Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 2006/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 4222/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28.07.2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger erstrebt wegen der Folgen eines am 05.04.2004 erlittenen Arbeitsunfalles die Gewährung von Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um mehr als die ihm von der Beklagten ab dem 28.07.2004 zuerkannten 20 v. H.
Eigenen Angaben zufolge brach der im Jahre 1947 geborene Kläger am 05.04.2004 im Rahmen seiner bei der Beklagten versicherten Tätigkeit durch den Boden eines Abstellraumes und stürzte drei Meter in die Tiefe. Am 06.04.2004 stellte er sich im Kreiskrankenhaus S. vor, wo ein Druckschmerz über dem linken Oberarm und eine schmerzhaft eingeschränkte Motorik der linken Schulter sowie rechtsseitig ein Druckschmerz und Hämatom über dem proximalen Oberarm und eine freie Beweglichkeit erhoben wurde; röntgenologisch fand sich kein Anhalt für eine frische knöcherne Verletzung. Neben der Diagnose einer Thorax- und Beckenprellung wurde daraufhin der Verdacht auf eine Rotatorenmanschettenruptur links geäußert, der sich später bestätigte. In der Folgezeit befand sich der Kläger im Wesentlichen bei dem Orthopäden Dr. M. sowie in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. in ärztlicher Behandlung. Ab Mai 2004 sind Angaben des Klägers und ärztliche Befunde in Bezug auf Schmerzen und eine endgradige Bewegungseinschränkung auch an der rechten Schulter aktenkundig, was im Entlassungsbericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. vom 26.07.2004 sowie im Ersten Rentengutachten von Prof. Dr. W. vom 18.10.2004 zu der Diagnose einer undislozierten Tuberculum-majus-Fraktur rechts führte.
Unter Zugrundelegung des Gutachtens von Prof. Dr. W. erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 22.11.2004 eine Bewegungseinschränkung der linken Schulter, eine Einschränkung beim Schürzen- und Nackengriff links, eine Minderung des linken Ober- und Unterarms, eine endgradige Bewegungseinschränkung der Schulter rechts sowie eine Narbenbildung als Folgen des Arbeitsunfalles vom 05.04.2004 an und gewährte dem Kläger für die Zeit vom 28.07.2004 bis zum 31.05.2005 Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 v. H. Nicht als Folgen des Arbeitsunfalles anerkannt wurden eine beginnende Omarthrose beidseits, Verknöcherungen des Schulterdachbandes beidseits sowie eine Coxarthrose rechts mehr als links. Im Verlaufe des nachfolgenden Widerspruchsverfahrens verspürte der Kläger, wiederum nach seinen eigenen Angaben, am 21.12.2004 im Rahmen seiner bei der Beklagten versicherten Tätigkeit beim Abnehmen einer Getränkekiste ein "Schnalzen" in der rechten Schulter mit nachfolgender Zunahme der Beschwerden. Am 11.01.2005 suchte er daraufhin Dr. M. auf, der die am 21.01.2005 von Dr. R. durchgeführte Kernspintomographie der rechten Schulter veranlasste, die eine Supraspinatussehnenruptur sowie eine Ruptur der langen Bizepssehne mit Teilabriss des vorderen Labrums jeweils rechts erbrachte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2005 wies die Beklagte den Widerspruch unter Bezugnahme auf die eingeholte Stellungnahme des Unfallchirurgen Dr. Ho. vom 26.01.2005 zurück.
Am 04.02.2005 erhob der Kläger beim Sozialgericht Mannheim Klage. Im Verlaufe des Klageverfahrens legte die Beklagte das von ihr eingeholte Gutachten des Unfallchirurgen Dr. S. vom 24.06.2005 mit ergänzender Stellungnahme vom 02.08.2005 (Unfallfolgen linke Schulter MdE 20 v. H.; mit Wahrscheinlichkeit keine Tuberculum-majus-Fraktur rechts; Beurteilung der Kausalität zwischen Unfall vom 05.04.2004 und Rotatorenmanschettenruptur rechts nach Aktenlage unwahrscheinlich, jedoch abhängig von Würdigung der Angaben des Klägers; bei Bejahung der Kausalität insoweit MdE 20 v. H.) vor. Das Sozialgericht holte das fachorthopädische Gutachten von Prof. Dr. L. vom 12.12.2005 (MdE 30 v. H. bis zum 20.05.2004, 20 v. H. bis zum 05.10.2004, 10 v. H. seit dem 06.10.2004; Befund einer Tuberculum-majus-Fraktur rechts nicht nachvollziehbar; mit Wahrscheinlichkeit unfallbedingt nur Prellung der rechten Schulter)
Mit Bescheid vom 02.03.2006 stellte die Beklagte daraufhin gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) die Rechtswidrigkeit der Anerkennung der endgradigen Bewegungseinschränkung der rechten Schulter als Unfallfolge fest (Einfrieren der Leistungshöhe).
