Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 5174/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 2965/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 25. Mai 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte berechtigt war, den Kläger zur Stellung eines Antrags auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation beim zuständigen Rentenversicherungsträger aufzufordern.
Der 1951 geborene Kläger ist aufgrund seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung als Maler/Lackierer bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Seit dem 23. März 2009 ist er wegen einer Coxarthrose links mit schmerzbedingter Bewegungseinschränkung arbeitsunfähig erkrankt. Nach dem Ende des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung gewährte ihm die Beklagte seit dem 12. März 2009 Krankengeld (Krg).
Nachdem der behandelnde Allgemeinmediziner Dr. H. am 9. April 2009 auf Nachfrage seitens der Beklagten ausführte, der Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit des Klägers sei unklar, Erwerbsminderung drohe, holte die Beklagte ein Gutachten bei dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein. Dr. D. führte am 30. April 2009 aus, dass beim Kläger begleitend rezidivierende Depressionen mit zuletzt mittelgradiger Episode bestünden, die medikamentös und fachärztlich behandelt würden. Im Rahmen der psychischen Symptomatik sei der Kläger einer empfohlenen Hüft-TEP-Operation gegenüber abgeneigt und lasse diese nicht durchführen. Von Seiten des Hausarztes sei bereits die Möglichkeit einer innerbetrieblichen Umsetzung angesprochen worden, diese sei jedoch im Betrieb nicht umsetzbar. Bezogen auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maler, welche mit häufigem Steigen auf Leitern und Gerüsten verbunden sei, bestehe weiterhin Arbeitsunfähigkeit (AU). Aus sozialmedizinischer Sicht bestehe aufgrund der eingeschränkten Therapieoptionen eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit. Die Durchführung einer medizinisch-stationären Rehabilitationsmaßnahme zur weiteren Stabilisierung der psychischen sowie körperlichen Symptomatik und anschließende Beurteilung des Leistungsbildes sei zu empfehlen. Der Versicherte sei einer Rehabilitation gegenüber aufgeschlossen.
Mit Bescheid vom 05. Mai 2009 forderte die Beklagte den Kläger erstmalig auf, bis zum 17. Juli 2009 einen Antrag auf medizinische Rehabilitationsmaßnahmen beim Rentenversicherungsträger zu stellen. Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, der Aufforderung sei eine ordnungsgemäße Ermessenausübung nicht vorausgegangen. Bei dem Bescheid handele es sich um ein Standardschreiben. Die Beklagte half dem Widerspruch ab (Schreiben vom 2. Juni 2009).
Daraufhin leitete die Beklagte mit Schreiben vom 26. Juni 2009 das Anhörungsverfahren nach § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ein. Nachdem sich der Kläger nicht geäußert hatte, forderte sie ihn mit Bescheid vom 27. Juli 2009 erneut auf, innerhalb von 10 Wochen bis spätestens 8. Oktober 2009 Maßnahmen zur medizinischen Rehabilitation zu beantragen. Zur Begründung führte sie aus, dass zu den typischen Anforderungen der Tätigkeit des 58jährigen Klägers nach eigenen Angaben das häufige Steigen auf Leitern und Gerüsten sowie das Arbeiten im Stehen und Gehen verbunden mit oft gebückter und kniender Körperhaltung gehöre. Deswegen habe auch sein behandelnder Hausarzt die Einschätzung geäußert, dass sowohl die voraussichtliche Dauer wie auch eine drohende Erwerbsminderung unklar sei. Nach der Einschätzung des daraufhin eingeschalteten MDK liege eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit vor, so dass die Durchführung einer medizinisch-stationären Rehabilitationsmaßnahme empfohlen werde. Bei einem Erfolg derselben sei die Arbeitsaufnahme zu erwarten und damit die Beendigung der Krg-Zahlung. Die Beklagte sei gesetzlich verpflichtet, notwendige Maßnahmen zur Verkürzung der AU einzuleiten. Der Anspruch auf Krg entfalle, wenn die Rehabilitationsmaßnahme nicht innerhalb der genannten Frist beantragt werde. Den Antrag könne er nur mit Zustimmung der Beklagten zurücknehmen. Dies gelte ebenfalls für die Möglichkeit, die gewünschte Rentenart oder den gewünschten Rentenbeginn zu bestimmen. Auch der Verzicht auf die Umdeutung eines Rehabilitationsantrages in einen Rentenantrag könne nur mit Zustimmung der Beklagten erfolgen.
Auch gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch mit der Begründung ein, er sei gegenüber einer Rehabilitationsmaßnahme nicht aufgeschlossen. Aufgrund der bestehenden Grunderkrankung sei eine solche nicht zweckdienlich, da es an seiner Rehabilitationsfähigkeit fehle. Deshalb beruhe der angefochtene Bescheid auf einem Ermessensfehlgebrauch.
