Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 1926/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 3586/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17.07.2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Vormerkung einer Kindererziehungszeit sowie einer Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung.
Die am 1949 geborene Klägerin ist r. Staatsangehörige. Am 29.05.1973 wurde ihre Tochter geboren und nachfolgend von der Klägerin in R. erzogen. Die damalige Ehe der Klägerin wurde am 20.05.1980 geschieden. Am 30.12.2004 reisten die Klägerin und ihre Tochter in die Bundesrepublik Deutschland ein. Die Klägerin ist zwischenzeitlich mit einem seit 1995 in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Spätaussiedler verheiratet. Im Vormerkungsbescheid vom 19.06.2006 lehnte die Beklagte im Hinblick auf die Erziehung der Tochter der Klägerin die Feststellung einer Kindererziehungszeit und einer Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung ab. Diesbezüglich beantragte die Klägerin im Oktober 2006 eine Überprüfung. Mit dem Bescheid vom 20.12.2006 lehnte die Beklagte nach erneuter Prüfung die Rücknahme des Vormerkungsbescheids vom 19.06.2006 ab. Der hiergegen von der Klägerin eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 29.03.2007).
Deswegen hat die Klägerin am 17.04.2007 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben. Sie hat sich auf die zum 01.01.1992 erfolgte Änderung der einschlägigen gesetzlichen Regelung (§ 28b Fremdrentengesetz - FRG -) berufen. Seit dem 01.01.1992 sei die Anrechnung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung im jeweiligen Herkunftsgebiet nicht mehr auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt. Die Beklagte hat dem entgegen gehalten, § 28b FRG sei nur für den in § 1 FRG genannten Personenkreis zu dem die Klägerin als Ehegattin eines Vertriebenen nicht gehöre, anwendbar.
Das SG hat die Klage mit dem Gerichtsbescheid vom 17.07.2008 abgewiesen. Die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bescheids vom 19.06.2006 lägen nicht vor. Eine Anerkennung der gewünschten Zeiten käme nicht in Betracht. Die Klägerin könne sich nicht auf die Regelungen des FRG berufen, da diese alleine auf den in § 1 FRG bestimmten Personenkreis anzuwenden seien, zu dem sie nicht gehöre.
Gegen den ihr am 22.07.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 29.07.2008 Berufung eingelegt. Sie wiederholt ihr Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Klageverfahren.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17.07.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.03.2007 zu verpflichten, unter teilweiser Rücknahme des Bescheids vom 19.06.2006 eine Kindererziehungszeit vom 01.06.1973 bis 31.05.1974 und eine Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vom 29.05.1973 bis 28.05.1983 vorzumerken.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält an der getroffenen Entscheidung fest.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Rechtsgrundlage für das prozessuale Begehren der Klägerin ist § 44 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Der bestandskräftig gewordene Bescheid vom 19.06.2006 ist zwar im Hinblick auf die Ablehnung der streitgegenständlichen Zeiten für die Klägerin belastend, er ist jedoch nicht rechtswidrig. Die Klägerin erfüllt nicht die Voraussetzungen für eine Vormerkung der hier allein streitgegenständlichen Kindererziehungszeit und Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung, so dass die Beklagte zu Recht nach nochmaliger Prüfung mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 20.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.03.2007 eine Rücknahme des Bescheides vom 19.06.2006 insoweit ablehnte.
Nach § 149 Abs. 5 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) stellt der Versicherungsträger, nachdem er das Versicherungskonto geklärt hat, die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid fest (so genannter Vormerkungsbescheid). Das SG hat die für die streitgegenständlichen Zeiten maßgeblichen Rechtsgrundlagen (§§ 56, 57 SGB VI) im angefochtenen Gerichtsbescheid umfassend dargestellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird darauf Bezug genommen. Die Berücksichtigung der Zeiten der Kindererziehung unter ausschließlicher Berücksichtigung dieser Vorschriften scheitert - was unstreitig ist - an der fehlenden Erziehung der Tochter der Klägerin im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.