Das Sozialgericht holte die schriftliche sachverständige Zeugenaussage von Dr. M. vom 13.04.2006 (MdE linke Schulter 20 v. H., Gesamt-MdE bei Anerkennung auch der Beschwerden an der rechten Schulter als Unfallfolgen zwischen 20 und 30 v. H ...; Anerkennung von Unfallfolgen rechts allerdings abhängig von Würdigung der Aktenlage bzw. verschiedener Gesichtspunkte) ein. Die Beklagte legte darüber hinaus die von ihr eingeholten Gutachten des Unfallchirurgen Prof. Dr. H. vom 08.01.2007 (MdE linke Schulter 25 v. H.; Funktionsbeeinträchtigungen rechte Schulter unfallunabhängig) und vom 07.03.2007 (MdE linke Schulter 20 v. H.; Diagnose einer Tuberculum-majus-Fraktur rechts nicht nachzuvollziehen; bei Vorliegen einer Rotatorenmanschettenruptur rechts Beschreibung der rechten Schulter am 06.04.2004 als lediglich hämatomverfärbt und frei beweglich völlig unverständlich, allerdings Kausalzusammenhang abhängig von Würdigung der Angaben des Klägers; bei Bejahung der Kausalität insoweit MdE 20 v. H.) vor.
Mit Bescheid vom 01.03.2007 erkannte die Beklagte als Folgen des Arbeitsunfalles vom 05.04.2004 eine Bewegungseinschränkung der linken Schulter, eine Minderbelastbarkeit der linken Schulter und des linken Armes sowie eine Narbenbildung an und gewährte dem Kläger ab dem 01.06.2005 Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 v. H. Nicht als Folgen des Arbeitsunfalles anerkannt wurden eine beginnende Omarthrose beidseits, Verknöcherungen des Schulterdachbandes beidseits, eine komplette Ruptur der Supraspinatussehne der rechten Schulter, ein Impingementsyndrom der rechten Schulter sowie eine Coxarthrose rechts mehr als links. Mit weiterem Bescheid vom 02.04.2007 gewährte die Beklagte dem Kläger unter Berücksichtigung der im Bescheid vom 01.03.2007 anerkannten Unfallfolgen anstelle der bisherigen Rente als vorläufige Entschädigung eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um 20 v. H. Unabhängig von dem Arbeitsunfall lägen eine beginnende Omarthrose beidseits, Verknöcherungen des Schulterdachbandes beidseits, eine komplette Ruptur der Supraspinatussehne der rechten Schulter, ein Impingementsyndrom der rechten Schulter sowie eine Coxarthrose beidseits vor.
Nach Wiederanrufung des zwischenzeitlich ruhenden Verfahrens holte das Sozialgericht das fachorthopädische Gutachten von Dr. P. vom 09.10.2007 (MdE vom 28.07.2004 bis zum 05.10.2004 20 v. H., vom 06.10.2004 bis zum 22.10.2006 10 v. H. sowie seit dem 23.10.2006 20 v. H.; keine Tuberculum-majus-Fraktur rechts; mit Wahrscheinlichkeit unfallbedingt nur Prellung der rechten Schulter) sowie auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Unfallchirurgen und Orthopäden Dr. K. vom 11.02.2009 (MdE vom 28.07.2004 bis zum 05.10.2004 20 v. H., vom 06.10.2004 bis zum 24.06 ...2005 10 v. H. sowie seit dem 25.06 ...2005 20 v. H.; Befund einer Tuberculum-majus-Fraktur rechts nicht nachvollziehbar; Kausalität zwischen Unfall vom 05.04.2004 und der Supraspinatussehnenruptur nicht wahrscheinlich) ein.
Schließlich legte der Kläger die an seine Prozessbevollmächtigten gerichtete gutachterliche Äußerung und Stellungnahme von Dr. M. vom 23.03.2009 (Tuberculum-majus-Fraktur rechts nicht sicher nachweisbar, aber eindeutig zu vermuten; bei Vorliegen einer solchen Fraktur und anhaltenden Beschwerden von begleitender Läsion, z.B. Rotatorenmanschettenruptur, auszugehen).
Mit Urteil vom 28.07.2009 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung ist ausgeführt, der Kläger habe wegen der Folgen des Unfallereignisses vom 05.04.2004 keinen Anspruch auf Rente nach einer MdE um mehr als 20 v. H. Die Folgen des weiteren Unfalls vom 21.12.2004 mit Beteiligung der rechten Schulter seien nicht Streitgegenstand des Verfahrens. Hinsichtlich der Bemessung der MdE für die rechte (gemeint: linke) Schulter bestehe zwischen den Beteiligten kein Streit. Mit Blick auf die rechte Schulter heißt es unter Bezugnahme auf die vom Beklagten und vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachten, eine Verursachung der Rotatorenmanschettenruptur durch das Unfallereignis lasse sich nicht hinreichend wahrscheinlich machen. Insbesondere seien nämlich unmittelbar nach dem Unfall sowie in den Folgewochen keine Befunde gesichert worden, die für einen unfallbedingten Riss oder Teilriss der Supraspinatussehne sprächen. Diese Entscheidung wurde dem Kläger am 18.08.2009 zugestellt.
