Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 2826/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4348/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 18. August 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die am 28. August 1956 in Kroatien geborene Klägerin, die nach ihren eigenen Angaben keinen Beruf erlernt hat, siedelte im Juni 1971 in die Bundesrepublik Deutschland über. Sie war zunächst als Arbeiterin und zuletzt mehr als 20 Jahre lang als Küchenhilfe bis November 2002 versicherungspflichtig beschäftigt. Seither ist sie arbeitslos. Seit dem 1. November 2006 arbeitet sie zweimal pro Woche (insgesamt acht Stunden) als Haushaltshilfe in einer Familie, wobei sie hierfür eine Vergütung von netto 350 EUR erhält. Es ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 seit September 2007 anerkannt (Bescheid des Landratsamtes L. - Versorgungsangelegenheiten - vom 6. Dezember 2007).
Vom 12. August bis 2. September 2004 nahm die Klägerin an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Rehabilitationsklinik H., B.-B., teil. Rheumatologe Dr. M.-W. gab im Entlassungsbericht vom 23. Dezember 2004 an, die Klägerin leide an einem chronischen Wurzelreizsyndrom C6 (beidseits) mit cervicocephaler Symptomatik, an einem Verdacht auf somatoforme Schmerzstörung, an einem Verdacht auf CTS rechts (neurogr. 8/03 ohne Befund), an einer Fingerpolyarthrose beidseits und an Epicondylopathia humeri radialis rechts. Die Klägerin wurde als arbeitsfähig entlassen, wobei sie auch ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Küchenhilfe vollschichtig verrichten könne. Es bestünden lediglich qualitative Leistungseinschränkungen.
Am 18. Februar 2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab sie an, sie leide seit dem Jahr 2000 an "Wirbelsäule, Nervenwurzelreizerscheinungen, r. Ellenbogengelenkes, Fingerpolyarthrose, Schuppenflechte, chronische Wurzelreizsyndrom". Die Beklagte ließ die Klägerin fachärztlich begutachten. Internist Dr. S. gelangte in seinem Gutachten vom 14. März 2008 für die Klägerin zu folgenden Diagnosen: chronisch rezidivierendes HWS-Syndrom mit angegebenen intermittierenden Cervicobrachialgien beidseits und Cervicocephalgien, Bandscheibenprotrusion C 3/4 und C 4/5, chronisch rezidivierendes stato-myalgisches und degeneratives LWS-Syndrom mit angegebenen intermittierenden rechtsbetonten Lumboischialgien, endgradige Psoriasis vulgaris (nach Behandlung derzeit weitgehend abgeklungen - keine Hinweise auf Exacerbation), Fingerpolyarthrose beidseits (keine Einschränkung der Funktion und kein Hinweis auf synovitische Schwellung) und intermittierend auftretende Epicondylopathia rechter Ellenbogen. Die Klägerin könne mittelschwere Wechseltätigkeiten ohne häufige Zwangshaltungen der Wirbelsäule und ohne häufiges Bücken und Überkopfarbeiten, ohne Heben und Tragen schwerer Lasten sowie ohne erhöhte Exposition gegenüber Hautreizstoffen vollschichtig verrichten. Mit Bescheid vom 18. März 2008 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Bei diesem Leistungsvermögen liege weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung bzw Berufsunfähigkeit vor. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien zum 17. Februar 2008 erfüllt.
Mit ihrem Widerspruch vom 9. April 2008 machte die Klägerin geltend, sie sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, eine Tätigkeit aufzunehmen. Die Beklagte zog daraufhin den Befundbericht des Internisten Dr. T. vom 30. Mai 2008 bei. Nach Auswertung der beigezogenen Unterlagen durch Dr. K. wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch mit der Begründung zurück, die Beurteilung des Leistungsvermögens durch den sozialmedizinischen Dienst sei schlüssig und nachvollziehbar. Volle bzw teilweise Erwerbsminderung liege nicht vor. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme nicht in Betracht, da die Klägerin auf sämtliche ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden könne (Widerspruchsbescheid vom 1. August 2008).
Hiergegen hat die Klägerin am 1. September 2008 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, sie sei dauernd erwerbsgemindert. Die bei ihr vorliegenden Erkrankungen führten in ihrer Summierung dazu, dass sie dauerhaft keine Chance habe, eine innerhalb ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten liegende Beschäftigung zu erlangen. Zur weiteren Begründung hat sie zahlreiche Arztbriefe und Atteste vorgelegt.
