Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 1686/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3801/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig und hierbei insbesondere die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen.
Der am 2. Januar 1952 in der Türkei geborene Kläger siedelte im Dezember 1974 in die Bundesrepublik Deutschland über. Er erlernte nach seinen eigenen Angaben keinen Beruf und arbeitete von Juni 1976 bis November 1989 bei verschiedenen Firmen als Maschinenarbeiter. Seit November 1989 war er als Ziegeleiarbeiter/Maschinenführer in der Tonaufbereitung bei der Firma Z. T. GmbH & Co. in E. beschäftigt. Am 19. Oktober 1990 erlitt der Kläger dort einen Arbeitsunfall. Beim Reinigen einer Maschine gelangte sein linker Arm in die Maschine, was zu einem offenen Bruch im linken Oberarm und zu Quetschungen führte. Die Berufsgenossenschaft der Keramischen- und Glas-Industrie (im Folgenden BG) holte daraufhin das Rentengutachten vom 15. Oktober 1991 sowie das Unfallgutachten vom 13. Mai 1992 ein und bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 11. August 1992 eine Dauerrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v.H. Hierbei anerkannte sie als Unfallfolgen ua eine aufgehobene Unterarmdrehbeweglichkeit, Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit, weitgehend aufgehobene Greiffunktion der Hand, weitgehende Befestigung der Fingergrund- und Endgelenke, verminderte Berührungsempfindlichkeit am Unterarm sowie Muskelminderung und Knochenentkalkung des Ober- und Unterarmes. Nach dem Unfall wurde der Kläger von seinem Arbeitgeber versicherungspflichtig als Hofarbeiter eingesetzt, wobei er nach eigenen Angaben mit der rechten Hand Paletten sortierte. Die Tätigkeit endete im Oktober 1997, nachdem sich der Kläger mit seinem früheren Arbeitgeber auf die Zahlung einer Abfindung geeinigt hatte. Seither ist der Kläger arbeitslos. Nach dem Ende des Arbeitslosengeldbezuges bezog er keine weiteren Sozialleistungen mehr. Es ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 seit dem 8. Dezember 2006 anerkannt (Bescheid des Landratsamtes O. vom 8. Februar 2007).
Am 30. Januar 2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab er an, er sei seit 1990 wegen seines Arbeitsunfalls und wegen zweier Bandscheibenvorfälle sowie Knieschmerzen erwerbsgemindert. Die Beklagte holte daraufhin die Arbeitgeberauskunft der T. GmbH & Co. KG vom 8. März 2006 ein und ließ den Kläger fachärztlich begutachten. Chirurg Dr. R. gelangte in seinem Gutachten vom 10. März 2006 für den Kläger zu folgenden Diagnosen: reaktive Depression auf Arbeitslosigkeit und Zustand nach Arbeitsunfall linker Arm, Lumbalgie bei degenerativen Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule und links-convexe Skoliose der LWS, Fallhand linke Hand bei Zustand nach Betriebsunfall vor Jahren, Gonarthrose linkes Kniegelenk sowie Schilddrüsen- und Lebervergrößerung. Als Palettenarbeiter könne der Kläger nur noch unter drei Stunden täglich arbeiten. Leichte Tätigkeiten könne er hingegen unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Allerdings seien Leistungen zur medizinischen Rehabilitation indiziert. Die Beklagte bewilligte daraufhin stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Vom 2. November bis 7. Dezember 2006 nahm der Kläger an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der S.-Klinik Bad B. teil. Psychiater Dr. M. gab im Entlassungsbericht vom 7. Dezember 2006 an, der Kläger leide an einer mittelgradigen depressiven Episode, an einer Radialisparese links mit Fallhand, an einem degenerativen Wirbelsäulensyndrom, an Gonarthrose und an einem Zustand nach Hepatitis-B-Infektion. Aus psychotherapeutischer Sicht bestehe bei dem Kläger seit dem Arbeitsunfall eine depressive Störung, seit 2005 sei diese als mittelgradige depressive Episode einzuschätzen. Unter muttersprachlicher Therapie könne die Störung durchaus therapiezugänglich sein mit positiver Prognose. Aufgrund der Depressivität mit Akzentuierung des Schmerzgeschehens bestehe auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt jedoch auch für leichte Tätigkeiten ein Leistungsvermögen unter drei Stunden. Empfehlenswert sei eine Wiederbegutachtung in zwölf Monaten. Mit Bescheid vom 20. Dezember 2006 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag des Klägers mit der Begründung ab, es bestehe zwar eine zeitlich begrenzte volle Erwerbsminderung seit dem 7. Dezember 2006 bis voraussichtlich 30. Juni 2009. In den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung seien aber nicht drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorhanden. Im maßgeblichen Zeitraum vom 1. Juli 1998 bis 6. Dezember 2006 seien nur ein Jahr und drei Kalendermonate mit entsprechenden Beiträgen belegt.
Mit seinem hiergegen am 10. Januar 2007 erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, es sei zu prüfen, ob der Leistungsfall nicht auf das Jahr 1999 zurückgelegt werden könne. Er sei seit ca 1997 krank und könne seither nicht mehr arbeiten. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 28. März 2007). Zur Begründung wurde ausgeführt, entgegen der Feststellung im Bescheid vom 20. Dezember 2006 bestehe die zeitliche Leistungsminderung bereits seit dem 30. Januar 2006. Zwar sei die allgemeine Wartezeit zu diesem Zeitpunkt erfüllt. Im maßgeblichen Zeitraum vom 1. August 1997 bis 29. Januar 2006 seien jedoch lediglich 26 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen vorhanden. Darüber hinaus sei auch der Zeitraum vom 1. Januar 1984 bis 31. Dezember 2005 nicht durchgehend mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien nur erfüllt, wenn der Leistungsfall der Erwerbsminderung spätestens am 31. März 2005 eingetreten sei.
Am 30. April 2007 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und vorgetragen, er habe aufgrund seines im Jahr 1990 erlittenen Arbeitsunfalls Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung. Er habe nur mit extremen Schmerzen und enormen Beschwerden weiter arbeiten können. Er leide zudem an einer Fallhand und zwischenzeitlich sei auch die Muskulatur verschmächtigt. Des Weiteren leide er an einer reaktiven Depression, die auf seinen Zustand nach dem Arbeitsunfall sowie auf die Arbeitslosigkeit wegen des Arbeitsunfalles zurückzuführen sei. Hinzu käme eine Gonarthrose im linken Knie. In den letzten Monaten hätten keine ärztlichen Behandlungen stattfinden können, da er aufgrund familiärer Veränderungen gezwungen gewesen sei, mehrfach ins Ausland zu reisen.
Das SG hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen.
Facharzt für Orthopädie Dr. D. hat mitgeteilt (Auskunft vom 4. September 2007), er habe den Kläger einmalig im Februar 2006 behandelt. Davor sei dieser von 1988 bis 2001 in Behandlung bei seinem Vater gewesen. Der Kläger leide an einem degenerativen Wirbelsäulensyndrom mit rechts-convexer Seitablenkung. Eine Aussage über die Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne nicht getroffen werden. Internist Dr. B. hat angegeben (Auskunft vom 18. September 2007), der Kläger habe sich bis Februar 2005 nur gelegentlich in seiner Behandlung befunden. Über den aktuellen Gesundheitszustand könne daher keine Aussage gemacht werden. Facharzt für Allgemeinmedizin G. hat ausgeführt (Auskunft vom 21. September 2007), der Kläger sei seit Januar 2007 (Diagnosen: Lumbalgie, Fallhand links, depressive Entwicklung und Gonarthrose links) nicht mehr in der Praxis gewesen. Über den aktuellen Gesundheitszustand könne er keine Aussage machen.
