L 5 KA 3093/10 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KA 776/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 3093/10 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Eine approbierte Psychologische Psychotherapeutin kann zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung beschränkt auf Psychotherapie für Kinder und Jugendliche zugelassen werden, wenn ein entsprechender Sonderbedarf für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen besteht und die Pschologische Psychotherapeutin die Anforderungen der §§ 5-7 Psychotherapievereinbarung für den entsprechenden Fachkundenachweis erfüllt.
Der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.6.2010 wird aufgehoben. Die sofortige Vollziehung des Beschlusses/Bescheids des Antragsgegners vom 5.8.2009 über die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung an die Antragstellerin zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung, beschränkt auf verhaltenstherapeutische Behandlungsleistungen für Kinder und Jugendliche am Vertragspsychotherapeutensitz N. (N.), wird angeordnet.

Die Beigeladene Nr. 1 trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen Nr. 2 bis 6.

Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 72.823 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der sofortigen Vollziehung ihrer Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als Psychologische Psychotherapeutin zur ausschließlichen Behandlung von Kindern und Jugendlichen (Vertragspsychotherapeutensitz N., N., Planungsbereich Landkreis E., im Folgenden nur: Planungsbereich).

Der 1971 geborenen Antragstellerin wurde nach erfolgreichem Abschluss des Psychologiestudiums der akademische Grad einer Diplom-Psychologin zuerkannt (Urkunde der Fakultät für Informations- und Kognitionswissenschaften der Universität T. vom 5.11.2002). Das Regierungspräsidium St. erteilte ihr am 22.10.2007 die Approbation als Psychologische Psychotherapeutin. Sie verfügt über die Fachkunde im Richtlinien-Verfahren der Verhaltenstherapie für Erwachsene, Kinder und Jugendliche. Am 13.11.2007 wurde die Antragstellerin in das Arztregister der Beigeladenen Nr. 1 eingetragen.

Am 22.4.2008 beantragte die Antragstellerin beim Zulassungsausschuss für Ärzte für den Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, Regierungsbezirk St., (ZA) die Zulassung als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin im Richtlinienverfahren der Verhaltenstherapie mit einem vollen Versorgungsauftrag wegen qualitätsbezogenen Sonderbedarfs. Zur Begründung gab sie an, im Planungsbereich bestünden unverhältnismäßig lange Wartezeiten von sechs bis neun Monaten für Kinder und Jugendliche. In ihrer Privatpraxis gingen wöchentlich bis zu zehn Anfragen von Kassenpatienten für eine kinder- und jugendlichenpsychotherapeutische Behandlung ein; die Krankenkassen erteilten allerdings nur in seltenen Fällen eine Kostenzusage.

Im Planungsbereich sind für die Arztgruppe der Psychotherapeuten Zulassungsbeschränkungen angeordnet (vgl. Beschluss des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen Baden-Württemberg vom 25.6.2008, - Versorgungsgrad 143,8 % -, Beschlüsse vom 18.2.2009 bzw. 17.6.2009 - Versorgungsgrad 143,7 %; Verwaltungsakte S. 57,58, 247).

Der ZA führte eine Bedarfsprüfung durch; er befragte die Krankenkassenverbände und die im Planungsbereich niedergelassenen Psychotherapeuten. Der Beigeladene Nr. 6 (VD.) teilte unter dem 1.9.2008 mit, angesichts der Nähe zur Stadt St. sehe man keinen Sonderbedarf für die von der Antragstellerin angebotenen Behandlungsleistungen. Der Beigeladene Nr. 3 (B. Landesverband) befürwortete die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung; das Ausweichen auf Therapeuten (etwa) in St. sei nur schwer möglich, da auch dort lange Wartezeiten bestünden (Schreiben vom 6.10.2008). Die Ergebnisse der Befragung der niedergelassenen Psychotherapeuten sind in einer Übersicht – Verwaltungsakte S. 46 – zusammengefasst.

Mit Bescheid/Beschluss vom 15.10.2008 lehnte der ZA den Zulassungsantrag der Antragstellerin ab. Zur Begründung führte er aus, wegen entsprechender Zulassungsbeschränkungen im Planungsbereich komme nur eine Sonderbedarfszulassung gem. § 24 Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte (BedarfsPlRL) in Frage. Die dafür notwendigen Voraussetzungen seien aber nicht erfüllt. Im Planungsbereich seien insgesamt 16 Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und vier Psychologische Psychotherapeuten mit Approbation als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten zugelassen. Darüber hinaus verfügten sieben weitere Psychologische Psychotherapeuten über die Genehmigung zur Durchführung von Verhaltenstherapie bei Kindern und Jugendlichen. Die Befragung der Psychotherapeuten mit einer solchen Genehmigung habe ergeben, dass jedenfalls eine Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin noch Aufnahmekapazitäten habe und abgesehen von unflexiblen Zeitwünschen der Patienten keine Wartezeiten bestünden. Eine weitere psychotherapeutische Praxis habe Wartezeiten von ein bis vier Monaten angegeben und darauf hingewiesen, aus dem Raum N. lägen Anfragen nach Therapieplätzen nicht vor. Der Beigeladene Nr. 6 (VD.) sehe, anders als der Beigeladene Nr. 3 (B.-Landesverband), wegen der Nähe zur Stadt St. derzeit keinen Sonderbedarf für die von der Antragstellerin angebotenen Leistungen. Eine Versorgungslücke für die psychotherapeutische Behandlung von Kindern und Jugendlichen bestehe nicht. Therapieplätze stünden in angemessener und zumutbarer Zeit zur Verfügung. Ein lokaler Sonderbedarf für den Vertragsarztsitz N. liege ebenfalls nicht vor.

Gegen den ihr am 19.2.2009 zugestellten Bescheid legte die Antragstellerin am 25.2.2009 Widerspruch ein, worauf der Antragsgegner weitere Ermittlungen zum Versorgungsbedarf im Planungsbereich anstellte; die Ergebnisse der Befragung der niedergelassenen Psychotherapeuten sind in einer Übersicht – Verwaltungsakte S. 78, 79 – zusammengefasst. Der Beigeladene Nr. 3 (B.-Landesverband) hielt an seiner gegenüber dem ZA geäußerten Auffassung fest. Auch der Beigeladene Nr. 2 (A.-Landesverband) befürwortete die Zulassung der Antragstellerin wegen einer schwierigen Versorgungslage im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie bei Wartezeiten von sechs bis neun Monaten (Schreiben – auch im Namen der Beigeladenen Nr. 5 (L.) – vom 25.3.2009).