Am 07. August 2008 beantragte der Kläger die Gewährung von einstweiligem Rechtschutz beim Sozialgericht Freiburg (SG). Im Hinblick auf den Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 25. Mai 2009 (L 1 KR 126/09 B ER) anerkannte die Beklagte, dass der Widerspruch aufschiebende Wirkung habe, woraufhin das Verfahren von beiden Beteiligten für erledigt erklärt wurde (S 11 KR 3952/09). Die Beklagte gewährte dem Kläger weiterhin vorläufig Krg.
Zugleich mit der Begründung seines Widerspruchs beantragte der Kläger am 28. September 2009 bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg die Gewährung von Rehabilitationsleistungen unter Hinweis darauf, dass Antragsvordrucke nicht zu gesandt werden bräuchten. Die Antragstellung gehe vielmehr auf eine Aufforderung nach § 51 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zurück und solle nicht weiter bearbeitet werden. Zugleich beantragte er, das Verfahren für ruhend zu stellen und ihm eine Bestätigung über den gestellten Antrag und das Ruhen des Verfahrens zuzusenden. Hierauf teilte die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg mit Schreiben vom 21. Oktober 2009 mit, dass eine Beantwortung des formlosen Antrages ohne Antragsvordrucke nicht möglich sei. Dem Antrag auf Ruhen könne ebenfalls nicht nachgekommen werden, da der Antrag aufgrund fehlender Mitwirkung abgelehnt werden müsste.
Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07. Oktober 2009 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, dass die vorgebrachten medizinischen Gründe gegen die Antragstellung durch nichts belegt worden seien. Demgegenüber habe das Gutachten das MDK sowohl die persönliche und berufliche Situation wie auch die Arztanfrage von Dr. H. berücksichtigt. Selbst wenn angesichts der bestehenden Grunderkrankung eine Rehabilitationsmaßnahme nichts bringe, so sehe der Gesetzgeber ein Umdeutungsverfahren vor. Wenn die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation des Rentenversicherungsträgers nicht erfolgreich seien oder die Erwerbsprognose ungünstig wäre, gelte der Antrag auf Leistungen zur Teilhabe als Rentenantrag. Deswegen sei die Beklagte berechtigt gewesen, den Kläger zur Stellung eines Antrages auf medizinische Rehabilitation innerhalb von 10 Wochen bis 08. Oktober 2009 aufzufordern.
Mit weiterem Bescheid vom 09. Oktober 2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Krg-Zahlung eingestellt werde, da eine ordnungsgemäße Antragstellung nicht erfolgt sei.
Auch hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und beantragte erneut beim SG die Gewährung von einstweiligem Rechtschutz (S 11 KR 5158/09 ER).
Mit Beschluss vom 27. Oktober 2009 verpflichtete das SG die Beklagte über den 12. Oktober 2009 hinaus dem Kläger vorläufig Krg zu zahlen, da die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 09. Oktober 2009 missachtet werde. Ab dem 13. Oktober 2009 gewährte die Beklagte dem Kläger daraufhin weiter vorläufig Krg.
Am 14. Oktober 2009 hat der Kläger Klage beim SG erhoben, zu deren Begründung er vorgetragen hat, die Beklagte verkenne die medizinischen Gründe, die gegen den Erfolg einer Rehabilitationsmaßnahme sprächen. Die Aufforderung zur Stellung eines Rehabilitationsantrages sei deswegen als krasser Ermessensfehlgebrauch zu bewerten. Der Beklagten gehe es in Wirklichkeit um seine Berentung. Sie sei aber nur befugt, ihn zur Stellung eines Rehabilitationsantrages aufzufordern.
Mit Gerichtsbescheid vom 25. Mai 2010, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 02. Juni 2010, hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte habe das ihr eingeräumte Ermessen nicht fehlerhaft ausgeübt. Das Vorliegen einer erheblichen Gefährdung der Erwerbsfähigkeit sei im ärztlichen Gutachten des MDK festgestellt worden. Die Erfolgsaussichten der Rehabilitationsmaßnahme würden in den gesetzlichen Vorschriften nicht erwähnt. Normzweck sei vielmehr die Abgrenzung der Leistungszuständigkeit von Kranken- und Rentenversicherung dahingehend, dass Rentenzahlungen Vorrang vor Krg-Leistungen hätten, weil bei dauerhafter Erwerbsminderung die Rentenversicherung mit Leistungen eintreten solle. Die Krankenkasse könne deshalb, von diesem Normzweck ausgehen, Versicherte selbst bei fehlender Erfolgsaussicht der Maßnahme zur Antragstellung auffordern, um über die Umdeutung nach § 116 Abs 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) eine Entscheidung des Rentenversicherungsträgers über einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit herbeizuführen.
