L 4 KR 4165/10 B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 805/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 4165/10 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 10. August 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das beim Sozialgericht Konstanz (SG) anhängige Klageverfahren S 8 KR 105/10. In diesem Verfahren ist die Befreiung der Klägerin von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht während eines Auslandsaufenthalts in Australien in der Zeit vom 15. Juli 2009 bis 15. Januar 2010 im Streit.

Die am 11. Juni 1983 geborene Klägerin absolviert seit dem Wintersemester 2008/2009 an der Universität Konstanz den Master-Studiengang "Kulturelle Grundlagen Europas". Das Masterstudium dauert vier Semester. Es sieht im dritten Semester laut Studienordnung einen obligatorischen Studienaufenthalt an einer der sieben nicht-europäischen Partner-Universitäten der Universität K. vor. Dem folgend hielt sich die Klägerin ab 15. Juli 2009 bis 15. Januar 2010 studienbedingt an der A. National University in C./A. auf. Während dieser Zeit war sie weiterhin an der Universität K. immatrikuliert.

Ab 11. Juni 2009 war die Klägerin bei der Beklagten in der Krankenversicherung der Studenten versichert. Außerdem schloss sie für die Zeit des A.-aufenthalts vom 15. Juli 2009 bis 15. Januar 2010 eine private Auslandsreise-Krankenversicherung bei der Süddeutschen Krankenversicherung ab.

Am 15. Juli 2009 beantragte die Klägerin bei der Beklagten unter Vorlage der Versicherungsbestätigung der Süddeutschen Krankenversicherung die Befreiung von der studentischen Krankenversicherung für die Zeit vom 15. Juli 2009 bis zum 15. Januar 2010. Sie trug vor, ihr Auslandssemester sei Pflichtbestandteil ihres Masterstudiengangs. Es sei deshalb vergleichbar mit einem Pflichtpraxissemester/Pflichtpraktikum innerhalb eines Studiums, wofür Beitragsfreiheit bestehe. Ergänzend legte sie eine Bestätigung der Universität K. vom 06. August 2009 vor. Mit E-Mail vom 14. August 2009 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass eine Unterbrechung der Krankenversicherung der Studenten in Deutschland während eines Auslandsaufenthaltes nicht möglich sei. Bei Studenten, die ihr Auslandssemester im Bereich der Europäischen Union oder in einem Abkommensland durchführten, greife die Leistungspflicht der deutschen Krankenversicherung. Bei Staaten, mit denen kein Sozialabkommen in der Krankenversicherung bestehe, dazu gehörten z.B. Australien und die USA, komme es zu Doppelversicherungen bei der Absicherung im Krankheitsfall. Nachdem die Klägerin dennoch am Befreiungsantrag festhielt und sich hierbei auf § 8 Abs. 1 Nr. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) stützte, befreite die Beklagte die Klägerin mit Bescheid vom 27. August 2009 ab dem 11. Juni 2009 allgemein von der Krankenversicherungspflicht als Studentin.

Hiergegen trug die Klägerin vor, dass sie keine generelle Befreiung von der Krankenversicherungspflicht als Studentin beantragt habe. Sie begehre die Befreiung nur für die Zeit vom 15. Juli 2009 bis zum 15. Januar 2010. Die Beklagte teilte der Klägerin hierauf mit, dass es nur eine vollständige Befreiung von der Versicherungspflicht für das ganze Studium oder keine Befreiung gebe, worauf die Klägerin ihren Befreiungsantrag zurückzog und die Beklagte die Klägerin mit Bescheid vom 17. September 2009, der eine Rechtsbehelfsbelehrung enthält, ab 11. Juni 2009 wieder als Versicherte in der Krankenversicherung der Studenten aufnahm sowie Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung festsetzte.