Das SG hat zur weiteren Ermittlung des Sachverhalts die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen.
Internist Dr. T. hat angegeben (Auskunft vom 24. November 2008), die von ihm erhobenen Befunde entsprächen im Wesentlichen den von Dr. S. erhobenen Befunden. Er schließe sich auch der Beurteilung hinsichtlich des Leistungsvermögens durch Dr. S. an. Das maßgebliche Leiden liege auf orthopädischem Fachgebiet. Er hat seiner Auskunft zahlreiche Arztberichte beigefügt. Facharzt für Orthopädie Dr. S. hat ausgeführt (Auskunft vom 16. Januar 2009), die Diagnosen auf orthopädischem Fachgebiet seien vollständig erfasst und stimmten auch mit seinen Aufzeichnungen überein. Ein vollständiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten erscheine leidensgerecht. Das maßgebliche Leiden liege auf neurochirurgisch-orthopädischem sowie neurologischem Fachgebiet. Facharzt für Neurologie und Psychiatrie T. hat mitgeteilt (Auskunft vom 20. Januar 2009), bislang sei eine leichte bis mittelgradige depressive Erkrankung (Folge einer "langgehenden" Anpassungsstörung) nicht erfasst worden. Es liege eine länger andauernde depressive Reaktion vor. Er schließe sich daher der Beurteilung des Leistungsvermögens durch Dr. S. nicht an. Das Konzentrations- und Reaktionsvermögen sowie das Umstellungs- und Anpassungsvermögen der Klägerin seien reduziert. Infolge dessen bestünde eine verminderte Verantwortungsfähigkeit für Personen und Maschinen. Die Klägerin könne leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen "drei - sechs Stunden" ausüben.
Das SG hat sodann das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. vom 7. April 2009 eingeholt. Dieser hat zum Tagesablauf der Klägerin angegeben, dass sie ihre Hausarbeit verrichte und zweimal pro Woche in einer Familie auf 400 EUR-Basis als Haushaltshilfe arbeite. Am Wochenende gehe sie viel mit ihrem Mann spazieren. Sie habe auch regelmäßigen Kontakt zu ihren Kindern und besuche Freunde und Bekannte. Sie stricke auch gerne. Einmal pro Jahr fahre sie auch nach Kroatien. Im Hinblick auf den psychischen Befund hat Dr. H. angegeben, die Klägerin sei bewusstseinsklar und allseits orientiert gewesen. Störungen der Auffassung, der Konzentration oder des Durchhaltevermögens hätten nicht vorgelegen. Auch hätten sich keine Störungen der Merkfähigkeit oder des Kurzzeit- bzw des Langzeitgedächtnisses gezeigt. Die Stimmungslage sei insgesamt leicht gedrückt gewesen. Auch der Antrieb sei leicht reduziert gewesen. Es bestünden degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, wobei im Vordergrund eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung stehe. Im Übrigen habe sich eine leichte depressive Episode gezeigt. Die Kriterien für das Vorliegen einer Angsterkrankung seien hingegen nicht erfüllt. Die Klägerin könne leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter Vermeidung von Heben und Tragen schwerer Lasten (über 10 kg) verrichten. Zu vermeiden seien des Weiteren Arbeiten auf Leitern, häufiges Bücken und häufiges Treppensteigen, gleichförmige Körperhaltungen, Arbeiten in Kälte, unter Kälteeinfluss oder im Freien, Akkordarbeit, Wechselschicht oder Nachtschicht sowie Arbeiten unter besonderem Zeitdruck, Arbeiten mit besonders hohen Ansprüchen an Auffassung und Konzentration bzw mit besonders hoher Verantwortung oder besonders hoher geistiger Beanspruchung. Unter Berücksichtigung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen sei die Klägerin in der Lage, Tätigkeiten als Küchenhilfe sowie Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig (acht Stunden täglich bei fünf Tagen in der Woche) auszuüben. Die Umstellungsfähigkeit für andere Tätigkeiten sei nicht eingeschränkt. Herrn T. stimme er insoweit zu, als eine depressive Erkrankung vorliege, wobei jetzt die Kriterien einer leichten depressiven Episode erfüllt seien. Ein untervollschichtiges Leistungsvermögen lasse sich durch diese Erkrankung auf nervenärztlichem Fachgebiet jedoch definitiv nicht begründen.