Bei seiner dagegen am 20. Juni 2010 eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, sein Bevollmächtigter habe eine Abrede mit der Beklagten getroffen, in derartig gelagerten Fällen eine formlose Rehabilitationsantragstellung für ausreichend zu erachten. Er habe durch die formlose Antragstellung auch der Aufforderung Genüge getan. Denn er sei aus gesundheitlichen Gründen nicht rehabilitationsfähig, so dass der Antrag ins Leere gehe.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 25. Mai 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Oktober 2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und hat ergänzend vorgetragen, dass dem Kläger derzeit Krg ausschließlich aufgrund der aufschiebenden Wirkung der Rechtsbehelfe bezahlt werde und der Anspruch auf Krg nach 78 Wochen Bezugszeit am 20. September 2010 ende. Die Rückforderung des Krg in Form eines Schadensersatzanspruches sei beabsichtigt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist unbegründet. Denn die Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat ihn zu Recht aufgefordert einen Rehabilitationsantrag zu stellen.
Streitgegenstand des Verfahrens ist die Aufforderung zur Antragstellung mit Bescheid vom 27. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 2009, nicht der Bescheid vom 09. Oktober 2009. Denn der ursprüngliche Bescheid vom 27. Juli 2009 hatte nur die Aufforderung zur Antragstellung und damit eine Einschränkung der Dispositionsfreiheit des Klägers zum Regelungsinhalt, nicht hingegen, ob der dann später tatsächlich gestellte Antrag den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Antragstellung genügt. Die Ablehnung bzw Beendigung der Krg-Zahlung ersetzt daher nicht die Regelung des Aufforderungsbescheides oder ändert diese ab. Nach Klageerhebung wird gemäß § 96 Abs 1 SGG in der ab 1. April 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 16 des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl I S 444) ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Geändert oder ersetzt wird ein Ausgangsbescheid immer nur dann, wenn der neue Verwaltungsakt denselben Streitgegenstand betrifft bzw wenn in die Regelung des Ausgangsbescheides eingegriffen und damit die Beschwer des Betroffenen vermehrt oder vermindert wird. Ein bloßer Sachzusammenhang mit dem anfänglich erhobenen Anspruch ist nicht ausreichend. Die Feststellung, ob der neue Bescheid in die Regelung des Ausgangsbescheids eingegriffen hat, ist durch Vergleich der in den Verwaltungsakten getroffenen Verfügungssätze zu treffen (BSG, Urteil vom 20. Juli 2005, B 13 RJ 23/04 R, SozR 4-1500 § 96 Nr 3 mwN; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Aufl 2008, § 96 RdNr 4b). Auch wenn der neue Bescheid ganz oder teilweise dieselbe Regelung trifft, kann ein Abändern oder Ersetzen vorliegen (Hennig, Kommentar zum SGG, Stand August 2009, § 96 RdNr 30, Lüdtke, SGG, 3. Aufl, § 96 RdNr 8 mwN). Der Bescheid vom 09. Oktober 2009 ist daher nicht in das Verfahren mit einzubeziehen. Es ist somit für den vorliegenden Rechtsstreit unerheblich, ob, wie der Kläger vorgetragen hat, eine Abrede über die Antragstellung erfolgt ist.
Der Kläger ist auch durch den Aufforderungsbescheid beschwert. Unabhängig davon, ob sich die Aufforderung durch die nachträgliche, aber möglicherweise nicht ausreichende Antragstellung erledigt hat und die Beklagte die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 27. Juli 2009 anerkannt hat, so besteht jedenfalls der Anschein eines wirksamen Verwaltungsaktes. Das ist ausreichend für eine Beschwer des Klägers.