Die Antragstellerin führte zur Begründung ihres Widerspruchs unter dem 22.4.2009 (u.a.) aus, sie stelle in ihrer Praxis eine zunehmende Nachfrage für Behandlungen in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie fest; täglich gingen zwischen zehn bis zwölf Anfragen nach Therapieplätzen ein. Auf Grund der langen Wartezeiten habe sie bei den Krankenkassen Kostenübernahmeanträge gestellt, die zu 90% erfolgreich seien. Vorausgesetzt werde jeweils der Nachweis von Wartezeiten über sechs Monaten bei etwa zehn Therapeuten. Damit sei der – auch von Institutionen wie dem Landratsamt (Jugendamt) E. (insb. Schreiben vom 20.4.2009), dem Krankenhaus Ch., G., praktizierenden Kinderärzten und Beratungseinrichtungen für Kinder und Jugendlichen bestätigte - Versorgungsbedarf hinreichend belegt. Bei der Umfrage des ZA habe nur ein Therapeut freie Kapazitäten angegeben. Alle anderen hätten nicht zumutbare Wartezeiten von vier Monaten bis zu einem Jahr mitgeteilt. Die aktuelle Umfrage des Antragsgegners habe im Wesentlichen weiter angestiegene Wartezeiten ergeben. Insgesamt bestehe eine erhebliche Versorgungslücke für die psychotherapeutische Behandlung von Kindern und Jugendlichen, namentlich in der Verhaltenstherapie, im Planungsbereich und (speziell) im Raum N.-E ...

In der Sitzung des Antragsgegners vom 13.5.2009 gab die Antragstellerin ergänzend an, sie wolle sich auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen spezialisieren. Für Patienten aus N. und von der Sch. A. sei die Anreise nach E. erschwert. Kinder und Jugendliche könnten (etwa wegen schulischer Verpflichtungen) Behandlungstermine vielfach nicht hinreichend flexibel wahrnehmen.

Der Antragsgegner führte ergänzende Ermittlungen zur verhaltenstherapeutischen Versorgung von Kindern- und Jugendlichen im Planungsbereich durch zugelassene Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und psychotherapeutisch tätige Ärzte mit Abrechnungsgenehmigung für Verhaltenstherapie bei Kindern und Jugendlichen durch. Die Ergebnisse der Befragung sind in einer Übersicht – Verwaltungsakte S. 242,243 - zusammengefasst. Der Beigeladene Nr. 2 (A.-Landesverband) führte (zugleich für die Beigeladene Nr. 5, L.) unter dem 24.6.2009 aus, auch nach erneuter Prüfung werde die (Sonderbedarfs-)Zulassung der Antragstellerin befürwortet. Im Planungsbereich habe sich die Versorgungslage in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie mittlerweile verschlechtert. Die Wartezeiten betrügen nunmehr ca. ein Jahr. Die D. verneinte einen Sonderbedarf für die Leistungen der Antragstellerin (Schreiben vom 22.6.2009).

Mit Beschluss/Bescheid 5.8.2009 änderte der Antragsgegner den Beschluss des ZA vom 15.10.2008 ab. Er erteilte der Antragstellerin mit Wirkung vom 1.10.2009 eine qualitätsbezogene Sonderbedarfszulassung gem. § 19 Abs. 1 Ärzte-ZV i. V. m. § 24 Satz 1b BedarfsPlRL für den Vertragspsychotherapeutensitz N. (N.) unter der Auflage, dass genehmigungspflichtige verhaltenstherapeutische Leistungen bei Kindern und Jugendlichen nur bei Vorliegen einer entsprechenden Abrechnungsgenehmigung der Beigeladenen Nr. 1 abgerechnet werden dürfen. Zur Begründung wurde ausgeführt, ein lokaler Versorgungsbedarf i. S. d. § 24 Satz 1a BedarfsPlRL liege zwar nicht vor, allerdings bestehe im Planungsbereich ein besonderer Versorgungsbedarf nach § 24 Satz 1b BedarfsPlRL für die verhaltenstherapeutische Behandlung von Kindern und Jugendlichen. Die Antragstellerin verfüge über die Fachkunde im Richtlinien-Verfahren der Verhaltenstherapie für Erwachsene, Kinder und Jugendliche. Die Bedarfsprüfung im Widerspruchsverfahren habe ein qualitatives Versorgungsdefizit für Leistungen der Verhaltenstherapie bei Kindern und Jugendlichen ergeben. Zwar seien im Planungsbereich 16 Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, vier Psychologische Psychotherapeuten mit zusätzlicher Approbation als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut und sieben weitere Psychologische Psychotherapeuten mit Genehmigung zur Durchführung von Verhaltenstherapien bei Kindern und Jugendlichen zugelassen. An der Bedarfsumfrage hätten zwölf Ärzte/Psychotherapeuten teilgenommen. Drei Verhaltenstherapeuten böten Verhaltenstherapie bei Kindern und Jugendlichen nicht an, weitere drei Befragte verfügten über keine freien Kapazitäten für Verhaltenstherapie bei Kindern und Jugendlichen, bei zwei Befragten bestünden Wartezeiten von durchschnittlich 0,5 bis maximal 1,5 Jahren. Ein Befragter habe angegeben, bei Beendigung von Therapien stünden neue Kapazitäten zur Verfügung, wobei je nach Flexibilität unterschiedlich lange Wartezeiten eingehalten werden müssten. Ein weiterer Befragter habe eine wöchentliche Aufnahmekapazität für die verhaltenstherapeutische Behandlung von ein bis zwei Kindern mitgeteilt. Man habe die Befragungsergebnisse anhand der einschlägigen Leistungsübersichten überprüft. Dabei habe sich gezeigt, dass der in E. tätige Psychotherapeut, der eine wöchentliche Aufnahmekapazität von ein bis zwei Kindern angegeben habe, bei 130 abgerechneten Fällen (Quartal 4/08) an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit arbeite und deswegen eine nennenswerte Aufnahmekapazität nicht vorweisen könne (Fallzahldurchschnitt Kinder und Jugendliche 31, Erwachsene 56). Außerdem erteilten die Krankenkassen der Antragstellerin in erheblichem Umfang Kostenzusagen für die verhaltenstherapeutische Behandlung von Kindern und Jugendlichen. Nur die D. Baden-Württemberg sei der Erteilung der Sonderbedarfszulassung entgegengetreten.

