Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AL 295/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 1382/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Die Anschlussberufung der Beklagten wird zurückgewiesen. Die
Beklagte trägt ein Viertel der außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 02.02.1995 bis 16.07.2000 und vom 23.10.2002 bis 30.04.2004 sowie die Erstattung der für diese Zeit gewährten Arbeitslosenhilfe und der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung durch den Kläger streitig.
Der 1944 geborene kroatische Kläger erwarb im Jahr 1978 zusammen mit seiner Mutter ein Grundstück in M./L ... Am 02.11.1989 wurde die (erste) Ehe des Klägers geschieden. In einem "Vertrag über die Teilung der gemeinschaftlichen Habschaft" vom 04.11.1989 vereinbarten der (seit 1990 wiederverheiratete) Kläger, seine geschiedene Ehefrau, die beiden der Ehe entstammenden Töchter und die Mutter des Klägers, dass jeder von ihnen zu 1/5 Eigentümer des Grundstücks werden solle. Eine Eintragung in das Grundbuch erfolgte nicht. Am 24.05.1993 schlossen der Kläger und seine frühere Ehefrau, die ausweislich dieser Vereinbarung im Grundbuch zu je ½ als Eigentümer eingetragen waren, einen Vertrag zur "Regulierung der ehelichen Güter". Darin vereinbarten sie, das Verfahren zur Eintragung der Eigentumsverhältnisse entsprechend der Vereinbarung vom 04.11.1989 einstellen zu lassen. Der Kläger verpflichtete sich, an seine frühere Ehefrau für ihren Anteil 70.000,- DM bis spätestens 31.12.1993 zu bezahlen. Im Jahr 1994 starb die Mutter des Klägers.
Der Kläger bezog bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 01.02.1995 Arbeitslosengeld und im Anschluss hieran Arbeitslosenhilfe. Im ersten Antrag auf Arbeitslosenhilfe vom 03.02.1995 hatte er hinsichtlich seiner Vermögensverhältnisse angegeben, lediglich in B. ein Haus zu besitzen. Grundbesitz im Ausland gab er nicht an. Auch in den weiteren Anträgen vom 12.10.1995 (Bl. 47), 22.03.1996 (Bl. 60), 19.03.1997 (Bl. 72), 22.06.1998 (Bl. 83), 04.05.1999 (Bl. 95), 27.04.2000 (Bl. 108) und 29.05.2000 (Bl. 119) gab er kein Auslandsvermögen an. Der Kläger bezog Arbeitslosenhilfe wie folgt: 02.02.95 - 02.05.95 1.242,01 DM nach einem Bemessungsentgelt von 710 DM 12.10.95 - 31.12.95 2.939,40 DM " 01.01.96 - 01.02.96 1.212,40 DM " 02.02.96 - 30.03.96 2.205,00 DM nach einem Bemessungsentgelt von 730 DM 01.04.96 - 30.06.96 3.439,80 DM " 01.07.96 - 31.12.96 6.841,40 DM nach einem Bemessungsentgelt von 710 DM 01.07.97 - 30.06.97 6.603,00 DM " 01.07.97 - 31.12.97 6.667,60 DM nach einem Bemessungsentgelt von 700 DM 01.01.98 - 30.06.98 6.582,97 DM 01.07.98 - 31.12.98 6.629,52 DM 01.01.99 - 31.03.99 3.279,60 DM 01.04.99 - 30.06.99 3.316,04 DM 01.07.99 - 31.12.99 6.644,24 DM 01.01.00 - 22.05.00 5.286,71 DM 29.05.00 - 16.07.00 1.811,53 DM
Für die Zeit vom 02.02.1995 bis 16.07.2000 bezog der Kläger insgesamt 64.701,22 DM (= 33.081,21 EUR) Arbeitslosenhilfe. Für diese Zeit wurden Beiträge in Höhe von 9.783,20 EUR an die Krankenversicherung und von 109,40 EUR an die Pflegeversicherung abgeführt.
Vom 17.07.2000 bis 13.12.2001 war der Kläger als Technischer Leiter beim Verein Weiße Taube Helfende Menschen e.V. beschäftigt. Am 27.12.2001 meldete er sich wieder arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 22.10.2002. Am 20.09.2002 stellte er den Antrag auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe. Hierbei gab er wiederum kein Vermögen im Ausland an. In der Folgezeit bezog er Arbeitslosenhilfe wie folgt: 23.10.02 - 31.12.02 1.709,40 EUR 01.01.03 - 23.04.03 2.741,38 EUR 05.06.03 - 22.10.03 3.396,40 EUR 23.10.03 - 31.12.03 1.659,00 EUR 01.01.04 - 30.04.04 2.930,62 EUR
Insgesamt bezog der Kläger vom 23.01.2002 bis 30.04.2004 Arbeitslosenhilfe in Höhe von 12.436,80 EUR. Für diese Zeit wurden Beiträge in Höhe von 1.490,13 EUR zur Krankenversicherung und von 211,43 EUR zur Pflegeversicherung entrichtet.
Mit Schreiben vom 05.05.2004 teilte das Hauptzollamt C. der Beklagten mit, bei einer Durchsuchung der Wohnräume des Klägers habe dieser angegeben, von seiner Mutter im Jahr 1994 ein Grundstück mit Haus in L. geerbt zu haben, das im Jahr 2002 für 150.000,- EUR verkauft worden sei. Nach den Angaben des Klägers seien von dem Verkaufserlös 90.000,- EUR an seine geschiedene Frau gegangen, von den restlichen 60.000,- EUR hätten 25.000,- EUR Provision und Steuern abgeführt werden müssen. Für weitere 25.000,- EUR habe er sich ein kleines Haus gekauft, in dem er sich in den Ferien aufhalte. Die restlichen 10.000,- EUR seien zur Schuldentilgung und Renovierung verwendet worden.
Nach Anhörung des Klägers hob die Beklagte mit Bescheid vom 08.09.2004 die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 02.02.1995 bis 16.07.2000 auf mit der Begründung, der Kläger habe nach seinen Angaben im Jahr 1994 ein Haus im Wert von ca. 150.000,- EUR geerbt. Dieses Vermögen sei verwertbar und die Verwertung zumutbar gewesen. Unter Berücksichtigung des Freibetrages von zwei Mal 8.000,- DM sei ein zu berücksichtigendes Vermögen in Höhe von 277.374,50 DM vorhanden gewesen. Bei Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das wöchentliche Arbeitsentgelt von 710 DM ergebe sich, dass der Kläger für einen Zeitraum von 390 Wochen nicht bedürftig gewesen sei und deshalb keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe gehabt habe. Die fehlerhafte Bewilligung sei erfolgt, weil er in seinem Antrag zumindest grob fahrlässig falsche Angaben gemacht habe. Die vom 02.02.1995 bis 16.07.2000 gezahlte Arbeitslosenhilfe in Höhe von 64.701,22 DM sei zu erstatten. Darüber hinaus seien die Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 19.174,27 DM und zur Pflegeversicherung in Höhe von 213,96 DM zu erstatten. Es ergebe sich eine Gesamtforderung i.H.v. 84.049,45 DM (= 42.973,80 EUR).
Mit Bescheid gleichfalls vom 08.09.2004 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 23.10.2002 bis 30.04.2004 auf und setzte die Erstattung der für diese Zeit gewährten Arbeitslosenhilfe in Höhe von 12.436,80 EUR sowie der Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 1.490,13 EUR und zur Pflegeversicherung in Höhe von 211,43 EUR, insgesamt 14.138,36 EUR, fest.