Das SG hat den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung am 21. Mai 2008 vertagt und das nervenärztliche Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. vom 31. Juli 2008 eingeholt. Der Kläger leide danach an einer mittelgradigen depressiven Episode, an einer oberen Radialisparese links mit Fallhandbildung und an einem Wirbelsäulensyndrom ohne neurologischem Defizit. Es sei davon auszugehen, dass sich die depressive Symptomatik über mehrere Jahre hinweg langsam entwickelt habe. Auf den Unfall habe der Kläger zunächst mit einer Anpassungsstörung im Sinne einer längeren depressiven Reaktion reagiert. Dass bei dem Kläger eine depressive Störung vorliege, werde erstmals im Entlassungsbericht der S.-Klinik Bad B. angegeben. Zuvor habe er sich nie in nervenärztlicher Behandlung befunden und habe auch seinem Hausarzt gegenüber nicht über eine depressive Symptomatik berichtet. In Übereinstimmung mit dem Entlassungsbericht der S.-Klinik Bad B. könne davon ausgegangen werden, dass das Leistungsvermögen des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufgrund der psychischen Störung auf unter drei Stunden täglich herabgesetzt sei. Diese Leistungseinschränkung bestehe seit dem 30. Januar 2006. Über die Zeit davor seien keine Befunde aktenkundig. Der Kläger habe zwar geschildert, dass die Symptomatik bereits seit dem Arbeitsunfall bestehe, auf der anderen Seite sei er aber nach dem Arbeitsunfall noch jahrelang berufstätig gewesen. Es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die depressive Störung bereits im Jahr 2005 bestanden habe. Denn zum damaligen Zeitpunkt habe sich der Kläger nicht in nervenärztlicher Behandlung befunden. Darüber hinaus habe er seinen Hausarzt nicht über die bestehende depressive Symptomatik berichtet und dem Hausarzt sei eine solche Symptomatik offenbar auch nicht aufgefallen. Die eingeschränkte Erwerbsfähigkeit sei aber auf die Folgen des Arbeitsunfalls vom Oktober 1990 zurückzuführen. Dies treffe insbesondere auf die bestehende Radialisparese links mit eingeschränkter Gebrauchsfähigkeit der linken Hand zu. Auch die depressive Störung habe sich jedoch in Folge des Arbeitsunfalls und der daraus resultierenden Arbeitslosigkeit eingestellt. So, wie sich die Symptomatik jetzt darstelle, sei allein schon anhand des Ausdrucksverhaltens eine depressive Komponente evident; eine solche Symptomatik hätte nach nervenärztlicher Auffassung auch einem Allgemeinmediziner zweifellos auffallen müssen.
Für die Beklagte nahm Fachärztin für Chirurgie Dr. H. unter dem 21. Oktober 2008 zu dem Gutachten von Dr. D. Stellung. Sie wies unter anderem darauf hin, dass eine psychische Störung bei der Rentenantragstellung nicht angegeben worden sei. Unter Berücksichtigung des Verlaufs sei davon auszugehen, dass die Genese für die depressive Störung multikausal sei. Hierbei spielten unterschiedliche Faktoren eine Rolle. Zum einen sei eine Ursache in der längeren Arbeitslosigkeit und der angespannten finanziellen Lage zu sehen und zum anderen seien persönlichkeitsbedingte Faktoren und familiäre Belastungen neben dem Handicap durch die Verletzungsfolgen am linken Arm als auslösende Faktoren zu berücksichtigen. Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem Unfall und der jetzt festgestellten depressiven Symptomatik als alleinige oder überwiegende Ursache sei zu verneinen, da bei Ausbildung einer relevanten depressiven Symptomatik erst 16 Jahre nach dem Unfall dieser nicht als maßgebliche Ursache anzusehen sei.
Mit Urteil vom 17. Juli 2009 hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. Oktober 2006 bis zum 30. September 2009 zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger nicht mehr in der Lage sei, täglich mindestens drei Stunden zu arbeiten. Ursache für die Leistungsminderung sei die depressive Störung im Zusammenhang mit der fehlenden Einsatzfähigkeit des "rechten Armes und der rechten Hand" (gemeint wohl linker Arm und linke Hand). Der Kläger habe auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt. Denn zu seinen Gunsten sei die Regelung in § 43 Abs 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zu berücksichtigen. Der Kläger sei aufgrund des Arbeitsunfalls vermindert erwerbsfähig geworden. Der Versicherungsfall der vollen Erwerbsminderung sei zum einen wegen der Folgen der Armverletzung eingetreten und zum anderen auch wegen der Depression. Entscheidend sei, dass auch die Depression wesentlich ursächlich wegen der Armverletzung entstanden sei. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. D ... Dieser habe auch die Frage bejaht, ob das eingeschränkte Leistungsvermögen auf die Folgen des Arbeitsunfalls zurückzuführen sei. Die depressive Symptomatik habe einen schleichenden Verlauf genommen und sei erstmals 2006 genau dokumentiert und beschrieben worden. Dr. D. führe die Depression jedoch nicht auf multikausale Ursachen zurück, sondern sehe die Depression als Folge des Arbeitsunfalls. Weder die Arbeitslosigkeit noch sonst ein dramatisches Ereignis im Sinne einer allein wesentlichen Bedingung habe beim Kläger zum Eintritt des Versicherungsfalls geführt. Der Arbeitsunfall und die Gebrauchsunfähigkeit des linken Armes und der linken Hand seien für den Eintritt der Depression in gleichem Maße wesentlich gewesen, so dass die Kausalität zwischen dem Arbeitsunfall und der Erwerbsminderung gegeben sei. Gemäß § 102 Abs 2 Satz 1 SGB VI werde die Rente wegen Erwerbsminderung nur auf Zeit geleistet.
Gegen das der Beklagten am 13. August 2009 zugestellte Urteil hat diese am 20. August 2009 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt und zur Begründung vorgetragen, der Arbeitsunfall könne nach mehr als 16 Jahren nicht mehr als maßgebende Ursache für die jetzt vorliegende depressive Störung angesehen werden. Das SG habe es unterlassen, die Akten der BG und des Versorgungsamtes beizuziehen. Die Auffassung des SG sei reine Spekulation. Dies insbesondere deshalb, wenn man die Sozialanamnese im Entlassungsbericht der S.-Klinik vom 7. Dezember 2006 heranziehe, in der erwähnt werden, dass ein Sohn drogenabhängig sei, die Familie dominiere und Schulden vorhanden seien. Auch sei der Arbeitsmarkt wegen der faktischen Einarmigkeit nicht verschlossen. Der Kläger habe seit September 1991 in seiner früheren Firma weitergearbeitet, wobei er mit der rechten Hand Paletten sortiert habe. Zudem sei eine berufliche Wiedereingliederung nicht unwesentlich an den Lohnforderungen des Klägers unter Ablehnung von Arbeiten an Samstagen und Sonntagen und von Nachtschicht gescheitert. Des Weiteren könne er noch auf die Tätigkeit eines Pförtners an der Nebenpforte verwiesen werden. Diese Tätigkeit sei ihm auch zumutbar. Zur weiteren Begründung hat die Beklagte die Stellungnahme der Dr. H. vom 17. August 2009 und den Versicherungsverlauf vom 24. November 2009 vorgelegt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG vom 17. Juli 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend. Die Depression sei wesentlich ursächlich aufgrund des Arbeitsunfalles entstanden.