Mit Schreiben vom 25. September 2009 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 27. August 2009. Sie wandte sich gegen die Ablehnung der "Befreiung von der Versicherungspflicht wegen eines berufspraktischen Zeitraums". Zur Begründung führte sie aus, während ihres Pflichtpraxissemesters sei sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 SGB V pflichtversichert und könne nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 SGB V die Befreiung von der Versicherungspflicht während der Dauer des Auslandsaufenthalts, also vom 15. Juli 2009 bis 15. Januar 2010, beantragen. Nach Beendigung des Auslandsaufenthaltes greife wiederum der Pflichtversicherungstatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V ein und sie gehöre erneut zum pflichtversicherten Personenkreis. Nur so könne eine Doppelversicherung vermieden werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 04. März 2010 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch "gegen den Bescheid vom 27. August 2009" zurück. Die Klägerin sei für die Dauer ihres Auslandssemesters weiterhin nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V versicherungspflichtig, da sie an einer staatlich anerkannten Hochschule immatrikuliert sei. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 5 (richtig: § 8) Abs. 1 Nr. 5 SGB V sei nur für die Dauer des kompletten Studiums möglich. Von einer Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 SGB V für die Dauer des Auslandssemesters könne nicht ausgegangen werden, da die Klägerin weiterhin an einer staatlich anerkannten Hochschule immatrikuliert sei und somit der Versicherungspflicht nach § 5 Abs.1 Nr. 9 SGB V unterliege.

Die Klägerin erhob am 06. April 2010 Klage zum SG und beantragte am 08. Juli 2010 die Bewilligung von PKH für das Klageverfahren. Zur Begründung trug sie vor, sie habe einen Anspruch auf Befreiung nur für den Zeitraum vom 15. Juli 2009 bis zum 15. Januar 2010, weil sie in Australien eine Art Berufspraktikum gemacht habe. Sie sei dort nicht als Studentin eingeschrieben gewesen und habe eher den Status einer unbezahlten freien wissenschaftlichen Mitarbeiterin innegehabt. Es sei auch von vornherein allen Beteiligten klar gewesen, dass sie während des Auslandsaufenthaltes nicht wieder nach Deutschland einreisen werde. Der Begründung zum Regierungsentwurf zu § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V sei zu entnehmen, dass Grund für den Verbleib auch der Studenten, die im Inland keinen Wohnsitz hätten, in der Krankenversicherung während ihres Auslandsaufenthalts die Absicherung sei. Eine solche Absicherung sei jedoch nicht erforderlich, wenn im Ausland ein eigenständiger Anspruch bestehe. Nach dem Regierungsentwurf sei es insoweit unerheblich, ob es sich um einen Anspruch gegenüber einem Sozialversicherungsträger des anderen Staates oder aufgrund einer eigenständigen Versicherung handele. Sie habe eine private Versicherung, sodass für eine gesetzliche Krankenversicherung kein Bedürfnis bestehe. Greife die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V nicht ein, sei die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 SGB V zu prüfen. Diese Norm sei hier einschlägig. Sie sei aufgrund der von ihr verrichteten berufspraktischen Tätigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 SGB V versicherungspflichtig geworden. Dies aber nur für den Zeitraum des Auslandsaufenthaltes. Nachdem eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V während des Auslandsaufenthalts nicht eingreife, stehe dem auch nicht § 5 Abs. 7 Satz 2 SGB V entgegen. Für die Zeit der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 SGB V könne sie sich nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 SGB V von der Versicherungspflicht befreien lassen. Einen solchen Antrag habe sie gestellt. Abgesehen davon sei sie von der Beklagten auch falsch beraten worden. Man habe ihr geraten, sich während der Dauer des Auslandsaufenthaltes von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht befreien zu lassen und eine private Auslandskrankenversicherung abzuschließen.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V greife immer dann ein, wenn kein Sozialversicherungsabkommen bestehe. Eine privat abgeschlossene Versicherung reiche nicht aus, um die Versicherungspflicht zu verneinen. Im Übrigen habe sie die Klägerin zu keiner Zeit falsch beraten.