Die Befugnis der Beklagten, den Kläger zur Stellung eines Rehabilitationsantrags aufzufordern, ergibt sich aus § 51 SGB V. Nach dieser Vorschrift kann die Krankenkasse Versicherten, deren Erwerbsfähigkeit nach ärztlichem Gutachten erheblich gefährdet oder gemindert ist, eine Frist setzen, innerhalb der sie einen Antrag zur Rehabilitation zu stellen haben (Abs. 1 Satz 1). Bei der Aufforderung der Krankenkasse nach § 51 Abs 1 Satz 1 SGB V an den Versicherten, innerhalb von zehn Wochen einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben zu stellen, handelt es sich um einen Verwaltungsakt iSd § 31 SGB X (BSG Urteil vom 26. Juni 2008 - B 13 R 141/07 R -SGb 2009, 309). Nach Abs 3 Satz 1 der Vorschrift entfällt der Anspruch auf Krg, wenn der Versicherte den Antrag nicht innerhalb der Frist stellt. So ging die Beklagte mit Bescheid vom 27. Juli 2009 vor. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers ist erheblich gefährdet. Der Senat entnimmt dies dem Gutachten des MDK vom 30. April 2009. Danach ist die Coxarthrose dringend operationsbedürftig, der Kläger lässt indessen die Hüft-TEP wegen seiner Depressionen nicht durchführen, so dass die Therapiemöglichkeiten stark eingeschränkt sind. Die Richtigkeit dieser Einschätzung wird durch den weiteren Verlauf bestätigt, während dessen der Kläger nie wieder arbeitsfähig wurde. Sie hat ihn auch nicht, wie mit der Berufung vorgetragen, zur Rentenantragstellung aufgefordert. Das entnimmt der Senat dem klaren Wortlaut des Bescheides. Soweit der Bescheid das Ende der Frist auf den 8. Oktober 2009 festgesetzt hat, so hat dies allein deklaratorische Funktion. Denn die Frist endet nach § 188 Abs 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) mit Ablauf der Zehn-Wochen-Frist kraft Gesetzes. Der Festsetzung eines Fristendes hätte es daher nicht bedurft.
Es steht im Ermessen der Krankenkasse, ob sie von ihrem Recht nach § 51 Abs 1 Satz 1 SGB V Gebrauch macht; dies geht bereits aus dem Wortlaut dieser Vorschrift ("kann") hervor. Die Entscheidung ist nach Maßgabe des § 54 Abs 2 Satz 2 SGG auf Ermessensfehler hin sozialgerichtlich überprüfbar. Kann der Versicherte ein berechtigtes Interesse am Hinausschieben des Rentenbeginns geltend machen, das die Belange der Krankenkasse überwiegt, muss die Kasse ihre Zustimmung erteilen. Ein solches berechtigtes Interesse des Versicherten kommt nach der Rechtsprechung vor allem in Betracht, wenn "eine erhebliche Verbesserung des Rentenanspruchs erreicht werden kann, zB durch eine evtl noch mögliche Erfüllung der Voraussetzungen für eine Erhöhung der Rentenbemessungsgrundlage" (so BSGE 52, 26, 31 = SozR 2200 § 1248 Nr 33). Berechtigte Interessen des Klägers, die die Beklagte verpflichtet hätten, von vornherein von der Erteilung dieses Bescheides und damit der Einschränkung der Dispositionsbefugnis abzusehen, lagen nicht vor (zu den insoweit geltenden Maßstäben s Höfler in Kasseler Komm, § 51 SGB V RdNr 10, 10a, Stand: 2006, mwN). Solche Gründe hätte er innerhalb der Anhörungsfrist vortragen und begründen müssen. Die Beklagte hat dennoch bei der Ermessensausübung die ihr bekannten Gesichtspunkte wie das Lebensalter und den Gesundheitszustand des Klägers, die beruflichen Anforderungen seines zuletzt ausgeübten Arbeitsplatzes sowie seine individuelle Situation berücksichtigt.
Soweit der Kläger nunmehr geltend macht, dass er nicht rehabilitationsfähig sei, so hat er diese Behauptung zum einen in keinster Weise belegt, zum anderen besteht, sollte der Kläger dauerhaft erwerbsgemindert sein und der Rentenversicherungsträger dies auch feststellen, dann die Möglichkeit einer Umdeutung in einen Rentenantrag. Dem Kläger geht es ersichtlich aber nur darum, den höheren Krg-Anspruch auszuschöpfen. Das stellt aber kein berechtigtes Interesse dar, das zu schützen wäre.
Denn § 51 SGB V will iVm. § 50 Abs 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V zum einen die doppelte Gewährung von Sozialleistungen vermeiden und zum anderen eine sachgerechte Abgrenzung der Leistungszuständigkeit von Kranken- und Rentenversicherung dahingehend vornehmen, dass Rentenzahlungen den Vorrang vor Krg-Leistungen haben. Es ist in erster Linie Aufgabe der Rentenversicherung, bei dauerhafter Erwerbsminderung mit Leistungen einzutreten. Insoweit wird der Krankenkasse durch die Aufforderung und Fristsetzung nach § 51 Abs 1 Satz 1 SGB V das Recht eingeräumt, Einfluss auf den Beginn der antragsabhängigen Rente wegen Erwerbsminderung zu nehmen und einen Wegfall ihrer Leistungszuständigkeit für das Krg schon vor Erreichen der Anspruchshöchstdauer zu bewirken (BSG Urteil vom 07. Dezember 2004 - B 1 KR 6/03 R - SozR 4-2500 § 51 Nr. 1 Rdnr 13). Es handelt sich um eine Schutzvorschrift zugunsten der Krankenkasse.