Zwar enthält § 56 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI eine Öffnungsklausel für Zeiten der Erziehung außerhalb der Bundesrepublik Deutschland. Eine diese Klausel ausfüllende, privilegierende Regelung findet sich in § 28b FRG, dessen Anwendung die Klägerin allein geltend macht. Allerdings kann sich die Klägerin nicht auf diese Regelung berufen. Zu Recht hat das SG entschieden, dass diese Vorschrift nur auf den in § 1 FRG bestimmten Personenkreis der - verkürzt ausgedrückt - Vertriebenen, zu dem die Kläger unstreitig nicht gehört, anzuwenden ist.
Die Behauptung der Klägerin, seit dem 01.01.1992 sehe § 28b Satz 1 FRG keine Beschränkung auf einen bestimmten Personenkreis mehr vor, beruht auf einer fehlerhaften Auslegung der zum 01.01.1992 vorgenommenen Neufassung dieser Vorschrift.
Bis zum 31.12.1991 lautete die Vorschrift wie folgt:
"Bei den in § 1 genannten Personen und bei Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik oder Berlin (Ost) hatten, stehen für die Versicherung und Anrechnung von Versicherungszeiten wegen Kindererziehung die Erziehung und der gewöhnliche Aufenthalt im jeweiligen Herkunftsgebiet der Erziehung und dem gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich."
Diese Fassung beruhte auf dem Gesetz zur Neuordnung der Hinterbliebenenrenten sowie zur Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung (Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeiten-Gesetz -HEZG-) vom 11.07.1985 (BGBl. I S. 1450, 1471). In der Gesetzesbegründung hierzu wurde ausgeführt, die Vorschrift stelle sicher, dass Zeiten der Kindererziehung auch bei Personen angerechnet würden, die unter das FRG fielen. Sie ziehe damit die Konsequenz aus dem Eingliederungsprinzip, das dem FRG zu Grunde liege (Bundestags-Drucksache 10/2677, Seite 49 f.). Zusätzlich bezog der damalige § 28b FRG jedoch auch Personen ein, die keine Vertriebenen nach § 1 FRG waren. Dies ergab sich aus der ausdrücklichen Nennung von Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) oder Berlin (Ost) hatten. Sinn dieser Ergänzung war die Einbeziehung aller damaligen Zuwanderer aus der DDR, die gerade keine Vertriebenen im Sinne § 1 FRG waren (BSG, Beschluss vom 04.06.1986, GS 1/85 in SozR 5050 § 15 Nr. 32).
Mit dem Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz - RRG - 1992, BGBl. I S. 1989, 2261) wurde § 28b Abs. 1 Satz 1 FRG wie folgt neu gefasst:
"Für die Anrechnung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch steht die Erziehung im jeweiligen Herkunftsgebiet der Erziehung im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs gleich."
In der Gesetzesbegründung wird diese Neufassung als "Redaktionelle Folgeänderung" bezeichnet (Bundestags-Drucksache 11/4124, Seite 221). Entgegen der Auffassung der Klägerin kann aus dem Wegfall der ausdrücklichen Bezugnahme auf Personen im Sinne § 1 FRG und Personen aus der (ehemaligen) DDR nicht geschlossen werden, dass nunmehr alle Personen aus Herkunftsgebieten hinsichtlich der Anrechnung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung gleichgestellt werden sollen. Der Gesetzgeber hat die Neufassung, wie eben ausgeführt, als redaktionelle Folgeänderung bezeichnet und mithin keine inhaltliche Änderung beabsichtigt. Die Änderung des Wortlauts ist vielmehr vor ihrem historischen Hintergrund zu betrachten. Zum 01.01.1992 war eine Einbeziehung von Zuwanderern aus der DDR wegen der Wiedervereinigung nicht mehr nötig. Zuwanderer aus dem Beitrittsgebiet oder dessen Bewohner benötigen keine den § 56 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI erweiternde, privilegierende Regelung mehr, da bei der Beurteilung, ob eine Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist, auf den Stand vom 03.10.1990 abzustellen ist. Es ist dabei unerheblich, ob das Gebiet zum Zeitpunkt der Erziehung zum Bundesgebiet zählte (Fichte in Hauck/Haines, SGB VI, § 56 Rdnr. 42). Da die Zuwanderer aus der DDR nun nicht mehr extra genannt werden mussten, konnte die frühere Bezugnahme auf § 1 FRG in § 28b FRG entfallen. Diese Bezugnahme war nur sprachlich wegen der Einbeziehung der Zuwanderer aus der DDR - die von § 1 FRG, wie dargelegt, nicht erfasst waren - in die Regelung des FRG erforderlich gewesen.
