einer Implantatversorgung bedürfe, sei für die Kammer nicht nachvollziehbar. Mit einem herausnehmbaren Zahnersatz könne der vom Kläger ausgeübte Sprechberuf ohne weiteres ausgeübt werden. Wenn der Kläger darauf abstelle, er sehe sich mit einer Versorgung, die nur aus einem herausnehmbarem Zahnersatz bestehe, aus psychischen Gründen an der weiteren Ausübung seiner Beschäftigung gehindert, könne ihm nicht gefolgt werden. Soweit sich eine Gefährdung der Erwerbsfähigkeit aufgrund einer psychischen Erkrankung ergeben sollte, so sei der adäquate Behandlungsansatz nicht etwa die Versorgung mit einem festsitzenden Zahnersatz und Implantaten, sondern die aus medizinischen Gründen erforderliche psychologisch-psychiatrische Behandlung.

Gegen das dem Kläger am 21. Mai 2010 zugestellte Urteil hat dieser am 7. Juni 2010 per E-Mail beim SG und schriftlich am 10. Juni 2010 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er wiederholt sein bisheriges Vorbringen und führt ergänzend aus, bei dem vorliegenden besonderen Sachverhalt, der nicht ausreichend aufgeklärt sei, hätte die Beklagte nicht auf eine Anhörung verzichten dürfen. Auch sei die angegriffene Entscheidung der Beklagten gemäß § 35 SGB X nicht entsprechend begründet. Er verweise nochmals auf das Berufsbild des Logopäden. Nicht nur Musiker kämen für eine Versorgung mit Zahnersatz in Frage. Sein Berufsbild erfordere ein professionelles ganzheitliches Auftreten, da er im besonderen Fokus der Öffentlichkeit stehe. Aktuell leite er Podiumsdiskussionen und publiziere in den Medien. Bei ihm komme eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit in Betracht und er sehe für sich keine Möglichkeit einer beruflichen Alternative. Die vom SG empfohlene Teilnahme an einer psychologisch-psychiatrischen Behandlung hielten seine Ärzte nicht für zielführend. Die zahnärztlicherseits favorisierte Implantatversorgung im Oberkiefer könne allerdings aufgrund möglicher Probleme beim Knochenaufbau aktuell nicht durchgeführt werden. Alternativ sei eine Teleskop-/Kronuskronen getragene zahnprothetische Versorgung geplant. Aufgrund seines Vorsorgeverhaltens sei dieser Antrag von seiner gesetzlichen Krankenkasse mit dem gesetzlichen Höchstzuschuss bewilligt worden. Sein Eigenanteil belaufe sich auf ca 3000,00 EUR. Er strebe aber nach wie vor eine Implantatversorgung an. Der Knochenaufbau sei lediglich aufgeschoben. Mit der zwischenzeitlich beantragten zahnprothetischen Behandlung im Oberkiefer solle ihm kurzfristig die Fortführung seiner Arbeit und damit die Sicherung seiner Erwerbsfähigkeit gewährleistet werden. Es gehe nicht darum, finanzielle Eigenanteile im Hinblick auf den Zahnersatz zu erstreiten. Er sei finanziell einfach nicht in der Lage, eine Implantatversorgung samt Knochenaufbau selbst zu finanzieren. Eine solche Implantatversorgung sei nur unter ganz besonderen Rahmenbedingungen und Diagnosen von einer gesetzlichen Krankenkasse zu erbringen. Hierunter falle seine Implantatversorgung aber nicht. Sie diene vorrangig und zielorientiert der Besserung und damit Sicherung seiner Erwerbsfähigkeit. Sie sei daher auch nicht Bestandteil des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung. Zur weiteren Begründung hat der Kläger das Schreiben der B. G. vom 7. Juni 2010 vorgelegt, wonach er in seiner Seminarreihe "Wirkungsvoll und überzeugend reden 1" ua Inhalte professioneller Logopädie vermittle. Die Trainings fokussierten sich auf Modulation, Betonung, Artikulation, Lautstärke und Sprechtempo. Darüber hinaus würden folgende Übungen implementiert: Stimmgebung, spannungsregulierende Resonanz, resonanzreiche Wörter, Schwelltonvermögen, Entspannung in Anlehnung an PME und Stimmabsenkung am Satzende.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 19. März 2010 sowie des Bescheids vom 19. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. März 2009 zu verpflichten, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat mit Schreiben vom 17. August 2010 die Beteiligten darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, den Rechtsstreit durch Beschluss nach § 153 Abs 4 SGG zu entscheiden. Die Beteiligten erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

II.

