Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 3925/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3292/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Als ein die Annahme einer sog Versorgungsehe bestätigender Umstand ist es anzusehen, wenn der Versicherte zum Zeitpunkt der Eheschließung
bereits offenkundig an einer lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten hat.
Eine sog Pflegeehe im Gegensatz zu einer Versorgungsehe liegt dann vor, wenn im Zeitpunkt der Eheschließung der Pflegefall schon eingetreten ist und die tödlichen Folgen einer Krankheit noch nicht vorhersehbar waren
(vgl BSG 3.9.1986 SozR 3100 § 38 Nr 5).
bereits offenkundig an einer lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten hat.
Eine sog Pflegeehe im Gegensatz zu einer Versorgungsehe liegt dann vor, wenn im Zeitpunkt der Eheschließung der Pflegefall schon eingetreten ist und die tödlichen Folgen einer Krankheit noch nicht vorhersehbar waren
(vgl BSG 3.9.1986 SozR 3100 § 38 Nr 5).
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 6. Juli 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Witwenrente aus der Versicherung des am 22. Mai 2007 verstorbenen E. W. (im Folgenden Versicherter) streitig.
Die am 26. Juni 1964 in W. (Baden) geborene Klägerin lebte nach ihren eigenen Angaben seit 1984 mit dem am 25. April 1954 geborenen Versicherten in W. zusammen. Dieser erhielt von der Landesversicherungsanstalt B. aufgrund eines Leistungsfalls vom 22. Mai 2000 ab dem 1. Juli 2000 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit wegen einer wahnhaften Störung mit Angstzuständen (Bescheid vom 4. August 2000).
Am 5. Mai 2006 wurde der Versicherte mit einer Lithium-Intoxikation und akutem Nierenversagen im Universitätsklinikum H. behandelt. Nach Akutdialyse kam es zu einer klinischen Besserung, es wurde jedoch ein multiples Myelom vom Typ IgA Lambda im Stadium III B nach Salmon und Durie diagnostiziert (Arztbrief des Prof. Dr. G. vom 16. Mai 2006). Von Mai bis Juni 2006 wurde eine Chemotherapie nach dem VAD-Schema durchgeführt. Hierbei kam es jedoch zu einem Progress, so dass sich von Juli bis September 2006 eine weitere Chemotherapie mit zwei Zyklen Velcade anschloss. Dennoch wurde ein weiterer Progress beobachtet. Daher wurde eine Dauertherapie mittels Fortecortin und Thalidomid eingeleitet (vgl Verlaufsdokumentation der St.-V.-Kliniken K. vom 3. Mai 2007). Anfang 2007 kam es zu einem septischen Nierenversagen, weshalb der Versicherte vom 11. bis 14. Februar 2007 auf der Intensivstation der St.-V.-Kliniken behandelt worden ist. Am 5. März 2007 wurde in der entsprechenden Verlaufsdokumentation festgehalten, dass der Allgemeinzustand leicht reduziert sei.
Am 19. März 2007 haben die Klägerin und der Versicherte vor dem Standesbeamten des Standesamtes W. (B.) die Ehe geschlossen (Heiratsurkunde vom 19. März 2007).
Am 12. April 2007 kam es zu einer drastischen Verschlechterung des Allgemeinzustands mit erheblichem Kreatininanstieg, nachdem der Versicherte keine Medikamente mehr eingenommen hatte. Er wurde deshalb vom 12. bis 25. April 2007 stationär behandelt. Es wurde ein nächster Zyklus Thalidomid und die Gabe eines Bisphosphonathes für den 7. Mai 2007 geplant. Am 22. Mai 2007 verstarb der Versicherte.
Am 5. Juni 2007 beantragte die Klägerin bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg die Gewährung einer Hinterbliebenenrente aus der Versicherung ihres Ehemannes. Nachdem der Antrag an die Beklagte weitergeleitet worden war, lehnte diese den Rentenantrag mit Bescheid vom 11. Oktober 2007 ab, da der Versicherte innerhalb eines Jahres nach Eheschließung verstorben sei und deshalb eine sog Versorgungsehe nach § 46 Abs 2 a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) unterstellt werde. Der Versicherte sei nicht durch einen Unfall, ein Verbrechen oder wegen einer Infektionskrankheit verstorben. Er habe seit längerem an einem multiplen Myelom mit ständiger Verschlechterung seit Februar 2007 gelitten. Dies berechtige zur Annahme, dass die tödlichen Folgen dieser Krankheit bereits bei der Eheschließung auf absehbare Zeit vorhersehbar gewesen seien. Auch existierten keine gemeinsamen leiblichen Kinder und die Klägerin erziehe kein minderjähriges Kind des Verstorbenen. Die Vermutung des Vorliegens einer Versorgungsehe sei daher nicht hinreichend widerlegt.
Mit ihrem am 23. Oktober 2007 erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, die damals erhobene Hauptdiagnose multiples Myelom sei zwar ihrem Ehemann, nicht jedoch ihr mitgeteilt worden. Ihr Ehemann habe diese Erkrankung verdrängt und habe auch nicht mit ihr darüber gesprochen. Selbst für die zuletzt aufgetretene schwere Gehbehinderung habe eine Erklärung nicht gefunden werden können. Erst Anfang 2007 habe er eingesehen, dass er sie brauche, wobei zum Zeitpunkt der Eheschließung die gesundheitliche Situation völlig im Unklaren gewesen sei. Sie habe keine Ahnung vom Gesundheitszustand ihres Ehemannes gehabt. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass es sich um eine Pflegeehe gehandelt habe. Die Beklagte holte daraufhin bei dem behandelnden Hausarzt Dr. D. Befundunterlagen und die Stellungnahme des Leitenden Medizinaldirektors Dr. L. vom 30. Juni 2008 ein. Dr. L. vertrat die Auffassung, dass zum Zeitpunkt der Eheschließung erkennbar gewesen sei, dass der Versicherte innerhalb eines Jahres an dem fortgeschrittenen Tumorleiden versterben werde. Gestützt hierauf wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 27. August 2008). Es sei anzunehmen, dass die Klägerin von dem gesundheitlichen Zustand des Versicherten Kenntnis gehabt habe, da er sich kurz vor der Eheschließung verschiedenen Chemotherapien und der Einnahme von Medikamenten habe unterziehen müssen. Es sei daher von einer nicht widerlegten Versorgungsehe auszugehen.