Der Senat hat die Verwaltungsakten der BG (Band I und II) sowie die Verwaltungsakte des Landratsamtes O. (Integration und Versorgung) beigezogen. Aus der beigezogenen BG-Akte ergibt sich, dass der Kläger am 13. Mai 1992 (Blatt 128), am 3. November 1992 (Blatt 153), im April 1993 (Blatt 165), im April 1994 (Blatt 175), im März 1995 (Blatt 1989) und im Mai 1997 (Blatt 235) fachärztlich untersucht wurde. Eine depressive Symptomatik wurde in den genannten Gutachten nicht angegeben. Darüber hinaus befindet sich in der BG-Akte der "Monats- und Abschlussbericht Januar 2000" des Aktionsbüros für Arbeit Süd-E., wonach eine Vermittlung des Klägers aussichtslos sei. Zwar sei für den Kläger ein passender Arbeitsplatz gefunden worden. Dieser sei aber wegen der Vorstellung des Klägers hinsichtlich Arbeitszeit und Lohnhöhe letztlich nicht in Betracht gekommen (Blatt 261). Am 12. Februar 2007 hat die Tochter des Klägers einen mündlichen Antrag auf Verschlimmerung der Unfallfolgen gestellt. Die BG hat daraufhin einen Auszug aus der Krankendatei der AOK beigezogen (Blatt 288) und hat den Kläger fachärztlich begutachten lassen. Chirurg Prof. Dr. H. ist in seinem Gutachten vom 10. Januar 2008 zu der Einschätzung gelangt, dass die MdE unverändert weiterbestehe. Zu den unfallunabhängigen krankhaften Veränderungen zählten Einschränkungen auf dem Boden der degenerativen Wirbelsäulenerkrankung verstärkt durch die depressive Grundstimmung bei bekannt psychovegetativem Syndrom. Mit Bescheid vom 3. März 2008 hat die BG daraufhin den Antrag auf Rentenerhöhung abgelehnt und ua darauf hingewiesen, dass die depressive Grundstimmung bei psychovegetativem Syndrom nicht mit dem Arbeitsunfall in ursächlichem Zusammenhang stehe. Diesen Bescheid hat der Kläger nicht angefochten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, auf die beigezogenen Verwaltungsakten der BG und des Landratsamtes Ostalbkreis und auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig. Sie ist auch begründet. Denn das SG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. Oktober 2006 bis zum 30. September 2009 zu gewähren, da der Bescheid der Beklagten vom 20. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. März 2007 (§ 95 SGG) rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Der Kläger hat weder ab dem 1. Januar 2006 noch ab einem späteren Zeitpunkt Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, auch nicht wegen teilweiser Erwerbsminderung, da er die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. Dezember 2007 nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I, 554). Dies folgt aus § 300 Abs 1 SGB VI. Danach sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt (§ 302b Abs 1 SGB VI).
Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2; sog Drei-Fünftel-Belegung) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Auch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit setzt nach § 240 SGB VI für Versicherte, die - wie der Kläger - vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, Berufsunfähigkeit und ebenfalls die besondere versicherungsrechtliche Voraussetzung der Drei-Fünftel-Belegung voraus.
Nach diesen Maßstäben steht dem Kläger eine Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung (auch bei Berufsunfähigkeit) nicht zu. Er hat zwar die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt (§ 50 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB VI), wie sich aus dem Versicherungsverlauf vom 24. November 2009 ergibt. Zum 30. Januar 2006, dem Tag der Rentenantragstellung und dem Eintritt des Versicherungsfalles, hat er aber die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 43 Abs 1 Nr 2, Abs 2 Nr 2 SGB VI nicht mehr erfüllt und es ist nicht nachgewiesen, dass die Erwerbsminderung vorher eingetreten ist.
Der Senat geht mit den Beteiligten davon aus, dass der Kläger nicht mehr in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich zu verrichten. Dies ergibt sich zum einen aus dem Entlassungsbericht des Dr. M. vom 7. Dezember 2006 und zum anderen aus dem Gutachten des Dr. D ... Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht (mehr) streitig. Dabei geht der Senat weiter davon aus, dass die zeitliche Minderung des Leistungsvermögens aufgrund der psychischen Störung (mittelgradige depressive Episode) herabgesetzt ist. Dies entnimmt er dem Gutachten des Dr. D., der - in Übereinstimmung mit Dr. M. - zu der Einschätzung gelangte, dass die psychische Störung die Ursache für die zeitliche Leistungsminderung ist (vgl Seite 13 des Gutachtens).
Die zeitliche Leistungsminderung besteht seit Januar 2006. Ein vom Kläger behaupteter Versicherungsfall im Jahr 1999 - zu diesem Zeitpunkt sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch erfüllt, weil 36 Monate Pflichtbeiträge in den vorhergehenden fünf Jahren entrichtet sind (vgl Versicherungsverlauf vom 24. November 2009) - lässt sich nicht feststellen. Der Senat geht vielmehr mit Dr. D. davon aus, dass die zeitliche Leistungseinschränkung seit der Antragstellung, dh seit dem 30. Januar 2006 besteht. Denn über die Zeit davor sind keine entsprechenden Befunde aktenkundig. Der Kläger war noch bis 1997 berufstätig. In den Jahren danach wurde er weder hausärztlich noch fachärztlich wegen einer depressiven Erkrankung behandelt. Auch in den beigezogenen medizinischen Unterlagen in der BG-Akte finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger vor Januar 2006 an einer (leistungsmindernden) depressiven Erkrankung litt. Dies entnimmt der Senat den BG-Gutachten aus den Jahren 1991 (Blatt 110 der BG-Akte), 1992 (Blatt 128 und 153 der BG-Akte), 1993 (Blatt 165 der BG-Akte), 1994 (Blatt 175 der BG-Akte), 1995 (Blatt 189 der BG-Akte) und 1997 (Blatt 235 der BG-Akte). In den zitierten BG-Gutachten wurden vom Kläger zu keinem Zeitpunkt psychische Beschwerden angegeben. Ein entsprechender Befund wurde von den BG-Gutachtern ebenfalls nicht erhoben. Auch ergibt sich aus der Krankendatei der AOK, dass der Kläger vor November 2006 nicht wegen einer depressiven Episode behandelt worden ist (Blatt 288 der BG-Akte). Dass eine depressive Störung besteht, wurde erstmals von Dr. R. im März 2006 dokumentiert. Dr. D. hat zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass aus dem Entlassungsbericht des Dr. M. nicht deutlich wird, weshalb diese Störung bereits im Jahre 2005 bestanden haben soll. Darüber hinaus wurde der Rententrag des Klägers nicht mit einer psychischen Symptomatik begründet. Schließlich berichtet Hausarzt G. im September 2007 zwar über eine depressive Entwicklung, ohne aber zum zeitlichen Verlauf Angaben zu machen. Vor diesem Hintergrund ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Erwerbsminderung nicht vor dem 30. Januar 2006, dem Tag, an dem der Kläger durch seine Rentenantragstellung nach außen hin dokumentiert hat, dass er von einer Leistungsminderung ausgeht, eingetreten ist.
Zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung hat der Kläger im Fünfjahreszeitraum vom 30. Januar 2001 bis 29. Januar 2006 aber keine Monate mit Pflichtbeiträgen belegt. Dies ergibt sich aus dem Versicherungsverlauf der Beklagten vom 24. November 2009. Denn in der Zeit vom 8. September 1999 bis 1. Februar 2006 hat der Kläger keine Beiträge entrichtet, wobei Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit im Versicherungsverlauf weder dargetan noch ersichtlich sind. Allerdings verlängert sich der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung im Januar 2006, da im Zeitraum von September 1999 bis Februar 2006 insgesamt 50 Monate als Anrechnungszeiten anzuerkennen sind. Nach § 43 Abs 4 SGB VI verlängert sich nämlich der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:
1. Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, 2. Berücksichtigungszeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nr 1 oder 2 liegt, 4. Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.
