Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 73/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 3274/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 16. April 2010 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Der Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Fahrtkosten für Taxi- und Krankentransporte streitig.
Der 1936 geborene Kläger ist als Rentner Mitglied der Beklagten. Er ist seit 1975 an Schizophrenie erkrankt und mittlerweile in seiner Mobilität deutlich eingeschränkt, so dass er auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen ist. Es ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 seit dem 21. Januar 2008 festgestellt; zugleich sind die Merkzeichen "G", "aG", "H" und "RF" anerkannt (Schwerbehindertenausweis des Landratsamtes A.-D.-K. vom 5. März 2008). Er bezieht zudem Leistungen nach der Pflegestufe III von der zuständigen Pflegekasse. Die ursprünglich für den Kläger angeordnete Betreuung wurde zum 19. Oktober 2007 aufgehoben, nachdem der Kläger seiner Ehefrau Generalvollmacht erteilt und die Aufhebung des Betreuungsverfahrens beantragt hatte (Schreiben des Betreuungsbüros U. vom 6. März 2009 und des Notariats U. I - Vormundschaftsgericht - vom 16. März 2009).
Am 2. April 2008 wandte sich der Kläger bei der Beklagten gegen die Berechnung der Belastungsgrenze und machte zudem geltend, ihm stünden Fahrtkosten für Taxi- bzw Krankentransporte zu. Er müsse jeweils viermal pro Jahr zum Psychiater, Urologen (jeweils in N.-U.) und zum Hausarzt (W.) und zweimal pro Jahr zur Zahnärztin (N.-U.). Er bat hierfür eine Kilometergeldpauschale für Pkws festzusetzen. Mit Schreiben vom 10. April 2008 informierte die Beklagte den Kläger darüber, dass bei Fahrten zu ambulanten Behandlungen die Fahrtkosten unter bestimmten Voraussetzungen übernommen werden könnten. Sofern Kosten zu übernehmen seien, müsse der Kläger sich daran mit der gesetzlichen Zuzahlung von 10 % der Kosten je einfache Fahrt, mindestens 5 EUR und höchstens 10 EUR beteiligen, sofern er nicht von den Zuzahlungen befreit sei. Um festzustellen, ob und in welcher Höhe entstandene Fahrtkosten erstattet werden könnten, benötige man noch einige Angaben vom Kläger persönlich sowie von dem behandelnden Arzt, Krankengymnast oder Masseur. Hierzu müssten die Behandler vollständige Angaben auf den beigefügten Fragebögen machen. Dem Schreiben war ein entsprechender Fragebogen "Fahrtkosten-Angaben des Behandlers" beigefügt. Der Kläger teilte hierauf unter dem 14. April 2008 der Beklagten mit, er müsse viermal pro Jahr mit einem Spezial-Pkw für Rollstuhlfahrer zum Psychiater nach N.-U. fahren. Diese Besuche fielen seit dem Jahr 1986 regelmäßig an. Auch müsse er viermal pro Jahr zum Urologen und zum Hausarzt. Wegen Vorsorgeuntersuchungen müsse er auch zweimal pro Jahr mit dem Pkw zur Zahnärztin nach N.-U ... Weshalb er diese notwendigen Pkw-Fahrtkosten nunmehr auf Formularen, die "total unzureichend" seien, genehmigen lassen solle, sei für ihn "widersinnig und unlogisch". Trotzdem bitte er mitzuteilen, von welchen der genannten Ärzte eine Bescheinigung für die Behandlung erforderlich sei. Die Kosten für die Bescheinigung müsse aber die Beklagte übernehmen. Er werde die gewünschten Bescheinigungen bei den nächsten Arztbesuchen von den jeweiligen Ärzten verlangen. Mit 0,20 EUR pro gefahrenem Kilometer sei er allerdings nicht einverstanden. Er beantrage vielmehr die vom Gesetzgeber vorgegebenen 0,30 EUR pro Kilometer. Zwanzig Cent reichten nicht für die Benzinkosten aus und beinhalteten auch nicht die Reparatur- und Instandhaltungskosten sowie die Steuer- und Versicherungskosten. Die Fahrtkosten seien erstmalig im Jahr 1986 entstanden und würden bis zum letzten Quartal vor seinem Tod entstehen. Mit Bescheid vom 29. April 2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, Kosten für Fahrten zur ambulanten Behandlung würden übernommen werden, da er Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung erhalte. Die gesetzliche Zuzahlung werde jedoch abgezogen. Diese Zusage gelte vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2009. Bei Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem eigenen Pkw solle er sich seinen Besuch beim Arzt formlos und kostenfrei bestätigen lassen. Nur dann könne der Fahrtkostenantrag abschließend bearbeitet werden. Wenn er aus gesundheitlichen Gründen nicht mit einem öffentlichen Verkehrsmittel oder einem eigenen Pkw zur ärztlichen Behandlung fahren könne und ein Taxi benutzen müsse, stelle ihm der Arzt bei medizinischer Notwendigkeit eine entsprechende "Verordnung einer Krankenbeförderung" aus. Ohne ärztliche Verordnung könnten keine Taxikosten übernommen werden. Der Bescheid enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung.
