L 4 R 3609/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 677/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 3609/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 1. Juli 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.

Der am 1954 geborene Kläger verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung. Er war zunächst als Arbeiter bei verschiedenen Arbeitgebern beschäftigt, seit 1981 als Kraftfahrer bei der Stadt M., ab 1. Januar 1995 bei der Stadtpark M. gGmbH. Diese kündigte das Arbeitsverhältnis am 27. März 2007 mit Wirkung zum 30. Dezember 2007 außerordentlich aufgrund krankheitsbedingter Gründe. Der Kläger war mit Wirkung vom 1. Juli 1982 als Kraftfahrer in die Lohngruppe IV Fallgruppe 4.26 eingereiht (Schreiben der Stadt M. vom 4. August 1982) und erfüllte ab 1. August 1995 die Voraussetzungen zur Eingruppierung in die Lohngruppe 5 (Schreiben der Stadtpark M. gGmbH vom 24. Juli 1995). Auf Anfrage der Beklagten im Widerspruchsverfahren gab die Stadtpark M. gGmbH (Auskunft vom 28. Dezember 2006) an, der Kläger habe Großflächenmäher und Fahrzeuge bis 7,5 t zu fahren, Handrasenmäher zu bedienen sowie im Winter Arbeiten am Holzhäcksler und einfache Baum- und Strauchschnittarbeiten zu verrichten. Die Tätigkeit werde im Wechsel von Stehen/Gehen/Sitzen, an Maschinen sitzend, in Einschicht, unter Einwirkung von Nässe, Kälte und Hitze sowie im Freien ausgeübt. Die Ausbildungsdauer/Anlernzeit betrage vier Monate. Die Entlohnung erfolge nach der Entgeltgruppe 5 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst.

Bei einem Motorradunfall im Jahre 1972 erlitt der Kläger eine komplizierte Unterschenkelfraktur. Seit 19. Februar 1986 ist der Nachteilsausgleich G sowie ein Grad der Behinderung von 70, seit 27. Juni 2006 von 80 festgestellt. Vom 6. Juli bis 3. August 2004 befand sich der Kläger in einer (erneuten) stationären Maßnahme der medizinischen Rehabilitation (Diagnosen: Adipositas permagna (BMI 51), nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus mit peripherer Neuropathie, chronisches Ulcus cruris am rechten Unterschenkel auf Narbenhaut, posttraumatische Teilankolyse des rechten oberen Sprunggelenks sowie derzeit gut eingestellte arterielle Hypertonie), aus der er arbeitsfähig entlassen wurde. Die bisherige Tätigkeit als Kraftfahrer mit überwiegend sitzenden sowie kurzzeitig stehenden und gehenden Abschnitten könne weiter vollschichtig ausgeübt werden. Nicht möglich seien schwere Tätigkeiten oder Tätigkeiten überwiegend im Stehen oder Gehen (Entlassungsbericht des Prof. Dr. B. vom 2. September 2004). Ab 21. November 2005 war der Kläger wegen eines chronischen Ulcus cruris rechts arbeitsunfähig und bezog vom 2. Januar 2006 bis 4. Mai 2007 Krankengeld, anschließend bis 3. August 2008 Arbeitslosengeld. Seitdem ist er arbeitslos ohne Leistungsbezug.

Aufgrund des bei der Krankenkasse gestellten, an die Beklagte weitergeleiteten Rehabilitationsantrages des Klägers vom 10. Februar 2006 erstattete Internist Dr. Ba. das Gutachten vom 31. März 2006. Er nannte als Diagnosen ein chronisches Ulcus cruris rechts, ein komplettes metabolisches Syndrom mit Adipositas permagna, Hypertonie sowie Diabetes mellitus Typ IIb mit Nephropathie und Retinopathie, bei Zustand nach komplizierter Unterschenkelfraktur eine Teileinsteifung des rechten oberen Sprunggelenks und Beinverkürzung, Beckenschiefstand und S förmige Skoliose, eine nutritiv-toxische Fettleber sowie eine Psoriasis. Der Kläger sei zunächst arbeitsunfähig bis das Ulcus abgeheilt sei. Ein erneuter vollschichtiger Einsatz an seiner bisherigen Arbeitsstelle erscheine denkbar, zumal der Kläger nur angepasste, überwiegend leichte körperliche Tätigkeiten verrichten müsse. Aufgrund des aus internistischer Sicht deutlich eingeschränkten Leistungsvermögens bestehe für leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten mit Funktionseinschränkungen eine vollschichtige Leistungsfähigkeit. Ein Heilverfahren sei nicht Erfolg versprechend.