In Betracht kommt vorliegend nur die Verlängerung des Zeitraums aufgrund von Anrechnungszeiten nach § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB VI. Anrechnungszeiten sind danach Zeiten, in denen Versicherte wegen Arbeitslosigkeit bei einer deutschen Agentur für Arbeit als Arbeitssuchende gemeldet waren und eine öffentlich-rechtliche Leistung bezogen oder nur wegen des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens nicht bezogen haben. Aus dem Versicherungsverlauf der Beklagten vom 24. November 2009 ergibt sich, dass in der Zeit vom 11. September 1999 bis 31. Dezember 1999, vom 1. Januar bis 31. Dezember 2000, vom 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2001, vom 1. Januar bis 17. März 2002, vom 25. April bis 31. Dezember 2002, vom 1. Januar bis 26. Februar 2003, vom 10. Oktober bis 31. Dezember 2003, vom 1. Januar bis 14. April 2004 und vom 27. Dezember 2005 bis 1. Januar 2006 (dem Monat der Antragstellung) Zeiten wegen Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug gespeichert sind. Daraus folgt, dass der Fünf-Jahres-Zeitraum vom 30. Januar 2001 bis 29. Januar 2006 um insgesamt 50 Monate verlängert werden muss. Der maßgebliche Zeitraum betrifft danach die Zeit vom 30. November 1996 bis 29. Januar 2006. In diesem Zeitraum hat der Kläger aber lediglich 35 Monate mit Pflichtbeitragszeiten belegt.
Im Übrigen hat der Kläger auch nicht die Zeit ab 1. Januar 1984 durchgehend mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt (§ 241 Abs 2 SGB VI). Nach § 241 Abs 2 Satz 2 SGB VI wäre zwar für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich. Der Kläger war im Zeitpunkt der Antragstellung im Januar 2006 aber nicht mehr berechtigt, Beiträge nachzuentrichten (§ 197 SGB VI).
Entgegen der Ansicht des SG sind vorliegend auch nicht die Voraussetzungen der vorzeitigen Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (§ 43 Abs 5 iVm mit § 53 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI) erfüllt. Nach § 43 Abs 5 SGB VI gilt: Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist. Dies ist nach § 53 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI der Fall, wenn der Versicherte wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit vermindert erwerbsfähig geworden oder gestorben ist. Die schädigenden Tatbestände des § 53 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI müssen mit dem Eintritt der Erwerbsminderung dem Wortlaut nach in einem ursächlichen Zusammenhang stehen ("wegen"). In der Rentenversicherung gilt insofern der selbe rechtliche Kausalbegriff wie auch in der Unfallversicherung (vgl BSG in SozR 2200 § 1251 Nr. 69). Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung ist als ursächlich die Bedingung anzusehen, die im Verhältnis zu anderen Einzelbedingungen wegen ihrer besonderen Beziehungen zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat.
Nach Überzeugung des Senats ist der Kläger nicht in diesem Sinn "wegen" des am 19. Oktober 1990 erlittenen Arbeitsunfalls vermindert erwerbsfähig im Sinne des § 43 SGB VI geworden. Wie bereits dargelegt, geht der Senat davon aus, dass der Kläger allein aufgrund der psychischen Störung nicht mehr in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich auszuüben. Bei dieser Erkrankung handelt es sich - im Gegensatz zur eingeschränkten Funktionsfähigkeit des linken Unter- und Oberarmes - jedoch nicht um eine unmittelbare Folge des Arbeitsunfalls. Grundsätzlich müssen in diesem Zusammenhang die psychische Störung und die Funktionsbeeinträchtigung am linken Arm unterschieden werden. Die Funktionsbeeinträchtigungen am linken Arm sind eindeutig eine Folge des am 19. Oktober 1990 erlittenen Arbeitsunfalls. Dies ergibt sich bereits aus dem Bescheid der BG vom 11. August 1992. Die Beeinträchtigung des linken Armes führt jedoch nicht zur verminderten Erwerbsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht. Die diesbezüglichen Störungen führen lediglich zu qualitativen Leistungseinschränkungen im Hinblick auf die Gebrauchsfähigkeit der linken Hand und des linken Armes. Dies hat Dr. R. in seinem Gutachten nachvollziehbar dargelegt. Trotz der bestehenden faktischen Einarmigkeit liegt eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes aber nicht vor. Der Kläger hat bis Ende 1997 noch mit seinem rechten Arm bei seinem früheren Arbeitgeber versicherungspflichtig arbeiten können. Darüber hinaus scheiterte eine Integration in den Arbeitsmarkt in erster Linie nicht aufgrund der Beeinträchtigung im linken Arm, sondern wegen den Lohnforderungen und der Einschränkung in der Arbeitszeit (keine Nachtschicht sowie Wochen- endarbeit) durch den Kläger. Dies entnimmt der Senat dem "Monats- und Abschlussbericht Januar 2000" des Aktionsbüros für Arbeit Süd-E. (vgl Blatt 261 der BG-Akte). Darüber hinaus hat die Beklagte als zumutbare Verweisungstätigkeit die Tätigkeit eines Pförtners an der Nebenpforte benannt. Der Tätigkeit als Pförtner steht eine Einarmigkeit grundsätzlich nicht entgegen. Denn der Kläger kann mit seiner rechten Hand leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes weiter verrichten. Dies entnimmt der Senat dem Umstand, dass der Kläger in der Lage war, bei seinem früheren Arbeitgeber mit der rechten Hand Paletten zu sortieren (hierin liegt auch der Unterschied zum Fall des 4. Senats des LSG in seiner Entscheidung vom 31. Oktober 2008 - L 4 KNR 3903/07, da die dort verbliebene linke Hand lediglich die Beihand und nicht die Haupthand darstellte; vgl hierzu auch Senatsurteil vom 6. November 2007 - L 11 R 2356/06).
Die beim Kläger vorliegende psychische Störung führt zwar zu einer zeitlichen Minderung der Leistungsfähigkeit. Sie ist aber nicht eine unmittelbare Folge des am 19. Oktober 1990 erlittenen Arbeitsunfalls. Der Senat stützt sich hierbei auf das Gutachten des Prof. Dr. H. vom 10. Januar 2008, wonach es sich bei der depressiven Grundstimmung bei bekannten psychovegetativem Syndrom um eine unfallunabhängige krankhafte Veränderung handelt (vgl Blatt 294 ff der BG-Akte). Dementsprechend hat auch die BG in ihrem bestandskräftigen Bescheid vom 3. März 2008 eine Rentenerhöhung abgelehnt und hierbei zur Begründung ausgeführt, dass die depressive Grundstimmung bei psychovegetativem Syndrom mit dem Arbeitsunfall nicht in ursächlichem Zusammenhang steht. An diesem Ergebnis ändert auch die Einschätzung des Dr. D. nichts. Dieser hat zwar die Auffassung vertreten, dass sich die depressive Störung infolge des Arbeitsunfalls und der daraus resultierenden Arbeitslosigkeit eingestellt habe. Diese Einschätzung überzeugt den Senat nicht. Er geht vielmehr mit Prof. Dr. H. davon aus, dass es sich um eine vom Unfall unabhängige krankhafte Veränderung handelt. Denn wie sich aus der Krankendatei der AOK ergibt, wurde der Kläger in den Jahren 1995 bis Oktober 2006 zu keinem Zeitpunkt wegen einer depressiven Erkrankung behandelt. Vor dem Verschlimmerungsantrag im Jahr 2007 hat der Kläger auch gegenüber den Gutachtern der BG zu keinem Zeitpunkt angegeben, dass er an einer Depression leidet. Dementsprechend nahm er diesbezüglich auch keine haus- oder fachärztliche Behandlung in Anspruch. Eine relevante Symptomatik hat sich mithin erst 16 Jahre nach dem Arbeitsunfall ausgebildet. Vor diesem Hintergrund stimmt der Senat mit der Beklagten darüber überein, dass die von Dr. D. diagnostizierte mittelgradige depressive Episode keine überwiegende oder gleichwertige Arbeitsunfallfolge ist.
Aus dem Vorgenannten ergibt sich auch, dass der Kläger bereits wegen Nichterfüllens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat. Darüber hinaus wäre der Kläger auch aufgrund der zuletzt ausgeübten Tätigkeit breit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
Der Kläger hat somit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf die begehrte Rente.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig und hierbei insbesondere die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen.