Am 14.09.2009 hat der Kläger Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, die bei ihm vorliegende Rotatorenmanschettenruptur rechts sei durch den Unfall vom 05.04.2004 hervorgerufen worden. Dies ergebe sich aus dem nach dem Unfallereignis an der rechten Schulter aufgetretenen Hämatom sowie den dort bestehenden Schmerzen und der sowohl von Prof. Dr. W. als auch von Dr. M. als Folge des Unfalles angenommenen Tuberculum-majus-Fraktur rechts. Zur Ergänzung seines Vorbringens hat er das von der Beklagten nach einem am 04.05.2009 erlittenen weiteren Unfall mit Beteiligung der linken Schulter zur Bewertung der MdE eingeholte Gutachten des Ärztlichen Direktors der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L., Prof. Dr. G., vom 30.06.2010 (an der rechten Schulter keine objektivierbaren Folgen des Unfalles vom 04.05.2009; an der linken Schulter keine über die bereits mit einer MdE um 20 v. H. berücksichtigte Vorschädigung hinausgehende MdE infolge des Unfalles vom 04.05.2009) nebst Zusatzgutachten des Neurologen und Psychiaters B. vom 18.06.2010 (fachneurologisch und psychiatrisch keine krankheitswertigen Befunde) vorgelegt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28.07.2009 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 22.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2005 sowie der Bescheide vom 02.03.2006, vom 01.03.2007 und vom 02.04.2007 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 05.04.2004 Verletztenrente nach einer MdE um mehr als 20 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Mannheim sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 SGG). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angegriffenen Bescheide verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn er hat keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente nach einer MdE um mehr als 20 v. H. wegen der Folgen des von ihm am 05.04.2004 erlittenen Arbeitsunfalles.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die Art und das Ausmaß des Unfallereignisses, der Gesundheitsschaden und die als Unfallfolge geltend gemachten länger dauernden Gesundheitsstörungen erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985 - 2 RU 43/84 - SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999 - B 2 U 47/98 R - SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001 - B 2 U 16/00 R - SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988 - 2/9b RU 28/87 - SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991 - 2 RU 31/90 - SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperli¬chen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermö¬gens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust un¬ter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäuße¬rungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit aus¬wirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unent¬behrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich dar¬auf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletz¬ten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswir¬kungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtli¬chen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
In Anwendung dieser Grundsätze steht dem Kläger wegen der Folgen des Unfalles vom 05.04.2004 kein Anspruch auf Verletztenrente nach einer MdE um mehr als 20 v. H. zu.
Zum einen sind die an der linken Schulter des Klägers bestehenden Unfallfolgen bezogen auf die Zeit ab der Gewährung von Verletztenrente am 28.07.2004 mit einer MdE um 20 v. H. jedenfalls nicht zum Nachteil des Klägers fehlerhaft bewertet. Das Gericht folgt dabei der schlüssigen Einschätzung sämtlicher mit der Beurteilung der Verletzung des Klägers befasster Sachverständiger (vgl. hierzu das Erste Rentengutachten von Prof. Dr. W. vom 18.10.2004, das vom Beklagten eingeholte Gutachten von Dr. S. vom 24.06.2005, das vom Sozialgericht eingeholte Gutachten von Prof. Dr. L. vom 12.12.2005, das von der Beklagten eingeholte Gutachten von Prof. Dr. H. vom 07.03.2007, das vom Sozialgericht eingeholte Gutachten von Dr. P. vom 09.10.2007, das vom Sozialgericht auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG eingeholte Gutachten von Dr. K. vom 11.02.2009 und das Gutachten von Prof. Dr. G. vom 30.06.2010). Soweit Prof. Dr. H. im von der Beklagten eingeholten Gutachten vom 08.01.2007 zunächst eine MdE um 25 v. H. vorgeschlagen hatte, hat er diese Einschätzung in seinem bereits angeführten weiteren Gutachten vom 07.03.2007 berichtigt. Die Bewertung der linksseitigen Unfallfolgen ist zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit.
Zum anderen vermögen die Folgen der erstmals am 21.01.2005 - mithin mehr als neun Monate nach dem angeschuldigten Ereignis und zudem auch zeitlich nach dem weiteren Unfall vom 21.12.2004 mit Beteiligung der rechten Schulter - von Dr. R. kernspintomographisch diagnostizierten Supraspinatussehnenruptur rechts nicht zu einer Erhöhung der MdE zu führen. Denn die genannte Verletzung ist nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf den hier in Rede stehenden Unfall zurückzuführen. Dies hat das Sozialgericht im angegriffenen Urteil vom 28.07.2009 ausführlich und zutreffend dargelegt; hierauf wird verwiesen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Ergänzend ist Folgendes auszuführen:
Einem überwiegend wahrscheinlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall vom 05.04.2004 und der Supraspinatussehnenruptur rechts steht nach der überzeugenden Einschätzung der Sachverständigen Dr. S., Prof. Dr. L., Dr. P. und Dr. K. insbesondere entgegen, dass am Tag nach dem Unfall keine funktionelle Beeinträchtigung, sondern vielmehr eine freie Beweglichkeit der rechten Schulter dokumentiert ist (vgl. den handschriftlichen Arztbericht des Unfallchirurgen Dr. B. [Kreiskrankenhaus S.] vom 06.04.2004 und den Durchgangsarztbericht von Dr. R. [Kreiskrankenhaus S.] vom 06.04.2004) und ärztlicherseits auch danach bis zum 21.09.2004 (vgl. den Zwischenbericht von Dr. M. vom 15.06.2004, den Entlassungsbericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. vom 26.07.2004 sowie das Erste Rentengutachten von Prof. Dr. W. vom 18.10.2004) durchgängig keine erheblich auffälligen Bewegungsmaße des rechten Schultergelenks festgestellt wurden. Die Behauptung des Klägers, er habe nach dem Sturz vom 05.04.2004 beide Arme und Schultern nicht bewegen können, ist angesichts der sowohl im Kreiskrankenhaus S. als auch von Dr. M. und in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. dokumentierten Befunde offensichtlich unwahr. Die vom Kläger angegebenen Schmerzen stehen den genannten Befunden nicht entgegen, nachdem Dr. M. am 15.06.2004 auch unter Berücksichtigung von Schmerzen eine freie Beweglichkeit der rechten Schulter erhoben hat. Soweit Prof. Dr. H. im von der Beklagten eingeholten Gutachten vom 07.03.2007 die Kausalität letztlich offen gelassen hat, beruht dies auf der zutreffenden Erwägung, dass die Frage, ob die Aussagen des Klägers hinsichtlich seiner Beschwerdesymptomatik nach dem Unfall vom 05.04.2004 über die dokumentierte Aktenlage zu stellen ist, der Entscheidung des Gerichts obliegt. Im Übrigen hat er im Ergebnis ebenso wie die bereits genannten Sachverständigen darauf hingewiesen, dass bei Vorliegen einer Rotatorenmanschettenruptur der rechten Schulter eine am 06.04.2004 erfolgte Beschreibung derselben als lediglich hämatomverfärbt und frei beweglich "völlig unverständlich" ist.
Die Frage, ob eine von Prof. Dr. W. (vgl. den Entlassungsbericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. vom 26.07.2004 sowie das Erste Rentengutachten vom 18.10.2004) und dem behandelnden Orthopäden Dr. M. (vgl. den Zwischenbericht vom 11.01.2005) diagnostizierte undislozierte Tuberculum-majus-Fraktur rechts proximal, für die der Letztgenannte nach Einsichtnahme in die von der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. gefertigten Röntgenaufnahmen nur noch einen Hinweis fand (vgl. die an den Kläger gerichtete gutachterliche Äußerung und Stellungnahme vom 23.03.2009), während Dr. S. (vgl. die ergänzende Stellungnahme an die Beklagte vom 02.08.2005), Prof. Dr. L. (vgl. das vom Sozialgericht eingeholte Gutachten vom 12.12.2005), Prof. Dr. H. (vgl. das von der Beklagten eingeholte Gutachten vom 07.03.2007), Dr. P. (vgl. das vom Sozialgericht eingeholte Gutachten vom 09.10.2007) und Dr. K. (vgl. das vom Sozialgericht auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG eingeholte Gutachten vom 11.02.2009) aber selbst einen solchen Hinweis nicht zu finden vermochten, vorlag, kann offen bleiben. Denn angesichts der oben gemachten Ausführungen zur Beweglichkeit des rechten Schultergelenks nach dem Unfall bestünde auch bei Vorliegen einer solchen - zwischenzeitlich verheilten - Fraktur keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine am 05.04.2004 erlittene Rotatorenmanschettenruptur.
Anlass für weitere Ermittlungen insbesondere zur Frage des Vorliegens einer Tuberculum-majus-Fraktur rechts und zu der Behauptung, der Kläger habe nach dem Sturz vom 05.04.2004 beide Arme und Schultern nicht bewegen können, besteht nach alledem nicht. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger erstrebt wegen der Folgen eines am 05.04.2004 erlittenen Arbeitsunfalles die Gewährung von Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um mehr als die ihm von der Beklagten ab dem 28.07.2004 zuerkannten 20 v. H.
Eigenen Angaben zufolge brach der im Jahre 1947 geborene Kläger am 05.04.2004 im Rahmen seiner bei der Beklagten versicherten Tätigkeit durch den Boden eines Abstellraumes und stürzte drei Meter in die Tiefe. Am 06.04.2004 stellte er sich im Kreiskrankenhaus S. vor, wo ein Druckschmerz über dem linken Oberarm und eine schmerzhaft eingeschränkte Motorik der linken Schulter sowie rechtsseitig ein Druckschmerz und Hämatom über dem proximalen Oberarm und eine freie Beweglichkeit erhoben wurde; röntgenologisch fand sich kein Anhalt für eine frische knöcherne Verletzung. Neben der Diagnose einer Thorax- und Beckenprellung wurde daraufhin der Verdacht auf eine Rotatorenmanschettenruptur links geäußert, der sich später bestätigte. In der Folgezeit befand sich der Kläger im Wesentlichen bei dem Orthopäden Dr. M. sowie in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. in ärztlicher Behandlung. Ab Mai 2004 sind Angaben des Klägers und ärztliche Befunde in Bezug auf Schmerzen und eine endgradige Bewegungseinschränkung auch an der rechten Schulter aktenkundig, was im Entlassungsbericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. vom 26.07.2004 sowie im Ersten Rentengutachten von Prof. Dr. W. vom 18.10.2004 zu der Diagnose einer undislozierten Tuberculum-majus-Fraktur rechts führte.
Unter Zugrundelegung des Gutachtens von Prof. Dr. W. erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 22.11.2004 eine Bewegungseinschränkung der linken Schulter, eine Einschränkung beim Schürzen- und Nackengriff links, eine Minderung des linken Ober- und Unterarms, eine endgradige Bewegungseinschränkung der Schulter rechts sowie eine Narbenbildung als Folgen des Arbeitsunfalles vom 05.04.2004 an und gewährte dem Kläger für die Zeit vom 28.07.2004 bis zum 31.05.2005 Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 v. H. Nicht als Folgen des Arbeitsunfalles anerkannt wurden eine beginnende Omarthrose beidseits, Verknöcherungen des Schulterdachbandes beidseits sowie eine Coxarthrose rechts mehr als links. Im Verlaufe des nachfolgenden Widerspruchsverfahrens verspürte der Kläger, wiederum nach seinen eigenen Angaben, am 21.12.2004 im Rahmen seiner bei der Beklagten versicherten Tätigkeit beim Abnehmen einer Getränkekiste ein "Schnalzen" in der rechten Schulter mit nachfolgender Zunahme der Beschwerden. Am 11.01.2005 suchte er daraufhin Dr. M. auf, der die am 21.01.2005 von Dr. R. durchgeführte Kernspintomographie der rechten Schulter veranlasste, die eine Supraspinatussehnenruptur sowie eine Ruptur der langen Bizepssehne mit Teilabriss des vorderen Labrums jeweils rechts erbrachte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2005 wies die Beklagte den Widerspruch unter Bezugnahme auf die eingeholte Stellungnahme des Unfallchirurgen Dr. Ho. vom 26.01.2005 zurück.
Am 04.02.2005 erhob der Kläger beim Sozialgericht Mannheim Klage. Im Verlaufe des Klageverfahrens legte die Beklagte das von ihr eingeholte Gutachten des Unfallchirurgen Dr. S. vom 24.06.2005 mit ergänzender Stellungnahme vom 02.08.2005 (Unfallfolgen linke Schulter MdE 20 v. H.; mit Wahrscheinlichkeit keine Tuberculum-majus-Fraktur rechts; Beurteilung der Kausalität zwischen Unfall vom 05.04.2004 und Rotatorenmanschettenruptur rechts nach Aktenlage unwahrscheinlich, jedoch abhängig von Würdigung der Angaben des Klägers; bei Bejahung der Kausalität insoweit MdE 20 v. H.) vor. Das Sozialgericht holte das fachorthopädische Gutachten von Prof. Dr. L. vom 12.12.2005 (MdE 30 v. H. bis zum 20.05.2004, 20 v. H. bis zum 05.10.2004, 10 v. H. seit dem 06.10.2004; Befund einer Tuberculum-majus-Fraktur rechts nicht nachvollziehbar; mit Wahrscheinlichkeit unfallbedingt nur Prellung der rechten Schulter)
Mit Bescheid vom 02.03.2006 stellte die Beklagte daraufhin gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) die Rechtswidrigkeit der Anerkennung der endgradigen Bewegungseinschränkung der rechten Schulter als Unfallfolge fest (Einfrieren der Leistungshöhe).