Auf den ihr am 9.9.2009 zugestellten Beschluss/Bescheid vom 5.8.2009 hat die Beigeladene Nr. 1 am 6.10.2009 Klage beim Sozialgericht Stuttgart erhoben (Verfahren S 5 KA 6681/09), über die noch nicht entschieden ist.

Am 9.2.2010 suchte die Antragstellerin beim Sozialgericht um vorläufigen Rechtsschutz nach. Zur Begründung trug sie vor, der Beschluss/Bescheid des Antragsgegners vom 5.8.2009 sei rechtmäßig; deswegen sei dessen sofortige Vollziehung anzuordnen.

Der Antragsgegner habe offenbar nicht untersucht, ob der Zulassungsanspruch nicht schon aus § 101 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) folge. Gem. § 22 Abs. 1 Nr. 3 BedarfsPlRL sei ein Anteil von 20% für die Leistungserbringer festzustellen, die gem. § 5 Abs. 6a BedarfsPlRL ausschließlich Kinder- und Jugendliche psychotherapeutisch behandelten; hierzu gehöre sie, wenn sich ihre Tätigkeit - wie vorgesehen - auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen beschränke. Die Mindestquotenregelung stelle eine – vorrangig zu prüfende - eigenständige Rechtsgrundlage für die Zulassung in gesperrten Planungsbereichen dar (vgl. BSG, Urt. v. 5.11.2008, MedR 2009, 556 ff.). Die bislang – auch vom erkennenden Senat - vertretene Rechtsauffassung, wonach die genannten Vorschriften nur für bereits zugelassene Leistungser-bringer gelte, werde vom BSG nicht geteilt (BSG, a. a. O.). Die vom Gemeinsamen Bundesausschuss ohne gesetzliche Rechtsgrundlage in der Übergangsregelung des § 47 Abs. 2 Satz 3 BedarfsPlRL vorgenommene faktische Herabsetzung der Mindestquote auf 10% (für zwei Jahre) verstoße gegen höherrangiges Recht (§ 101 Abs. 4 SGB V).

Der Zulassungsanspruch folge außerdem aus § 24 Satz 1a BedarfsPlRL. Der Planungsbereich (Landkreis E.) sei mit einer Breitenausdehnung von 40 km Luftlinie (O. bis R.) ein großräumiger Landkreis i. S. d. genannten Vorschrift. Vor Ort bestehe ein lokaler Versorgungsbedarf für die psychotherapeutische Behandlung von Kindern und Jugendlichen. Die Versorgung sei ungeachtet der (nicht zu geringen) Zahl niedergelassener Verhaltenspsychotherapeuten nicht sichergestellt. Dem könne sie abhelfen, da sie ausreichend qualifiziert und nach Erteilung der entsprechenden Genehmigung auch berechtigt sei, Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch zu behandeln. Der Antragsgegner habe die Versorgungslage durch die Befragung der Ärzte bzw. Psychotherapeuten und die ergänzende Auswertung von Leistungsübersichten eruiert und dabei ein Versorgungsdefizit im Planungsbereich, speziell in N., festgestellt, das insbesondere aus den sehr langen Wartezeiten für die psychotherapeutische Behandlung von Kindern und Jugendlichen folge. Von 16 in Frage kommenden Therapeuten behandelten nur vier Kinder und Jugendliche. Der Antragsgegner habe sich auch zu Recht auf die von den Krankenkassen in erheblichem Umfang erteilten Kostenzusagen bzw. die den Versicherten nicht zumutbaren Wartezeiten gestützt.

Die Annahme eines qualitativen Versorgungsdefizits stehe einem lokalen Versorgungsbedarf nicht entgegen. Der Versorgungsbedarf könne rechtlich ohne Weiteres als quantitativer Bedarf angesehen werden, da er durch die vorhandenen Leistungserbringer nicht abgedeckt werde. Vor Ort bestehe für die psychotherapeutische Behandlung von Kindern und Jugendlichen eine dauerhafte Versorgungslücke, da ausreichende Therapieplätze in angemessener und zumutbarer Zeit nicht verfügbar seien. Die (ausschlaggebende) tatsächliche Versorgungssituation komme am ehesten in den Wartezeiten zum Ausdruck. Insoweit habe sich die Beigeladene Nr. 1 nur auf zwei vermeintlich gegen einen Zusatzbedarf sprechende Befragungsergebnisse gestützt und die übrigen, die zusätzlichen Bedarf begründeten, nicht berücksichtigt. Die beiden genannten "positiven" Antworten seien aber im Hinblick auf die angegebenen Leistungsziffern offensichtlich falsch bzw. nicht plausibel. Die große Anzahl an Kostenzusagen der Krankenkassen spiegele die tatsächliche Versorgungslage vor Ort wider und indiziere ebenfalls einen entsprechenden Versorgungsbedarf. Derzeit erreichten sie wöchentlich fünf bis acht Anfragen zur sofortigen Behandlung. Die Beigeladene Nr. 1 selbst habe bereits mehrfach hilfesuchende Eltern an sie verwiesen und sich bei ihr zuletzt mit Schreiben vom 25.2.2010 nach einem Therapieplatz für einen Versicherten erkundigt.

Der Zulassungsanspruch folge schließlich auch aus § 24 Satz 1b BedarfsPlRL. Eine besondere Qualifikation zur Erbringung von psychotherapeutischen Leistungen bei Kindern und Jugendlichen müsse nach dem Sinn und Zweck der genannten Vorschrift auch ausreichen, einen festgestellten Versorgungsbedarf in diesem Bereich zu decken. Anderenfalls könnte die Versorgung von den Zulassungsgremien gar nicht gewährleistet werden, insbesondere dann, wenn kein Zulassungsanspruch nach § 24 Satz 1a BedarfsPlRL (lokaler Versorgungsbedarf) bestehe. Dies wäre aber weder mit dem Gesetz noch mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar.

Ihr Zulassungsanspruch wäre durch die aufschiebende Wirkung der von der Beigeladenen Nr. 1 erhobenen Klage über mehrere Jahre blockiert. Der darin liegende Eingriff in das Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) sei durch den Sofortvollzug der Zulassung abzuwenden. Hierfür spreche auch das Defizit in der psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Der Bedarf sei so groß, dass er den wirtschaftlichen Betrieb einer (weiteren) Vertragspsychotherapeutenpraxis ermögliche.