Am 29. Juli 2008 legte der Kläger sinngemäß Widerspruch ein und machte geltend, es sei offen, welche Transportmittel er als chronisch an Schizophrenie erkrankter Rollstuhlfahrer verwenden dürfe. Krankentransportautos mit Sanitätern, die mit seinem Angstgeschrei gut zurecht kämen, seien geeignet. Lastentaxis seien diesbezüglich weniger geeignet. Darüber hinaus sei seine Ehefrau unter Hilfe ihrer Schwester nur bereit, ihr Auto für die Arztbesuche zur Verfügung zu stellen, wenn sie pro Kilometer 0,30 EUR erhielte. Zur weiteren Begründung legte der Kläger ein ärztliches Attest des Allgemeinmediziners K. vom 16. Juli 2008 vor, worin dieser bescheinigte, dass sich der Kläger mindestens einmal pro Quartal in seiner Praxis vorstellen müsse und deshalb um Übernahme der Fahrtkosten gebeten werde, auch für die Jahre 2009 und 2010. Zudem legte der Kläger eine Taxiquittung vom 24. Juli 2008 über 16,20 EUR und die Bescheinigung des Facharztes für Urologie Dr. R. vor, wonach sich der Kläger zur Therapie seiner obstruktiven Prostatavergrößerung mindestens einmal im Quartal vorstellen müsse und er deshalb die Übernahme der Fahrtkosten befürworte. Mit Schreiben vom 7. August 2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass ohne ärztliche Verordnung bzw entsprechender Nachweise (Quittungen) die Übernahme der entstandenen Kosten für die einzelnen Fahrten nicht möglich sei. Die zwischenzeitlich eingereichten Taxikosten vom 24. Juli 2008 in Höhe von 16,20 EUR seien mittlerweile auf das klägerische Konto überwiesen worden. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2008 wies die Beklagte nochmals darauf hin, dass eine Erstattung weiterer Kosten ohne Nachweise bzw ohne ärztliche Bescheinigung nicht möglich sei. Die zwischenzeitlich geltend gemachten Kosten seien bereits erstattet worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2008 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Bei Benutzung eines Kraftfahrzeuges könnten lediglich 0,20 EUR je Kilometer erstattet werden, höchstens jedoch 130 EUR. Bestehe bei Benutzung eines Kraftwagens ein erhebliches dienstliches Interesse, betrage die Wegstreckenentschädigung 0,30 EUR je Kilometer zurückgelegter Strecke. Die notwendigen Fahrtkosten zur ambulanten Behandlung könnten vorliegend grundsätzlich übernommen werden. Da die Fahrt mit dem privaten Pkw zurückgelegt würden, könne eine Vergütung für die gefahrenen Kilometer erfolgen. Allerdings komme nur eine Entschädigung von 0,20 EUR je gefahrenem Kilometer in Betracht. Eine pauschale Erklärung, dass eine Vorstellung mindestens einmal pro Quartal erforderlich sei, sei für eine Erstattung nicht ausreichend. Daher sei ein Nachweis über die Fahrten bzw ein Nachweis der ambulanten Behandlung zu erbringen. Welches Verkehrsmittel für den Transport notwendig sei, entscheide allein der behandelnde Arzt. Hierzu habe dieser gemäß den Krankentransportrichtlinien eine entsprechende Bescheinigung auszustellen.
Hiergegen hat der Kläger am 5. Januar 2009 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und ursprünglich geltend gemacht, die Beklagte müsse Gesamt-Taxifahrtkosten für Fahrten zu seinem Hausarzt K. für das Jahr 2008 in Höhe von 89,50 EUR und 71,60 EUR, für Fahrten zur Psychiaterin Dr. M. in Höhe von 49,80 EUR, für Fahrten zum Urologen Dr. R. in Höhe von 134,80 EUR für das Jahr 2008 und für 2009 in Höhe von 134,80 EUR, für Fahrten zum Orthopäden Dr. W. in Höhe von 67,40 EUR für die Jahre 2008 und 2009 und für Fahrten zur Zahnärztin Dr. H. in Höhe von insgesamt 62,40 EUR für das Jahr 2008 erstatten. Im Übrigen seien die behandelnden Ärzte nicht bereit, für jeden Arztbesuch eine entsprechende Krankentransportbescheinigung auszustellen. Zur weiteren Begründung hat der Kläger mehrere Arztbestätigungen bzw Taxiquittungen sowie das ärztliche Attest des Allgemeinmediziners K. vom 15. Dezember 2008, wonach der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren könne und er Taxifahrten verordne, und die Bestätigung der Dr. H. vom 16. September 2008 vorgelegt, wonach der Kläger am 12. Februar und 16. September 2008 in ihrer Praxis gewesen sei. Zuletzt hat der (anwaltlich vertretene) Kläger mit Schreiben vom 1. Februar 2010 (Bl 109 der SG-Akte) die Erstattung von Taxikosten für das Jahr 2008 in Höhe von insgesamt 264,80 EUR (Fahrten zu Dr. M. 68,80 EUR, zu Dr. R. 133,60 EUR und zu Dr. H. 62,40 EUR) beantragt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 16. April 2010 hat der Klägervertreter angegeben, dass für das Jahr 2009 keine weiteren in Streit stehenden Forderungen geltend gemacht würden (Niederschrift vom 16. April 2010, Bl 115/116 der SG-Akte).