Mit Beschluss vom 10. August 2010 lehnte das SG den Antrag auf Bewilligung von PKH ab. Die Klägerin sei während des Auslandsaufenthalts versicherungspflichtig nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V, da sie in der streitigen Zeit an der Universität K. immatrikuliert gewesen sei und auch die zeitlichen Grenzen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V erfülle. Dass die Klägerin im Ausland nicht im eigentlichen Sinne studiert habe, sondern ein Praxissemester abgeleistet habe, stehe der Versicherungspflicht nicht entgegen. Es komme auf die Immatrikulation an. Unerheblich für die Versicherungspflicht sei auch, ob die Klägerin Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt habe. Studenten seien auch dann versicherungspflichtig, wenn sie sich im Ausland aufhielten. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn die Klägerin einen Anspruch auf Sachleistungen aufgrund über- oder zwischenstaatlichen Rechts gehabt habe. Ein solcher Sachleistungsanspruch habe hier jedoch nicht bestanden. Die Klägerin habe im fraglichen Zeitraum allenfalls einen Kostenerstattungsanspruch über ihre private Auslandskrankenversicherung gehabt. Die Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V sei auch im Hinblick darauf, dass die Klägerin in Australien tatsächlich keine Krankenbehandlung bei der Beklagten habe beanspruchen können, sich daher für diese Zeit privat krankenversichert habe und dennoch der Beklagten Beiträge hätte leisten müssen, nicht verfassungswidrig. Eine Befreiung nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 1. Alternative SGB V von dieser grundsätzlich bestehenden Versicherungspflicht nur für die Zeit des Auslandsaufenthalts sei nicht möglich. Eine Befreiung von der Krankenversicherung der Studenten komme nur für das gesamte Studium und nicht für einzelne Zeitabschnitte in Betracht. Eine Befreiung für die gesamte Studiendauer sei von der Klägerin jedoch ausdrücklich nicht gewollt worden. Eine Befreiung wegen einer berufspraktischen Zeit (§ 8 Abs. 1 Nr. 5 2. Alternative SGB V) scheide aus, da die Klägerin nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V versicherungspflichtig sei. Die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V gehe der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 SGB V vor (vgl. § 5 Abs. 7 Satz 2 SGB V). Auch eine etwaige Fehlberatung der Beklagten vermöge keinen Befreiungsanspruch zu begründen. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch könne allenfalls den Zustand herstellen, der bei richtiger Beratung eingetreten wäre. Die Versicherungspflicht als Student trete jedoch unabhängig von der Beratung kraft Gesetzes ein.

Hiergegen hat die Klägerin am 03. September 2010 Beschwerde zum LSG eingelegt. Sie bezieht sich auf ihren bisherigen Vortrag.

Die Klägerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 10. August 2010 aufzuheben und ihr für das Klageverfahren S 8 KR 805/10 vor dem Sozialgericht Konstanz Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt A. , Karlsruhe, zu bewilligen.

Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt und keine Stellungnahme abgegeben.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Klägerin ist form- und fristgerecht eingelegt worden. § 172 Abs. 3 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der ab 01. April 2008 geltenden Fassung ist hier nicht anwendbar, denn der Beschwerdeausschluss gilt danach nur, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die PKH verneint hat.

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn der Rechtsstandpunkt des klagenden Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für das Gericht zumindest als vertretbar erscheint und es von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 9. Aufl. 2008, § 73a Rdnr. 7a). Bei der Prüfung der hinreichenden Erfolgsaussicht dürfen im Hinblick auf das Grundrecht auf gleichen und effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 i.V.m. Art. 3 Abs.1 Grundgesetz [GG]) keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Das Verfahren über die Bewilligung von PKH dient nicht dazu, schwierige oder ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden oder eine Beweiserhebung vorzunehmen.

1. Das Begehren der Klägerin, sie befristet für die Zeit des Aufenthalts in Australien vom 15. Juli 2009 bis 15. Januar 2010 von der Krankenversicherungspflicht der Studenten zu befreien, kann aufgrund des derzeitigen Sach- und Streitstandes bereits deshalb keinen Erfolg haben, weil die begehrte Befreiung bestandskräftig mit dem Bescheid vom 17. September 2010 abgelehnt ist.

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 27. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04. März 2010. Die sowohl im Widerspruchsverfahren als ein Klageverfahren anwaltlich vertretene Klägerin hat Widerspruch und Klage nur gegen den Bescheid vom 27. August 2010 eingelegt. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten hat auch nur über den Widerspruch gegen diesen Bescheid entschieden. Gegen den weiteren Bescheid vom 17. September 2010 hat die Klägerin weder Widerspruch erhoben noch hat sie ihn mit der beim SG anhängigen Klage angefochten.

Mit dem Bescheid vom 27. August 2010 befreite die Beklagte die Klägerin von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Studenten ab 11. Juni 2009 in vollem Umfang. Nachdem die Klägerin geltend gemacht hatte, dies nicht begehrt zu haben, stellte die Beklagte mit dem Bescheid vom 17. September 2009 (sinngemäß) die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Studenten ab 11. Juni 2009 wieder fest und setzte Beiträge fest. Sinngemäß hat sie mit dem Bescheid vom 17. September 2009 den vorausgegangenen Bescheid vom 27. August 2010 zurückgenommen, so dass der Bescheid vom 17. September 2009 in vollem Umfang den vorangegangenen Bescheid vom 27. August 2010 ersetzt mit der Folge, dass der Bescheid vom 27. August 2010 nicht mehr wirksam ist.

