L 4 R 3733/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 2036/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 3733/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 21. Juli 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Der am 1956 geborene Kläger stammt aus Kasachstan, wo er eine Ausbildung als Kraftfahrer dritter Klasse absolvierte und in diesem Beruf beschäftigt war. Am 31. Dezember 1991 reiste er in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein. Er vom 18. Januar 1993 an als Sanitärhelfer versicherungspflichtig in Vollzeit beschäftigt. Im Rahmen dieser Tätigkeit erlitt er am 17. März 1993 einen Arbeitsunfall. Er fiel von einer Leiter und erlitt eine Kopfplatzwunde sowie eine Rippenfraktur (Durchgangsarztbericht der Dres. R., H., F., Chirurgen, vom 19. März 1993 für die damalige Süddeutsche Metall-Berufsgenossenschaft). Das Arbeitsverhältnis wurde krankheitsbedingt einvernehmlich zum 30. Juni 1997 durch Aufhebungsvertrag beendet. Seitdem bezieht der Kläger - unterbrochen durch den Bezug von Übergangsgeld vom 27. September bis 25. Oktober 2000 sowie von Krankengeld vom 14. März bis 27. Mai 2001 - Leistungen wegen Arbeitslosigkeit, seit 01. Januar 2005 aufgrund des Bezuges von Arbeitslosengeld II.

Am 27. März 2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste eine Untersuchung durch ihre Ärztliche Untersuchungsstelle R., Dr. He. (Fachärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin sowie Sozialmedizin) am 20. April 2007. In dem aufgrund dieser Untersuchung erstatteten Gutachten vom 30. April 2007 führte Dr. He. aus, beim Kläger liege eine Angst- und depressive Störung gemischt vor. Es bestehe der Verdacht auf Panikattacken. Eine diagnostische Zuordnung des Gesundheitsbildes sei nicht ganz einfach. Der Kläger habe bei der Untersuchung oft wenig verständlich gesprochen, immer wieder seine Sätze abgebrochen und den roten Faden verloren. Er habe sich oft nicht erinnern können und habe ungenaue und vage Angaben gemacht. Der Duluxetinspiegel im Serum sei leicht unterhalb des therapeutischen Bereichs gelegen, sodass angenommen werden dürfe, dass der Kläger sein antidepressives Medikament nicht regelmäßig einnehme. Insgesamt sei eine sehr einfach strukturierte Persönlichkeit aufgefallen. Die Stimmung sei leicht gedrückt und der Antrieb leicht vermindert gewesen. Außerdem seien beim Kläger degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit Bandscheibenschäden bekannt sowie eine leichte Kniegelenksarthrose mit Meniskusschaden ohne Bewegungseinschränkung. In Zusammensicht aller Befunde halte sie das Leistungsvermögen des Klägers für gemindert, jedoch nicht für aufgehoben. Es bestehe ein über sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne übermäßigen Zeitdruck, ohne Nachtschicht, ohne Anforderung an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen, ohne Verantwortung für Personen und Maschinen, ohne Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge, ohne häufige und längerdauernde Zwangshaltungen der Wirbelsäule, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Knien/Hocken sowie ohne häufiges Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten. Für die Tätigkeiten als Sanitärhelfer in einer Flaschnerei bestehe ein unter dreistündiges Leistungsvermögen, da hierbei häufige Zwangshaltungen der Wirbelsäule und häufiges Knien und Hocken notwendig wären. Für die erlernte Tätigkeit als Kraftfahrer bestehe ebenfalls ein unter dreistündiges Leistungsvermögen, da aufgrund der psychischen Erkrankung des Klägers keine Tätigkeiten mit erhöhtem Konzentrations- und Reaktionsvermögen und Verantwortung für Personen und Maschinen durchgeführt werden könnten. Mit Bescheid vom 07. Mai 2007 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag des Klägers ab. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könnten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausgeübt werden.