Im Übrigen ergibt sich aus dem Wortlaut des § 1 FRG klar, dass § 28b FRG nur auf die in § 1 FRG genannten Personengruppen angewandt werden kann. Denn die Anwendung "dieses Gesetzes" wird (unbeschadet der hier nicht einschlägigen § 5 Abs. 4 und 17 FRG) eindeutig auf die aufgezählten Personengruppen bezogen. Eine Ausweitung des persönlichen Anwendungsbereichs des FRG bedürfte somit - wie früher in § 28b FRG der Fall - einer ausdrücklichen Regelung. Schließlich kann der in § 28b FRG verwandte Begriff des Herkunftsgebiets nur bei einer klaren Eingrenzung des betroffenen Personenkreises sinnvoll verstanden werden. Würde man § 28b FRG ohne Beschränkung auf einen bestimmten Personenkreis sehen, könnte sich allein vom Wortlaut her jeder Zuwanderer aus welchem Land auch immer hinsichtlich der Berücksichtigung von Zeiten der Kindererziehung auf entsprechende Tatbestände in seinem Herkunftsland berufen. Dies entspricht klar nicht der Zielsetzung des FRG.
Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Vormerkung einer Kindererziehungszeit sowie einer Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung.
Die am 1949 geborene Klägerin ist r. Staatsangehörige. Am 29.05.1973 wurde ihre Tochter geboren und nachfolgend von der Klägerin in R. erzogen. Die damalige Ehe der Klägerin wurde am 20.05.1980 geschieden. Am 30.12.2004 reisten die Klägerin und ihre Tochter in die Bundesrepublik Deutschland ein. Die Klägerin ist zwischenzeitlich mit einem seit 1995 in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Spätaussiedler verheiratet. Im Vormerkungsbescheid vom 19.06.2006 lehnte die Beklagte im Hinblick auf die Erziehung der Tochter der Klägerin die Feststellung einer Kindererziehungszeit und einer Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung ab. Diesbezüglich beantragte die Klägerin im Oktober 2006 eine Überprüfung. Mit dem Bescheid vom 20.12.2006 lehnte die Beklagte nach erneuter Prüfung die Rücknahme des Vormerkungsbescheids vom 19.06.2006 ab. Der hiergegen von der Klägerin eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 29.03.2007).
Deswegen hat die Klägerin am 17.04.2007 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben. Sie hat sich auf die zum 01.01.1992 erfolgte Änderung der einschlägigen gesetzlichen Regelung (§ 28b Fremdrentengesetz - FRG -) berufen. Seit dem 01.01.1992 sei die Anrechnung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung im jeweiligen Herkunftsgebiet nicht mehr auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt. Die Beklagte hat dem entgegen gehalten, § 28b FRG sei nur für den in § 1 FRG genannten Personenkreis zu dem die Klägerin als Ehegattin eines Vertriebenen nicht gehöre, anwendbar.