Sowohl dem Bescheid vom 27. August 2010 als auch dem Bescheid vom 17. September 2010 kann im Wege der sinngemäßen Auslegung die Entscheidung der Beklagten entnommen werden, den Antrag der Klägerin, sie befristet für die Zeit des Aufenthalts in Australien vom 15. Juli 2009 bis 15. Januar 2010 von der Krankenversicherungspflicht der Studenten befreit zu werden, abgelehnt zu haben. Da der Bescheid vom 27. August 2010 nicht mehr wirksam ist, hätte die Klägerin Widerspruch (auch) gegen den Bescheid vom 17. September 2009 erheben müssen, was nicht erfolgte. Der Bescheid vom 17. September 2009 ist nicht nach § 86 SGG Gegenstand eines Widerspruchsverfahrens geworden. Denn zum Zeitpunkt seines Erlasses war der Widerspruch gegen den Bescheid vom 27. August 2009 noch nicht eingelegt. Dies erfolgte erst am 25. September 2009.

2. Unabhängig hiervon und zur Vermeidung weiterer Kosten eines möglichen Überprüfungsverfahrens dürfte das Begehren der Klägerin, sie befristet für die Zeit des Aufenthalts in Australien vom 15. Juli 2009 bis 15. Januar 2010 von der Krankenversicherungspflicht der Studenten zu befreien, aufgrund des derzeitigen Sach- und Streitstandes auch in der Sache selbst keinen Erfolg haben.

2.1. Die Klägerin dürfte auch in der Zeit vom 15. Juli 2009 bis 15. Januar 2010 versicherungspflichtig in der Krankenversicherung der Studenten gewesen sein. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V sind Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, unabhängig davon, ob sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, wenn für sie aufgrund über- oder zwischenstaatlichen Rechts kein Anspruch auf Sachleistungen besteht, bis zum Abschluss des 14. Fachsemesters, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres versicherungspflichtig. Nach § 5 Abs. 1 Nr.10 SGB V sind Personen, die eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten, sowie zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt Beschäftigte versicherungspflichtig. Die Voraussetzung der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V dürfte - wie vom SG ausgeführt - bei der Klägerin gegeben sein, da sie auch während des Auslandsaufenthalts an der Universität K. eingeschrieben war. Dies gilt nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V auch für die Zeit, in der sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Deutschland hat. Eine Versicherungspflicht bestünde nur dann nicht, wenn für sie aufgrund über- oder zwischenstaatlichen Rechts ein Anspruch auf Sachleistungen bestünde. Dies ist hier indessen nicht der Fall. Denn zwischen Australien und Deutschland besteht keine diesbezügliche Regelung. Dies ist auch der Grund dafür, dass die Klägerin für die Zeit vom 15. Juli 2009 bis 15. Januar 2010 eine private Auslandskrankenversicherung abgeschlossen hat. Allein diese private Krankenversicherung dürfte indessen nicht genügen, um die Versicherungspflicht zu verneinen. Der Abschluss einer privaten Krankenversicherung kann die kraft Gesetzes eintretende Versicherungspflicht nicht verdrängen. Zwar geht - wie von der Klägerin vorgetragen - aus der Begründung zum Regierungsentwurf hervor, dass u.a. auch dann kein Bedürfnis einer Versicherungspflicht während des Studiums gesehen wird, wenn ein Anspruch auf Sachleistung bei Krankheit aufgrund eigener Versicherung bestehe. Als Beispiel für die eigene Versicherung wird in der Begründung zum Regierungsentwurf jedoch die Versicherung wegen des Bezugs einer Waisenrente oder ein Familienhilfeanspruch angegeben. Dabei handelt es sich um gesetzliche Versicherungen aufgrund anderweitiger gesetzlicher Versicherungspflicht. Ein privater Vertrag dürfte schon von der Begründung zum Regierungsentwurf nicht erfasst sein. Dies ergibt sich auch aus dem eindeutigen Wortlaut des § 5 Abs.1 Nr. 9 SGB V. Danach scheidet die Versicherungspflicht nur dann aus, wenn aufgrund über- oder zwischenstaatlichen Rechts ein Anspruch auf Sachleistungen besteht. Ein privater Vertrag wird nicht erwähnt. Insoweit dürfte nach Überzeugung des Senats auch keine Analogie gezogen werden können, denn bei einem privaten Vertrag dürfte weiterhin die Notwendigkeit eines Schutzes für den Studenten bestehen. Private Verträge können nicht kontrolliert werden. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass nur ein teilweiser Versicherungsschutz besteht. Dies ist letztendlich auch hier der Fall, indem nur ein Versicherungsschutz für das Ausland abgeschlossen wurde. Deshalb dürfte ein privater Vertrag nicht genügen, um die Versicherungspflicht als Student nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V zu verneinen. Die Klägerin dürfte trotz des abgeschlossenen Vertrags über die Auslandskrankenversicherung weiterhin versicherungspflichtig gewesen sein.