Der Kläger legte hiergegen mit Schreiben vom 01. Juni 2007, eingegangen bei der Beklagten am 04. Juni 2007, Widerspruch ein. Bei ihm sei ein GdB von 50 anerkannt und ein Erhöhungsantrag laufe. Im Übrigen berief sich der Kläger auf Atteste seiner behandelnden Ärzte. Neurologe und Psychiater Dr. S. hatte am 14. Dezember 2006 zur Vorlage beim Jobcenter T. bescheinigt, er halte das Durchhalte- und Belastungsvermögen des Klägers für gering, eine mehr als drei Stunden anhaltende kontinuierliche Arbeit werde dieser nicht leisten können. Dr. S. führte des Weiteren eine Vielzahl von Verdachtsdiagnosen auf und weiter aus, schon hieraus lasse sich entnehmen, dass eine diagnostische Zuordnung des Krankheitsbildes nicht so ganz einfach falle. Auf jeden Fall spielten Angst, Depression und Leistungsinsuffizienz eine Rolle mit Bezug zu einem Arbeitsunfall in einem Flaschnereibetrieb 1993. Mit seinem Attest vom 14. Februar 2007 gab Dr. S. dann an, der Kläger befinde sich bei ihm in Behandlung wegen Angst und depressiver Störung gemischt. Fraglich bestehe auch noch eine Dysthymia. Die Beschwerden seien nicht so stark, dass deswegen aus neuropsychiatrischer Sicht Arbeitsunfähigkeit bescheinigt werden müsste. Internist Dr. Sc. führte in seinem Attest vom 04. April 2007 aus, der Kläger sei aufgrund seiner Erkrankungen in der Lage, pro Tag ca. drei Stunden eine einfache sitzende Tätigkeit unter Gebrauch der Hände durchzuführen. Eine Tätigkeit im Stehen oder Gehen sowie Umwelteinflüsse wie Hitze, Kälte, Zugluft oder feuchte Umgebung müssten jedoch vermieden werden. Eine Tätigkeit oberhalb von drei Stunden sei nicht möglich. Des Weiteren forderte die Beklagte von Dr. S. den Entlassungsbericht des Prof. Dr. Z., Ärztlicher Direktor der Medizinischen Klinik/Abteilung Innere Medizin VI, Psychosomatische Medizin/Psychotherapie des Universitätsklinikums T., vom 14. Februar 2008 über den stationären Aufenthalt des Klägers auf der dortigen Psychosomatischen Station vom 13. November 2007 bis 18. Januar 2008 an. Prof. Dr. Z. nannte als Hauptdiagnosen eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie Angst und depressive Störung, gemischt. Die depressive und ängstliche Symptomatik habe sie deutlich gebessert, die Schmerzen würden weit gehend unverändert erlebt.

Nach Einholung von Stellungnahmen nach Aktenlage durch Internistin Dr. Me. vom 10. Juli 2007 und 06. März 2008 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 14. Mai 2008 den Widerspruch zurück. Es ergäben sich aus den gesamten medizinischen Unterlagen folgende Diagnosen: &61485; Neurotische Persönlichkeitsstruktur mit Neigung zu ängstlich-depressiven Verstimmungen &61485; anhaltende somatoforme Schmerzstörungen bei einfacher Persönlichkeitsstruktur und sozialen Belastungsfaktoren &61485; degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit Bandscheibenschäden ohne neurologisches Funktionsdefizit &61485; degenerative Kniegelenksveränderungen beidseits ohne Bewegungseinschränkung. Unter Berücksichtigung dieser Diagnosen und der daraus resultierenden Gesundheitsbeeinträchtigungen seien dem Kläger leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne übermäßigen Zeitdruck, ohne Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen, ohne Verantwortung für Personen und Maschinen, ohne Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge, ohne häufige und längerdauernde Zwangshaltungen der Wirbelsäule, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Knien/Hocken, ohne häufiges Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten, überwiegend im Sitzen und ohne Nachtschicht mindestens sechs Stunden täglich zumutbar. Sein bisheriger Beruf sei die zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung als Sanitärhelfer. Diese sei dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen. Der Kläger müsse sich deshalb auf sämtliche ungelernten Tätigkeiten verweisen lassen. Ob er seinen bisherigen Beruf noch ausüben könne, sei daher nicht maßgeblich. Die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit sei angesichts der Vielzahl der auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorhandenen angelernten und ungelernten Tätigkeiten nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht erforderlich. Nach seiner (des Widerspruchsausschusses) Auffassung seien dem Kläger derartige Tätigkeiten noch mindestens sechs Stunden täglich zumutbar. Er sei deshalb nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig.

