Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 310/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 6062/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26. November 2008 aufgehoben und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1951 geborene Klägerin, eine slowenische Staatsangehörige, die im März 1970 in die Bundesrepublik Deutschland zugezogen ist und im ehemaligen Jugoslawien rentenversicherungsrechtliche Zeiten zurückgelegt hat, hat keine berufliche Ausbildung absolviert und war im Zeitraum vom 22. April 1970 bis 6. Februar 2003 - mit Unterbrechungen - rentenversicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt als ungelernte Arbeiterin in der Papierverarbeitung, wo sie auch schwere Arbeiten verrichten musste. Danach bezog sie unter anderem Übergangs- und Arbeitslosengeld. Wegen der Einzelheiten der versicherungsrechtlichen Zeiten wird auf den in der Verwaltungsakte enthaltenen Versicherungsverlauf vom 9. September 2004 verwiesen.
Am 30. April 2003 erfolgte eine Arthroskopie mit subtotaler Außenmeniskus- und Innenmenikusteilresektion im rechten Kniegelenk. Vom 4. bis 25. November 2003 war die Klägerin in der Reha-Klinik Ü. zu einer stationären Heilbehandlung (Diagnosen: rechtsseitige Gonalgie bei fortgeschrittener Chondromalazia patellae und Zustand nach Arthroskopie 4/03 mit Außen- und Innenmeniskusteilresektion, beidseitige linksbetonte Lumboischialgien bei Bandscheiben (BS)-Protrusionen L 4/L5 und L5/S1, hyperreagibles Bronchialsystem mit mäßiger obstruktiver Ventilationsstörung, metabolisches Syndrom mit Übergewicht, Hyperlipidämie, labilem Hypertonus, Hyperurikämie und leicht erhöhtem Nüchtern-Blutzucker; leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung und in Tagesschicht ohne schweres Heben, Knien, Zwangshaltung, häufiges Bücken sowie inhalative Belastungen seien sechs Stunden und mehr möglich).
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag der Klägerin vom 6. Februar 2004, zu dem diese ein Asthma bronchiale, Kniegelenksbeschwerden rechts, beginnende degenerative Veränderungen der Schultergelenke, degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule (LWS) sowie eine ausgeprägte Stauballergie, vor allem im Frühling, geltend machte, mit Bescheid vom 9. September 2004 und Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2005 ab, da die Klägerin zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden täglich verrichten könne.
Dem lagen u. a. der Heilverfahren-Entlassungsbericht der Reha-Klinik Überruh vom 3. Dezember 2003, von der Klägerin vorgelegte Äußerungen, ein Bericht des Allgemeinmediziners Dr. J. vom 2. März 2004, ein Gutachten des Arztes für Innere Medizin - Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologie, Dr. R. nach einer Untersuchung vom 10. August 2004 (keine Ventilationsstörung bei der Lungenfunktionsprüfung, Messparameter im Normbereich; Diagnosen: Adipositas, degenerative Veränderungen und BS-Schäden der LWS, Kniegelenksbinnenschaden beidseits; mittelschwere Tätigkeiten seien vollschichtig möglich, eine Gewichtsreduktion sei angezeigt), eine Stellungnahme von Dr. I. vom 3. September 2004 (mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Köperhaltung ohne häufiges Bücken, Knien und Hocken seien sechs Stunden und mehr möglich), weitere Befundberichte des Radiologen Dr. G. vom Oktober 2004 sowie des Dr. J. vom November 2004 sowie eine Stellungnahme der Internistin und Sozialmedizinerin Dr. Sch. vom 21. Dezember 2004 (aus den weiteren Arztauskünften ergäben sich keine neuen Befunde, mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen seien weiter zumutbar) zu Grunde.
Gegen den am 11. Januar 2005 abgesandten Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2005 hat die Klägerin am 14. Februar 2005 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben.
Das SG hat benannte behandelnde Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Über die erhobenen Befunde haben unter Beifügung weiterer Arztbriefe der Orthopäde Dr. S. am 3. Juni 2005, Dr. J. am 15. Juni 2005 und der Neurologe Dr. K. am 27. Juni 2005 berichtet. Wegen der Einzelheiten wird auf die schriftlichen Zeugenaussagen verwiesen.
Ferner hat das SG Sachverständigengutachten des Orthopäden Dr. Z. vom 11. April 2006 sowie - auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - des Orthopäden Dr. B. vom 15. Juni 2008 eingeholt.
Dr. Z. ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, bei der Klägerin bestünden im Wesentlichen ausgeprägte degenerative Veränderungen im Bereich der LWS mit gemischt radikulärer-pseudoradikulärer Schmerzsymptomatik und sensiblem Defizit im Bereich der Lateralseite des rechten Oberschenkels ohne motorische Defizite, eine Gonarthrose des rechten Kniegelenks mit Extensionsdefizit von 20 Grad, persistierendem Schwellungszustand, medialer und lateraler Instabilität in der Frontalebene und schweren Knorpelschäden, ein ausgeprägter Strukturschaden im Bereich der rechten Hand mit Zustand nach Amputation des Kleinfingers im Mittelgelenk im Januar 2006, eine Beugekontraktur des 4. Fingers (Zustand nach Operation wegen Dupuytrenscher Kontraktur), eine persistierende Schmerzsymptomatik mit Ausstrahlung in den rechten Unter- und Oberarm sowie ein Asthmaleiden und eine Stauballergie. Es gebe Hinweise auf eine sympathikotone Reaktionslage und erhebliche psychosoziale Belastungen. Die Gesundheitsstörungen bedingten qualitative Einschränkungen, insbesondere eine ausgeprägte Reduktion der Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand, die zum Ausschluss von Arbeiten an gefährdenden Maschinen, Akkord- und Fließbandarbeiten sowie sämtlichen Arbeiten, die die volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände voraussetzten, führten. Die Klägerin könne leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung der qualitativen Einschränkungen, insbesondere der Möglichkeit weitestgehend selbstständig die Köperposition zu bestimmen, vollschichtig verrichten und sie könne auch arbeitstäglich vierfach eine Fußwegstrecke von über 500 m zurücklegen, wofür sie jeweils weniger als 20 Minuten benötige.