Die Berufung war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte berechtigt war, den Kläger zur Stellung eines Antrags auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation beim zuständigen Rentenversicherungsträger aufzufordern.
Der 1951 geborene Kläger ist aufgrund seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung als Maler/Lackierer bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Seit dem 23. März 2009 ist er wegen einer Coxarthrose links mit schmerzbedingter Bewegungseinschränkung arbeitsunfähig erkrankt. Nach dem Ende des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung gewährte ihm die Beklagte seit dem 12. März 2009 Krankengeld (Krg).
Nachdem der behandelnde Allgemeinmediziner Dr. H. am 9. April 2009 auf Nachfrage seitens der Beklagten ausführte, der Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit des Klägers sei unklar, Erwerbsminderung drohe, holte die Beklagte ein Gutachten bei dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein. Dr. D. führte am 30. April 2009 aus, dass beim Kläger begleitend rezidivierende Depressionen mit zuletzt mittelgradiger Episode bestünden, die medikamentös und fachärztlich behandelt würden. Im Rahmen der psychischen Symptomatik sei der Kläger einer empfohlenen Hüft-TEP-Operation gegenüber abgeneigt und lasse diese nicht durchführen. Von Seiten des Hausarztes sei bereits die Möglichkeit einer innerbetrieblichen Umsetzung angesprochen worden, diese sei jedoch im Betrieb nicht umsetzbar. Bezogen auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maler, welche mit häufigem Steigen auf Leitern und Gerüsten verbunden sei, bestehe weiterhin Arbeitsunfähigkeit (AU). Aus sozialmedizinischer Sicht bestehe aufgrund der eingeschränkten Therapieoptionen eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit. Die Durchführung einer medizinisch-stationären Rehabilitationsmaßnahme zur weiteren Stabilisierung der psychischen sowie körperlichen Symptomatik und anschließende Beurteilung des Leistungsbildes sei zu empfehlen. Der Versicherte sei einer Rehabilitation gegenüber aufgeschlossen.
Mit Bescheid vom 05. Mai 2009 forderte die Beklagte den Kläger erstmalig auf, bis zum 17. Juli 2009 einen Antrag auf medizinische Rehabilitationsmaßnahmen beim Rentenversicherungsträger zu stellen. Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, der Aufforderung sei eine ordnungsgemäße Ermessenausübung nicht vorausgegangen. Bei dem Bescheid handele es sich um ein Standardschreiben. Die Beklagte half dem Widerspruch ab (Schreiben vom 2. Juni 2009).
Daraufhin leitete die Beklagte mit Schreiben vom 26. Juni 2009 das Anhörungsverfahren nach § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ein. Nachdem sich der Kläger nicht geäußert hatte, forderte sie ihn mit Bescheid vom 27. Juli 2009 erneut auf, innerhalb von 10 Wochen bis spätestens 8. Oktober 2009 Maßnahmen zur medizinischen Rehabilitation zu beantragen. Zur Begründung führte sie aus, dass zu den typischen Anforderungen der Tätigkeit des 58jährigen Klägers nach eigenen Angaben das häufige Steigen auf Leitern und Gerüsten sowie das Arbeiten im Stehen und Gehen verbunden mit oft gebückter und kniender Körperhaltung gehöre. Deswegen habe auch sein behandelnder Hausarzt die Einschätzung geäußert, dass sowohl die voraussichtliche Dauer wie auch eine drohende Erwerbsminderung unklar sei. Nach der Einschätzung des daraufhin eingeschalteten MDK liege eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit vor, so dass die Durchführung einer medizinisch-stationären Rehabilitationsmaßnahme empfohlen werde. Bei einem Erfolg derselben sei die Arbeitsaufnahme zu erwarten und damit die Beendigung der Krg-Zahlung. Die Beklagte sei gesetzlich verpflichtet, notwendige Maßnahmen zur Verkürzung der AU einzuleiten. Der Anspruch auf Krg entfalle, wenn die Rehabilitationsmaßnahme nicht innerhalb der genannten Frist beantragt werde. Den Antrag könne er nur mit Zustimmung der Beklagten zurücknehmen. Dies gelte ebenfalls für die Möglichkeit, die gewünschte Rentenart oder den gewünschten Rentenbeginn zu bestimmen. Auch der Verzicht auf die Umdeutung eines Rehabilitationsantrages in einen Rentenantrag könne nur mit Zustimmung der Beklagten erfolgen.
Auch gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch mit der Begründung ein, er sei gegenüber einer Rehabilitationsmaßnahme nicht aufgeschlossen. Aufgrund der bestehenden Grunderkrankung sei eine solche nicht zweckdienlich, da es an seiner Rehabilitationsfähigkeit fehle. Deshalb beruhe der angefochtene Bescheid auf einem Ermessensfehlgebrauch.