Das SG hat das Pflegegutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung B.-W. (MDK) vom 27. Januar 2009 beigezogen sowie die Auskünfte des Betreuungsbüros U. vom 6. März 2009 und des Notariats U. I - Vormundschaftsgericht - vom 16. März 2009 eingeholt.
Mit Urteil vom 16. April 2010 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Bestellung eines Prozesspflegers gemäß § 72 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei nicht notwendig gewesen, da die Ehefrau und jetzige Generalbevollmächtigte die Aufhebung der ehemals bestehenden Betreuung erwirkt habe und nach ihren eigenen Angaben als Betreuerin handle. Sie dürfe den Kläger daher auch vor Gericht vertreten. Zudem sei antragsgemäß Rechtsanwalt H. im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens beigeordnet worden. Der angegriffene Bescheid sei rechtmäßig, da es die Beklagte zu Recht ablehne, ohne ärztliche Verordnung Taxikosten bzw für Fahrten mit dem privaten Pkw höhere Kosten als 0,20 EUR pro gefahrenem Kilometer zu übernehmen. Nach § 2 Abs 1 der Krankentransportrichtlinie habe ein Vertragsarzt sowohl die Notwendigkeit der Beförderung zu prüfen, als auch das erforderliche Transportmittel auszuwählen. Die Verordnung sei hierbei auf einem vereinbarten Vordruck auszustellen. Auch sei der aktuelle Gesundheitszustand und die Gehfähigkeit des Versicherten zu berücksichtigen. Die Bescheinigung des Hausarztes vom Dezember 2008, welcher Taxifahrten pauschal für das Jahr 2009 bzw 2010 verordnet habe, genüge diesen Anforderungen nicht. Außerdem sei nicht bestätigt worden, dass Fahrten mit dem privaten Pkw nicht möglich seien. Auch bestünden erhebliche Zweifel daran, dass Taxifahrten zur Wahrnehmung von Arztbesuchen erforderlich seien, da nach den eigenen Angaben des Klägers Fahrten mit dem Privat-Pkw als geeignetste Lösung angesehen würden. Fahrten mit dem privaten Pkw könnten hingegen lediglich mit 0,20 EUR pro gefahrenem Kilometer beansprucht werden. Denn bei Nutzung eines privaten Kraftfahrzeugs könnten als Fahrtkosten gemäß § 60 Abs 3 Ziffer 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) die sich aufgrund des Bundesreisekostengesetzes ergebenden Höchstbeträge für Wegstreckenentschädigung, höchstens jedoch die Kosten, die bei Inanspruchnahme eines erforderlichen Transportmittels entstehen, übernommen werden. Gemäß § 5 Abs 1 Bundesreisekostengesetz betrage die Wegstreckenentschädigung bei Benutzung eines Kraftfahrzeugs oder eines anderen motorbetriebenen Fahrzeugs 0,20 EUR je Kilometer zurückgelegter Strecke, höchstens jedoch 130 EUR. Nur bei Vorliegen eines dienstlichen Interesses an der Benutzung eines Kraftfahrzeugs betrage die Wegstreckenentschädigung 0,30 EUR je gefahrenen Kilometer. Ein solches dienstliches Interesse liege jedoch nicht vor, da es sich bei den Fahrten des Klägers zu ambulanten Behandlungsmaßnahmen nicht um Dienstfahrten handle. In der Rechtsmittelbelehrung des Urteils, das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 23. Juni 2010 zugestellt wurde, wurde darauf hingewiesen, dass das Urteil mit der Berufung angefochten werden könne.
Am 14. Juli 2010 hat der Kläger gegen das Urteil des SG Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt und vorgetragen, das SG habe zu Unrecht keinen "Gebrechlichkeits-Prozesspfleger" beigeordnet. Die Beklagte sei verpflichtet, alle seine Taxi-Krankentransportfahrtkosten für die Jahre 2008, 2009 und 2010 zu hundert Prozent zu erstatten, weil er in Vorleistung getreten sei. Von der Beklagten seien zwar für die genannten Jahre bereits entsprechende Beträge überwiesen worden. Diese seien jedoch für ihn nicht kontrollier- und prüfbar. Die Berufung sei zulässig, da der Streitwert 1.637,47 EUR betrage. Es seien Taxi-Transportkosten in Höhe von insgesamt 296 EUR (Fahrten zu Dr. M. 68,80 EUR, Fahrten zu Dr. R. 133,60 EUR und Fahrten zu Dr. H. in Höhe von 93,60 EUR) streitig. Außerdem sei der Einbehalt seiner Selbstbeteiligung von 10 % zu Unrecht erfolgt, so dass die Beklagte ihm zusätzlich für das Jahr 2008 insgesamt 22,93 EUR, für das Jahr 2009 insgesamt 45,08 EUR und für das Jahr 2010 insgesamt 33,46 EUR zu erstatten habe. Außerdem benötige er für jede Krankentransportfahrt auch Pfleger, die jeweils 20 EUR verlangten. Bei 31 Taxi-Krankenfahrten seien daher weitere 1.240 EUR streitig. Zwar habe sein Prozessbevollmächtigter erster Instanz die Auffassung vertreten, dass diese Forderung nicht Klagegegenstand sei, da hierüber kein rechtsmittelfähiger Bescheid erteilt worden sei. Er sei aber der Auffassung, dass auch dies Streitgegenstand gewesen sei. Falls nicht, handle es sich nunmehr um eine nachträgliche "Klageanhäufung gemäß § 260 der ZPO".