Da der Senat die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält, entscheidet er gemäß § 153 Abs 4 SGG durch Beschluss. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten gehört.

Die gemäß §§ 143, 151 Abs 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig und statthaft, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 19. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. März 2009 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrten implantologischen Leistungen im Oberkiefer.

Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 19. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. März 2009, mit dem die Beklagte die Kostenübernahme für die vom Kläger begehrte Implantatversorgung im Oberkiefer abgelehnt hat. Denn der Kläger hat seinen Antrag vom 8. Januar 2009 ausdrücklich auf die Übernahme der anfallenden Kosten einer Implantatversorgung im Oberkiefer beschränkt. Nicht Streitgegenstand ist daher die Kostenerstattung der Versorgung der Zähne Nr 32, 33 und 43 im Unterkiefer. Denn hierüber hat die Beklagte nicht entschieden. Im Übrigen ist auch dem gesamten Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren zu entnehmen, dass es ihm weiterhin (nur) um die Implantatversorgung im Oberkiefer geht, auch wenn aktuell Probleme beim Knochenaufbau bestehen.

Die Beklagte ist für die beantragte Maßnahme zuständig. Rehabilitationsträger kann nur der gemäß § 14 Abs 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) erstangegangene oder der im Wege der Weiterleitung zweitangegangene Rehabilitationsträger sein. Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger gemäß § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IX innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Abs 4 SGB V. Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf gemäß § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX unverzüglich fest. Die Zuständigkeit nach § 14 Abs 1 und 2 SGB IX ist gegenüber dem behinderten Menschen eine ausschließliche Zuständigkeit. § 14 SGB IX zielt darauf ab, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und Rehabilitationsträgern die Zuständigkeit schnell und dauerhaft zu klären. Der zuständige Träger hat deshalb den Anspruch des Leistungsberechtigten an Hand aller Rechtsgrundlagen zu prüfen ist, die überhaupt in der konkreten Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind (BSG, Urteile vom 26. Juni 2007, B 1 KR 36/06 R, SozR 4-2500 § 40 Nr 4; und vom 26. Oktober 2004, B 7 AL 16/04 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 1). Der Kläger hat die Rehabilitationsmaßnahme bei der Beklagten beantragt und diese hat den Antrag nicht an einen anderen Rehabilitationsträger weitergleitet. Sie ist allein deswegen zuständig. Die Voraussetzungen, unter denen die Beklagte zur Leistung verpflichtet ist, ergeben sich aus dem SGB VI (vgl § 7 Satz 2 SGB IX).

Dabei ist vorab darauf hinzuweisen, dass die angegriffene Entscheidung der Beklagten nicht bereits formell rechtswidrig ist. Das SG hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, dass kein Verstoß gegen § 24 SGB X vorliegt. Dem schließt sich der Senat uneingeschränkt an. Bei entsprechender sachdienlicher Auslegung des klägerischen Vorbringens macht dieser jedoch nicht nur eine mangelnde Anhörung, sondern vielmehr eine mangelnde Aufklärung des Sachverhalts durch die Beklagte und das SG geltend. Allerdings bestand weder für die Beklagte, noch für das SG oder den Senat Anlass, weitere medizinische Ermittlungen von Amts wegen zu erheben. Denn der Kläger erfüllt bereits die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe nicht (hierzu sogleich). Bereits nach seinem eigenen Vorbringen liegt eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit oder gar eine Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht vor. Darüber hinaus liegt auch kein Verstoß gegen § 35 SGB X vor. Danach gilt, dass ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen ist. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen muss auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Die Beklagte hat in ihrem Widerspruchsbescheid vom 26. März 2009 diese Vorgaben berücksichtigt und hinreichend dargelegt, weshalb aus ihrer Sicht nicht erkennbar ist, wie die vom Kläger begehrte Implantatversorgung der wesentlichen Besserung oder Wiederherstellung seiner Erwerbsfähigkeit dienen soll.

Die angegriffene Entscheidung ist auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Nach § 9 Abs 1 Satz 1 SGB VI erbringt die Rentenversicherung Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie ergänzende Leistungen, um

1. den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit des Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und

2. dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern.