Mit Gerichtsbescheid vom 18. August 2009 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die für die Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin maßgeblichen Erkrankungen lägen hauptsächlich auf orthopädischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Die Klägerin sei jedoch nicht erwerbsgemindert, da sie noch in der Lage sei, zumindest leichte Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen zu verrichten. Sowohl Dr. S. als auch Dr. H. seien übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin noch vollschichtig leistungsfähig sei. Diese Einschätzung werde durch die Aussagen der sachverständigen Zeugen Dr. T., Dr. S. und T. sowie durch die Einschätzungen im Reha-Entlassungsbericht vom 23. Dezember 2004 bestätigt. Auch der von Dr. H. geschilderte Tagesablauf und das Freizeitverhalten der Klägerin sprächen gegen eine quantitative Leistungsminderung. So habe die Klägerin einen strukturierten Tagesablauf, versorge ihren eigenen Haushalt und arbeite auch im Haushalt anderer Personen. Ferner fahre die Klägerin in der Regel einmal im Jahr nach Bosnien. Selbst wenn zugunsten der Klägerin davon auszugehen sei, dass diese ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Küchenhilfe nicht mehr verrichten könne, sei trotzdem keine Berufsunfähigkeit gegeben. Denn die Klägerin könne auf sämtliche ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 24. August 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 23. September 2009 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt und zur Begründung vorgetragen, der Neurologe und Psychiater T. habe lediglich ausgesagt, dass eine leichte Tätigkeit allenfalls wöchentlich in einem Zeitrahmen von 12 bis 15 Stunden denkbar sei. Es sei daher davon auszugehen, dass auch Herr T. von einem unterhalbschichtigen Leistungsvermögen ausgehe. Die Gesamtschau ihrer Leidensgeschichte spreche dafür, dass sie auf Dauer nicht mehr eine Tätigkeit ausüben könne. Zudem habe sich ihr Krankheitsbild weiter verschlechtert. Zum Beweis hierfür hat die Klägerin die Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters T. vom 16. November 2009 vorgelegt. Danach liege eine "längergehende" Anpassungsstörung vor, die in eine depressive Störung mit somatoformer Schmerzstörung gemündet habe. Die Klägerin sei nicht mehr in der Lage, vollschichtig am allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein. Aufgrund der "längergehenden" psychischen Symptomatik sei nicht mehr von einer leichten, sondern von einer mittelschweren depressiven Episode auszugehen. Hinzu komme die anzunehmende Somatisierung mit der Schmerzsymptomatik. Es liege daher ein unterhalbschichtiges Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden vor. Die Klägerin hat zudem das neurologisch-psychiatrische Attest des Herrn T. vom 20. Januar 2009 vorgelegt, wonach sie nicht mehr in der Lage sei, vollschichtig zu arbeiten. Die Belastungsgrenze liege nach einer Phase der Einarbeitung im Sinne eines Praktikums zunächst bei 12 bis 15 Stunden pro Woche.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 18. August 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 18. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. August 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Februar 2008 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Klägerin verwende Begrifflichkeiten ("unterhalbschichtig"), die das Recht vor dem 1. Januar 2001 beträfen und hier nicht maßgeblich seien.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Denn das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 18. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. August 2008 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat weder ab dem 1. Februar 2008 noch ab einem späteren Zeitpunkt Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I, 554). Dies folgt aus § 300 Abs 1 SGB VI. Danach sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt (§ 302b Abs 1 SGB VI).
Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben nach § 240 Abs 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art 1 Nr 61 des RV-Altergrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl I, 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach diesen Maßstäben ist die Klägerin, wie das SG zutreffend entschieden hat, unter Berücksichtigung der vom SG und der Beklagten vorgenommenen Ermittlungen weder voll- noch teilweise erwerbsgemindert, weil sie noch in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf den sie verweisbar ist, unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Der Senat schließt sich den Ausführungen des SG vollumfänglich an und nimmt daher auf die Entscheidungsgründe des sorgfältig begründeten erstinstanzlichen Gerichtsbescheids Bezug; insoweit sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs 2 SGG ab.
