Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 4218/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 239/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18. November 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Umstritten ist die Feststellung von Unfallfolgen und die Gewährung von Heilbehandlung in Form der Übernahme der Kosten einer vom 10. Oktober bis 22. Januar 2008 durchgeführten hyperbaren Sauerstoff-Therapie (HBO-Therapie), zuzüglich der Kosten der Voruntersuchung vom 8. Oktober 2007, in Höhe von insgesamt 3.256,19 EUR.
Der 1968 geborene Kläger erlitt am 8. Juni 2007 bei seiner Tätigkeit als Hausmeister einen bei der Beklagten versicherten Arbeitsunfall, als er beim Absteigen von einem Aufsitzrasenmäher, den er in einen Unterstand gefahren hatte, mit dem Kopf gegen einen Balken an der Decke stieß. Der Kläger, dessen Arbeitszeit zu diesem Zeitpunkt auch endete, nahm am Folgetag seine Arbeit wieder auf.
Nach dem Unfall suchte der Kläger die inzwischen verstorbene Allgemeinmedizinerin Dr. W. auf, die am 25. April 2008 bescheinigte, er habe am 8. Juni 2007 eine Kopfplatzwunde frontal, begleitet von einer ausgeprägten Cephalgie erlitten und nach dem Unfall habe ein extrem ausgeprägter Tinnitus, der sich trotz medikamentöser Therapie nicht gebessert habe, bestanden. Einen H-Arzt-Bericht oder eine Unfallanzeige fertigte Dr. W., die die Kopfplatzwunde nähte, nicht. Der Neurologe Dr. W. berichtete am 26. Juli 2007, der Kläger habe bei der Untersuchung am 24. Juli 2007 angegeben, nach dem Unfall hätten sehr starke, immer noch anhaltende Kopfschmerzen bestanden. Bewusstlos sei er nicht gewesen und ein Kernspintomogramm des Schädels vom 20. Juni 2007 sei unauffällig gewesen. Ansonsten fand Dr. W. bei dem bewusstseinsklaren und allseits orientierten Kläger diskrete Dysästhesien im Narbenbereich der Stirn sowie Myogelosen im Nackenbereich. Das EEG zeigte einen normalen Alpharhythmus und keine herdförmige Störung sowie keine Allgemeinveränderung. Der Neurologe diagnostizierte einen Zustand nach Schädelprellung und verordnete Ibuprofen sowie Tetrazepam. Am 27. Juli 2007 suchte der Kläger den HNO-Arzt Dr. Schmitt-Fiebig auf, bei dem er gemäß dessen Bericht vom 30. Juli 2007 angab, seit dem Unfall unter einem beidseitigen Tinnitus zu leiden. Dr. Schmitt-Fiebig stellte die Diagenose "Tinnitus nach Schädel-Hirn-Trauma" und leitete eine Decortin-Therapie ein. Am 24. April 2008 bescheinigte Dr. Schmitt-Fiebig, der Kläger habe am 27. Juli 2007 einen Tinnitus beklagt. Das Audiogramm habe eine Normakusis beidseits ergeben. Auf Grund der Annahme eines traumatischen Tinnitusgeschehens sei eine ambulante Infusionstherapie eingeleitet worden. Nach Angaben des Klägers sei nach einer HBO-Therapie das Tinnitusempfinden jetzt praktisch nicht mehr vorhanden. Dr. V., den der Kläger am 13. August 2007 aufsuchte, fand gemäß seinem HAB unter dem frontalen Haaransatz eine reizlos abgeheilte Kopfplatzwunde und stellte bei dem Kläger, der angebe, wegen eines Tinnitus bei Dr. Schmitt-Fiebig und wegen Kopfschmerzen bei Dr. W. in Behandlung zu sein, die Diagnose Zustand nach Kopfplatzwunde. Der HNO-Arzt Dr. S. berichtete am 21. August 2007 in Vertretung des HNO-Arztes K., seit einem leichten Schädeltrauma bestehe ein beidseitiger Tinnitus bei regelrechtem Hörvermögen und nach Angaben des Klägers sei durch die Infusionsbehandlungen und Kortison eine Besserung eingetreten. Das Hörvermögen sei normal. Er empfehle eine orale medikamentöse Weiterbehandlung, eventuell auch einen Versuch mit einer HBO-Therapie falls die Krankenkasse die Behandlung übernehme.
Bei der Beklagten, die von dem Unfall durch die am 28. Juni 2007 eingegangene Unfallanzeige Kenntnis erlangt hatte, ging am 15. Oktober 2007 ein Bericht und ein Antrag auf Kostenübernahme einer HBO-Therapie des Facharztes für Anästhesie, Allgemeinmedizin, Psychosomatik, Tauch- und Überdruckmedizin von Reumont ein, der über eine Voruntersuchung vom 8. Oktober 2007 berichtete und als Diagnose einen Innenohrperzeptionsstörung mit Tinnitus beidseits bei Zustand nach Kopfplatzwunde vom 8. Juni 2007 angab. Die bisherige zehnmalige Infusionstherapie mit Kortisonzusatz sowie orale Rheologika habe keine ausreichende Besserung der Symptomatik erbracht und eine Indikation für die Durchführung einer HBO-Therapie sei gegeben. Man bitte deshalb um möglichst baldige Prüfung des Antrags auf Kostenübernahme. Beigefügt war ein Kostenvoranschlag.
Der von der Beklagten im Rahmen der Heilverfahrenskontrolle zugezogene HNO-Arzt Dr. Z. gelangte nach Aktenlage und einer Untersuchung am 16. November 2007 zum Ergebnis, es sei widersprüchlich, dass nach einem Kopftrauma ohne Bewusstlosigkeit mit Kopfplatzwunde im Stirnbereich ein 6-wöchiger persistierender Kopfschmerz bestanden habe. Tatsächlich habe ein Kernspintomogramm keinen Hinweis auf eine cerebrale Schädigung und keinen Hinweis für eine Blutung gezeigt. Nachdem der Kopfschmerz abgeklungen sei, sei dann beim Kläger das Ohrgeräusch in den Vordergrund getreten und werde wechselnd, je nach Stimmungslage, auch unterschiedlich laut wahrgenommen. Ein Tinnitus nach Schädelhirntrauma sei nicht hinreichend wahrscheinlich. Ein frontaler Kopfstoß könne zwar zu einer akuten Labyrinthstörung führen. Diese zeige bei erheblicher Schädigung in aller Regel als sofort vorhandene Symptome akute Schwindelbeschwerden, Drehschwindelbeschwerden, eine sofort im vollen Umfang vorhandene Hörstörung und gegebenenfalls ein akutes Ohrgeräusch. Nach den Untersuchungsbefunden sei eine schwere Labyrinthstörung nicht wahrscheinlich. Eine solche würde sich im Hochtonbereich zeigen und das Ohrgeräusch müsste in diesem Frequenzbereich angesiedelt sein. Wie von Dr. Schmitt-Fiebig jedoch festgestellt, habe ein Ohrgeräusch im niederfrequenten Bereich vorgelegen. Dass das Ohrgeräusch erst nach Abklingen des Kopfschmerzes als störend wahrgenommen worden sei, belege, dass es mehr ein Problem der Wahrnehmung sei, als eine durch einen Organschaden hervorgerufene Hörstörung. Wäre es, wie jetzt angegeben, alleine unfallbedingt, wäre eine sofortige Ausprägung im vollem Umfang zu erwarten gewesen. Diese Befundkonstellation spreche gegen einen manifesten Organschaden infolge der Kopfplatzwunde. Differenzialdiagnostisch sei eine Somatisierung nach erlittener Kopfplatzwunde zu diskutieren. HNO-medizinisch seien ein fassbarer Organschaden nicht feststellbar und eine Labyrinthstörung nicht wahrscheinlich. Aus diesem Grund sei auch die Indikation einer HBO-Therapie anzuzweifeln.