Nach Eingang weiterer ärztlicher Berichte hat Dr. B. in seinem Gutachten u. a. die Diagnosen chronisches degeneratives pseudoradikuläres lumbales LWS-Syndrom mit mutilplen BS-Vorfällen bzw. -vorwölbungen ohne Reiz- oder Ausfallerscheinungen der unteren Extremitäten, WS-Fehlstatik bei Beinlängendifferenz infolge Beugekontraktur des rechten Kniegelenks, chronischer Reizzustand des Muskel-Sehnen-Weichteil-Mantels beider Schultergelenke, erhebliche Rhizarthrose beidseits mit Beeinträchtigung des Daumenstrahls, Heberden-Polyarthrose beidseits, graduelle Funktionseinschränkung der linken Hand bei Morbus Dupuytren, ausgeprägte Funktionseinschränkung der rechten Hand bei zweimaliger operativer Behandlung eines Morbus Dupuytren mit verbliebenen Beugekontrakturen sowie Teilamputation des rechten Kleinfingers, initiale Coxarthrose beidseits, fortgeschrittene Gonarthrose rechts mit chronisch synovialer Reizung und Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenkes, Gonarthrose links ohne Funktionseinschränkung des Kniegelenkes, Senk-Spreizfuß beidseits, Varicosis des rechten Beines, Beinödem rechts, Asthma bronchiale, arterielle Hypertonie sowie Adipositas permagna aufgelistet. Ferner bestehe der Verdacht auf eine Somatisierungsstörung und auf Medikamenten-Abusus. Es seien keine Gesundheitsstörungen objektiviert, die eine Einschränkung des Leistungsvermögens auf unter vollschichtig für sich allein genommen jeweils begründen würden. Streng genommen müsste daher vor dem Hintergrund der einschlägigen Literatur trotz der mannigfaltigen qualitativen Einschränkungen auch künftig ein vollschichtiges zeitliches Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden pro Tag bei fünf Tagen in der Woche attestiert werden. Insbesondere auf Grund der gegenseitigen Verflechtungen der einzelnen funktionellen Beeinträchtigungen durch vielfältige Gesundheitsstörungen sei er - Dr. B. - jedoch der Auffassung, dass leichte Tätigkeiten lediglich noch in einem Umfang von drei bis unter sechs Stunden täglich zugemutet werden könnten. Die Klägerin könne arbeitstäglich vierfach eine Wegstrecke von über 500 m in einem Zeitaufwand von jeweils unter 20 Minuten zurücklegen, wobei auch die Benützung eines Gehstocks zumutbar wäre. Auf Grund der psychosomatischen Überlagerung mit deutlichem Versorgungsbegehren sei eine Besserung in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Von Dr. Z. weiche er lediglich insoweit ab, als sich die von diesem geäußerte Erwartung einer persistierend schlechten Funktion der rechten Hand zwischenzeitlich zur Gewissheit verfestigt habe. Deshalb gelange er bei integrativer Betrachtung zum Ergebnis, dass auch eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens anzunehmen sei. Auf Grund der anzunehmenden psychosomatischen Überlagerung erscheine auch die Einholung eines psychiatrisch-psychotherapeutischen Gutachtens sinnvoll.
Die Klägerin hat geltend gemacht, sie könne wegen ihrer Gesundheitsstörungen keine drei Stunden täglich erwerbstätig sein, insbesondere wegen ihres seit rund 18 Jahren bestehenden Asthma bronchiale, der Kniegelenks-, Hüftgelenks- und LWS-Beschwerden sowie der degenerativen Veränderungen in den Schultergelenken. Ohne Schmerzmittel könne sie nicht auskommen. Eine Operation der rechten Hand wegen der Dupuytrenschen Kontraktur sei fehlgeschlagen. Bei einer weiteren Operation habe sich die Erforderlichkeit der Amputation des kleinen Fingers der rechten Hand ergeben. Das Gutachten von Dr. Z. sei im Ergebnis nicht nachvollziehbar.
Die Beklagte hat die Klägerin für weiterhin in der Lage erachtet, zumutbare Tätigkeiten in einem Umfang von wenigstens sechs Stunden täglich zu verrichten. Hierzu hat sie u. a. Stellungnahmen der Dr. M. vom 12. August 2005 und des Dr. Sch. vom 9. Juli 2008 (im Vergleich der vorliegenden medizinischen und sozialmedizinischen Befunddokumentation beurteile allein Dr. B. die Klägerin als nicht vollschichtig leistungsfähig, wobei er dies auch sehr relativiert habe; auch unter Berücksichtigung der von Dr. B. erhobenen objektiven Funktionswerte sei die Annahme einer quantitativen Leistungsminderung nicht zu rechtfertigen und könne die Klägerin zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung entsprechenden qualitativer Einschränkungen und ohne Notwendigkeit betriebsunüblicher Pausen vollschichtig verrichten).
Unter Abweisung der Klage im Übrigen hat das SG die Beklagte mit Urteil vom 26. November 2008 verurteilt, der Klägerin nach einem Leistungsfall vom 11. Juni 2008 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit zu gewähren. Die Klägerin könne nach dem Gutachten von Dr. B. mindestens drei, nicht aber sechs Stunden täglich arbeiten und habe infolge dessen, wegen Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes einen Anspruch auf eine zeitlich befristete Rente, wobei der Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit dem Zeitpunkt der Begutachtung bei Dr. B. anzunehmen sei. Davor sei noch keine rentenrelevante Leistungseinschränkung nachgewiesen, insbesondere nicht zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. Z ... Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das schriftliche Urteil des SG verwiesen.
Es haben die Beklagte gegen das ihr am 12. Dezember 2008 zugestellte Urteil am 29. Dezember 2008 und die Klägerin gegen das ihr am 10. Dezember 2008 zugestellte Urteil am 8. Januar 2009 Berufung eingelegt.
Die Klägerin begehrt Rente bereits ab dem 6. Februar 2004. Bereits zu diesem Zeitpunkt sei sie zu einer Erwerbstätigkeit nicht mehr in Lage gewesen, was sich auch aus dem Gutachten von Dr. B. ergebe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26. November 2008 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 9. September 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Januar 2005 zu verurteilen, ihr bereits ab 6. Februar 2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und hilfsweise ein weiteres orthopädisches Gutachten einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26. November 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Entgegen der Entscheidung des SG, das ihre Einwände nicht berücksichtigt habe, sei die Klägerin noch in der Lage, ihr zumutbare leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden täglich zu verrichten. Hierzu hat sie u. a. Stellungnahmen von Dr. Legner vom 3. September und 20. Dezember 2009 (leichte Tätigkeiten seien unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich möglich) vorgelegt.
Der Senat hat ergänzende Stellungnahmen des Dr. Z. vom 5. Juni 2009 und 12. März 2010 sowie ein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Dr. W. vom 6. August 2009 eingeholt.
Dr. Z. hat im Wesentlichen an seiner Beurteilung des Leistungsvermögens festgehalten. Eine kernspintomographische Untersuchung vom Mai 2007 habe gegenüber den Vorbefund vom April 2004 eine Zunahme der BS-Veränderungen gezeigt. Inwieweit diese Zunahme der morphologischen Veränderungen mit einer Verschlechterung der klinischen Symptomatik korreliere sei nicht zu erkennen. Dr. B. habe weitere Diagnosen auf orthopädischen Fachgebiet gestellt, wobei er u. a. auch solche aufgeführt habe, die hinsichtlich des Leistungsvermögens nicht relevant seien. Soweit dieser seine - Dr. Z. - Auflistung der Diagnosen als nicht allumfassend ansehe, sei dies nicht nachvollziehbar, da es nur um leistungsrelevante Diagnosen und ihr gegenseitiges Zusammenwirken gehe. Dessen Einschätzung des Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei nicht nachvollziehbar. Demgegenüber sei Dr. Sch. zuzustimmen. Im Hinblick auf die morphologischen Veränderungen und der Ergebnisse des Kernspintomogramms schlage er die Einholung eines neurologischen sowie psychosomatischen Gutachtens vor.
