L 10 U 1331/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 3896/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 1331/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 26.02.2008 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung von Unfallfolgen und die Gewährung von Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 vom Hundert (v.H.) streitig.

Die am 1960 geborene Klägerin erlitt am 16.06.2004 einen Arbeitsunfall, als sie im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit als Bürokraft auf einem dienstlichen Weg beim Abwärtsgehen auf einer Treppe stolperte, das Gleichgewicht verlor und auf die linke Schulter stürzte. Im unmittelbaren Anschluss stellte sie sich bei dem Durchgangsarzt Dr. P. , Chefarzt der Chirurgischen Abteilung im Krankenhaus B. , vor, der in seinem Durchgangsarztbericht vom 16.06.2004 als Befund Schmerzen im Bereich der linken Schulter, vor allem Druckschmerz ventral und beim Durchbewegen dokumentierte. Er fand keine Prellmarke und die periphere Durchblutung, Motorik und Sensibilität intakt. Die röntgenologische Untersuchung ergab im Bereich der linken Schulter keine Fraktur. Aktuell fand er klinisch keinen Anhalt für eine Rotatorenmanschettenruptur. Diagnostisch ging Dr. P. von einer Prellung der linken Schulter aus. Wegen anhaltender Beschwerden stellte sich die Klägerin am 18.06.2004 erneut bei Dr. P. vor, der in seinem Nachschaubericht vom selben Tag als Befund nunmehr einen Druckschmerz über dem vorderen Schultergelenkspalt links sowie eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenk beschrieb. Er bescheinigte Arbeitsunfähigkeit bis 02.07.2004. Bei der an diesem Tag durchgeführten Kontrolluntersuchung fand er noch eine erhebliche Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenk, wobei er insbesondere die Abduktion schmerzhaft eingeschränkt beschrieb. Dr. P. äußerte nunmehr den Verdacht auf eine Rotatorenmanschettenruptur und veranlasste eine MRT-Untersuchung, die am 05.07.2004 durchgeführt wurde und eine komplette Partialruptur der Supraspinatussehne ansatznah am Humeruskopf mit begleitender subacromialer Bursitis und einen Gelenkerguss zeigte. Wegen der deshalb für erforderlich erachteten Refixation der Rotatorenmanschette stellte sich die Klägerin am 07.07.2004 bei Prof. Dr. S. , Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie im Klinikum am Gesundbrunnen in H. , vor, bei dessen Untersuchung die Klägerin nicht in der Lage war, den linken Arm über 40 Grad aktiv zu abduzieren. Prof. Dr. S. beschrieb darüber hinaus Klagen über Schmerzen im Bereich des Ansatzgebietes der Supraspinatussehne sowie im Null-Grad-Abduktionstest eine deutliche Kraftminderung links gegenüber rechts. Er sah die Indikation zur operativen Stabilisierung mit Refixation der Sehne. Die entsprechende arthroskopische Operation wurde am 16.07.2004 durchgeführt (arthroskopische subacromiale Dekompression und offene Supraspinatussehnen¬refixation mit Corkscrew-Schraubanker). Im Anschluss hieran war die Klägerin noch bis 07.11.2004 arbeitsunfähig.

Die Beklagte veranlasste eine Unfallschilderung der Klägerin, zog medizinische Unterlagen (u.a. Befund der MRT-Untersuchung, Operationsbericht vom 16.07.2004, histologischer Befund) sowie von der AOK - Die Gesundheitskasse H. das Vorerkrankungsverzeichnis bei und veranlasste zur Frage des Zusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und der Supraspinatussehnenruptur die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. K ... Dieser verneinte angesichts des direkt auf die linke Schulter erfolgten Sturzes, des kernspintomographisch nachgewiesenen Humeruskopfhochstandes sowie fehlender Begleitschäden anderer sensibler Strukturen des Gelenks einen Unfallzusammenhang und führte weiter aus, es sei davon auszugehen, dass das in Rede stehende Ereignis zu einer Prellung der linken Schulter ohne weitergehende strukturelle Läsionen geführt habe. Derartige Schadensbilder heilten nach wenigen Tagen, allenfalls einer Woche folgenlos aus.