Am 05. Juni 2008 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG). Er trug unter Vorlage des Attests von Dr. Sc. vom 04. April 2007 vor, er könne höchstens drei Stunden pro Tag eine einfache sitzende Tätigkeit ausüben.

Die Beklagte trat der Klage entgegen unter Vorlage einer Stellungnahme von Dr. Bu., Facharzt für Innere Medizin - Sozialmedizin -, nach Aktenlage vom 22. Dezember 2008. Es ergäben sich zusammenfassend keine eindeutigen neuen medizinischen Gesichtspunkte, die eine entscheidende Abweichung von der bisherigen Leistungseinschätzung nachvollziehbar begründen könnten.

Das SG befragte behandelnde Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen. Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie Dr. V. berichtete unter dem 04. Juli 2008, den Kläger persönlich nicht untersucht zu haben. Er habe die Praxis von Dr. Sch. übernommen. Nach Aktenlage sei der Kläger von Dr. Sch. zuletzt am 21. März 2007 untersucht worden. Echokardiographisch habe sich ein im Wesentlichen unauffälliger Befund ergeben gehabt. Die Ergometrie bis 100 Watt habe eine hypertensive Regulationsstörung im systolischen Bereich ohne Anhalt für eine Belastungskoronarinsuffizienz ergeben. Gefunden worden sei in der Untersuchung in der Praxis lediglich eine arterielle Hypertonie. Diagnostiziert seien weiter Depression, rezidivierende Schwindelattacken und Magenproblematik. Internist Dr. Sc. berichtete unter dem 07. Juli 2008, er kenne den Kläger seit 06. November 2000 und behandele ihn in unregelmäßigen Abständen, zuletzt alle vier bis sechs Wochen. Internistischerseits bestehe hauptsächlich eine primäre arterielle Hypertonie. Seit Jahren im Vordergrund stehe die anhaltende somatoforme Schmerzstörung, welche nicht in sein Fachgebiet falle. Als Hauptdiagnosen gab Dr. Sc. eine psychosomatisch festgestellte anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie eine Angst- und depressive Störung gemischt an. Aus rein internistischer Einschätzung bestehe gegen eine leichte körperliche Tätigkeit sechs Stunden täglich kein Einwand. Inwiefern Neurologie, Orthopädie und Psychosomatik dies anders sähen, vermöge er nicht zu beurteilen. Dr. Sc. legte mit seiner Auskunft eine Vielzahl selbst erhobener Befunde sowie Befundberichte anderer Ärzte vor, u.a. mehrere Befundberichten des Dr. S ... Dr. He., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Psychotherapeutische Medizin, erstattete Bericht unter dem 15. Juli 2008. Auf seinem Fachgebiet diagnostizierte er Angst- und depressive Störung gemischt sowie somatoforme Schmerzstörungen. Er gehe davon aus, dass der Kläger nicht in der Lage sei, leichte Tätigkeiten für mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Dies beruhe auf seiner depressiven Antriebshemmung und Ängstlichkeit sowie auf seinen Schmerzen und Funktionsstörungen. Dr. S. berichtete in seiner Auskunft vom 17. August 2008 über Behandlungstermine im Zeitraum vom 09. Januar 2006 bis 15. Mai 2008. Zusammenfassend teilte er mit, bei dem Patienten hätten im Vordergrund zuweilen die Angststörungen mit körperlichen Äquivalenten der Angst bei gleichzeitiger Stimmungs- und Antriebsverminderung gestanden. Über weite Strecken sei aber auch eine Belastungsinsuffizienz bei mangelndem Selbstwertgefühl und mangelndem Zutrauen, verbunden mit allgemeinem Unwohlsein und Stimmungsminderung sowie moroser Dysphorie wahrnehmbar, die eher als Dysthymie vom Ausmaß der Stimmungsminderung her nur subdepressiv gewesen sei, aber zu erheblicher Klagsamkeit geführt habe. Beschwerden und Klagen seien über den gesamten Zeitraum in etwa die gleichen geblieben ohne nachhaltige Modulation durch Gespräche oder auch medikamentöse Maßnahmen. Das für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit maßgebliche Leiden liege seines Erachtens auf dem Fachgebiet der Psychiatrie und es bestünden hier keine Bedenken gegen die Beurteilung, der Kläger könne noch leichte Tätigkeiten mit mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Dr. L., Facharzt für Orthopädie/Chirotherapie, berichtete unter dem 01. Dezember 2008 über Beschwerden des Klägers im Bereich der Hals- und der Lendenwirbelsäule sowie der rechten Schulter und des rechten Kniegelenks. Nach seiner Beurteilung stünden nicht orthopädische Erkrankungen bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Klägers im Vordergrund. Unter Zugrundelegung der bekannten orthopädischen Befunde sei eine leichte Tätigkeit von mindestens sechs Stunden täglich zumutbar.