Das Sozialgericht holte die schriftliche sachverständige Zeugenaussage von Dr. M. vom 13.04.2006 (MdE linke Schulter 20 v. H., Gesamt-MdE bei Anerkennung auch der Beschwerden an der rechten Schulter als Unfallfolgen zwischen 20 und 30 v. H ...; Anerkennung von Unfallfolgen rechts allerdings abhängig von Würdigung der Aktenlage bzw. verschiedener Gesichtspunkte) ein. Die Beklagte legte darüber hinaus die von ihr eingeholten Gutachten des Unfallchirurgen Prof. Dr. H. vom 08.01.2007 (MdE linke Schulter 25 v. H.; Funktionsbeeinträchtigungen rechte Schulter unfallunabhängig) und vom 07.03.2007 (MdE linke Schulter 20 v. H.; Diagnose einer Tuberculum-majus-Fraktur rechts nicht nachzuvollziehen; bei Vorliegen einer Rotatorenmanschettenruptur rechts Beschreibung der rechten Schulter am 06.04.2004 als lediglich hämatomverfärbt und frei beweglich völlig unverständlich, allerdings Kausalzusammenhang abhängig von Würdigung der Angaben des Klägers; bei Bejahung der Kausalität insoweit MdE 20 v. H.) vor.
Mit Bescheid vom 01.03.2007 erkannte die Beklagte als Folgen des Arbeitsunfalles vom 05.04.2004 eine Bewegungseinschränkung der linken Schulter, eine Minderbelastbarkeit der linken Schulter und des linken Armes sowie eine Narbenbildung an und gewährte dem Kläger ab dem 01.06.2005 Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 v. H. Nicht als Folgen des Arbeitsunfalles anerkannt wurden eine beginnende Omarthrose beidseits, Verknöcherungen des Schulterdachbandes beidseits, eine komplette Ruptur der Supraspinatussehne der rechten Schulter, ein Impingementsyndrom der rechten Schulter sowie eine Coxarthrose rechts mehr als links. Mit weiterem Bescheid vom 02.04.2007 gewährte die Beklagte dem Kläger unter Berücksichtigung der im Bescheid vom 01.03.2007 anerkannten Unfallfolgen anstelle der bisherigen Rente als vorläufige Entschädigung eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um 20 v. H. Unabhängig von dem Arbeitsunfall lägen eine beginnende Omarthrose beidseits, Verknöcherungen des Schulterdachbandes beidseits, eine komplette Ruptur der Supraspinatussehne der rechten Schulter, ein Impingementsyndrom der rechten Schulter sowie eine Coxarthrose beidseits vor.
Nach Wiederanrufung des zwischenzeitlich ruhenden Verfahrens holte das Sozialgericht das fachorthopädische Gutachten von Dr. P. vom 09.10.2007 (MdE vom 28.07.2004 bis zum 05.10.2004 20 v. H., vom 06.10.2004 bis zum 22.10.2006 10 v. H. sowie seit dem 23.10.2006 20 v. H.; keine Tuberculum-majus-Fraktur rechts; mit Wahrscheinlichkeit unfallbedingt nur Prellung der rechten Schulter) sowie auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Unfallchirurgen und Orthopäden Dr. K. vom 11.02.2009 (MdE vom 28.07.2004 bis zum 05.10.2004 20 v. H., vom 06.10.2004 bis zum 24.06 ...2005 10 v. H. sowie seit dem 25.06 ...2005 20 v. H.; Befund einer Tuberculum-majus-Fraktur rechts nicht nachvollziehbar; Kausalität zwischen Unfall vom 05.04.2004 und der Supraspinatussehnenruptur nicht wahrscheinlich) ein.
Schließlich legte der Kläger die an seine Prozessbevollmächtigten gerichtete gutachterliche Äußerung und Stellungnahme von Dr. M. vom 23.03.2009 (Tuberculum-majus-Fraktur rechts nicht sicher nachweisbar, aber eindeutig zu vermuten; bei Vorliegen einer solchen Fraktur und anhaltenden Beschwerden von begleitender Läsion, z.B. Rotatorenmanschettenruptur, auszugehen).
Mit Urteil vom 28.07.2009 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung ist ausgeführt, der Kläger habe wegen der Folgen des Unfallereignisses vom 05.04.2004 keinen Anspruch auf Rente nach einer MdE um mehr als 20 v. H. Die Folgen des weiteren Unfalls vom 21.12.2004 mit Beteiligung der rechten Schulter seien nicht Streitgegenstand des Verfahrens. Hinsichtlich der Bemessung der MdE für die rechte (gemeint: linke) Schulter bestehe zwischen den Beteiligten kein Streit. Mit Blick auf die rechte Schulter heißt es unter Bezugnahme auf die vom Beklagten und vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachten, eine Verursachung der Rotatorenmanschettenruptur durch das Unfallereignis lasse sich nicht hinreichend wahrscheinlich machen. Insbesondere seien nämlich unmittelbar nach dem Unfall sowie in den Folgewochen keine Befunde gesichert worden, die für einen unfallbedingten Riss oder Teilriss der Supraspinatussehne sprächen. Diese Entscheidung wurde dem Kläger am 18.08.2009 zugestellt.
Am 14.09.2009 hat der Kläger Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, die bei ihm vorliegende Rotatorenmanschettenruptur rechts sei durch den Unfall vom 05.04.2004 hervorgerufen worden. Dies ergebe sich aus dem nach dem Unfallereignis an der rechten Schulter aufgetretenen Hämatom sowie den dort bestehenden Schmerzen und der sowohl von Prof. Dr. W. als auch von Dr. M. als Folge des Unfalles angenommenen Tuberculum-majus-Fraktur rechts. Zur Ergänzung seines Vorbringens hat er das von der Beklagten nach einem am 04.05.2009 erlittenen weiteren Unfall mit Beteiligung der linken Schulter zur Bewertung der MdE eingeholte Gutachten des Ärztlichen Direktors der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L., Prof. Dr. G., vom 30.06.2010 (an der rechten Schulter keine objektivierbaren Folgen des Unfalles vom 04.05.2009; an der linken Schulter keine über die bereits mit einer MdE um 20 v. H. berücksichtigte Vorschädigung hinausgehende MdE infolge des Unfalles vom 04.05.2009) nebst Zusatzgutachten des Neurologen und Psychiaters B. vom 18.06.2010 (fachneurologisch und psychiatrisch keine krankheitswertigen Befunde) vorgelegt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28.07.2009 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 22.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2005 sowie der Bescheide vom 02.03.2006, vom 01.03.2007 und vom 02.04.2007 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 05.04.2004 Verletztenrente nach einer MdE um mehr als 20 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Mannheim sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 SGG). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angegriffenen Bescheide verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn er hat keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente nach einer MdE um mehr als 20 v. H. wegen der Folgen des von ihm am 05.04.2004 erlittenen Arbeitsunfalles.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die Art und das Ausmaß des Unfallereignisses, der Gesundheitsschaden und die als Unfallfolge geltend gemachten länger dauernden Gesundheitsstörungen erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985 - 2 RU 43/84 - SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999 - B 2 U 47/98 R - SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001 - B 2 U 16/00 R - SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988 - 2/9b RU 28/87 - SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991 - 2 RU 31/90 - SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperli¬chen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermö¬gens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust un¬ter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäuße¬rungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit aus¬wirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unent¬behrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich dar¬auf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletz¬ten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswir¬kungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtli¬chen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
In Anwendung dieser Grundsätze steht dem Kläger wegen der Folgen des Unfalles vom 05.04.2004 kein Anspruch auf Verletztenrente nach einer MdE um mehr als 20 v. H. zu.
Zum einen sind die an der linken Schulter des Klägers bestehenden Unfallfolgen bezogen auf die Zeit ab der Gewährung von Verletztenrente am 28.07.2004 mit einer MdE um 20 v. H. jedenfalls nicht zum Nachteil des Klägers fehlerhaft bewertet. Das Gericht folgt dabei der schlüssigen Einschätzung sämtlicher mit der Beurteilung der Verletzung des Klägers befasster Sachverständiger (vgl. hierzu das Erste Rentengutachten von Prof. Dr. W. vom 18.10.2004, das vom Beklagten eingeholte Gutachten von Dr. S. vom 24.06.2005, das vom Sozialgericht eingeholte Gutachten von Prof. Dr. L. vom 12.12.2005, das von der Beklagten eingeholte Gutachten von Prof. Dr. H. vom 07.03.2007, das vom Sozialgericht eingeholte Gutachten von Dr. P. vom 09.10.2007, das vom Sozialgericht auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG eingeholte Gutachten von Dr. K. vom 11.02.2009 und das Gutachten von Prof. Dr. G. vom 30.06.2010). Soweit Prof. Dr. H. im von der Beklagten eingeholten Gutachten vom 08.01.2007 zunächst eine MdE um 25 v. H. vorgeschlagen hatte, hat er diese Einschätzung in seinem bereits angeführten weiteren Gutachten vom 07.03.2007 berichtigt. Die Bewertung der linksseitigen Unfallfolgen ist zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit.