Gegen beide Bescheide legte der Kläger am 24.09.2004 Widerspruch ein mit der Begründung, er sei nicht alleiniger Eigentümer der Liegenschaft gewesen. Im Rahmen seiner Ehescheidung sei bereits am 04.11.1989 ein Teilungsvertrag über das gemeinsame Vermögen zwischen ihm, seiner geschiedenen Ehefrau D. E., F. E., G. H. und I. K. abgeschlossen worden, wonach jedem der Beteiligten je 1/5 der Liegenschaft gehöre. Im Rahmen der Regulierung des ehelichen Vermögens habe er sich in einem am 24.05.1993 mit seiner früheren Ehefrau geschlossenen Vertrag bei Übernahme des hälftigen Miteigentumsanteils an dem Grundstück in L. zur Zahlung von 70.000,- DM an diese verpflichtet, fällig zum 31.12.1993. Da er diesen Betrag nicht bezahlt habe, sei er durch Urteil des Landgerichts Rottweil (Az. 3 O 353/95) zur Zahlung von 70.000,- DM verurteilt worden. Aufgrund eines drastischen Wertverlustes der Grundstücke in L. sei eine Verwertung jedoch nicht möglich gewesen. Zudem habe er für den Substanzerhalt des Gebäudes und notwendige Renovierungsarbeiten ein Darlehen von 75.000,- DM aufnehmen müssen. Das Anwesen sei zwischenzeitlich für 125.000,- EUR veräußert worden, wovon 58.000,- EUR an seine frühere Ehefrau, 25.000,- EUR als Maklercourtage und 25.000,- EUR an Darlehen zurückbezahlt worden seien. Der verbleibende Betrag von 17.000,- EUR sei in den Kauf eines neuen Grundstücks zur Alterssicherung für insgesamt 25.000 EUR investiert worden. Hierzu legte er den "Vertrag über die Teilung der gemeinschaftlichen Habschaft" vom 04.11.1989 vor. Weiter vorgelegt wurde die Kopie eines Vertrages zwischen dem Kläger und seiner früheren Ehefrau vom 24.05.1993, in welchem u.a. angegeben wird, ausweislich des Grundbuchs seien sie Eigentümer des Grundstücks jeweils zur Hälfte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.01.2005, auf den Bezug genommen wird, wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 02.02.2005 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung hat er unter Bezugnahme auf den Vortrag im Widerspruchsverfahren ausgeführt, in den Anträgen und den Hinweisen zur Arbeitslosenhilfe sei kein expliziter Verweis dahingehend zu finden, dass Vermögen im Ausland Einfluss auf die Gewährung von Arbeitslosenhilfe habe. Er habe deshalb darauf vertrauen dürfen, dass nur nach inländischem Vermögen gefragt werde. Bis zum Tod seiner Mutter im Jahr 1994 sei das Haus von dieser bewohnt worden. Ein im Jahr 2000 möglicher Verkauf des Hauses zu einem Kaufpreis von 500.000 DM sei am Verhalten seiner früheren Ehefrau gescheitert.
Mit Urteil vom 18.12.2006 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 08.09.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.01.2005 betreffend die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe vom 23.10.2002 bis 30.04.2004 aufgehoben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, für die Zeit vom 02.02.1995 bis 16.07.2000 sei dem Kläger zu Unrecht Arbeitslosenhilfe bewilligt worden, da die Voraussetzungen mangels Bedürftigkeit nicht vorgelegen hätten. Durch seinen Anteil an dem Grundstück in L. habe der Kläger über Vermögen verfügt, welches seinen Freibetrag nach der Arbeitslosenhilfe-Verordnung überstiegen habe, weshalb Bedürftigkeit nicht gegeben gewesen sei. So hätte der Kläger das Grundstück im Jahr 2000 für 500.000,- EUR veräußern können. Dementsprechend sei von einer Werthaltigkeit des Grundstücks zu diesem Zeitpunkt in dieser Größenordnung auszugehen. Unabhängig vom Verkauf hätte das Grundstück beliehen werden können. Für eine Kreditwürdigkeit spreche der Umstand, dass der Kläger selbst vorgetragen habe, zur Instandsetzung des Hauses einen Kredit aufgenommen zu haben. Eine Belastung sei auch ohne Zustimmung der früheren Ehefrau und Miteigentümerin möglich gewesen. Für den Bewilligungszeitraum ab 23.10.2002 sei jedoch nicht nachgewiesen, dass Vermögen in die Bedürftigkeit beseitigender Höhe vorgelegen habe. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass sich aus dem Verkauf des Grundstücks nur ein Verkaufspreis von 125.000,- EUR habe erzielen lassen, welcher von den Verbindlichkeiten nahezu aufgezehrt worden sei.
Gegen das am 16.02.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.03.2007 Berufung eingelegt. Er trägt vor, das Grundstück sei bis 1994 von seiner Mutter bewohnt gewesen und habe deshalb nicht verwertet werden können. Auch sei durch den Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien ein drastischer Verfall der Grundstückspreise eingetreten. Einer Verwertung habe auch entgegengestanden, dass während der kriegerischen Auseinandersetzungen bis zum Jahre 2000 in einem Abstand von ca. 300 Meter vom Grundstück entfernt eine Raketenbasis gestanden habe. Zudem habe ein Verkauf des Grundstücks wegen der fehlenden Zustimmung der damaligen Miteigentümerin, seiner früheren Ehefrau, nicht realisiert werden können. Das Grundstück sei als Altersvorsorge für sich und seine Familie gedacht gewesen. Zum gleichen Zweck habe er das mit dem Verkaufserlös im Jahr 2002 gekaufte Grundstück erworben. Schließlich habe er während des streitigen Zeitraumes keine Mieteinnahmen erzielt.
Bei dem Verkauf im Jahr 2002 sei ein Erlös von 125.000,- EUR erzielt worden; hiervon seien an den Makler 5.000,- bis 6.000,- EUR und an seine frühere Ehefrau 57.5000,- EUR abgegangen. 12.500,- EUR seien zur Schuldentilgung verwendet worden, mit 25.000,- EUR sei ein kleineres Grundstück erworben worden, für das weitere Renovierungskosten in Höhe von 3.500,- EUR angefallen seien. Abzüglich eines für die Schwiegermutter gekauften PKW zu einem Preis von 11.000,- EUR seien ihm letztlich aus dem Verkauf des Grundstücks noch 15.500,- EUR verblieben.
In einer schriftlichen Erklärung vom 09.02.2008 hat der Kläger angegeben, er habe im Jahr 1985 auf Drängen seiner damaligen Frau dieser die Hälfte ihres Anteils am Haus durch Schenkung vermacht. Der spätere Vertrag über eine Fünftel-Teilung sei für nichtig erklärt worden. Da seine Ex-Ehefrau die Zwangsversteigerung betrieben habe, sei er gezwungen gewesen, das Anwesen für einen weit unter dem tatsächlichen Marktpreis liegenden Wert zu verkaufen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 18. Dezember 2006 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 08. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2005 betreffend die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe vom 02. Februar 1995 bis 16. Juli 2000 aufzuheben sowie die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte, die gegen das ihr am 16.02.2007 zugestellte Urteil am 26.07.2007 Anschlussberufung eingelegt hat, beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen sowie das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 18. Dezember 2006 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Sie trägt vor, der Kläger habe in allen Anträgen auf Arbeitslosenhilfe seit 1995 zumindest grob fahrlässig falsche Angaben gemacht, indem er vorhandenes Vermögen nicht angegeben habe. Er habe in der Zeit von 1995 bis 2002 über ein Hausgrundstück in L. mit einer Fläche von 5.000 qm verfügt. Der Miteigentumsanteil seiner früheren Ehefrau sei für das Jahr 1993 bereits mit 70.000,- DM beziffert worden, zudem habe der Kläger nach eigenen Angaben 1993 ein Darlehen über 75.000,- DM erhalten, das er zur Wertsteigerung der Immobilie eingesetzt habe. Im Jahr 2000 habe ein Kaufinteressent 500.000,- DM für das Haus geboten. Auf dieser Grundlage sei dem Kläger auch eine Beleihung seines Anteils möglich und zumutbar gewesen. Auch habe er ab dem Jahr 2002 - nach dem Verkauf des Hauses - über den Freibetrag übersteigendes Vermögen verfügt.