Im Anschluss beauftragte das SG Prof. Dr. W., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, mit der Erstattung eines Gutachtens. In ihrem Gutachten vom 25. April 2009 aufgrund einer Untersuchung am 08. April 2009 gab Prof. Dr. W. zunächst die Klagen des Klägers über Kopfschmerz, Schwindel, Konzentrations- und Gedächtnisschwächen wieder und diagnostizierte für ihr Fachgebiet schließlich eine ängstlich-asthenische Persönlichkeitsstörung (ICD 10: F 60.6 und F 60.7) mit depressiven Zügen und Schmerzen sowie Schwindel (fraglich Morbus Menière), Bandscheibenvorfall LWK4/5 rechts 1999 ohne radikuläre Ausfälle, Lumbago und Cervicalgien. In der körperlichen Untersuchung wirke die Beeinträchtigung des Patienten trotz der initialen Benutzung von zwei Gehstützen relativ gering. Insbesondere finde sich kein Hinweis auf eine Schädigung einer Nervenwurzel im Bereich der Halswirbelsäule oder der Lendenwirbelsäule. Auch eine neurologische Ursache für die geschilderten Knieschmerzen finde sich nicht. Trotz des angegebenen Schwindels fänden sich keine ausgeprägteren Koordinationsstörungen. In Diskrepanz zu den Klagen des Patienten fielen keine deutlichen Gedächtnis- oder Konzentrationsstörungen in der zweistündigen Untersuchung auf. Der Kläger sollte nur leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne übermäßigen Zeitdruck, ohne Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen, ohne Verantwortung für Personen und Maschinen, ohne Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge, ohne besondere geistige Beanspruchung, ohne häufige und längerdauernde Zwangshaltung der Wirbelsäule, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Knien/Hocken und ohne häufiges Besteigen von Leitern und Gerüsten ausführen. Der Kläger sei noch in der Lage, bei Beachtung der genannten Einschränkungen Erwerbstätigkeiten sechs Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche auszuüben und benötige nicht mehr als die üblichen Arbeitspausen.

Mit Gerichtsbescheid vom 21. Juli 2009 wies das SG die Klage ab. Das SG schloss sich insbesondere der Einschätzung von Prof. Dr. W. und Dr. He. an. Deren Einschätzung beruhe auf einer gezielten Untersuchung unter gutachterlichen Gesichtspunkten im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit. Der Kläger sei zuletzt als Sanitärhelfer versicherungspflichtig tätig gewesen und damit als angelernter Arbeiter des unteren Bereichs. Er könne daher auf alle auf dem Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden und sei damit auch nicht berufsunfähig.