Im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass der Neurologe und Psychiater T. in seiner Auskunft als sachverständiger Zeuge vom 20. Januar 2009 gegenüber dem SG ausdrücklich angegeben hat, dass die Klägerin auch nach seiner Ansicht noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen "drei - sechs Stunden" zu verrichten. Wer jedoch mindestens sechs Stunden täglich Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten kann, ist nach § 43 Abs 3 SGB VI nicht erwerbsgemindert. Soweit er in seiner Stellungnahme vom 16. November 2009 nunmehr davon ausgeht, dass das Leistungsvermögen der Klägerin nur noch "drei bis unter sechs Stunden" beträgt, ändert dies an dem Gesamtergebnis nichts. Zum einen hat Herr T. diese Leistungseinschätzung nicht näher begründet und zum anderen überzeugt sie den Senat nicht. Denn weder Dr. S. noch Dr. H. haben eine wesentliche Beeinträchtigung im privaten und beruflichen Bereich feststellen können. So hat die Klägerin regelmäßigen Kontakt mit ihren Kindern, Freunden und Bekannten und fährt auch einmal jährlich in ihre frühere Heimat. Des Weiteren verrichtet sie nicht nur ihre eigenen Hausarbeiten, sondern ist auch als Haushaltshilfe zweimal pro Woche auf 400 EUR-Basis bei einer anderen Familie beschäftigt. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. H ... Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin diese Tätigkeit - etwa aufgrund der von ihr geltend gemachten Verschlechterung des Gesundheitszustandes - hat aufgeben müssen, liegen nicht vor. Entsprechendes wird von der Klägerin auch nicht vorgetragen. Die Analyse der Alltagsaktivitäten, die Dr. H. vorgenommen hat, spricht deshalb auch zur Überzeugung des Senats gegen eine zeitliche Limitierung des Leistungsvermögens. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl Urteile vom 20. Juli 2010 - L 11 R 5140/09; 24. August 2010 - L 11 R 715/10) wird der Schweregrad somatoformer Schmerzstörungen aus den daraus resultierenden Defiziten im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessenspektrum und die soziale Interaktionsfähigkeit abgeleitet und gemessen.
Weitere medizinische Ermittlungen von Amts wegen sind mangels Aufklärungsbedarfs nicht erforderlich. Die Gutachten von Dr. S. und Dr. H. haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 Zivilprozessordnung). Anhaltspunkte für einen weiteren Aufklärungsbedarf liegen auch im Hinblick auf die pauschale Behauptung der Klägerin, ihr Gesundheitszustand habe sich verschlechtert, nicht vor. Zum einen führt die pauschale Behauptung einer Gesundheitsverschlechterung nicht dazu, dass der Senat dazu veranlasst wäre, ins Blaue hinein zu ermitteln (vgl hierzu zuletzt BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 - B 13 R 58/09 R, veröffentlicht in juris, RdNr 47 mwN; Urteil vom 6. Mai 2010 - B 4 AS 3/09 R, veröffentlicht in juris, RdNr 23; Beschluss vom 5. Februar 2009 - B 13 RS 85/08 B, veröffentlicht in juris, RdNr 18 mwN). Zum anderen lassen sich der Stellungnahme des Herrn T. vom 16. November 2009 keine Befunde entnehmen, die für eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin sprechen. Bereits in seiner Auskunft als sachverständiger Zeuge vom 20. Januar 2009 hat er darauf hingewiesen, dass die Klägerin an einer leichten bis mittelgradigen depressiven Erkrankung infolge einer "langgehenden" Anpassungsstörung leidet. Soweit er nunmehr wegen der "längergehenden" psychischen Symptomatik von einer mittelschweren depressiven Episode ausgeht, wiederholt er mithin (in konkretisierender Weise) seine bisherige Einschätzung. Im Hinblick auf die bereits geschilderten Alltagsaktivitäten der Klägerin hält der Senat jedoch die Einschätzung des Dr. H., wonach lediglich eine leichte depressive Episode vorliegt, für überzeugender. Schließlich hat Herr T. in seiner Stellungnahme vom 16. November 2009 auch keine Bewusstseins-, Orientierungs-, Aufmerksamkeits- oder Gedächtnisstörungen angegeben.
Soweit die Klägerin an einer Psoriasis vulgaris leidet, geht der Senat mit Dr. S. davon aus, dass diese nach entsprechender Behandlung derzeit weitgehend abgeklungen ist, zumal auch der behandelnde Hausarzt Dr. T. in seiner Auskunft als sachverständiger Zeuge vom 24. November 2008 nichts Gegenteiliges angegeben hat. Da es sich bei dieser Krankheit jedoch um eine chronische Hauterkrankung handelt, dürfte eine Tätigkeit als Küchenhilfe ausscheiden. Das SG hat jedoch bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass es sich bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Küchenhilfe um eine ungelernte Tätigkeit gehandelt hat, sodass die Klägerin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt breit verweisbar ist und eine Verweisungstätigkeit nicht benannt werden muss.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die am 28. August 1956 in Kroatien geborene Klägerin, die nach ihren eigenen Angaben keinen Beruf erlernt hat, siedelte im Juni 1971 in die Bundesrepublik Deutschland über. Sie war zunächst als Arbeiterin und zuletzt mehr als 20 Jahre lang als Küchenhilfe bis November 2002 versicherungspflichtig beschäftigt. Seither ist sie arbeitslos. Seit dem 1. November 2006 arbeitet sie zweimal pro Woche (insgesamt acht Stunden) als Haushaltshilfe in einer Familie, wobei sie hierfür eine Vergütung von netto 350 EUR erhält. Es ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 seit September 2007 anerkannt (Bescheid des Landratsamtes L. - Versorgungsangelegenheiten - vom 6. Dezember 2007).