Mit Beschluss des Landgerichts Rottweil vom 08.12.2006 (Az: 11 Ns 16 Js 13020/03 AK 62/05) ist das Strafverfahren gegen den Kläger wegen Betruges endgültig eingestellt worden, nachdem dieser die Auflage im Beschluss vom 15.05.2006 erfüllt und einen Betrag von 600,- EUR an den Verein zur Förderung der Bewährungshilfe im Landgerichtsbezirk Rottweil gezahlt hat.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge, der Akten des Landgerichts Rottweil (3 O 353/95, 5 U 31/00 und 11 Ns 16 Js 13020/03 AK 62/05), des Amtsgerichts B. (5 Ds 16 Js 13020/03) und der Staatsanwaltschaft Rottweil (16 Js 13020/03) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers (1.) sowie die Anschlussberufung der Beklagten (2.) sind zulässig, jedoch beide nicht begründet.
1. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 02.02.1995 bis 16.07.2000 aufgehoben und die Erstattung der für diese Zeit gezahlten Arbeitslosenhilfe in Höhe von 33.081,21 EUR sowie der für diese Zeit entrichteten Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 9.783,20 EUR und zur Pflegeversicherung in Höhe von 109,40 EUR festgesetzt.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung ist § 45 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Soweit danach ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Die Bescheide, mit denen dem Kläger für die Zeit vom 02.02.1995 bis 16.07.2000 Arbeitslosenhilfe bewilligt worden ist, waren von Anfang an rechtswidrig. Denn der Kläger war nicht bedürftig. Nach § 134 Abs. 1 Nr. 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in der bis zum 31.12.1997 geltenden Fassung hat Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, wer u.a. bedürftig ist. Gemäß § 137 Abs. 2 AFG ist der Arbeitslose nicht bedürftig im Sinne des § 134 Abs. 1 Nr. 3, so lange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder das Vermögen der Eltern eines minderjährigen unverheirateten Arbeitslosen die Gewährung von Arbeitslosenhilfe offenbar nicht gerechtfertigt ist. Nach § 6 Abs. 1 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiVO) vom 07.08.1974 ist Vermögen des Arbeitslosen, seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten und der Eltern eines minderjährigen unverheirateten Arbeitslosen zu berücksichtigen, soweit es verwertbar und die Verwertung zumutbar ist und der Wert des Vermögens, dessen Verwertung zumutbar ist, jeweils 8.000 DM übersteigt. Nach § 6 Abs. 2 AlhiVO ist Vermögen insbesondere verwertbar, soweit seine Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden können.
Der Kläger besaß bereits bei der erstmaligen Beantragung und Bewilligung von Arbeitslosenhilfe Vermögen in Form eines zumindest hälftigen Anteils an einem Hausgrundstück in M./L ... Zwar hatten der Kläger, seine geschiedene Ehefrau, die beiden Kinder aus dieser Ehe und die Mutter des Klägers am 04.11.1989 vereinbart, dass jeder von ihnen zu 1/5 Eigentümer des Grundstücks werden solle. Zu einer Eintragung im Grundbuch und einer entsprechenden Änderung der Eigentumsverhältnisse kam es jedoch nicht. In der Vereinbarung zur Regulierung der ehelichen Güter vom 24.05.1993 ist vielmehr festgehalten, dass der Kläger und seine frühere Ehefrau je zur Hälfte Eigentümer des Grundstücks waren. Weiter vereinbarten sie, die Eintragung der Eigentumsänderung entsprechend der Vereinbarung vom 04.11.1989 einstellen zu lassen, so dass diese nie wirksam wurde.
Dahingestellt bleiben kann, ob als Wert des Grundstücks der Betrag von 500.000,- DM zugrunde gelegt werden kann, wie es die Beklagte und das SG angenommen haben. Hierfür spricht, dass der Kläger das Haus im Jahr 2000 zu diesem Preis hätte verkaufen können. Einem Verkauf des Hausgrundstücks hat nicht entgegengestanden, dass die Miteigentümerin und frühere Ehefrau des Klägers einem Verkauf nicht zugestimmt hätte. Der Verkauf im Jahr 2000 scheiterte nach Angaben des Klägers vielmehr lediglich daran, dass die Miteigentümerin zu dem vereinbarten Abschluss des Kaufvertrages nicht nach L. gereist ist und der Käufer daraufhin Abstand vom Kaufvertrag genommen hat. Die grundsätzliche Bereitschaft der Miteigentümerin zur Veräußerung zeigt sich auch daran, dass das Haus im Jahr 2002 - u.a. auf deren Betreiben - verkauft worden ist. Das Grundstück ist im Jahr 2002 zu einem Kaufpreis von 125.000,- EUR verkauft worden. Nach Angaben des Klägers ist das Grundstück hierbei weit unter Wert verkauft worden, so dass zumindest dieser Betrag (entsprechend 244.478,75 DM) als Wert des Grundstücks bereits im Jahr 1995 zugrunde zu legen ist
Die Verwertung dieses Vermögens war dem Kläger während des Leistungsbezugs auch möglich. Selbst wenn ein Verkauf nicht sofort möglich gewesen wäre, hätte er das Grundstück beleihen können. Für eine grundsätzliche Beleihungsfähigkeit spricht, dass der Kläger Darlehen aufgenommen hat, um Renovierungsarbeiten am Grundstück vorzunehmen. Einer Verwertung des Grundstücks stand auch nicht der Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien entgegen. Nach 1993 fanden im Gebiet der Republik L. keine Kampfhandlungen mehr statt. Spätestens mit dem Abkommen von Dayton, unterzeichnet am 14.12.1995 in Paris, war der Krieg in L. beendet.
Einer Verwertung hat auch nicht § 6 Abs. 3 Nr. 2 Nr. 7 AlhiVO entgegen gestanden. Danach ist nicht zumutbar die Verwertung eines Hausgrundstückes von angemessener Größe, das der Eigentümer bewohnt, oder einer entsprechenden Eigentumswohnung oder eines Vermögens, das nachweislich zum alsbaldigen Erwerb eines solchen Hausgrundstückes oder einer solchen Eigentumswohnung bestimmt ist. Der Kläger hat im streitigen Zeitraum nämlich nicht das Hausgrundstück in L., sondern ein gleichfalls in seinem Miteigentum stehendes Haus in Deutschland bewohnt.
Eine Unzumutbarkeit der Verwertung ergibt sich auch nicht aus § 6 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AlhiVO. Danach ist nicht zumutbar die Verwertung von Vermögen, das zur Sicherung einer angemessenen Lebensgrundlage oder zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmt ist. Dies setzt jedoch eine entsprechende Zweckbestimmung des Vermögens durch den Arbeitslosen selbst voraus. Hiergegen spricht bereits, dass der Kläger nur Miteigentümer des Grundstücks war und einen Verkauf des Grundstücks angestrebt und schließlich auch realisiert hat.