Der Antragsgegner trat dem Antrag – im Unterschied zur Beigeladenen Nr. 1 - nicht entgegen. Der angefochtene Bescheid sei wohl schon im Hinblick auf die Quotenregelung in § 101 Abs. 4 Satz 5 SGB V rechtmäßig (vgl. dazu BSG, Urt. v. 5.11.2008, - B 6 KA 13/07 R -). Zur Frage der Quotenausschöpfung im Planungsbereich möge die Beigeladene Nr. 1 befragt werden.

Die Beigeladene Nr. 1 machte geltend, ihre Klage werde im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach erfolgreich sein, da der angefochtene Beschluss/Bescheid des Antragsgegners mangels Zulassungsanspruchs der Antragstellerin offensichtlich rechtswidrig sei.

Die Antragstellerin sei als Psychologische Psychotherapeutin, nicht jedoch als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin approbiert; sie verfüge lediglich über die erforderliche Fachkunde im Richtlinien-Verfahren der Verhaltenstherapie für Erwachsene, Kinder und Jugendliche. Im Jahr 2009 habe die Quotenregelung des § 101 Abs. 4 Satz 5 SGB V (20 % ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch behandelnde Leistungserbringer) nicht angewendet werden können, da der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen mangels Änderung der Bedarfsplanungsrichtlinien die notwendigen Feststellungen nicht getroffen habe. Deshalb sei die Antragstellerin auch zu Recht nicht nach der Quotenregelung zugelassen worden. Die Änderung der Bedarfsplanungsrichtlinien zur Umsetzung des § 101 Abs. 4 Satz 5 SGB V sei nach Veröffentlichung des Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses für Ärzte vom 18.6.2009 in Kraft getreten. Daraufhin habe der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen die Quotenregelung erstmals durch Beschluss vom 24.2.2010 festgelegt und damit anwendbar gemacht. Eine Zulassung nach § 101 Abs. 4 Satz 5 SGB V sei aber auch derzeit nicht möglich. Im Planungsbereich seien 17,5 Psychotherapeuten, die nur Kinder und Jugendliche betreuten, bedarfsplanungsrelevant festgestellt. Damit seien sowohl die Quote von 10 % (sieben Psychotherapeuten) wie die Quote von 20 % (13 Psychotherapeuten) erfüllt.

Eine Sonderbedarfszulassung nach § 24 Satz 1a BedarfsPlRL (lokaler Sonderbedarf) komme schon aus Rechtsgründen nicht in Betracht, weil die Antragstellerin als approbierte Psychologische Psychotherapeutin die Sonderbedarfszulassung ausschließlich zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen beantragt und den Zulassungsantrag damit auf einen Teilbereich ihres Fachgebiets beschränkt habe. Davon abgesehen habe der Antragsgegner einen lokalen Versorgungsbedarf i. S. d. § 24 Satz 1a BedarfsPlRL zu Recht verneint, da hinsichtlich des (vollen) Leistungsspektrums der Psychotherapeuten eine lokal-quantitative Versorgungslücke im Planungsbereich (angesichts des Versorgungsgrads von 143,7 %) nicht bestehe.

Der Antragsgegner habe die Sonderbedarfszulassung zu Unrecht auf § 24 Satz 1b BedarfsPlRL gestützt. Diese Vorschrift sei auf Psychologische Psychotherapeuten nicht anwendbar. Sie knüpfe an das ärztliche Weiterbildungsrecht in den Weiterbildungsordnungen an. Für Psychologische Psychotherapeuten fänden sich die entsprechenden Bestimmungen im Wesentlichen in § 5 des Psychotherapeutengesetzes (PsychThG). Nach den ärztlichen Weiterbildungsordnungen erfolge die Weiterbildung in Gebieten, Schwerpunkten und Zusatzbezeichnungen. § 24 Satz 1b BedarfsPlRL beziehe sich aber nicht auf die Weiterbildung in Gebieten, sondern nur auf Unterspezialisierungen (etwa in Schwerpunkten). Deswegen komme ein besonderer Versorgungsbedarf auf einem gesamten Gebiet für § 24 Satz 1b BedarfsPlRL nicht in Betracht. Für Psychotherapeuten seien gem. § 1 Abs. 1 PsychThG nur die Berufsbezeichnungen Psychologischer Psychotherapeut und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut, nicht jedoch Teilgebietsbezeichnungen vorgesehen. Die Berufsbezeichnungen seien daher den Gebietsbezeichnungen des ärztlichen Weiterbildungsrechts gleichzusetzen (vgl. LSG Baden- Württemberg, Urt. v. 13.11.2002, - L 5 KA 1247/02 -; SG St., Urt. v. 29.7.2004, - S 5 KA 7223/03 -; SG Marburg, Beschl. v. 20.7.2005, - S 12 KA 354/05 ER). Die Berufsbezeichnung Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut sei gem. § 24 Satz 1b Satz 3 BedarfsPlRL einer Schwerpunktbezeichnung im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung gleichgestellt. Deswegen dürfe eine Sonderbedarfszulassung aber nur einem Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und nicht einem Psychologischen Psychotherapeuten erteilt werden. Für die Zulassung der Antragstellerin zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen im Rahmen einer qualitätsbezogenen Sonderbedarfsfeststellung gebe es daher keine Rechtsgrundlage. Schließlich habe der Antragsgegner auch zu Unrecht Versorgungsdefizite im Planungsbereich angenommen. Ein Therapeut könne ein bis zwei Kinder wöchentlich zur verhaltenstherapeutischen Behandlung aufnehmen, bei einem weiteren Therapeuten bestünden für zeitlich flexible Patienten Wartezeiten von (nur) drei bis vier Wochen.

Die Antragstellerin wandte sich abschließend (u.a.) gegen die Auslegung des § 24 Satz 1b BedarfsPlRL durch die Beigeladene Nr. 1. Sie sei mit Art. 12 Abs. 1 GG nicht vereinbar, da Psychologische Psychotherapeuten für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen auch bei einer entsprechenden (freiwilligen) Beschränkung ihrer Tätigkeit eine Sonderbedarfszulassung weder nach § 24 Satz 1a noch nach § 24 Satz 1b BedarfsPlRL erhalten könnten. An Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten herrsche aber Mangel. Nach der neuesten Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 23.6.2010, - B 6 KA 22/09 R -) dürfe auch Psychologischen Psychotherapeuten eine Sonderbedarfszulassung nach § 24 Satz 1b BedarfsPlRL erteilt werden.

Mit Beschluss vom 24.6.2010 wies das Sozialgericht den Antrag der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zurück.