Vom 12. August bis 2. September 2004 nahm die Klägerin an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Rehabilitationsklinik H., B.-B., teil. Rheumatologe Dr. M.-W. gab im Entlassungsbericht vom 23. Dezember 2004 an, die Klägerin leide an einem chronischen Wurzelreizsyndrom C6 (beidseits) mit cervicocephaler Symptomatik, an einem Verdacht auf somatoforme Schmerzstörung, an einem Verdacht auf CTS rechts (neurogr. 8/03 ohne Befund), an einer Fingerpolyarthrose beidseits und an Epicondylopathia humeri radialis rechts. Die Klägerin wurde als arbeitsfähig entlassen, wobei sie auch ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Küchenhilfe vollschichtig verrichten könne. Es bestünden lediglich qualitative Leistungseinschränkungen.
Am 18. Februar 2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab sie an, sie leide seit dem Jahr 2000 an "Wirbelsäule, Nervenwurzelreizerscheinungen, r. Ellenbogengelenkes, Fingerpolyarthrose, Schuppenflechte, chronische Wurzelreizsyndrom". Die Beklagte ließ die Klägerin fachärztlich begutachten. Internist Dr. S. gelangte in seinem Gutachten vom 14. März 2008 für die Klägerin zu folgenden Diagnosen: chronisch rezidivierendes HWS-Syndrom mit angegebenen intermittierenden Cervicobrachialgien beidseits und Cervicocephalgien, Bandscheibenprotrusion C 3/4 und C 4/5, chronisch rezidivierendes stato-myalgisches und degeneratives LWS-Syndrom mit angegebenen intermittierenden rechtsbetonten Lumboischialgien, endgradige Psoriasis vulgaris (nach Behandlung derzeit weitgehend abgeklungen - keine Hinweise auf Exacerbation), Fingerpolyarthrose beidseits (keine Einschränkung der Funktion und kein Hinweis auf synovitische Schwellung) und intermittierend auftretende Epicondylopathia rechter Ellenbogen. Die Klägerin könne mittelschwere Wechseltätigkeiten ohne häufige Zwangshaltungen der Wirbelsäule und ohne häufiges Bücken und Überkopfarbeiten, ohne Heben und Tragen schwerer Lasten sowie ohne erhöhte Exposition gegenüber Hautreizstoffen vollschichtig verrichten. Mit Bescheid vom 18. März 2008 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Bei diesem Leistungsvermögen liege weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung bzw Berufsunfähigkeit vor. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien zum 17. Februar 2008 erfüllt.
Mit ihrem Widerspruch vom 9. April 2008 machte die Klägerin geltend, sie sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, eine Tätigkeit aufzunehmen. Die Beklagte zog daraufhin den Befundbericht des Internisten Dr. T. vom 30. Mai 2008 bei. Nach Auswertung der beigezogenen Unterlagen durch Dr. K. wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch mit der Begründung zurück, die Beurteilung des Leistungsvermögens durch den sozialmedizinischen Dienst sei schlüssig und nachvollziehbar. Volle bzw teilweise Erwerbsminderung liege nicht vor. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme nicht in Betracht, da die Klägerin auf sämtliche ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden könne (Widerspruchsbescheid vom 1. August 2008).
Hiergegen hat die Klägerin am 1. September 2008 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, sie sei dauernd erwerbsgemindert. Die bei ihr vorliegenden Erkrankungen führten in ihrer Summierung dazu, dass sie dauerhaft keine Chance habe, eine innerhalb ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten liegende Beschäftigung zu erlangen. Zur weiteren Begründung hat sie zahlreiche Arztbriefe und Atteste vorgelegt.
Das SG hat zur weiteren Ermittlung des Sachverhalts die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen.
