Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 14 KR 6106/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 3527/10 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27. April 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die gemäß § 145 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde ist unbegründet. Denn die Berufung ist nicht zuzulassen.
Die Berufung bedarf gemäß § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG in der ab 1. April 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 24 des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes (BGBl I 2008, 444) der Zulassung im Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG). Vorliegend ist der Beschwerdewert nicht erreicht, da die Klägerin Kostenerstattung einer Zahnarztrechnung in Höhe von 198 EUR geltend macht.
Gemäß § 144 Abs 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs 2 Nr 1 SGG. Dies ist nur der Fall, wenn eine Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl, § 144 Rdnr 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann nicht, wenn sie bereits höchstrichterlich entschieden ist oder durch Auslegung des Gesetzes eindeutig beantwortet werden kann (Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 11. März 2009, B 6 KA 31/08 B, juris mwN). Die Klägerin hat weder eine abstrakte Rechtsfrage formuliert noch ergibt sich eine solche aus dem Rechtsstreit. Das BSG hat wiederholt entschieden, dass ein auf die Verweigerung der Sachleistung gestützter Erstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ausscheidet, wenn sich der Versicherte die Leistung besorgt hat, ohne die Krankenkasse einzuschalten und deren Entscheidung abzuwarten. Nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift des § 13 Abs 3 SGB V muss zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang bestehen. Daran fehlt es, wenn die Kasse vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl SozR 3-2500 § 13 Nr 15; SozR 4-2500 § 13 Nr 8). Dieses Verfahren ist sogar dann einzuhalten, wenn von vornherein feststeht, dass eine durch Gesetz oder Verordnung von der Versorgung ausgeschlossene Sachleistung verweigert werden würde und sich der Versicherte dadurch gezwungen gesehen hat, die Leistung selbst zu beschaffen (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 12).
Die für die Klägerin weitere, erstmals im Beschwerdeverfahren konkludent geltend gemachte Frage, ob die in Anspruch genommene Leistung unaufschiebbar im Sinne von § 13 Abs 3 SGB V war, ist eine reine Tatsachenfrage und begründet keine grundsätzliche Bedeutung oder neu zu klärende Rechtsfrage.
Das Urteil des SG leidet schließlich nicht an einem Verfahrensmangel. Die von der Klägerin geltend gemachte Verletzung rechtlichen Gehörs durch eine unzulässige Überraschungsentscheidung liegt nicht vor. § 62 SGG konkretisiert den Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art 103 Abs 1 Grundgesetz (GG) für das sozialgerichtliche Verfahren. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des BSG darf ein Urteil nicht auf tatsächliche oder rechtliche Gesichtspunkte gestützt werden, die bisher nicht erörtert worden sind, wenn dadurch der Rechtsstreit eine unerwartete Wendung nimmt. Allerdings verpflichtet der in § 62 SGG verankerte Anspruch auf rechtliches Gehör das Gericht nicht generell, darauf hinzuweisen, dass es einem bestimmten rechtlichen oder tatsächlichen Vorbringen eines Beteiligten nicht folgen will. Insbesondere rechtskundig vertretene Prozessbeteiligte müssen grundsätzlich von sich aus alle vertretbaren Gesichtspunkte in Betracht ziehen und sich in ihrem Vortrag darauf einstellen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör soll lediglich verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten (BVerfG, Beschluss vom 12. Juni 2003, 1 BvR 2285/02, NJW 2003, 2524; BSG, Urteil vom 2. September 2009, B 6 KA 44/08 R, juris mwN; BSG, Beschluss vom 18. Februar 2009, B 9 VJ 7/08 B, juris mwN).
Die Klägerin rügt, dass in der mündlichen Verhandlung vor dem SG die Frage der Unaufschiebbarkeit der Behandlung nicht erörtert worden sei. Selbst wenn die Angaben der Klägerin zum Verfahrensablauf unterstellt werden, hat das SG hat keine Überraschungsentscheidung gefällt. Denn schon die Beklagte hat im Widerspruchsbescheid vom 16. November 2009 die rechtlichen Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs - die im Übrigen dem Bevollmächtigten der Klägerin bekannt sein müssten - dargelegt und insbesondere ausgeführt, dass Kosten zu erstatten sind, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und sich der Versicherte die Leistung deshalb selbst beschafft hat. Dennoch hat sich die Klägerin zur Begründung ihre Klage ausschließlich darauf berufen, dass die streitgegenständliche Leistung eine kassenärztliche Leistung darstelle und die Beklagte die Leistung somit zu Unrecht abgelehnt habe. Deshalb kann sich auch das SG in der mündlichen Verhandlung darauf beschränken, die streitige Tat- und Rechtsfrage zu erörtern.
Da die Entscheidung des SG der Rechtsprechung des BSG entspricht (siehe oben), liegen Divergenzgründe iS von § 144 Abs 2 Nr 2 SGG nicht vor.
Mit der Ablehnung der Beschwerde wird das Urteil des SG gemäß § 145 Abs 4 Satz 4 SGG rechtskräftig.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht anfechtbar.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die gemäß § 145 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde ist unbegründet. Denn die Berufung ist nicht zuzulassen.
Die Berufung bedarf gemäß § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG in der ab 1. April 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 24 des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes (BGBl I 2008, 444) der Zulassung im Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG). Vorliegend ist der Beschwerdewert nicht erreicht, da die Klägerin Kostenerstattung einer Zahnarztrechnung in Höhe von 198 EUR geltend macht.
Gemäß § 144 Abs 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs 2 Nr 1 SGG. Dies ist nur der Fall, wenn eine Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl, § 144 Rdnr 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann nicht, wenn sie bereits höchstrichterlich entschieden ist oder durch Auslegung des Gesetzes eindeutig beantwortet werden kann (Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 11. März 2009, B 6 KA 31/08 B, juris mwN). Die Klägerin hat weder eine abstrakte Rechtsfrage formuliert noch ergibt sich eine solche aus dem Rechtsstreit. Das BSG hat wiederholt entschieden, dass ein auf die Verweigerung der Sachleistung gestützter Erstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ausscheidet, wenn sich der Versicherte die Leistung besorgt hat, ohne die Krankenkasse einzuschalten und deren Entscheidung abzuwarten. Nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift des § 13 Abs 3 SGB V muss zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang bestehen. Daran fehlt es, wenn die Kasse vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl SozR 3-2500 § 13 Nr 15; SozR 4-2500 § 13 Nr 8). Dieses Verfahren ist sogar dann einzuhalten, wenn von vornherein feststeht, dass eine durch Gesetz oder Verordnung von der Versorgung ausgeschlossene Sachleistung verweigert werden würde und sich der Versicherte dadurch gezwungen gesehen hat, die Leistung selbst zu beschaffen (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 12).
Die für die Klägerin weitere, erstmals im Beschwerdeverfahren konkludent geltend gemachte Frage, ob die in Anspruch genommene Leistung unaufschiebbar im Sinne von § 13 Abs 3 SGB V war, ist eine reine Tatsachenfrage und begründet keine grundsätzliche Bedeutung oder neu zu klärende Rechtsfrage.
Das Urteil des SG leidet schließlich nicht an einem Verfahrensmangel. Die von der Klägerin geltend gemachte Verletzung rechtlichen Gehörs durch eine unzulässige Überraschungsentscheidung liegt nicht vor. § 62 SGG konkretisiert den Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art 103 Abs 1 Grundgesetz (GG) für das sozialgerichtliche Verfahren. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des BSG darf ein Urteil nicht auf tatsächliche oder rechtliche Gesichtspunkte gestützt werden, die bisher nicht erörtert worden sind, wenn dadurch der Rechtsstreit eine unerwartete Wendung nimmt. Allerdings verpflichtet der in § 62 SGG verankerte Anspruch auf rechtliches Gehör das Gericht nicht generell, darauf hinzuweisen, dass es einem bestimmten rechtlichen oder tatsächlichen Vorbringen eines Beteiligten nicht folgen will. Insbesondere rechtskundig vertretene Prozessbeteiligte müssen grundsätzlich von sich aus alle vertretbaren Gesichtspunkte in Betracht ziehen und sich in ihrem Vortrag darauf einstellen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör soll lediglich verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten (BVerfG, Beschluss vom 12. Juni 2003, 1 BvR 2285/02, NJW 2003, 2524; BSG, Urteil vom 2. September 2009, B 6 KA 44/08 R, juris mwN; BSG, Beschluss vom 18. Februar 2009, B 9 VJ 7/08 B, juris mwN).
Die Klägerin rügt, dass in der mündlichen Verhandlung vor dem SG die Frage der Unaufschiebbarkeit der Behandlung nicht erörtert worden sei. Selbst wenn die Angaben der Klägerin zum Verfahrensablauf unterstellt werden, hat das SG hat keine Überraschungsentscheidung gefällt. Denn schon die Beklagte hat im Widerspruchsbescheid vom 16. November 2009 die rechtlichen Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs - die im Übrigen dem Bevollmächtigten der Klägerin bekannt sein müssten - dargelegt und insbesondere ausgeführt, dass Kosten zu erstatten sind, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und sich der Versicherte die Leistung deshalb selbst beschafft hat. Dennoch hat sich die Klägerin zur Begründung ihre Klage ausschließlich darauf berufen, dass die streitgegenständliche Leistung eine kassenärztliche Leistung darstelle und die Beklagte die Leistung somit zu Unrecht abgelehnt habe. Deshalb kann sich auch das SG in der mündlichen Verhandlung darauf beschränken, die streitige Tat- und Rechtsfrage zu erörtern.
Da die Entscheidung des SG der Rechtsprechung des BSG entspricht (siehe oben), liegen Divergenzgründe iS von § 144 Abs 2 Nr 2 SGG nicht vor.
Mit der Ablehnung der Beschwerde wird das Urteil des SG gemäß § 145 Abs 4 Satz 4 SGG rechtskräftig.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht anfechtbar.
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