Der Kläger beantragte am 6. September 2006 Rente wegen Erwerbsminderung. Auf Veranlassung der Beklagten erstattete Chirurg Dr. Z. das Gutachten vom 9. Oktober 2006. Er nannte dieselben Diagnosen wie Dr. Ba. und schloss sich auch dessen Leistungsbeurteilung an. Falls es gelänge, eine deutliche Gewichtsreduktion und eine bessere Einstellung des Diabetes herbeizuführen, sei eine deutliche Besserung des Leistungsvermögens zu erzielen. Die Beklagte lehnte den Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung ab (Bescheid vom 12. Oktober 2006). Der Kläger erhob Widerspruch. Die Beklagte holte die genannte Auskunft der Stadtpark M. gGmbH vom 28. Dezember 2006 ein. Dr. Z. blieb bei seiner Beurteilung des Leistungsvermögens des Klägers (Stellungnahme vom 8. Januar 2007). Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 8. Februar 2007). Der Kläger sei nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert. Die Beurteilung des Leistungsvermögens durch den sozialmedizinische Dienst sei schlüssig und nachvollziehbar. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig Die zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung sei nach der Auskunft der Stadtpark M. gGmbH dem Leitberuf des angelernten Arbeiters des unteren Bereichs zuzuordnen. Die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit sei angesichts der Vielzahl auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorhandenen angelernten und ungelernten Tätigkeiten, die noch mindestens sechs Stunden täglich zumutbar seien, nicht erforderlich.

Der Kläger erhob am 21. Februar 2007 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). Er machte wie im Wesentlichen bereits mit seinem Widerspruch - geltend, im Vordergrund stünden die Funktions- und Bewegungseinschränkungen im Bereich des rechten Unterschenkels sowie eine deutliche Schwellung, die sich nach kurzer Belastung (nach Gehen von 30 Minuten) deutlich verschlechtere. Es erfolge wöchentlich ein- bis zweimal eine Wundsäuberung. Durch den bestehenden Diabetes mellitus sei die Wundheilung erschwert. Inzwischen sei er insulinpflichtig. Bei geringer Belastung bestehe auch Atemnot. Die gesundheitliche Situation habe sich stark verschlechtert. Aufgrund starker Medikation und starker Schmerzmittel sei seine Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt und es sei eine zeitliche Beschränkung der beruflichen Belastung auf vier Stunden täglich erforderlich. Auch befinde er sich wegen depressiver Beschwerden in Behandlung. Es bestehe eine erhebliche Einschränkung der Wegefähigkeit. Aufgrund seiner jahrzehntelangen Tätigkeit als Kraftfahrer sowie der Einstufung in die Lohngruppen habe er sämtliche Kenntnisse und Fähigkeiten erworben, die auch ein Berufskraftfahrer mit entsprechender Ausbildung habe, so dass Berufsschutz bestehe.

Die Beklagte trat der Klage entgegen

Das SG hörte behandelnde Ärzte als sachverständige Zeugen. Orthopäde Dr. W. berichtete (Auskunft vom 2. Juni 2007), der Kläger sei wegen Schmerzen im rechten Sprunggelenk und Kniegelenk behandelt worden. Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. gab an (Auskunft vom 5. Juni 2007), es bestehe eine mittelgradige bis schwere depressive Episode. Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. R. teilte mit (Auskunft vom 9. Juli 2007), die vom Kläger berichteten Atembeschwerden seien wahrscheinlich primär durch die Adipositas bedingt. Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. De. gab an (Auskunft vom 25. Juni 2007), es dominierten Schmerzen und Ödembildung des Beines bei Belastung, die sich im letzten Jahr massiv verschlechtert hätten.