Am 07. August 2008 beantragte der Kläger die Gewährung von einstweiligem Rechtschutz beim Sozialgericht Freiburg (SG). Im Hinblick auf den Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 25. Mai 2009 (L 1 KR 126/09 B ER) anerkannte die Beklagte, dass der Widerspruch aufschiebende Wirkung habe, woraufhin das Verfahren von beiden Beteiligten für erledigt erklärt wurde (S 11 KR 3952/09). Die Beklagte gewährte dem Kläger weiterhin vorläufig Krg.
Zugleich mit der Begründung seines Widerspruchs beantragte der Kläger am 28. September 2009 bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg die Gewährung von Rehabilitationsleistungen unter Hinweis darauf, dass Antragsvordrucke nicht zu gesandt werden bräuchten. Die Antragstellung gehe vielmehr auf eine Aufforderung nach § 51 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zurück und solle nicht weiter bearbeitet werden. Zugleich beantragte er, das Verfahren für ruhend zu stellen und ihm eine Bestätigung über den gestellten Antrag und das Ruhen des Verfahrens zuzusenden. Hierauf teilte die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg mit Schreiben vom 21. Oktober 2009 mit, dass eine Beantwortung des formlosen Antrages ohne Antragsvordrucke nicht möglich sei. Dem Antrag auf Ruhen könne ebenfalls nicht nachgekommen werden, da der Antrag aufgrund fehlender Mitwirkung abgelehnt werden müsste.
Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07. Oktober 2009 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, dass die vorgebrachten medizinischen Gründe gegen die Antragstellung durch nichts belegt worden seien. Demgegenüber habe das Gutachten das MDK sowohl die persönliche und berufliche Situation wie auch die Arztanfrage von Dr. H. berücksichtigt. Selbst wenn angesichts der bestehenden Grunderkrankung eine Rehabilitationsmaßnahme nichts bringe, so sehe der Gesetzgeber ein Umdeutungsverfahren vor. Wenn die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation des Rentenversicherungsträgers nicht erfolgreich seien oder die Erwerbsprognose ungünstig wäre, gelte der Antrag auf Leistungen zur Teilhabe als Rentenantrag. Deswegen sei die Beklagte berechtigt gewesen, den Kläger zur Stellung eines Antrages auf medizinische Rehabilitation innerhalb von 10 Wochen bis 08. Oktober 2009 aufzufordern.
Mit weiterem Bescheid vom 09. Oktober 2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Krg-Zahlung eingestellt werde, da eine ordnungsgemäße Antragstellung nicht erfolgt sei.
Auch hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und beantragte erneut beim SG die Gewährung von einstweiligem Rechtschutz (S 11 KR 5158/09 ER).
Mit Beschluss vom 27. Oktober 2009 verpflichtete das SG die Beklagte über den 12. Oktober 2009 hinaus dem Kläger vorläufig Krg zu zahlen, da die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 09. Oktober 2009 missachtet werde. Ab dem 13. Oktober 2009 gewährte die Beklagte dem Kläger daraufhin weiter vorläufig Krg.
Am 14. Oktober 2009 hat der Kläger Klage beim SG erhoben, zu deren Begründung er vorgetragen hat, die Beklagte verkenne die medizinischen Gründe, die gegen den Erfolg einer Rehabilitationsmaßnahme sprächen. Die Aufforderung zur Stellung eines Rehabilitationsantrages sei deswegen als krasser Ermessensfehlgebrauch zu bewerten. Der Beklagten gehe es in Wirklichkeit um seine Berentung. Sie sei aber nur befugt, ihn zur Stellung eines Rehabilitationsantrages aufzufordern.
Mit Gerichtsbescheid vom 25. Mai 2010, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 02. Juni 2010, hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte habe das ihr eingeräumte Ermessen nicht fehlerhaft ausgeübt. Das Vorliegen einer erheblichen Gefährdung der Erwerbsfähigkeit sei im ärztlichen Gutachten des MDK festgestellt worden. Die Erfolgsaussichten der Rehabilitationsmaßnahme würden in den gesetzlichen Vorschriften nicht erwähnt. Normzweck sei vielmehr die Abgrenzung der Leistungszuständigkeit von Kranken- und Rentenversicherung dahingehend, dass Rentenzahlungen Vorrang vor Krg-Leistungen hätten, weil bei dauerhafter Erwerbsminderung die Rentenversicherung mit Leistungen eintreten solle. Die Krankenkasse könne deshalb, von diesem Normzweck ausgehen, Versicherte selbst bei fehlender Erfolgsaussicht der Maßnahme zur Antragstellung auffordern, um über die Umdeutung nach § 116 Abs 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) eine Entscheidung des Rentenversicherungsträgers über einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit herbeizuführen.