Die Erfolgsaussichten der von der Beigeladenen Nr. 1 erhobenen Klage seien zumindest offen, und es sei auch ein besonderes Interesse der Antragstellerin oder der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung der Zulassung nicht erkennbar. Dabei könne das Rechtsschutzbedürfnis für einen gerichtlichen Eilantrag offen bleiben; die Antragstellerin habe beim Antragsgegner eine Vollziehungsanordnung (§ 97 Abs. 4 SGB V) jedenfalls nicht beantragt.

Bei (wie hier) festgestellter Überversorgung richte sich die Zulassung von Ärzten bzw. Psychotherapeuten grds. nach § 103 SGB V, wonach eine Zulassung zwar grundsätzlich nicht in Betracht komme, aber (u.a.) bei Bestehen von lokalem, quantitativ-allgemeinem oder qualitativ-speziellem Sonderbedarf möglich sei. Auf die Sonderregelung in § 101 Abs. 4 Satz 5 SGB V (Quotenregelung) könne die Zulassung der Antragstellerin ungeachtet des "Beschlussvakuums" im Jahr 2009 nicht gestützt werden, da die einschlägige Quote nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Beigeladenen Nr. 1 im Planungsbereich ausgeschöpft sei. Die Voraussetzungen einer Sonderbedarfszulassung seien bei summarischer Prüfung voraussichtlich nicht erfüllt.

Lokalen Sonderbedarf nach § 24 Satz 1a BedarfsPlRL habe der Antragsgegner selbst verneint. Im Planungsbereich nähmen insgesamt 16 Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, vier Psychologische Psychotherapeuten mit zusätzlicher Approbation als Kinder und Jugendlichenpsychotherapeut und weitere sieben Psychologische Psychotherapeuten mit Genehmigung zur Durchführung von Verhaltenstherapien bei Kindern und Jugendlichen an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Bei der Umfrage im Widerspruchsverfahren habe (bei insgesamt 12 Antworten) ein Diplom-Psychologe (ungeachtet seiner Auslastung an der Kapazitätsgrenze) eine freie Aufnahmekapazität von ein bis zwei Kindern pro Woche für Verhaltenstherapie angegeben. Ein weiterer Diplom-Psychologe habe für die verhaltenstherapeutische Behandlung von Kindern und Jugendlichen das Bestehen von Wartezeiten mitgeteilt, wobei zeitlich flexiblere Patienten aber innerhalb von ein bis drei Wochen einen Therapieplatz erhalten könnten. Wegen der guten Erreichbarkeit des Vertragsarztsitzes N.-N. sowohl von E. wie von O. aus (Entfernung N. - E.: 23 km, O. - N.: 12 km) spreche manches für eine ausreichende Versorgung der Versicherten mit Verhaltenstherapie für Kinder und Jugendliche; Anfragen von Patienten und Krankenkassen sowie die Stellungnahmen der anderen befragten Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, die zum Teil erhebliche Wartezeiten angegeben hätten, änderten daran nichts. Nähere Feststellungen hierzu müssten dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, zumal § 24 Satz 1a BedarfsPlRL einen "nachweislichen" lokalen Versorgungsbedarf verlange. Schließlich dürfe sich ein Erwachsenenpsychotherapeut ohnehin nicht auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen beschränken. Die Beschränkung auf bestimmte Leistungen sei nach § 24 Satz 1a BedarfsPlRL nicht möglich; hier komme nur eine Ermächtigung nach § 31 Ärzte-ZV in Betracht (Pawlita in jurisPK-SGB V, § 101 Rdnr. 53; SG Marburg, Beschl. v. 20.7.2005 -, S 12 KA 354/05 ER -).

Die Voraussetzungen des § 24 Satz 1b BedarfsPlRL dürften ebenfalls nicht erfüllt sein. Danach müsse ein besonderer Versorgungsbedarf vorliegen, wie er durch den Inhalt des Schwerpunktes, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Facharztgebiet nach der Weiterbildungsordnung umschrieben sei, wobei die Berufsbezeichnung Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut einer Schwerpunktbezeichnung im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung gleichgestellt werde. Die Vorschrift knüpfe daher an die ärztlichen Weiterbildungsordnungen an, die es in dieser Form für Psychologische Psychotherapeuten nicht gebe. Für diese fänden sich die dem Weiterbildungsrecht der Ärzte entsprechenden Bestimmungen im Wesentlichen in § 5 PsychThG. Außerdem komme es auf die besondere Struktur der Qualifikationen nach den Weiterbildungsordnungen an. Nach den ärztlichen Weiterbildungsordnungen erfolge die Weiterbildung in Gebieten, Schwerpunkten und Zusatzbezeichnungen. § 24 Satz 1b BedarfsPlRL nehme nur auf einen Teil der ärztlichen Weiterbildung, nämlich in Schwerpunkten, fakultativer Weiterbildung und Fachkunde, nicht aber auf die Weiterbildung in Gebieten Bezug. Der einer Sonderbedarfszulassung nach § 24 Satz 1b BedarfsPlRL zugrunde liegende Sonderbedarf dürfe nicht das gesamte Gebiet (der ärztlichen Tätigkeit) erfassen. Eine entsprechende Differenzierung gebe es für Psychotherapeuten nicht. Die Berufsbezeichnungen Psychologischer Psychotherapeut und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut stünden mangels weiterer Untergliederung den Gebietsbezeichnungen der ärztlichen Weiterbildungen gleich. Wegen der Eigenständigkeit der genannten Berufsbezeichnungen könne die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie nicht als Teil der Berufsbezeichnung psychologischer Psychotherapeut angesehen werden. Anderes folge auch nicht aus der Psychotherapie-Vereinbarung (Anlage 1 zu den Bundesmantelverträgen), die hinsichtlich der fachlichen Befähigung ebenfalls zwischen dem Psychologischen Psychotherapeuten einerseits (§ 6) und dem Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (§ 7) andererseits unterscheide (vgl. LSG Baden- Württemberg, Urt. v. 13.11.2002, - L 5 KA 1247/02 -; SG St., Urt. v. 29.7.2004, - S 5 KA 7223/03 -; SG Marburg, Beschl. v. 20.7.2005, - S 12 KA 354/05 ER). Im Hinblick darauf könne der als Psychologische Psychotherapeutin approbierten Antragstellerin voraussichtlich keine Sonderbedarfszulassung zur ausschließlichen Behandlung von Kindern und Jugendlichen gem. § 24 Satz 1b BedarfsPlRL erteilt werden. Dies sei auch im Hinblick auf § 24 Satz 1b Satz 3 BedarfsPlRL approbierten Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten vorbehalten. Die erworbene Fachkunde der Antragstellerin im Bereich der Verhaltenstherapie für Erwachsene wie Kinder und Jugendliche ändere daran nichts.

Der von der Antragstellerin angeführte dringende Versorgungsbedarf rechtfertige den Erlass einer gerichtlichen Vollziehungsanordnung nicht, da gerade hierüber Streit herrsche und der Versorgungsgrad im Planungsbereich bei Psychotherapeuten 143,7% betrage. Unabweisbare private Vollzugsinteressen seien ebenfalls nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere sei nicht erkennbar, dass die Antragstellerin, etwa aus finanziellen oder sonstigen existenziellen Gründen dringend auf die sofortige Vollziehung der Zulassung angewiesen sei. Ihr sei daher zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.

Auf den ihr am 30.6.2010 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 6.7.2010 Beschwerde eingelegt. Sie trägt vor, das Rechtsschutzbedürfnis bestehe auch im Hinblick auf die unterbliebene Beantragung einer Vollziehungsanordnung durch den Antragsgegner (§ 97 Abs. 4 SGB V). Ob dieser nunmehr noch eine Entscheidung nach § 97 Abs. 4 SGB V treffen könne, sei zudem zweifelhaft (ablehnend Bäune, in: Bäune/Meschke/Rothfuß, Kommentar zur Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, 2007, S. 524 Rdnr. 21 m.w.N.).

Die im Hauptsacheverfahren erhobene Klage der Beigeladenen Nr. 1 habe keine Aussicht auf Erfolg, da der angefochtene Beschluss/Bescheid des Antragsgegners rechtmäßig sei.

Ihr stehe ein Zulassungsanspruch gem. § 24 Satz 1b BedarfsPlRL zu. Die Auffassung des Sozialgerichts, wonach diese Vorschrift nicht für Psychologische Psychotherapeuten, sondern nur für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten gelte, sei durch die Entscheidung des BSG vom 23.6.2010 (- B 6 KA 22/09 R -) überholt. Für Psychologische Psychotherapeuten stehe danach die Spezialisierung auf ein Richtlinien-Verfahren - wie die Verhaltenstherapie - der Qualifikation durch einen Schwerpunkt o.ä. i. S. d. § 24 Satz 1b BedarfsPlRL gleich (im Ergebnis ebenso auch bereits LSG Bayern, Urt. v. 25.10.2006, - L 12 KA 187/05 -). Deswegen müsse die Spezialisierung auf die Verhaltenstherapie - hier für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen - einem Schwerpunkt gem. § 24 Satz 1b BedarfsPlRL gleich erachtet werden. Ein entsprechendes Versorgungsdefizit habe der Antragsgegner festgestellt.

Auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Zulassung wegen lokalen Sonderbedarfs gem. § 24 Satz 1a BedarfsPlRL seien, wie bereits im sozialgerichtlichen Verfahren näher dargelegt, erfüllt; auf das entsprechende Vorbringen sei das Sozialgericht nicht eingegangen. Der Planungsbereich (Landkreis E.) sei ein großräumiger Landkreis und der lokale Versorgungsbedarf könne sich auch auf eine psychotherapeutische Behandlung von Kindern und Jugendlichen - hier mit Verhaltenstherapie - beziehen. Da sie die Sonderbedarfszulassung - kraft freiwilliger und rechtlich möglicher Beschränkung - ausschließlich für eine psychotherapeutische Behandlung von Kindern und Jugendlichen im Bereich der Verhaltenstherapie beantragt habe, müsse der lokale Sonderbedarf auch nur hierauf geprüft werden. Der Antragsgegner habe insoweit ohne Beurteilungsfehler ein erhebliches Versorgungsdefizit (im Raum N.) festgestellt. Er habe sich nicht auf die Befragung der Leistungserbringer beschränkt, sich vielmehr anhand der Leistungsübersichten ein Bild über die tatsächliche Versorgungslage verschafft. Von 16 in Frage kommenden Therapeuten behandelten nur 4 Kinder und Jugendliche. Auch die Einschätzung der Krankenkassen und deren Kostenzusagen in Einzelfällen belegten das Versorgungsdefizit. Hierfür sei die tatsächliche Versorgungslage und nicht die (abstrakte) Zahl der Leistungserbringer maßgeblich (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 23.6.2010, a. a. O.). Auf weitere Ermittlungen im Hauptsacheverfahren dürfe man sie nicht verweisen.

Das Sozialgericht habe auch den Beurteilungsspielraum des Antragsgegners verkannt, etwa indem es auf die verkehrstechnisch gute Erreichbarkeit des in Rede stehenden Vertragspsychotherapeutensitzes abstelle. Hier gehe es in erster Linie um die langen Wartezeiten und nicht um weite Anreisewege. Auch mit den Feststellungen des Antragsgegners zum Versorgungsbedarf und zu den Zweifeln an den Angaben des an der Kapazitätsgrenze arbeitenden Psychotherapeuten hinsichtlich (gleichwohl) bestehender freier Kapazitäten habe es sich nicht hinreichend auseinandergesetzt.

Für die psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen bestehe ungeachtet der Zahl niedergelassener (Verhaltens-)Psychotherapeuten ein erhebliches lokales Versorgungsdefizit. Dem könne sie abhelfen. Derzeit erreichten sie wöchentlich 5-8 Anfragen zur sofortigen Behandlung, wobei auch die Beigeladene Nr. 1 hilfesuchende Eltern an sie verweise.

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts dürften sich Erwachsenenpsychotherapeuten auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen beschränken; insoweit komme nicht nur die Erteilung von Ermächtigungen in Betracht. Die Rechtsauffassung, eine freiwillige Beschränkung des Zulassungsstatus auf nur ein Teilgebiet (hier Beschränkung eines Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie auf die Psychotherapie) sei nicht zulässig, habe das BSG verworfen (vgl. BSG, Urt. v. 5.11.2008, MedR 2009, 556 ff.). Das gebiete auch das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG). Das Erfordernis einer Versorgungslücke in der gesamten Breite eines Versorgungsbereichs solle gewährleisten, dass der zugelassene Leistungserbringer keine Leistungen abrechne, für die es keine Versorgungslücke gebe. Dazu könne es nicht kommen, da ihre Zulassung auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen beschränkt sei. Mit entsprechenden Behandlungen könne sie angesichts des hohen Bedarfs eine Vertragspsychotherapeutenpraxis wirtschaftlich betreiben.