Mit Bescheid vom 05.10.2004 anerkannte die Beklagte den Unfall vom 16.06.2004 als Arbeitsunfall und lehnte einen Anspruch auf Verletztenrente ab. Als Folgen des Unfalls nahm sie eine verheilte Prellung der linken Schulter an. Weiter führte sie in der Begründung des Bescheides aus, unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit habe längstens bis 22.06.2004 bestanden. Der später festgestellte und operativ versorgte Riss der linken Rotatorenmanschette sei nicht durch den Arbeitsunfall entstanden, sondern beruhe auf degenerativen Veränderungen. Hierauf sei die weitere Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit zurückzuführen. Der dagegen eingelegte Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13.12.2004).

Am 30.12.2004 hat die Klägerin dagegen beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, die Beklagte unterstelle zu Unrecht, dass bei ihr degenerative Veränderungen im Bereich der Rotatorenmanschette vorgelegen haben. Entsprechendes werde weder im Befund der MRT-Untersuchung dokumentiert noch im OP-Bericht vom 16.07.2004. Auch ein Humeruskopfhochstand liege nicht vor. Da es aufgrund reflektorischer Handlungen des Körpers bei dem Sturz auch zu Drehbewegungen gekommen sein dürfte, sei es angesichts ihres hohen Gewichts leicht möglich, dass ein ungebremstes Aufkommen auf die Schulter zu einer Verletzung der Rotatorenmanschette führe.

Das SG hat die Auskunft der AOK - Die Gesundheitskasse H. eingeholt. Danach war die Klägerin seit 1976 wegen Gesundheitsstörungen im Bereich der Schultern nicht arbeitsunfähig erkrankt. Das SG hat ferner das Gutachten des Prof. Dr. R. , Facharzt für Orthopädie, Rheumatologie sowie Physikalische und Rehabilitative Medizin, aufgrund Untersuchung der Klägerin vom 07.09.2005 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass sowohl der Beschwerdebeginn unmittelbar nach dem Ereignis als auch der Operationsbefund für einen Unfallzusammenhang spreche. Wichtigstes Argument gegen die Annahme einer unfallbedingten Supraspinatussehnenruptur sei die Ereignisschilderung. Allerdings sei offen, ob und gegebenenfalls welche zum Teil unbewussten Bewegungen die Klägerin ausgeführt habe, um trotz ihres erheblichen Körpergewichts den Sturz auf den Boden zu vermeiden. Ein Oberarmkopfhochstand liege im Übrigen nicht vor. Insgesamt ging der Sachverständige davon aus, dass der Unfall die Supraspinatussehnenruptur mit Wahrscheinlichkeit rechtlich wesentlich mit verursacht hat. Mit Gerichtsbescheid vom 26.02.2008 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 05.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.12.2004 abgeändert, als weitere Unfallfolge eine "aktive und passive Einschränkung der Einwärtsrotation und deutliche aktive Beeinträchtigung der Vor- und Seithebung des linken Armes im Schultergelenk" festgestellt und die Beklagte verurteilt, der Klägerin über den 22.06.2004 hinaus bis zum 07.11.2004 Verletztengeld zu gewähren sowie ab 08.11.2004 Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H.

Am 17.03.2008 hat die Beklagte dagegen beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und geltend gemacht, die Klägerin sei unstrittig direkt auf die linke Schulter gefallen, wodurch nach einhelliger Meinung in der medizinischen Wissenschaft eine traumatische Läsion der Rotatorenmanschette nicht auftreten könne. Für einen Unfallzusammenhang spreche auch nicht die Beschwerdefreiheit vor dem Unfall, da es nicht ungewöhnlich sei, dass ein struktureller Verschleißschaden der Rotatorenmanschette unbemerkt bleibe; solche Veränderungen verblieben in der Regel stumm. Gegen ein Unfallzusammenhang spreche auch der Umstand, dass bei der Erstvorstellung kein sog. Drop-Arm beschrieben worden sei und der erstbehandelnde Arzt klinisch keinen Anhalt für eine Rotatorenmanschettenruptur gesehen habe. Zudem sei in dem kernspintomographischen Befund ein Hochstand des Humeruskopfes beschrieben, also eine Veränderungen, die auf eine Vorschädigung hindeute.