Das SG hat die Klage mit dem Gerichtsbescheid vom 17.07.2008 abgewiesen. Die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bescheids vom 19.06.2006 lägen nicht vor. Eine Anerkennung der gewünschten Zeiten käme nicht in Betracht. Die Klägerin könne sich nicht auf die Regelungen des FRG berufen, da diese alleine auf den in § 1 FRG bestimmten Personenkreis anzuwenden seien, zu dem sie nicht gehöre.
Gegen den ihr am 22.07.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 29.07.2008 Berufung eingelegt. Sie wiederholt ihr Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Klageverfahren.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17.07.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.03.2007 zu verpflichten, unter teilweiser Rücknahme des Bescheids vom 19.06.2006 eine Kindererziehungszeit vom 01.06.1973 bis 31.05.1974 und eine Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vom 29.05.1973 bis 28.05.1983 vorzumerken.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält an der getroffenen Entscheidung fest.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Rechtsgrundlage für das prozessuale Begehren der Klägerin ist § 44 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Der bestandskräftig gewordene Bescheid vom 19.06.2006 ist zwar im Hinblick auf die Ablehnung der streitgegenständlichen Zeiten für die Klägerin belastend, er ist jedoch nicht rechtswidrig. Die Klägerin erfüllt nicht die Voraussetzungen für eine Vormerkung der hier allein streitgegenständlichen Kindererziehungszeit und Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung, so dass die Beklagte zu Recht nach nochmaliger Prüfung mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 20.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.03.2007 eine Rücknahme des Bescheides vom 19.06.2006 insoweit ablehnte.
Nach § 149 Abs. 5 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) stellt der Versicherungsträger, nachdem er das Versicherungskonto geklärt hat, die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid fest (so genannter Vormerkungsbescheid). Das SG hat die für die streitgegenständlichen Zeiten maßgeblichen Rechtsgrundlagen (§§ 56, 57 SGB VI) im angefochtenen Gerichtsbescheid umfassend dargestellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird darauf Bezug genommen. Die Berücksichtigung der Zeiten der Kindererziehung unter ausschließlicher Berücksichtigung dieser Vorschriften scheitert - was unstreitig ist - an der fehlenden Erziehung der Tochter der Klägerin im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.
Zwar enthält § 56 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI eine Öffnungsklausel für Zeiten der Erziehung außerhalb der Bundesrepublik Deutschland. Eine diese Klausel ausfüllende, privilegierende Regelung findet sich in § 28b FRG, dessen Anwendung die Klägerin allein geltend macht. Allerdings kann sich die Klägerin nicht auf diese Regelung berufen. Zu Recht hat das SG entschieden, dass diese Vorschrift nur auf den in § 1 FRG bestimmten Personenkreis der - verkürzt ausgedrückt - Vertriebenen, zu dem die Kläger unstreitig nicht gehört, anzuwenden ist.
Die Behauptung der Klägerin, seit dem 01.01.1992 sehe § 28b Satz 1 FRG keine Beschränkung auf einen bestimmten Personenkreis mehr vor, beruht auf einer fehlerhaften Auslegung der zum 01.01.1992 vorgenommenen Neufassung dieser Vorschrift.
Bis zum 31.12.1991 lautete die Vorschrift wie folgt:
"Bei den in § 1 genannten Personen und bei Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik oder Berlin (Ost) hatten, stehen für die Versicherung und Anrechnung von Versicherungszeiten wegen Kindererziehung die Erziehung und der gewöhnliche Aufenthalt im jeweiligen Herkunftsgebiet der Erziehung und dem gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich."