Am 10. August 2009 hat der Kläger zur Niederschrift des SG Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Er ist weiterhin der Auffassung, er sei erwerbsgemindert. Der Arbeitsunfall als zurückliegendes Traumaerlebnis habe zu seiner lang anhaltenden psychischen Erkrankung geführt. Die einmalige Untersuchung durch Prof. Dr. W. und Dr. He. sei nicht ausreichend, um das Vorliegen einer posttraumatischen Störung beurteilen zu können. Allein sein jetzt behandelnder Arzt Dr. He. sehe ihn als hilfesuchenden Menschen an und habe ihm erklärt, dass posttraumatische Störungen selbst viel später auftreten könnten und dass vielerlei negative Einwirkungen von außen diese auch aufschaukeln und summieren könnten. Nach seinem Unfall im Jahre 1993 habe er zwar immer wieder probiert zu arbeiten. Nach kurzer Zeit sei dies aber durch kleine Unfälle, z.B. eine Augenverletzung, unterbrochen worden und letztendlich sei ihm erklärt worden, dass es mit ihm keinen Wert mehr habe und es besser wäre, einvernehmlich sein Arbeitsverhältnis zu lösen. Auch bei seinen 1,00 EUR pro Stunde-Arbeiten habe ihn die Angst vor allem Neuen nie verlassen und er habe, weil ihm übel geworden sei, nach Hause gebracht werden müssen, wo ihm erst in der Ruhe und in der Sicherheit seines Zimmers wieder besser geworden sei.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 21. Juli 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 07. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Mai 2008 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01. März 2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte, die eine Änderung ihres bisherigen Standpunktes zuließen. Sie hat einen vom Kläger gestellten Antrag auf medizinischen Rehabilitation vom 18. November 2009 mit Bescheid vom 23. Dezember 2009 abgelehnt, weil Leistungen zur medizinischen Rehabilitation durch sie nicht erforderlich seien.

Der Senat hat Dr. He. noch schriftlich als sachverständiger Zeuge gehört (Auskünfte vom 15. Dezember 2009 sowie am 02. Februar 2010). Der Kläger habe am 25. August 2008 eine Verschlechterung mit vermehrten Schwindelanfällen, Missempfindungen der linken Gesichtshälfte und Sehstörungen im linken Auge angegeben, am 29. Oktober 2008 eine allgemeine Verschlechterung mit einer Infekt- und einer Grippeimpfung, am 15. Dezember 2008 vermehrten Tinnitus sowie am 02. Oktober 2009 eine jahreszeitlich bedingte Verschlimmerung der Depressivität. Inzwischen hätten sich Hinweise auf das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung (ICD: F 43.1) aufgrund des früheren Arbeitsunfalls gefunden. Eine stationäre Rehamaßnahme erscheine inzwischen aufgrund des chronifizierten Verlaufs und der begrenzten Mitwirkungsmöglichkeiten des Patienten nicht erfolgversprechend zu sein. Dr. He. hat vorgelegt: &61485; den Arztbrief des Dr. Schu., Oberarzt an der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums T., vom 27. August 2001 die Vorstellung im Rahmen der Verlaufskontrolle. Die vom Kläger geschilderte Beschwerdesymptomatik (Drehschwindelattacke mit Tinnitus und Hypakusis) habe nicht eindeutig zugeordnet werden können. &61485; den Bericht des Prof. Dr. Ze., Direktor der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde mit Poliklinik des Universitätsklinikums der E.-K.-Universität T., vom 02. September 2008, wo eine Sanierung der Nasennebenhöhlen und Operation der Nasenscheidewand durchgeführt worden war. &61485; den Befundbericht des Dr. S. vom 09. Oktober 2008. Dieser hat berichtet, bei Wiedervorstellung des Patienten habe sich ein wacher, bewusstseinsklarer Patient gezeigt. Das inhaltliche Denken und die Wahrnehmung kreisten ganz um das körperliche Unvermögen. Eigentliche Wahrnehmungsstörungen bestünden nicht. Die mnestische Leistungsfähigkeit sei bei beeinträchtigter Aufmerksamkeit und Konzentration nur gering gestört. Die Vorgaben bei seiner Entlassung aus der psychosomatischen Behandlung im Krankenhaus Rottenburg am 08. Januar 2008 habe der Kläger nicht oder nur teilweise nur mit großen Abstrichen eingehalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit ab 01. März 2007.

1. Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Mit einem im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich bestehenden Leistungsvermögens zumindest für leichte Arbeiten ist der Kläger weder voll noch teilweise erwerbsgemindert.

Nach dem Gesamtergebnis der medizinischen Ermittlungen stellt der Senat fest, dass der Kläger unter einer ängstlich-asthenischen Persönlichkeitsstörung mit depressiven Zügen und Schmerzen leidet, des Weiteren unter Schwindel (fraglich Morbus Menière), Zustand nach Bandscheibenvorfall LWK 4/5 rechts 1999 ohne radikuläre Ausfälle, Lendenwirbel- und Nackenschmerzen, Bluthochdruck, rezidivierende Magenentzündungen sowie Schulterschmerzen und Kniegelenksarthrose rechts. Der Schwerpunkt seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung liegt dabei nach eigenem Vortrag des Klägers, aber auch nach Einschätzung der befragten Sachverständigen und sachverständigen Zeugen aller medizinischen Fachgebiete auf psychiatrischem Fachgebiet. So haben die Internisten Dr. Sc. und Dr. V. sowie Orthopäde Dr. L. für ihr Fachgebiet jeweils weniger schwerwiegende Erkrankungsbilder beschrieben, die auch nach ihrer eigenen Einschätzung eine berufliche Tätigkeit im Umfang von sechs Stunden täglich nicht hinderten.

Die psychiatrische Sachverständige Prof. Dr. W. hat in ihrem Gutachten für das SG ihre Diagnosestellung und Leistungsbeurteilung überzeugend herausgearbeitet. Prof. Dr W. hat sich mit den aktenkundigen Voreinschätzungen ihrer Fachkollegen beschäftigt und nachvollziehbar herausgearbeitet, in der psychiatrischen Untersuchung erwecke der Kläger den Eindruck, ein immer schon eher ängstlicher und auch intellektuell einfach strukturierter Mensch gewesen zu sein. Sie zitiert dann die Definitionen der ängstlichen Persönlichkeit (ICD 10) wie folgt:

"Ängstliche Persönlichkeitsstörung: Eine Persönlichkeitsstörung, die durch Gefühle von Anspannung und Besorgtheit, Unsicherheit und Minderwertigkeit gekennzeichnet ist. Es besteht eine andauernde Sehnsucht nach Zuneigung und Akzeptiert werden, eine Überempfindlichkeit gegenüber Zurückweisung und Kritik mit eingeschränkter Beziehungsfähigkeit. Die betreffende Person neigt zu Überbetonung potentieller Gefahren oder Risiken alltäglicher Situationen bis zur Vermeidung bestimmter Aktivitäten.

Asthenische Persönlichkeit: Personen mit dieser Persönlichkeitsstörung verlassen sich bei kleineren oder größeren Lebensentscheidungen passiv auf andere Menschen. Die Störung ist ferner durch große Trennungsangst, Gefühle von Hilflosigkeit und Inkompetenz, durch eine Neigung sich den Wünschen Älterer und anderer unterzuordnen sowie durch ein Versagen gegenüber den Anforderungen des täglichen Lebens gekennzeichnet. Die Kraftlosigkeit kann sich im intellektuellen emotionalen Bereich zeigen; bei Schwierigkeiten besteht die Tendenz, die Verantwortung anderen zuzuschieben."