Bei seiner dagegen am 20. Juni 2010 eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, sein Bevollmächtigter habe eine Abrede mit der Beklagten getroffen, in derartig gelagerten Fällen eine formlose Rehabilitationsantragstellung für ausreichend zu erachten. Er habe durch die formlose Antragstellung auch der Aufforderung Genüge getan. Denn er sei aus gesundheitlichen Gründen nicht rehabilitationsfähig, so dass der Antrag ins Leere gehe.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 25. Mai 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Oktober 2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und hat ergänzend vorgetragen, dass dem Kläger derzeit Krg ausschließlich aufgrund der aufschiebenden Wirkung der Rechtsbehelfe bezahlt werde und der Anspruch auf Krg nach 78 Wochen Bezugszeit am 20. September 2010 ende. Die Rückforderung des Krg in Form eines Schadensersatzanspruches sei beabsichtigt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist unbegründet. Denn die Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat ihn zu Recht aufgefordert einen Rehabilitationsantrag zu stellen.
Streitgegenstand des Verfahrens ist die Aufforderung zur Antragstellung mit Bescheid vom 27. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 2009, nicht der Bescheid vom 09. Oktober 2009. Denn der ursprüngliche Bescheid vom 27. Juli 2009 hatte nur die Aufforderung zur Antragstellung und damit eine Einschränkung der Dispositionsfreiheit des Klägers zum Regelungsinhalt, nicht hingegen, ob der dann später tatsächlich gestellte Antrag den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Antragstellung genügt. Die Ablehnung bzw Beendigung der Krg-Zahlung ersetzt daher nicht die Regelung des Aufforderungsbescheides oder ändert diese ab. Nach Klageerhebung wird gemäß § 96 Abs 1 SGG in der ab 1. April 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 16 des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl I S 444) ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Geändert oder ersetzt wird ein Ausgangsbescheid immer nur dann, wenn der neue Verwaltungsakt denselben Streitgegenstand betrifft bzw wenn in die Regelung des Ausgangsbescheides eingegriffen und damit die Beschwer des Betroffenen vermehrt oder vermindert wird. Ein bloßer Sachzusammenhang mit dem anfänglich erhobenen Anspruch ist nicht ausreichend. Die Feststellung, ob der neue Bescheid in die Regelung des Ausgangsbescheids eingegriffen hat, ist durch Vergleich der in den Verwaltungsakten getroffenen Verfügungssätze zu treffen (BSG, Urteil vom 20. Juli 2005, B 13 RJ 23/04 R, SozR 4-1500 § 96 Nr 3 mwN; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Aufl 2008, § 96 RdNr 4b). Auch wenn der neue Bescheid ganz oder teilweise dieselbe Regelung trifft, kann ein Abändern oder Ersetzen vorliegen (Hennig, Kommentar zum SGG, Stand August 2009, § 96 RdNr 30, Lüdtke, SGG, 3. Aufl, § 96 RdNr 8 mwN). Der Bescheid vom 09. Oktober 2009 ist daher nicht in das Verfahren mit einzubeziehen. Es ist somit für den vorliegenden Rechtsstreit unerheblich, ob, wie der Kläger vorgetragen hat, eine Abrede über die Antragstellung erfolgt ist.
Der Kläger ist auch durch den Aufforderungsbescheid beschwert. Unabhängig davon, ob sich die Aufforderung durch die nachträgliche, aber möglicherweise nicht ausreichende Antragstellung erledigt hat und die Beklagte die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 27. Juli 2009 anerkannt hat, so besteht jedenfalls der Anschein eines wirksamen Verwaltungsaktes. Das ist ausreichend für eine Beschwer des Klägers.