Arzt für Innere Medizin Bu. erstattete das Gutachten vom 22. Dezember 2007. Beim Kläger bestehe ein Zustand nach Unterschenkelfraktur rechts mit Teilversteifung des rechten Sprunggelenks und chronischem Ulcus cruris, Belastungsschmerzen im rechten Kniegelenk, ein chronisch rezidivierendes Lendenwirbelsäulensyndrom, eine arterielle Hypertonie, ein Diabetes mellitus Typ 2 mit beginnender Nephropathie und Polyneuropathie, eine Adipositas permagna, eine Fettleber, eine depressive Anpassungsstörung, anamnestisch ein leichtes Schlafapnoe-Syndrom sowie eine Psoriasis. Der Kläger sei noch fähig, leichte und gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr zu verrichten. Eine gewisse Einschränkung der Gehfähigkeit liege vor, der Kläger sei jedoch noch in der Lage viermal täglich eine Wegstrecke von mehr als 500 m bei einem Zeitaufwand von jeweils maximal 20 Minuten zurückzulegen sowie öffentliche und private Verkehrsmittel zu benutzen.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattete Orthopäde Dr. He. das Gutachten vom 26. Januar 2009. Er diagnostizierte eine chronische Osteomyelitis des rechten Unterschenkels und eine Versteifung des rechten Sprunggelenks bei Zustand nach Unterschenkeltrümmerfraktur, Belastungsschmerzen des rechten Kniegelenks mit beginnenden arthrotischen Veränderungen und Verdacht auf Innenmeniskusläsion sowie eine rezidivierende Dorsalgie bei Skoliose der Brust- und Lendenwirbelsäule. Es bestehe eine Minderbelastbarkeit der Wirbelsäule sowie ausgeprägt des rechten Beines. Bei der Veränderung am rechten Unterschenkel handle es sich nicht um ein chronisches Ulcus cruris, sondern um eine Osteomyelitis im aktiven Stadium mit Ulzeration und dem Risiko einer Exazerbation oder Spontanfraktur. Der Kläger sei nicht in der Lage, drei oder mehr Stunden selbst eine leichte Tätigkeit auszuführen. Eine Gehstrecke von viermal 500 m täglich erscheine nicht zumutbar.

Zu diesem Gutachten legte die Beklagte die Stellungnahme des Internisten Medizinaldirektor L. vom 13. Februar 2009 vor, der zur Beurteilung der von Dr. He. diagnostizierten Osteomyelitis die Vorlage der Berichte über die Behandlungsmaßnahmen für erforderlich hielt. In der weiteren von der Beklagten vorgelegten Stellungnahme vom 27. März 2009 führte Medizinaldirektor L. unter Berücksichtigung der vom Kläger vorgelegten Befundberichte des Universitätsklinikums H. aus, das Geschwür habe sich im Laufe des Jahres 2008 gebessert und sei bis auf eine ein cm lange Exostose, die entfernt worden sei, abgeheilt gewesen. Eine Osteomyelitis sei wohl ausgeschlossen. Nach dem in dem Verlaufsbericht des Universitätsklinikums H. beschriebenen Befund sei eine leichte Tätigkeit überwiegend im Sitzen über sechs Stunden möglich. Als Berufskraftfahrer sei der Kläger nicht mehr einsetzbar.

Mit Urteil vom 1. Juli 2009 wies das SG die Klage ab. Der Kläger könne ihm zumutbare Beschäftigungen mit verschiedenen Einschränkungen hinsichtlich der Art der noch möglichen Arbeiten noch in einem Umfang von sechs Stunden täglich ausüben. Zu dieser Überzeugung gelange es (das SG) aufgrund des Gesamtergebnisses der medizinischen Sachverhaltsaufklärung, insbesondere aufgrund des Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Bu ... Der abweichenden Einschätzung des Dr. He. folge es nicht. Soweit dieser von einer chronischen Osteomyelitis am rechten Unterschenkel ausgehe, habe Medizinaldirektor L. zu Recht darauf hingewiesen, dass die Befundberichte des Universitätsklinikums H. diese Diagnose nicht bestätigten. Der Kläger könne sowohl die Wegstrecke von mehr als 500 m in 20 Minuten viermal täglich bewältigen und einen Privat-Pkw für den Weg zur Arbeitsstelle benutzen. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig. Aus der Auskunft der Stadtpark M. gGmbH ergebe sich, dass der Kläger keine Facharbeitertätigkeit, sondern nur eine einfach angelernte Tätigkeit verrichtet habe. Er sei somit auf alle Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar.

Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 20. Juli 2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10. August 2009 Berufung eingelegt und Rente wegen Erwerbsminderung ab 4. August 2008 begehrt. Er sei nicht mehr in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die von Medizinaldirektor L. gegen das Gutachten des Dr. He. vorgebrachten Einwände seien nicht überzeugend. Dessen Feststellungen zur seiner (des Klägers) eingeschränkten Wegefähigkeit beruhten auf der subtotalen Einsteifung des rechten oberen Sprunggelenks sowie der festgestellten chronischen Osteomyelitis am rechten Unterschenkel. Auch nehme er regelmäßig ein Arzneimittel ein, welches die Fähigkeit zur Teilnahme am Straßenverkehr beeinträchtige. Ferner stehe ihm aufgrund der tariflichen Einstufung Berufsschutz zu.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 1. Juli 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 12. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Februar 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 4. August 2008 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie hat den Versicherungsverlauf vom 14. Januar 2010 vorgelegt.

Der Senat hat Internistin Dr. Wi. und Oberarzt Dr. We., Phlebologische Ambulanz des Universitätsklinikums H., als sachverständige Zeugen gehört. Dr. Wi. hat in ihrer Auskunft vom 12. Mai 2010 angegeben, die Laborparameter zeigten einen seit mindestens November 2008 unzureichend eingestellten Diabetes mellitus. Der arterielle Hypertonus scheine gut eingestellt zu sein. Dr. We. hat in seiner Auskunft vom 26. August 2010 berichtet, die Vorstellungen in der Ulcussprechstunde (seit 9. November 2006) erfolgten zur Verlaufskontrolle. Es erfolge jeweils eine stadienadaptierte Ulcustherapie. Seit Ende 2009 zeige sich ein stabiler Befund. Im Dezember 2009 vom Kläger angegebene chronische Schmerzen im Bereich des Sprunggelenks seien im Mai 2010 nicht mehr geäußert worden. Die Ulzerationen seien bei den letzten Vorstellungen am 5. Mai und 30. Juni 2010 kleiner geworden. Eine Einschränkung der Gehfähigkeit sei nicht festzustellen und auch seitens des Klägers ihm gegenüber nicht geäußert worden.

Der Senat hat die Akten des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis - Versorgungsamt - beigezogen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG, auf die beigezogene Akte des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis - Versorgungsamt - sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, da der Senat die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.

Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 12. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Februar 2007 ist rechtmäßig, auch soweit der Kläger im Berufungsverfahren nur noch einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung seit 4. August 2008 verfolgt. Der Kläger hat seit 4. August 2008 keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.

1.) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.

Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Der Schwerpunkt der Beschwerden liegt im Bereich des Bewegungsapparates. Beim Kläger bestehen nach einer Unterschenkeltrümmerfraktur eine subtotale Versteifung des rechten Sprunggelenks mit einer deutlichen Bewegungseinschränkung sowie ein chronisches Ulcus am rechten Unterschenkel. Hinsichtlich dieser Diagnose des chronischen Ulcus folgt der Senat dem gerichtlichen Sachverständige Bu., dem behandelnden Arzt Dr. We. und Medizinaldirektor L. vom Ärztlichen Dienst der Beklagten, nicht aber dem nach § 109 SGG gehörten Sachverständigen Dr. He., der die Veränderungen als Osteomyelitis bezeichnete. Hinsichtlich der Diagnose Osteomyelitis bezieht Dr. He. sich auf den Befundbericht der Dr. De. vom 23. Februar 2004, den diese der Beklagten aufgrund eines Antrags des Klägers auf Leistungen der medizinischen Rehabilitation vorlegte. Dr. De. nannte darin lediglich einen Zustand nach Osteomyelitis. Die Diagnose Osteomyelitis erweist sich auch insbesondere unter Berücksichtigung der vom Kläger dem SG vorgelegten Befundberichte des Universitätsklinikums H. sowie der im Berufungsverfahren erhobenen Auskunft des Dr. We. vom 26. August 2010 über die Behandlung der Veränderungen am rechten Unterschenkel als nicht zutreffend. Weder in den Befundberichten noch in der Auskunft wird diese Diagnose genannt, sondern die Diagnosen Ulcus oder chronische Ulzera. Letztlich ist die von Dr. He. gestellte Diagnose Osteomyelitis lediglich eine Verdachtsdiagnose, wenn er allein aufgrund der Angaben des Klägers darauf abhebt, dass bei einem ambulanten Eingriff mehrere Knochensplitter entfernt worden seien.