Als Vermögen zu Grunde zu legen ist danach der hälftige Wert des Hausgrundstücks in Höhe von 122.239,37 DM. Nach Abzug des Freibetrages für den Kläger und seine Ehefrau in Höhe von jeweils 8.000 DM ist ein Vermögen in Höhe von 106.239,37 DM zu berücksichtigen. Nach § 9 AlhiVO besteht Bedürftigkeit nicht für die Zahl voller Wochen, die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergibt, nach dem sich die Arbeitslosenhilfe richtet. Unter Zugrundelegung eines wöchentlichen Bemessungsentgelts von 710,- DM ergibt sich eine fehlende Bedürftigkeit für 149 Wochen.
Damit war der Kläger beginnend ab dem 02.02.1995 für 149 Wochen und damit für mehr als ein Jahr nicht bedürftig. Damit ist der Anspruch des Klägers gem. § 135 Abs. 1 Nr. 2 AFG in der bis zum 31.03.1996 geltenden Fassung, wonach der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe erlischt, wenn seit dem letzten Tage des Bezugs von Arbeitslosenhilfe ein Jahr vergangen ist, mit Ablauf des 01.02.1996 erloschen (BSG, Urteil vom 13.09.2006, B 11a AL 19/06 R - in juris). Für die Rechtmäßigkeit der Aufhebung für nachfolgende Bewilligungszeiträume bis zum 16.07.2000 kommt es deshalb nicht darauf an, ob zwischenzeitlich wieder Bedürftigkeit vorgelegen hat.
Der Kläger kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
Bei den Anträgen auf Bewilligung von Arbeitslosenhilfe hat der Kläger nicht angegeben, dass er Miteigentümer eines Hausgrundstücks in L. war. Diese Angabe hat der Kläger zumindest grob fahrlässig unterlassen. In den Antragsformularen wird nämlich ausdrücklich danach gefragt, ob der Antragsteller Vermögen in Form bebauter oder unbebauter Grundstücke oder Eigentumswohnungen besitzt. In den Formularen können mehrere Grundstücke eingetragen werden. Dem entsprechend hat der Kläger auch sein Haus in Deutschland angegeben. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, es sei nicht nach Grundbesitz im Ausland gefragt worden, dieser sei deshalb nicht anzugeben gewesen, wertet der Senat dies als bloße Schutzbehauptung. Denn es ist ohne weiteres auch für den Kläger erkennbar, dass die Angaben zum Einkommen und zum Vermögen der Bedürftigkeitsprüfung dienen und deshalb sämtliche Vermögenswerte anzugeben sind.
Die Aufhebung der Bewilligung und die Rückforderung sind auch fristgerecht erfolgt. Nach § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB X kann bis zum Ablauf von 10 Jahren nach seiner Bekanntgabe ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Abs. 2 zurückgenommen werden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 gegeben sind. Die erstmalige Bewilligung von Arbeitslosenhilfe erfolgte am 23.02.1995, die Aufhebung mit Bescheid vom 08.09.2004 und damit noch innerhalb der Frist.
Auch die Frist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist gewahrt, wonach die Behörde die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun muss, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen. Die Beklagte hat erstmals aufgrund der Mitteilung des Hauptzollamtes C. vom 05.05.2004 von dem Hausgrundstück des Klägers in L. Kenntnis erlangt. Durch den Erlass des Aufhebungsbescheides am 08.09.2004 ist die Jahresfrist damit gewahrt.
Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser gemäß § 330 Abs. 2 SGB III auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Die Beklagte hat auch die Erstattung der erbrachten Leistungen gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X in zutreffender Höhe festgesetzt, wonach bereits erbrachte Leistungen zu erstatten sind, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Die Beklagte hat die Erstattung der tatsächlich an den Kläger gezahlten Arbeitslosenhilfe festgesetzt. Nicht zu prüfen ist, ob die ursprüngliche Festsetzung der Arbeitslosenhilfe in richtiger Höhe erfolgt ist, da kein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe bestanden hat und damit die tatsächlich erbrachten Leistungen zu erstatten sind.
Rechtsgrundlage für die Rückforderung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ist § 335 Abs. 1 SGB III für die Beiträge zur Krankenversicherung und § 335 Abs. 5 SGB III für die Beiträge zur Pflegeversicherung. In den streitigen Zeiträumen hat für den Kläger nämlich kein weiteres Krankenversicherungsverhältnis bestanden.
2. Die Anschlussberufung der Beklagten ist gleichfalls nicht begründet. Denn die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe an den Kläger für die Zeit ab dem 23.10.2002 ist nicht rechtswidrig erfolgt. Durch seine versicherungspflichtige Beschäftigung vom 17.07.2000 bis 13.12.2001 hat der Kläger einen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld und daran anschließend auf Arbeitslosenhilfe erworben. Der Kläger war auch bedürftig. Hierbei ist auf die Verhältnisse zu Beginn des Bezugs von Arbeitslosenhilfe am 23.10.2002 abzustellen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger das Grundstück in M./L. bereits verkauft. Von dem Erlös aus dem Verkauf des Hausgrundstücks in Höhe von 125.000,- EUR hatte er 6.000,- EUR Maklergebühren zu entrichten, 57.000,- EUR musste er an seine frühere Ehefrau bezahlen, 12.500,- EUR hatte er zur Tilgung eines Darlehens und 11.000,- EUR für den Kauf eines PKW für seine Schwiegermutter verwendet. Das verbleibende Vermögen von 38.500,- EUR stellt geschütztes Vermögen dar.
Gem. § 1 Abs. 1 der Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV 2002) vom 13. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3734) in der ab dem 01.01.2002 geltenden Fassung ist das gesamte verwertbare Vermögen des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten, seines Lebenspartners oder einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt (Partner), zu berücksichtigen, soweit der Wert des Vermögens den Freibetrag übersteigt.
Freibetrag war gem. § 1 Abs. 2 Satz 1 AlhiV 2002 zunächst ein Betrag von 520 Euro je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners. Durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4607) wurde § 1 Abs. 2 Satz 1 AlhiV2002 mit Wirkung zum 01.01.2003 geändert und der Betrag von 520 EUR ersetzt durch den Betrag von 200 EUR. Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 AlhiV 2002 in der ab 01.01.2003 geltenden Fassung war jedoch § 1 Abs. 2 in der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung für bis zum 1. Januar 1948 geborene Personen weiterhin anzuwenden. Danach war für den 1944 geborenen Kläger weiterhin ein Freibetrag von 520 EUR je Lebensjahr anzusetzen, somit 33.800,- EUR. lediglich für seine 1956 geborene Ehefrau war der Freibetrag auf 9.200.- EUR (46 x 200 EUR) herabzusetzen. Das Vermögen des Klägers und seiner Ehefrau, die im Jahr 2003 selbst Arbeitslosenhilfe bezog, hat den danach maßgeblichen Freibetrag von 43.000,- EUR nicht überschritten, ohne dass es darauf ankäme, ob das vom Kläger im Jahr 2002 für 25.000,- EUR gekaufte Haus in L. als geschütztes Vermögen anzusehen wäre. Das vom Kläger und seiner Ehefrau bewohnte Haus stellt geschütztes Vermögen gem. § 1 Abs. 3 Nr. 5 AlhiV 2002 dar, wonach u.a. ein Hausgrundstück von angemessener Größe, das der Arbeitslose bewohnt, oder eine entsprechende Eigentumswohnung nicht als Vermögen zu berücksichtigen sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und berücksichtigt den Umstand, dass der Kläger nur zu einem Viertel obsiegt hat.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Anschlussberufung der Beklagten wird zurückgewiesen. Die
Beklagte trägt ein Viertel der außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 02.02.1995 bis 16.07.2000 und vom 23.10.2002 bis 30.04.2004 sowie die Erstattung der für diese Zeit gewährten Arbeitslosenhilfe und der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung durch den Kläger streitig.