Auch die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Krankenversicherung der Studenten dürften nicht gegeben sein.

Den Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht regelt § 8 SGB V. Danach wird nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 SGB V auf Antrag von der Versicherungspflicht u.a. befreit, wer versicherungspflichtig wird durch die Einschreibung als Student oder die berufspraktische Tätigkeit (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 oder 10 SGB V). Der Antrag ist nach § 8 Abs. 2 SGB V innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht bei der Krankenkasse zu stellen. Die Befreiung wirkt vom Beginn der Versicherungspflicht an, wenn seit diesem Zeitpunkt noch keine Leistungen in Anspruch genommen wurden, sonst vom Beginn des Kalendermonats an, der auf die Antragstellung folgt. Die Befreiung kann nicht widerrufen werden.

Es kann zunächst dahingestellt bleiben, ob sich die Klägerin als Studentin noch von der Versicherungspflicht befreien könnte. Dies könnte deshalb zweifelhaft sein, weil unter Einschreibung als Student nur die Erstimmatrikulation gemeint sein könnte (vgl. Kruse in LPK-SGB V § 8 Rdziff. 9). Dies muss hier jedoch nicht entschieden werden, denn Folge der Befreiung wäre, dass die Klägerin für die gesamte Dauer des Studiums von der Versicherungspflicht als Studentin befreit wäre. Denn die Befreiungswirkung endet erst mit dem Wegfall des Versicherungspflichttatbestands, der Gegenstand der Befreiung war, mithin hier mit Ende des Studiums (vgl. Kruse a.a.O. § 8 Rdziff.19). Eine Befreiung für das komplette Studium wünscht die Klägerin indessen nicht.

In Betracht kommen könnte deshalb nur eine Befreiung von der Versicherungspflicht durch eine berufspraktische Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 Nr. 5 2. Alternative SGB V). In diesem Fall würde die Befreiung mit dem Ende des Berufspraktikums entfallen. Voraussetzung hierfür wäre jedoch, dass es sich bei dem Auslandsaufenthalt der Klägerin an der A. National University in Canberra um ein Berufspraktikum handelte. Hieran hat der Senat erhebliche Zweifel. Es dürfte sich eher um die Fortsetzung des Studiums im Ausland gehandelt haben.

Auch dies muss indessen nicht abschließend geklärt und entschieden werden. Denn einer Befreiung nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 2. Alt. SGB V dürfte der sich aus § 5 Abs. 7 Satz 2 SGB V ergebende Vorrang des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V gegenüber § 5 Abs. 1 Nr. 10 SGB V entgegenstehen. Diese Vorschrift bestimmt, dass die Versicherungspflicht nach § 5 Satz 1 Nr. 9 SGB V der Versicherungspflicht nach Abs. 1 Nr. 10 vorgeht. Dies hat zur Folge, dass auch eine Befreiungsmöglichkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 2. Alternative SGB V nicht besteht. Denn auch wenn die Klägerin von der Versicherungspflicht im Hinblick auf eine berufspraktische Tätigkeit befreit wäre, bliebe immer noch die vorrangige Versicherungspflicht als eingeschriebene Studentin.

2.2. Auch die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs dürfte das SG zu Recht verneint haben. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin von Mitarbeitern der Beklagten falsch beraten wurde, denn für die Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs dürfte hier kein Raum sein. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruchs setzt voraus, dass ein eingetretener Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden kann (u.a. BSGE 76, 84, 92, 241). Dies ist hier nicht möglich. Die Klägerin dürfte versicherungspflichtig auch während ihres Aufenthalts in Australien gewesen sein. Eine Befreiungsmöglichkeit besteht nicht.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 73 Abs. 1 Satz 1 SGG, 124 Abs. 4 ZPO.

Diese Entscheidung kann nicht mit der (weiteren) Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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