Internist Dr. T. hat angegeben (Auskunft vom 24. November 2008), die von ihm erhobenen Befunde entsprächen im Wesentlichen den von Dr. S. erhobenen Befunden. Er schließe sich auch der Beurteilung hinsichtlich des Leistungsvermögens durch Dr. S. an. Das maßgebliche Leiden liege auf orthopädischem Fachgebiet. Er hat seiner Auskunft zahlreiche Arztberichte beigefügt. Facharzt für Orthopädie Dr. S. hat ausgeführt (Auskunft vom 16. Januar 2009), die Diagnosen auf orthopädischem Fachgebiet seien vollständig erfasst und stimmten auch mit seinen Aufzeichnungen überein. Ein vollständiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten erscheine leidensgerecht. Das maßgebliche Leiden liege auf neurochirurgisch-orthopädischem sowie neurologischem Fachgebiet. Facharzt für Neurologie und Psychiatrie T. hat mitgeteilt (Auskunft vom 20. Januar 2009), bislang sei eine leichte bis mittelgradige depressive Erkrankung (Folge einer "langgehenden" Anpassungsstörung) nicht erfasst worden. Es liege eine länger andauernde depressive Reaktion vor. Er schließe sich daher der Beurteilung des Leistungsvermögens durch Dr. S. nicht an. Das Konzentrations- und Reaktionsvermögen sowie das Umstellungs- und Anpassungsvermögen der Klägerin seien reduziert. Infolge dessen bestünde eine verminderte Verantwortungsfähigkeit für Personen und Maschinen. Die Klägerin könne leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen "drei - sechs Stunden" ausüben.
Das SG hat sodann das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. vom 7. April 2009 eingeholt. Dieser hat zum Tagesablauf der Klägerin angegeben, dass sie ihre Hausarbeit verrichte und zweimal pro Woche in einer Familie auf 400 EUR-Basis als Haushaltshilfe arbeite. Am Wochenende gehe sie viel mit ihrem Mann spazieren. Sie habe auch regelmäßigen Kontakt zu ihren Kindern und besuche Freunde und Bekannte. Sie stricke auch gerne. Einmal pro Jahr fahre sie auch nach Kroatien. Im Hinblick auf den psychischen Befund hat Dr. H. angegeben, die Klägerin sei bewusstseinsklar und allseits orientiert gewesen. Störungen der Auffassung, der Konzentration oder des Durchhaltevermögens hätten nicht vorgelegen. Auch hätten sich keine Störungen der Merkfähigkeit oder des Kurzzeit- bzw des Langzeitgedächtnisses gezeigt. Die Stimmungslage sei insgesamt leicht gedrückt gewesen. Auch der Antrieb sei leicht reduziert gewesen. Es bestünden degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, wobei im Vordergrund eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung stehe. Im Übrigen habe sich eine leichte depressive Episode gezeigt. Die Kriterien für das Vorliegen einer Angsterkrankung seien hingegen nicht erfüllt. Die Klägerin könne leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter Vermeidung von Heben und Tragen schwerer Lasten (über 10 kg) verrichten. Zu vermeiden seien des Weiteren Arbeiten auf Leitern, häufiges Bücken und häufiges Treppensteigen, gleichförmige Körperhaltungen, Arbeiten in Kälte, unter Kälteeinfluss oder im Freien, Akkordarbeit, Wechselschicht oder Nachtschicht sowie Arbeiten unter besonderem Zeitdruck, Arbeiten mit besonders hohen Ansprüchen an Auffassung und Konzentration bzw mit besonders hoher Verantwortung oder besonders hoher geistiger Beanspruchung. Unter Berücksichtigung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen sei die Klägerin in der Lage, Tätigkeiten als Küchenhilfe sowie Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig (acht Stunden täglich bei fünf Tagen in der Woche) auszuüben. Die Umstellungsfähigkeit für andere Tätigkeiten sei nicht eingeschränkt. Herrn T. stimme er insoweit zu, als eine depressive Erkrankung vorliege, wobei jetzt die Kriterien einer leichten depressiven Episode erfüllt seien. Ein untervollschichtiges Leistungsvermögen lasse sich durch diese Erkrankung auf nervenärztlichem Fachgebiet jedoch definitiv nicht begründen.