Prof. Dr. Dr. W. ist dann zum Ergebnis gelangt, die Klägerin leide unter Schmerzen bei degenerativen Veränderung des Stütz- und Bewegungsapparates sowie einer Adipositas permagna. Ein Anhalt für eine depressive Verstimmung bestehe nicht. Er hat auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet - überdeckend mit dem chirurgisch-orthopädischem Fachgebiet - pseudoradikuläre Schmerzen bei degenerativen Veränderung des Stütz- und Bewegungsapparates erhoben. Bei ausschließlicher Betrachtung des neurologisch-psychiatrischen Fachgebietes bestehe keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Leichte körperliche Arbeiten erschienen zumutbar. Es ergäben sich auch keine Einschränkungen bei Arbeiten mit Publikumsverkehr. Unter Berücksichtigung dessen könne die Klägerin noch mindestens sechs Stunden täglich leichte Arbeiten durchführen, auch unter Berücksichtigung der Befunde auf chirurgisch-orthopädischem Gebiet. Besondere Arbeitsbedingungen seien nicht erforderlich. Es bestehe auch keine Einschränkung bei der Bewältigung des Arbeitsweges, Wegstrecken von 4x500 m könne die Klägerin zu Fuß unter 20 Minuten zurücklegen. Dr. R., Dr. Z. und Dr. Sch. sei zuzustimmen. Grundsätzlich sei auch Dr. B. zuzustimmen, dass sich wechselseitig beeinflussende Einschränkungen verschiedener Art vorlägen. Unter Berücksichtigung des Fehlens relevanter neurologisch-psychiatrischer Beeinträchtigungen sei jedoch nicht zu erkennen, aus welchen Gründen die Klägerin nunmehr nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich leistungsfähig sein sollte.
In seiner weiteren ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme hat Dr. Z. dann abschließend ausgeführt, unter leistungsbezogener Betrachtungsweise lägen keine Sachverhalte vor, die eine erneute und veränderte Einschätzung der orthopädischen Begutachtung erforderlich machten. Die Klägerin sei unverändert in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Einschränkungen vollschichtig zu verrichten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen der Klägerin und der Beklagten sind gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässig. Die Berufung der Beklagten ist auch begründet, die der Klägerin ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch in der bis 31. Dezember 2007 geltenden Fassung (SGB VI). Eine Änderung der entscheidungserheblichen Regelungen ist indes auch in der Fassung nach dem 31. Dezember 2007 nicht erfolgt.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nicht erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Gemessen an den vorstehenden Voraussetzungen hat die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, da sie nicht außerstande ist, ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem zeitlichen Umfang von wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten.
Die Klägerin leidet - soweit von Relevanz für die Beurteilung ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit - im Wesentlichen unter ausgeprägten degenerativen Veränderungen im Bereich der LWS mit gemischt radikulärer-pseudoradikulärer Schmerzsymptomatik und sensiblem Defizit im Bereich der Lateralseite des rechten Oberschenkels ohne motorische Defizite, einer Gonarthrose des rechten Kniegelenks mit Extensionsdefizit von 20 Grad, persistierendem Schwellungszustand, medialer und lateraler Instabilität in der Frontalebene und schweren Knorpelschäden, einem ausgeprägten Strukturschaden im Bereich der rechten Hand mit Zustand nach Amputation des Kleinfingers im Mittelgelenk im Januar 2006, einer Beugekontraktur des 4. Fingers (Zustand nach Operation wegen Dupuytrenscher Kontraktur), einer persistierenden Schmerzsymptomatik mit Ausstrahlung in den rechten Unter- und Oberarm sowie einem Asthmaleiden und einer Stauballergie. Dies ergibt sich im Wesentlichen bereits aus dem Gutachten von Dr. Z ... Es besteht ferner eine Adipositas. Auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet finden sich - so Prof. Dr. Dr. W. - im Wesentlichen Schmerzen bei degenerativen Veränderungen des Stütz- und Bewegungsapparates und massiver Adipositas. Eine psychische Störung von Krankheitswert fand sich nicht.
Darüber hinausgehende, erhebliche dauerhafte Gesundheitsstörungen, die von Bedeutung wären für die Bewertung des Leistungsvermögens in der gesetzlichen Rentenversicherung, sind dagegen - auch unter Berücksichtigung des Untersuchungsergebnisses des Dr. B. - nicht nachgewiesen.
Unter Berücksichtigung dieser Erkrankungen ist das Leistungsvermögen der Klägerin auch eingeschränkt, jedoch nicht in zeitlicher Hinsicht, sondern lediglich in qualitativer Hinsicht. Dies ergibt sich für den Senat schlüssig und überzeugend aus den von der Beklagten eingeholten gutachterlichen Äußerungen von Dr. R. nach der Untersuchung vom 10. August 2004 und den Stellungnahmen von I. vom 3. September 2004 sowie Dr. Sch. vom 21. Dezember 2004, die im Wege des Urkundenbeweises verwertbar waren, ferner aus dem vom SG eingeholten Sachverständigengutachten des Dr. Z. vom 11. April 2006 und dessen ergänzenden gutachterlichen Stellungnahmen vom 5. Juni 2009 und 12. März 2010 sowie dem Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Dr. W. vom 6. August 2009. Danach kann die Klägerin wenigstens leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in wechselnder Körperhaltung mit der Möglichkeit, ihre Körperposition selbstständig zu bestimmen - ohne Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 5 kg, gleichförmige Körperhaltung, häufiges Bücken, Arbeiten, die überwiegend im Stehen oder Gehen sowie auf Leitern oder Gerüsten und mit häufigem Treppensteigen verrichtet werden müssen, Arbeiten an gefährdenden Maschinen, Akkord- und Fließbandarbeit und Arbeiten, die die volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände voraussetzen (Gutachten Dr. Z.) - wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten. Die Gesundheitsstörungen auf neurologischem und psychiatrischem Fachgebiet stehen - so Prof. Dr. Dr. W. - ebenfalls leichten körperlichen Tätigkeiten, auch mit Publikumsverkehr, wobei auch die Umstellungsfähigkeit nicht wesentlich beeinträchtigt ist, in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich nicht entgegen.