Der 1944 geborene kroatische Kläger erwarb im Jahr 1978 zusammen mit seiner Mutter ein Grundstück in M./L ... Am 02.11.1989 wurde die (erste) Ehe des Klägers geschieden. In einem "Vertrag über die Teilung der gemeinschaftlichen Habschaft" vom 04.11.1989 vereinbarten der (seit 1990 wiederverheiratete) Kläger, seine geschiedene Ehefrau, die beiden der Ehe entstammenden Töchter und die Mutter des Klägers, dass jeder von ihnen zu 1/5 Eigentümer des Grundstücks werden solle. Eine Eintragung in das Grundbuch erfolgte nicht. Am 24.05.1993 schlossen der Kläger und seine frühere Ehefrau, die ausweislich dieser Vereinbarung im Grundbuch zu je ½ als Eigentümer eingetragen waren, einen Vertrag zur "Regulierung der ehelichen Güter". Darin vereinbarten sie, das Verfahren zur Eintragung der Eigentumsverhältnisse entsprechend der Vereinbarung vom 04.11.1989 einstellen zu lassen. Der Kläger verpflichtete sich, an seine frühere Ehefrau für ihren Anteil 70.000,- DM bis spätestens 31.12.1993 zu bezahlen. Im Jahr 1994 starb die Mutter des Klägers.
Der Kläger bezog bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 01.02.1995 Arbeitslosengeld und im Anschluss hieran Arbeitslosenhilfe. Im ersten Antrag auf Arbeitslosenhilfe vom 03.02.1995 hatte er hinsichtlich seiner Vermögensverhältnisse angegeben, lediglich in B. ein Haus zu besitzen. Grundbesitz im Ausland gab er nicht an. Auch in den weiteren Anträgen vom 12.10.1995 (Bl. 47), 22.03.1996 (Bl. 60), 19.03.1997 (Bl. 72), 22.06.1998 (Bl. 83), 04.05.1999 (Bl. 95), 27.04.2000 (Bl. 108) und 29.05.2000 (Bl. 119) gab er kein Auslandsvermögen an. Der Kläger bezog Arbeitslosenhilfe wie folgt: 02.02.95 - 02.05.95 1.242,01 DM nach einem Bemessungsentgelt von 710 DM 12.10.95 - 31.12.95 2.939,40 DM " 01.01.96 - 01.02.96 1.212,40 DM " 02.02.96 - 30.03.96 2.205,00 DM nach einem Bemessungsentgelt von 730 DM 01.04.96 - 30.06.96 3.439,80 DM " 01.07.96 - 31.12.96 6.841,40 DM nach einem Bemessungsentgelt von 710 DM 01.07.97 - 30.06.97 6.603,00 DM " 01.07.97 - 31.12.97 6.667,60 DM nach einem Bemessungsentgelt von 700 DM 01.01.98 - 30.06.98 6.582,97 DM 01.07.98 - 31.12.98 6.629,52 DM 01.01.99 - 31.03.99 3.279,60 DM 01.04.99 - 30.06.99 3.316,04 DM 01.07.99 - 31.12.99 6.644,24 DM 01.01.00 - 22.05.00 5.286,71 DM 29.05.00 - 16.07.00 1.811,53 DM
Für die Zeit vom 02.02.1995 bis 16.07.2000 bezog der Kläger insgesamt 64.701,22 DM (= 33.081,21 EUR) Arbeitslosenhilfe. Für diese Zeit wurden Beiträge in Höhe von 9.783,20 EUR an die Krankenversicherung und von 109,40 EUR an die Pflegeversicherung abgeführt.
Vom 17.07.2000 bis 13.12.2001 war der Kläger als Technischer Leiter beim Verein Weiße Taube Helfende Menschen e.V. beschäftigt. Am 27.12.2001 meldete er sich wieder arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 22.10.2002. Am 20.09.2002 stellte er den Antrag auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe. Hierbei gab er wiederum kein Vermögen im Ausland an. In der Folgezeit bezog er Arbeitslosenhilfe wie folgt: 23.10.02 - 31.12.02 1.709,40 EUR 01.01.03 - 23.04.03 2.741,38 EUR 05.06.03 - 22.10.03 3.396,40 EUR 23.10.03 - 31.12.03 1.659,00 EUR 01.01.04 - 30.04.04 2.930,62 EUR
Insgesamt bezog der Kläger vom 23.01.2002 bis 30.04.2004 Arbeitslosenhilfe in Höhe von 12.436,80 EUR. Für diese Zeit wurden Beiträge in Höhe von 1.490,13 EUR zur Krankenversicherung und von 211,43 EUR zur Pflegeversicherung entrichtet.
Mit Schreiben vom 05.05.2004 teilte das Hauptzollamt C. der Beklagten mit, bei einer Durchsuchung der Wohnräume des Klägers habe dieser angegeben, von seiner Mutter im Jahr 1994 ein Grundstück mit Haus in L. geerbt zu haben, das im Jahr 2002 für 150.000,- EUR verkauft worden sei. Nach den Angaben des Klägers seien von dem Verkaufserlös 90.000,- EUR an seine geschiedene Frau gegangen, von den restlichen 60.000,- EUR hätten 25.000,- EUR Provision und Steuern abgeführt werden müssen. Für weitere 25.000,- EUR habe er sich ein kleines Haus gekauft, in dem er sich in den Ferien aufhalte. Die restlichen 10.000,- EUR seien zur Schuldentilgung und Renovierung verwendet worden.
Nach Anhörung des Klägers hob die Beklagte mit Bescheid vom 08.09.2004 die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 02.02.1995 bis 16.07.2000 auf mit der Begründung, der Kläger habe nach seinen Angaben im Jahr 1994 ein Haus im Wert von ca. 150.000,- EUR geerbt. Dieses Vermögen sei verwertbar und die Verwertung zumutbar gewesen. Unter Berücksichtigung des Freibetrages von zwei Mal 8.000,- DM sei ein zu berücksichtigendes Vermögen in Höhe von 277.374,50 DM vorhanden gewesen. Bei Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das wöchentliche Arbeitsentgelt von 710 DM ergebe sich, dass der Kläger für einen Zeitraum von 390 Wochen nicht bedürftig gewesen sei und deshalb keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe gehabt habe. Die fehlerhafte Bewilligung sei erfolgt, weil er in seinem Antrag zumindest grob fahrlässig falsche Angaben gemacht habe. Die vom 02.02.1995 bis 16.07.2000 gezahlte Arbeitslosenhilfe in Höhe von 64.701,22 DM sei zu erstatten. Darüber hinaus seien die Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 19.174,27 DM und zur Pflegeversicherung in Höhe von 213,96 DM zu erstatten. Es ergebe sich eine Gesamtforderung i.H.v. 84.049,45 DM (= 42.973,80 EUR).
Mit Bescheid gleichfalls vom 08.09.2004 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 23.10.2002 bis 30.04.2004 auf und setzte die Erstattung der für diese Zeit gewährten Arbeitslosenhilfe in Höhe von 12.436,80 EUR sowie der Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 1.490,13 EUR und zur Pflegeversicherung in Höhe von 211,43 EUR, insgesamt 14.138,36 EUR, fest.