Hiergegen hat die Klägerin am 5. September 2008 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, zum Zeitpunkt der Eheschließung sei sie im Hinblick auf die gesundheitliche Situation ihres Ehemannes völlig im Unklaren gewesen. Sie habe auch keine Kenntnis über die Schwere der lebensbedrohenden Erkrankung gehabt, zumal deren Folgen durch die schwersten psychischen Veränderungen kaschiert worden seien. Die Beklagte habe nicht hinlänglich berücksichtigt, dass es sich um eine zulässige Pflegeehe gehandelt habe. Hinzu komme, dass sich ihr Ehemann zum Zeitpunkt der Eheschließung wieder in einem relativ guten Ernährungs- und Allgemeinzustand befunden habe. Erst im April 2007 habe sich sein Zustand rapide verschlechtert.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG die Verwaltungsakte des Standesamtes W. beigezogen und die behandelnden Ärzte des Versicherten als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen. Laut der Akte des Standesamtes W. hatte der Versicherte die Klägerin am 6. März 2007 bevollmächtigt, die Eheschließung anzumelden (Blatt 20/21 der SG-Akte).
Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. D. hat mitgeteilt (Auskunft vom 11. März 2009), er habe den Versicherten ua am 8. und 12. März, am 5., 12. und 30. April 2007 sowie zuletzt am 7. Mai 2007 behandelt. Er habe ihn am 9. Februar 2007 aufgrund des sich erheblich verschlechternden Befundes ins Krankenhaus eingewiesen. Wegen Magenschmerzen sei eine Untersuchung am 23. Februar 2007 erforderlich gewesen, die sich trotz Therapie erst bis zu einem weiteren Hausbesuch am 8. März 2007 gebessert hätten. Am 5. April 2007 habe sich bei einem weiteren Hausbesuch ein erschreckendes Bild geboten. Der Versicherte habe eigenmächtig alle Medikamente abgesetzt, so dass er sehr schwach und blass gewesen sei und nichts mehr gegessen und getrunken habe. Erst am 7. Mai 2007 habe er sich mit einer stationären Einweisung bereit erklärt. Dr. D. hat seiner Auskunft zahlreiche Befundberichte beigefügt. Nervenärztin Dr. S. hat ausgeführt (Auskunft vom 27. April 2009), sie habe den Versicherten zuletzt im Oktober 2006 behandelt. Der Versicherte sei zu diesem Zeitpunkt psychiatrisch stabil gewesen, wobei die Chemotherapie nicht gewirkt habe. Auch sie hat ihrer Auskunft zahlreiche Befundberichte beigefügt.
In der mündlichen Verhandlung vom 6. Juli 2009 hat das SG die Klägerin ausführlich vernommen. Diesbezüglich wird auf die Niederschrift verwiesen (Blatt 62 - 65 der SG-Akte).
Mit Urteil vom 6. Juli 2009 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin und dem Versicherten sei zum Zeitpunkt der Eheschließung bewusst gewesen, dass der Versicherte möglicherweise innerhalb eines Jahres sterben werde. Wie sich aus dem Schreiben des Universitätsklinikums H. vom 16. Mai 2006 ergebe, sei bei ihm im Mai 2006 eine lebensbedrohliche Erkrankung festgestellt worden. Bereits zum damaligen Zeitpunkt habe die Erkrankung das Stadium III erreicht. Trotz zweier Chemotherapien sei die Krankheit fortgeschritten, so dass ab November 2006 eine Therapie mit Fortecortin und Thalidomid erfolgt sei. Im späteren Verlauf sei es auch zu einem septischen Nierenversagen gekommen. Zwar sei der Allgemeinzustand des Versicherten im Anschluss daran nur noch leicht reduziert gewesen. Allerdings sei der Versicherte offenkundig nicht geheilt gewesen. Denn bereits einen Monat später habe Dr. D. einen erschreckenden Zustand des Versicherten festgestellt. Vor diesem Hintergrund sei davon auszugehen, dass auch der Klägerin bei der Eheschließung am 19. März 2007 der lebensbedrohliche Stand der Erkrankung des Versicherten bewusst gewesen sei. Zwar könne es zutreffen, dass der Versicherte von sich aus nicht über das multiple Myelom gesprochen habe. Gleichwohl müsse die Klägerin jedenfalls in den Grundzügen über sein Krankheitsbild informiert gewesen sein. Denn diese habe eingeräumt, dass ihr die beiden Chemotherapien bekannt gewesen seien. Im Anschluss daran habe sie sich mehrere Wochen beurlauben lassen, um den Versicherten zu pflegen. Auch aus bloß laienhafter Sicht lasse eine Chemotherapie den sicheren Schluss auf eine Krebserkrankung, also auf eine lebensbedrohliche Krankheit zu. Dem langjährigen eheähnlichen Zusammenleben komme für sich genommen keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Nicht überzeugend sei der Vortrag der Klägerin, sie habe den Versicherten nur geheiratet, um als Ehefrau von den behandelnden Ärzten Auskunft über seinen Gesundheitszustand erhalten zu können. Zweifel erwecke zum einen, dass sie dieses Motiv weder im Vorverfahren noch im gerichtlichen Verfahren in ihrer schriftlichen Begründung erwähnt habe, sondern erst in der mündlichen Verhandlung. Wäre dieses Motiv tatsächlich ausschlaggebend gewesen, wäre kaum verständlich, warum sie es bis zur mündlichen Verhandlung nicht vorgebracht habe. Träfe der angebliche Beweggrund für die Eheschließung zu, wäre zum anderen nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin den Versicherten erst im Jahr 2007 geheiratet habe. Der Versicherte habe seit dem 1. Juni 2000 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezogen, sei also spätestens seit diesem Zeitpunkt erheblich krank gewesen. Wäre es der Klägerin tatsächlich darum gegangen, sich im Detail über seinen Gesundheitszustand zu informieren, hätte eine Eheschließung bereits im Jahr 2000 nahegelegen und nicht erst im Jahr 2007. Die Klägerin habe zudem an einer Witwenrente durchaus ein finanzielles Interesse. Denn nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung beziehe sie lediglich eine Versichertenrente sowie ein geringfügiges Arbeitsentgelt aus einer Teilzeittätigkeit als Putzfrau.