Der Sachverständige Bu. beschrieb mit einer Länge von acht cm und einer Breite von drei cm zwar eine größere Ausbreitung des Ulcus als in den Befundberichten des Universitätsklinikums H ... Allerdings nennt auch er keine wesentlichen Entzündungszeichen oder Wundinfekte. Wegen des chronischen Ulcus erfolgt regelmäßig ärztliche Behandlung, in deren Verlauf das chronische Ulcus kleiner geworden ist. Der Befund war jedenfalls seit Ende 2009 stabil. Dies ergibt sich aus der im Berufungsverfahren erhobenen Auskunft des Dr. We. vom 26. August 2010 sowie aus den vom Kläger dem SG vorgelegten Befundberichten des Universitätsklinikums H ... Dass die regelmäßige Behandlung zu einer Verkleinerung des Ulcus und zu einer Verringerung der Schmerzhaftigkeit führt, ist auch dem Entlassungsbericht des Prof. Dr. B. vom 2. September 2004 zu entnehmen. Es steht damit fest, dass seit der Untersuchung durch den Sachverständigen Bu. keine Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers im Hinblick auf das chronische Ulcus eingetreten ist.

Auch unter Berücksichtigung der genannten Gesundheitsstörungen im Bereich des rechten Beines ist der Kläger noch in der Lage, leichte Arbeiten unter qualitativen Einschränkungen in einem Umfang von sechs Stunden und mehr zu verrichten. Der Senat folgt insoweit der Beurteilung des Sachverständigen Bu ... Er hat zutreffend darauf abgestellt, dass diese Gesundheitsstörungen bereits seit Jahren bestehen, und zwar im Wesentlichen unverändert. Sie sind in gleicher Weise auch bereits in dem Entlassungsbericht des Prof. Dr. B. vom 2. September 2004 genannt, der den Kläger sogar für fähig hielt, die bisherige Tätigkeit als Kraftfahrer weiterhin in einem Umfang von sechs Stunden und mehr zu verrichten.

Eine Einschränkung der Wegefähigkeit des Klägers kann der Senat nicht feststellen. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit des Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen. Eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die es dem Versicherten nicht erlaubt, täglich viermal eine Fußstrecke von mehr als 500 Meter in jeweils weniger als 20 Minuten zurückzulegen, stellt bei dem anzuwendenden generalisierenden Maßstab eine derart schwere Leistungseinschränkung dar, dass der Arbeitsmarkt trotz vorhandenem vollschichtigen Leistungsvermögen als verschlossen anzusehen ist (vgl. z.B. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 21. März 2006 - B 5 RJ 51/04 R - SozR 4-2600 § 43 Nr. 8). Aus der im Berufungsverfahren erhobenen Auskunft des Dr. We. vom 26. August 2010 ergibt sich, dass der Kläger entsprechende Beschwerden bei den regelmäßigen Behandlungen des chronischen Ulcus nicht geäußert hat und sie dort bei den seit 2006 erfolgten regelmäßigen Behandlungen auch nicht festgestellt werden konnten. Wenn der Kläger hierzu nach dem Hinweis auf die beabsichtigte Entscheidung über die Berufung durch Beschluss behauptet, er sei in der Klinik, in der Dr. We. tätig sei, nicht wegen der Gehbehinderung, sondern wegen des offenen Beines behandelt worden und er habe deshalb keine Veranlassung gehabt, dort über seine Einschränkungen der Gehfähigkeit zu berichten, steht dies im Widerspruch zum bisherigen Vortrag des Klägers. In der Klagebegründung vom 17. April 2007 behauptete der Kläger eine erhebliche Einschränkung der Wegstrecke aufgrund der Unterschenkelerkrankung (Bl. 10 der SG-Akte). In der Berufungsbegründung vom 22. Dezember 2009 bezog er sich zur Begründung der Einschränkung seiner Gehfähigkeit auch auf die von Dr. He. festgestellte chronische Osteomyelitis am rechten Unterschenkel (Bl. 21 der LSG-Akte).

Aufgrund der Angaben des Dr. We. kann sich eine Einschränkung der Wegefähigkeit auch nicht daraus ergeben, dass zwischenzeitlich im Januar 2010 eine arterielle Verschlusskrankheit im Stadium I diagnostiziert wurde.

Da Dr. He. von der unzutreffenden Diagnose Osteomyelitis ausgeht, vermag seine auch daraus abgeleitete Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit des Klägers in zeitlicher Hinsicht nicht zu überzeugen.