Diese Einschätzungen sowohl des Dr. Zack als auch des Prof. Dr. Dr. W. sind für den Senat im Hinblick auf die letzte gutachterliche Untersuchung und die Angaben, auch zum Ablauf des täglichen Lebens, die einen strukturierten Tagesablauf belegen, und den von Prof. Dr. Dr. W. erhobenen psychopathologischen Befund und dessen Auswertung der bildgebenden Befunde schlüssig und überzeugend. Bei der nervenärztlichen Begutachtung gab die Klägerin bei Prof. Dr. Dr. W. diffuse Schmerzen an und machte sieben BSVe als Hauptproblem geltend, wobei ihr eine genaue Schmerzschilderung schwer fiel. Während der Untersuchung saß die Klägerin entspannt auf dem Stuhl, ihre Bückfähigkeit war gut erhalten. Sie konnte drei Gegenstände in der linken Hand ohne Probleme festhalten, weswegen die maximale Kraft des Faustschlusses in Vigorimeter von 20 kPa (Normwerte bei Frauen über 50 kPa) nach der Einschätzung von Prof. Dr. Dr. W. wenig nachvollziehbar war. Es zeigte sich eine stark ausgeprägte Verdeutlichungstendenz. Im Übrigen zeigte die Klägerin eine gute affektive Schwingungsfähigkeit, war politisch interessiert und konnte Themen außerhalb der Krankheitsgeschichte ganz frei erzählen. Die klinische Untersuchung ergab als Hauptbefund eine massive Adipositas bei einem angegebenen Gewicht von 98 kg und 162 cm Körpergröße. Es fanden sich Beugekontrakturen am Klein- und Mittelfinger beidseits. Es bestand eine sehr gute Beweglichkeit, das An- und Auskleiden war selbstständig möglich und in unbeobachteten Momenten zeigte sich nur ein leicht hinkendes Gangbild rechts bei Knieschmerzen. In psychopathologischer Hinsicht ergaben sich - unterstützt durch die Ergebnisse der Selbstbeurteilungsskalen - Hinweise auf eine Verdeutlichungstendenz, jedoch kein Anhalt für eine relevante depressive oder schwere somatoforme Störung. Dies ist mit ein Beleg dafür, dass die Leistungsbeurteilungen von Dr. Z. und Prof. Dr. Dr. W. zutreffend sind.
Eine weitergehende Einschränkung des Leistungsvermögens, insbesondere auch in quantitativer Hinsicht, ist auch durch das Sachverständigengutachten des Orthopäden Dr. &61506;&61486; vom 15. Juni 2008 nicht nachgewiesen. Dieser hat zwar eine wesentlich größere Anzahl von Diagnosen aufgeführt, doch rechtfertigt dies nicht die Annahme einer wesentlichen weitergehenden qualitativen oder gar quantitativen Leistungseinschränkung. Entscheidend sind insofern lediglich die Diagnosen, die maßgebend sind für die Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens, d.h. die, die insofern zu funktionellen Beeinträchtigungen führen. Dr. B. räumt selbst ein, dass keine Gesundheitsstörungen objektiviert sind, die eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens auf untervollschichtig für sich allein genommen begründen würden. Strenggenommen - so Dr. B. - müsste vor dem Hintergrund der einschlägigen Literatur trotz der mannigfaltigen Einschränkungen von einem vollschichtigen zeitlichen Leistungsvermögen ausgegangen werden. Soweit er dann allerdings auf Grund der gegenseitigen Verflechtungen der einzelnen funktionellen Beeinträchtigungen durch vielfältige Gesundheitsstörungen dennoch annimmt, auch leichte Tätigkeiten seien in einem Umfang von drei bis unter sechs Stunden pro Tag zumutbar, fehlt es an einer den Senat überzeugenden Begründung. Unter Berücksichtigung der von ihm erhobenen Befunde und funktionellen Einschränkungen (soweit sie von Relevanz für das berufliche Leistungsvermögen sind) fehlt es an einer schlüssigen und nachvollziehbaren Begründung. Wesentliche zusätzliche funktionelle Einschränkungen hat Dr. B. gegenüber Dr. Z. nicht erhoben. Solche ergeben sich auch nicht unter Berücksichtigung der Untersuchungen des Prof. Dr. Dr. W. im Berufungsverfahren. Damit kommt Dr. B. bei ansonsten im Wesentlichen übereinstimmenden Befunden lediglich zu einer abweichenden Beurteilung des Leistungsvermögens, der sich der Senat mit Blick auf die Leistungseinschätzungen von Dr. Z. und Prof. Dr. Dr. W. nicht anschließen kann. Deren Beurteilung deckt sich auch mit den als qualifizierten Beteiligtenvortrag verwertbaren Ausführungen von Dr. Sch. sowie den entsprechenden Ausführungen von Dr. L., die die Beklagte vorgelegt hat.
Damit steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin unter Berücksichtigung der genannten qualitativen Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich eine ihr zumutbare Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten kann.
Der Senat hält den Sacherhalt für umfassend geklärt und sieht keinerlei Notwendigkeit, ein weiteres orthopädisches Gutachten von Amts wegen einzuholen. Die Auseinandersetzung mit abweichenden Gutachten und ärztlichen Beurteilungen ist vielmehr Aufgabe des Gerichts im Rahmen der Beweiswürdigung. Dr. B. hat in seinem Gutachten vom 15. Juni 2008 keine im Wesentlichen anderen Befunde als Dr. Z. im Gutachten vom 11. April 2006 erhoben. Darüber hinaus konnte Dr. Z. die von Dr. B. erhobenen Befunde bei seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 5. Juni 2009 und 12. März 2010 berücksichtigen. Außerdem stehen bei der Klägerin nicht motorische Ausfälle im Vordergrund, sondern die Schmerzproblematik, die durch das neurologisch-psychiatrische Gutachten von Prof. Dr. Dr. W., der die Leitlinien für die Begutachtung von Schmerzen mitentwickelt hat, weitergehend abgeklärt wurde.
Im Hinblick auf die bestehenden qualitativen Einschränkungen besteht hier auch keine Notwendigkeit, eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen, da die wesentlichen Einschränkungen bereits durch die Begrenzung auf leichte Arbeiten Berücksichtigung finden.
Darüber hinaus ist die Gehfähigkeit der Klägerin nach übereinstimmender Auffassung der Gutachter und zur Überzeugung des Senats auch nicht derart eingeschränkt, dass sie nicht in Lage wäre, einen Arbeitsplatz aufzusuchen. So kann sie wenigstens 4 mal arbeitstäglich Wegstrecken von 500 m in weniger als 20 Minuten zurücklegen. Sie kann außerdem auch während der Hauptverkehrszeit öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Damit ist sie auch nicht außerstande einen Arbeitsplatz zu erreichen.
Die Klägerin, die auch keinen besonderen Berufsschutz genießt, weil sie ausschließlich ungelernte Tätigkeiten verrichtet hat, kann damit ihr zumutbare Arbeiten wenigstens sechs Stunden täglich verrichten. Sie ist deshalb nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert.
Da die Klägerin somit keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat, hebt der Senat das angefochtene Urteil auf und weist die Klage im vollem Umfang ab. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1951 geborene Klägerin, eine slowenische Staatsangehörige, die im März 1970 in die Bundesrepublik Deutschland zugezogen ist und im ehemaligen Jugoslawien rentenversicherungsrechtliche Zeiten zurückgelegt hat, hat keine berufliche Ausbildung absolviert und war im Zeitraum vom 22. April 1970 bis 6. Februar 2003 - mit Unterbrechungen - rentenversicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt als ungelernte Arbeiterin in der Papierverarbeitung, wo sie auch schwere Arbeiten verrichten musste. Danach bezog sie unter anderem Übergangs- und Arbeitslosengeld. Wegen der Einzelheiten der versicherungsrechtlichen Zeiten wird auf den in der Verwaltungsakte enthaltenen Versicherungsverlauf vom 9. September 2004 verwiesen.
Am 30. April 2003 erfolgte eine Arthroskopie mit subtotaler Außenmeniskus- und Innenmenikusteilresektion im rechten Kniegelenk. Vom 4. bis 25. November 2003 war die Klägerin in der Reha-Klinik Ü. zu einer stationären Heilbehandlung (Diagnosen: rechtsseitige Gonalgie bei fortgeschrittener Chondromalazia patellae und Zustand nach Arthroskopie 4/03 mit Außen- und Innenmeniskusteilresektion, beidseitige linksbetonte Lumboischialgien bei Bandscheiben (BS)-Protrusionen L 4/L5 und L5/S1, hyperreagibles Bronchialsystem mit mäßiger obstruktiver Ventilationsstörung, metabolisches Syndrom mit Übergewicht, Hyperlipidämie, labilem Hypertonus, Hyperurikämie und leicht erhöhtem Nüchtern-Blutzucker; leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung und in Tagesschicht ohne schweres Heben, Knien, Zwangshaltung, häufiges Bücken sowie inhalative Belastungen seien sechs Stunden und mehr möglich).
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag der Klägerin vom 6. Februar 2004, zu dem diese ein Asthma bronchiale, Kniegelenksbeschwerden rechts, beginnende degenerative Veränderungen der Schultergelenke, degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule (LWS) sowie eine ausgeprägte Stauballergie, vor allem im Frühling, geltend machte, mit Bescheid vom 9. September 2004 und Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2005 ab, da die Klägerin zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden täglich verrichten könne.
Dem lagen u. a. der Heilverfahren-Entlassungsbericht der Reha-Klinik Überruh vom 3. Dezember 2003, von der Klägerin vorgelegte Äußerungen, ein Bericht des Allgemeinmediziners Dr. J. vom 2. März 2004, ein Gutachten des Arztes für Innere Medizin - Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologie, Dr. R. nach einer Untersuchung vom 10. August 2004 (keine Ventilationsstörung bei der Lungenfunktionsprüfung, Messparameter im Normbereich; Diagnosen: Adipositas, degenerative Veränderungen und BS-Schäden der LWS, Kniegelenksbinnenschaden beidseits; mittelschwere Tätigkeiten seien vollschichtig möglich, eine Gewichtsreduktion sei angezeigt), eine Stellungnahme von Dr. I. vom 3. September 2004 (mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Köperhaltung ohne häufiges Bücken, Knien und Hocken seien sechs Stunden und mehr möglich), weitere Befundberichte des Radiologen Dr. G. vom Oktober 2004 sowie des Dr. J. vom November 2004 sowie eine Stellungnahme der Internistin und Sozialmedizinerin Dr. Sch. vom 21. Dezember 2004 (aus den weiteren Arztauskünften ergäben sich keine neuen Befunde, mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen seien weiter zumutbar) zu Grunde.
Gegen den am 11. Januar 2005 abgesandten Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2005 hat die Klägerin am 14. Februar 2005 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben.
Das SG hat benannte behandelnde Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Über die erhobenen Befunde haben unter Beifügung weiterer Arztbriefe der Orthopäde Dr. S. am 3. Juni 2005, Dr. J. am 15. Juni 2005 und der Neurologe Dr. K. am 27. Juni 2005 berichtet. Wegen der Einzelheiten wird auf die schriftlichen Zeugenaussagen verwiesen.
Ferner hat das SG Sachverständigengutachten des Orthopäden Dr. Z. vom 11. April 2006 sowie - auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - des Orthopäden Dr. B. vom 15. Juni 2008 eingeholt.
Dr. Z. ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, bei der Klägerin bestünden im Wesentlichen ausgeprägte degenerative Veränderungen im Bereich der LWS mit gemischt radikulärer-pseudoradikulärer Schmerzsymptomatik und sensiblem Defizit im Bereich der Lateralseite des rechten Oberschenkels ohne motorische Defizite, eine Gonarthrose des rechten Kniegelenks mit Extensionsdefizit von 20 Grad, persistierendem Schwellungszustand, medialer und lateraler Instabilität in der Frontalebene und schweren Knorpelschäden, ein ausgeprägter Strukturschaden im Bereich der rechten Hand mit Zustand nach Amputation des Kleinfingers im Mittelgelenk im Januar 2006, eine Beugekontraktur des 4. Fingers (Zustand nach Operation wegen Dupuytrenscher Kontraktur), eine persistierende Schmerzsymptomatik mit Ausstrahlung in den rechten Unter- und Oberarm sowie ein Asthmaleiden und eine Stauballergie. Es gebe Hinweise auf eine sympathikotone Reaktionslage und erhebliche psychosoziale Belastungen. Die Gesundheitsstörungen bedingten qualitative Einschränkungen, insbesondere eine ausgeprägte Reduktion der Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand, die zum Ausschluss von Arbeiten an gefährdenden Maschinen, Akkord- und Fließbandarbeiten sowie sämtlichen Arbeiten, die die volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände voraussetzten, führten. Die Klägerin könne leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung der qualitativen Einschränkungen, insbesondere der Möglichkeit weitestgehend selbstständig die Köperposition zu bestimmen, vollschichtig verrichten und sie könne auch arbeitstäglich vierfach eine Fußwegstrecke von über 500 m zurücklegen, wofür sie jeweils weniger als 20 Minuten benötige.
Nach Eingang weiterer ärztlicher Berichte hat Dr. B. in seinem Gutachten u. a. die Diagnosen chronisches degeneratives pseudoradikuläres lumbales LWS-Syndrom mit mutilplen BS-Vorfällen bzw. -vorwölbungen ohne Reiz- oder Ausfallerscheinungen der unteren Extremitäten, WS-Fehlstatik bei Beinlängendifferenz infolge Beugekontraktur des rechten Kniegelenks, chronischer Reizzustand des Muskel-Sehnen-Weichteil-Mantels beider Schultergelenke, erhebliche Rhizarthrose beidseits mit Beeinträchtigung des Daumenstrahls, Heberden-Polyarthrose beidseits, graduelle Funktionseinschränkung der linken Hand bei Morbus Dupuytren, ausgeprägte Funktionseinschränkung der rechten Hand bei zweimaliger operativer Behandlung eines Morbus Dupuytren mit verbliebenen Beugekontrakturen sowie Teilamputation des rechten Kleinfingers, initiale Coxarthrose beidseits, fortgeschrittene Gonarthrose rechts mit chronisch synovialer Reizung und Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenkes, Gonarthrose links ohne Funktionseinschränkung des Kniegelenkes, Senk-Spreizfuß beidseits, Varicosis des rechten Beines, Beinödem rechts, Asthma bronchiale, arterielle Hypertonie sowie Adipositas permagna aufgelistet. Ferner bestehe der Verdacht auf eine Somatisierungsstörung und auf Medikamenten-Abusus. Es seien keine Gesundheitsstörungen objektiviert, die eine Einschränkung des Leistungsvermögens auf unter vollschichtig für sich allein genommen jeweils begründen würden. Streng genommen müsste daher vor dem Hintergrund der einschlägigen Literatur trotz der mannigfaltigen qualitativen Einschränkungen auch künftig ein vollschichtiges zeitliches Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden pro Tag bei fünf Tagen in der Woche attestiert werden. Insbesondere auf Grund der gegenseitigen Verflechtungen der einzelnen funktionellen Beeinträchtigungen durch vielfältige Gesundheitsstörungen sei er - Dr. B. - jedoch der Auffassung, dass leichte Tätigkeiten lediglich noch in einem Umfang von drei bis unter sechs Stunden täglich zugemutet werden könnten. Die Klägerin könne arbeitstäglich vierfach eine Wegstrecke von über 500 m in einem Zeitaufwand von jeweils unter 20 Minuten zurücklegen, wobei auch die Benützung eines Gehstocks zumutbar wäre. Auf Grund der psychosomatischen Überlagerung mit deutlichem Versorgungsbegehren sei eine Besserung in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Von Dr. Z. weiche er lediglich insoweit ab, als sich die von diesem geäußerte Erwartung einer persistierend schlechten Funktion der rechten Hand zwischenzeitlich zur Gewissheit verfestigt habe. Deshalb gelange er bei integrativer Betrachtung zum Ergebnis, dass auch eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens anzunehmen sei. Auf Grund der anzunehmenden psychosomatischen Überlagerung erscheine auch die Einholung eines psychiatrisch-psychotherapeutischen Gutachtens sinnvoll.
Die Klägerin hat geltend gemacht, sie könne wegen ihrer Gesundheitsstörungen keine drei Stunden täglich erwerbstätig sein, insbesondere wegen ihres seit rund 18 Jahren bestehenden Asthma bronchiale, der Kniegelenks-, Hüftgelenks- und LWS-Beschwerden sowie der degenerativen Veränderungen in den Schultergelenken. Ohne Schmerzmittel könne sie nicht auskommen. Eine Operation der rechten Hand wegen der Dupuytrenschen Kontraktur sei fehlgeschlagen. Bei einer weiteren Operation habe sich die Erforderlichkeit der Amputation des kleinen Fingers der rechten Hand ergeben. Das Gutachten von Dr. Z. sei im Ergebnis nicht nachvollziehbar.
Die Beklagte hat die Klägerin für weiterhin in der Lage erachtet, zumutbare Tätigkeiten in einem Umfang von wenigstens sechs Stunden täglich zu verrichten. Hierzu hat sie u. a. Stellungnahmen der Dr. M. vom 12. August 2005 und des Dr. Sch. vom 9. Juli 2008 (im Vergleich der vorliegenden medizinischen und sozialmedizinischen Befunddokumentation beurteile allein Dr. B. die Klägerin als nicht vollschichtig leistungsfähig, wobei er dies auch sehr relativiert habe; auch unter Berücksichtigung der von Dr. B. erhobenen objektiven Funktionswerte sei die Annahme einer quantitativen Leistungsminderung nicht zu rechtfertigen und könne die Klägerin zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung entsprechenden qualitativer Einschränkungen und ohne Notwendigkeit betriebsunüblicher Pausen vollschichtig verrichten).
Unter Abweisung der Klage im Übrigen hat das SG die Beklagte mit Urteil vom 26. November 2008 verurteilt, der Klägerin nach einem Leistungsfall vom 11. Juni 2008 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit zu gewähren. Die Klägerin könne nach dem Gutachten von Dr. B. mindestens drei, nicht aber sechs Stunden täglich arbeiten und habe infolge dessen, wegen Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes einen Anspruch auf eine zeitlich befristete Rente, wobei der Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit dem Zeitpunkt der Begutachtung bei Dr. B. anzunehmen sei. Davor sei noch keine rentenrelevante Leistungseinschränkung nachgewiesen, insbesondere nicht zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. Z ... Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das schriftliche Urteil des SG verwiesen.
Es haben die Beklagte gegen das ihr am 12. Dezember 2008 zugestellte Urteil am 29. Dezember 2008 und die Klägerin gegen das ihr am 10. Dezember 2008 zugestellte Urteil am 8. Januar 2009 Berufung eingelegt.
Die Klägerin begehrt Rente bereits ab dem 6. Februar 2004. Bereits zu diesem Zeitpunkt sei sie zu einer Erwerbstätigkeit nicht mehr in Lage gewesen, was sich auch aus dem Gutachten von Dr. B. ergebe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26. November 2008 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 9. September 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Januar 2005 zu verurteilen, ihr bereits ab 6. Februar 2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und hilfsweise ein weiteres orthopädisches Gutachten einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26. November 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Entgegen der Entscheidung des SG, das ihre Einwände nicht berücksichtigt habe, sei die Klägerin noch in der Lage, ihr zumutbare leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden täglich zu verrichten. Hierzu hat sie u. a. Stellungnahmen von Dr. Legner vom 3. September und 20. Dezember 2009 (leichte Tätigkeiten seien unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich möglich) vorgelegt.
Der Senat hat ergänzende Stellungnahmen des Dr. Z. vom 5. Juni 2009 und 12. März 2010 sowie ein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Dr. W. vom 6. August 2009 eingeholt.
Dr. Z. hat im Wesentlichen an seiner Beurteilung des Leistungsvermögens festgehalten. Eine kernspintomographische Untersuchung vom Mai 2007 habe gegenüber den Vorbefund vom April 2004 eine Zunahme der BS-Veränderungen gezeigt. Inwieweit diese Zunahme der morphologischen Veränderungen mit einer Verschlechterung der klinischen Symptomatik korreliere sei nicht zu erkennen. Dr. B. habe weitere Diagnosen auf orthopädischen Fachgebiet gestellt, wobei er u. a. auch solche aufgeführt habe, die hinsichtlich des Leistungsvermögens nicht relevant seien. Soweit dieser seine - Dr. Z. - Auflistung der Diagnosen als nicht allumfassend ansehe, sei dies nicht nachvollziehbar, da es nur um leistungsrelevante Diagnosen und ihr gegenseitiges Zusammenwirken gehe. Dessen Einschätzung des Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei nicht nachvollziehbar. Demgegenüber sei Dr. Sch. zuzustimmen. Im Hinblick auf die morphologischen Veränderungen und der Ergebnisse des Kernspintomogramms schlage er die Einholung eines neurologischen sowie psychosomatischen Gutachtens vor.
Prof. Dr. Dr. W. ist dann zum Ergebnis gelangt, die Klägerin leide unter Schmerzen bei degenerativen Veränderung des Stütz- und Bewegungsapparates sowie einer Adipositas permagna. Ein Anhalt für eine depressive Verstimmung bestehe nicht. Er hat auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet - überdeckend mit dem chirurgisch-orthopädischem Fachgebiet - pseudoradikuläre Schmerzen bei degenerativen Veränderung des Stütz- und Bewegungsapparates erhoben. Bei ausschließlicher Betrachtung des neurologisch-psychiatrischen Fachgebietes bestehe keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Leichte körperliche Arbeiten erschienen zumutbar. Es ergäben sich auch keine Einschränkungen bei Arbeiten mit Publikumsverkehr. Unter Berücksichtigung dessen könne die Klägerin noch mindestens sechs Stunden täglich leichte Arbeiten durchführen, auch unter Berücksichtigung der Befunde auf chirurgisch-orthopädischem Gebiet. Besondere Arbeitsbedingungen seien nicht erforderlich. Es bestehe auch keine Einschränkung bei der Bewältigung des Arbeitsweges, Wegstrecken von 4x500 m könne die Klägerin zu Fuß unter 20 Minuten zurücklegen. Dr. R., Dr. Z. und Dr. Sch. sei zuzustimmen. Grundsätzlich sei auch Dr. B. zuzustimmen, dass sich wechselseitig beeinflussende Einschränkungen verschiedener Art vorlägen. Unter Berücksichtigung des Fehlens relevanter neurologisch-psychiatrischer Beeinträchtigungen sei jedoch nicht zu erkennen, aus welchen Gründen die Klägerin nunmehr nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich leistungsfähig sein sollte.
In seiner weiteren ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme hat Dr. Z. dann abschließend ausgeführt, unter leistungsbezogener Betrachtungsweise lägen keine Sachverhalte vor, die eine erneute und veränderte Einschätzung der orthopädischen Begutachtung erforderlich machten. Die Klägerin sei unverändert in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Einschränkungen vollschichtig zu verrichten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen der Klägerin und der Beklagten sind gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässig. Die Berufung der Beklagten ist auch begründet, die der Klägerin ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch in der bis 31. Dezember 2007 geltenden Fassung (SGB VI). Eine Änderung der entscheidungserheblichen Regelungen ist indes auch in der Fassung nach dem 31. Dezember 2007 nicht erfolgt.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wenn sie 1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch 1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nicht erwerbsgemindert ist gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Gemessen an den vorstehenden Voraussetzungen hat die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, da sie nicht außerstande ist, ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem zeitlichen Umfang von wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten.
Die Klägerin leidet - soweit von Relevanz für die Beurteilung ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit - im Wesentlichen unter ausgeprägten degenerativen Veränderungen im Bereich der LWS mit gemischt radikulärer-pseudoradikulärer Schmerzsymptomatik und sensiblem Defizit im Bereich der Lateralseite des rechten Oberschenkels ohne motorische Defizite, einer Gonarthrose des rechten Kniegelenks mit Extensionsdefizit von 20 Grad, persistierendem Schwellungszustand, medialer und lateraler Instabilität in der Frontalebene und schweren Knorpelschäden, einem ausgeprägten Strukturschaden im Bereich der rechten Hand mit Zustand nach Amputation des Kleinfingers im Mittelgelenk im Januar 2006, einer Beugekontraktur des 4. Fingers (Zustand nach Operation wegen Dupuytrenscher Kontraktur), einer persistierenden Schmerzsymptomatik mit Ausstrahlung in den rechten Unter- und Oberarm sowie einem Asthmaleiden und einer Stauballergie. Dies ergibt sich im Wesentlichen bereits aus dem Gutachten von Dr. Z ... Es besteht ferner eine Adipositas. Auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet finden sich - so Prof. Dr. Dr. W. - im Wesentlichen Schmerzen bei degenerativen Veränderungen des Stütz- und Bewegungsapparates und massiver Adipositas. Eine psychische Störung von Krankheitswert fand sich nicht.
Darüber hinausgehende, erhebliche dauerhafte Gesundheitsstörungen, die von Bedeutung wären für die Bewertung des Leistungsvermögens in der gesetzlichen Rentenversicherung, sind dagegen - auch unter Berücksichtigung des Untersuchungsergebnisses des Dr. B. - nicht nachgewiesen.
Unter Berücksichtigung dieser Erkrankungen ist das Leistungsvermögen der Klägerin auch eingeschränkt, jedoch nicht in zeitlicher Hinsicht, sondern lediglich in qualitativer Hinsicht. Dies ergibt sich für den Senat schlüssig und überzeugend aus den von der Beklagten eingeholten gutachterlichen Äußerungen von Dr. R. nach der Untersuchung vom 10. August 2004 und den Stellungnahmen von I. vom 3. September 2004 sowie Dr. Sch. vom 21. Dezember 2004, die im Wege des Urkundenbeweises verwertbar waren, ferner aus dem vom SG eingeholten Sachverständigengutachten des Dr. Z. vom 11. April 2006 und dessen ergänzenden gutachterlichen Stellungnahmen vom 5. Juni 2009 und 12. März 2010 sowie dem Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Dr. W. vom 6. August 2009. Danach kann die Klägerin wenigstens leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in wechselnder Körperhaltung mit der Möglichkeit, ihre Körperposition selbstständig zu bestimmen - ohne Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 5 kg, gleichförmige Körperhaltung, häufiges Bücken, Arbeiten, die überwiegend im Stehen oder Gehen sowie auf Leitern oder Gerüsten und mit häufigem Treppensteigen verrichtet werden müssen, Arbeiten an gefährdenden Maschinen, Akkord- und Fließbandarbeit und Arbeiten, die die volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände voraussetzen (Gutachten Dr. Z.) - wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten. Die Gesundheitsstörungen auf neurologischem und psychiatrischem Fachgebiet stehen - so Prof. Dr. Dr. W. - ebenfalls leichten körperlichen Tätigkeiten, auch mit Publikumsverkehr, wobei auch die Umstellungsfähigkeit nicht wesentlich beeinträchtigt ist, in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich nicht entgegen.