Die genannten Leistungen können nur erbracht werden, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind (§ 9 Abs 2 SGB VI). Für Leistungen zur Teilhabe haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen gemäß § 10 Abs 1 SGB VI erfüllt,

1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und

2. bei denen voraussichtlich

a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann,

b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann,

c) bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden kann.

Darüber hinaus bestimmt § 15 Abs 1 Satz 2 SGB VI im Hinblick auf den Leistungsumfang, dass zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz nur erbracht wird, wenn sie unmittelbar und gezielt zur wesentlichen Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit, insbesondere zur Ausübung des bisherigen Berufs, erforderlich und soweit sie nicht als Leistung der Krankenversicherung oder als Hilfe nach dem 5. Kapitel des Zwölften Buches (SGB XII) zu erbringen ist. Bei der Regelung des § 15 Abs 1 Satz 2 SGB VI handelt es sich mithin um eine Leistungseinschränkung im Sinne der §§ 7, 26 Abs 2 SGB IX (vgl Kater in Kasseler Kommentar, § 15 Rdnr 16, Stand April 2010).

Zahnärztliche Behandlung kann mithin nur erbracht werden, wenn die persönlichen Voraussetzungen des § 10 Abs 1 SGB VI erfüllt sind und wenn sie unmittelbar und gezielt zur wesentlichen Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit erforderlich ist (§ 15 Abs 1 Satz 2 SGB VI).

Die vom Kläger begehrte Implantatleistung ist nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil sie als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (§§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 2, 28 Abs 2 SGB V) oder als Hilfe nach § 48 SGB XII zu erbringen ist. Denn implantologische Leistungen gehören nach § 28 Abs 2 Satz 9 SGB V nicht zur zahnärztlichen Behandlung, es sei denn, es liegen seltene vom Gemeinsamen Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs 1 SGB V festgelegte Ausnahmeindikationen für besonders schwere Fälle vor, in denen die Krankenkasse diese Leistung einschließlich der Suprakonstruktion als Sachleistung im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung erbringt.

Nach der auf dieser Grundlage erlassenen Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung (Behandlungsrichtlinie vom 4. Juni/24. September 2003, Bundesanzeiger Nr 226 vom 3. Dezember 2003, Seite 24966, zuletzt geändert durch Beschluss vom 1. März 2006, Bundesanzeiger Nr 111 vom 17. Juni 2006, Seite 4466) liegen gemäß B VII Nr 2 Satz 4 besonders schwere Fälle vor:

a) bei größeren Kiefer- oder Gesichtsdefekten, die ihre Ursache - in Tumoroperationen, - in Entzündungen des Kiefers, - in Operationen infolge von großen Zysten (zB große follikuläre Zysten oder Keratozysten), - in Operationen infolge von Osteopathien, sofern keine Kontraindikation für eine Implantatversorgung vorliegt, - in angeborenen Fehlbildungen des Kiefers (Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalten, ektodermale Dysplasien) oder - in Unfällen haben, b) bei dauerhaft bestehender extremer Xerostomie, insbesondere im Rahmen einer Tumorbehandlung c) bei generalisierter genetischer Nichtanlage von Zähnen, d) bei nicht willentlich beeinflussbaren muskulären Fehlfunktionen im Mund- und Gesichtsbereich (zB Spastiken).

Bei Vorliegen dieser Ausnahmeindikationen besteht Anspruch auf Implantate zur Abstützung von Zahnersatz als Sachleistung allerdings nur dann (B VII Nr 2 Satz 2), wenn eine konventionelle prothetische Versorgung ohne Implantate nicht möglich ist. In den Fällen von Satz 4 Buchstaben a) bis c) gilt dies nur dann, wenn das rekonstruierte Prothesenlager durch einen schleimhautgelagerten Zahnersatz nicht belastbar ist (B VII Nr 2 Satz 3; vgl hierzu auch Senatsurteil vom 15. Dezember 2009 - L 11 KR 4668/09). Unter Beachtung dieser Maßstäbe liegt beim Kläger kein besonders schwerer Fall für eine Ausnahmeindikation vor. Denn er erfüllt nach seinen eigenen Angaben die Voraussetzungen der genannten Ausnahmeindikationen nicht. Auch sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass dem Kläger Hilfe nach dem 5. Kapitel des SGB XII zu erbringen ist.