Hiergegen hat die Klägerin am 21. Juli 2009 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt und vorgetragen, eine von ihr gewünschte frühere Eheschließung sei an der Uneinsichtigkeit des Versicherten gescheitert, da er nie etwas über seine Erkrankung und Diagnosen habe verlauten lassen. Vor diesem Hintergrund sei sie erst nach der Heirat aufgrund der dann erlangten Kenntnis über den Gesundheitszustand ihres verstorbenen Ehemannes in der Lage gewesen, die erforderliche Pflege zu intensivieren und der jeweiligen Situation anzupassen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe diesbezüglich bereits entschieden, dass die Rechtsvermutung einer sog Versorgungsehe widerlegt sei, wenn ein Versicherter heirate, der auf Pflege ständig angewiesen sei (sog Pflegeehe).
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 6. Juli 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 11. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. August 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 1. Juni 2007 Witwenrente aus der Versicherung des E. W. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, denn sie hat keinen Anspruch auf die Gewährung der von ihr begehrten Witwenrente.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 46 SGB VI in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung des Art 1 Nr. 6 des Altersvermögensergänzungsgesetzes vom 21. März 2001 (BGBl I 2001, 403). Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben danach gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 SGB VI nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben gemäß § 46 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB VI nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeinen Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie das 45. Lebensjahr vollendet haben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin ist Witwe des am 22. Mai 2007 verstorbenen Versicherten, der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 50 Abs 1 SGB VI erfüllt hatte. Sie hatte zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten aber noch nicht das 45. Lebensjahr vollendet, so dass nur die Gewährung einer kleinen Witwenrente in Betracht kommt.
Gemäß § 46 Abs 2 a SGB VI, der mit Wirkung vom 1. Januar 2006 durch Art 1 Nr 6 b des Altersvermögensergänzungsgesetzes eingeführt worden ist und gemäß § 242 a Abs 3 SGB VI für alle seit dem 1. Januar 2002 geschlossenen Ehen gilt, ist der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen (gesetzliche Vermutung).
Die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung erfordert gemäß § 202 SGG iVm § 292 der Zivilprozessordnung den vollen Beweis des Gegenteils (so schon zu § 38 Abs 2 des Bundesversorgungsgesetzes BSG, Urteil vom 3. September 1986, 9a RV 8/84, SozR 3100 § 38 Nr 5). Der Vollbeweis erfordert zumindest einen der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit. Die nur denkbare Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit reicht nicht aus. Eine Tatsache ist erst bewiesen, wenn alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon oder einen so hohen Grad der Wahrscheinlichkeit zu begründen, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifelt (BSG, Urteil vom 6. Februar 2003, B 7 AL 12/02 R, juris mwN; BSG, Urteil vom 28. Juni 2000, B 9 VG 3/99 R, SozR 3-3900 § 15 Nr 3 mwN). Wenn eine solche erforderliche Überzeugung nicht vorliegt, treffen nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast die Folgen denjenigen, der aus der Tatsache einen Anspruch begründen will, im vorliegenden Fall die Klägerin, da sie sich auf die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung beruft (Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller, SGG, 9. Auflage, § 103 RdNr 6a und § 118 RdNr 5 mwN).
Der Begriff der "besonderen Umstände" gemäß § 46 Abs 2 a Halbsatz 2 SGB VI ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Beurteilung der richterlichen Kontrolle unterliegt (BSG, Urteil vom 3. September 1986, 9a RV 8/84, aaO). Was unter den "besonderen Umständen" des Falles gemäß § 46 Abs 2 a SGB VI zu verstehen ist, ist gesetzlich nicht näher definiert. Da die Vorschrift des § 46 Abs 2 a SGB VI jedoch bewusst den entsprechenden Vorschriften in der gesetzlichen Unfallversicherung und der Kriegsopferversorgung nachgebildet ist, kann an die bisherige Rechtsprechung des BSG zum Begriff der "besonderen Umstände" in diesen Bestimmungen angeknüpft werden (BSG, Urteil vom 5. Mai 2009, B 13 R 55/08 R, SozR 4-2600 § 46 Nr 6). Daher sind alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles als "besondere Umstände" im Sinne des § 46 Abs 2 a SGB VI anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Maßgebend sind die Beweggründe beider Ehegatten, wobei die Annahme einer sogenannten Versorgungsehe nur dann nicht gerechtfertigt ist, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Die Beweggründe sind in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat (BSG aaO mwN). Deshalb reicht es aus, wenn lediglich für einen Ehegatten die Versorgungsabsicht nachweislich nicht maßgebend gewesen ist. Eine Beschränkung auf objektiv nach außen tretende Umstände bei der Ermittlung der Beweggründe für die Heirat bzw des Zweckes der Heirat darf nicht stattfinden, da dann die Möglichkeiten des hinterbliebenen Ehegatten, die gesetzliche Annahme eine Versorgungsehe zu entkräften, in unzulässiger Weise beschnitten würden. Allerdings sind die von dem hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat nicht nur für sich isoliert zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in die Gesamtwürdigung einzustellen.
Vor diesem Hintergrund stellt der Senat fest, dass die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten weniger als ein Jahr gedauert hat und keine besonderen Umstände im Sinne des § 46 Abs 2 a Halbsatz 2 SGB VI bestehen.