Diese Fassung beruhte auf dem Gesetz zur Neuordnung der Hinterbliebenenrenten sowie zur Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung (Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeiten-Gesetz -HEZG-) vom 11.07.1985 (BGBl. I S. 1450, 1471). In der Gesetzesbegründung hierzu wurde ausgeführt, die Vorschrift stelle sicher, dass Zeiten der Kindererziehung auch bei Personen angerechnet würden, die unter das FRG fielen. Sie ziehe damit die Konsequenz aus dem Eingliederungsprinzip, das dem FRG zu Grunde liege (Bundestags-Drucksache 10/2677, Seite 49 f.). Zusätzlich bezog der damalige § 28b FRG jedoch auch Personen ein, die keine Vertriebenen nach § 1 FRG waren. Dies ergab sich aus der ausdrücklichen Nennung von Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) oder Berlin (Ost) hatten. Sinn dieser Ergänzung war die Einbeziehung aller damaligen Zuwanderer aus der DDR, die gerade keine Vertriebenen im Sinne § 1 FRG waren (BSG, Beschluss vom 04.06.1986, GS 1/85 in SozR 5050 § 15 Nr. 32).
Mit dem Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz - RRG - 1992, BGBl. I S. 1989, 2261) wurde § 28b Abs. 1 Satz 1 FRG wie folgt neu gefasst:
"Für die Anrechnung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch steht die Erziehung im jeweiligen Herkunftsgebiet der Erziehung im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs gleich."
In der Gesetzesbegründung wird diese Neufassung als "Redaktionelle Folgeänderung" bezeichnet (Bundestags-Drucksache 11/4124, Seite 221). Entgegen der Auffassung der Klägerin kann aus dem Wegfall der ausdrücklichen Bezugnahme auf Personen im Sinne § 1 FRG und Personen aus der (ehemaligen) DDR nicht geschlossen werden, dass nunmehr alle Personen aus Herkunftsgebieten hinsichtlich der Anrechnung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung gleichgestellt werden sollen. Der Gesetzgeber hat die Neufassung, wie eben ausgeführt, als redaktionelle Folgeänderung bezeichnet und mithin keine inhaltliche Änderung beabsichtigt. Die Änderung des Wortlauts ist vielmehr vor ihrem historischen Hintergrund zu betrachten. Zum 01.01.1992 war eine Einbeziehung von Zuwanderern aus der DDR wegen der Wiedervereinigung nicht mehr nötig. Zuwanderer aus dem Beitrittsgebiet oder dessen Bewohner benötigen keine den § 56 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI erweiternde, privilegierende Regelung mehr, da bei der Beurteilung, ob eine Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist, auf den Stand vom 03.10.1990 abzustellen ist. Es ist dabei unerheblich, ob das Gebiet zum Zeitpunkt der Erziehung zum Bundesgebiet zählte (Fichte in Hauck/Haines, SGB VI, § 56 Rdnr. 42). Da die Zuwanderer aus der DDR nun nicht mehr extra genannt werden mussten, konnte die frühere Bezugnahme auf § 1 FRG in § 28b FRG entfallen. Diese Bezugnahme war nur sprachlich wegen der Einbeziehung der Zuwanderer aus der DDR - die von § 1 FRG, wie dargelegt, nicht erfasst waren - in die Regelung des FRG erforderlich gewesen.
Im Übrigen ergibt sich aus dem Wortlaut des § 1 FRG klar, dass § 28b FRG nur auf die in § 1 FRG genannten Personengruppen angewandt werden kann. Denn die Anwendung "dieses Gesetzes" wird (unbeschadet der hier nicht einschlägigen § 5 Abs. 4 und 17 FRG) eindeutig auf die aufgezählten Personengruppen bezogen. Eine Ausweitung des persönlichen Anwendungsbereichs des FRG bedürfte somit - wie früher in § 28b FRG der Fall - einer ausdrücklichen Regelung. Schließlich kann der in § 28b FRG verwandte Begriff des Herkunftsgebiets nur bei einer klaren Eingrenzung des betroffenen Personenkreises sinnvoll verstanden werden. Würde man § 28b FRG ohne Beschränkung auf einen bestimmten Personenkreis sehen, könnte sich allein vom Wortlaut her jeder Zuwanderer aus welchem Land auch immer hinsichtlich der Berücksichtigung von Zeiten der Kindererziehung auf entsprechende Tatbestände in seinem Herkunftsland berufen. Dies entspricht klar nicht der Zielsetzung des FRG.
Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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