Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 8 U 4205/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 336/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 01.10.2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 1302 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) streitig.
Der am 1953 geborene Kläger absolvierte von 1969 bis 1973 eine Lehre zum Kfz-Mechaniker und war anschließend - unterbrochen durch eine Tätigkeit als Lkw-Fahrer von 1974 bis 1978 und Ableistung seines Wehrdienstes - bis 1993 in verschiedenen Autohäusern als Kfz-Mechaniker beschäftigt. Seither übt der Kläger keine berufliche Tätigkeit mehr aus. Seit August 1996 bezieht er Rente wegen Berufsunfähigkeit. Im Rahmen seiner Tätigkeiten als KfZ-Mechaniker war der Kläger neurotoxischen Lösungsmitteln, wie bspw. Benzol und Trichloräthylen ausgesetzt.
Im Zusammenhang mit einer Ende 2003 beantragten Anerkennung seiner Wirbelsäulenerkrankung als BK machte der Kläger u.a. auch eine Nervenschädigung durch Arbeiten mit Reinigungsmittel (u.a. Trichloräthylen, Nitroverdünnung), Kontakt mit Benzin sowie Öl und Frostschutzmittel als BK geltend. Nach den daraufhin von den Technischen Aufsichtsdiensten (TAD) der Beklagten und der Berufsgenossenschaft M. S. (BGMS) eingeholten Stellungnahmen ist davon auszugehen, dass der Kläger von 1969 bis ca. 1991 gegenüber Trichloräthylen exponiert war. Entsprechend der damaligen Gepflogenheiten habe die Exposition insbesondere im Zeitraum von 1969 bis 1973 über mehrere Stunden pro Woche über dem Grenzwert gelegen; danach sei sowohl der zeitliche Umfang als auch die Expositionshöhe deutlich geringer gewesen. Die Beklagte zog von der IKK B.-W. und H. das Vorerkrankungsverzeichnis und von den behandelnden Ärzten des Klägers sowie der Deutschen Rentenversicherung B.-W. medizinische Unterlagen bei. Danach war der Kläger im Hinblick auf ab dem Jahr 1994 gestellte Anträge auf Gewährung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit mehrmals auf Veranlassung der damaligen Landesversicherungsanstalt Baden (LVA) bzw. des Sozialgerichts Freiburg (SG) im Rahmen sich anschließender Klageverfahren untersucht und begutachtet worden (u.a. Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. auf Grund Untersuchung vom 28.09.1994 - Diagnosen: akzentuierte Persönlichkeit mit dependenten und auch narzisstischen Zügen mit Neigung zu neurotisch-depressiven Verstimmungen und funktionellen körperlichen Beschwerden, anamnestisch Panikattacken mit Hyperventilation, chronischer Tranquilizer- Missbrauch, Nikotinabusus; Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Dipl.-Psych. K.-H. auf Grund Untersuchung vom 12.01.1996 - Diagnosen: Persönlichkeitsstörung von vorwiegend depressiv-abhängiger Ausprägung mit Neigung zu neurotisch-depressiv-dysphorischen Verstimmungszuständen und Ausbildung von funktionellen Körperbeschwerden, chronischer Benzodiazepin-Abusus; Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sch.-B. auf Grund Untersuchung vom 08.09.1997 - Diagnosen: Persönlichkeitsstörung mit depressiv-abhängigen Tendenzen und Neigung zu funktionellen Körperbeschwerden, Benzodiazepin-Missbrauch; Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. auf Grund Untersuchung vom 26.07.1999 - Diagnosen: Angst- und Panikstörung bei zwanghafter Persönlichkeit, C2H5OH-Abusus, depressives Syndrom, somatoforme Schmerzstörung; Gutachten des Facharztes für Psychiatrie, Psychotherapie und psychotherapeutischen Medizin Dr. K. auf Grund viertägiger stationärer Begutachtung im März 2001 - Diagnosen: kombinierte Persönlichkeitsstörung mit anankastischen, ängstlich (vermeidenden) und abhängigen Zügen, rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode, schädlicher Gebrauch psychotroper Substanzen; Gutachten des Prof. Dr. Foerster auf Grund Untersuchung vom 06.02.2002 - Diagnose: asthenische Persönlichkeitsstörung).
Die Beklagte veranlasste sodann das arbeitsmedizinische Gutachten des Prof. Dr. T. , Direktor des Instituts und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin des Universitätsklinikums H. , auf Grund Untersuchung des Klägers am 09. und 10.11.2006 und Berücksichtigung des neurologisch-psychiatrischen Zusatzgutachtens der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. S ... Prof. Dr. T. fand im Hinblick auf die in Betracht kommenden Krankheitsbilder keine Hinweise für das Vorliegen einer Nierenerkrankung, einer Polyneuropathie oder einer Lebererkrankung; von einer toxischen Enzephalopathie vermochte er diagnostisch nicht zweifelsfrei auszugehen. Frühere teilweise auffällige Leberbefunde sah er angesichts ihres Verlaufs nicht im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit. Nach Einholung einer Stellungnahme der Gewerbeärztin Grzonka, die die Anerkennung einer BK nach Nr. 1302 der Anlage 1 zur BKV nicht vorschlug, lehnte die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen mit Bescheid vom 07.03.2007 ab, weil eine entsprechende BK nicht vorliege. Der Kläger habe v.a. bei der Teilereinigung Umgang mit Trichloräthylen gehabt, so dass eine Gefährdung im Sinne der BK Nr. 1302 vorgelegen habe. Ein hierdurch induzierter Leber- oder Nierenschaden oder eine toxische Enzephalopathie sei bei ihm jedoch nicht festzustellen. Der dagegen mit der Begründung eingelegte Widerspruch, der mit der "befremdlichen" Art der gutachtlichen Untersuchung - er sei quasi als Musterproband in einem Hörsaal befragt worden - begründet wurde, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13.07.2007).
Am 02.08.2007 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben und im Wesentlichen die Unverwertbarkeit des eingeholten Gutachtens geltend gemacht.
Das SG hat das Gutachten des Facharztes für Arbeits- und Allgemeinmedizin Dr. B. auf Grund Untersuchung des Klägers vom 19.12.2007 unter Mitberücksichtigung des neurologischen und neuropsychologischen Zusatzgutachtens des Prof. Dr. Sch. , Arzt für Neurologie am Zentrum für Geriatrie und Gerontologie im Universitätsklinikum F. , auf Grund Untersuchung vom 12.12.2007 eingeholt. Der Sachverständige hat das Vorliegen einer Nierenerkrankung und einer Polyneuropathie verneint und keine ausreichenden Belege für die Diagnose einer Enzephalopathie gesehen. Einen Zusammenhang zwischen dem beruflichen Umgang mit Trichloräthylen und den früher festgestellten erhöhten Leberwerten hat der Sachverständige verneint. Mit Urteil vom 01.10.2008 hat das SG die Klage gestützt auf das Gutachten des Dr. B. abgewiesen.
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 29.12.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.01.2009 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und die Einholung eines neurologischen Gutachtens für erforderlich erachtet.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 01.10.2008 aufzuheben und unter Aufhebung des Bescheids vom 07.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.07.2007 das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 1302 der Anlage 1 zur BKV festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) das Gutachten des Nervenarztes Dr. B. auf Grund Untersuchung vom 24.06.2009 und Berücksichtigung des Zusatzgutachtens des Dipl.-Psych. K. eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass Schädigungen in Form einer Enzephalopathie oder einer Polyneuropathie typisch für chemische Expositionen im Kfz-Gewerbe seien und diese beim Kläger zweifellos vorlägen. Als Diagnosen führte er im Übrigen eine chemische Überempfindlichkeit, einen Leistungsabfall in Teilbereichen, eine stark verminderte Belastbarkeit, Regulationsstörungen, eine schwere Myopathie und Ataxie nach langjähriger beruflicher Belastung, vor allem mit Lösungsmitteln (Trichloräthylen), aber auch anderen Werk-Stoffen in der Autoindustrie (Benzin, Öle, Reinigungsmittel, Metallstäube, Asbeststäube, Gase), auf.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 153 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 07.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.07.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat beim Kläger die Anerkennung einer BK nach Nr. 1302 der Anlage 1 zur BKV zu Recht abgelehnt. Denn es ist nicht festzustellen, dass der Kläger im Sinne dieser BK an einer Erkrankung durch Halogenkohlenwasserstoffe leidet.
BKen sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung oder mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte in Folge einer den Versicherungsschutz nach den § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 erster Halbsatz SGB VII). Hierzu zählen nach Nr. 1302 der Anlage 1 zur BKV Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Danach ist beim Kläger das Vorliegen einer BK nach Nr. 1302 der Anlage 1 zur BKV nicht festzustellen. Zwar erfüllt der Kläger - wovon die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid angesichts des Ergebnisses der Ermittlungen ihres TAD sowie des TAD der BGMS ausgegangen ist - die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen dieser BK, weil er im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Kfz-Mechaniker im Zeitraum von 1969 bis 1991 Halogenkohlenwasserstoffen - zu denen insbesondere Trichloräthylen gehört - ausgesetzt war. Allerdings ist beim Kläger im Sinne dieser BK keine Erkrankung festzustellen, die durch eine entsprechende Einwirkung verursacht werden kann.
Krankheitsbilder, die durch die Einwirkung von Halogenkohlenwasserstoffen verursacht werden können, sind Erkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems, wie Enzephalopathien und Polyneuropathien, Störungen der Nieren- und Leberfunktion sowie Reizbildungs- und Reizleitungsstörungen des Herzens.
Der Senat vermag sich nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger an Gesundheitsstörungen der dargelegten Art leidet. Kann ein behaupteter Sachverhalt, d.h. das Vorliegen einer BK-relevanten Erkrankung jedoch nicht nachgewiesen werden, so geht dies nach dem dargelegten Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers.
Dass der Kläger nicht an einer Polyneuropathie leidet und auch eine Enzephalopathie nicht festzustellen ist, hat der Senat mit Urteil vom heutigen Tag in dem Verfahren L 10 U 305/09, in dem die Anerkennung einer BK nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV (Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische) im Streit steht, entschieden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die entsprechenden Ausführungen verwiesen.
Auch Störungen der Nierenfunktion liegen beim Kläger nicht vor. Insoweit hat der Sachverständige Dr. B. für den Senat überzeugend darauf hingewiesen, dass sich weder anamnestisch noch anlässlich der von ihm durchgeführten Untersuchung - abgesehen von einem Nierensteinabgang im Jahr 2001 und einer Nierenzyste - Anhaltspunkte ergeben haben, die auf eine akute oder chronische Nierenerkrankung hindeuten könnten.
Gleichermaßen ist beim Kläger auch keine Lebererkrankung festzustellen. Abgesehen davon, dass der Kläger anlässlich seiner Untersuchung durch Dr. B. nicht über eine Beschwerdesymptomatik geklagt hat, die auf eine Lebererkrankung hindeuten würde, hat der Sachverständige auch bei seiner Untersuchung im Wesentlichen keine auffälligen Befunde erhoben. So ist die Leber nicht vergrößert unterhalb des rechten Rippenbogens tastbar gewesen und auch die klinisch-chemische Basisdiagnostik hat im Normbereich liegende Messwerte für die Leberparameter GOT, GPT und Bilirubin ergeben. Soweit die Werte für y-GT geringfügig erhöht gewesen sind, hat der Sachverständige dies - für den Senat schlüssig nachvollziehbar - mit der beim Kläger bestehenden gemischten Hyperlipidämie in Zusammenhang gebracht.
Soweit in früheren Jahren erhöhte Leberwerte festzustellen waren, hat dies bereits der Klägers selbst nicht mit seiner beruflichen Tätigkeit in Verbindung gebracht, sondern im Zusammenhang mit Einnahme des Schmerzmittels Paracetamol gesehen. Denn die Leberwerte hätten sich - so die Angaben des Klägers gegenüber Dr. B. - wieder normalisiert, nachdem er dieses Schmerzmittel abgesetzt habe. Insoweit hat Dr. B. bestätigt, dass Paracetamol dafür bekannt sei, dass es zu Leberfunktionsstörungen führen kann, wobei dies insbesondere für Wechselwirkungen mit bestimmten leberenzyminduzierenden Stoffen gelte, wie sie beispielsweise in Schlaf- und Beruhigungsmitteln oder Alkohol enthalten sind. Ungeachtet dessen lassen sich die für die Zeit ab 1992 dokumentierten leicht bis mäßiggradig erhöhten Gamma-GT-Aktivitäten, deren Ursache ohnehin multiform ist und nicht immer einer bestimmten Noxe zugeordnet werden kann, schon im Hinblick auf ihr zeitliches Auftreten - so überzeugend Dr. B. - kaum mit der beruflichen Belastung des Klägers in Zusammenhang bringen. Denn nachdem eine berufliche Belastung mit Trichloräthylen beim Kläger längstens bis 1992 bestand und sich eine leichte toxisch bedingte Leberfunktionsstörung, wie sie 1992 mit einem Gamma-GT-Wert von 56 U/l angenommen werden könnte, in der Regel nach Wegfall der Noxe wieder zurückbildet, sind für die Jahre 1994, 1997 und 1999 Werte bis hin zu 384 U/l dokumentiert, die mit keiner beruflichen Belastung in Zusammenhang gebracht werden können. Angesichts dessen und im Hinblick auf die vom Kläger angegebene längere Einnahme des Medikaments Paracetamol, sind diese erhöhten Gamma-GT-Aktivitäten mit Wahrscheinlichkeit - so für den Senat überzeugend Dr. B. - auf die Einnahme dieses Medikaments zurückzuführen.
Nachdem die von Dr. B. durchgeführten Untersuchungen letztlich auch von kardialer Seite keine Auffälligkeiten gezeigt haben, sich insoweit vielmehr im Wesentlichen unauffällige Normalbefunde ergeben haben, lässt sich auch insoweit keine Erkrankung objektivieren, die durch die Einwirkung von Halogenkohlenwasserstoffen verursacht worden sein könnte.
Soweit der Sachverständige Dr. B. in seinem gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten demgegenüber sowohl das Vorliegen einer Polyneuropathie als auch einer Enzephalopathie zweifellos bejaht hat, folgt der Senat dem nicht. Die entsprechenden Gründe hat der Senat in dem bereits erwähnten Urteil vom heutigen Tag in dem Verfahren L 10 U 305/09 dargelegt, weshalb zur Vermeidung von Wiederholungen auf die entsprechenden Ausführungen verwiesen wird. Das Vorliegen von Störungen der Nieren- und Leberfunktion sowie Reizbildungs- und Reizleitungsstörungen des Herzens, also von Krankheitsbildern, die ebenfalls durch die Einwirkung von Halogenkohlenwasserstoffen verursacht werden können, hat Dr. B. im Übrigen nicht beschrieben, ohne hierauf allerdings im Einzelnen einzugehen. Soweit Dr. B. pauschal alle von ihm beim Kläger diagnostizierten Störungen als toxisch berufsbedingt verursacht ansieht, hat er dies in seinem Gutachten nicht begründet, insbesondere auch die generelle Eignung des in Rede stehenden Stoffes zur Verursachung der diagnostizierten Störung nicht dargelegt.
Soweit Dr. B. pauschal auch alle sonstigen, von ihm beim Kläger gestellten "Diagnosen" - ohne Unterscheidung zwischen Symptomumschreibung, Befundbeschreibung und echter Diagnose - als toxisch berufsbedingt verursacht ansieht, hat er schon - obwohl verlangt (Frage 2 des Gutachtensauftrages) - die generelle Eignung des in Rede stehenden Stoffes - Trichloräthylen - zur Verursachung derartiger Beschwerden nicht dargestellt. Er beruft sich in Beantwortung der Frage nach dem konkreten Kausalzusammenhang (Frage 3) auf typische Schadensabläufe bei Expositionen mit Chlorkohlenwasserstoffen, wozu er Perchlorethylen rechnet. Abgesehen davon, dass eine solche Exposition beim Kläger nicht nachgewiesen ist, enthalten die Ausführungen von Dr. B. - sowohl hinsichtlich einer Vergleichbarkeit von Perchlorethylen mit Trichloräthylen als auch in Bezug auf Schädigungsmechanismen - lediglich Behauptungen ohne jeglichen Beleg. Seine Ausführungen kumulieren in dem Fazit (S. 25 seines Gutachtens am Ende), toxische Expositionen verursachten "bei der Arbeit immer Multi-Organ-Schäden". Worauf diese Überzeugung des Sachverständigen beruht, insbesondere auf welchen, dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Erkenntnissen, hat er nicht dargestellt. Eine solche Darstellung ist auch nicht zu erwarten, widerspricht diese Überzeugung des Sachverständigen doch den allgemeinen Erkenntnissen, wonach eine Exposition gegenüber toxischen Stoffen zwar eine gesundheitliche Schädigung verursachen kann, aber nicht zwingend und in allen Fällen auch tatsächlich verursacht, weshalb gerade im Bereich der BKen die Kausalitätsprüfung im Einzelfall - auch wegen der multifaktoriellen Entstehung vieler Erkrankungen - unverzichtbar ist. Es gibt keinen Automatismus zur Bejahung des Ursachenzusammenhangs alleine auf Grund des Vorliegens entsprechender Einwirkungen und einer von der BK erfassten bzw. generell durch solche Einwirkungen hervorrufbaren Erkrankung (BSG, Urteil vom 27.06.2006, B 2 U 7/05 R).
Die Berufung des Klägers kann nach alledem keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 1302 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) streitig.
Der am 1953 geborene Kläger absolvierte von 1969 bis 1973 eine Lehre zum Kfz-Mechaniker und war anschließend - unterbrochen durch eine Tätigkeit als Lkw-Fahrer von 1974 bis 1978 und Ableistung seines Wehrdienstes - bis 1993 in verschiedenen Autohäusern als Kfz-Mechaniker beschäftigt. Seither übt der Kläger keine berufliche Tätigkeit mehr aus. Seit August 1996 bezieht er Rente wegen Berufsunfähigkeit. Im Rahmen seiner Tätigkeiten als KfZ-Mechaniker war der Kläger neurotoxischen Lösungsmitteln, wie bspw. Benzol und Trichloräthylen ausgesetzt.
Im Zusammenhang mit einer Ende 2003 beantragten Anerkennung seiner Wirbelsäulenerkrankung als BK machte der Kläger u.a. auch eine Nervenschädigung durch Arbeiten mit Reinigungsmittel (u.a. Trichloräthylen, Nitroverdünnung), Kontakt mit Benzin sowie Öl und Frostschutzmittel als BK geltend. Nach den daraufhin von den Technischen Aufsichtsdiensten (TAD) der Beklagten und der Berufsgenossenschaft M. S. (BGMS) eingeholten Stellungnahmen ist davon auszugehen, dass der Kläger von 1969 bis ca. 1991 gegenüber Trichloräthylen exponiert war. Entsprechend der damaligen Gepflogenheiten habe die Exposition insbesondere im Zeitraum von 1969 bis 1973 über mehrere Stunden pro Woche über dem Grenzwert gelegen; danach sei sowohl der zeitliche Umfang als auch die Expositionshöhe deutlich geringer gewesen. Die Beklagte zog von der IKK B.-W. und H. das Vorerkrankungsverzeichnis und von den behandelnden Ärzten des Klägers sowie der Deutschen Rentenversicherung B.-W. medizinische Unterlagen bei. Danach war der Kläger im Hinblick auf ab dem Jahr 1994 gestellte Anträge auf Gewährung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit mehrmals auf Veranlassung der damaligen Landesversicherungsanstalt Baden (LVA) bzw. des Sozialgerichts Freiburg (SG) im Rahmen sich anschließender Klageverfahren untersucht und begutachtet worden (u.a. Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. auf Grund Untersuchung vom 28.09.1994 - Diagnosen: akzentuierte Persönlichkeit mit dependenten und auch narzisstischen Zügen mit Neigung zu neurotisch-depressiven Verstimmungen und funktionellen körperlichen Beschwerden, anamnestisch Panikattacken mit Hyperventilation, chronischer Tranquilizer- Missbrauch, Nikotinabusus; Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Dipl.-Psych. K.-H. auf Grund Untersuchung vom 12.01.1996 - Diagnosen: Persönlichkeitsstörung von vorwiegend depressiv-abhängiger Ausprägung mit Neigung zu neurotisch-depressiv-dysphorischen Verstimmungszuständen und Ausbildung von funktionellen Körperbeschwerden, chronischer Benzodiazepin-Abusus; Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sch.-B. auf Grund Untersuchung vom 08.09.1997 - Diagnosen: Persönlichkeitsstörung mit depressiv-abhängigen Tendenzen und Neigung zu funktionellen Körperbeschwerden, Benzodiazepin-Missbrauch; Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. auf Grund Untersuchung vom 26.07.1999 - Diagnosen: Angst- und Panikstörung bei zwanghafter Persönlichkeit, C2H5OH-Abusus, depressives Syndrom, somatoforme Schmerzstörung; Gutachten des Facharztes für Psychiatrie, Psychotherapie und psychotherapeutischen Medizin Dr. K. auf Grund viertägiger stationärer Begutachtung im März 2001 - Diagnosen: kombinierte Persönlichkeitsstörung mit anankastischen, ängstlich (vermeidenden) und abhängigen Zügen, rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode, schädlicher Gebrauch psychotroper Substanzen; Gutachten des Prof. Dr. Foerster auf Grund Untersuchung vom 06.02.2002 - Diagnose: asthenische Persönlichkeitsstörung).
Die Beklagte veranlasste sodann das arbeitsmedizinische Gutachten des Prof. Dr. T. , Direktor des Instituts und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin des Universitätsklinikums H. , auf Grund Untersuchung des Klägers am 09. und 10.11.2006 und Berücksichtigung des neurologisch-psychiatrischen Zusatzgutachtens der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. S ... Prof. Dr. T. fand im Hinblick auf die in Betracht kommenden Krankheitsbilder keine Hinweise für das Vorliegen einer Nierenerkrankung, einer Polyneuropathie oder einer Lebererkrankung; von einer toxischen Enzephalopathie vermochte er diagnostisch nicht zweifelsfrei auszugehen. Frühere teilweise auffällige Leberbefunde sah er angesichts ihres Verlaufs nicht im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit. Nach Einholung einer Stellungnahme der Gewerbeärztin Grzonka, die die Anerkennung einer BK nach Nr. 1302 der Anlage 1 zur BKV nicht vorschlug, lehnte die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen mit Bescheid vom 07.03.2007 ab, weil eine entsprechende BK nicht vorliege. Der Kläger habe v.a. bei der Teilereinigung Umgang mit Trichloräthylen gehabt, so dass eine Gefährdung im Sinne der BK Nr. 1302 vorgelegen habe. Ein hierdurch induzierter Leber- oder Nierenschaden oder eine toxische Enzephalopathie sei bei ihm jedoch nicht festzustellen. Der dagegen mit der Begründung eingelegte Widerspruch, der mit der "befremdlichen" Art der gutachtlichen Untersuchung - er sei quasi als Musterproband in einem Hörsaal befragt worden - begründet wurde, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13.07.2007).
Am 02.08.2007 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben und im Wesentlichen die Unverwertbarkeit des eingeholten Gutachtens geltend gemacht.
Das SG hat das Gutachten des Facharztes für Arbeits- und Allgemeinmedizin Dr. B. auf Grund Untersuchung des Klägers vom 19.12.2007 unter Mitberücksichtigung des neurologischen und neuropsychologischen Zusatzgutachtens des Prof. Dr. Sch. , Arzt für Neurologie am Zentrum für Geriatrie und Gerontologie im Universitätsklinikum F. , auf Grund Untersuchung vom 12.12.2007 eingeholt. Der Sachverständige hat das Vorliegen einer Nierenerkrankung und einer Polyneuropathie verneint und keine ausreichenden Belege für die Diagnose einer Enzephalopathie gesehen. Einen Zusammenhang zwischen dem beruflichen Umgang mit Trichloräthylen und den früher festgestellten erhöhten Leberwerten hat der Sachverständige verneint. Mit Urteil vom 01.10.2008 hat das SG die Klage gestützt auf das Gutachten des Dr. B. abgewiesen.
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 29.12.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.01.2009 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und die Einholung eines neurologischen Gutachtens für erforderlich erachtet.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 01.10.2008 aufzuheben und unter Aufhebung des Bescheids vom 07.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.07.2007 das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 1302 der Anlage 1 zur BKV festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) das Gutachten des Nervenarztes Dr. B. auf Grund Untersuchung vom 24.06.2009 und Berücksichtigung des Zusatzgutachtens des Dipl.-Psych. K. eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass Schädigungen in Form einer Enzephalopathie oder einer Polyneuropathie typisch für chemische Expositionen im Kfz-Gewerbe seien und diese beim Kläger zweifellos vorlägen. Als Diagnosen führte er im Übrigen eine chemische Überempfindlichkeit, einen Leistungsabfall in Teilbereichen, eine stark verminderte Belastbarkeit, Regulationsstörungen, eine schwere Myopathie und Ataxie nach langjähriger beruflicher Belastung, vor allem mit Lösungsmitteln (Trichloräthylen), aber auch anderen Werk-Stoffen in der Autoindustrie (Benzin, Öle, Reinigungsmittel, Metallstäube, Asbeststäube, Gase), auf.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 153 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 07.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.07.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat beim Kläger die Anerkennung einer BK nach Nr. 1302 der Anlage 1 zur BKV zu Recht abgelehnt. Denn es ist nicht festzustellen, dass der Kläger im Sinne dieser BK an einer Erkrankung durch Halogenkohlenwasserstoffe leidet.
BKen sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung oder mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte in Folge einer den Versicherungsschutz nach den § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 erster Halbsatz SGB VII). Hierzu zählen nach Nr. 1302 der Anlage 1 zur BKV Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Danach ist beim Kläger das Vorliegen einer BK nach Nr. 1302 der Anlage 1 zur BKV nicht festzustellen. Zwar erfüllt der Kläger - wovon die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid angesichts des Ergebnisses der Ermittlungen ihres TAD sowie des TAD der BGMS ausgegangen ist - die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen dieser BK, weil er im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Kfz-Mechaniker im Zeitraum von 1969 bis 1991 Halogenkohlenwasserstoffen - zu denen insbesondere Trichloräthylen gehört - ausgesetzt war. Allerdings ist beim Kläger im Sinne dieser BK keine Erkrankung festzustellen, die durch eine entsprechende Einwirkung verursacht werden kann.
Krankheitsbilder, die durch die Einwirkung von Halogenkohlenwasserstoffen verursacht werden können, sind Erkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems, wie Enzephalopathien und Polyneuropathien, Störungen der Nieren- und Leberfunktion sowie Reizbildungs- und Reizleitungsstörungen des Herzens.
Der Senat vermag sich nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger an Gesundheitsstörungen der dargelegten Art leidet. Kann ein behaupteter Sachverhalt, d.h. das Vorliegen einer BK-relevanten Erkrankung jedoch nicht nachgewiesen werden, so geht dies nach dem dargelegten Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers.
Dass der Kläger nicht an einer Polyneuropathie leidet und auch eine Enzephalopathie nicht festzustellen ist, hat der Senat mit Urteil vom heutigen Tag in dem Verfahren L 10 U 305/09, in dem die Anerkennung einer BK nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur BKV (Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische) im Streit steht, entschieden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die entsprechenden Ausführungen verwiesen.
Auch Störungen der Nierenfunktion liegen beim Kläger nicht vor. Insoweit hat der Sachverständige Dr. B. für den Senat überzeugend darauf hingewiesen, dass sich weder anamnestisch noch anlässlich der von ihm durchgeführten Untersuchung - abgesehen von einem Nierensteinabgang im Jahr 2001 und einer Nierenzyste - Anhaltspunkte ergeben haben, die auf eine akute oder chronische Nierenerkrankung hindeuten könnten.
Gleichermaßen ist beim Kläger auch keine Lebererkrankung festzustellen. Abgesehen davon, dass der Kläger anlässlich seiner Untersuchung durch Dr. B. nicht über eine Beschwerdesymptomatik geklagt hat, die auf eine Lebererkrankung hindeuten würde, hat der Sachverständige auch bei seiner Untersuchung im Wesentlichen keine auffälligen Befunde erhoben. So ist die Leber nicht vergrößert unterhalb des rechten Rippenbogens tastbar gewesen und auch die klinisch-chemische Basisdiagnostik hat im Normbereich liegende Messwerte für die Leberparameter GOT, GPT und Bilirubin ergeben. Soweit die Werte für y-GT geringfügig erhöht gewesen sind, hat der Sachverständige dies - für den Senat schlüssig nachvollziehbar - mit der beim Kläger bestehenden gemischten Hyperlipidämie in Zusammenhang gebracht.
Soweit in früheren Jahren erhöhte Leberwerte festzustellen waren, hat dies bereits der Klägers selbst nicht mit seiner beruflichen Tätigkeit in Verbindung gebracht, sondern im Zusammenhang mit Einnahme des Schmerzmittels Paracetamol gesehen. Denn die Leberwerte hätten sich - so die Angaben des Klägers gegenüber Dr. B. - wieder normalisiert, nachdem er dieses Schmerzmittel abgesetzt habe. Insoweit hat Dr. B. bestätigt, dass Paracetamol dafür bekannt sei, dass es zu Leberfunktionsstörungen führen kann, wobei dies insbesondere für Wechselwirkungen mit bestimmten leberenzyminduzierenden Stoffen gelte, wie sie beispielsweise in Schlaf- und Beruhigungsmitteln oder Alkohol enthalten sind. Ungeachtet dessen lassen sich die für die Zeit ab 1992 dokumentierten leicht bis mäßiggradig erhöhten Gamma-GT-Aktivitäten, deren Ursache ohnehin multiform ist und nicht immer einer bestimmten Noxe zugeordnet werden kann, schon im Hinblick auf ihr zeitliches Auftreten - so überzeugend Dr. B. - kaum mit der beruflichen Belastung des Klägers in Zusammenhang bringen. Denn nachdem eine berufliche Belastung mit Trichloräthylen beim Kläger längstens bis 1992 bestand und sich eine leichte toxisch bedingte Leberfunktionsstörung, wie sie 1992 mit einem Gamma-GT-Wert von 56 U/l angenommen werden könnte, in der Regel nach Wegfall der Noxe wieder zurückbildet, sind für die Jahre 1994, 1997 und 1999 Werte bis hin zu 384 U/l dokumentiert, die mit keiner beruflichen Belastung in Zusammenhang gebracht werden können. Angesichts dessen und im Hinblick auf die vom Kläger angegebene längere Einnahme des Medikaments Paracetamol, sind diese erhöhten Gamma-GT-Aktivitäten mit Wahrscheinlichkeit - so für den Senat überzeugend Dr. B. - auf die Einnahme dieses Medikaments zurückzuführen.
Nachdem die von Dr. B. durchgeführten Untersuchungen letztlich auch von kardialer Seite keine Auffälligkeiten gezeigt haben, sich insoweit vielmehr im Wesentlichen unauffällige Normalbefunde ergeben haben, lässt sich auch insoweit keine Erkrankung objektivieren, die durch die Einwirkung von Halogenkohlenwasserstoffen verursacht worden sein könnte.
Soweit der Sachverständige Dr. B. in seinem gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten demgegenüber sowohl das Vorliegen einer Polyneuropathie als auch einer Enzephalopathie zweifellos bejaht hat, folgt der Senat dem nicht. Die entsprechenden Gründe hat der Senat in dem bereits erwähnten Urteil vom heutigen Tag in dem Verfahren L 10 U 305/09 dargelegt, weshalb zur Vermeidung von Wiederholungen auf die entsprechenden Ausführungen verwiesen wird. Das Vorliegen von Störungen der Nieren- und Leberfunktion sowie Reizbildungs- und Reizleitungsstörungen des Herzens, also von Krankheitsbildern, die ebenfalls durch die Einwirkung von Halogenkohlenwasserstoffen verursacht werden können, hat Dr. B. im Übrigen nicht beschrieben, ohne hierauf allerdings im Einzelnen einzugehen. Soweit Dr. B. pauschal alle von ihm beim Kläger diagnostizierten Störungen als toxisch berufsbedingt verursacht ansieht, hat er dies in seinem Gutachten nicht begründet, insbesondere auch die generelle Eignung des in Rede stehenden Stoffes zur Verursachung der diagnostizierten Störung nicht dargelegt.
Soweit Dr. B. pauschal auch alle sonstigen, von ihm beim Kläger gestellten "Diagnosen" - ohne Unterscheidung zwischen Symptomumschreibung, Befundbeschreibung und echter Diagnose - als toxisch berufsbedingt verursacht ansieht, hat er schon - obwohl verlangt (Frage 2 des Gutachtensauftrages) - die generelle Eignung des in Rede stehenden Stoffes - Trichloräthylen - zur Verursachung derartiger Beschwerden nicht dargestellt. Er beruft sich in Beantwortung der Frage nach dem konkreten Kausalzusammenhang (Frage 3) auf typische Schadensabläufe bei Expositionen mit Chlorkohlenwasserstoffen, wozu er Perchlorethylen rechnet. Abgesehen davon, dass eine solche Exposition beim Kläger nicht nachgewiesen ist, enthalten die Ausführungen von Dr. B. - sowohl hinsichtlich einer Vergleichbarkeit von Perchlorethylen mit Trichloräthylen als auch in Bezug auf Schädigungsmechanismen - lediglich Behauptungen ohne jeglichen Beleg. Seine Ausführungen kumulieren in dem Fazit (S. 25 seines Gutachtens am Ende), toxische Expositionen verursachten "bei der Arbeit immer Multi-Organ-Schäden". Worauf diese Überzeugung des Sachverständigen beruht, insbesondere auf welchen, dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Erkenntnissen, hat er nicht dargestellt. Eine solche Darstellung ist auch nicht zu erwarten, widerspricht diese Überzeugung des Sachverständigen doch den allgemeinen Erkenntnissen, wonach eine Exposition gegenüber toxischen Stoffen zwar eine gesundheitliche Schädigung verursachen kann, aber nicht zwingend und in allen Fällen auch tatsächlich verursacht, weshalb gerade im Bereich der BKen die Kausalitätsprüfung im Einzelfall - auch wegen der multifaktoriellen Entstehung vieler Erkrankungen - unverzichtbar ist. Es gibt keinen Automatismus zur Bejahung des Ursachenzusammenhangs alleine auf Grund des Vorliegens entsprechender Einwirkungen und einer von der BK erfassten bzw. generell durch solche Einwirkungen hervorrufbaren Erkrankung (BSG, Urteil vom 27.06.2006, B 2 U 7/05 R).
Die Berufung des Klägers kann nach alledem keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
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