Nach Eingang der Rechnung des Druckkammerzentrums Heidelberg vom 6. Februar 2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Innenohrrezeptionsstörung mit Tinnitus sei nicht auf das Ereignis vom 8. Juni 2007 zurückzuführen. Die Rechnung könne nicht übernommen werden. Gemäß dem Telefonvermerk vom 5. März 2008 äußerte die Mutter des Klägers, sie habe die mit der Beklagten geführten Telefonate, bezüglich deren Inhalt auf die in den Verwaltungsakten enthaltenen Telefonvermerke verwiesen wird, so verstanden, dass die Rechnung ganz sicher übernommen werde. Der Tinnitus sei ausschließlich auf Grund des Unfallereignisses entstanden.
Mit Bescheid vom 5. März 2008 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für die HBO-Therapie ab. Ein Zusammenhang zwischen dem Tinnitus und dem Unfallereignis bestehe nach dem Ergebnis der Ermittlungen nicht. Es sei auch keine Kostenzusage erfolgt.
Der Kläger erhob am 31. März 2008 Widerspruch, mit dem er geltend machte, der Tinnitus sei unfallbedingt. Er legte ein Attest des HNO-Arztes Dr. L. vor, der ausführte, der Tinnitus sei, als Symptom initial in den Hintergrund getreten. Der Kläger habe erstmals im zeitlichen Zusammenhang mit einer stumpfen Traumatisierung des Kopfes einen bilateralen Tinnitus beklagt, der nach Abklingen der Kopfschmerzen Leitsymptom geworden sei. Der Nachweis einer Normakusis sei kein hinreichender Beweis zum Ausschluß eines relevanten Traumas. Stumpfe Schädeltraumen könnten zu einer auditorischen Dysfunktion führen, deren Ursache wahrscheinlich in einer Verletzung von Axonen der zentralen Hörbahn liege. Der protrahierte Kopfschmerz wie auch der Tinnitus könnten durch Mechanismen ausgelöst werden, für die sich bildgebend kein morphologisches Korrelat finden lasse. Der Unfall könne damit durchaus geeignet sein, einen Tinnitus ohne morphologisches Korrelat im NMR oder längerfristige Veränderungen im Tonaudiogramm auszulösen. Eine HBO-Therapie sei ein sinnvoller Therapieversuch nach erfolglosen vorangegangenen anderen Therapien.
In einer weiteren Stellungnahme vom 4. August 2008 hielt Dr. Z. mit näherer Begründung an seiner Beurteilung fest. Eine manifeste Hörverminderung sei beim Kläger nicht oder nicht mehr festzustellen. Damit habe eine Verletzung des Labyrinths nicht vorgelegen, zumal manifeste fassbare ohrbedingte Schwindelbeschwerden nicht festgestellt worden seien. Auch die weiteren Befunde sprächen gegen einen unfallbedingten Tinnitus. Wie auch Dr. L. einräume, habe es sich um einen leichten Fall gehandelt, nachdem eine Hörmessung einen Normalbefund gezeigt habe. Ob durch den Unfall eine manifeste Innenohrstörung vorgelegen habe, sei spekulativ und klinisch nicht festzustellen. Soweit Dr. L. ausführe, ein stumpfes Schädeltrauma könne zu auditorischen Dysfunktionen führen, deren Ursache wahrscheinlich in einer Verletzung der Axonen der zentralen Hörbahn liege, zitiere er eine Studie mit 31 Patienten, in der 9 Patienten unter einem Tinnitus ohne begleitende Hörverminderung gelitten hätten. Deren Aussagekraft sei bei der Zahl der Patienten nicht relevant und könne eine Verletzung von Axonen in der zentralen Hörbahn nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit belegen. Dr. L. selbst führe aus, der verlängerte Kopfschmerz und der Tinnitus könne durch Mechanismen ausgelöst werden, für die sich bildgebend kein morphologisches Korrelat finde. Damit lasse sich eine hinreichende Wahrscheinlichkeit jedoch nicht begründen. Nachdem ein fassbarer Organschaden nicht oder nicht mehr darstellbar sei und eine Cortikoid- und Infusionstherapie erfolgt sei, habe dann auch keine medizinischen Indikation für eine HBO-Therapie bestanden. Auch sei ein Therapiebeginn 11 Wochen nach einer Traumatisierung mittels einer HBO-Therapie zweifelhaft und deren Wirksamkeit sei auch nicht belegt.
Hierauf wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. November 2008 zurück. Der Unfall habe lediglich zu einer Schädelprellung mit Kopfplatzwunde geführt.
Deswegen hat der Kläger am 22. Dezember 2008 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und die Feststellung eines Tinnitus als Unfallfolge sowie die Übernahme der Behandlungskosten begehrt und ärztliche Äußerungen vorgelegt.
Das SG hat ein Sachverständigengutachten des HNO-Arztes Dr. S ... vom 7. Juli 2009 eingeholt. Er hat die Diagnosen Schädeltrauma, Distorsion der HWS und Tinnitus beidseits gestellt. Bezüglich des Tinnitus sei auch eine psychosomatische Teilkomponente denkbar. Auslösend für den Tinnitus erscheine mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das Trauma der HWS. Der Unfallhergang sei geeignet gewesen, ein Distorsionstrauma der HWS hervorzurufen. Bei deren Schädigung müsse nicht automatisch auch eine intrakranielle Schädigung vorliegen. Nach Literaturveröffentlichungen müsse grundsätzlich bei jedem Patienten mit einer Verletzung im Kopf-Hals-Bereich an die Möglichkeit einer Mitverletzung der HWS gedacht werden. Diese wiederum könne über Schädigungen des sympathischen Nervengeflechts, eventuell auch durch eine direkt über die Gefäße ausgelöste Durchblutungsstörung zu einem Tinnitus führen. Bei einer Schädigung der HWS müsse nicht automatisch auch eine intrakranielle Schädigung vorliegen, weswegen deren fehlender Nachweis nicht automatisch auch Nachweis für das Nicht-Vorliegen einer Schädigung der HWS sei. Dass bei den Erstuntersuchungen der Möglichkeit einer Traumatisierung der HWS nicht weiter nachgegangen worden sei, dürfe dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen. Ein, wenn auch nur schwacher Beleg für das Vorliegen einer HWS-Verletzung ergebe sich aus dem neurologischen Befundbericht des Dr. W., der Myogelosen im Nackenbereich beschreibe. Die HBO-Therapie sei zum Zeitpunkt ihrer Erbringung nicht mehr indiziert gewesen, da ihr der Wirksamkeitsnachweis fehle. Im Übrigen gehe er von einer traumtischen Genese des Tinnitus im Bereich der HWS aus, bei der die pathophysiologischen Mechanismen, die zur Entstehung des Ohrgeräusches führten, nicht eindeutig erklärt seien.
Die Beklagte hat gegen das Gutachten von Dr. S ... eingewandt, in den ganzen Unterlagen fänden sich keinerlei Hinweise auf eine HWS-Distorsion. Die Ansicht von Dr. S ..., die auf die HWS einwirkende Energie sei geeignet gewesen, eine Distorsionsverletzung der HWS zu begründen, sei spekulativ. Eine unfallbedingte Distorsion der HWS sei nicht eingetreten, weswegen der beim Kläger diagnostizierte Tinnitus nicht Unfallfolge sei.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 18. November 2009 abgewiesen. Das Ohrgeräusch des Klägers sei nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückzuführen. Dies ergebe sich überzeugend aus denen im Wege des Urkundenbeweises zu verwertenden Feststellungen des Dr. Z., insbesondere weil bei einer traumabedingten Labyrinthstörung in aller Regel mit einer Hörstörung und Ohrgeräuschen im Hochfrequenzbereich und nicht, wie beim Kläger im Niederfrequenzbereich zu rechnen wäre. Auch die von Dr. L. zitierte Studie sei nicht geeignet, einen Ursachenzusammenhang wahrscheinlich zu machen. In Folge dessen seien die Ausführungen von Dr. Z. überzeugend. Den Ausführungen von Dr. S. sei gleichfalls nicht zu folgen. Zwar könne eine Distorsion der HWS grundsätzlich als Ursache eines Tinnitus in Betracht kommen, doch fehle es, nachdem lediglich in einem neurologischen Befundbericht Myogleosen im Nackenbereich beschrieben seien, am Nachweis eines Erstschadens im Sinne einer Traumatisierung der HWS, die zu Gunsten des Klägers entgegen Dr. S ... auch nicht unterstellt werden könne. Da der Tinnitus nicht unfallbedingt sei, sei er nicht als Unfallfolge festzustellen und die Beklagte auch nicht zur Übernahme der Kosten der HBO-Therapie verpflichtet. Hinsichtlich derer fehle es im Übrigen auch nach übereinstimmender Auffassung der Drs. Z. und S ... am Nachweis ihrer Wirksamkeit und an ihrer medizinischen Indikation im Falle des Klägers. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das schriftliche Urteil verwiesen.
Gegen das am 2. Dezember 2009 zugestellt Urteil hat der Kläger am 30. Dezember 2009 Berufung eingelegt. Der Tinnitus sei Unfallfolge und die Beklagte sei verpflichtet, die Kosten der HBO-Therapie zu übernehmen. Durch das Anstoßen des Kopfes an dem Balken sei es zu einer Schädigung der HWS gekommen, was sich aus dem Bericht von Dr. W. und dem Gutachten von Dr. S ... ergebe.
Der Kläger beantragt sinngemäß.
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18. November 2009 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 5. März 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. November 2008 abzuändern, einen Tinnitus beidseits als Folge des Unfalles vom 8. Juli 2007 festzustellen, sowie die Beklagten zu verurteilen, die Kosten der durchgeführten HBO-Therapie in Höhe von 3.256,19 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss ohne Mitwirkung der ehrenamtlicher Richter hingewiesen. Die Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, hierzu Stellung zu nehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung des Klägers nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Der vom Kläger geltend gemachte Tinnitus ist nicht als Unfallfolge festzustellen und der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten der HBO-Therapie durch die Beklagte.
Soweit der Kläger die Feststellung eines Tinnitus als Unfallfolge beantragt, ist sein Begehren als Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 55 Abs 1 Nr 3 SGG zulässig. Danach kann mit der Klage die Feststellung begehrt werden, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Dieses Rechtsschutzinteresse liegt beim Kläger vor, denn neben möglichen aus der Feststellung ableitbaren Leistungsansprüchen besteht auch wegen etwaiger Folgeschäden ein berechtigtes Interesse an einer Feststellung von vorliegenden Unfallfolgen (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Januar 1989, L 7 U 1249/87 in Breithaupt 1989, 554).
Versicherungsfälle im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung sind nach § 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2,3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Gemessen daran hat der Kläger einen versicherten Arbeitsunfall erlitten, der als solcher auch von der Beklagten anerkannt ist. Streitig ist indes, welche Folgen der Unfall beim Kläger hinterlassen hat.
Voraussetzung für die Anerkennung bzw. Feststellung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls und auch ihrer Berücksichtigung bei der Gewährung von Leistungen, insbesondere auch Heilbehandlung, ist u. a. ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und einem Gesundheitserstschaden (haftungsbegründende Kausalität) und dem Gesundheitserstschaden und der fortdauernden Gesundheitsstörung (sog. haftungsausfüllende Kausalität). Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen - neben der versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis - der Gesundheitserstschaden und die eingetretenen fortdauernden Gesundheitsstörungen gehören, mit einem der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen sein. Für die Bejahung eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen Einwirkung und dem Gesundheitserstschaden sowie dem Gesundheitserstschaden und fortdauernden Gesundheitsstörungen gilt im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung die Kausalitätstheorie der "wesentlichen Bedingung". Diese hat zur Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob das Ereignis nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden, bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden. Bei mehreren konkurrierenden Ursachen muss die rechtlich wesentliche Bedingung nicht "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig" sein. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Kommt einer der Ursachen gegenüber den anderen eine überragende Bedeutung zu, ist sie allein wesentliche Ursache und damit allein Ursache im Rechtssinn (vgl. hierzu das grundlegende Urteil des BSG vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 17= BSGE 96, 196-209).
Die hier vorzunehmende Kausalitätsbeurteilung hat im Übrigen auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Dies schließt die Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet war, eine bestimmte körperliche Störung hervorzurufen (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - aaO).
Der Unfallversicherungsträger hat gemäß § 1 Nr 2 i.V.m. § 26 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) nach Eintritt von Arbeitsunfällen die Gesundheit und Leistungsfähigkeit mit allen geeigneten Mitteln wiederherzustellen bzw. mit allen geeigneten Mitteln möglichst frühzeitig den durch den Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschaden zu beseitigen oder zu bessern, seine Verschlimmerung zu verhüten und seine Folgen zu mildern. Dabei haben Qualität und Wirksamkeit der Leistungen zur Heilbehandlung und Teilhabe dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen (§ 26 Abs 4 Satz 1 SGB VII). Sie sind nach § 26 Abs. 4 Satz 2 SGB VII als Sach- und Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen und daher als "Naturalleistung" zu gewähren. Eine Kostenerstattung für selbst beschaffte Leistungen zur Heilbehandlung findet allein unter den Voraussetzungen des § 13 Abs 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) statt; diese Vorschrift ist in der gesetzlichen Unfallversicherung entsprechend anwendbar, da hier eine Regelungslücke hinsichtlich der Kostenerstattung besteht, die diese Vorschrift sachgerecht ausfüllt (BSG Urteil vom 20.März 2007 - B 2 U 38/05 R - in Juris).
Die ärztliche Behandlung umfasst die Tätigkeit der Ärzte, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und erforderlich ist (§ 28 Abs. 2 SGB VII). Gemäß § 26 Abs. 5 Satz 1 SGB VII bestimmen die Unfallversicherungsträger im Einzelfall Art, Umfang und Durchführung der Heilbehandlung und der Leistungen zur Teilhabe, sowie die Einrichtungen, die diese Leistungen erbringen, nach pflichtgemäßem Ermessen.
Richtschnur für das in § 26 Abs. 5 Satz 1 SGB VII eingeräumte Auswahlermessen ist die gesetzliche Vorgabe der §§ 1 Nr. 2, 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII, "mit allen geeigneten Mitteln" vorzugehen, wobei dieser Begriff der vollen richterlichen Nachprüfung unterliegt (vgl. hierzu Keller, Sgb 2000, 459, 461 mwN). Gemäß § 26 Abs. 4 Satz 1 SGB VII sind aber nicht ausreichend erprobte Heilmethoden nicht anzuwenden, wenn im Einzelfall allgemein anerkannte und erfolgversprechende Methoden zur Verfügung stehen. Wenn sachgerechte Therapiemaßnahmen der Schulmedizin nicht vorhanden sind, kann es geboten sein, eine neue, noch nicht allgemein anerkannte Methode anzuwenden. Aber auch dann ist wegen des gesetzlichen Gebots des § 26 Abs. 4 Satz 1 SGB VII, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen zu Heilbehandlung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben, zu fordern, dass die Wirksamkeit der Methode nicht nur möglich ist, sondern dass, ausgehend von naturwissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten, vieles für die Wirksamkeit spricht (Keller aaO S. 464).
Ausgehend hiervon hat die Beklagte zu Recht entschieden, dass der Tinnitus nicht Folge des Unfalles vom 8. Juni 2007 ist, und dessen Behandlung in Form einer HBO-Therapie bzw. die Übernahme von deren Kosten rechtsfehlerfrei abgelehnt.
Die vorstehenden Voraussetzungen für die Feststellung des Tinnitus des Klägers als Unfallfolge liegen nicht vor, da er nicht unfallbedingt ist. Nach den für den Senat schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Dr. Z., die im Wege des Urkundenbeweises verwertbar waren, ist der Tinnitus des Klägers nicht mit Wahrscheinlichkeit Folge des Unfallereignisses. Dagegen spricht - wie Dr. Z. schlüssig ausgeführt hat - dass kernspintomographisch eine cerebrale Schädigung oder eine Blutung nicht nachgewiesen ist. Auch fehlt es am Nachweis einer akuten Labyrinthstörung, die bei erheblicher Schädigung in aller Regel als sofort vorhandenes Symptom akute Schwindelbeschwerden, Drehschwindelbeschwerden, eine Hörminderung und ein sofort vorhandenes gegebenenfalls akutes Ohrgeräusch und Störungen im Hochtonbereich zeigt. Beim Kläger indes wurde von Dr. Schmitt-Fiebig ein Ohrgeräusch im niederfrequenten Bereich festgestellt. Das Ohrgeräusch müsste - so Dr. Z. - in Verbindung mit dem Unfall und nicht erst Stunden, Tage oder Wochen nach dem Ereignis aufgetreten sein. Es müsste reproduzierbar und audiometrisch über der Hörschwelle im Bereich der Hörverminderung verdeckbar sein und es müsste eine Residualinhibitation vorweisen. Das Ohrgeräusch darf auch nicht nur in Zeiten extremer Stille empfunden werden und muss von natürlich physiologischen Ohrgeräuschen abgrenzbar sein, was sich aus der Aktenlage nicht ergibt. Es muss fortdauernd wahrgenommen werden und nicht nur bei besonderen Anlässen. Schwankende und intermittierende Ohrgeräusche lassen die Plausibilität und die Wahrscheinlichkeit eines Unfallzusammenhangs sinken. Eine Organstörung ist durch keine Messung dokumentiert bzw. nachweisbar. Ein organisch fassbarer Hörschaden ist somit nicht nachgewiesen.
Soweit hiervon abweichend Dr. L. einen Kausalzusammenhang des Tinnitus mit dem Anstoß des Kopfes infolge einer möglichen Verletzung der Axonen der zentralen Hörbahn für wahrscheinlich erachtet und sich hierzu u. a. auf eine Studie mit Untersuchung von 31 Patienten, von denen 9 Patienten unter einem Tinnitus ohne begleitende Hörverminderung litten, beruft, ist diese, wie auch Dr. Z. dargelegt hat, nicht hinreichend aussagekräftig, um im Fall des Klägers einen Kausalzusammenhang zu belegen. Ein solcher Zusammenhang ist hier allenfalls möglich, was für die Feststellung als Unfallfolge nicht ausreicht, nicht jedoch wahrscheinlich. Im Übrigen hat auch der HNO-Arzt Dr. S ... die Annahme des Dr. L., es sei wahrscheinlich zu einer Verletzung der Axonen der zentralen Hörbahn gekommen mit der Folge eines Tinnitus, nicht geteilt.
Soweit der HNO-Arzt Dr. S ... einen Ursachenzusammenhang des Tinnitus mit dem Unfallereignis damit begründet, dass der Kläger bei dem Unfall eine Distorsion der HWS erlitten habe, fehlt es bereits am Nachweis eines Erstschadens, nämlich der HWS-Distorsion. Eine solche kann zwar grundsätzlich einen Tinnitus verursachen, doch ist sie hier nicht nachgewiesen. Soweit Dr. S ... darüber hinweggeht und meint, es dürfe nicht zum Nachteil des Klägers gereichen, dass entsprechende Untersuchungen nicht erfolgt sind, führt dies nicht dazu, dass eine - nicht nachgewiesene - HWS-Distorsion zu Gunsten des Klägers unterstellt werden kann. Die von Dr. W. beschriebenen Myogelosen, aus denen dieser im Übrigen keine HWS-Distorsion abgeleitet hat, sind kein ausreichender Beleg für eine wesentliche Verletzung der HWS, insbesondere eine HWS-Distorsion. Auch insofern trägt der Kläger als Anspruchssteller die objektive Beweislast.
Damit liegen die Voraussetzungen für die Feststellung eines Tinnitus als Unfallfolge nicht vor.
Der Kläger hat im Übrigen auch keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten der HBO-Therapie. Ungeachtet dessen, dass es aus den o. g. Gründen bereits an einem unfallbedingten Tinnitus fehlt, liegen auch nach übereinstimmender Auffassung von Dr. S ... und Dr. Z. die Voraussetzungen für eine Übernahme der Kosten der HBO-Therapie nicht vor, weil deren Geeignetheit als Therapie nicht nachgewiesen ist und sie im Zeitpunkt ihrer Erbringung auch jedenfalls nicht indiziert war. Der hiervon abweichenden gegenteiligen Auffassung von Dr. L. vermag der Senat auch aus diesen Gründen nicht zu folgen.
Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Umstritten ist die Feststellung von Unfallfolgen und die Gewährung von Heilbehandlung in Form der Übernahme der Kosten einer vom 10. Oktober bis 22. Januar 2008 durchgeführten hyperbaren Sauerstoff-Therapie (HBO-Therapie), zuzüglich der Kosten der Voruntersuchung vom 8. Oktober 2007, in Höhe von insgesamt 3.256,19 EUR.
Der 1968 geborene Kläger erlitt am 8. Juni 2007 bei seiner Tätigkeit als Hausmeister einen bei der Beklagten versicherten Arbeitsunfall, als er beim Absteigen von einem Aufsitzrasenmäher, den er in einen Unterstand gefahren hatte, mit dem Kopf gegen einen Balken an der Decke stieß. Der Kläger, dessen Arbeitszeit zu diesem Zeitpunkt auch endete, nahm am Folgetag seine Arbeit wieder auf.
Nach dem Unfall suchte der Kläger die inzwischen verstorbene Allgemeinmedizinerin Dr. W. auf, die am 25. April 2008 bescheinigte, er habe am 8. Juni 2007 eine Kopfplatzwunde frontal, begleitet von einer ausgeprägten Cephalgie erlitten und nach dem Unfall habe ein extrem ausgeprägter Tinnitus, der sich trotz medikamentöser Therapie nicht gebessert habe, bestanden. Einen H-Arzt-Bericht oder eine Unfallanzeige fertigte Dr. W., die die Kopfplatzwunde nähte, nicht. Der Neurologe Dr. W. berichtete am 26. Juli 2007, der Kläger habe bei der Untersuchung am 24. Juli 2007 angegeben, nach dem Unfall hätten sehr starke, immer noch anhaltende Kopfschmerzen bestanden. Bewusstlos sei er nicht gewesen und ein Kernspintomogramm des Schädels vom 20. Juni 2007 sei unauffällig gewesen. Ansonsten fand Dr. W. bei dem bewusstseinsklaren und allseits orientierten Kläger diskrete Dysästhesien im Narbenbereich der Stirn sowie Myogelosen im Nackenbereich. Das EEG zeigte einen normalen Alpharhythmus und keine herdförmige Störung sowie keine Allgemeinveränderung. Der Neurologe diagnostizierte einen Zustand nach Schädelprellung und verordnete Ibuprofen sowie Tetrazepam. Am 27. Juli 2007 suchte der Kläger den HNO-Arzt Dr. Schmitt-Fiebig auf, bei dem er gemäß dessen Bericht vom 30. Juli 2007 angab, seit dem Unfall unter einem beidseitigen Tinnitus zu leiden. Dr. Schmitt-Fiebig stellte die Diagenose "Tinnitus nach Schädel-Hirn-Trauma" und leitete eine Decortin-Therapie ein. Am 24. April 2008 bescheinigte Dr. Schmitt-Fiebig, der Kläger habe am 27. Juli 2007 einen Tinnitus beklagt. Das Audiogramm habe eine Normakusis beidseits ergeben. Auf Grund der Annahme eines traumatischen Tinnitusgeschehens sei eine ambulante Infusionstherapie eingeleitet worden. Nach Angaben des Klägers sei nach einer HBO-Therapie das Tinnitusempfinden jetzt praktisch nicht mehr vorhanden. Dr. V., den der Kläger am 13. August 2007 aufsuchte, fand gemäß seinem HAB unter dem frontalen Haaransatz eine reizlos abgeheilte Kopfplatzwunde und stellte bei dem Kläger, der angebe, wegen eines Tinnitus bei Dr. Schmitt-Fiebig und wegen Kopfschmerzen bei Dr. W. in Behandlung zu sein, die Diagnose Zustand nach Kopfplatzwunde. Der HNO-Arzt Dr. S. berichtete am 21. August 2007 in Vertretung des HNO-Arztes K., seit einem leichten Schädeltrauma bestehe ein beidseitiger Tinnitus bei regelrechtem Hörvermögen und nach Angaben des Klägers sei durch die Infusionsbehandlungen und Kortison eine Besserung eingetreten. Das Hörvermögen sei normal. Er empfehle eine orale medikamentöse Weiterbehandlung, eventuell auch einen Versuch mit einer HBO-Therapie falls die Krankenkasse die Behandlung übernehme.
Bei der Beklagten, die von dem Unfall durch die am 28. Juni 2007 eingegangene Unfallanzeige Kenntnis erlangt hatte, ging am 15. Oktober 2007 ein Bericht und ein Antrag auf Kostenübernahme einer HBO-Therapie des Facharztes für Anästhesie, Allgemeinmedizin, Psychosomatik, Tauch- und Überdruckmedizin von Reumont ein, der über eine Voruntersuchung vom 8. Oktober 2007 berichtete und als Diagnose einen Innenohrperzeptionsstörung mit Tinnitus beidseits bei Zustand nach Kopfplatzwunde vom 8. Juni 2007 angab. Die bisherige zehnmalige Infusionstherapie mit Kortisonzusatz sowie orale Rheologika habe keine ausreichende Besserung der Symptomatik erbracht und eine Indikation für die Durchführung einer HBO-Therapie sei gegeben. Man bitte deshalb um möglichst baldige Prüfung des Antrags auf Kostenübernahme. Beigefügt war ein Kostenvoranschlag.
Der von der Beklagten im Rahmen der Heilverfahrenskontrolle zugezogene HNO-Arzt Dr. Z. gelangte nach Aktenlage und einer Untersuchung am 16. November 2007 zum Ergebnis, es sei widersprüchlich, dass nach einem Kopftrauma ohne Bewusstlosigkeit mit Kopfplatzwunde im Stirnbereich ein 6-wöchiger persistierender Kopfschmerz bestanden habe. Tatsächlich habe ein Kernspintomogramm keinen Hinweis auf eine cerebrale Schädigung und keinen Hinweis für eine Blutung gezeigt. Nachdem der Kopfschmerz abgeklungen sei, sei dann beim Kläger das Ohrgeräusch in den Vordergrund getreten und werde wechselnd, je nach Stimmungslage, auch unterschiedlich laut wahrgenommen. Ein Tinnitus nach Schädelhirntrauma sei nicht hinreichend wahrscheinlich. Ein frontaler Kopfstoß könne zwar zu einer akuten Labyrinthstörung führen. Diese zeige bei erheblicher Schädigung in aller Regel als sofort vorhandene Symptome akute Schwindelbeschwerden, Drehschwindelbeschwerden, eine sofort im vollen Umfang vorhandene Hörstörung und gegebenenfalls ein akutes Ohrgeräusch. Nach den Untersuchungsbefunden sei eine schwere Labyrinthstörung nicht wahrscheinlich. Eine solche würde sich im Hochtonbereich zeigen und das Ohrgeräusch müsste in diesem Frequenzbereich angesiedelt sein. Wie von Dr. Schmitt-Fiebig jedoch festgestellt, habe ein Ohrgeräusch im niederfrequenten Bereich vorgelegen. Dass das Ohrgeräusch erst nach Abklingen des Kopfschmerzes als störend wahrgenommen worden sei, belege, dass es mehr ein Problem der Wahrnehmung sei, als eine durch einen Organschaden hervorgerufene Hörstörung. Wäre es, wie jetzt angegeben, alleine unfallbedingt, wäre eine sofortige Ausprägung im vollem Umfang zu erwarten gewesen. Diese Befundkonstellation spreche gegen einen manifesten Organschaden infolge der Kopfplatzwunde. Differenzialdiagnostisch sei eine Somatisierung nach erlittener Kopfplatzwunde zu diskutieren. HNO-medizinisch seien ein fassbarer Organschaden nicht feststellbar und eine Labyrinthstörung nicht wahrscheinlich. Aus diesem Grund sei auch die Indikation einer HBO-Therapie anzuzweifeln.
Nach Eingang der Rechnung des Druckkammerzentrums Heidelberg vom 6. Februar 2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Innenohrrezeptionsstörung mit Tinnitus sei nicht auf das Ereignis vom 8. Juni 2007 zurückzuführen. Die Rechnung könne nicht übernommen werden. Gemäß dem Telefonvermerk vom 5. März 2008 äußerte die Mutter des Klägers, sie habe die mit der Beklagten geführten Telefonate, bezüglich deren Inhalt auf die in den Verwaltungsakten enthaltenen Telefonvermerke verwiesen wird, so verstanden, dass die Rechnung ganz sicher übernommen werde. Der Tinnitus sei ausschließlich auf Grund des Unfallereignisses entstanden.
Mit Bescheid vom 5. März 2008 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für die HBO-Therapie ab. Ein Zusammenhang zwischen dem Tinnitus und dem Unfallereignis bestehe nach dem Ergebnis der Ermittlungen nicht. Es sei auch keine Kostenzusage erfolgt.
Der Kläger erhob am 31. März 2008 Widerspruch, mit dem er geltend machte, der Tinnitus sei unfallbedingt. Er legte ein Attest des HNO-Arztes Dr. L. vor, der ausführte, der Tinnitus sei, als Symptom initial in den Hintergrund getreten. Der Kläger habe erstmals im zeitlichen Zusammenhang mit einer stumpfen Traumatisierung des Kopfes einen bilateralen Tinnitus beklagt, der nach Abklingen der Kopfschmerzen Leitsymptom geworden sei. Der Nachweis einer Normakusis sei kein hinreichender Beweis zum Ausschluß eines relevanten Traumas. Stumpfe Schädeltraumen könnten zu einer auditorischen Dysfunktion führen, deren Ursache wahrscheinlich in einer Verletzung von Axonen der zentralen Hörbahn liege. Der protrahierte Kopfschmerz wie auch der Tinnitus könnten durch Mechanismen ausgelöst werden, für die sich bildgebend kein morphologisches Korrelat finden lasse. Der Unfall könne damit durchaus geeignet sein, einen Tinnitus ohne morphologisches Korrelat im NMR oder längerfristige Veränderungen im Tonaudiogramm auszulösen. Eine HBO-Therapie sei ein sinnvoller Therapieversuch nach erfolglosen vorangegangenen anderen Therapien.
In einer weiteren Stellungnahme vom 4. August 2008 hielt Dr. Z. mit näherer Begründung an seiner Beurteilung fest. Eine manifeste Hörverminderung sei beim Kläger nicht oder nicht mehr festzustellen. Damit habe eine Verletzung des Labyrinths nicht vorgelegen, zumal manifeste fassbare ohrbedingte Schwindelbeschwerden nicht festgestellt worden seien. Auch die weiteren Befunde sprächen gegen einen unfallbedingten Tinnitus. Wie auch Dr. L. einräume, habe es sich um einen leichten Fall gehandelt, nachdem eine Hörmessung einen Normalbefund gezeigt habe. Ob durch den Unfall eine manifeste Innenohrstörung vorgelegen habe, sei spekulativ und klinisch nicht festzustellen. Soweit Dr. L. ausführe, ein stumpfes Schädeltrauma könne zu auditorischen Dysfunktionen führen, deren Ursache wahrscheinlich in einer Verletzung der Axonen der zentralen Hörbahn liege, zitiere er eine Studie mit 31 Patienten, in der 9 Patienten unter einem Tinnitus ohne begleitende Hörverminderung gelitten hätten. Deren Aussagekraft sei bei der Zahl der Patienten nicht relevant und könne eine Verletzung von Axonen in der zentralen Hörbahn nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit belegen. Dr. L. selbst führe aus, der verlängerte Kopfschmerz und der Tinnitus könne durch Mechanismen ausgelöst werden, für die sich bildgebend kein morphologisches Korrelat finde. Damit lasse sich eine hinreichende Wahrscheinlichkeit jedoch nicht begründen. Nachdem ein fassbarer Organschaden nicht oder nicht mehr darstellbar sei und eine Cortikoid- und Infusionstherapie erfolgt sei, habe dann auch keine medizinischen Indikation für eine HBO-Therapie bestanden. Auch sei ein Therapiebeginn 11 Wochen nach einer Traumatisierung mittels einer HBO-Therapie zweifelhaft und deren Wirksamkeit sei auch nicht belegt.
Hierauf wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. November 2008 zurück. Der Unfall habe lediglich zu einer Schädelprellung mit Kopfplatzwunde geführt.
Deswegen hat der Kläger am 22. Dezember 2008 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und die Feststellung eines Tinnitus als Unfallfolge sowie die Übernahme der Behandlungskosten begehrt und ärztliche Äußerungen vorgelegt.
Das SG hat ein Sachverständigengutachten des HNO-Arztes Dr. S ... vom 7. Juli 2009 eingeholt. Er hat die Diagnosen Schädeltrauma, Distorsion der HWS und Tinnitus beidseits gestellt. Bezüglich des Tinnitus sei auch eine psychosomatische Teilkomponente denkbar. Auslösend für den Tinnitus erscheine mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das Trauma der HWS. Der Unfallhergang sei geeignet gewesen, ein Distorsionstrauma der HWS hervorzurufen. Bei deren Schädigung müsse nicht automatisch auch eine intrakranielle Schädigung vorliegen. Nach Literaturveröffentlichungen müsse grundsätzlich bei jedem Patienten mit einer Verletzung im Kopf-Hals-Bereich an die Möglichkeit einer Mitverletzung der HWS gedacht werden. Diese wiederum könne über Schädigungen des sympathischen Nervengeflechts, eventuell auch durch eine direkt über die Gefäße ausgelöste Durchblutungsstörung zu einem Tinnitus führen. Bei einer Schädigung der HWS müsse nicht automatisch auch eine intrakranielle Schädigung vorliegen, weswegen deren fehlender Nachweis nicht automatisch auch Nachweis für das Nicht-Vorliegen einer Schädigung der HWS sei. Dass bei den Erstuntersuchungen der Möglichkeit einer Traumatisierung der HWS nicht weiter nachgegangen worden sei, dürfe dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen. Ein, wenn auch nur schwacher Beleg für das Vorliegen einer HWS-Verletzung ergebe sich aus dem neurologischen Befundbericht des Dr. W., der Myogelosen im Nackenbereich beschreibe. Die HBO-Therapie sei zum Zeitpunkt ihrer Erbringung nicht mehr indiziert gewesen, da ihr der Wirksamkeitsnachweis fehle. Im Übrigen gehe er von einer traumtischen Genese des Tinnitus im Bereich der HWS aus, bei der die pathophysiologischen Mechanismen, die zur Entstehung des Ohrgeräusches führten, nicht eindeutig erklärt seien.