Die Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 26.02.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auf den Hinweis des Senats, die Beklagte habe im angefochtenen Bescheid über einen Anspruch auf Verletztengeld nicht entschieden, weshalb die diesbezügliche Klage unzulässig sei, hat die Klägerin die Klage hinsichtlich des Verletztengeldes zurückgenommen. Im Übrigen hält sie die angefochtene Entscheidung für richtig.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; die Berufung ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat unter Abänderung des Bescheids vom 05.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.12.2004 als weitere Unfallfolge zu Recht eine "aktive und passive Einschränkung der Einwärtsrotation und deutliche aktive Beeinträchtigung der Vor- und Seithebung des linken Armes im Schultergelenk" festgestellt und die Beklagte ausgehend hiervon verurteilt, der Klägerin im Anschluss an den angenommenen Anspruch auf Verletztengeld, also ab dem 08.11.2004 Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. zu gewähren. Soweit das Sozialgericht im angefochtenen Gerichtsbescheid die Beklagte auch zur Gewährung von Verletztengeld verurteilt hat, hat die Klägerin die Klage im Hinblick auf die prozessuale Situation - Unzulässigkeit der Leistungsklage insoweit wegen fehlender Verwaltungsentscheidung über einen solchen Anspruch - zurückgenommen. Mit dieser Klagerücknahme ist der Gerichtsbescheid insoweit - also was die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Verletztengeld anbelangt - gegenstandslos geworden. Der Senat hat deshalb über diesen Teil des Gerichtsbescheides nicht (mehr) zu entscheiden.

Rechtsgrundlage für die gerichtliche Feststellung von Unfallfolgen ist § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG. Danach kann ein Versicherter die gerichtliche Feststellung verlangen, ob eine Gesundheitsstörung Folge des Arbeitsunfalles ist. Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII).

Vorliegend ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Klägerin am 16.06.2004 einen Arbeitsunfall erlitt. Entsprechendes steht durch die bestandskräftig gewordene Feststellung im Bescheid der Beklagten vom 05.10.2004 über das Vorliegen eines Arbeitsunfalles auch verbindlich fest.

Damit ist allerdings nicht zugleich die Annahme gerechtfertigt, dass der nach dem Arbeitsunfall festgestellte weitere Gesundheitsschaden, hier die Ruptur der Supraspinatussehne ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen ist.

Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Kann dagegen das Unfallereignis nicht hinweg gedacht werden, ohne dass der Gesundheitsschaden entfiele (conditio sine qua non), ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).

Die hier vorzunehmende Kausalitätsprüfung hat somit nach dieser zweistufigen Prüfung zu erfolgen (siehe hierzu Hepp/Lambert, Die Begutachtung der Rotatorenmanschettenruptur im sozialgerichtlichen Verfahren in MedSach 2009, 181 ff.).

Die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung müssen erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O. auch zum Nachfolgenden). Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Es genügt nicht, wenn der Ursachenzusammenhang nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Denn es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde. Es reicht daher zur Begründung des ursächlichen Zusammenhangs nicht aus, gegen diesen Zusammenhang sprechende Umstände auszuschließen.

Vorliegend ist es zumindest wahrscheinlich, dass der Sturz vom 16.06.2004 naturwissenschaftliche Ursache der ansatznahen Partialruptur der Supraspinatussehne war. Hierfür sprechen vor allem jene Indizien, die auf eine Substanzschädigung der Rotatorenmanschette in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis hinweisen.

Regelmäßig wird nach der Praxis der Unfallversicherungsträger und der Sozialgerichte angesichts des üblichen Verlaufs der - zunächst von der durch die Heilungsabsicht geprägten Diagnostik getragenen - medizinischen Maßnahmen nach einem Arbeitsunfall für die Prüfung, ob Zeichen einer akuten Substanzschädigung vorliegen, maßgeblich auf die vom erstuntersuchenden Arzt erhobenen Befunde mit Diagnose, die danach veranlasste bildgebende Diagnostik (insbesondere Röntgenaufnahmen, Sonografie, Kernspintomografie) und eventuell durchgeführte invasive Diagnoseverfahren (insbesondere Arthroskopie) mit nachfolgender mikroskopischer Auswertung (Histologie) abgestellt. Ergeben sich hieraus keine oder keine hinreichenden Hinweise auf akute traumatische Verletzungen der in Rede stehenden Strukturen (hier: die Rotatorenmanschette) wie plötzliche Funktionseinschränkungen, Einblutungen, sonstige Flüssigkeitsansammlungen und dergleichen, wird eine traumatische Schädigung eher unwahrscheinlich sein. Liegen dagegen derartige Hinweise vor, ohne dass eine andere Schädigung als der Arbeitsunfall örtlich-zeitlich in Rede steht, wird ein naturwissenschaftlicher Zusammenhang regelmäßig als wahrscheinlich anzunehmen sein.