Weitere Gesundheitsstörungen bedingen keine Leistungseinschränkung in zeitlicher Hinsicht.

Beim Kläger besteht weiterhin eine Adipositas, ein Bluthochdruck sowie ein Diabetes mellitus. Wegen dieser Erkrankungen erfolgt ärztliche Behandlung. Leistungseinschränkungen hieraus hat keiner der behandelnden Ärzte, Gutachter oder Sachverständigen abgeleitet. Auch diese Gesundheitsstörungen bestehen beim Kläger schon seit mehreren Jahren (siehe Entlassungsbericht des Prof. Dr. B. vom 2. September 2004). Hinzu gekommen sind Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule mit nur geringer Funktionseinschränkung und einer Minderbelastbarkeit der Wirbelsäule, die aber allenfalls quantitative Einschränkungen zur Folge hat. Auch das orthopädische Gutachten des Sachverständigen Dr. He. beschreibt insoweit keine wesentlich anderen Befunde als das Gutachten des Sachverständigen Bu ...

Ein Anhalt für schwere Depressivität besteht nicht. Der Sachverständige Bu. erhob anlässlich seiner Untersuchung keinen entsprechenden Befund. Auch der behandelnde Nervenarzt Dr. S. sprach in seiner Auskunft als sachverständiger Zeuge vom 5. Juli 2007 nur von einer Episode. Dem dieser Auskunft beigefügten Arztbrief lässt sich entnehmen, dass sich die Probleme des Klägers, wegen der er den Nervenarzt aufsuchte, sich auf die sozialen und gesundheitlichen Probleme bezogen, wie dies in gleicher Weise auch vom Sachverständigen Bu. dargelegt wurde. Nach Angaben des Klägers gegenüber dem Sachverständigen Dr. He. erfolgte eine spezielle Behandlung anschließend nicht mehr, die Stimmungslage habe sich leicht gebessert. Im Berufungsverfahren hat der Kläger nichts Abweichendes mehr behauptet.

2.) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 des RV-Altergrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, 554) auch Versicherte, die vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Bisheriger Beruf ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (z.B. BSG, Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45; Urteil vom 18. Februar 1998 - B 5 RJ 34/97 R -, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 61; Urteil vom 20. Juli 2005 - B 13 RJ 19/04 R - in juris). Bisheriger Beruf des Klägers war danach die Tätigkeit bei der Stadtpark M. gGmbH. Er war dort zwar formal als Kraftfahrer eingestellt. Seine Tätigkeit umfasste aber nicht nur das Führen von Kraftfahrzeugen, sondern Tätigkeiten bei der Pflege von städtischen Garten- und Grünanlagen (Bedienen von Handrasenmäher sowie im Winter Arbeiten am Holzhäcksler und einfache Baum- und Strauchschnittarbeiten; Auskunft der Stadtpark M. gGmbH vom 28. Dezember 2006). Der Senat lässt offen, ob der Kläger diese Tätigkeit weiterhin verrichten kann oder nicht. Jedenfalls hat er sie über Jahre trotz der im Vordergrund stehenden Gesundheitsstörungen (subtotale Versteifung des rechten Sprunggelenks mit einer deutlichen Bewegungseinschränkung sowie ein chronisches Ulcus am rechten Unterschenkel) verrichtet. Selbst wenn der Kläger diese Tätigkeit nicht mehr verrichten kann, kann er auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verwiesen werden.

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 29. März 1994 - 13 RJ 35/93 -SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45; Urteil vom 25. Juli 2001 B 8 KN 14/00 R - SozR 3-2600 § 43 Nr. 26) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hochqualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an. Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächstniedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 B 4 RA 5/04 R - in juris).

Die vom Kläger zuletzt verrichtete Tätigkeit kann allenfalls als eine eines angelernten Arbeiters eingestuft werden. Sie erforderte eine Anlernzeit von vier Monaten (Auskunft der Stadtpark M. gGmbH vom 28. Dezember 2006). Der Kläger übte auch keine Tätigkeiten aus, für die eine längere Ausbildung erforderlich war. Die tarifliche Einstufung erfolgte mit der Lohngruppe 5 des Tarifvertrages für öffentlichen Dienst in einer Lohngruppe für Arbeiter.

Der Kläger kann damit auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verwiesen werden, ohne dass eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen ist. Solche Tätigkeiten kann der Kläger wie dargelegt - noch sechs Stunden und mehr verrichten.

3.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved