L 1 AS 3681/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AS 725/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 AS 3681/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 22. Juli 2010 sowie der Bescheid vom 3. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Januar 2010 werden teilweise abgeändert. Die Beklagte wird entsprechend ihrem Anerkenntnis verurteilt, die von der Klägerin nachzuweisenden Kosten für den Transport der bei einem Gebrauchtwarenkaufhaus in Mannheim gekauften Waren (Bescheid vom 03. November 2009), sowie mindestens 40,- EUR für eine Spüle mit Armatur und Unterschrank auf Nachweis zu bewilligen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Im Streit steht ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Erstausstattung der Wohnung der Klägerin.

Die 1955 geborene Klägerin bezog ab 1. Juni 2009 Arbeitslosengeld II (Alg II), zuvor war sie ab 15. September 2008 berufstätig. Vor Aufnahme dieser Tätigkeit stand die Klägerin bereits im Leistungsbezug bzw. war nach einer Zeit der Obdachlosigkeit längere Zeit nach dem Unterbringungsgesetz in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht. Sie hatte nach ihrer Entlassung aus der Psychiatrie eine teilmöblierte Ein-Zimmerwohnung angemietet und ist aus dieser Wohnung am 16. Mai 2009 an die derzeitige Anschrift ( ...) umgezogen. Die Klägerin stand unter Betreuung, die zum 6. Juli 2010 aufgehoben worden ist. Mit Bescheid vom 16. Dezember 2009 wurde der Klägerin ab 1. Juli 2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in Höhe von monatlich 430,67 EUR bewilligt, laufend ausbezahlt ab 1. Februar 2010. Mit Bescheid vom 12. Januar 2010 hob die Beklagte die Bewilligung von Alg II ab 1. Februar 2010 auf, da die Klägerin nicht mehr erwerbsfähig sei.

Durch ihren damaligen Betreuer beantragte die Klägerin am 30. Juli 2009 für die Erstausstattung ihrer Wohnung die Übernahme der Kosten für folgende Gegenstände: 1 Bett mit Matratze 1 Waschmaschine 1Kühlschrank Teppichboden 1 Küche 1 Kleiderschrank 1 Sofa 1 Wohnzimmerschrank 1 Wohnzimmertisch 1 Esstisch mit Stühlen Transportkosten.

Am 31. August 2009 wurde im Rahmen eines Hausbesuchs durch Mitarbeiter der Beklagten folgender Hausrat in der Wohnung der Klägerin festgestellt, der bis zum Antrag auf Kostenübernahme für die Erstausstattung bereits angeschafft bzw. schon vorhanden war:

Küche: 1 Kühl-/Gefrierkombination, 1 Waschmaschine, 1 Tisch, 2 Stühle, 1 Mikrowellenherd, 1 Kaffemaschine Schlaf- und Wohnzimmer: 1 Matratze (140x200 cm), 1 kleiner Tisch, 1 Glühbirne Abstellraum: Garderobenständer, 1 Schrank (defekt und nicht mehr nutzbar), Wäscheständer Bad: 1 Badewanne, 1 WC, 1 Waschbecken mit Unterschrank, 1 Spiegel.

Mit Schreiben vom 21. Oktober 2009 teilte die Beklagte dem Betreuer mit, dass dem Antrag auf Erstausstattung nicht stattgegeben werden könne, da die Klägerin bereits seit geraumer Zeit über eine Wohnung verfüge. Es bestehe nach den Feststellungen des Bedarfsermittlungsdienstes Bedarf für die Ersatzbeschaffung eines Bettgestells und eines Schranks. Bezüglich der Küchenausstattung werde um eine detaillierte Aufstellung der benötigten Gegenstände gebeten.

Am 27. Oktober 2009 teilte der Betreuer mit, dass die Klägerin vor dem Umzug lediglich in einer teilmöblierten Wohnung gewohnt habe, die sie nach ihrer Entlassung aus der psychiatrischen Behandlung von einem Mitpatienten übernommen hatte. Die Klägerin habe daher keine Erstausstattung gehabt und beantrage deshalb die Übernahme der Kosten für die Erstbeschaffung von Mobiliar.

Mit Bescheid vom 3. November 2009 bewilligte die Beklagte der Klägerin folgende Beträge für die Erstausstattung ihrer Wohnung:

Bett 66,- EUR Kleiderschrank 85,- EUR Wohn-/Schlafzimmerlampe 15,50 EUR Küchenschrank 62,50 EUR E-Herd 84,- EUR Spüle mit Unterschrank 17,50 EUR Küchenlampe 6,75 EUR.

Es handle sich hierbei um Richtpreise für gebrauchte Gegenstände. Nicht bewilligt wurden Esstisch und Stühle für die Küche, Waschmaschine, Kühlschrank, Teppichboden, Sofa, Wohnzimmerschrank und Wohnzimmertisch, da diese Sachen entweder vorhanden seien oder keinen Bedarf nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) darstellten. Dagegen legte die Klägerin durch ihren Betreuer Widerspruch ein und brachte zur Begründung vor, die bereits vorhandenen Sachen hätte sie wegen der späten Bewilligung des Alg II nur mittels Überziehung ihres Kontos anschaffen können. Darüber hinaus seien die bewilligten Beträge selbst zum Erwerb gebrauchter Gegenstände zu gering. Ein gebrauchtes Bett, Kleiderschrank und Küchenschränke, die sie bei "F." (Caritas) gesehen habe, seien schon aus hygienischen Gründen nicht zumutbar. Es fehlten darüber hinaus auch Transport- bzw. Installationskosten. Die Mittel, die sie zum Erwerb der vorhandenen Gegenstände eingesetzt habe, seien ihre Ersparnisse aus 8 Monaten Arbeit gewesen, die sie in ihrer Not eingesetzt habe. Sie möchte menschenwürdig leben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2010 änderte die Beklagte den Bescheid vom 3. November 2009 dahingehend ab, dass eine Pauschale für Transportkosten in Höhe von 40,- EUR gewährt wurde. Der darüber hinausgehende Widerspruch wurde zurückgewiesen. Die der Klägerin bewilligten Pauschalen seien ausreichend, um gebrauchte Einrichtungsgegenstände zu erwerben. Entsprechende Gegenstände seien in Höhe der bewilligten Pauschalen auch tatsächlich im "F." vorhanden. Soweit die Klägerin bereits Einrichtungsgegenstände besitze, seien die Kosten für deren Ankauf nicht von der Beklagten zu übernehmen. Daran ändere der Vortrag der Klägerin nichts, wonach sie die Gegenstände nur deshalb selbst angeschafft habe, weil sie von der Beklagten zu spät Geld erhalten habe. Man habe durch ihren Betreuer erst am 30. Juli 2009 von dem Bedarf erfahren, zu diesem Zeitpunkt seien jedoch bestimmte Gegenstände bereits angeschafft gewesen. Die Nichtbewilligung von Transportkosten sei jedoch fehlerhaft gewesen, da es sich bei der Klägerin um eine alleinstehende Frau handle, die zudem nicht über ein Kraftfahrzeug verfüge. Bei der Lieferung von einem Gebrauchtwarenhaus innerhalb der Innenstadt von Mannheim sei eine Pauschale von 40,- EUR zu bezahlen, so dass in dieser Höhe Transportkosten übernommen würden.