Es ist schlüssig, wenn Prof. Dr. W. die beim Kläger festzustellende Ängstlichkeit, rasche Ermüdbarkeit sowie sein Gefühl, Konzentrationsfähigkeit und Gedächtnis seien er nicht gut, hierauf zurückführt. Das Bild, das sie vom Kläger gewonnen und gezeichnet hat, entspricht auch weitestgehend dem von dem mehrjährig behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. S. gezeichneten Bild. Er hat in seiner sachverständigen Zeugenauskunft für das SG vom 17. August 2008 die über einen Zeitraum von über zwei Jahren hinweg erhobenen Befunde ausführlichst und nach Behandlungsdaten geordnet dargestellt. Auch er hat mangelndes Selbstwertgefühl und mangelndes Zutrauen des Klägers hervorgehoben. In seinem durch Dr. He. an das LSG vorgelegten Bericht vom 09. Oktober 2008 hat er auch hervorgehoben, dass der Kläger die im Anschluss an die stationäre Behandlung auf der Psychosomatischen Station des Krankenhauses in Rottenburg (Entlassungsbericht des Prof. Dr. Z. vom 14. Februar 2008) ihm aufgegebenen Vorgaben, eine Psychotherapie ambulant zu beginnen und einen strukturierten Tagesablauf durchzustehen sowie sich körperlich zu betätigen, nicht oder nur mit großen Abstrichen eingehalten habe. Dabei ist ein krankheitsbedingter Ausschluss der Überwindung dieser vom Kläger auch selbst beschriebenen Inaktivität und Furcht vor Neuem nicht bestätigt worden. Vielmehr wird das Ausmaß der depressiven Beeinträchtigung des Klägers von Prof. Dr. W., aber auch Dr. S. eher geringgradig beschrieben. Eine schwere Depression hat sich nicht manifestiert. Prof. Dr. W. hat auch keine nachweisbaren Störungen von Konzentration und Gedächtnis ermitteln können. Zutreffend hat sie auch darauf hingewiesen, es sei nicht typisch für eine Gedächtnisstörung, wenn der Kläger - wie er berichtet habe - vergesse, das Mittagessen zu richten, wie es ihm seine Frau aufgetragen habe, weil er in ein Buch vertieft sei. Zu Recht führt sie aus, dies spreche eher dafür, dass er durchaus in der Lage sei, sich auf seine Lektüre zu konzentrieren.

Nachdem auch für die geklagten Schwindelbeschwerden keine Ursache gesichert werden konnte und radikuläre Ausfälle im Bereich der Wirbelsäule ausgeschlossen werden konnten, ergibt sich aus dem insgesamt bestehenden Beschwerdebild zutreffend nur eine qualitative Einschränkung, nicht aber eine quantitative Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit des Klägers auf weniger als sechs Stunden täglich. Dieser kann nur noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne übermäßigen Zeitdruck, ohne Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen, ohne Verantwortung für Personen und Maschinen, ohne Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge, ohne besondere geistige Beanspruchung, ohne häufige und längerdauernde Zwangshaltung der Wirbelsäule, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Knien/Hocken und ohne häufiges Besteigen von Leitern und Gerüsten ausführen.

Anhaltspunkte für eine Abweichung von dieser Einschätzung des beruflichen Leistungsvermögens des Klägers haben die medizinischen Ermittlungen im Berufungsverfahren nicht ergeben. Die durchgeführte Nasenoperation bedingt keine überdauernde Einschränkung im Sinne des Rentenrechts. Die erneuten Auskünfte von Dr. He. haben insgesamt keine wesentliche Veränderung gegenüber dem bereits bekannten Gesundheitszustand auf psychiatrischem Gebiet belegen können. Letztendlich handelt es sich um einen chronifizierten Verlauf, ohne dass Krankheitserscheinungen hinzugekommen wären, die zuvor nicht bekannt gewesen wären.