Zum anderen vermögen die Folgen der erstmals am 21.01.2005 - mithin mehr als neun Monate nach dem angeschuldigten Ereignis und zudem auch zeitlich nach dem weiteren Unfall vom 21.12.2004 mit Beteiligung der rechten Schulter - von Dr. R. kernspintomographisch diagnostizierten Supraspinatussehnenruptur rechts nicht zu einer Erhöhung der MdE zu führen. Denn die genannte Verletzung ist nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf den hier in Rede stehenden Unfall zurückzuführen. Dies hat das Sozialgericht im angegriffenen Urteil vom 28.07.2009 ausführlich und zutreffend dargelegt; hierauf wird verwiesen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Ergänzend ist Folgendes auszuführen:
Einem überwiegend wahrscheinlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall vom 05.04.2004 und der Supraspinatussehnenruptur rechts steht nach der überzeugenden Einschätzung der Sachverständigen Dr. S., Prof. Dr. L., Dr. P. und Dr. K. insbesondere entgegen, dass am Tag nach dem Unfall keine funktionelle Beeinträchtigung, sondern vielmehr eine freie Beweglichkeit der rechten Schulter dokumentiert ist (vgl. den handschriftlichen Arztbericht des Unfallchirurgen Dr. B. [Kreiskrankenhaus S.] vom 06.04.2004 und den Durchgangsarztbericht von Dr. R. [Kreiskrankenhaus S.] vom 06.04.2004) und ärztlicherseits auch danach bis zum 21.09.2004 (vgl. den Zwischenbericht von Dr. M. vom 15.06.2004, den Entlassungsbericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. vom 26.07.2004 sowie das Erste Rentengutachten von Prof. Dr. W. vom 18.10.2004) durchgängig keine erheblich auffälligen Bewegungsmaße des rechten Schultergelenks festgestellt wurden. Die Behauptung des Klägers, er habe nach dem Sturz vom 05.04.2004 beide Arme und Schultern nicht bewegen können, ist angesichts der sowohl im Kreiskrankenhaus S. als auch von Dr. M. und in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. dokumentierten Befunde offensichtlich unwahr. Die vom Kläger angegebenen Schmerzen stehen den genannten Befunden nicht entgegen, nachdem Dr. M. am 15.06.2004 auch unter Berücksichtigung von Schmerzen eine freie Beweglichkeit der rechten Schulter erhoben hat. Soweit Prof. Dr. H. im von der Beklagten eingeholten Gutachten vom 07.03.2007 die Kausalität letztlich offen gelassen hat, beruht dies auf der zutreffenden Erwägung, dass die Frage, ob die Aussagen des Klägers hinsichtlich seiner Beschwerdesymptomatik nach dem Unfall vom 05.04.2004 über die dokumentierte Aktenlage zu stellen ist, der Entscheidung des Gerichts obliegt. Im Übrigen hat er im Ergebnis ebenso wie die bereits genannten Sachverständigen darauf hingewiesen, dass bei Vorliegen einer Rotatorenmanschettenruptur der rechten Schulter eine am 06.04.2004 erfolgte Beschreibung derselben als lediglich hämatomverfärbt und frei beweglich "völlig unverständlich" ist.
Die Frage, ob eine von Prof. Dr. W. (vgl. den Entlassungsbericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. vom 26.07.2004 sowie das Erste Rentengutachten vom 18.10.2004) und dem behandelnden Orthopäden Dr. M. (vgl. den Zwischenbericht vom 11.01.2005) diagnostizierte undislozierte Tuberculum-majus-Fraktur rechts proximal, für die der Letztgenannte nach Einsichtnahme in die von der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. gefertigten Röntgenaufnahmen nur noch einen Hinweis fand (vgl. die an den Kläger gerichtete gutachterliche Äußerung und Stellungnahme vom 23.03.2009), während Dr. S. (vgl. die ergänzende Stellungnahme an die Beklagte vom 02.08.2005), Prof. Dr. L. (vgl. das vom Sozialgericht eingeholte Gutachten vom 12.12.2005), Prof. Dr. H. (vgl. das von der Beklagten eingeholte Gutachten vom 07.03.2007), Dr. P. (vgl. das vom Sozialgericht eingeholte Gutachten vom 09.10.2007) und Dr. K. (vgl. das vom Sozialgericht auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG eingeholte Gutachten vom 11.02.2009) aber selbst einen solchen Hinweis nicht zu finden vermochten, vorlag, kann offen bleiben. Denn angesichts der oben gemachten Ausführungen zur Beweglichkeit des rechten Schultergelenks nach dem Unfall bestünde auch bei Vorliegen einer solchen - zwischenzeitlich verheilten - Fraktur keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine am 05.04.2004 erlittene Rotatorenmanschettenruptur.
Anlass für weitere Ermittlungen insbesondere zur Frage des Vorliegens einer Tuberculum-majus-Fraktur rechts und zu der Behauptung, der Kläger habe nach dem Sturz vom 05.04.2004 beide Arme und Schultern nicht bewegen können, besteht nach alledem nicht. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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