Mit Gerichtsbescheid vom 18. August 2009 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die für die Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin maßgeblichen Erkrankungen lägen hauptsächlich auf orthopädischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Die Klägerin sei jedoch nicht erwerbsgemindert, da sie noch in der Lage sei, zumindest leichte Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen zu verrichten. Sowohl Dr. S. als auch Dr. H. seien übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin noch vollschichtig leistungsfähig sei. Diese Einschätzung werde durch die Aussagen der sachverständigen Zeugen Dr. T., Dr. S. und T. sowie durch die Einschätzungen im Reha-Entlassungsbericht vom 23. Dezember 2004 bestätigt. Auch der von Dr. H. geschilderte Tagesablauf und das Freizeitverhalten der Klägerin sprächen gegen eine quantitative Leistungsminderung. So habe die Klägerin einen strukturierten Tagesablauf, versorge ihren eigenen Haushalt und arbeite auch im Haushalt anderer Personen. Ferner fahre die Klägerin in der Regel einmal im Jahr nach Bosnien. Selbst wenn zugunsten der Klägerin davon auszugehen sei, dass diese ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Küchenhilfe nicht mehr verrichten könne, sei trotzdem keine Berufsunfähigkeit gegeben. Denn die Klägerin könne auf sämtliche ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 24. August 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 23. September 2009 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt und zur Begründung vorgetragen, der Neurologe und Psychiater T. habe lediglich ausgesagt, dass eine leichte Tätigkeit allenfalls wöchentlich in einem Zeitrahmen von 12 bis 15 Stunden denkbar sei. Es sei daher davon auszugehen, dass auch Herr T. von einem unterhalbschichtigen Leistungsvermögen ausgehe. Die Gesamtschau ihrer Leidensgeschichte spreche dafür, dass sie auf Dauer nicht mehr eine Tätigkeit ausüben könne. Zudem habe sich ihr Krankheitsbild weiter verschlechtert. Zum Beweis hierfür hat die Klägerin die Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters T. vom 16. November 2009 vorgelegt. Danach liege eine "längergehende" Anpassungsstörung vor, die in eine depressive Störung mit somatoformer Schmerzstörung gemündet habe. Die Klägerin sei nicht mehr in der Lage, vollschichtig am allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein. Aufgrund der "längergehenden" psychischen Symptomatik sei nicht mehr von einer leichten, sondern von einer mittelschweren depressiven Episode auszugehen. Hinzu komme die anzunehmende Somatisierung mit der Schmerzsymptomatik. Es liege daher ein unterhalbschichtiges Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden vor. Die Klägerin hat zudem das neurologisch-psychiatrische Attest des Herrn T. vom 20. Januar 2009 vorgelegt, wonach sie nicht mehr in der Lage sei, vollschichtig zu arbeiten. Die Belastungsgrenze liege nach einer Phase der Einarbeitung im Sinne eines Praktikums zunächst bei 12 bis 15 Stunden pro Woche.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 18. August 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 18. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. August 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Februar 2008 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Klägerin verwende Begrifflichkeiten ("unterhalbschichtig"), die das Recht vor dem 1. Januar 2001 beträfen und hier nicht maßgeblich seien.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Denn das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 18. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. August 2008 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat weder ab dem 1. Februar 2008 noch ab einem späteren Zeitpunkt Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I, 554). Dies folgt aus § 300 Abs 1 SGB VI. Danach sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt (§ 302b Abs 1 SGB VI).
Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben nach § 240 Abs 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art 1 Nr 61 des RV-Altergrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl I, 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach diesen Maßstäben ist die Klägerin, wie das SG zutreffend entschieden hat, unter Berücksichtigung der vom SG und der Beklagten vorgenommenen Ermittlungen weder voll- noch teilweise erwerbsgemindert, weil sie noch in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf den sie verweisbar ist, unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Der Senat schließt sich den Ausführungen des SG vollumfänglich an und nimmt daher auf die Entscheidungsgründe des sorgfältig begründeten erstinstanzlichen Gerichtsbescheids Bezug; insoweit sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs 2 SGG ab.