Die Befugnis der Beklagten, den Kläger zur Stellung eines Rehabilitationsantrags aufzufordern, ergibt sich aus § 51 SGB V. Nach dieser Vorschrift kann die Krankenkasse Versicherten, deren Erwerbsfähigkeit nach ärztlichem Gutachten erheblich gefährdet oder gemindert ist, eine Frist setzen, innerhalb der sie einen Antrag zur Rehabilitation zu stellen haben (Abs. 1 Satz 1). Bei der Aufforderung der Krankenkasse nach § 51 Abs 1 Satz 1 SGB V an den Versicherten, innerhalb von zehn Wochen einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben zu stellen, handelt es sich um einen Verwaltungsakt iSd § 31 SGB X (BSG Urteil vom 26. Juni 2008 - B 13 R 141/07 R -SGb 2009, 309). Nach Abs 3 Satz 1 der Vorschrift entfällt der Anspruch auf Krg, wenn der Versicherte den Antrag nicht innerhalb der Frist stellt. So ging die Beklagte mit Bescheid vom 27. Juli 2009 vor. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers ist erheblich gefährdet. Der Senat entnimmt dies dem Gutachten des MDK vom 30. April 2009. Danach ist die Coxarthrose dringend operationsbedürftig, der Kläger lässt indessen die Hüft-TEP wegen seiner Depressionen nicht durchführen, so dass die Therapiemöglichkeiten stark eingeschränkt sind. Die Richtigkeit dieser Einschätzung wird durch den weiteren Verlauf bestätigt, während dessen der Kläger nie wieder arbeitsfähig wurde. Sie hat ihn auch nicht, wie mit der Berufung vorgetragen, zur Rentenantragstellung aufgefordert. Das entnimmt der Senat dem klaren Wortlaut des Bescheides. Soweit der Bescheid das Ende der Frist auf den 8. Oktober 2009 festgesetzt hat, so hat dies allein deklaratorische Funktion. Denn die Frist endet nach § 188 Abs 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) mit Ablauf der Zehn-Wochen-Frist kraft Gesetzes. Der Festsetzung eines Fristendes hätte es daher nicht bedurft.
Es steht im Ermessen der Krankenkasse, ob sie von ihrem Recht nach § 51 Abs 1 Satz 1 SGB V Gebrauch macht; dies geht bereits aus dem Wortlaut dieser Vorschrift ("kann") hervor. Die Entscheidung ist nach Maßgabe des § 54 Abs 2 Satz 2 SGG auf Ermessensfehler hin sozialgerichtlich überprüfbar. Kann der Versicherte ein berechtigtes Interesse am Hinausschieben des Rentenbeginns geltend machen, das die Belange der Krankenkasse überwiegt, muss die Kasse ihre Zustimmung erteilen. Ein solches berechtigtes Interesse des Versicherten kommt nach der Rechtsprechung vor allem in Betracht, wenn "eine erhebliche Verbesserung des Rentenanspruchs erreicht werden kann, zB durch eine evtl noch mögliche Erfüllung der Voraussetzungen für eine Erhöhung der Rentenbemessungsgrundlage" (so BSGE 52, 26, 31 = SozR 2200 § 1248 Nr 33). Berechtigte Interessen des Klägers, die die Beklagte verpflichtet hätten, von vornherein von der Erteilung dieses Bescheides und damit der Einschränkung der Dispositionsbefugnis abzusehen, lagen nicht vor (zu den insoweit geltenden Maßstäben s Höfler in Kasseler Komm, § 51 SGB V RdNr 10, 10a, Stand: 2006, mwN). Solche Gründe hätte er innerhalb der Anhörungsfrist vortragen und begründen müssen. Die Beklagte hat dennoch bei der Ermessensausübung die ihr bekannten Gesichtspunkte wie das Lebensalter und den Gesundheitszustand des Klägers, die beruflichen Anforderungen seines zuletzt ausgeübten Arbeitsplatzes sowie seine individuelle Situation berücksichtigt.
Soweit der Kläger nunmehr geltend macht, dass er nicht rehabilitationsfähig sei, so hat er diese Behauptung zum einen in keinster Weise belegt, zum anderen besteht, sollte der Kläger dauerhaft erwerbsgemindert sein und der Rentenversicherungsträger dies auch feststellen, dann die Möglichkeit einer Umdeutung in einen Rentenantrag. Dem Kläger geht es ersichtlich aber nur darum, den höheren Krg-Anspruch auszuschöpfen. Das stellt aber kein berechtigtes Interesse dar, das zu schützen wäre.
Denn § 51 SGB V will iVm. § 50 Abs 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V zum einen die doppelte Gewährung von Sozialleistungen vermeiden und zum anderen eine sachgerechte Abgrenzung der Leistungszuständigkeit von Kranken- und Rentenversicherung dahingehend vornehmen, dass Rentenzahlungen den Vorrang vor Krg-Leistungen haben. Es ist in erster Linie Aufgabe der Rentenversicherung, bei dauerhafter Erwerbsminderung mit Leistungen einzutreten. Insoweit wird der Krankenkasse durch die Aufforderung und Fristsetzung nach § 51 Abs 1 Satz 1 SGB V das Recht eingeräumt, Einfluss auf den Beginn der antragsabhängigen Rente wegen Erwerbsminderung zu nehmen und einen Wegfall ihrer Leistungszuständigkeit für das Krg schon vor Erreichen der Anspruchshöchstdauer zu bewirken (BSG Urteil vom 07. Dezember 2004 - B 1 KR 6/03 R - SozR 4-2500 § 51 Nr. 1 Rdnr 13). Es handelt sich um eine Schutzvorschrift zugunsten der Krankenkasse.
Die Berufung war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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