Gegen beide Bescheide legte der Kläger am 24.09.2004 Widerspruch ein mit der Begründung, er sei nicht alleiniger Eigentümer der Liegenschaft gewesen. Im Rahmen seiner Ehescheidung sei bereits am 04.11.1989 ein Teilungsvertrag über das gemeinsame Vermögen zwischen ihm, seiner geschiedenen Ehefrau D. E., F. E., G. H. und I. K. abgeschlossen worden, wonach jedem der Beteiligten je 1/5 der Liegenschaft gehöre. Im Rahmen der Regulierung des ehelichen Vermögens habe er sich in einem am 24.05.1993 mit seiner früheren Ehefrau geschlossenen Vertrag bei Übernahme des hälftigen Miteigentumsanteils an dem Grundstück in L. zur Zahlung von 70.000,- DM an diese verpflichtet, fällig zum 31.12.1993. Da er diesen Betrag nicht bezahlt habe, sei er durch Urteil des Landgerichts Rottweil (Az. 3 O 353/95) zur Zahlung von 70.000,- DM verurteilt worden. Aufgrund eines drastischen Wertverlustes der Grundstücke in L. sei eine Verwertung jedoch nicht möglich gewesen. Zudem habe er für den Substanzerhalt des Gebäudes und notwendige Renovierungsarbeiten ein Darlehen von 75.000,- DM aufnehmen müssen. Das Anwesen sei zwischenzeitlich für 125.000,- EUR veräußert worden, wovon 58.000,- EUR an seine frühere Ehefrau, 25.000,- EUR als Maklercourtage und 25.000,- EUR an Darlehen zurückbezahlt worden seien. Der verbleibende Betrag von 17.000,- EUR sei in den Kauf eines neuen Grundstücks zur Alterssicherung für insgesamt 25.000 EUR investiert worden. Hierzu legte er den "Vertrag über die Teilung der gemeinschaftlichen Habschaft" vom 04.11.1989 vor. Weiter vorgelegt wurde die Kopie eines Vertrages zwischen dem Kläger und seiner früheren Ehefrau vom 24.05.1993, in welchem u.a. angegeben wird, ausweislich des Grundbuchs seien sie Eigentümer des Grundstücks jeweils zur Hälfte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.01.2005, auf den Bezug genommen wird, wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 02.02.2005 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung hat er unter Bezugnahme auf den Vortrag im Widerspruchsverfahren ausgeführt, in den Anträgen und den Hinweisen zur Arbeitslosenhilfe sei kein expliziter Verweis dahingehend zu finden, dass Vermögen im Ausland Einfluss auf die Gewährung von Arbeitslosenhilfe habe. Er habe deshalb darauf vertrauen dürfen, dass nur nach inländischem Vermögen gefragt werde. Bis zum Tod seiner Mutter im Jahr 1994 sei das Haus von dieser bewohnt worden. Ein im Jahr 2000 möglicher Verkauf des Hauses zu einem Kaufpreis von 500.000 DM sei am Verhalten seiner früheren Ehefrau gescheitert.
Mit Urteil vom 18.12.2006 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 08.09.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.01.2005 betreffend die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe vom 23.10.2002 bis 30.04.2004 aufgehoben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, für die Zeit vom 02.02.1995 bis 16.07.2000 sei dem Kläger zu Unrecht Arbeitslosenhilfe bewilligt worden, da die Voraussetzungen mangels Bedürftigkeit nicht vorgelegen hätten. Durch seinen Anteil an dem Grundstück in L. habe der Kläger über Vermögen verfügt, welches seinen Freibetrag nach der Arbeitslosenhilfe-Verordnung überstiegen habe, weshalb Bedürftigkeit nicht gegeben gewesen sei. So hätte der Kläger das Grundstück im Jahr 2000 für 500.000,- EUR veräußern können. Dementsprechend sei von einer Werthaltigkeit des Grundstücks zu diesem Zeitpunkt in dieser Größenordnung auszugehen. Unabhängig vom Verkauf hätte das Grundstück beliehen werden können. Für eine Kreditwürdigkeit spreche der Umstand, dass der Kläger selbst vorgetragen habe, zur Instandsetzung des Hauses einen Kredit aufgenommen zu haben. Eine Belastung sei auch ohne Zustimmung der früheren Ehefrau und Miteigentümerin möglich gewesen. Für den Bewilligungszeitraum ab 23.10.2002 sei jedoch nicht nachgewiesen, dass Vermögen in die Bedürftigkeit beseitigender Höhe vorgelegen habe. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass sich aus dem Verkauf des Grundstücks nur ein Verkaufspreis von 125.000,- EUR habe erzielen lassen, welcher von den Verbindlichkeiten nahezu aufgezehrt worden sei.
Gegen das am 16.02.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.03.2007 Berufung eingelegt. Er trägt vor, das Grundstück sei bis 1994 von seiner Mutter bewohnt gewesen und habe deshalb nicht verwertet werden können. Auch sei durch den Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien ein drastischer Verfall der Grundstückspreise eingetreten. Einer Verwertung habe auch entgegengestanden, dass während der kriegerischen Auseinandersetzungen bis zum Jahre 2000 in einem Abstand von ca. 300 Meter vom Grundstück entfernt eine Raketenbasis gestanden habe. Zudem habe ein Verkauf des Grundstücks wegen der fehlenden Zustimmung der damaligen Miteigentümerin, seiner früheren Ehefrau, nicht realisiert werden können. Das Grundstück sei als Altersvorsorge für sich und seine Familie gedacht gewesen. Zum gleichen Zweck habe er das mit dem Verkaufserlös im Jahr 2002 gekaufte Grundstück erworben. Schließlich habe er während des streitigen Zeitraumes keine Mieteinnahmen erzielt.
Bei dem Verkauf im Jahr 2002 sei ein Erlös von 125.000,- EUR erzielt worden; hiervon seien an den Makler 5.000,- bis 6.000,- EUR und an seine frühere Ehefrau 57.5000,- EUR abgegangen. 12.500,- EUR seien zur Schuldentilgung verwendet worden, mit 25.000,- EUR sei ein kleineres Grundstück erworben worden, für das weitere Renovierungskosten in Höhe von 3.500,- EUR angefallen seien. Abzüglich eines für die Schwiegermutter gekauften PKW zu einem Preis von 11.000,- EUR seien ihm letztlich aus dem Verkauf des Grundstücks noch 15.500,- EUR verblieben.
In einer schriftlichen Erklärung vom 09.02.2008 hat der Kläger angegeben, er habe im Jahr 1985 auf Drängen seiner damaligen Frau dieser die Hälfte ihres Anteils am Haus durch Schenkung vermacht. Der spätere Vertrag über eine Fünftel-Teilung sei für nichtig erklärt worden. Da seine Ex-Ehefrau die Zwangsversteigerung betrieben habe, sei er gezwungen gewesen, das Anwesen für einen weit unter dem tatsächlichen Marktpreis liegenden Wert zu verkaufen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 18. Dezember 2006 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 08. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2005 betreffend die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe vom 02. Februar 1995 bis 16. Juli 2000 aufzuheben sowie die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte, die gegen das ihr am 16.02.2007 zugestellte Urteil am 26.07.2007 Anschlussberufung eingelegt hat, beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen sowie das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 18. Dezember 2006 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Sie trägt vor, der Kläger habe in allen Anträgen auf Arbeitslosenhilfe seit 1995 zumindest grob fahrlässig falsche Angaben gemacht, indem er vorhandenes Vermögen nicht angegeben habe. Er habe in der Zeit von 1995 bis 2002 über ein Hausgrundstück in L. mit einer Fläche von 5.000 qm verfügt. Der Miteigentumsanteil seiner früheren Ehefrau sei für das Jahr 1993 bereits mit 70.000,- DM beziffert worden, zudem habe der Kläger nach eigenen Angaben 1993 ein Darlehen über 75.000,- DM erhalten, das er zur Wertsteigerung der Immobilie eingesetzt habe. Im Jahr 2000 habe ein Kaufinteressent 500.000,- DM für das Haus geboten. Auf dieser Grundlage sei dem Kläger auch eine Beleihung seines Anteils möglich und zumutbar gewesen. Auch habe er ab dem Jahr 2002 - nach dem Verkauf des Hauses - über den Freibetrag übersteigendes Vermögen verfügt.
Mit Beschluss des Landgerichts Rottweil vom 08.12.2006 (Az: 11 Ns 16 Js 13020/03 AK 62/05) ist das Strafverfahren gegen den Kläger wegen Betruges endgültig eingestellt worden, nachdem dieser die Auflage im Beschluss vom 15.05.2006 erfüllt und einen Betrag von 600,- EUR an den Verein zur Förderung der Bewährungshilfe im Landgerichtsbezirk Rottweil gezahlt hat.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge, der Akten des Landgerichts Rottweil (3 O 353/95, 5 U 31/00 und 11 Ns 16 Js 13020/03 AK 62/05), des Amtsgerichts B. (5 Ds 16 Js 13020/03) und der Staatsanwaltschaft Rottweil (16 Js 13020/03) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers (1.) sowie die Anschlussberufung der Beklagten (2.) sind zulässig, jedoch beide nicht begründet.
1. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 02.02.1995 bis 16.07.2000 aufgehoben und die Erstattung der für diese Zeit gezahlten Arbeitslosenhilfe in Höhe von 33.081,21 EUR sowie der für diese Zeit entrichteten Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 9.783,20 EUR und zur Pflegeversicherung in Höhe von 109,40 EUR festgesetzt.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung ist § 45 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Soweit danach ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Die Bescheide, mit denen dem Kläger für die Zeit vom 02.02.1995 bis 16.07.2000 Arbeitslosenhilfe bewilligt worden ist, waren von Anfang an rechtswidrig. Denn der Kläger war nicht bedürftig. Nach § 134 Abs. 1 Nr. 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in der bis zum 31.12.1997 geltenden Fassung hat Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, wer u.a. bedürftig ist. Gemäß § 137 Abs. 2 AFG ist der Arbeitslose nicht bedürftig im Sinne des § 134 Abs. 1 Nr. 3, so lange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder das Vermögen der Eltern eines minderjährigen unverheirateten Arbeitslosen die Gewährung von Arbeitslosenhilfe offenbar nicht gerechtfertigt ist. Nach § 6 Abs. 1 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiVO) vom 07.08.1974 ist Vermögen des Arbeitslosen, seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten und der Eltern eines minderjährigen unverheirateten Arbeitslosen zu berücksichtigen, soweit es verwertbar und die Verwertung zumutbar ist und der Wert des Vermögens, dessen Verwertung zumutbar ist, jeweils 8.000 DM übersteigt. Nach § 6 Abs. 2 AlhiVO ist Vermögen insbesondere verwertbar, soweit seine Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden können.
Der Kläger besaß bereits bei der erstmaligen Beantragung und Bewilligung von Arbeitslosenhilfe Vermögen in Form eines zumindest hälftigen Anteils an einem Hausgrundstück in M./L ... Zwar hatten der Kläger, seine geschiedene Ehefrau, die beiden Kinder aus dieser Ehe und die Mutter des Klägers am 04.11.1989 vereinbart, dass jeder von ihnen zu 1/5 Eigentümer des Grundstücks werden solle. Zu einer Eintragung im Grundbuch und einer entsprechenden Änderung der Eigentumsverhältnisse kam es jedoch nicht. In der Vereinbarung zur Regulierung der ehelichen Güter vom 24.05.1993 ist vielmehr festgehalten, dass der Kläger und seine frühere Ehefrau je zur Hälfte Eigentümer des Grundstücks waren. Weiter vereinbarten sie, die Eintragung der Eigentumsänderung entsprechend der Vereinbarung vom 04.11.1989 einstellen zu lassen, so dass diese nie wirksam wurde.
Dahingestellt bleiben kann, ob als Wert des Grundstücks der Betrag von 500.000,- DM zugrunde gelegt werden kann, wie es die Beklagte und das SG angenommen haben. Hierfür spricht, dass der Kläger das Haus im Jahr 2000 zu diesem Preis hätte verkaufen können. Einem Verkauf des Hausgrundstücks hat nicht entgegengestanden, dass die Miteigentümerin und frühere Ehefrau des Klägers einem Verkauf nicht zugestimmt hätte. Der Verkauf im Jahr 2000 scheiterte nach Angaben des Klägers vielmehr lediglich daran, dass die Miteigentümerin zu dem vereinbarten Abschluss des Kaufvertrages nicht nach L. gereist ist und der Käufer daraufhin Abstand vom Kaufvertrag genommen hat. Die grundsätzliche Bereitschaft der Miteigentümerin zur Veräußerung zeigt sich auch daran, dass das Haus im Jahr 2002 - u.a. auf deren Betreiben - verkauft worden ist. Das Grundstück ist im Jahr 2002 zu einem Kaufpreis von 125.000,- EUR verkauft worden. Nach Angaben des Klägers ist das Grundstück hierbei weit unter Wert verkauft worden, so dass zumindest dieser Betrag (entsprechend 244.478,75 DM) als Wert des Grundstücks bereits im Jahr 1995 zugrunde zu legen ist
Die Verwertung dieses Vermögens war dem Kläger während des Leistungsbezugs auch möglich. Selbst wenn ein Verkauf nicht sofort möglich gewesen wäre, hätte er das Grundstück beleihen können. Für eine grundsätzliche Beleihungsfähigkeit spricht, dass der Kläger Darlehen aufgenommen hat, um Renovierungsarbeiten am Grundstück vorzunehmen. Einer Verwertung des Grundstücks stand auch nicht der Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien entgegen. Nach 1993 fanden im Gebiet der Republik L. keine Kampfhandlungen mehr statt. Spätestens mit dem Abkommen von Dayton, unterzeichnet am 14.12.1995 in Paris, war der Krieg in L. beendet.
Einer Verwertung hat auch nicht § 6 Abs. 3 Nr. 2 Nr. 7 AlhiVO entgegen gestanden. Danach ist nicht zumutbar die Verwertung eines Hausgrundstückes von angemessener Größe, das der Eigentümer bewohnt, oder einer entsprechenden Eigentumswohnung oder eines Vermögens, das nachweislich zum alsbaldigen Erwerb eines solchen Hausgrundstückes oder einer solchen Eigentumswohnung bestimmt ist. Der Kläger hat im streitigen Zeitraum nämlich nicht das Hausgrundstück in L., sondern ein gleichfalls in seinem Miteigentum stehendes Haus in Deutschland bewohnt.
Eine Unzumutbarkeit der Verwertung ergibt sich auch nicht aus § 6 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AlhiVO. Danach ist nicht zumutbar die Verwertung von Vermögen, das zur Sicherung einer angemessenen Lebensgrundlage oder zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmt ist. Dies setzt jedoch eine entsprechende Zweckbestimmung des Vermögens durch den Arbeitslosen selbst voraus. Hiergegen spricht bereits, dass der Kläger nur Miteigentümer des Grundstücks war und einen Verkauf des Grundstücks angestrebt und schließlich auch realisiert hat.