Im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass der Neurologe und Psychiater T. in seiner Auskunft als sachverständiger Zeuge vom 20. Januar 2009 gegenüber dem SG ausdrücklich angegeben hat, dass die Klägerin auch nach seiner Ansicht noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen "drei - sechs Stunden" zu verrichten. Wer jedoch mindestens sechs Stunden täglich Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten kann, ist nach § 43 Abs 3 SGB VI nicht erwerbsgemindert. Soweit er in seiner Stellungnahme vom 16. November 2009 nunmehr davon ausgeht, dass das Leistungsvermögen der Klägerin nur noch "drei bis unter sechs Stunden" beträgt, ändert dies an dem Gesamtergebnis nichts. Zum einen hat Herr T. diese Leistungseinschätzung nicht näher begründet und zum anderen überzeugt sie den Senat nicht. Denn weder Dr. S. noch Dr. H. haben eine wesentliche Beeinträchtigung im privaten und beruflichen Bereich feststellen können. So hat die Klägerin regelmäßigen Kontakt mit ihren Kindern, Freunden und Bekannten und fährt auch einmal jährlich in ihre frühere Heimat. Des Weiteren verrichtet sie nicht nur ihre eigenen Hausarbeiten, sondern ist auch als Haushaltshilfe zweimal pro Woche auf 400 EUR-Basis bei einer anderen Familie beschäftigt. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. H ... Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin diese Tätigkeit - etwa aufgrund der von ihr geltend gemachten Verschlechterung des Gesundheitszustandes - hat aufgeben müssen, liegen nicht vor. Entsprechendes wird von der Klägerin auch nicht vorgetragen. Die Analyse der Alltagsaktivitäten, die Dr. H. vorgenommen hat, spricht deshalb auch zur Überzeugung des Senats gegen eine zeitliche Limitierung des Leistungsvermögens. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl Urteile vom 20. Juli 2010 - L 11 R 5140/09; 24. August 2010 - L 11 R 715/10) wird der Schweregrad somatoformer Schmerzstörungen aus den daraus resultierenden Defiziten im Hinblick auf die Tagesstrukturierung, das allgemeine Interessenspektrum und die soziale Interaktionsfähigkeit abgeleitet und gemessen.
Weitere medizinische Ermittlungen von Amts wegen sind mangels Aufklärungsbedarfs nicht erforderlich. Die Gutachten von Dr. S. und Dr. H. haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 Zivilprozessordnung). Anhaltspunkte für einen weiteren Aufklärungsbedarf liegen auch im Hinblick auf die pauschale Behauptung der Klägerin, ihr Gesundheitszustand habe sich verschlechtert, nicht vor. Zum einen führt die pauschale Behauptung einer Gesundheitsverschlechterung nicht dazu, dass der Senat dazu veranlasst wäre, ins Blaue hinein zu ermitteln (vgl hierzu zuletzt BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 - B 13 R 58/09 R, veröffentlicht in juris, RdNr 47 mwN; Urteil vom 6. Mai 2010 - B 4 AS 3/09 R, veröffentlicht in juris, RdNr 23; Beschluss vom 5. Februar 2009 - B 13 RS 85/08 B, veröffentlicht in juris, RdNr 18 mwN). Zum anderen lassen sich der Stellungnahme des Herrn T. vom 16. November 2009 keine Befunde entnehmen, die für eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin sprechen. Bereits in seiner Auskunft als sachverständiger Zeuge vom 20. Januar 2009 hat er darauf hingewiesen, dass die Klägerin an einer leichten bis mittelgradigen depressiven Erkrankung infolge einer "langgehenden" Anpassungsstörung leidet. Soweit er nunmehr wegen der "längergehenden" psychischen Symptomatik von einer mittelschweren depressiven Episode ausgeht, wiederholt er mithin (in konkretisierender Weise) seine bisherige Einschätzung. Im Hinblick auf die bereits geschilderten Alltagsaktivitäten der Klägerin hält der Senat jedoch die Einschätzung des Dr. H., wonach lediglich eine leichte depressive Episode vorliegt, für überzeugender. Schließlich hat Herr T. in seiner Stellungnahme vom 16. November 2009 auch keine Bewusstseins-, Orientierungs-, Aufmerksamkeits- oder Gedächtnisstörungen angegeben.
Soweit die Klägerin an einer Psoriasis vulgaris leidet, geht der Senat mit Dr. S. davon aus, dass diese nach entsprechender Behandlung derzeit weitgehend abgeklungen ist, zumal auch der behandelnde Hausarzt Dr. T. in seiner Auskunft als sachverständiger Zeuge vom 24. November 2008 nichts Gegenteiliges angegeben hat. Da es sich bei dieser Krankheit jedoch um eine chronische Hauterkrankung handelt, dürfte eine Tätigkeit als Küchenhilfe ausscheiden. Das SG hat jedoch bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass es sich bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Küchenhilfe um eine ungelernte Tätigkeit gehandelt hat, sodass die Klägerin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt breit verweisbar ist und eine Verweisungstätigkeit nicht benannt werden muss.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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