Insbesondere ist die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht gesichert. Nach der Definition in der Internationalen Klassifikation der Krankheiten der Weltgesundheitsorganisation (ICD 10) handelt es sich bei der posttraumatischen Belastungsstörung (ICD 10: F 43.1) verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Prädisponierende Faktoren wie bestimmte, z.B. zwanghafte oder asthenische Persönlichkeitszüge oder neurotische Krankheiten in der Vorgeschichte können die Schwelle für die Entwicklung dieses Syndroms senken und seinen Verlauf erschweren, aber die letztgenannten Faktoren sind weder notwendig noch ausreichend, um das Auftreten der Störung zu erklären. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Alpträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten. Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung über. Der Arbeitsunfall vom 19. März 1993 war schon kein geeignetes Ereignis. Nach dem Durchgangsarztbericht vom 19. März 1993 ist der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit als Sanitärhelfer von einer Leiter gefallen und hat eine Kopfplatzwunde und eine Rippenfraktur erlitten. Der Durchgangsarzt rechnete mit einer Arbeitsunfähigkeit von voraussichtlich drei Wochen. Hierbei handelt es sich zwar nicht um eine reine Bagatellverletzung, aber auch nicht um ein Ereignis, das bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Auch wird im gesamten Akteninhalt nicht von Nachhallerinnerungen oder Alpträumen, einem Wiedererleben des Traumas im Traum oder dergleichen berichtet. Es erscheint auch dem Senat zu fernliegend und kann daher nicht festgestellt werden, dass eine gewisse Ängstlichkeit des Klägers auf das Unfallereignis von 1993 zurückgeführt werden könnte und insoweit hier von einer posttraumatischen Belastungsstörung ausgegangen werden könnte. Ganz abgesehen davon bedingt allein die Diagnosestellung auch nicht eine weitergehende Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit. Insoweit schließt sich der Senat voll umfänglich der überzeugenden und sorgfältig begründeten Einschätzung von Prof. Dr. W. und Dr. S. an. Die pauschale Annahme des Psychiaters Dr. He., der Kläger könne keine Arbeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten, überzeugt nicht, zumal sie sich im Wesentlichen auf die Beschwerdeschilderungen und die Klagsamkeit des Patienten stützt, ohne diese wirklich kritisch zu hinterfragen.

2. Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 des RV-Altergrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, 554) auch Versicherte, die vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Bisheriger Beruf ist in der Regel die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, wenn sie die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (vgl. eingehend Bundessozialgericht - BSG - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Bisheriger Beruf des Klägers war danach die Beschäftigung als Sanitärhelfers, die er ohne eine förmliche Berufsausbildung ausübte. Zwar kann er diese Tätigkeiten mit seinen gesundheitlichen Einschränkungen nicht mehr verrichten, denn für den Sanitärhelfer sind schwerere Arbeiten ohne die Möglichkeit der Zuhilfenahme von Hilfsmitteln, auch Arbeiten in Zwangshaltungen, geradezu typisch. Der Beruf des Sanitärhelfers setzt jedoch gerade keine abgeschlossene Ausbildung wie etwa diejenige zum Sanitärinstallateur voraus. Es handelt sich vielmehr um eine Tätigkeit als angelernter Arbeiter des unteren Bereichs, sodass der Kläger sich auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen muss und die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit nicht erforderlich war. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Hierzu hat die Rechtsprechung (vgl. nochmals BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45; SozR 3-2600 § 43 Nr. 26) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt, die vorrangig ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden sind. Entsprechend diesem "Mehrstufenschema" werden die Arbeiterberufe durch die Gruppen mit den Leitberufen des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion oder des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Die Einordnung eines Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt freilich nicht ausschließlich nach der Dauer der förmlichen Berufsausbildung, ausschlaggebend ist vielmehr die Qualität der verrichteten Arbeit, also der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R -). Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt kann der Kläger aber, wie dargelegt, leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch im Umfang von sechs Stunden täglich verrichten.

Die Berufung war hiernach zurückzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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