Der am 2. Januar 1952 in der Türkei geborene Kläger siedelte im Dezember 1974 in die Bundesrepublik Deutschland über. Er erlernte nach seinen eigenen Angaben keinen Beruf und arbeitete von Juni 1976 bis November 1989 bei verschiedenen Firmen als Maschinenarbeiter. Seit November 1989 war er als Ziegeleiarbeiter/Maschinenführer in der Tonaufbereitung bei der Firma Z. T. GmbH & Co. in E. beschäftigt. Am 19. Oktober 1990 erlitt der Kläger dort einen Arbeitsunfall. Beim Reinigen einer Maschine gelangte sein linker Arm in die Maschine, was zu einem offenen Bruch im linken Oberarm und zu Quetschungen führte. Die Berufsgenossenschaft der Keramischen- und Glas-Industrie (im Folgenden BG) holte daraufhin das Rentengutachten vom 15. Oktober 1991 sowie das Unfallgutachten vom 13. Mai 1992 ein und bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 11. August 1992 eine Dauerrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v.H. Hierbei anerkannte sie als Unfallfolgen ua eine aufgehobene Unterarmdrehbeweglichkeit, Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit, weitgehend aufgehobene Greiffunktion der Hand, weitgehende Befestigung der Fingergrund- und Endgelenke, verminderte Berührungsempfindlichkeit am Unterarm sowie Muskelminderung und Knochenentkalkung des Ober- und Unterarmes. Nach dem Unfall wurde der Kläger von seinem Arbeitgeber versicherungspflichtig als Hofarbeiter eingesetzt, wobei er nach eigenen Angaben mit der rechten Hand Paletten sortierte. Die Tätigkeit endete im Oktober 1997, nachdem sich der Kläger mit seinem früheren Arbeitgeber auf die Zahlung einer Abfindung geeinigt hatte. Seither ist der Kläger arbeitslos. Nach dem Ende des Arbeitslosengeldbezuges bezog er keine weiteren Sozialleistungen mehr. Es ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 seit dem 8. Dezember 2006 anerkannt (Bescheid des Landratsamtes O. vom 8. Februar 2007).
Am 30. Januar 2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab er an, er sei seit 1990 wegen seines Arbeitsunfalls und wegen zweier Bandscheibenvorfälle sowie Knieschmerzen erwerbsgemindert. Die Beklagte holte daraufhin die Arbeitgeberauskunft der T. GmbH & Co. KG vom 8. März 2006 ein und ließ den Kläger fachärztlich begutachten. Chirurg Dr. R. gelangte in seinem Gutachten vom 10. März 2006 für den Kläger zu folgenden Diagnosen: reaktive Depression auf Arbeitslosigkeit und Zustand nach Arbeitsunfall linker Arm, Lumbalgie bei degenerativen Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule und links-convexe Skoliose der LWS, Fallhand linke Hand bei Zustand nach Betriebsunfall vor Jahren, Gonarthrose linkes Kniegelenk sowie Schilddrüsen- und Lebervergrößerung. Als Palettenarbeiter könne der Kläger nur noch unter drei Stunden täglich arbeiten. Leichte Tätigkeiten könne er hingegen unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Allerdings seien Leistungen zur medizinischen Rehabilitation indiziert. Die Beklagte bewilligte daraufhin stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Vom 2. November bis 7. Dezember 2006 nahm der Kläger an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der S.-Klinik Bad B. teil. Psychiater Dr. M. gab im Entlassungsbericht vom 7. Dezember 2006 an, der Kläger leide an einer mittelgradigen depressiven Episode, an einer Radialisparese links mit Fallhand, an einem degenerativen Wirbelsäulensyndrom, an Gonarthrose und an einem Zustand nach Hepatitis-B-Infektion. Aus psychotherapeutischer Sicht bestehe bei dem Kläger seit dem Arbeitsunfall eine depressive Störung, seit 2005 sei diese als mittelgradige depressive Episode einzuschätzen. Unter muttersprachlicher Therapie könne die Störung durchaus therapiezugänglich sein mit positiver Prognose. Aufgrund der Depressivität mit Akzentuierung des Schmerzgeschehens bestehe auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt jedoch auch für leichte Tätigkeiten ein Leistungsvermögen unter drei Stunden. Empfehlenswert sei eine Wiederbegutachtung in zwölf Monaten. Mit Bescheid vom 20. Dezember 2006 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag des Klägers mit der Begründung ab, es bestehe zwar eine zeitlich begrenzte volle Erwerbsminderung seit dem 7. Dezember 2006 bis voraussichtlich 30. Juni 2009. In den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung seien aber nicht drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorhanden. Im maßgeblichen Zeitraum vom 1. Juli 1998 bis 6. Dezember 2006 seien nur ein Jahr und drei Kalendermonate mit entsprechenden Beiträgen belegt.
Mit seinem hiergegen am 10. Januar 2007 erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, es sei zu prüfen, ob der Leistungsfall nicht auf das Jahr 1999 zurückgelegt werden könne. Er sei seit ca 1997 krank und könne seither nicht mehr arbeiten. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 28. März 2007). Zur Begründung wurde ausgeführt, entgegen der Feststellung im Bescheid vom 20. Dezember 2006 bestehe die zeitliche Leistungsminderung bereits seit dem 30. Januar 2006. Zwar sei die allgemeine Wartezeit zu diesem Zeitpunkt erfüllt. Im maßgeblichen Zeitraum vom 1. August 1997 bis 29. Januar 2006 seien jedoch lediglich 26 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen vorhanden. Darüber hinaus sei auch der Zeitraum vom 1. Januar 1984 bis 31. Dezember 2005 nicht durchgehend mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien nur erfüllt, wenn der Leistungsfall der Erwerbsminderung spätestens am 31. März 2005 eingetreten sei.
Am 30. April 2007 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und vorgetragen, er habe aufgrund seines im Jahr 1990 erlittenen Arbeitsunfalls Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung. Er habe nur mit extremen Schmerzen und enormen Beschwerden weiter arbeiten können. Er leide zudem an einer Fallhand und zwischenzeitlich sei auch die Muskulatur verschmächtigt. Des Weiteren leide er an einer reaktiven Depression, die auf seinen Zustand nach dem Arbeitsunfall sowie auf die Arbeitslosigkeit wegen des Arbeitsunfalles zurückzuführen sei. Hinzu käme eine Gonarthrose im linken Knie. In den letzten Monaten hätten keine ärztlichen Behandlungen stattfinden können, da er aufgrund familiärer Veränderungen gezwungen gewesen sei, mehrfach ins Ausland zu reisen.
Das SG hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen.
Facharzt für Orthopädie Dr. D. hat mitgeteilt (Auskunft vom 4. September 2007), er habe den Kläger einmalig im Februar 2006 behandelt. Davor sei dieser von 1988 bis 2001 in Behandlung bei seinem Vater gewesen. Der Kläger leide an einem degenerativen Wirbelsäulensyndrom mit rechts-convexer Seitablenkung. Eine Aussage über die Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne nicht getroffen werden. Internist Dr. B. hat angegeben (Auskunft vom 18. September 2007), der Kläger habe sich bis Februar 2005 nur gelegentlich in seiner Behandlung befunden. Über den aktuellen Gesundheitszustand könne daher keine Aussage gemacht werden. Facharzt für Allgemeinmedizin G. hat ausgeführt (Auskunft vom 21. September 2007), der Kläger sei seit Januar 2007 (Diagnosen: Lumbalgie, Fallhand links, depressive Entwicklung und Gonarthrose links) nicht mehr in der Praxis gewesen. Über den aktuellen Gesundheitszustand könne er keine Aussage machen.