Diese Einschätzungen sowohl des Dr. Zack als auch des Prof. Dr. Dr. W. sind für den Senat im Hinblick auf die letzte gutachterliche Untersuchung und die Angaben, auch zum Ablauf des täglichen Lebens, die einen strukturierten Tagesablauf belegen, und den von Prof. Dr. Dr. W. erhobenen psychopathologischen Befund und dessen Auswertung der bildgebenden Befunde schlüssig und überzeugend. Bei der nervenärztlichen Begutachtung gab die Klägerin bei Prof. Dr. Dr. W. diffuse Schmerzen an und machte sieben BSVe als Hauptproblem geltend, wobei ihr eine genaue Schmerzschilderung schwer fiel. Während der Untersuchung saß die Klägerin entspannt auf dem Stuhl, ihre Bückfähigkeit war gut erhalten. Sie konnte drei Gegenstände in der linken Hand ohne Probleme festhalten, weswegen die maximale Kraft des Faustschlusses in Vigorimeter von 20 kPa (Normwerte bei Frauen über 50 kPa) nach der Einschätzung von Prof. Dr. Dr. W. wenig nachvollziehbar war. Es zeigte sich eine stark ausgeprägte Verdeutlichungstendenz. Im Übrigen zeigte die Klägerin eine gute affektive Schwingungsfähigkeit, war politisch interessiert und konnte Themen außerhalb der Krankheitsgeschichte ganz frei erzählen. Die klinische Untersuchung ergab als Hauptbefund eine massive Adipositas bei einem angegebenen Gewicht von 98 kg und 162 cm Körpergröße. Es fanden sich Beugekontrakturen am Klein- und Mittelfinger beidseits. Es bestand eine sehr gute Beweglichkeit, das An- und Auskleiden war selbstständig möglich und in unbeobachteten Momenten zeigte sich nur ein leicht hinkendes Gangbild rechts bei Knieschmerzen. In psychopathologischer Hinsicht ergaben sich - unterstützt durch die Ergebnisse der Selbstbeurteilungsskalen - Hinweise auf eine Verdeutlichungstendenz, jedoch kein Anhalt für eine relevante depressive oder schwere somatoforme Störung. Dies ist mit ein Beleg dafür, dass die Leistungsbeurteilungen von Dr. Z. und Prof. Dr. Dr. W. zutreffend sind.
Eine weitergehende Einschränkung des Leistungsvermögens, insbesondere auch in quantitativer Hinsicht, ist auch durch das Sachverständigengutachten des Orthopäden Dr. &61506;&61486; vom 15. Juni 2008 nicht nachgewiesen. Dieser hat zwar eine wesentlich größere Anzahl von Diagnosen aufgeführt, doch rechtfertigt dies nicht die Annahme einer wesentlichen weitergehenden qualitativen oder gar quantitativen Leistungseinschränkung. Entscheidend sind insofern lediglich die Diagnosen, die maßgebend sind für die Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens, d.h. die, die insofern zu funktionellen Beeinträchtigungen führen. Dr. B. räumt selbst ein, dass keine Gesundheitsstörungen objektiviert sind, die eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens auf untervollschichtig für sich allein genommen begründen würden. Strenggenommen - so Dr. B. - müsste vor dem Hintergrund der einschlägigen Literatur trotz der mannigfaltigen Einschränkungen von einem vollschichtigen zeitlichen Leistungsvermögen ausgegangen werden. Soweit er dann allerdings auf Grund der gegenseitigen Verflechtungen der einzelnen funktionellen Beeinträchtigungen durch vielfältige Gesundheitsstörungen dennoch annimmt, auch leichte Tätigkeiten seien in einem Umfang von drei bis unter sechs Stunden pro Tag zumutbar, fehlt es an einer den Senat überzeugenden Begründung. Unter Berücksichtigung der von ihm erhobenen Befunde und funktionellen Einschränkungen (soweit sie von Relevanz für das berufliche Leistungsvermögen sind) fehlt es an einer schlüssigen und nachvollziehbaren Begründung. Wesentliche zusätzliche funktionelle Einschränkungen hat Dr. B. gegenüber Dr. Z. nicht erhoben. Solche ergeben sich auch nicht unter Berücksichtigung der Untersuchungen des Prof. Dr. Dr. W. im Berufungsverfahren. Damit kommt Dr. B. bei ansonsten im Wesentlichen übereinstimmenden Befunden lediglich zu einer abweichenden Beurteilung des Leistungsvermögens, der sich der Senat mit Blick auf die Leistungseinschätzungen von Dr. Z. und Prof. Dr. Dr. W. nicht anschließen kann. Deren Beurteilung deckt sich auch mit den als qualifizierten Beteiligtenvortrag verwertbaren Ausführungen von Dr. Sch. sowie den entsprechenden Ausführungen von Dr. L., die die Beklagte vorgelegt hat.
Damit steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin unter Berücksichtigung der genannten qualitativen Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich eine ihr zumutbare Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten kann.
Der Senat hält den Sacherhalt für umfassend geklärt und sieht keinerlei Notwendigkeit, ein weiteres orthopädisches Gutachten von Amts wegen einzuholen. Die Auseinandersetzung mit abweichenden Gutachten und ärztlichen Beurteilungen ist vielmehr Aufgabe des Gerichts im Rahmen der Beweiswürdigung. Dr. B. hat in seinem Gutachten vom 15. Juni 2008 keine im Wesentlichen anderen Befunde als Dr. Z. im Gutachten vom 11. April 2006 erhoben. Darüber hinaus konnte Dr. Z. die von Dr. B. erhobenen Befunde bei seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 5. Juni 2009 und 12. März 2010 berücksichtigen. Außerdem stehen bei der Klägerin nicht motorische Ausfälle im Vordergrund, sondern die Schmerzproblematik, die durch das neurologisch-psychiatrische Gutachten von Prof. Dr. Dr. W., der die Leitlinien für die Begutachtung von Schmerzen mitentwickelt hat, weitergehend abgeklärt wurde.
Im Hinblick auf die bestehenden qualitativen Einschränkungen besteht hier auch keine Notwendigkeit, eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen, da die wesentlichen Einschränkungen bereits durch die Begrenzung auf leichte Arbeiten Berücksichtigung finden.
Darüber hinaus ist die Gehfähigkeit der Klägerin nach übereinstimmender Auffassung der Gutachter und zur Überzeugung des Senats auch nicht derart eingeschränkt, dass sie nicht in Lage wäre, einen Arbeitsplatz aufzusuchen. So kann sie wenigstens 4 mal arbeitstäglich Wegstrecken von 500 m in weniger als 20 Minuten zurücklegen. Sie kann außerdem auch während der Hauptverkehrszeit öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Damit ist sie auch nicht außerstande einen Arbeitsplatz zu erreichen.
Die Klägerin, die auch keinen besonderen Berufsschutz genießt, weil sie ausschließlich ungelernte Tätigkeiten verrichtet hat, kann damit ihr zumutbare Arbeiten wenigstens sechs Stunden täglich verrichten. Sie ist deshalb nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert.
Da die Klägerin somit keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat, hebt der Senat das angefochtene Urteil auf und weist die Klage im vollem Umfang ab. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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