Vorliegend ist als ein die Annahme einer Versorgungsehe bestätigender äußerer Umstand anzusehen, dass der Versicherte zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits offenkundig an einer lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten hat. Sowohl zum Zeitpunkt der Anmeldung der Eheschließung am 6. März 2007 als auch zum Zeitpunkt der Eheschließung am 19. März 2007 war den Eheleuten zur Überzeugung des Senats bekannt, dass der Versicherte an einem unheilbaren multiplen Myelom erkrankt war. Denn beim Versicherten wurde bereits im Mai 2006 ein multiples Myelom vom Typ IgA Lambda im Stadium III B nach Salmon und Durie diagnostiziert. Dies entnimmt der Senat dem Arztbrief des Prof. Dr. G. vom 16. Mai 2006. Dieser hat in seinem Arztbrief auch ausdrücklich festgehalten, dass die Befunde und die therapeutischen Möglichkeiten mit dem Versicherten ausführlich besprochen worden sind. Trotz der im Mai bis Juni und vom Juli bis September 2006 durchgeführten Chemotherapien kam es jedoch stets zu einem Progress, so dass sowohl dem Versicherten als auch der Klägerin klar sein musste, dass die Chemotherapie bei dem initial fortgeschrittenen Tumorstadium nicht ansprach. Der Versicherte wurde deshalb ab November 2006 mit Fortecortin und Thalidomid (früherer Handelsname Contergan) behandelt. Die Klägerin hat sowohl gegenüber dem SG als auch gegenüber dem Senat bestätigt, dass sie von den Chemotherapien im Jahr 2006 Kenntnis hatte. Darüber hinaus hat sie angegeben, dass ihr auch das eingeschränkte Gehvermögen ihres Ehemannes bekannt war. Nachdem die Chemotherapie nicht angesprochen hatte, hat sich die Klägerin deshalb vorübergehend beurlauben lassen, um ihren Ehemann zu pflegen. All diese Umstände sprechen dafür, dass sowohl dem Versicherten als auch der Klägerin der lebensbedrohliche Gesundheitszustand bekannt war.
Der Senat hält die Einlassung der Klägerin, das volle Ausmaß der Erkrankung erst nach der Heirat und nach der Einsichtnahme in die Krankenakten erfahren zu haben, vor diesem Hintergrund nicht für glaubhaft. Dies auch deshalb, weil der Versicherte nur einen Monat zuvor vom 11. bis 14. Februar 2007 auf der Intensivstation der St.-V.-Kliniken wegen eines septischen Nierenversagens behandelt worden ist. Nach dieser Behandlung musste der Versicherte bereits am 23. Februar 2007 wieder Dr. D. wegen Magenschmerzen aufsuchen. Dies entnimmt der Senat der Auskunft des Dr. D. vom 11. März 2009. Nur zwei Wochen nach der Eheschließung, dh am 5. April 2007 bot sich für Dr. D. jedoch nach seinen eigenen Angaben ein "erschreckendes Bild". Der Versicherte war demnach zu diesem Zeitpunkt bereits sehr schwach und blass, da er nichts mehr gegessen und getrunken hatte und auch eigenmächtig alle Medikamente abgesetzt hatte. Auch dieser Verlauf der Krankheit spricht zur Überzeugung des Senats dafür, dass sowohl der Versicherte als auch die Klägerin Kenntnis von der Ernsthaftigkeit und der Schwere sowie der grundsätzlichen Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung bereits zum Zeitpunkt der Eheschließung hatten.
Zwar ist bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs 2 a Halbsatz 2 SGB VI nicht erfüllt. Gleichwohl ist dadurch der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dennoch - überwiegend oder zumindest gleichwertig - aus anderen als Versorgungsgründen geheiratet wurde. Allerdings müssen dann bei der abschließenden Gesamtbewertung diejenigen besonderen inneren und äußeren Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen ist. Mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit der Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit dieses Umstands zum Zeitpunkt der Eheschließung steigt deshalb zugleich der Grad des Zweifels am Vorliegen solcher "besonderen Umstände", die vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisen sind (BSG, Urteile vom 5. Mai 2009, B 13 R 55/08 R, aaO; und vom 6. Mai 2010, B 13 R 134/08 R, veröffentlicht in juris).
Die Klägerin hat hinreichend gewichtige, gegen eine Versorgungsehe sprechende Umstände nicht nachgewiesen. Der Vortrag, der Versicherte habe durch die Heirat die nötige Pflege für seine Krankheit erreichen wollen, ist nicht geeignet, die Vermutung des § 46 Abs 2 a SGB VI zu widerlegen. Denn eine sog Pflegeehe im Gegensatz zur sog Versorgungsehe liegt dann vor, wenn im Zeitpunkt der Eheschließung der Pflegefall schon eingetreten ist und die tödlichen Folgen der Krankheit nicht vorhersehbar waren (BSG, Urteil vom 3. September 1986, 9a RV 8/94, SozR 3100 § 38 Nr 5). Hieran fehlt es gerade, wie bereits dargelegt wurde. Selbst wenn darüber hinaus das Motiv einer möglichen zukünftigen Pflege bei bekannter schwerwiegender Erkrankung als ein der Versorgungsehe entgegenstehendes Motiv anzusehen sein sollte, ist ein solcher innerer Wille des Versicherten zur Überzeugung des Senats nicht nachgewiesen worden. Denn die Klägerin selbst hat dieses Motiv auf Nachfrage der Beklagten während des Verwaltungsverfahrens nicht erwähnt, der Pflegeaspekt wurde vielmehr erstmals im Widerspruchsverfahren von dem Bevollmächtigten der Klägerin vorgetragen, ohne diese Behauptung nachvollziehbar zu belegen. Soweit die Klägerin erstmals im Klageverfahren vorgetragen hat, sie habe den Versicherten nur geheiratet, um als Ehefrau von den behandelnden Ärzten Auskunft über seinen Gesundheitszustand erhalten zu können, hat das SG zutreffend dargelegt, dass dies nicht überzeugt. Der Senat folgt der Auffassung des SG, wonach der diesbezügliche Vortrag der Klägerin bereits deshalb nicht überzeugt, weil der Versicherte spätestens ab dem 1. Juni 2000 (Erhalt der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit) erheblich krank gewesen war und es deshalb nahe gelegen hätte, sich bereits zu diesem Zeitpunkt über seinen Gesundheitszustand zu informieren.
Auch die finanziellen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Eheschließung sprechen für das Motiv einer Versorgungsehe. Denn der Bezug ihrer eigenen Rente reicht nach den Angaben der Klägerin nicht aus, um den Lebensunterhalt ohne weitere Einkünfte sicherzustellen. So hat die Klägerin gegenüber dem SG angegeben, dass sie seit dem Jahr 2006 als Putzfrau zwei Stunden am Tag arbeitet. Die Klägerin ist danach weiterhin darauf angewiesen, einer Beschäftigung nachzugehen.
Bei der gebotenen Gesamtabwägung treten die von der Klägerin angegebenen Motive (Sicherstellung der Pflege des Versicherten und Einsichtnahme in die Patientenakten) angesichts der Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung im Zeitpunkt der Eheschließung zur Überzeugung des Senats nicht als zumindest gleichwertig Motive mindestens eines Ehegatten neben das Versorgungsmotiv. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Witwenrente aus der Versicherung des am 22. Mai 2007 verstorbenen E. W. (im Folgenden Versicherter) streitig.
Die am 26. Juni 1964 in W. (Baden) geborene Klägerin lebte nach ihren eigenen Angaben seit 1984 mit dem am 25. April 1954 geborenen Versicherten in W. zusammen. Dieser erhielt von der Landesversicherungsanstalt B. aufgrund eines Leistungsfalls vom 22. Mai 2000 ab dem 1. Juli 2000 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit wegen einer wahnhaften Störung mit Angstzuständen (Bescheid vom 4. August 2000).
Am 5. Mai 2006 wurde der Versicherte mit einer Lithium-Intoxikation und akutem Nierenversagen im Universitätsklinikum H. behandelt. Nach Akutdialyse kam es zu einer klinischen Besserung, es wurde jedoch ein multiples Myelom vom Typ IgA Lambda im Stadium III B nach Salmon und Durie diagnostiziert (Arztbrief des Prof. Dr. G. vom 16. Mai 2006). Von Mai bis Juni 2006 wurde eine Chemotherapie nach dem VAD-Schema durchgeführt. Hierbei kam es jedoch zu einem Progress, so dass sich von Juli bis September 2006 eine weitere Chemotherapie mit zwei Zyklen Velcade anschloss. Dennoch wurde ein weiterer Progress beobachtet. Daher wurde eine Dauertherapie mittels Fortecortin und Thalidomid eingeleitet (vgl Verlaufsdokumentation der St.-V.-Kliniken K. vom 3. Mai 2007). Anfang 2007 kam es zu einem septischen Nierenversagen, weshalb der Versicherte vom 11. bis 14. Februar 2007 auf der Intensivstation der St.-V.-Kliniken behandelt worden ist. Am 5. März 2007 wurde in der entsprechenden Verlaufsdokumentation festgehalten, dass der Allgemeinzustand leicht reduziert sei.
Am 19. März 2007 haben die Klägerin und der Versicherte vor dem Standesbeamten des Standesamtes W. (B.) die Ehe geschlossen (Heiratsurkunde vom 19. März 2007).
Am 12. April 2007 kam es zu einer drastischen Verschlechterung des Allgemeinzustands mit erheblichem Kreatininanstieg, nachdem der Versicherte keine Medikamente mehr eingenommen hatte. Er wurde deshalb vom 12. bis 25. April 2007 stationär behandelt. Es wurde ein nächster Zyklus Thalidomid und die Gabe eines Bisphosphonathes für den 7. Mai 2007 geplant. Am 22. Mai 2007 verstarb der Versicherte.
Am 5. Juni 2007 beantragte die Klägerin bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg die Gewährung einer Hinterbliebenenrente aus der Versicherung ihres Ehemannes. Nachdem der Antrag an die Beklagte weitergeleitet worden war, lehnte diese den Rentenantrag mit Bescheid vom 11. Oktober 2007 ab, da der Versicherte innerhalb eines Jahres nach Eheschließung verstorben sei und deshalb eine sog Versorgungsehe nach § 46 Abs 2 a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) unterstellt werde. Der Versicherte sei nicht durch einen Unfall, ein Verbrechen oder wegen einer Infektionskrankheit verstorben. Er habe seit längerem an einem multiplen Myelom mit ständiger Verschlechterung seit Februar 2007 gelitten. Dies berechtige zur Annahme, dass die tödlichen Folgen dieser Krankheit bereits bei der Eheschließung auf absehbare Zeit vorhersehbar gewesen seien. Auch existierten keine gemeinsamen leiblichen Kinder und die Klägerin erziehe kein minderjähriges Kind des Verstorbenen. Die Vermutung des Vorliegens einer Versorgungsehe sei daher nicht hinreichend widerlegt.
Mit ihrem am 23. Oktober 2007 erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, die damals erhobene Hauptdiagnose multiples Myelom sei zwar ihrem Ehemann, nicht jedoch ihr mitgeteilt worden. Ihr Ehemann habe diese Erkrankung verdrängt und habe auch nicht mit ihr darüber gesprochen. Selbst für die zuletzt aufgetretene schwere Gehbehinderung habe eine Erklärung nicht gefunden werden können. Erst Anfang 2007 habe er eingesehen, dass er sie brauche, wobei zum Zeitpunkt der Eheschließung die gesundheitliche Situation völlig im Unklaren gewesen sei. Sie habe keine Ahnung vom Gesundheitszustand ihres Ehemannes gehabt. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass es sich um eine Pflegeehe gehandelt habe. Die Beklagte holte daraufhin bei dem behandelnden Hausarzt Dr. D. Befundunterlagen und die Stellungnahme des Leitenden Medizinaldirektors Dr. L. vom 30. Juni 2008 ein. Dr. L. vertrat die Auffassung, dass zum Zeitpunkt der Eheschließung erkennbar gewesen sei, dass der Versicherte innerhalb eines Jahres an dem fortgeschrittenen Tumorleiden versterben werde. Gestützt hierauf wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 27. August 2008). Es sei anzunehmen, dass die Klägerin von dem gesundheitlichen Zustand des Versicherten Kenntnis gehabt habe, da er sich kurz vor der Eheschließung verschiedenen Chemotherapien und der Einnahme von Medikamenten habe unterziehen müssen. Es sei daher von einer nicht widerlegten Versorgungsehe auszugehen.
Hiergegen hat die Klägerin am 5. September 2008 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, zum Zeitpunkt der Eheschließung sei sie im Hinblick auf die gesundheitliche Situation ihres Ehemannes völlig im Unklaren gewesen. Sie habe auch keine Kenntnis über die Schwere der lebensbedrohenden Erkrankung gehabt, zumal deren Folgen durch die schwersten psychischen Veränderungen kaschiert worden seien. Die Beklagte habe nicht hinlänglich berücksichtigt, dass es sich um eine zulässige Pflegeehe gehandelt habe. Hinzu komme, dass sich ihr Ehemann zum Zeitpunkt der Eheschließung wieder in einem relativ guten Ernährungs- und Allgemeinzustand befunden habe. Erst im April 2007 habe sich sein Zustand rapide verschlechtert.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG die Verwaltungsakte des Standesamtes W. beigezogen und die behandelnden Ärzte des Versicherten als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen. Laut der Akte des Standesamtes W. hatte der Versicherte die Klägerin am 6. März 2007 bevollmächtigt, die Eheschließung anzumelden (Blatt 20/21 der SG-Akte).
Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. D. hat mitgeteilt (Auskunft vom 11. März 2009), er habe den Versicherten ua am 8. und 12. März, am 5., 12. und 30. April 2007 sowie zuletzt am 7. Mai 2007 behandelt. Er habe ihn am 9. Februar 2007 aufgrund des sich erheblich verschlechternden Befundes ins Krankenhaus eingewiesen. Wegen Magenschmerzen sei eine Untersuchung am 23. Februar 2007 erforderlich gewesen, die sich trotz Therapie erst bis zu einem weiteren Hausbesuch am 8. März 2007 gebessert hätten. Am 5. April 2007 habe sich bei einem weiteren Hausbesuch ein erschreckendes Bild geboten. Der Versicherte habe eigenmächtig alle Medikamente abgesetzt, so dass er sehr schwach und blass gewesen sei und nichts mehr gegessen und getrunken habe. Erst am 7. Mai 2007 habe er sich mit einer stationären Einweisung bereit erklärt. Dr. D. hat seiner Auskunft zahlreiche Befundberichte beigefügt. Nervenärztin Dr. S. hat ausgeführt (Auskunft vom 27. April 2009), sie habe den Versicherten zuletzt im Oktober 2006 behandelt. Der Versicherte sei zu diesem Zeitpunkt psychiatrisch stabil gewesen, wobei die Chemotherapie nicht gewirkt habe. Auch sie hat ihrer Auskunft zahlreiche Befundberichte beigefügt.
In der mündlichen Verhandlung vom 6. Juli 2009 hat das SG die Klägerin ausführlich vernommen. Diesbezüglich wird auf die Niederschrift verwiesen (Blatt 62 - 65 der SG-Akte).
Mit Urteil vom 6. Juli 2009 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin und dem Versicherten sei zum Zeitpunkt der Eheschließung bewusst gewesen, dass der Versicherte möglicherweise innerhalb eines Jahres sterben werde. Wie sich aus dem Schreiben des Universitätsklinikums H. vom 16. Mai 2006 ergebe, sei bei ihm im Mai 2006 eine lebensbedrohliche Erkrankung festgestellt worden. Bereits zum damaligen Zeitpunkt habe die Erkrankung das Stadium III erreicht. Trotz zweier Chemotherapien sei die Krankheit fortgeschritten, so dass ab November 2006 eine Therapie mit Fortecortin und Thalidomid erfolgt sei. Im späteren Verlauf sei es auch zu einem septischen Nierenversagen gekommen. Zwar sei der Allgemeinzustand des Versicherten im Anschluss daran nur noch leicht reduziert gewesen. Allerdings sei der Versicherte offenkundig nicht geheilt gewesen. Denn bereits einen Monat später habe Dr. D. einen erschreckenden Zustand des Versicherten festgestellt. Vor diesem Hintergrund sei davon auszugehen, dass auch der Klägerin bei der Eheschließung am 19. März 2007 der lebensbedrohliche Stand der Erkrankung des Versicherten bewusst gewesen sei. Zwar könne es zutreffen, dass der Versicherte von sich aus nicht über das multiple Myelom gesprochen habe. Gleichwohl müsse die Klägerin jedenfalls in den Grundzügen über sein Krankheitsbild informiert gewesen sein. Denn diese habe eingeräumt, dass ihr die beiden Chemotherapien bekannt gewesen seien. Im Anschluss daran habe sie sich mehrere Wochen beurlauben lassen, um den Versicherten zu pflegen. Auch aus bloß laienhafter Sicht lasse eine Chemotherapie den sicheren Schluss auf eine Krebserkrankung, also auf eine lebensbedrohliche Krankheit zu. Dem langjährigen eheähnlichen Zusammenleben komme für sich genommen keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Nicht überzeugend sei der Vortrag der Klägerin, sie habe den Versicherten nur geheiratet, um als Ehefrau von den behandelnden Ärzten Auskunft über seinen Gesundheitszustand erhalten zu können. Zweifel erwecke zum einen, dass sie dieses Motiv weder im Vorverfahren noch im gerichtlichen Verfahren in ihrer schriftlichen Begründung erwähnt habe, sondern erst in der mündlichen Verhandlung. Wäre dieses Motiv tatsächlich ausschlaggebend gewesen, wäre kaum verständlich, warum sie es bis zur mündlichen Verhandlung nicht vorgebracht habe. Träfe der angebliche Beweggrund für die Eheschließung zu, wäre zum anderen nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin den Versicherten erst im Jahr 2007 geheiratet habe. Der Versicherte habe seit dem 1. Juni 2000 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezogen, sei also spätestens seit diesem Zeitpunkt erheblich krank gewesen. Wäre es der Klägerin tatsächlich darum gegangen, sich im Detail über seinen Gesundheitszustand zu informieren, hätte eine Eheschließung bereits im Jahr 2000 nahegelegen und nicht erst im Jahr 2007. Die Klägerin habe zudem an einer Witwenrente durchaus ein finanzielles Interesse. Denn nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung beziehe sie lediglich eine Versichertenrente sowie ein geringfügiges Arbeitsentgelt aus einer Teilzeittätigkeit als Putzfrau.
Hiergegen hat die Klägerin am 21. Juli 2009 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt und vorgetragen, eine von ihr gewünschte frühere Eheschließung sei an der Uneinsichtigkeit des Versicherten gescheitert, da er nie etwas über seine Erkrankung und Diagnosen habe verlauten lassen. Vor diesem Hintergrund sei sie erst nach der Heirat aufgrund der dann erlangten Kenntnis über den Gesundheitszustand ihres verstorbenen Ehemannes in der Lage gewesen, die erforderliche Pflege zu intensivieren und der jeweiligen Situation anzupassen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe diesbezüglich bereits entschieden, dass die Rechtsvermutung einer sog Versorgungsehe widerlegt sei, wenn ein Versicherter heirate, der auf Pflege ständig angewiesen sei (sog Pflegeehe).
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 6. Juli 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 11. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. August 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 1. Juni 2007 Witwenrente aus der Versicherung des E. W. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, denn sie hat keinen Anspruch auf die Gewährung der von ihr begehrten Witwenrente.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 46 SGB VI in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung des Art 1 Nr. 6 des Altersvermögensergänzungsgesetzes vom 21. März 2001 (BGBl I 2001, 403). Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben danach gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 SGB VI nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben gemäß § 46 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB VI nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeinen Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente, wenn sie das 45. Lebensjahr vollendet haben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin ist Witwe des am 22. Mai 2007 verstorbenen Versicherten, der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 50 Abs 1 SGB VI erfüllt hatte. Sie hatte zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten aber noch nicht das 45. Lebensjahr vollendet, so dass nur die Gewährung einer kleinen Witwenrente in Betracht kommt.
Gemäß § 46 Abs 2 a SGB VI, der mit Wirkung vom 1. Januar 2006 durch Art 1 Nr 6 b des Altersvermögensergänzungsgesetzes eingeführt worden ist und gemäß § 242 a Abs 3 SGB VI für alle seit dem 1. Januar 2002 geschlossenen Ehen gilt, ist der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen (gesetzliche Vermutung).
Die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung erfordert gemäß § 202 SGG iVm § 292 der Zivilprozessordnung den vollen Beweis des Gegenteils (so schon zu § 38 Abs 2 des Bundesversorgungsgesetzes BSG, Urteil vom 3. September 1986, 9a RV 8/84, SozR 3100 § 38 Nr 5). Der Vollbeweis erfordert zumindest einen der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit. Die nur denkbare Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit reicht nicht aus. Eine Tatsache ist erst bewiesen, wenn alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon oder einen so hohen Grad der Wahrscheinlichkeit zu begründen, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifelt (BSG, Urteil vom 6. Februar 2003, B 7 AL 12/02 R, juris mwN; BSG, Urteil vom 28. Juni 2000, B 9 VG 3/99 R, SozR 3-3900 § 15 Nr 3 mwN). Wenn eine solche erforderliche Überzeugung nicht vorliegt, treffen nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast die Folgen denjenigen, der aus der Tatsache einen Anspruch begründen will, im vorliegenden Fall die Klägerin, da sie sich auf die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung beruft (Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller, SGG, 9. Auflage, § 103 RdNr 6a und § 118 RdNr 5 mwN).
Der Begriff der "besonderen Umstände" gemäß § 46 Abs 2 a Halbsatz 2 SGB VI ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Beurteilung der richterlichen Kontrolle unterliegt (BSG, Urteil vom 3. September 1986, 9a RV 8/84, aaO). Was unter den "besonderen Umständen" des Falles gemäß § 46 Abs 2 a SGB VI zu verstehen ist, ist gesetzlich nicht näher definiert. Da die Vorschrift des § 46 Abs 2 a SGB VI jedoch bewusst den entsprechenden Vorschriften in der gesetzlichen Unfallversicherung und der Kriegsopferversorgung nachgebildet ist, kann an die bisherige Rechtsprechung des BSG zum Begriff der "besonderen Umstände" in diesen Bestimmungen angeknüpft werden (BSG, Urteil vom 5. Mai 2009, B 13 R 55/08 R, SozR 4-2600 § 46 Nr 6). Daher sind alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles als "besondere Umstände" im Sinne des § 46 Abs 2 a SGB VI anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Maßgebend sind die Beweggründe beider Ehegatten, wobei die Annahme einer sogenannten Versorgungsehe nur dann nicht gerechtfertigt ist, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Die Beweggründe sind in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat (BSG aaO mwN). Deshalb reicht es aus, wenn lediglich für einen Ehegatten die Versorgungsabsicht nachweislich nicht maßgebend gewesen ist. Eine Beschränkung auf objektiv nach außen tretende Umstände bei der Ermittlung der Beweggründe für die Heirat bzw des Zweckes der Heirat darf nicht stattfinden, da dann die Möglichkeiten des hinterbliebenen Ehegatten, die gesetzliche Annahme eine Versorgungsehe zu entkräften, in unzulässiger Weise beschnitten würden. Allerdings sind die von dem hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat nicht nur für sich isoliert zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in die Gesamtwürdigung einzustellen.
Vor diesem Hintergrund stellt der Senat fest, dass die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten weniger als ein Jahr gedauert hat und keine besonderen Umstände im Sinne des § 46 Abs 2 a Halbsatz 2 SGB VI bestehen.
Vorliegend ist als ein die Annahme einer Versorgungsehe bestätigender äußerer Umstand anzusehen, dass der Versicherte zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits offenkundig an einer lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten hat. Sowohl zum Zeitpunkt der Anmeldung der Eheschließung am 6. März 2007 als auch zum Zeitpunkt der Eheschließung am 19. März 2007 war den Eheleuten zur Überzeugung des Senats bekannt, dass der Versicherte an einem unheilbaren multiplen Myelom erkrankt war. Denn beim Versicherten wurde bereits im Mai 2006 ein multiples Myelom vom Typ IgA Lambda im Stadium III B nach Salmon und Durie diagnostiziert. Dies entnimmt der Senat dem Arztbrief des Prof. Dr. G. vom 16. Mai 2006. Dieser hat in seinem Arztbrief auch ausdrücklich festgehalten, dass die Befunde und die therapeutischen Möglichkeiten mit dem Versicherten ausführlich besprochen worden sind. Trotz der im Mai bis Juni und vom Juli bis September 2006 durchgeführten Chemotherapien kam es jedoch stets zu einem Progress, so dass sowohl dem Versicherten als auch der Klägerin klar sein musste, dass die Chemotherapie bei dem initial fortgeschrittenen Tumorstadium nicht ansprach. Der Versicherte wurde deshalb ab November 2006 mit Fortecortin und Thalidomid (früherer Handelsname Contergan) behandelt. Die Klägerin hat sowohl gegenüber dem SG als auch gegenüber dem Senat bestätigt, dass sie von den Chemotherapien im Jahr 2006 Kenntnis hatte. Darüber hinaus hat sie angegeben, dass ihr auch das eingeschränkte Gehvermögen ihres Ehemannes bekannt war. Nachdem die Chemotherapie nicht angesprochen hatte, hat sich die Klägerin deshalb vorübergehend beurlauben lassen, um ihren Ehemann zu pflegen. All diese Umstände sprechen dafür, dass sowohl dem Versicherten als auch der Klägerin der lebensbedrohliche Gesundheitszustand bekannt war.
Der Senat hält die Einlassung der Klägerin, das volle Ausmaß der Erkrankung erst nach der Heirat und nach der Einsichtnahme in die Krankenakten erfahren zu haben, vor diesem Hintergrund nicht für glaubhaft. Dies auch deshalb, weil der Versicherte nur einen Monat zuvor vom 11. bis 14. Februar 2007 auf der Intensivstation der St.-V.-Kliniken wegen eines septischen Nierenversagens behandelt worden ist. Nach dieser Behandlung musste der Versicherte bereits am 23. Februar 2007 wieder Dr. D. wegen Magenschmerzen aufsuchen. Dies entnimmt der Senat der Auskunft des Dr. D. vom 11. März 2009. Nur zwei Wochen nach der Eheschließung, dh am 5. April 2007 bot sich für Dr. D. jedoch nach seinen eigenen Angaben ein "erschreckendes Bild". Der Versicherte war demnach zu diesem Zeitpunkt bereits sehr schwach und blass, da er nichts mehr gegessen und getrunken hatte und auch eigenmächtig alle Medikamente abgesetzt hatte. Auch dieser Verlauf der Krankheit spricht zur Überzeugung des Senats dafür, dass sowohl der Versicherte als auch die Klägerin Kenntnis von der Ernsthaftigkeit und der Schwere sowie der grundsätzlichen Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung bereits zum Zeitpunkt der Eheschließung hatten.
Zwar ist bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs 2 a Halbsatz 2 SGB VI nicht erfüllt. Gleichwohl ist dadurch der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dennoch - überwiegend oder zumindest gleichwertig - aus anderen als Versorgungsgründen geheiratet wurde. Allerdings müssen dann bei der abschließenden Gesamtbewertung diejenigen besonderen inneren und äußeren Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen ist. Mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit der Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit dieses Umstands zum Zeitpunkt der Eheschließung steigt deshalb zugleich der Grad des Zweifels am Vorliegen solcher "besonderen Umstände", die vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisen sind (BSG, Urteile vom 5. Mai 2009, B 13 R 55/08 R, aaO; und vom 6. Mai 2010, B 13 R 134/08 R, veröffentlicht in juris).
Die Klägerin hat hinreichend gewichtige, gegen eine Versorgungsehe sprechende Umstände nicht nachgewiesen. Der Vortrag, der Versicherte habe durch die Heirat die nötige Pflege für seine Krankheit erreichen wollen, ist nicht geeignet, die Vermutung des § 46 Abs 2 a SGB VI zu widerlegen. Denn eine sog Pflegeehe im Gegensatz zur sog Versorgungsehe liegt dann vor, wenn im Zeitpunkt der Eheschließung der Pflegefall schon eingetreten ist und die tödlichen Folgen der Krankheit nicht vorhersehbar waren (BSG, Urteil vom 3. September 1986, 9a RV 8/94, SozR 3100 § 38 Nr 5). Hieran fehlt es gerade, wie bereits dargelegt wurde. Selbst wenn darüber hinaus das Motiv einer möglichen zukünftigen Pflege bei bekannter schwerwiegender Erkrankung als ein der Versorgungsehe entgegenstehendes Motiv anzusehen sein sollte, ist ein solcher innerer Wille des Versicherten zur Überzeugung des Senats nicht nachgewiesen worden. Denn die Klägerin selbst hat dieses Motiv auf Nachfrage der Beklagten während des Verwaltungsverfahrens nicht erwähnt, der Pflegeaspekt wurde vielmehr erstmals im Widerspruchsverfahren von dem Bevollmächtigten der Klägerin vorgetragen, ohne diese Behauptung nachvollziehbar zu belegen. Soweit die Klägerin erstmals im Klageverfahren vorgetragen hat, sie habe den Versicherten nur geheiratet, um als Ehefrau von den behandelnden Ärzten Auskunft über seinen Gesundheitszustand erhalten zu können, hat das SG zutreffend dargelegt, dass dies nicht überzeugt. Der Senat folgt der Auffassung des SG, wonach der diesbezügliche Vortrag der Klägerin bereits deshalb nicht überzeugt, weil der Versicherte spätestens ab dem 1. Juni 2000 (Erhalt der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit) erheblich krank gewesen war und es deshalb nahe gelegen hätte, sich bereits zu diesem Zeitpunkt über seinen Gesundheitszustand zu informieren.
Auch die finanziellen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Eheschließung sprechen für das Motiv einer Versorgungsehe. Denn der Bezug ihrer eigenen Rente reicht nach den Angaben der Klägerin nicht aus, um den Lebensunterhalt ohne weitere Einkünfte sicherzustellen. So hat die Klägerin gegenüber dem SG angegeben, dass sie seit dem Jahr 2006 als Putzfrau zwei Stunden am Tag arbeitet. Die Klägerin ist danach weiterhin darauf angewiesen, einer Beschäftigung nachzugehen.
Bei der gebotenen Gesamtabwägung treten die von der Klägerin angegebenen Motive (Sicherstellung der Pflege des Versicherten und Einsichtnahme in die Patientenakten) angesichts der Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung im Zeitpunkt der Eheschließung zur Überzeugung des Senats nicht als zumindest gleichwertig Motive mindestens eines Ehegatten neben das Versorgungsmotiv. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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