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 16. April 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm insgesamt 1.637,47 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Berichterstatter des Senats hat die Beteiligten mit Schreiben vom 12. August 2010 auf Bedenken hinsichtlich der Statthaftigkeit der Berufung sowie auf die Möglichkeit der Verwerfung der Berufung durch Beschluss nach § 158 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge, auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die beigezogenen Akten L 11 KR 3232/10 NZB, L 5 KR 1568/09 ER-B, L 5 KR 4339/09 ER-B, S 5 KR 3769/08 und S 5 KR 4391/08 ER Bezug genommen.
II.
Der Senat hat über die Berufung des Klägers nach dem ihm eingeräumten Ermessen gemäß § 158 Sätze 1 und 2 SGG durch Beschluss entschieden, weil die Berufung nicht statthaft ist. Der Beschwerdewert von mehr als 750 EUR ist nicht erreicht.
Die Berufung ist nicht statthaft. Nach § 144 Abs 1 Satz 1 SGG in der seit 1. April 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 24 Buchstabe a des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl I, S 444) bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes, bei einer Klage die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR (Nr 1) oder bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts und Behörden 10.000 EUR (Nr 2) nicht übersteigt. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG). Die Regelung der Nr 1 greift hier ein. Denn der Kläger hat im Klageverfahren eine Geldleistung in Höhe von zuletzt 264,80 EUR begehrt (vgl Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 1. Februar 2010). Hierbei handelt es sich um die Fahrtkosten aus dem Jahr 2008 im Hinblick auf die Fahrten zu Dr. M. (Kosten in Höhe von 68,80 EUR), zu Dr. R. (Kosten in Höhe von 133,60 EUR) und zu Dr. H. (Kosten in Höhe von 62,40 EUR). Zudem hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 16. April 2010 ausweislich der Niederschrift ausdrücklich angegeben, dass für das Jahr 2009 keine weiter in Streit stehenden Forderungen geltend gemacht würden, sodass auch keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr im Streit waren. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die vom damaligen Prozessbevollmächtigten vorgenommene Beschränkung des Streitgegenstandes auf die Erstattung von insgesamt 264,80 EUR für das Jahr 2008 den Kläger bindet (vgl § 73 Abs 6 Satz 6 SGG iVm § 85 Abs 1 Satz 1 Zivilprozessordnung [ZPO]).
Die Berufung bedurfte daher der Zulassung durch das SG. Eine solche Zulassung hat das SG nicht ausgesprochen. Dass die Rechtsmittelbelehrung die Berufung erwähnt, genügt allein nicht (ständige Rechtsprechung, BSGE 5, 92, 95; BSG SozR 3-1500 § 158 Nr 3; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 144 Rdnr 40). Eine Auslegung oder Umdeutung der vom Kläger eindeutig bezeichneten Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde kommt nicht in Betracht, da der Kläger der falschen Rechtsmittelbelehrung folgend wirklich Berufung einlegen wollte (vgl BSG SozR 3-1500 § 158 Nr 1 mwN; SozR 4-1500 § 158 Nr 1).
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren nunmehr weitere Kosten in Höhe von insgesamt 1.637,47 EUR geltend macht, weist der Senat darauf hin, dass die Erweiterung eines bei Einlegung der Berufung nicht berufungsfähigen Streitgegenstandes im Verlauf des Berufungsverfahrens grundsätzlich nicht zur Zulässigkeit der Berufung führt (vgl nur BSGE 58, 291, 294 mwN).
Der Senat musste dem Kläger für die Durchführung des Berufungsverfahrens auch keinen besonderen Vertreter nach § 72 Abs 1 SGG beiordnen. Nach dieser Vorschrift gilt: Für einen nichtprozessfähigen Beteiligten ohne gesetzlichen Vertreter kann der Vorsitzende bis zum Eintritt eines Vormundes, Betreuers oder Pflegers für das Verfahren einen besonderen Vertreter bestellen, dem alle Rechte, außer dem Empfang von Zahlungen, zustehen. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 9. August 2010 (L 11 KR 3232/10 NZB) dargelegt hat, liegen die Voraussetzungen für die Bestellung eines besonderen Vertreters beim Kläger nicht vor. Denn der Kläger hat seiner Ehefrau eine General- und Betreuungsvollmacht erteilt, wonach sie ihn auch vor Gericht vertreten darf (vgl auch LSG, Beschluss vom 17. August 2009 - L 5 KR 1568/09 ER-B mwN). Aufgrund der General- und Betreuungsvollmacht kann die Ehefrau den Kläger mithin auch im Berufungsverfahren vertreten. Darüber hinaus scheidet eine Bestellung eines besonderen Vertreters aus, wenn es sich - wie vorliegend - um ein unzulässiges Rechtsmittel handelt (vgl Leitherer, aaO, § 72 Rdnr 2 c mwN).
Die Berufung war daher als unzulässig zu verwerfen, wobei die Kostenentscheidung auf §§ 158, 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
III.
Da die Berufung als unzulässig nach § 158 SGG zu verwerfen war, hat der Kläger mangels Erfolgsaussicht nach § 73 a SGG iVm mit § 114 Satz 1 ZPO auch keinen Anspruch auf die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das anhängige Berufungsverfahren.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG unanfechtbar.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Der Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Fahrtkosten für Taxi- und Krankentransporte streitig.