Dagegen hat die Klägerin am 25. Februar 2010 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben, zu deren Begründung sie das bisher Vorgebrachte wiederholt und vertieft hat. Insbesondere trägt die Klägerin vor, dass sie nicht irgendeine gebrauchte Küche kaufen könne, die nicht an den dafür vorgesehenen Platz passe. Das Umarbeiten einer gebrauchten Küche koste mehr als die Anschaffung einer Billigküche von ... Auch könne sie weder die gebrauchten Möbel auf einmal transportieren lassen, noch eine Küche, schon aus Haftungsgründen, selbst installieren. Sie wisse nicht, an wen sie sich diesbezüglich wenden könne, um dies so billig wie möglich durchführen zu lassen. Auch sei nicht berücksichtigt worden, dass sie mehrfach im Monat zu den Gebrauchtkaufhäusern mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren müsse, um sich entsprechende Gegenstände anzusehen bzw. auszusuchen. Im Übrigen könne es nicht zu ihrem Nachteil sein, wenn die Beklagte erst so spät Leistungen bewillige und sie sich vorher zum Überleben selbst um das Notwendigste kümmere. Sie streite jetzt schon so lange um maximal 2.000,- EUR, die sie für ein menschenwürdiges Dasein benötige.

Mit Bescheid vom 9. Februar 2010 hat die Beklagte der Klägerin eine Pauschale für Warentransport in Höhe von 40,- EUR bewilligt, den dagegen erhobenen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2010 zurückgewiesen.

Mit Gerichtsbescheid vom 22. Juli 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Nach der Bestandsaufnahme durch den Ermittlungsdienst der Beklagten habe diese die der Klägerin zustehenden Geldleistungen bewilligt. Da sich die Klägerin bereits einen Teil der benötigten Dinge selbst angeschafft habe, schließe dies einen Anspruch aus, auch auf Erstattung der dafür aufgewendeten Mittel, da Leistungen nach dem SGB II bedürftigkeitsabhängig seien. Eine Küchenzeile von ... sei vielleicht wünschenswert und zweckmäßig, übersteige aber das für eine geordnete Haushaltsführung Unverzichtbare. Teppichboden gehöre zum Herstellen der Bewohnbarkeit der Unterkunft und könne bereits deshalb nicht nach § 23 SGB II erstattet werden. Die der Klägerin bewilligten Pauschalen, orientiert an Beschlüssen des M. Gemeinderats, seien nicht zu beanstanden und ermöglichten einen Erwerb von Gebrauchtgegenständen in einem Secondhandkaufhaus.

Gegen den der Klägerin am 30. Juli 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat sie am gleichen Tag zur Niederschrift beim SG, die dem LSG am 5. August 2010 übermittelt worden ist, Berufung eingelegt, mit der sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 22. Juli 2010 aufzuheben sowie den Bescheid vom 3. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2010 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr die gesamten Kosten für die Erstausstattung ihrer Wohnung zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

und verweist zur Begründung auf die Ausführungen in den angefochtenen Entscheidungen.

Das Gericht hat am 11. und 22. Oktober 2010 telefonisch beim F. M. im Hinblick auf vorhandene Waren und dafür aufzuwendende Kosten ermittelt. Das Ergebnis ist den Beteiligten mitgeteilt worden.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 8. November 2010 hat die Vertreterin der Beklagten den geltend gemachten Anspruch insoweit anerkannt, als der Klägerin mindestens 40,- EUR, auf Nachweis auch ein höherer Betrag, für den Kauf einer gebrauchten Spüle mit Unterschrank und Armatur in einem Gebrauchtwarenkaufhaus zu gewähren sind und die nachzuweisenden Kosten für den Transport der dort gekauften Waren zu erbringen. Die Klägerin war zum Termin nicht erschienen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144 SGG zulässige und nach § 151 SGG auch im Übrigen statthafte Berufung der Klägerin ist, soweit die Beklagte die geltend gemachten Ansprüche nicht anerkannt hat, unbegründet. Der die Anspruchsvoraussetzungen für Leistungen nach dem SGB II (§ 7 ff SGB II) erfüllenden Klägerin stehen nur die von der Beklagten anerkannten, geringfügig höheren Kosten für die Erstausstattung ihrer Wohnung zu.

Insbesondere steht die mittlerweile festgestellte Erwerbsunfähigkeit der Klägerin dem geltend gemachten Anspruch nicht entgegen (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 2 SGB II i.V.m. § 8 SGB II). Denn gemäß § 44b Abs. 3 Satz 1 SGB II i.V.m. § 44a Abs. 1 Satz 1 SGB II war die Beklagte für den geltend gemachten Anspruch weiterhin zuständiger Leistungsträger, auch wenn der Klägerin mit Wirkung ab 1. Juli 2009 und damit vor dem Zeitpunkt, zu dem Antrag nach § 23 SGB II auf Erstausstattung der Wohnung gestellt worden ist, Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer bewilligt worden ist und damit feststeht, dass sie nicht mehr erwerbsfähig im Sinne des § 8 SGB II ist. Zweifel an der Erwerbsfähigkeit der Klägerin bestanden bei der Beklagten offenbar nicht; die Leistungen wurden der Klägerin ab 1. Juni 2008 ohne Einschränkungen bewilligt.

Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II sind Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten nicht von der Regelleistung umfasst. Sie werden gesondert erbracht. Die Leistungen nach Satz 1 Nr. 1 können als Sachleistung oder Geldleistung, auch in Form von Pauschalbeträgen, erbracht werden. Bei der Bemessung der Pauschalbeträge sind geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen (§ 23 Abs. 3 Sätze 2, 5 und 6 SGB II).

Die Erstausstattung nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II umfasst nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSGE 102, 194-201) lediglich die Ausstattung und nicht die Herrichtung der Wohnung. Leistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II sind für die Ausstattung mit wohnraumbezogenen Gegenständen zu erbringen, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichen, wozu allerdings ein Teppichbodenbelag nicht zählt. Ein Teppichboden dient ebenso wie ein Küchenbodenbelag dem Herstellen der Bewohnbarkeit der Unterkunft. Diese Kosten sind damit originär den Kosten der Unterkunft zuzurechnen.

Allerdings besteht im Rahmen des § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II grundsätzlich nur ein Anspruch auf Leistungen für die Anschaffung gebrauchter Gegenstände, da der Kauf gebrauchter Haushaltsgegenstände einem üblichen, sparsamen Verhalten entspricht (vgl. etwa Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 03.04.2008, L 19 AS 1116/06; Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.02.2007, L 2 B 261/06 AS ER, beide zitiert nach Juris.). Etwas anderes gilt allerdings, wenn der Verweis auf einen gebrauchten Gegenstand wegen dessen Eigenart unzumutbar ist (so bei einer Matratze, vgl. Münder, in: LPK-SGB II § 23 Rnr. 29).

Hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten Einrichtungsgegenstände (Küchenzeile bzw. Küchenschrank und Herd, Kleiderschrank, Bett, Esstisch und Stühle) bestehen indes keine Zweifel an der Zumutbarkeit der Anschaffung gebrauchter Sachen.

Der Senat ist auch der Überzeugung, dass die Klägerin die von ihr als Erstausstattung benötigten Gegenstände zu den im Bescheid vom 3. November 2009 bewilligten Sätzen in einem Gebrauchtkaufhaus erstehen kann. Dies haben die den Beteiligten bekannten Recherchen des Gerichts beim "Fairkaufhaus" Mannheim ergeben.

Der Klägerin ist sicherlich zuzugeben, dass dort - anders als in einem Kaufhaus, in dem Neuwaren angeboten werden - kein immer gleichbleibendes Sortiment an Waren angeboten wird, auf das jederzeit zugegriffen werden kann. Doch umfasst das Angebot des Gebrauchtkaufhauses regelmäßig auch die von der Klägerin noch benötigten Gegenstände. Ggf. muss sie dort mehrfach nachfragen und sich umschauen, notfalls auch Abstriche an Gestaltung oder Passgenauigkeit machen. Allerdings kann ihr Grundbedarf an Einrichtungsgegenständen dort abgedeckt werden. Darüber hinaus steht es der Klägerin auch frei, sich auf anderem Weg gebrauchte oder neue Einrichtungsgegenstände mit dem ihr zur Verfügung gestellten Betrag zu erwerben, z.B. über Kleinanzeigen in - kostenlosen - Zeitungen. Ein vorübergehendes Zuwarten, bis die benötigten Sachen gebraucht oder anderweitig erstanden werden können, ist der Klägerin zumutbar (vgl. auch Münder a.a.O. § 23 Rn. 31). Denn auch eine Person, die über geringe eigene Einkünfte verfügt, also nicht auf Sozialleistungen angewiesen ist, dürfte kaum in der Lage sein, sich zeitgleich mit dem Bezug einer neuen Wohnung eine neuwertige Wohnungsvollausstattung anzuschaffen.

Soweit die Klägerin geltend macht, das Gebrauchtkaufhaus habe keine passgenaue Küchenzeile, die in ihre Wohnung passe, mag dies zutreffen. Darauf ist allerdings auch der Anspruch der Klägerin nicht gerichtet. Denn eine passgenaue Küchenzeile zählt nicht zu dem, was eine geordnete Lebensführung voraussetzt. Es genügen letztlich eine Spüle, ein Schrank zur Unterbringung von Küchenutensilien und Vorräten sowie ein Herd zur Zubereitung von Speisen. Ob diese Einrichtungsgegenstände passgenau in eine vorhandene bauliche Situation einzufügen sind oder ob dazwischen Lücken bleiben, mag unter ästhetischen Gesichtspunkten zu diskutieren sein, nicht aber unter der Frage der Sicherstellung geordneter Lebensführung. Im Übrigen kann auch im Versandhandel sehr günstig eine neue Küchenzeile (ohne Elektrogeräte) gekauft werden zu Preisen, die ebenfalls deutlich unter der von der Klägerin gewünschten Küchenzeile (ohne Elektrogeräte) von ... (725,98 EUR) liegen. Auch unter diesem Gesichtspunkt hat der Senat keine Bedenken an den von der Beklagten zugrunde gelegten Richtpreisen für gebrauchte Möbel.

Eine Ausnahme gilt allerdings im Hinblick auf den Küchenunterschrank samt Spüle, für den die Beklagte 17,50 EUR als angemessenen Preis zugrunde gelegt hat. Dem hat die Beklagte durch ihr Anerkenntnis Rechnung getragen, in dem der Klägerin auf Nachweis mindestens 40,- EUR für den Erwerb eines gebrauchten Unterschranks mit Spüle und Armatur erstattet werden und, falls zu diesem Preis keine entsprechenden Unterschränke vorrätig sein sollten, auch ein Mehrbetrag, so dass nicht weiter aufzuklären war, ob der Regelpreis 40,- EUR beträgt, wie der Beklagten vom F ... mitgeteilt worden ist, oder 69,- EUR, wie vom F ... gegenüber dem Gericht ausgeführt worden ist.

Soweit die Klägerin geltend macht, dass ihr beim Kauf in einem Gebrauchtkaufhaus Transportkosten mehrfach entstehen können, weil sie die gekauften Möbel dort nicht lagern könne (was im Übrigen, da vorliegend von existenziell notwendiger Erstausstattung gesprochen wird, auch unter diesem Gesichtspunkt wenig sinnvoll erscheinen würde), hatte die Klägerin mit ihrer Berufung ebenfalls Erfolg. Die Beklagte kann sich nicht darauf zurückziehen, der Klägerin die Kosten für einen einmaligen Transport zu erstatten. Vielmehr wird die Beklagte, bis die Klägerin die zur Erstausstattung benötigten Gegenstände erworben hat, die jeweils anfallenden Transportkosten auf Nachweis zu erstatten haben, was von der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung am 8. November 2010 ebenfalls anerkannt worden ist.

Keinen Kostenerstattungsanspruch hat die Klägerin gegen die Beklagte, soweit sie sich einen Kühlschrank, eine Waschmaschine und eine Matratze bereits gekauft hatte, bevor sie bei der Beklagten die Kostenübernahme beantragte. Leistungen nach dem SGB II, also auch Leistungen für die Erstausstattung der Wohnung nach § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II, sind bedürftigkeitsabhängig (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 9 Abs. 1 SGB II). Hilfebedürftig ist insoweit nicht, wer aus eigenem Einkommen oder Vermögen die zur Existenzsicherung benötigten Ausgaben, also auch Anschaffungen, tätigen kann. Wie die Klägerin selbst vorträgt, hatte sie sich während ihrer vorherigen Berufstätigkeit Geld angespart und davon Einrichtungsgegenstände für die neue Wohnung gekauft. Im Zeitpunkt der Antragstellung bei der Beklagten waren deshalb zur Erstausstattung der Wohnung benötigte Gegenstände jedenfalls teilweise bereits vorhanden und aus eigenen Mitteln angeschafft, so dass der Bedarf der Klägerin insoweit aus eigenem Einkommen bzw. Vermögen gedeckt war und deshalb ein Leistungsanspruch gegen die Beklagte nicht bestanden hat. Lässt ein zeitliches Verschieben einer Anschaffung, wenn zum Zeitpunkt der Entstehung eines solchen Anspruchs bedarfsdeckende Mittel vorhanden waren, den Anspruch auf Erstausstattung entfallen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 3. April 2008 - L 19 AS 1116/06), gilt dies erst recht, wenn im Zeitpunkt der Antragstellung die Anschaffungen aus den Ansparungen bereits getätigt worden sind.

Soweit die Klägerin auch die Übernahme von Kosten für Esstisch und Stühle geltend macht, würde es sich bei der Anschaffung neuer oder gebrauchter Möbel um eine Ersatzbeschaffung handeln, da die Klägerin bereits im Besitz eines Tisches und zweier Stühle ist. Für eine eventuelle Ersatzbeschaffung hat die Klägerin aus dem Regelsatz (§ 20 SGB II) oder der ihr gewährten Rente bzw. den Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölften Buch (SGB XII) Ansparungen vorzunehmen. Denn nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II erfassen die Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Bedarfe des täglichen Lebens sowie im vertretbaren Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben. Entsprechend der Idee einer "bedarfsdeckenden Pauschalierung" soll die Eigenständigkeit und Eigenverantwortung des Leistungsempfängers bei der Bewirtschaftung der ihm zufließenden Mittel gestärkt werden. Nach der Neukonzeption der Regelleistungen umfassen diese im Grundsatz pauschal den gesamten Bedarf für den notwendigen Lebensunterhalt, d.h. über den bisherigen Umfang hinaus werden auch (erhöhte) Ausgaben für Haushaltsgeräte, Kleidung etc. als durch die Regelleistung abgegolten angesehen (vgl. Lang in Eicher/Spellbrink: SGB II, 2. Auflage 2008, § 20 RdNr. 21 ff). Dabei ist der Begriff des Hausrats im Sinne des § 20 SGB II weit auszulegen; er umfasst insbesondere die Ersatzbeschaffung bei sämtlichen Möbelstücken, aber auch die gesamte notwendige Ausstattung des Haushalts mit sonstigen Einrichtungsgegenständen. Dem Leistungsberechtigten obliegt es, selbstverantwortlich einen Teil der monatlich gewährten Regelleistung anzusparen, um bei einem bestehenden Bedarf auch größere Anschaffungen tätigen zu können (so auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14. Februar 2007 - L 2 B 261/06 AS ER, zitiert nach Juris).

Auch wenn die Klägerin vorträgt, Tisch und Stühle seien baufällig und nur als Übergangslösung gedacht gewesen, ist damit ihr Grundanspruch auf Ausstattung mit einem Tisch und Stühlen gedeckt. Dass sich die Klägerin lieber bessere Möbel anschaffen möchte, kann zwar nachvollzogen werden; diese Neuanschaffungen hat die Klägerin jedoch aus der monatlichen Rente bzw. den Leistungen des Sozialhilfeträgers nach dem SGB XII anzusparen.

Der Klägerin stehen daher nur im Umfang des von der Beklagten abgegebenen Anerkenntnisses höhere Leistungen zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Angesichts des nur geringfügigen Obsiegens der Klägerin war eine Kostenteilung trotz des von der Beklagten abgegebenen Teilanerkenntnisses nicht angezeigt.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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