Die Beklagte hat gegen das Gutachten von Dr. S ... eingewandt, in den ganzen Unterlagen fänden sich keinerlei Hinweise auf eine HWS-Distorsion. Die Ansicht von Dr. S ..., die auf die HWS einwirkende Energie sei geeignet gewesen, eine Distorsionsverletzung der HWS zu begründen, sei spekulativ. Eine unfallbedingte Distorsion der HWS sei nicht eingetreten, weswegen der beim Kläger diagnostizierte Tinnitus nicht Unfallfolge sei.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 18. November 2009 abgewiesen. Das Ohrgeräusch des Klägers sei nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückzuführen. Dies ergebe sich überzeugend aus denen im Wege des Urkundenbeweises zu verwertenden Feststellungen des Dr. Z., insbesondere weil bei einer traumabedingten Labyrinthstörung in aller Regel mit einer Hörstörung und Ohrgeräuschen im Hochfrequenzbereich und nicht, wie beim Kläger im Niederfrequenzbereich zu rechnen wäre. Auch die von Dr. L. zitierte Studie sei nicht geeignet, einen Ursachenzusammenhang wahrscheinlich zu machen. In Folge dessen seien die Ausführungen von Dr. Z. überzeugend. Den Ausführungen von Dr. S. sei gleichfalls nicht zu folgen. Zwar könne eine Distorsion der HWS grundsätzlich als Ursache eines Tinnitus in Betracht kommen, doch fehle es, nachdem lediglich in einem neurologischen Befundbericht Myogleosen im Nackenbereich beschrieben seien, am Nachweis eines Erstschadens im Sinne einer Traumatisierung der HWS, die zu Gunsten des Klägers entgegen Dr. S ... auch nicht unterstellt werden könne. Da der Tinnitus nicht unfallbedingt sei, sei er nicht als Unfallfolge festzustellen und die Beklagte auch nicht zur Übernahme der Kosten der HBO-Therapie verpflichtet. Hinsichtlich derer fehle es im Übrigen auch nach übereinstimmender Auffassung der Drs. Z. und S ... am Nachweis ihrer Wirksamkeit und an ihrer medizinischen Indikation im Falle des Klägers. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das schriftliche Urteil verwiesen.
Gegen das am 2. Dezember 2009 zugestellt Urteil hat der Kläger am 30. Dezember 2009 Berufung eingelegt. Der Tinnitus sei Unfallfolge und die Beklagte sei verpflichtet, die Kosten der HBO-Therapie zu übernehmen. Durch das Anstoßen des Kopfes an dem Balken sei es zu einer Schädigung der HWS gekommen, was sich aus dem Bericht von Dr. W. und dem Gutachten von Dr. S ... ergebe.
Der Kläger beantragt sinngemäß.
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18. November 2009 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 5. März 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. November 2008 abzuändern, einen Tinnitus beidseits als Folge des Unfalles vom 8. Juli 2007 festzustellen, sowie die Beklagten zu verurteilen, die Kosten der durchgeführten HBO-Therapie in Höhe von 3.256,19 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss ohne Mitwirkung der ehrenamtlicher Richter hingewiesen. Die Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, hierzu Stellung zu nehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung des Klägers nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Der vom Kläger geltend gemachte Tinnitus ist nicht als Unfallfolge festzustellen und der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten der HBO-Therapie durch die Beklagte.
Soweit der Kläger die Feststellung eines Tinnitus als Unfallfolge beantragt, ist sein Begehren als Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 55 Abs 1 Nr 3 SGG zulässig. Danach kann mit der Klage die Feststellung begehrt werden, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Dieses Rechtsschutzinteresse liegt beim Kläger vor, denn neben möglichen aus der Feststellung ableitbaren Leistungsansprüchen besteht auch wegen etwaiger Folgeschäden ein berechtigtes Interesse an einer Feststellung von vorliegenden Unfallfolgen (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Januar 1989, L 7 U 1249/87 in Breithaupt 1989, 554).
Versicherungsfälle im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung sind nach § 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2,3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Gemessen daran hat der Kläger einen versicherten Arbeitsunfall erlitten, der als solcher auch von der Beklagten anerkannt ist. Streitig ist indes, welche Folgen der Unfall beim Kläger hinterlassen hat.
Voraussetzung für die Anerkennung bzw. Feststellung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls und auch ihrer Berücksichtigung bei der Gewährung von Leistungen, insbesondere auch Heilbehandlung, ist u. a. ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und einem Gesundheitserstschaden (haftungsbegründende Kausalität) und dem Gesundheitserstschaden und der fortdauernden Gesundheitsstörung (sog. haftungsausfüllende Kausalität). Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen - neben der versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis - der Gesundheitserstschaden und die eingetretenen fortdauernden Gesundheitsstörungen gehören, mit einem der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen sein. Für die Bejahung eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen Einwirkung und dem Gesundheitserstschaden sowie dem Gesundheitserstschaden und fortdauernden Gesundheitsstörungen gilt im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung die Kausalitätstheorie der "wesentlichen Bedingung". Diese hat zur Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob das Ereignis nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden, bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden. Bei mehreren konkurrierenden Ursachen muss die rechtlich wesentliche Bedingung nicht "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig" sein. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Kommt einer der Ursachen gegenüber den anderen eine überragende Bedeutung zu, ist sie allein wesentliche Ursache und damit allein Ursache im Rechtssinn (vgl. hierzu das grundlegende Urteil des BSG vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 17= BSGE 96, 196-209).
Die hier vorzunehmende Kausalitätsbeurteilung hat im Übrigen auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Dies schließt die Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet war, eine bestimmte körperliche Störung hervorzurufen (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - aaO).
Der Unfallversicherungsträger hat gemäß § 1 Nr 2 i.V.m. § 26 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) nach Eintritt von Arbeitsunfällen die Gesundheit und Leistungsfähigkeit mit allen geeigneten Mitteln wiederherzustellen bzw. mit allen geeigneten Mitteln möglichst frühzeitig den durch den Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschaden zu beseitigen oder zu bessern, seine Verschlimmerung zu verhüten und seine Folgen zu mildern. Dabei haben Qualität und Wirksamkeit der Leistungen zur Heilbehandlung und Teilhabe dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen (§ 26 Abs 4 Satz 1 SGB VII). Sie sind nach § 26 Abs. 4 Satz 2 SGB VII als Sach- und Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen und daher als "Naturalleistung" zu gewähren. Eine Kostenerstattung für selbst beschaffte Leistungen zur Heilbehandlung findet allein unter den Voraussetzungen des § 13 Abs 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) statt; diese Vorschrift ist in der gesetzlichen Unfallversicherung entsprechend anwendbar, da hier eine Regelungslücke hinsichtlich der Kostenerstattung besteht, die diese Vorschrift sachgerecht ausfüllt (BSG Urteil vom 20.März 2007 - B 2 U 38/05 R - in Juris).