Der 1936 geborene Kläger ist als Rentner Mitglied der Beklagten. Er ist seit 1975 an Schizophrenie erkrankt und mittlerweile in seiner Mobilität deutlich eingeschränkt, so dass er auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen ist. Es ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 seit dem 21. Januar 2008 festgestellt; zugleich sind die Merkzeichen "G", "aG", "H" und "RF" anerkannt (Schwerbehindertenausweis des Landratsamtes A.-D.-K. vom 5. März 2008). Er bezieht zudem Leistungen nach der Pflegestufe III von der zuständigen Pflegekasse. Die ursprünglich für den Kläger angeordnete Betreuung wurde zum 19. Oktober 2007 aufgehoben, nachdem der Kläger seiner Ehefrau Generalvollmacht erteilt und die Aufhebung des Betreuungsverfahrens beantragt hatte (Schreiben des Betreuungsbüros U. vom 6. März 2009 und des Notariats U. I - Vormundschaftsgericht - vom 16. März 2009).
Am 2. April 2008 wandte sich der Kläger bei der Beklagten gegen die Berechnung der Belastungsgrenze und machte zudem geltend, ihm stünden Fahrtkosten für Taxi- bzw Krankentransporte zu. Er müsse jeweils viermal pro Jahr zum Psychiater, Urologen (jeweils in N.-U.) und zum Hausarzt (W.) und zweimal pro Jahr zur Zahnärztin (N.-U.). Er bat hierfür eine Kilometergeldpauschale für Pkws festzusetzen. Mit Schreiben vom 10. April 2008 informierte die Beklagte den Kläger darüber, dass bei Fahrten zu ambulanten Behandlungen die Fahrtkosten unter bestimmten Voraussetzungen übernommen werden könnten. Sofern Kosten zu übernehmen seien, müsse der Kläger sich daran mit der gesetzlichen Zuzahlung von 10 % der Kosten je einfache Fahrt, mindestens 5 EUR und höchstens 10 EUR beteiligen, sofern er nicht von den Zuzahlungen befreit sei. Um festzustellen, ob und in welcher Höhe entstandene Fahrtkosten erstattet werden könnten, benötige man noch einige Angaben vom Kläger persönlich sowie von dem behandelnden Arzt, Krankengymnast oder Masseur. Hierzu müssten die Behandler vollständige Angaben auf den beigefügten Fragebögen machen. Dem Schreiben war ein entsprechender Fragebogen "Fahrtkosten-Angaben des Behandlers" beigefügt. Der Kläger teilte hierauf unter dem 14. April 2008 der Beklagten mit, er müsse viermal pro Jahr mit einem Spezial-Pkw für Rollstuhlfahrer zum Psychiater nach N.-U. fahren. Diese Besuche fielen seit dem Jahr 1986 regelmäßig an. Auch müsse er viermal pro Jahr zum Urologen und zum Hausarzt. Wegen Vorsorgeuntersuchungen müsse er auch zweimal pro Jahr mit dem Pkw zur Zahnärztin nach N.-U ... Weshalb er diese notwendigen Pkw-Fahrtkosten nunmehr auf Formularen, die "total unzureichend" seien, genehmigen lassen solle, sei für ihn "widersinnig und unlogisch". Trotzdem bitte er mitzuteilen, von welchen der genannten Ärzte eine Bescheinigung für die Behandlung erforderlich sei. Die Kosten für die Bescheinigung müsse aber die Beklagte übernehmen. Er werde die gewünschten Bescheinigungen bei den nächsten Arztbesuchen von den jeweiligen Ärzten verlangen. Mit 0,20 EUR pro gefahrenem Kilometer sei er allerdings nicht einverstanden. Er beantrage vielmehr die vom Gesetzgeber vorgegebenen 0,30 EUR pro Kilometer. Zwanzig Cent reichten nicht für die Benzinkosten aus und beinhalteten auch nicht die Reparatur- und Instandhaltungskosten sowie die Steuer- und Versicherungskosten. Die Fahrtkosten seien erstmalig im Jahr 1986 entstanden und würden bis zum letzten Quartal vor seinem Tod entstehen. Mit Bescheid vom 29. April 2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, Kosten für Fahrten zur ambulanten Behandlung würden übernommen werden, da er Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung erhalte. Die gesetzliche Zuzahlung werde jedoch abgezogen. Diese Zusage gelte vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2009. Bei Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem eigenen Pkw solle er sich seinen Besuch beim Arzt formlos und kostenfrei bestätigen lassen. Nur dann könne der Fahrtkostenantrag abschließend bearbeitet werden. Wenn er aus gesundheitlichen Gründen nicht mit einem öffentlichen Verkehrsmittel oder einem eigenen Pkw zur ärztlichen Behandlung fahren könne und ein Taxi benutzen müsse, stelle ihm der Arzt bei medizinischer Notwendigkeit eine entsprechende "Verordnung einer Krankenbeförderung" aus. Ohne ärztliche Verordnung könnten keine Taxikosten übernommen werden. Der Bescheid enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung.
Am 29. Juli 2008 legte der Kläger sinngemäß Widerspruch ein und machte geltend, es sei offen, welche Transportmittel er als chronisch an Schizophrenie erkrankter Rollstuhlfahrer verwenden dürfe. Krankentransportautos mit Sanitätern, die mit seinem Angstgeschrei gut zurecht kämen, seien geeignet. Lastentaxis seien diesbezüglich weniger geeignet. Darüber hinaus sei seine Ehefrau unter Hilfe ihrer Schwester nur bereit, ihr Auto für die Arztbesuche zur Verfügung zu stellen, wenn sie pro Kilometer 0,30 EUR erhielte. Zur weiteren Begründung legte der Kläger ein ärztliches Attest des Allgemeinmediziners K. vom 16. Juli 2008 vor, worin dieser bescheinigte, dass sich der Kläger mindestens einmal pro Quartal in seiner Praxis vorstellen müsse und deshalb um Übernahme der Fahrtkosten gebeten werde, auch für die Jahre 2009 und 2010. Zudem legte der Kläger eine Taxiquittung vom 24. Juli 2008 über 16,20 EUR und die Bescheinigung des Facharztes für Urologie Dr. R. vor, wonach sich der Kläger zur Therapie seiner obstruktiven Prostatavergrößerung mindestens einmal im Quartal vorstellen müsse und er deshalb die Übernahme der Fahrtkosten befürworte. Mit Schreiben vom 7. August 2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass ohne ärztliche Verordnung bzw entsprechender Nachweise (Quittungen) die Übernahme der entstandenen Kosten für die einzelnen Fahrten nicht möglich sei. Die zwischenzeitlich eingereichten Taxikosten vom 24. Juli 2008 in Höhe von 16,20 EUR seien mittlerweile auf das klägerische Konto überwiesen worden. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2008 wies die Beklagte nochmals darauf hin, dass eine Erstattung weiterer Kosten ohne Nachweise bzw ohne ärztliche Bescheinigung nicht möglich sei. Die zwischenzeitlich geltend gemachten Kosten seien bereits erstattet worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2008 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Bei Benutzung eines Kraftfahrzeuges könnten lediglich 0,20 EUR je Kilometer erstattet werden, höchstens jedoch 130 EUR. Bestehe bei Benutzung eines Kraftwagens ein erhebliches dienstliches Interesse, betrage die Wegstreckenentschädigung 0,30 EUR je Kilometer zurückgelegter Strecke. Die notwendigen Fahrtkosten zur ambulanten Behandlung könnten vorliegend grundsätzlich übernommen werden. Da die Fahrt mit dem privaten Pkw zurückgelegt würden, könne eine Vergütung für die gefahrenen Kilometer erfolgen. Allerdings komme nur eine Entschädigung von 0,20 EUR je gefahrenem Kilometer in Betracht. Eine pauschale Erklärung, dass eine Vorstellung mindestens einmal pro Quartal erforderlich sei, sei für eine Erstattung nicht ausreichend. Daher sei ein Nachweis über die Fahrten bzw ein Nachweis der ambulanten Behandlung zu erbringen. Welches Verkehrsmittel für den Transport notwendig sei, entscheide allein der behandelnde Arzt. Hierzu habe dieser gemäß den Krankentransportrichtlinien eine entsprechende Bescheinigung auszustellen.
Hiergegen hat der Kläger am 5. Januar 2009 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und ursprünglich geltend gemacht, die Beklagte müsse Gesamt-Taxifahrtkosten für Fahrten zu seinem Hausarzt K. für das Jahr 2008 in Höhe von 89,50 EUR und 71,60 EUR, für Fahrten zur Psychiaterin Dr. M. in Höhe von 49,80 EUR, für Fahrten zum Urologen Dr. R. in Höhe von 134,80 EUR für das Jahr 2008 und für 2009 in Höhe von 134,80 EUR, für Fahrten zum Orthopäden Dr. W. in Höhe von 67,40 EUR für die Jahre 2008 und 2009 und für Fahrten zur Zahnärztin Dr. H. in Höhe von insgesamt 62,40 EUR für das Jahr 2008 erstatten. Im Übrigen seien die behandelnden Ärzte nicht bereit, für jeden Arztbesuch eine entsprechende Krankentransportbescheinigung auszustellen. Zur weiteren Begründung hat der Kläger mehrere Arztbestätigungen bzw Taxiquittungen sowie das ärztliche Attest des Allgemeinmediziners K. vom 15. Dezember 2008, wonach der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren könne und er Taxifahrten verordne, und die Bestätigung der Dr. H. vom 16. September 2008 vorgelegt, wonach der Kläger am 12. Februar und 16. September 2008 in ihrer Praxis gewesen sei. Zuletzt hat der (anwaltlich vertretene) Kläger mit Schreiben vom 1. Februar 2010 (Bl 109 der SG-Akte) die Erstattung von Taxikosten für das Jahr 2008 in Höhe von insgesamt 264,80 EUR (Fahrten zu Dr. M. 68,80 EUR, zu Dr. R. 133,60 EUR und zu Dr. H. 62,40 EUR) beantragt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 16. April 2010 hat der Klägervertreter angegeben, dass für das Jahr 2009 keine weiteren in Streit stehenden Forderungen geltend gemacht würden (Niederschrift vom 16. April 2010, Bl 115/116 der SG-Akte).
