L 5 R 2898/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 17 R 4961/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 2898/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25.5.2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die im Jahr 1951 geborene Klägerin hat in der T. den Beruf der Schneiderin erlernt. Nach ihrer Übersiedlung nach D. im Jahr 1973 war sie zunächst als Zimmermädchen in einem Hotel, sodann als Montagehelferin in einer Fahrradfabrik tätig. Zuletzt war sie von 1985 bis 2005 als Reinigungskraft in einer Apotheke beschäftigt. Ihre Arbeitszeit betrug dort täglich drei Stunden, später vier Stunden wöchentlich. Die Klägerin wurde im Jahr 2005 wegen einer Schultererkrankung krankgeschrieben, im Jahr 2006 kündigte sie ihre Arbeitsstelle. Seitdem ist sie arbeitslos.

In der Zeit vom 20.11.2007 bis zum 18.12.2007 war die Klägerin zur medizinischen Rehabilitation in der Z.-Klinik. Im Entlassbericht vom 20.12.2007 stellte Dr. W. die folgenden Diagnosen fest: 1. Impigment-Syndrom beidseits, Restbeschwerden nach Rotatorenmanschetten-Ruptur mit Naht, 2. Lumbalsyndrom bei myostatischer Insuffizienz und degenerativen Veränderungen, 3. Arthrose des rechten Daumengrundgelenks mit Funktionsbeeinträchtigung, 4. Femoropatellare Symptomatik beidseits, 5. Spreizfuß-Metatarsalgie beidseits. Im Rahmen der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung kam er zu der Einschätzung, dass die Klägerin ihre letzte berufliche Tätigkeit als Reinigungskraft nur noch in einem Umfang von unter drei Stunden täglich ausüben könne. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen seien ihr jedoch sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zumutbar. Unter Ziffer 10 des Berichts (sozialmedizinische Epikrise) führte Dr. W. aus, die Klägerin habe zuletzt als Reinemachfrau in einer Apotheke mit einer Wochenarbeitszeit von lediglich vier Stunden gearbeitet. Diese Tätigkeit könne sie weiterhin vollschichtig körperlich erbringen.

Am 14.2.2008 beantragte die Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung und begründete diesen Antrag mit ihren Schultergelenksbeschwerden sowie einer Bandscheiben-Wirbelsäulen-Erkrankung.

Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 3.3.2008 nach Beiziehung des Entlassberichts der Z.-Klinik ab.

Dagegen wandte sich die Klägerin mit Widerspruch vom 1.4.2008. Sie wurde daraufhin am 23.7.2008 durch die Fachärztin für Chirurgie Dr. L. begutachtet. Diese benannte als Diagnosen 1. Persistierende Schmerzen nach operativer Behandlung beider Schultern wegen degenerativer Veränderung der Schulterweichteile unter dem Schulterdach mit endgradig, derzeit links betonten Funktionseinbußen, 2. Belastungsabhängige verstärkte Schmerzen beider Kniegelenke bei kernspintomographisch beschriebenen Knorpelschäden und klinischen Hinweisen auf Knorpelschäden der Kniescheibenrückfläche ohne Funktionseinbußen, ohne Reizzustand, 3. Verdacht auf Bluthochdruck, bisher keine medikamentöse Behandlung, jedoch familiär gehäuft auftretend, 4. Belastungsschmerzen rechtes Daumengrundgelenk bei Seitenbandinstabilität beidseits ohne wesentliche Funktionsbeeinträchtigung und ohne klinischen Reizzustand bei vorbeschriebener Arthrose, Zustand nach Rinobandspalt, 5. Fußfehlform beidseits (Senk-Spreizfuß) mit ausgeprägtem Hallux-valgus und Belastungsschmerzen. Die Gutachterin befand die Klägerin dazu in der Lage, über sechs Stunden leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten in wechselnder Arbeitshaltung auszuführen. Auszuschließen seien Überkopfarbeiten, Arbeiten in Armvorhalte, insbesondere mit Krafterfordernis, Arbeiten in knieender und hockender Position, auf Leitern und Gerüsten, ganztägiges Gehen und Stehen, besonders auf unebenem Untergrund, Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die Kraft der rechten Hand, weiterhin Tätigkeiten unter besonderem Zeitdruck und Tätigkeiten in Nachtschicht. Die Tätigkeit als Reinigungskraft sei nur noch in einem Umfang von unter drei Stunden täglich möglich.

Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2008 zurück.