Die Rechtsauffassung der Beigeladenen Nr. 1 führe dazu, dass ein (lokales) Versorgungsdefizit im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie nicht durch eine Sonderbedarfszulassung behoben werden könnte, obwohl ein qualifizierter Leistungserbringer dazu bereit und in der Lage wäre. Dies werde weder den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG noch dem Sicherstellungsauftrag gerecht.

Schließlich müsse sie auch nach der Quotenregelung des § 101 Abs. 4 Satz 5 SGB V zugelassen werden. Versäumnisse in der Umsetzung des Gesetzes könnten nicht zu ihren Lasten gehen. Das Vorbringen der Beigeladenen Nr. 1, die Quote sei ausgeschöpft, werde ausdrücklich in Frage gestellt. Näheres zur Quotenberechnung sei nicht angegeben worden.

Die Versorgungslücke müsse auch im Interesse der Versicherten und damit im öffentlichen Interesse noch vor einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache geschlossen werden. An der sofortigen Ausnutzung der Zulassung habe sie zudem ein privates Interesse. Die meisten ihrer Patienten seien gesetzlich krankenversichert. Ohne Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung könne sie diese nicht behandeln, was mit erheblichen finanziellen Einbußen verbunden sei.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.6.2010 aufzuheben und die sofortige Vollziehung des Beschlusses/Bescheids des Antragsgegners vom 5.8.2009 über die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung, beschränkt auf verhaltenstherapeutische Behandlungsleistungen für Kinder und Jugendliche am Vertragspsychotherapeutensitz N. (N.), anzuordnen.

Die Beigeladene Nr. 1 beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Antragsgegner tritt der Beschwerde nicht entgegen.

Die übrigen Beteiligten stellen keine Anträge.

Die Beigeladene Nr. 1 trägt ergänzend vor, ihre im Hauptsacheverfahren erhobene Klage werde aller Voraussicht nach erfolgreich sein; zumindest seien die Erfolgsaussichten offen. Der Antragsstellerin stehe ein Zulassungsanspruch nicht zu. Sie sei approbierte Psychologische Psychotherapeutin, verfüge jedoch nicht über die Approbation als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin. Die Antragstellerin könne lediglich die Fachkunde im Richtlinien-Verfahren Verhaltenstherapie für Erwachsene sowie für Kinder und Jugendliche vorweisen. Eine Zulassung gem. § 101 Abs. 4 Satz 5 SGB V (Quotenregelung) sei nicht möglich, da im Planungsbereich E. 17,5 Psychotherapeuten, die nur Kinder und Jugendliche betreuten, bedarfsplanungsrelevant festgestellt seien. Damit sei sowohl die Quote von 10 % (7 Psychotherapeuten) als auch die Quote von 20 % (13 Psychotherapeuten) erfüllt.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin und des Antragsgegners seien die Voraussetzungen einer qualitätsbezogenen Sonderbedarfszulassung für den Vertragsarztsitz N. (N.) zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen nicht erfüllt. Eine Sonderbedarfszulassung nach § 24 Satz 1b BedarfsPlRL komme schon aus Rechtsgründen nicht in Betracht, weil die Antragstellerin als approbierte Psychologische Psychotherapeutin ihre vertragsärztliche Zulassung im Wege des Sonderbedarfs ausschließlich zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen beantragt und damit ihren Zulassungsantrag auf einen Teilbereich ihres Fachgebiets als Psychologische Psychotherapeutin beschränkt habe. Davon abgesehen habe der Antragsgegner einen lokalen Versorgungsbedarf verneint; eine "lokal-quantitative" Versorgungslücke für das gesamte Spektrum der Arztgruppe der Psychotherapeuten bestehe im Planungsbereich angesichts der festgestellten Überversorgung (Versorgungsgrad 143,7 %) nicht. Da eine lokale "quantitative" und keine "qualitative" Versorgungslücke vorliegen müsse, sei auf das gesamte Leistungsspektrum des Fachgebietes und nicht auf Teile des Fachgebietes abzustellen.

Auf § 24 Satz 1b BedarfsPlRL könne sich die Antragstellerin nicht berufen, da diese Vorschrift auf Psychologische Psychotherapeuten nicht anwendbar sei. Sie knüpfe an die ärztlichen Weiterbildungsordnungen bzw. deren Struktur an, die es so für Psychologische Psychotherapeuten nicht gebe. Der Sonderbedarf dürfe nicht das gesamte Gebiet (ärztlicher Tätigkeit) betreffen. Die für Psychotherapeuten einschlägigen Berufsbezeichnungen (psychologischer Psychotherapeut bzw. Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut) seien den Gebietsbezeichnungen der ärztlichen Weiterbildung gleichzustellen. Da die Berufsbezeichnung "Kinder- und Jugendlichenpsycho-therapeut" eine eigenständige Berufsbezeichnung darstelle, könne die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie auch nicht als Teil der Berufsbezeichnung Psychologischer Psychotherapeut angesehen werden. Aus der Psychotherapie-Vereinbarung folge nichts anderes. Im Hinblick darauf habe der Antragsgegner der Antragsstellerin als Psychologischer Psychotherapeutin zu Unrecht eine Sonderbedarfszulassung zur ausschließlichen Behandlung von Kindern und Jugendlichen erteilt. Gem. § 24 Satz 1b Satz 4 BedarfsPlRL sei die Berufsbezeichnung Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut einer Schwerpunktbezeichnung im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung zwar gleichgestellt. Deswegen könne eine Sonderbedarfszulassung aber auch nur einem Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten erteilt werden.

Aus dem Urteil des BSG vom 23.6.2010 (- B 6 KA 22/09 R -) ergebe sich keine andere Beurteilung der Rechtslage. Das BSG habe u.a. festgestellt, dass die Spezialisierung auf ein Richtlinien-Verfahren - wie psychoanalytische oder Verhaltenstherapie - der Qualifikation durch einen Schwerpunkt o. ä. gleichstehe. Für die Beurteilung des besonderen und des lokalen Versorgungsbedarfs gälten jeweils die gleichen Anforderungen. Diese Rechtsgrundsätze könnten auf den Fall der Antragstellerin nicht übertragen werden. Es bleibe dabei, dass eine Sonderbedarfszulassung zur ausschließlichen Behandlung von Kindern und Jugendlichen nur einem approbierten Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und nicht einer psychologischen Psychotherapeutin erteilt werden könne. Alles andere arte in eine Art von "Rosinenpickerei" aus.