Das SG hat das Pflegegutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung B.-W. (MDK) vom 27. Januar 2009 beigezogen sowie die Auskünfte des Betreuungsbüros U. vom 6. März 2009 und des Notariats U. I - Vormundschaftsgericht - vom 16. März 2009 eingeholt.
Mit Urteil vom 16. April 2010 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Bestellung eines Prozesspflegers gemäß § 72 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei nicht notwendig gewesen, da die Ehefrau und jetzige Generalbevollmächtigte die Aufhebung der ehemals bestehenden Betreuung erwirkt habe und nach ihren eigenen Angaben als Betreuerin handle. Sie dürfe den Kläger daher auch vor Gericht vertreten. Zudem sei antragsgemäß Rechtsanwalt H. im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens beigeordnet worden. Der angegriffene Bescheid sei rechtmäßig, da es die Beklagte zu Recht ablehne, ohne ärztliche Verordnung Taxikosten bzw für Fahrten mit dem privaten Pkw höhere Kosten als 0,20 EUR pro gefahrenem Kilometer zu übernehmen. Nach § 2 Abs 1 der Krankentransportrichtlinie habe ein Vertragsarzt sowohl die Notwendigkeit der Beförderung zu prüfen, als auch das erforderliche Transportmittel auszuwählen. Die Verordnung sei hierbei auf einem vereinbarten Vordruck auszustellen. Auch sei der aktuelle Gesundheitszustand und die Gehfähigkeit des Versicherten zu berücksichtigen. Die Bescheinigung des Hausarztes vom Dezember 2008, welcher Taxifahrten pauschal für das Jahr 2009 bzw 2010 verordnet habe, genüge diesen Anforderungen nicht. Außerdem sei nicht bestätigt worden, dass Fahrten mit dem privaten Pkw nicht möglich seien. Auch bestünden erhebliche Zweifel daran, dass Taxifahrten zur Wahrnehmung von Arztbesuchen erforderlich seien, da nach den eigenen Angaben des Klägers Fahrten mit dem Privat-Pkw als geeignetste Lösung angesehen würden. Fahrten mit dem privaten Pkw könnten hingegen lediglich mit 0,20 EUR pro gefahrenem Kilometer beansprucht werden. Denn bei Nutzung eines privaten Kraftfahrzeugs könnten als Fahrtkosten gemäß § 60 Abs 3 Ziffer 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) die sich aufgrund des Bundesreisekostengesetzes ergebenden Höchstbeträge für Wegstreckenentschädigung, höchstens jedoch die Kosten, die bei Inanspruchnahme eines erforderlichen Transportmittels entstehen, übernommen werden. Gemäß § 5 Abs 1 Bundesreisekostengesetz betrage die Wegstreckenentschädigung bei Benutzung eines Kraftfahrzeugs oder eines anderen motorbetriebenen Fahrzeugs 0,20 EUR je Kilometer zurückgelegter Strecke, höchstens jedoch 130 EUR. Nur bei Vorliegen eines dienstlichen Interesses an der Benutzung eines Kraftfahrzeugs betrage die Wegstreckenentschädigung 0,30 EUR je gefahrenen Kilometer. Ein solches dienstliches Interesse liege jedoch nicht vor, da es sich bei den Fahrten des Klägers zu ambulanten Behandlungsmaßnahmen nicht um Dienstfahrten handle. In der Rechtsmittelbelehrung des Urteils, das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 23. Juni 2010 zugestellt wurde, wurde darauf hingewiesen, dass das Urteil mit der Berufung angefochten werden könne.
Am 14. Juli 2010 hat der Kläger gegen das Urteil des SG Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt und vorgetragen, das SG habe zu Unrecht keinen "Gebrechlichkeits-Prozesspfleger" beigeordnet. Die Beklagte sei verpflichtet, alle seine Taxi-Krankentransportfahrtkosten für die Jahre 2008, 2009 und 2010 zu hundert Prozent zu erstatten, weil er in Vorleistung getreten sei. Von der Beklagten seien zwar für die genannten Jahre bereits entsprechende Beträge überwiesen worden. Diese seien jedoch für ihn nicht kontrollier- und prüfbar. Die Berufung sei zulässig, da der Streitwert 1.637,47 EUR betrage. Es seien Taxi-Transportkosten in Höhe von insgesamt 296 EUR (Fahrten zu Dr. M. 68,80 EUR, Fahrten zu Dr. R. 133,60 EUR und Fahrten zu Dr. H. in Höhe von 93,60 EUR) streitig. Außerdem sei der Einbehalt seiner Selbstbeteiligung von 10 % zu Unrecht erfolgt, so dass die Beklagte ihm zusätzlich für das Jahr 2008 insgesamt 22,93 EUR, für das Jahr 2009 insgesamt 45,08 EUR und für das Jahr 2010 insgesamt 33,46 EUR zu erstatten habe. Außerdem benötige er für jede Krankentransportfahrt auch Pfleger, die jeweils 20 EUR verlangten. Bei 31 Taxi-Krankenfahrten seien daher weitere 1.240 EUR streitig. Zwar habe sein Prozessbevollmächtigter erster Instanz die Auffassung vertreten, dass diese Forderung nicht Klagegegenstand sei, da hierüber kein rechtsmittelfähiger Bescheid erteilt worden sei. Er sei aber der Auffassung, dass auch dies Streitgegenstand gewesen sei. Falls nicht, handle es sich nunmehr um eine nachträgliche "Klageanhäufung gemäß § 260 der ZPO".