Als Vermögen zu Grunde zu legen ist danach der hälftige Wert des Hausgrundstücks in Höhe von 122.239,37 DM. Nach Abzug des Freibetrages für den Kläger und seine Ehefrau in Höhe von jeweils 8.000 DM ist ein Vermögen in Höhe von 106.239,37 DM zu berücksichtigen. Nach § 9 AlhiVO besteht Bedürftigkeit nicht für die Zahl voller Wochen, die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergibt, nach dem sich die Arbeitslosenhilfe richtet. Unter Zugrundelegung eines wöchentlichen Bemessungsentgelts von 710,- DM ergibt sich eine fehlende Bedürftigkeit für 149 Wochen.
Damit war der Kläger beginnend ab dem 02.02.1995 für 149 Wochen und damit für mehr als ein Jahr nicht bedürftig. Damit ist der Anspruch des Klägers gem. § 135 Abs. 1 Nr. 2 AFG in der bis zum 31.03.1996 geltenden Fassung, wonach der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe erlischt, wenn seit dem letzten Tage des Bezugs von Arbeitslosenhilfe ein Jahr vergangen ist, mit Ablauf des 01.02.1996 erloschen (BSG, Urteil vom 13.09.2006, B 11a AL 19/06 R - in juris). Für die Rechtmäßigkeit der Aufhebung für nachfolgende Bewilligungszeiträume bis zum 16.07.2000 kommt es deshalb nicht darauf an, ob zwischenzeitlich wieder Bedürftigkeit vorgelegen hat.
Der Kläger kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
Bei den Anträgen auf Bewilligung von Arbeitslosenhilfe hat der Kläger nicht angegeben, dass er Miteigentümer eines Hausgrundstücks in L. war. Diese Angabe hat der Kläger zumindest grob fahrlässig unterlassen. In den Antragsformularen wird nämlich ausdrücklich danach gefragt, ob der Antragsteller Vermögen in Form bebauter oder unbebauter Grundstücke oder Eigentumswohnungen besitzt. In den Formularen können mehrere Grundstücke eingetragen werden. Dem entsprechend hat der Kläger auch sein Haus in Deutschland angegeben. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, es sei nicht nach Grundbesitz im Ausland gefragt worden, dieser sei deshalb nicht anzugeben gewesen, wertet der Senat dies als bloße Schutzbehauptung. Denn es ist ohne weiteres auch für den Kläger erkennbar, dass die Angaben zum Einkommen und zum Vermögen der Bedürftigkeitsprüfung dienen und deshalb sämtliche Vermögenswerte anzugeben sind.
Die Aufhebung der Bewilligung und die Rückforderung sind auch fristgerecht erfolgt. Nach § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB X kann bis zum Ablauf von 10 Jahren nach seiner Bekanntgabe ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Abs. 2 zurückgenommen werden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 gegeben sind. Die erstmalige Bewilligung von Arbeitslosenhilfe erfolgte am 23.02.1995, die Aufhebung mit Bescheid vom 08.09.2004 und damit noch innerhalb der Frist.
Auch die Frist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist gewahrt, wonach die Behörde die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun muss, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen. Die Beklagte hat erstmals aufgrund der Mitteilung des Hauptzollamtes C. vom 05.05.2004 von dem Hausgrundstück des Klägers in L. Kenntnis erlangt. Durch den Erlass des Aufhebungsbescheides am 08.09.2004 ist die Jahresfrist damit gewahrt.
Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser gemäß § 330 Abs. 2 SGB III auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Die Beklagte hat auch die Erstattung der erbrachten Leistungen gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X in zutreffender Höhe festgesetzt, wonach bereits erbrachte Leistungen zu erstatten sind, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Die Beklagte hat die Erstattung der tatsächlich an den Kläger gezahlten Arbeitslosenhilfe festgesetzt. Nicht zu prüfen ist, ob die ursprüngliche Festsetzung der Arbeitslosenhilfe in richtiger Höhe erfolgt ist, da kein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe bestanden hat und damit die tatsächlich erbrachten Leistungen zu erstatten sind.
Rechtsgrundlage für die Rückforderung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ist § 335 Abs. 1 SGB III für die Beiträge zur Krankenversicherung und § 335 Abs. 5 SGB III für die Beiträge zur Pflegeversicherung. In den streitigen Zeiträumen hat für den Kläger nämlich kein weiteres Krankenversicherungsverhältnis bestanden.
2. Die Anschlussberufung der Beklagten ist gleichfalls nicht begründet. Denn die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe an den Kläger für die Zeit ab dem 23.10.2002 ist nicht rechtswidrig erfolgt. Durch seine versicherungspflichtige Beschäftigung vom 17.07.2000 bis 13.12.2001 hat der Kläger einen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld und daran anschließend auf Arbeitslosenhilfe erworben. Der Kläger war auch bedürftig. Hierbei ist auf die Verhältnisse zu Beginn des Bezugs von Arbeitslosenhilfe am 23.10.2002 abzustellen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger das Grundstück in M./L. bereits verkauft. Von dem Erlös aus dem Verkauf des Hausgrundstücks in Höhe von 125.000,- EUR hatte er 6.000,- EUR Maklergebühren zu entrichten, 57.000,- EUR musste er an seine frühere Ehefrau bezahlen, 12.500,- EUR hatte er zur Tilgung eines Darlehens und 11.000,- EUR für den Kauf eines PKW für seine Schwiegermutter verwendet. Das verbleibende Vermögen von 38.500,- EUR stellt geschütztes Vermögen dar.
Gem. § 1 Abs. 1 der Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV 2002) vom 13. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3734) in der ab dem 01.01.2002 geltenden Fassung ist das gesamte verwertbare Vermögen des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten, seines Lebenspartners oder einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt (Partner), zu berücksichtigen, soweit der Wert des Vermögens den Freibetrag übersteigt.
Freibetrag war gem. § 1 Abs. 2 Satz 1 AlhiV 2002 zunächst ein Betrag von 520 Euro je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners. Durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4607) wurde § 1 Abs. 2 Satz 1 AlhiV2002 mit Wirkung zum 01.01.2003 geändert und der Betrag von 520 EUR ersetzt durch den Betrag von 200 EUR. Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 AlhiV 2002 in der ab 01.01.2003 geltenden Fassung war jedoch § 1 Abs. 2 in der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung für bis zum 1. Januar 1948 geborene Personen weiterhin anzuwenden. Danach war für den 1944 geborenen Kläger weiterhin ein Freibetrag von 520 EUR je Lebensjahr anzusetzen, somit 33.800,- EUR. lediglich für seine 1956 geborene Ehefrau war der Freibetrag auf 9.200.- EUR (46 x 200 EUR) herabzusetzen. Das Vermögen des Klägers und seiner Ehefrau, die im Jahr 2003 selbst Arbeitslosenhilfe bezog, hat den danach maßgeblichen Freibetrag von 43.000,- EUR nicht überschritten, ohne dass es darauf ankäme, ob das vom Kläger im Jahr 2002 für 25.000,- EUR gekaufte Haus in L. als geschütztes Vermögen anzusehen wäre. Das vom Kläger und seiner Ehefrau bewohnte Haus stellt geschütztes Vermögen gem. § 1 Abs. 3 Nr. 5 AlhiV 2002 dar, wonach u.a. ein Hausgrundstück von angemessener Größe, das der Arbeitslose bewohnt, oder eine entsprechende Eigentumswohnung nicht als Vermögen zu berücksichtigen sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und berücksichtigt den Umstand, dass der Kläger nur zu einem Viertel obsiegt hat.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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