Die ärztliche Behandlung umfasst die Tätigkeit der Ärzte, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und erforderlich ist (§ 28 Abs. 2 SGB VII). Gemäß § 26 Abs. 5 Satz 1 SGB VII bestimmen die Unfallversicherungsträger im Einzelfall Art, Umfang und Durchführung der Heilbehandlung und der Leistungen zur Teilhabe, sowie die Einrichtungen, die diese Leistungen erbringen, nach pflichtgemäßem Ermessen.
Richtschnur für das in § 26 Abs. 5 Satz 1 SGB VII eingeräumte Auswahlermessen ist die gesetzliche Vorgabe der §§ 1 Nr. 2, 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII, "mit allen geeigneten Mitteln" vorzugehen, wobei dieser Begriff der vollen richterlichen Nachprüfung unterliegt (vgl. hierzu Keller, Sgb 2000, 459, 461 mwN). Gemäß § 26 Abs. 4 Satz 1 SGB VII sind aber nicht ausreichend erprobte Heilmethoden nicht anzuwenden, wenn im Einzelfall allgemein anerkannte und erfolgversprechende Methoden zur Verfügung stehen. Wenn sachgerechte Therapiemaßnahmen der Schulmedizin nicht vorhanden sind, kann es geboten sein, eine neue, noch nicht allgemein anerkannte Methode anzuwenden. Aber auch dann ist wegen des gesetzlichen Gebots des § 26 Abs. 4 Satz 1 SGB VII, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen zu Heilbehandlung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben, zu fordern, dass die Wirksamkeit der Methode nicht nur möglich ist, sondern dass, ausgehend von naturwissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten, vieles für die Wirksamkeit spricht (Keller aaO S. 464).
Ausgehend hiervon hat die Beklagte zu Recht entschieden, dass der Tinnitus nicht Folge des Unfalles vom 8. Juni 2007 ist, und dessen Behandlung in Form einer HBO-Therapie bzw. die Übernahme von deren Kosten rechtsfehlerfrei abgelehnt.
Die vorstehenden Voraussetzungen für die Feststellung des Tinnitus des Klägers als Unfallfolge liegen nicht vor, da er nicht unfallbedingt ist. Nach den für den Senat schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Dr. Z., die im Wege des Urkundenbeweises verwertbar waren, ist der Tinnitus des Klägers nicht mit Wahrscheinlichkeit Folge des Unfallereignisses. Dagegen spricht - wie Dr. Z. schlüssig ausgeführt hat - dass kernspintomographisch eine cerebrale Schädigung oder eine Blutung nicht nachgewiesen ist. Auch fehlt es am Nachweis einer akuten Labyrinthstörung, die bei erheblicher Schädigung in aller Regel als sofort vorhandenes Symptom akute Schwindelbeschwerden, Drehschwindelbeschwerden, eine Hörminderung und ein sofort vorhandenes gegebenenfalls akutes Ohrgeräusch und Störungen im Hochtonbereich zeigt. Beim Kläger indes wurde von Dr. Schmitt-Fiebig ein Ohrgeräusch im niederfrequenten Bereich festgestellt. Das Ohrgeräusch müsste - so Dr. Z. - in Verbindung mit dem Unfall und nicht erst Stunden, Tage oder Wochen nach dem Ereignis aufgetreten sein. Es müsste reproduzierbar und audiometrisch über der Hörschwelle im Bereich der Hörverminderung verdeckbar sein und es müsste eine Residualinhibitation vorweisen. Das Ohrgeräusch darf auch nicht nur in Zeiten extremer Stille empfunden werden und muss von natürlich physiologischen Ohrgeräuschen abgrenzbar sein, was sich aus der Aktenlage nicht ergibt. Es muss fortdauernd wahrgenommen werden und nicht nur bei besonderen Anlässen. Schwankende und intermittierende Ohrgeräusche lassen die Plausibilität und die Wahrscheinlichkeit eines Unfallzusammenhangs sinken. Eine Organstörung ist durch keine Messung dokumentiert bzw. nachweisbar. Ein organisch fassbarer Hörschaden ist somit nicht nachgewiesen.
Soweit hiervon abweichend Dr. L. einen Kausalzusammenhang des Tinnitus mit dem Anstoß des Kopfes infolge einer möglichen Verletzung der Axonen der zentralen Hörbahn für wahrscheinlich erachtet und sich hierzu u. a. auf eine Studie mit Untersuchung von 31 Patienten, von denen 9 Patienten unter einem Tinnitus ohne begleitende Hörverminderung litten, beruft, ist diese, wie auch Dr. Z. dargelegt hat, nicht hinreichend aussagekräftig, um im Fall des Klägers einen Kausalzusammenhang zu belegen. Ein solcher Zusammenhang ist hier allenfalls möglich, was für die Feststellung als Unfallfolge nicht ausreicht, nicht jedoch wahrscheinlich. Im Übrigen hat auch der HNO-Arzt Dr. S ... die Annahme des Dr. L., es sei wahrscheinlich zu einer Verletzung der Axonen der zentralen Hörbahn gekommen mit der Folge eines Tinnitus, nicht geteilt.
Soweit der HNO-Arzt Dr. S ... einen Ursachenzusammenhang des Tinnitus mit dem Unfallereignis damit begründet, dass der Kläger bei dem Unfall eine Distorsion der HWS erlitten habe, fehlt es bereits am Nachweis eines Erstschadens, nämlich der HWS-Distorsion. Eine solche kann zwar grundsätzlich einen Tinnitus verursachen, doch ist sie hier nicht nachgewiesen. Soweit Dr. S ... darüber hinweggeht und meint, es dürfe nicht zum Nachteil des Klägers gereichen, dass entsprechende Untersuchungen nicht erfolgt sind, führt dies nicht dazu, dass eine - nicht nachgewiesene - HWS-Distorsion zu Gunsten des Klägers unterstellt werden kann. Die von Dr. W. beschriebenen Myogelosen, aus denen dieser im Übrigen keine HWS-Distorsion abgeleitet hat, sind kein ausreichender Beleg für eine wesentliche Verletzung der HWS, insbesondere eine HWS-Distorsion. Auch insofern trägt der Kläger als Anspruchssteller die objektive Beweislast.
Damit liegen die Voraussetzungen für die Feststellung eines Tinnitus als Unfallfolge nicht vor.
Der Kläger hat im Übrigen auch keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten der HBO-Therapie. Ungeachtet dessen, dass es aus den o. g. Gründen bereits an einem unfallbedingten Tinnitus fehlt, liegen auch nach übereinstimmender Auffassung von Dr. S ... und Dr. Z. die Voraussetzungen für eine Übernahme der Kosten der HBO-Therapie nicht vor, weil deren Geeignetheit als Therapie nicht nachgewiesen ist und sie im Zeitpunkt ihrer Erbringung auch jedenfalls nicht indiziert war. Der hiervon abweichenden gegenteiligen Auffassung von Dr. L. vermag der Senat auch aus diesen Gründen nicht zu folgen.
Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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