Das SG hat den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung am 21. Mai 2008 vertagt und das nervenärztliche Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. vom 31. Juli 2008 eingeholt. Der Kläger leide danach an einer mittelgradigen depressiven Episode, an einer oberen Radialisparese links mit Fallhandbildung und an einem Wirbelsäulensyndrom ohne neurologischem Defizit. Es sei davon auszugehen, dass sich die depressive Symptomatik über mehrere Jahre hinweg langsam entwickelt habe. Auf den Unfall habe der Kläger zunächst mit einer Anpassungsstörung im Sinne einer längeren depressiven Reaktion reagiert. Dass bei dem Kläger eine depressive Störung vorliege, werde erstmals im Entlassungsbericht der S.-Klinik Bad B. angegeben. Zuvor habe er sich nie in nervenärztlicher Behandlung befunden und habe auch seinem Hausarzt gegenüber nicht über eine depressive Symptomatik berichtet. In Übereinstimmung mit dem Entlassungsbericht der S.-Klinik Bad B. könne davon ausgegangen werden, dass das Leistungsvermögen des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufgrund der psychischen Störung auf unter drei Stunden täglich herabgesetzt sei. Diese Leistungseinschränkung bestehe seit dem 30. Januar 2006. Über die Zeit davor seien keine Befunde aktenkundig. Der Kläger habe zwar geschildert, dass die Symptomatik bereits seit dem Arbeitsunfall bestehe, auf der anderen Seite sei er aber nach dem Arbeitsunfall noch jahrelang berufstätig gewesen. Es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die depressive Störung bereits im Jahr 2005 bestanden habe. Denn zum damaligen Zeitpunkt habe sich der Kläger nicht in nervenärztlicher Behandlung befunden. Darüber hinaus habe er seinen Hausarzt nicht über die bestehende depressive Symptomatik berichtet und dem Hausarzt sei eine solche Symptomatik offenbar auch nicht aufgefallen. Die eingeschränkte Erwerbsfähigkeit sei aber auf die Folgen des Arbeitsunfalls vom Oktober 1990 zurückzuführen. Dies treffe insbesondere auf die bestehende Radialisparese links mit eingeschränkter Gebrauchsfähigkeit der linken Hand zu. Auch die depressive Störung habe sich jedoch in Folge des Arbeitsunfalls und der daraus resultierenden Arbeitslosigkeit eingestellt. So, wie sich die Symptomatik jetzt darstelle, sei allein schon anhand des Ausdrucksverhaltens eine depressive Komponente evident; eine solche Symptomatik hätte nach nervenärztlicher Auffassung auch einem Allgemeinmediziner zweifellos auffallen müssen.
Für die Beklagte nahm Fachärztin für Chirurgie Dr. H. unter dem 21. Oktober 2008 zu dem Gutachten von Dr. D. Stellung. Sie wies unter anderem darauf hin, dass eine psychische Störung bei der Rentenantragstellung nicht angegeben worden sei. Unter Berücksichtigung des Verlaufs sei davon auszugehen, dass die Genese für die depressive Störung multikausal sei. Hierbei spielten unterschiedliche Faktoren eine Rolle. Zum einen sei eine Ursache in der längeren Arbeitslosigkeit und der angespannten finanziellen Lage zu sehen und zum anderen seien persönlichkeitsbedingte Faktoren und familiäre Belastungen neben dem Handicap durch die Verletzungsfolgen am linken Arm als auslösende Faktoren zu berücksichtigen. Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem Unfall und der jetzt festgestellten depressiven Symptomatik als alleinige oder überwiegende Ursache sei zu verneinen, da bei Ausbildung einer relevanten depressiven Symptomatik erst 16 Jahre nach dem Unfall dieser nicht als maßgebliche Ursache anzusehen sei.
Mit Urteil vom 17. Juli 2009 hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. Oktober 2006 bis zum 30. September 2009 zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger nicht mehr in der Lage sei, täglich mindestens drei Stunden zu arbeiten. Ursache für die Leistungsminderung sei die depressive Störung im Zusammenhang mit der fehlenden Einsatzfähigkeit des "rechten Armes und der rechten Hand" (gemeint wohl linker Arm und linke Hand). Der Kläger habe auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt. Denn zu seinen Gunsten sei die Regelung in § 43 Abs 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zu berücksichtigen. Der Kläger sei aufgrund des Arbeitsunfalls vermindert erwerbsfähig geworden. Der Versicherungsfall der vollen Erwerbsminderung sei zum einen wegen der Folgen der Armverletzung eingetreten und zum anderen auch wegen der Depression. Entscheidend sei, dass auch die Depression wesentlich ursächlich wegen der Armverletzung entstanden sei. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. D ... Dieser habe auch die Frage bejaht, ob das eingeschränkte Leistungsvermögen auf die Folgen des Arbeitsunfalls zurückzuführen sei. Die depressive Symptomatik habe einen schleichenden Verlauf genommen und sei erstmals 2006 genau dokumentiert und beschrieben worden. Dr. D. führe die Depression jedoch nicht auf multikausale Ursachen zurück, sondern sehe die Depression als Folge des Arbeitsunfalls. Weder die Arbeitslosigkeit noch sonst ein dramatisches Ereignis im Sinne einer allein wesentlichen Bedingung habe beim Kläger zum Eintritt des Versicherungsfalls geführt. Der Arbeitsunfall und die Gebrauchsunfähigkeit des linken Armes und der linken Hand seien für den Eintritt der Depression in gleichem Maße wesentlich gewesen, so dass die Kausalität zwischen dem Arbeitsunfall und der Erwerbsminderung gegeben sei. Gemäß § 102 Abs 2 Satz 1 SGB VI werde die Rente wegen Erwerbsminderung nur auf Zeit geleistet.
Gegen das der Beklagten am 13. August 2009 zugestellte Urteil hat diese am 20. August 2009 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt und zur Begründung vorgetragen, der Arbeitsunfall könne nach mehr als 16 Jahren nicht mehr als maßgebende Ursache für die jetzt vorliegende depressive Störung angesehen werden. Das SG habe es unterlassen, die Akten der BG und des Versorgungsamtes beizuziehen. Die Auffassung des SG sei reine Spekulation. Dies insbesondere deshalb, wenn man die Sozialanamnese im Entlassungsbericht der S.-Klinik vom 7. Dezember 2006 heranziehe, in der erwähnt werden, dass ein Sohn drogenabhängig sei, die Familie dominiere und Schulden vorhanden seien. Auch sei der Arbeitsmarkt wegen der faktischen Einarmigkeit nicht verschlossen. Der Kläger habe seit September 1991 in seiner früheren Firma weitergearbeitet, wobei er mit der rechten Hand Paletten sortiert habe. Zudem sei eine berufliche Wiedereingliederung nicht unwesentlich an den Lohnforderungen des Klägers unter Ablehnung von Arbeiten an Samstagen und Sonntagen und von Nachtschicht gescheitert. Des Weiteren könne er noch auf die Tätigkeit eines Pförtners an der Nebenpforte verwiesen werden. Diese Tätigkeit sei ihm auch zumutbar. Zur weiteren Begründung hat die Beklagte die Stellungnahme der Dr. H. vom 17. August 2009 und den Versicherungsverlauf vom 24. November 2009 vorgelegt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG vom 17. Juli 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend. Die Depression sei wesentlich ursächlich aufgrund des Arbeitsunfalles entstanden.
Der Senat hat die Verwaltungsakten der BG (Band I und II) sowie die Verwaltungsakte des Landratsamtes O. (Integration und Versorgung) beigezogen. Aus der beigezogenen BG-Akte ergibt sich, dass der Kläger am 13. Mai 1992 (Blatt 128), am 3. November 1992 (Blatt 153), im April 1993 (Blatt 165), im April 1994 (Blatt 175), im März 1995 (Blatt 1989) und im Mai 1997 (Blatt 235) fachärztlich untersucht wurde. Eine depressive Symptomatik wurde in den genannten Gutachten nicht angegeben. Darüber hinaus befindet sich in der BG-Akte der "Monats- und Abschlussbericht Januar 2000" des Aktionsbüros für Arbeit Süd-E., wonach eine Vermittlung des Klägers aussichtslos sei. Zwar sei für den Kläger ein passender Arbeitsplatz gefunden worden. Dieser sei aber wegen der Vorstellung des Klägers hinsichtlich Arbeitszeit und Lohnhöhe letztlich nicht in Betracht gekommen (Blatt 261). Am 12. Februar 2007 hat die Tochter des Klägers einen mündlichen Antrag auf Verschlimmerung der Unfallfolgen gestellt. Die BG hat daraufhin einen Auszug aus der Krankendatei der AOK beigezogen (Blatt 288) und hat den Kläger fachärztlich begutachten lassen. Chirurg Prof. Dr. H. ist in seinem Gutachten vom 10. Januar 2008 zu der Einschätzung gelangt, dass die MdE unverändert weiterbestehe. Zu den unfallunabhängigen krankhaften Veränderungen zählten Einschränkungen auf dem Boden der degenerativen Wirbelsäulenerkrankung verstärkt durch die depressive Grundstimmung bei bekannt psychovegetativem Syndrom. Mit Bescheid vom 3. März 2008 hat die BG daraufhin den Antrag auf Rentenerhöhung abgelehnt und ua darauf hingewiesen, dass die depressive Grundstimmung bei psychovegetativem Syndrom nicht mit dem Arbeitsunfall in ursächlichem Zusammenhang stehe. Diesen Bescheid hat der Kläger nicht angefochten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, auf die beigezogenen Verwaltungsakten der BG und des Landratsamtes Ostalbkreis und auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig. Sie ist auch begründet. Denn das SG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. Oktober 2006 bis zum 30. September 2009 zu gewähren, da der Bescheid der Beklagten vom 20. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. März 2007 (§ 95 SGG) rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Der Kläger hat weder ab dem 1. Januar 2006 noch ab einem späteren Zeitpunkt Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, auch nicht wegen teilweiser Erwerbsminderung, da er die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. Dezember 2007 nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I, 554). Dies folgt aus § 300 Abs 1 SGB VI. Danach sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt (§ 302b Abs 1 SGB VI).
Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2; sog Drei-Fünftel-Belegung) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Auch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit setzt nach § 240 SGB VI für Versicherte, die - wie der Kläger - vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, Berufsunfähigkeit und ebenfalls die besondere versicherungsrechtliche Voraussetzung der Drei-Fünftel-Belegung voraus.
Nach diesen Maßstäben steht dem Kläger eine Rente wegen voller bzw teilweiser Erwerbsminderung (auch bei Berufsunfähigkeit) nicht zu. Er hat zwar die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt (§ 50 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB VI), wie sich aus dem Versicherungsverlauf vom 24. November 2009 ergibt. Zum 30. Januar 2006, dem Tag der Rentenantragstellung und dem Eintritt des Versicherungsfalles, hat er aber die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 43 Abs 1 Nr 2, Abs 2 Nr 2 SGB VI nicht mehr erfüllt und es ist nicht nachgewiesen, dass die Erwerbsminderung vorher eingetreten ist.
Der Senat geht mit den Beteiligten davon aus, dass der Kläger nicht mehr in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich zu verrichten. Dies ergibt sich zum einen aus dem Entlassungsbericht des Dr. M. vom 7. Dezember 2006 und zum anderen aus dem Gutachten des Dr. D ... Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht (mehr) streitig. Dabei geht der Senat weiter davon aus, dass die zeitliche Minderung des Leistungsvermögens aufgrund der psychischen Störung (mittelgradige depressive Episode) herabgesetzt ist. Dies entnimmt er dem Gutachten des Dr. D., der - in Übereinstimmung mit Dr. M. - zu der Einschätzung gelangte, dass die psychische Störung die Ursache für die zeitliche Leistungsminderung ist (vgl Seite 13 des Gutachtens).
Die zeitliche Leistungsminderung besteht seit Januar 2006. Ein vom Kläger behaupteter Versicherungsfall im Jahr 1999 - zu diesem Zeitpunkt sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch erfüllt, weil 36 Monate Pflichtbeiträge in den vorhergehenden fünf Jahren entrichtet sind (vgl Versicherungsverlauf vom 24. November 2009) - lässt sich nicht feststellen. Der Senat geht vielmehr mit Dr. D. davon aus, dass die zeitliche Leistungseinschränkung seit der Antragstellung, dh seit dem 30. Januar 2006 besteht. Denn über die Zeit davor sind keine entsprechenden Befunde aktenkundig. Der Kläger war noch bis 1997 berufstätig. In den Jahren danach wurde er weder hausärztlich noch fachärztlich wegen einer depressiven Erkrankung behandelt. Auch in den beigezogenen medizinischen Unterlagen in der BG-Akte finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger vor Januar 2006 an einer (leistungsmindernden) depressiven Erkrankung litt. Dies entnimmt der Senat den BG-Gutachten aus den Jahren 1991 (Blatt 110 der BG-Akte), 1992 (Blatt 128 und 153 der BG-Akte), 1993 (Blatt 165 der BG-Akte), 1994 (Blatt 175 der BG-Akte), 1995 (Blatt 189 der BG-Akte) und 1997 (Blatt 235 der BG-Akte). In den zitierten BG-Gutachten wurden vom Kläger zu keinem Zeitpunkt psychische Beschwerden angegeben. Ein entsprechender Befund wurde von den BG-Gutachtern ebenfalls nicht erhoben. Auch ergibt sich aus der Krankendatei der AOK, dass der Kläger vor November 2006 nicht wegen einer depressiven Episode behandelt worden ist (Blatt 288 der BG-Akte). Dass eine depressive Störung besteht, wurde erstmals von Dr. R. im März 2006 dokumentiert. Dr. D. hat zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass aus dem Entlassungsbericht des Dr. M. nicht deutlich wird, weshalb diese Störung bereits im Jahre 2005 bestanden haben soll. Darüber hinaus wurde der Rententrag des Klägers nicht mit einer psychischen Symptomatik begründet. Schließlich berichtet Hausarzt G. im September 2007 zwar über eine depressive Entwicklung, ohne aber zum zeitlichen Verlauf Angaben zu machen. Vor diesem Hintergrund ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Erwerbsminderung nicht vor dem 30. Januar 2006, dem Tag, an dem der Kläger durch seine Rentenantragstellung nach außen hin dokumentiert hat, dass er von einer Leistungsminderung ausgeht, eingetreten ist.
Zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung hat der Kläger im Fünfjahreszeitraum vom 30. Januar 2001 bis 29. Januar 2006 aber keine Monate mit Pflichtbeiträgen belegt. Dies ergibt sich aus dem Versicherungsverlauf der Beklagten vom 24. November 2009. Denn in der Zeit vom 8. September 1999 bis 1. Februar 2006 hat der Kläger keine Beiträge entrichtet, wobei Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit im Versicherungsverlauf weder dargetan noch ersichtlich sind. Allerdings verlängert sich der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung im Januar 2006, da im Zeitraum von September 1999 bis Februar 2006 insgesamt 50 Monate als Anrechnungszeiten anzuerkennen sind. Nach § 43 Abs 4 SGB VI verlängert sich nämlich der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:
1. Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, 2. Berücksichtigungszeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nr 1 oder 2 liegt, 4. Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.