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 16. April 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm insgesamt 1.637,47 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Berichterstatter des Senats hat die Beteiligten mit Schreiben vom 12. August 2010 auf Bedenken hinsichtlich der Statthaftigkeit der Berufung sowie auf die Möglichkeit der Verwerfung der Berufung durch Beschluss nach § 158 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge, auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die beigezogenen Akten L 11 KR 3232/10 NZB, L 5 KR 1568/09 ER-B, L 5 KR 4339/09 ER-B, S 5 KR 3769/08 und S 5 KR 4391/08 ER Bezug genommen.
II.
Der Senat hat über die Berufung des Klägers nach dem ihm eingeräumten Ermessen gemäß § 158 Sätze 1 und 2 SGG durch Beschluss entschieden, weil die Berufung nicht statthaft ist. Der Beschwerdewert von mehr als 750 EUR ist nicht erreicht.
Die Berufung ist nicht statthaft. Nach § 144 Abs 1 Satz 1 SGG in der seit 1. April 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 24 Buchstabe a des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl I, S 444) bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes, bei einer Klage die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR (Nr 1) oder bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts und Behörden 10.000 EUR (Nr 2) nicht übersteigt. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG). Die Regelung der Nr 1 greift hier ein. Denn der Kläger hat im Klageverfahren eine Geldleistung in Höhe von zuletzt 264,80 EUR begehrt (vgl Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 1. Februar 2010). Hierbei handelt es sich um die Fahrtkosten aus dem Jahr 2008 im Hinblick auf die Fahrten zu Dr. M. (Kosten in Höhe von 68,80 EUR), zu Dr. R. (Kosten in Höhe von 133,60 EUR) und zu Dr. H. (Kosten in Höhe von 62,40 EUR). Zudem hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 16. April 2010 ausweislich der Niederschrift ausdrücklich angegeben, dass für das Jahr 2009 keine weiter in Streit stehenden Forderungen geltend gemacht würden, sodass auch keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr im Streit waren. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die vom damaligen Prozessbevollmächtigten vorgenommene Beschränkung des Streitgegenstandes auf die Erstattung von insgesamt 264,80 EUR für das Jahr 2008 den Kläger bindet (vgl § 73 Abs 6 Satz 6 SGG iVm § 85 Abs 1 Satz 1 Zivilprozessordnung [ZPO]).
Die Berufung bedurfte daher der Zulassung durch das SG. Eine solche Zulassung hat das SG nicht ausgesprochen. Dass die Rechtsmittelbelehrung die Berufung erwähnt, genügt allein nicht (ständige Rechtsprechung, BSGE 5, 92, 95; BSG SozR 3-1500 § 158 Nr 3; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 144 Rdnr 40). Eine Auslegung oder Umdeutung der vom Kläger eindeutig bezeichneten Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde kommt nicht in Betracht, da der Kläger der falschen Rechtsmittelbelehrung folgend wirklich Berufung einlegen wollte (vgl BSG SozR 3-1500 § 158 Nr 1 mwN; SozR 4-1500 § 158 Nr 1).
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren nunmehr weitere Kosten in Höhe von insgesamt 1.637,47 EUR geltend macht, weist der Senat darauf hin, dass die Erweiterung eines bei Einlegung der Berufung nicht berufungsfähigen Streitgegenstandes im Verlauf des Berufungsverfahrens grundsätzlich nicht zur Zulässigkeit der Berufung führt (vgl nur BSGE 58, 291, 294 mwN).
Der Senat musste dem Kläger für die Durchführung des Berufungsverfahrens auch keinen besonderen Vertreter nach § 72 Abs 1 SGG beiordnen. Nach dieser Vorschrift gilt: Für einen nichtprozessfähigen Beteiligten ohne gesetzlichen Vertreter kann der Vorsitzende bis zum Eintritt eines Vormundes, Betreuers oder Pflegers für das Verfahren einen besonderen Vertreter bestellen, dem alle Rechte, außer dem Empfang von Zahlungen, zustehen. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 9. August 2010 (L 11 KR 3232/10 NZB) dargelegt hat, liegen die Voraussetzungen für die Bestellung eines besonderen Vertreters beim Kläger nicht vor. Denn der Kläger hat seiner Ehefrau eine General- und Betreuungsvollmacht erteilt, wonach sie ihn auch vor Gericht vertreten darf (vgl auch LSG, Beschluss vom 17. August 2009 - L 5 KR 1568/09 ER-B mwN). Aufgrund der General- und Betreuungsvollmacht kann die Ehefrau den Kläger mithin auch im Berufungsverfahren vertreten. Darüber hinaus scheidet eine Bestellung eines besonderen Vertreters aus, wenn es sich - wie vorliegend - um ein unzulässiges Rechtsmittel handelt (vgl Leitherer, aaO, § 72 Rdnr 2 c mwN).
Die Berufung war daher als unzulässig zu verwerfen, wobei die Kostenentscheidung auf §§ 158, 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
III.
Da die Berufung als unzulässig nach § 158 SGG zu verwerfen war, hat der Kläger mangels Erfolgsaussicht nach § 73 a SGG iVm mit § 114 Satz 1 ZPO auch keinen Anspruch auf die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das anhängige Berufungsverfahren.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG unanfechtbar.
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