Am 12.11.2008 erhob die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht in Karlsruhe. Sie bezog sich zur Begründung auf ein ärztliches Attest ihrer behandelnden Ärztin Frau H. vom 2.7.2008. Dieses habe der Gutachterin Dr. L. vorgelegen. Diese komme jedoch hinsichtlich der Einschätzung der Leistungsfähigkeit zu einem völlig anderen Ergebnis als Frau H., die die Klägerin bereits seit acht Jahren kenne und eine Frühberentung auf Grund der sich kontinuierlich verschlechternden Beschwerden für erforderlich halte. Aufgrund der Beschwerden, die auch die Gutachterin Frau Dr. L. bestätigt habe, sei die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für eine täglich sechs Stunden dauernde Tätigkeit nicht mehr vermittelbar. Es gebe keine Tätigkeit, die die Klägerin noch ausüben könne.

Das Sozialgericht Karlsruhe wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 25.5.2009 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, aus dem Entlassungsbericht der Klinik Z. von Dr. W. und der Begutachtung durch Dr. L. ergebe sich, dass die Klägerin nicht erwerbsgemindert sei. Beide Gutachter hätten überzeugend und gut nachvollziehbar dargelegt, dass die Klägerin leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mehr als sechs Stunden täglich bei bestehenden qualitativen Einschränkungen verrichten könne. Die Klägerin könne diesen Gutachten nicht das Attest der Frau H. entgegen halten. Die von ihr benannten gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin könnten eine Leistungsminderung nicht begründen. Soweit von Frau H. ausgeführt werde, die Klägerin könne auf Grund der bestehenden Beschwerden nicht mehr als Reinigungskraft arbeiten, stehe dies im Widerspruch zu den Ausführungen des Dr. W. im Entlassungsbericht und zur Stellungnahme von Dr. L ... Diesbezüglich werde der gutachterlichen Einschätzung des Dr. W. das höhere Gewicht beigemessen, da dieser als Gutachter nicht dem gleichen Interessenkonflikt auf Grund der Behandlung der Klägerin unterliege wie Fr. H., und zudem seine Einschätzung umfassend und nachvollziehbar begründet habe, während die Stellungnahme der Frau H. nur sehr knapp und wenig nachvollziehbar begründet sei. Die Klägerin genieße als ungelernte Arbeiterin auch keinen Berufsschutz.

Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 29.5.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 26.6.2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung lässt sie ausführen, das Sozialgericht habe zu Unrecht seine Entscheidung auf die Ausführungen von Dr. L. und Herrn Dr. W. von der Z.-Klinik gestützt. Zu Unrecht sei das ärztliche Attest von Frau H. vom 2.7.2008 vernachlässigt worden mit der Begründung, diese ärztliche Stellungnahme sei auf Grund der Interessenlage von Frau H. als Behandlerin der Klägerin zu deren Gunsten ausgefallen. Die Hausärztin Frau H. behandele die Klägerin seit acht Jahren und sei daher am besten dazu in der Lage, die Entwicklung des Gesundheitszustandes zu schildern. Dieser habe sich ständig verschlechtert, sodass die Klägerin nicht mehr dazu in der Lage sei mehr als sechs Stunden täglich zu arbeiten. Die Klägerin legte weitere Atteste der Frau H. vom 1.10.2009 und vom 27.4.2010, der Orthopädin Dr. M.-L. vom 16.10.2009 und vom 10.5.2010 sowie einen Bericht des Dipl. med. K. vom 7.6.2010 über eine Kernspintomographie des rechten Kniegelenks der Klägerin vor. Aus diesen Berichten ergebe sich, dass bei ihr seit August 2008 Beschwerden an den Knien beidseits, insbesondere rechts hinzu gekommen seien. Im August 2008 sei eine arthroskopische Innenmeniskus-Glättung rechts durchgeführt worden. Auf Grund weiterhin bestehender Beschwerden seien ferner zwei Radiosynoviorthesenbehandlungen durchgeführt, zuletzt am 23.7.2009. Die Schmerzen im rechten Knie bestünden jedoch weiterhin. Hinzu kämen die Schmerzen im Wirbelsäulenbereich, wo eine Chronifizierung der Beschwerden eingetreten sei. Zusätzlich habe sich eine reaktive Depression sowie ein Schmerzsyndrom entwickelt, wie Dr. M.-L. in ihrer Stellungnahme vom 10.5.2010 diagnostiziert habe.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25.5.2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3.3.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2008 aufzuheben, und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 1.2.2008 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

Der Senat hat das chirurgisch-unfallchirurgische Fachgutachten des Prof. Dr. F. vom 11.6.2010 erhoben. Dieser hat auf Grund einer klinischen und röntgenologischen Untersuchung der Klägerin am 8.6.2010 die folgenden Gesundheitsstörungen bei der Klägerin festgestellt: 1. anhaltende Schmerzen beider Schultergelenke bei stattgehabter Rotatorenmanschettennaht mit hochgradiger Funktionsbehinderung im rechten Schultergelenk und mittelgradiger Funktionsbehinderung im linken Schultergelenk sowie Kraftmangel im Schultergürtel links mehr als rechts, 2. Rezidivierende Kniegelenksergüsse rechts bei Retropatellararthrose und beginnender medialer Arthrose sowie bildgebend nachgewiesenem medialen Knorpelschaden mit endgradiger Funktionseinschränkung des rechten Kniegelenks, 3. Kraftmangel und Belastungsschmerzen im rechten Daumengrund- und sattelgelenk bei vorbeschriebener Rhizarthrose, 4. Fußfehlform beidseits mit Hallux valgus und Senk-Spreiz-Plattfuß, 5. Verdacht auf somatoforme Schmerzstörung bei früher nachgewiesenem Fibromyalgiesyndrom. Die Auswertung der Röntgenbefunde der Wirbelsäule habe keine schwerwiegenden Verschleißerscheinungen der Lendenwirbelsäule und bis auf eine leichte Streckhaltung der Halswirbelsäule auch dort keine das Altersmaß übersteigenden Verschleißveränderungen ergeben. Im Rahmen der klinischen Untersuchung hat der Sachverständige eine endgradige, das Altersmaß nicht wesentlich überschreitende Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule festgestellt. Prof. Dr. F. hält die Klägerin für in der Lage, leichte bis vereinzelt mittelschwere Tätigkeiten überwiegend sitzend, zeitweise stehend, zeitweise gehend in einem Umfang von sechs Stunden und mehr an fünf Arbeitstagen in der Woche durchzuführen. Vermieden werden müssten kniende und hockende Tätigkeiten, Tätigkeiten auf Leitern, Gerüsten und unebenem Weggelände, Arbeiten auf Schulterhöhe und Überkopfarbeiten, Arbeiten mit Schub- und Zugbelastungen für den Schultergürtel, Arbeiten mit schweren Greifbelastungen für die rechte Hand und mit schweren Schlaginstrumenten, Arbeiten mit häufigen Zwangshaltungen für die Lendenwirbelsäule. Der von der Klägerin beklagte Kraftmangel sei eher auf einen Trainingsmangel als auf ein wesentliches Funktionsdefizit zurückzuführen.

Die Klägerin hat zu der Begutachtung durch Prof. Dr. F. Stellung genommen und ein weiteres Attest ihrer behandelnden Ärztin Frau H. vom 21.7.2010 vorgelegt, in der diese ausführt, es sei ihr auf Grund der von Prof. Dr. F. beschriebenen Beschwerden der Klägerin nicht nachvollziehbar, wie diese gegebenenfalls noch ihre alte Tätigkeit als Putzfrau ausüben solle, denn etwas anderes habe sie nicht gelernt. Einer Arbeitsbelastung von mindestens sechs Stunden täglich sei die Klägerin nicht mehr gewachsen. Selbst bei der anfallenden Hausarbeit müsse ihr der Ehemann zur Hand gehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, der Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Sie hat darauf keinen Anspruch.

Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein ( 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).

Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht. Der Senat ist aufgrund der Begutachtung durch Prof. Dr. F. zu der Auffassung gelangt, dass die Klägerin nicht erwerbsunfähig ist.

Prof. Dr. F. hat Funktionsbeeinträchtigungen des linken Schultergelenks (mittelgradig), des rechten Schultergelenks (endgradig), des rechten Kniegelenks (mittelgradig), der Halswirbelsäule (endgradig) und des rechten Daumensattelgelenks (endgradig) festgestellt. Diese Funktionsbehinderungen stehen nach der von ihm sorgfältig begründeten sozialmedizinischen Leistungsbewertung leichten bis mittelschweren Tätigkeiten nicht entgegen, die überwiegend im Sitzen, zeitweise im Gehen und Stehen zu verrichten sind, ohne knieende und hockende Tätigkeiten und Tätigkeiten auf Leitern, Gerüsten und unebenem Weggelände, ohne Arbeiten auf Schulterhöhe und Überkopfarbeiten, Arbeiten mit Schub- und Zugbelastungen für den Schultergürtel, Arbeiten mit schweren Greifbelastungen für die rechte Hand und mit schweren Schlaginstrumenten und ohne Arbeiten mit häufigen Zwangshaltungen für die Lendenwirbelsäule. Bei dieser Leistungsbewertung hat der Sachverständige die schon im Verwaltungsverfahren gewürdigten Schulter- und Wirbelsäulenbeschwerden sowie die erst im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens hinzu gekommenen Kniegelenksbeschwerden berücksichtigt. Die Wirbelsäulenveränderungen führen nach seiner Einschätzung zu einer lediglich endgradigen Einschränkung der Beweglichkeit. Sie begründen zusammen mit den sonstigen Bewegungseinschränkungen die vom Gutachter benannten qualitativen Leistungseinschränkungen, aber keine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens der Klägerin. Der Gutachter stimmt in seiner Bewertung mit den Leistungseinschätzungen der Vorgutachter Dr. W. und Dr. L. überein.