In Betracht kommt vorliegend nur die Verlängerung des Zeitraums aufgrund von Anrechnungszeiten nach § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB VI. Anrechnungszeiten sind danach Zeiten, in denen Versicherte wegen Arbeitslosigkeit bei einer deutschen Agentur für Arbeit als Arbeitssuchende gemeldet waren und eine öffentlich-rechtliche Leistung bezogen oder nur wegen des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens nicht bezogen haben. Aus dem Versicherungsverlauf der Beklagten vom 24. November 2009 ergibt sich, dass in der Zeit vom 11. September 1999 bis 31. Dezember 1999, vom 1. Januar bis 31. Dezember 2000, vom 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2001, vom 1. Januar bis 17. März 2002, vom 25. April bis 31. Dezember 2002, vom 1. Januar bis 26. Februar 2003, vom 10. Oktober bis 31. Dezember 2003, vom 1. Januar bis 14. April 2004 und vom 27. Dezember 2005 bis 1. Januar 2006 (dem Monat der Antragstellung) Zeiten wegen Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug gespeichert sind. Daraus folgt, dass der Fünf-Jahres-Zeitraum vom 30. Januar 2001 bis 29. Januar 2006 um insgesamt 50 Monate verlängert werden muss. Der maßgebliche Zeitraum betrifft danach die Zeit vom 30. November 1996 bis 29. Januar 2006. In diesem Zeitraum hat der Kläger aber lediglich 35 Monate mit Pflichtbeitragszeiten belegt.
Im Übrigen hat der Kläger auch nicht die Zeit ab 1. Januar 1984 durchgehend mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt (§ 241 Abs 2 SGB VI). Nach § 241 Abs 2 Satz 2 SGB VI wäre zwar für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich. Der Kläger war im Zeitpunkt der Antragstellung im Januar 2006 aber nicht mehr berechtigt, Beiträge nachzuentrichten (§ 197 SGB VI).
Entgegen der Ansicht des SG sind vorliegend auch nicht die Voraussetzungen der vorzeitigen Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (§ 43 Abs 5 iVm mit § 53 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI) erfüllt. Nach § 43 Abs 5 SGB VI gilt: Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist. Dies ist nach § 53 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI der Fall, wenn der Versicherte wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit vermindert erwerbsfähig geworden oder gestorben ist. Die schädigenden Tatbestände des § 53 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI müssen mit dem Eintritt der Erwerbsminderung dem Wortlaut nach in einem ursächlichen Zusammenhang stehen ("wegen"). In der Rentenversicherung gilt insofern der selbe rechtliche Kausalbegriff wie auch in der Unfallversicherung (vgl BSG in SozR 2200 § 1251 Nr. 69). Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung ist als ursächlich die Bedingung anzusehen, die im Verhältnis zu anderen Einzelbedingungen wegen ihrer besonderen Beziehungen zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat.
Nach Überzeugung des Senats ist der Kläger nicht in diesem Sinn "wegen" des am 19. Oktober 1990 erlittenen Arbeitsunfalls vermindert erwerbsfähig im Sinne des § 43 SGB VI geworden. Wie bereits dargelegt, geht der Senat davon aus, dass der Kläger allein aufgrund der psychischen Störung nicht mehr in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich auszuüben. Bei dieser Erkrankung handelt es sich - im Gegensatz zur eingeschränkten Funktionsfähigkeit des linken Unter- und Oberarmes - jedoch nicht um eine unmittelbare Folge des Arbeitsunfalls. Grundsätzlich müssen in diesem Zusammenhang die psychische Störung und die Funktionsbeeinträchtigung am linken Arm unterschieden werden. Die Funktionsbeeinträchtigungen am linken Arm sind eindeutig eine Folge des am 19. Oktober 1990 erlittenen Arbeitsunfalls. Dies ergibt sich bereits aus dem Bescheid der BG vom 11. August 1992. Die Beeinträchtigung des linken Armes führt jedoch nicht zur verminderten Erwerbsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht. Die diesbezüglichen Störungen führen lediglich zu qualitativen Leistungseinschränkungen im Hinblick auf die Gebrauchsfähigkeit der linken Hand und des linken Armes. Dies hat Dr. R. in seinem Gutachten nachvollziehbar dargelegt. Trotz der bestehenden faktischen Einarmigkeit liegt eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes aber nicht vor. Der Kläger hat bis Ende 1997 noch mit seinem rechten Arm bei seinem früheren Arbeitgeber versicherungspflichtig arbeiten können. Darüber hinaus scheiterte eine Integration in den Arbeitsmarkt in erster Linie nicht aufgrund der Beeinträchtigung im linken Arm, sondern wegen den Lohnforderungen und der Einschränkung in der Arbeitszeit (keine Nachtschicht sowie Wochen- endarbeit) durch den Kläger. Dies entnimmt der Senat dem "Monats- und Abschlussbericht Januar 2000" des Aktionsbüros für Arbeit Süd-E. (vgl Blatt 261 der BG-Akte). Darüber hinaus hat die Beklagte als zumutbare Verweisungstätigkeit die Tätigkeit eines Pförtners an der Nebenpforte benannt. Der Tätigkeit als Pförtner steht eine Einarmigkeit grundsätzlich nicht entgegen. Denn der Kläger kann mit seiner rechten Hand leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes weiter verrichten. Dies entnimmt der Senat dem Umstand, dass der Kläger in der Lage war, bei seinem früheren Arbeitgeber mit der rechten Hand Paletten zu sortieren (hierin liegt auch der Unterschied zum Fall des 4. Senats des LSG in seiner Entscheidung vom 31. Oktober 2008 - L 4 KNR 3903/07, da die dort verbliebene linke Hand lediglich die Beihand und nicht die Haupthand darstellte; vgl hierzu auch Senatsurteil vom 6. November 2007 - L 11 R 2356/06).
Die beim Kläger vorliegende psychische Störung führt zwar zu einer zeitlichen Minderung der Leistungsfähigkeit. Sie ist aber nicht eine unmittelbare Folge des am 19. Oktober 1990 erlittenen Arbeitsunfalls. Der Senat stützt sich hierbei auf das Gutachten des Prof. Dr. H. vom 10. Januar 2008, wonach es sich bei der depressiven Grundstimmung bei bekannten psychovegetativem Syndrom um eine unfallunabhängige krankhafte Veränderung handelt (vgl Blatt 294 ff der BG-Akte). Dementsprechend hat auch die BG in ihrem bestandskräftigen Bescheid vom 3. März 2008 eine Rentenerhöhung abgelehnt und hierbei zur Begründung ausgeführt, dass die depressive Grundstimmung bei psychovegetativem Syndrom mit dem Arbeitsunfall nicht in ursächlichem Zusammenhang steht. An diesem Ergebnis ändert auch die Einschätzung des Dr. D. nichts. Dieser hat zwar die Auffassung vertreten, dass sich die depressive Störung infolge des Arbeitsunfalls und der daraus resultierenden Arbeitslosigkeit eingestellt habe. Diese Einschätzung überzeugt den Senat nicht. Er geht vielmehr mit Prof. Dr. H. davon aus, dass es sich um eine vom Unfall unabhängige krankhafte Veränderung handelt. Denn wie sich aus der Krankendatei der AOK ergibt, wurde der Kläger in den Jahren 1995 bis Oktober 2006 zu keinem Zeitpunkt wegen einer depressiven Erkrankung behandelt. Vor dem Verschlimmerungsantrag im Jahr 2007 hat der Kläger auch gegenüber den Gutachtern der BG zu keinem Zeitpunkt angegeben, dass er an einer Depression leidet. Dementsprechend nahm er diesbezüglich auch keine haus- oder fachärztliche Behandlung in Anspruch. Eine relevante Symptomatik hat sich mithin erst 16 Jahre nach dem Arbeitsunfall ausgebildet. Vor diesem Hintergrund stimmt der Senat mit der Beklagten darüber überein, dass die von Dr. D. diagnostizierte mittelgradige depressive Episode keine überwiegende oder gleichwertige Arbeitsunfallfolge ist.
Aus dem Vorgenannten ergibt sich auch, dass der Kläger bereits wegen Nichterfüllens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat. Darüber hinaus wäre der Kläger auch aufgrund der zuletzt ausgeübten Tätigkeit breit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
Der Kläger hat somit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf die begehrte Rente.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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