Der geltend gemachte Anspruch des Klägers scheitert jedoch daran, dass nach seinem eigenen Vorbringen nicht ersichtlich ist, dass seine Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet oder gar gemindert ist (§ 10 Abs 1 Nr 1 SGB VI). Dies hat das SG ausführlich und zutreffend dargelegt. Der Senat nimmt insoweit auf die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug, denen er sich in vollem Umfang anschließt; insoweit sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs 2 SGG ab.

Ergänzend ist anzumerken, dass auch der Senat keine Anhaltspunkte dafür sieht, dass die vom Kläger begehrte implantologische Versorgung des Oberkiefers unmittelbar und gezielt zur wesentlichen Besserung der Erwerbsfähigkeit (insbesondere zur Ausübung des bisherigen Berufs) erforderlich ist (§ 15 Abs 1 Satz 2 SGB VI). Der Senat kann hierbei offenlassen, ob im Hinblick auf die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit (Dozent, Kommunikations- und Gendertrainer) abstrakt von einer besonderen beruflichen Betroffenheit (vgl hierzu auch BSG, Urteil vom 24. Juni 1980 - 1 RA 51/97 = BSGE 50, 156; BSG, Urteil vom 19. Mai 1983 - 1 RA 21/82 = BSGE 55, 120; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Juli 2006 - L 1 RA 47/04 = veröffentlicht in Juris) ausgegangen werden kann, wie dies etwa bei Berufsmusikern, Schauspielern, Sängern oder Logopäden in Betracht kommen kann (vgl Kater, aaO, Rdnr 16, Stand April 2010; Verhorst in GK-SGB VI, § 15 Rdnr 147, Stand April 2010). Denn nach seinem eigenen Vorbringen ist der Kläger auch mit dem vorhandenen Zahnersatz in der Lage, den Anforderungen seiner beruflichen Tätigkeit voll gerecht zu werden. Nach seinem eigenen Bekunden steht er - worauf das SG zu Recht hingewiesen hat - voll im Beruf und hält derzeit ca 150 Vorträge pro Jahr. Auch aus der Stellungnahme seines Arbeitgebers vom 7. Juni 2010 folgt, dass er derzeit sogar in der Lage ist, Inhalte professioneller Logopädie zu vermitteln. Dass der Kläger aufgrund seiner derzeitigen Zahnversorgung im Oberkiefer etwa Vorträge hat absagen müssen oder in seiner Seminarreihe "Wirkungsvoll und überzeugend reden 1" Inhalte professioneller Logopädie nicht mehr hätte vermitteln können, wurde vom Kläger weder vorgetragen noch vom Arbeitgeber angegeben. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben aktuell Podiumsdiskussionen leitet und in den Medien publiziert. Dass er für diesen Teilbereich seiner Tätigkeit eine implantologische Zahnversorgung benötigt, erschließt sich für den Senat nicht. Eine Minderung oder Gefährdung der Erwerbsfähigkeit ist daher nicht zu erkennen, weshalb auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die begehrte implantologische Zahnbehandlung unmittelbar und gezielt zur wesentlichen Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit erforderlich sein soll.

Vor diesem Hintergrund waren medizinische Ermittlungen von Amts wegen nicht erforderlich.

Die Beiladung der anderen möglichen Träger der Rehabilitation war nicht erforderlich. Eine solche ist nur dann notwendig vorzunehmen, wenn der Versicherte auch andere Rehabilitationsträger angegangen hat oder der Antrag weitergeleitet wurde. Denn die Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers schließt im Außenverhältnis diejenige aller anderen vom behinderten Menschen angegangenen Rehabilitationsträger aus, so dass der Rechtsstreit ihnen gegenüber nur einheitlich entschieden werden kann (vgl BSG, Urteil vom 20. Oktober 2009, B 5 R 5/07 R, veröffentlicht in Juris; BSG, Urteil vom 21. August 2008, B 13 R 33/07 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 7). Vorliegend hat der Kläger jedoch - bevor er den Antrag bei der Beklagten gestellt hat - weder weitere Rehabilitationsträger angegangen, noch ist der Antrag von einem anderen Rehabilitationsträger an die Beklagte weitergeleitet worden (Urteil des Senats vom 23. März 2010, L 11 KR 4085/08).

Die Berufung war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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