Seine Bewertung deckt sich mit der Auffassung der behandelnden Allgemeinärztin Frau H. insoweit, als nach seiner Beschreibung des positiven Leistungsbildes der Klägerin eine Tätigkeit als Reinigungskraft nicht mehr in Betracht kommt. Die von Prof. Dr. F. für zumutbar erachtete Tätigkeit soll überwiegend sitzend ausgeübt werden. Damit scheidet die bisherige Tätigkeit als Reinigungskraft aus. Entgegen der Auffassung von Frau H. folgt daraus aber kein vollständig aufgehobenes Leistungsvermögen. Denn die Klägerin kann nach der Einschätzung von Prof. Dr. F. sonstige leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes weiterhin vollschichtig verrichten. Wenn Frau H. betont, die Klägerin habe keine andere Tätigkeit als die einer Reinigungskraft gelernt, so beruht dies auf einer unzutreffenden Einschätzung der Frage des Berufsschutzes. Die Tätigkeit einer Reinigungskraft stellt eine ungelernte Tätigkeit auf der untersten Stufe des von der Rechtsprechung entwickelten Mehrstufenschemas dar. Die Klägerin muss sich daher auf alle leidensgerechen Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen.

Soweit Frau H. annimmt, die Klägerin sei aufgrund der ständigen Schmerzen in Schultern, Knien, Daumen und an der Lendenwirbelsäule sowie aufgrund der Schlafstörungen einer Arbeit von sechs oder mehr Stunden nicht mehr gewachsen, so kann dies die Bewertung durch den Gutachter Prof. Dr. F. nicht entkräften. Denn der fachärztlichen Einschätzung kommt im Rahmen der Beweiswürdigung ein höheres Gewicht als der Bewertung durch die Allgemeinmedizinerin Frau H. zu. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass Frau H. die Klägerin bereits seit Jahren behandelt. Die Einschätzung durch Prof. Dr. F. beruht auf der objektiven Sicht des Gutachters, die anders als die Bewertung durch Frau H. nicht von der persönlichen Beziehung im Verhältnis von Patient zum behandelnden Arzt und den daraus resultierenden Erwartungshaltungen geprägt ist. Vor diesem Hintergrund ist ihr eine vom Behandlungsverhältnis losgelöste distanzierte Bewertung des Leistungsvermögens nicht in einer vergleichbaren Weise möglich wie einem unabhängigen Gutachter.

Entgegen der vom Sozialgericht vertretenen Auffassung hält der Senat auf der Grundlage des Gutachtens von Prof. Dr. F. - wie ausgeführt - eine Tätigkeit als Reinigungskraft nicht mehr für zumutbar. Es kann deshalb dahinstehen, ob die Äußerung des Dr. W. im Entlassungsbericht der Z.-Klinik vom 20.12.2007, die Klägerin könne ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Reinigungskraft in einer Apotheke weiterhin "vollschichtig" körperlich erbringen, missverständlich ist. Dr. W. hat diese Aussage vor dem Hintergrund der Beschreibung der letzten Arbeitsstelle der Klägerin getroffen (Bl. 2-8 des Entlassungsberichts), an der die Klägerin lediglich mit vier Wochenstunden beschäftigt war, so dass sich seine Aussage nur auf den so beschriebenen Umfang der Tätigkeit bezogen haben könnte. Dr. W. hat im Rahmen der formularmäßig darzustellenden sozialmedizinischen Leistungsbewertung die Tätigkeit als Reinigungskraft eindeutig nur in einem zeitlichen Umfang von unter drei Stunden arbeitstäglich für zumutbar angesehen (Bl. 1a des Entlassungsberichts). Auch Frau Dr. L. hat die zuletzt ausgeübte Tätigkeit einer Reinigungskraft für nur unter dreistündig zumutbar angesehen. Angesichts des fehlenden Berufsschutzes für eine angelernte Tätigkeit und des bei der Klägerin bestehenden Restleistungsvermögens für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, welches alle drei Gutachter übereinstimmend festgestellt haben, kommt es auf die Äußerung des Dr. W. zum Leistungsvermögen der Klägerin hinsichtlich ihrer Tätigkeit als Reinigungskraft letztlich nicht an.

Anhaltspunkte für eine Leistungseinschränkung oder ein eingeschränktes Umstellungsvermögen der Klägerin aufgrund des zuletzt von Frau H. beschriebenen Verdachts auf Depression bestehen nicht. Eine fachärztliche Diagnose wurde diesbezüglich bisher nicht gestellt.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung der Klägerin erfolglos bleiben muss.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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