Im vorliegenden Fall deuten mehrere Indizien auf eine akute traumatische Schädigung der Supraspinatussehne in Form einer Ruptur durch den Sturz hin. So trat bei der Klägerin in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Sturz eine erhebliche Schmerzsituation auf, derentwegen sie ihre Arbeit einstellte und sofort den Durchgangsarzt Dr. P. im Krankenhaus B. aufsuchte. Auf Veranlassung des Hausarztes erfolgte zwei Tage später wegen anhaltender Beschwerden eine nochmalige Vorstellung bei Dr. P. , der zusätzlich zu der zuvor dokumentierten Schmerzsituation eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenk beschrieb und nunmehr Arbeitsunfähigkeit bis 02.07.2004 bescheinigte. Anlässlich der für diesen Tag vereinbarten Kontrolluntersuchung zeigte sich trotz eingeleiteter intensiver physiotherapeutischer Maßnahmen noch eine erhebliche Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenk, wobei insbesondere die Abduktion schmerzhaft eingeschränkt war. Im Hinblick auf den von Dr. P. nunmehr geäußerten Verdacht auf eine Rotatorenmanschettenruptur erfolgte am 05.07.2004 eine MRT-Untersuchung, durch die der Verdacht bestätigt wurde. Somit wurde drei Wochen nach dem in Rede stehenden Sturzereignis, das unmittelbar zu einer Beschwerdesituation mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung führte, die trotz Behandlungsmaßnahmen fortbestand, eine substanzielle Schädigung nachgewiesen, was ein deutlicher Hinweis für eine traumatische Schädigung durch den Sturz ist. Vor dem Hintergrund der dargelegten Situation steht der Annahme eines solchen Zusammenhang nicht entgegen, dass Dr. P. - wie seinem Durchgangsarztbericht zu entnehmen ist - anlässlich seiner Erstuntersuchung "klinisch aktuell" keinen Anhalt für eine Rotatorenmanschettenruptur sah und diagnostisch lediglich von einer Schulterprellung ausging. Diese Diagnose lässt sich zwar durchaus schlüssig daraus ableiten, dass Dr. P. in dem Erstbefund keine Bewegungseinschränkung im Bereich des linken Schultergelenks dokumentiert hat, allerdings hat er das Vorliegen einer Bewegungseinschränkung auch nicht ausdrücklich verneint, wie dies zu erwarten wäre, wenn er bei seiner Untersuchung eine solche Einschränkung gerade nicht gefunden hätte. Damit kann der Beurteilung aber nicht ohne weiteres zugrunde gelegt werden, dass es bei der Klägerin zunächst gerade nicht zu einer Bewegungseinschränkung im Schultergelenk gekommen ist. Dies stünde auch in klarem Widerspruch zu den Angaben der Klägerin in dem von ihr zeitnah unter dem 27.07.2004 ausgefüllten Unfallfragebogen der Beklagten, in dem sie angegeben hat, dass sie sofort eine Bewegungseinschränkung im verletzten Arm bemerkt habe und "keine Bewegung mehr möglich" gewesen sei. Ungeachtet dessen vermag der Senat den Darlegungen im Durchgangsarztbericht vom 16.06.2004, wonach sich "klinisch aktuell" kein Anhalt für eine Rotatorenmanschettenruptur ergebe, auch deshalb nur eine eingeschränkte Aussagekraft beizumessen, als Dr. P. offenbar durchaus eine Rotatorenmanschettenruptur in Betracht zog. Denn anders lässt sich nicht erklären, weshalb er - wie im Durchgangsarztbericht gleichfalls dokumentiert - zu diesem Zeitpunkt eine weitere Diagnostik mittels NMR bereits empfahl. Ungeachtet all dieser Gesichtspunkte hat Dr. P. anlässlich der Wiedervorstellung der Klägerin zwei Tage später am 18.06.2004 dann aber - wenn auch sehr unspezifisch - schmerzhafte Bewegungseinschränkungen dokumentiert, ebenso am 02.07.2004, wobei diese gerade für die Abduktion als schmerzhaft beschrieben wurden. Einzuräumen ist insoweit allerdings, worauf auch der Sachverständige Prof. Dr. R. hingewiesen hat, dass insoweit aussagekräftige Befunde erstmals von Prof. Dr. S. für die Vorstellung der Klägerin am 07.07.2004 dokumentierte wurden, wobei die Klägerin den linken Arm zu diesem Zeitpunkt trotz fünfmaliger krankengymnastischer Behandlung nicht über 40 Grad abduzieren konnte.

Für einen naturwissenschaftlichen Zusammenhang der Supraspinatussehnenruptur mit dem angeschuldigten Ereignis spricht darüber hinaus auch der intraoperative Befund vom 16.07.2004, in dem eine ansatznahe Ruptur der Supraspinatussehne mit Zeichen einer frischen Ruptur ohne Sehnenretraktion beschrieben wird. So spricht gerade der Umstand, dass die Mobilisation der Sehne bis zu einem spannungsfreien Verschluss gelang, und diese gerade nicht mit dem Muskel geschrumpft war und wieder gut angeheftet werden konnte, mithin keine für einen älteren Riss sprechende Sehnenretraktion vorlag, für eine zeitnah erfolgte Ruptur. Auch im histologischen Befundbericht wird auf Zeichen einer frischen Ruptur hingewiesen. Darin wird eine mehrzeitige Ruptur beschrieben, bei der sich die Rupturzone teilweise geglättet mit kräftiger Fibrozytenvermehrung zeigt sowie teilweise mit reaktionsloser Rupturfläche und mit Fibrin abgedeckt.

Damit belegen die aufgeführten üblicherweise zur Beurteilung heranzuziehenden medizinischen Untersuchungen eine akute Substanzschädigung der Rotatorenmanschette in zeitlichem (weil kurz nach dem Sturz festgestellt) und örtlichem (weil im Bereich des vom Sturz betroffenen Körperteils festgestellt) Zusammenhang mit dem Sturz. Da die Klägerin vor dem Sturz insoweit beschwerdefrei und in vollem Umfang beruflich tätig war und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie nach dem Sturz eine weitere Schädigung erlitten hat, geht der Senat davon aus, dass es durch den Sturz vom 16.06.2004 zu einer Schädigung der Supraspinatussehne kam.

Umständen, die üblicherweise gegen einen naturwissenschaftlichen Zusammenhang sprechen, kommt im vorliegenden Fall keine durchgreifende Bedeutung zu. Zwar ergeben sich aus dem histologischen Befund auch Hinweise auf ältere Rupturzonen im Bereich der Supraspinatussehne, jedoch relativiert das Vorliegen solcher Veränderungen grundsätzlich nicht die Bedeutung der aufgeführten Zeichen einer akuten traumatischen Schädigung. Diese Zeichen spielen allenfalls auf der zweiten Ebene der Kausalitätsbeurteilung eine Rolle. Nichts grundsätzlich anderes gilt für die von der Beklagten als beachtlicher, gegen einen ursächlichen Zusammenhang herangezogenen Gesichtspunkt, wonach schon im MRT vom 05.07.2004 ein Humeruskopfhochstand zu sehen sei, der auf relevante Vorschäden hinweise. Denn ein solcher ist bei der Klägerin nach Überzeugung des Senats durch den MRT-Befund vom 05.07.2004 nicht nachzuweisen. Zwar wird im Befund ein mäßiger Hochstand des Humeruskopfes im Gelenk beschrieben. Insoweit hat der Sachverständige Prof. Dr. R. für den Senat jedoch überzeugend dargelegt, dass die Behauptung eines Hochstandes des Oberarmkopfes im Schultergelenk ohne Seitenvergleich reine Spekulation bleibe, zumal der MRT-Untersuchung schon im Hinblick auf ihre Untersuchungstechnik insoweit lediglich eine eingeschränkte Aussagekraft beigemessen werden kann.

Auf der Ebene der Kausalitätsprüfung spielt auch keine ausschlaggebende Rolle, ob an der Stelle der akuten traumatischen Schädigung bereits eine Läsion vorbestand. Denn dann müsste angesichts der Indizien für eine akute traumatische Schädigung davon ausgegangen werden, dass diese Läsion durch den Sturz vergrößert wurde.

Zu Unrecht stellt die Beklagte unter Bezugnahme auf ältere unfallmedizinische Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003, Seite 506 ff; jetzt 8. Auflage, S. 412 ff) den Aspekt der Eignung des Unfallereignisses in den Vordergrund der Beurteilung.

Die Eignung des Unfallereignisses ist - wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 12.11.2009, L 10 U 3951/08) - eine Frage nach dem naturwissenschaftlichen Zusammenhang. Denn wenn das Unfallereignis tatsächlich nicht geeignet war, die fragliche Schädigung hervorzurufen, kann es hinweg gedacht werden und die Schädigung wäre trotzdem vorhanden. Dem entsprechend können Unfallereignisse regelmäßig nur dann als "nicht geeignet" bewertet werden, wenn der als geschädigt in Rede stehende Körperteil durch den Unfall überhaupt nicht betroffen war. Auch lediglich geringfügige Einwirkungen durch den Unfall lassen dagegen die naturwissenschaftliche Eignung nicht entfallen; die Frage nach dem Ausmaß der Einwirkung ist erst auf der zweiten Stufe der Kausalitätsprüfung, bei der Frage der "Wesentlichkeit", von Bedeutung. Dem gegenüber vermischt die von der Beklagten herangezogene medizinische Literatur - unzulässigerweise - die beiden Prüfungsstufen mit der Folge, dass die Beurteilung auf der zweiten Stufe, also die Frage nach der Wesentlichkeit - wie die naturwissenschaftliche Kausalitätsprüfung - in erster Linie als medizinische Fragestellung erscheint. Dabei handelt es sich bei der Prüfung der Wesentlichkeit um eine wertende Entscheidung (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17; Urteil vom 31.07.1985, 2 RU 74/84 in SozR 2200 § 548 Nr. 75), die - weil mit der Wertung zugleich die Reichweite des Unfallversicherungsschutzes bestimmt wird (BSG, a.a.O.) - dem juristischen Betrachter vorbehalten ist. Die Vermengung von naturwissenschaftlicher Prüfung auf der ersten Stufe mit der wertenden Entscheidung der zweiten Stufe der Kausalitätsprüfung durch die genannte unfallmedizinische Literatur mit der verkürzten Darstellung des Ergebnisses in Form geeigneter oder ungeeigneter Unfallvorgänge lässt im Übrigen die der Wertung zu Grunde liegenden Kriterien (hierzu später) nicht erkennen und ist damit insoweit für eine Kausalitätsbeurteilung ungeeignet. Aus gleichem Grund kann auch Dr. K. nicht gefolgt werden, der für die Eignung des Unfallereignisses auf eine - von ihm ohnehin nicht näher spezifizierte - "Fehlbelastung" der Sehne abstellt.

Der Unfallhergang im vorliegenden Fall führte zu einer Einwirkung auf die Rotatorenmanschette. Denn tatsächlich kam es im Rahmen des Sturzes zu einer Beteiligung des linken Oberarmes beim Aufprall. Inwieweit die Klägerin unwillkürliche Armbewegungen ausgeführt hat, um das Gleichgewicht wiederzuerlangen und inwieweit dadurch im Einzelnen Kräfte auf Arm, Muskulatur und damit auch die Sehnen der Rotatorenmanschette einwirkten, lässt sich angesichts der Schnelligkeit des Ablaufs, der psychischen Situation der Klägerin (Schreck, Angst) und der beschränkten menschlichen Wahrnehmungsfähigkeit naturgemäß nicht weiter klären. Dies ist für die Bejahung des naturwissenschaftlichen Kausalzusammenhangs - wie dargelegt - auch nicht erforderlich. Dementsprechend kann auch das Kriterium der (vermeintlich) fehlenden Eignung kein Ausschlusskriterium für die Anerkennung eines Unfallzusammenhangs sein.

Ist somit der naturwissenschaftliche Zusammenhang zu bejahen, stellt sich die Frage (zweite Stufe der Kausalitätsprüfung), ob das Unfallereignis auch wesentlich war.

Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, auch zum gesamten Nachfolgenden). Sozialrechtlich ist allein relevant, ob (auch) das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. Wesentlich ist nicht gleichzusetzen mit gleichwertig oder annähernd gleichwertig. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange keine andere Ursache überragende Bedeutung hat. Ist jedoch eine Ursache gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist nur die erstgenannte Ursache wesentlich und damit Ursache im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als wesentlich anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als Gelegenheitsursache oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen Krankheitsanlage (egal, ob bislang stumm oder als Vorschaden manifest) zu vergleichen und abzuwägen ist (Problem der inneren Ursache), ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" (im Falle eines Vorschadens weiterer) akuter Erscheinungen aus ihr durch das Unfallereignis nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Gleiches gilt selbstverständlich, wenn die Erscheinung zu derselben Zeit ohne jede äußere Einwirkung aufgetreten wäre (siehe BSG, Urteil vom 02.02.1999, B 2 U 6/98 R). Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen.

Die innere Ursache muss bei dieser Prüfung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen, die bloße Möglichkeit einer inneren Ursache genügt nicht (BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 34/03 R). Dies gilt auch für das Ausmaß der inneren Ursache (BSG, Urteil vom 06.12.1989, 2 RU 7/89). Demgegenüber ist für die Beurteilung, ob das Unfallgeschehen bloße Gelegenheitsursache war, ob ein alltägliches Ereignis etwa zu derselben Zeit zum selben Erfolg geführt hätte, Wahrscheinlichkeit notwendig; die bloße Möglichkeit genügt auch hier nicht (BSG Urteil vom 04.12.1991, 2 RU 14/91). Dies bedeutet, dass die Grundlagen der Beurteilung, ob das Unfallereignis bloße "Gelegenheitsursache" war, im Sinne des Vollbeweises feststehen müssen, die Kausalitätsfrage ist wieder nach Wahrscheinlichkeit zu beurteilen.

Vorliegend geht der Senat angesichts des histologischen Befundes, der auch ältere Veränderungen beschrieb, davon aus, dass bei der Klägerin im Zeitpunkt des Unfallereignisses ein struktureller Vorschaden an der Supraspinatussehne bestand, der allerdings bis zum Unfallereignis zu keinerlei funktionellen Beeinträchtigungen oder Beschwerden geführt hat. Im Vordergrund standen - worauf Prof. Dr. R. angesichts der guten Mobilisationsfähigkeit der Sehne hingewiesen hat - ganz offensichtlich die frischen Veränderungen, sodass der Senat in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen zu der Überzeugung gelangt, dass der Unfall die Läsion der Supraspinatussehne zumindest wesentlich mit verursacht hat.

Damit war die am 16.07.2004 erfolgte operative Behandlung unfallbedingt erforderlich, so dass es sich bei den hiernach verblieben Funktionsbeeinträchtigungen um Unfallfolgen handelt, die als solche festzustellen sind. Soweit das SG auf der Grundlage des Gutachtens des Prof. Dr. R. demnach eine "aktive und passive Einschränkung der Einwärtsrotation und deutliche aktive Beeinträchtigung der Vor- und Seithebung des linken Armes im Schultergelenk" als Unfallfolgen festgestellt hat, ist dies nicht zu beanstanden. Die Richtigkeit der so beschriebenen Funktionsbeeinträchtigungen nach erfolgter operativer Behandlung der in Rede stehenden Ruptur hat auch die Beklagte nicht in Zweifel gezogen.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Verletztenrente ist § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente in Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente geleistet, der dem Grad der MdE entspricht (§ 56 Abs. 3 SGB VII).

Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.

Gemäß § 72 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII werden Renten von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch auf Verletztengeld endet; dies war hier der 07.11.2004. Denn als Folge des Sturzes vom 16.06.2004 und der deshalb erforderlich gewordenen operativen Behandlung war die Klägerin bis 07.11.2004 arbeitsunfähig, weshalb ihr bis zu diesem Zeitpunkt Verletztengeld zustand. Dass bei der Klägerin als Folge des Sturzes bis zum 07.11.2004 Arbeitsunfähigkeit bestand, hat auch die Beklagte nicht in Zweifel gezogen.

Zutreffend hat das SG die Beklagte danach verurteilt, der Klägerin ab dem Zeitpunkt des Wiedereintritts von Arbeitsfähigkeit am 08.11.2004 Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. zu gewähren. Die von Prof. Dr. R. vorgenommene Einschätzung der MdE, auf die sich das SG gestützt hat, entspricht den Erfahrungssätzen und Bewertungsmaßstäben der unfallversicherungsrechtlichen Literatur und ist damit ebenfalls nicht zu beanstanden. Auch die Beklagte hat insoweit keine Einwände erhoben, so dass nähere Ausführungen hierzu entbehrlich sind.

Nach alledem kann die Berufung der Beklagten keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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