Auch auf das Urteil des BSG vom 5.11.2008 (- B 6 KA 13/07 R -) könne sich die Antragstellerin nicht berufen. Nach Ansicht des BSG geböten Sinn und Zweck der Quotenregelung in § 101 Abs. 4 Satz 1 SGB V, die Neuzulassung entsprechend qualifizierter Ärzte als ausschließlich psychotherapeutisch tätige Behandler zur Ausschöpfung des den Ärzten vorbehaltenen Versorgungsanteils auch dann zu ermöglichen, wenn deren eigentliches, umfassenderes Fachgebiet von einer Zulassungssperre betroffen sei. Die zum 1.1.1999 erstmals gesetzlich geschaffene bedarfsplanungs- und zulassungsrechtliche Versorgungsfigur des ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Arztes solle nicht nur solchen Ärzten zugutekommen, die bis zu diesem Zeitpunkt bereits als ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Arzt zugelassen und somit bereits voll "versorgungswirksam" gewesen seien. Davon gingen auch die untergesetzlichen Normen der Bedarfsplanungs-Richtlinie aus, wonach weiterhin Zulassungen als ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsarzt möglich seien. Diese Rechtsprechung sei hier aber nicht einschlägig, da die Antragstellerin als Psychologische Psychotherapeutin die Zulassung aus Sonderbedarfsgründen zur ausschließlichen Behandlung von Kindern und Jugendlichen begehre, was wegen der fehlenden Approbation als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin nicht möglich sei. Die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung für Psychologische Psychotherapeuten zur ausschließlichen Behandlung von Kindern und Jugendlichen sei zu keinem Zeitpunkt zulässig gewesen. Aus § 24 BedarfsPlRL folge nichts anderes. Die Beschränkung der Zulassung von Psychologischen Psychotherapeuten in der von der Antragstellerin gewünschten Weise sei rechtlich nicht vorgesehen.

Selbst wenn die Antragstellerin wegen ihrer fachlichen Qualifikation für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen im Grundsatz zugelassen werden könnte, hätte die Sonderbedarfszulassung nicht erteilt werden dürfen, weil die ärztlichen Tätigkeiten des qualifizierten Inhalts in dem betreffenden Planungsbereich ausreichend zur Verfügung stünden. Die Feststellung des Antragsgegners, im Planungsbereich Landkreis E. bestehe ein Versorgungsdefizit an Leistungen der Verhaltenstherapie bei Kindern und Jugendlichen, treffe nicht zu. Bei der Befragung des Antragsgegners habe einer der im Landkreis E. tätigen Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, der Dipl. Psych. R. W., eine Aufnahmekapazität von ein bis zwei Kindern pro Woche für Verhaltenstherapie angegeben. Ein weiterer Psychologischer Psychotherapeut sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut, der Dipl. Psych. W. B. aus O., habe Wartezeiten für Verhaltenstherapie zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen bei zeitlich flexiblen Patienten von 3 bis 4 Wochen mitgeteilt. Die Versorgung mit Verhaltenstherapie zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen sei damit entgegen der Auffassung der Antragstellerin ausreichend sichergestellt; ein Versorgungsdefizit bestehe nicht

Die Erfolgsaussichten ihrer (der Beigeladenen Nr. 1) Klage seien damit zumindest offen, wenn nicht sogar ein Obsiegen überwiegend wahrscheinlich sei. Ein privates Vollzugsinteresse der Antragstellerin sei demgegenüber nicht erkennbar. Die ihr von Krankenkassen erteilten Kostendeckungszusagen belegten einen entsprechenden Behandlungsbedarf nicht, da sie jeweils im Einzelfall unter unterschiedlichen Voraussetzungen ausgesprochen würden und der Versicherte selbst den Behandler aussuche. Schließlich belege der für Psychotherapeuten im Planungsbereich Landkreis E. festgestellte Versorgungsgrad von 143,7 %, dass es den von der Antragstellerin geltend gemachten hohen Versorgungsbedarf nicht gebe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten des Antragsgegners, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist gem. §§ 172 ff. Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist auch begründet. Das Sozialgericht hätte die sofortige Vollziehung der ihr vom Antragsgegner mit Beschluss/Bescheid vom 5.8.2009 erteilten Sonderbedarfszulassung anordnen müssen.

1.) Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes richtet sich vorliegend nach § 86b Abs. 1 Nr. 1 SGG. Danach kann das Gericht in Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen. Die Vorschrift gilt für Fallgestaltungen, bei denen ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten und diesen begünstigenden Verwaltungsakt einlegt. Maßgeblich für die vom Begünstigten beantragte gerichtliche Sofortvollzugsanordnung ist zunächst, ob ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts besteht. Ist ein öffentliches Vollzugsinteresse, das den Ausschlag gibt, nicht festzustellen, kann die sofortige Vollziehung angeordnet werden, wenn das daran bestehende private Interesse des Antragstellers das Aufschubinteresse des Dritten überwiegt. Der Antragsteller muss ein besonderes Interesse gerade an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts geltend machen können. Dieses besondere Interesse muss über sein (allgemeines) Interesse an der Ausnutzung des begünstigenden Verwaltungsaktes hinausgehen und sich gerade auf den Sofortvollzug beziehen.

Die gerichtliche Eilentscheidung beruht auf einer Abwägung der widerstreitenden Interessen. Da der vorläufige Rechtsschutz den Hauptsacherechtsschutz sichern soll, sind für diese Interessenabwägung die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs grundsätzlich, wenngleich nicht stets in jedem Fall, ausschlaggebend; je nach Fallgestaltung wird das Gericht auch andere Belange zu berücksichtigen haben. Ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts wird jedenfalls dann nicht anzunehmen sein, wenn der gegen ihn eingelegte Rechtsbehelf des anderen Beteiligten voraussichtlich erfolgreich sein und daher zur Aufhebung des Verwaltungsakts führen wird. Andererseits kann die voraussichtliche Erfolglosigkeit des Rechtsbehelfs für sich allein die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht rechtfertigen, da das dafür notwendige besondere Interesse damit noch nicht dargetan ist. Hinzukommen muss vielmehr, dass dem Begünstigten gegenüber die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung unbillig erscheint. Können die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen summarischen Prüfung nicht hinreichend sicher beurteilt werden, sind die widerstreitenden Interessen der Beteiligten davon unabhängig abzuwägen. Stehen diese gleichwertig nebeneinander, bleibt es beim gesetzlichen Regelfall der aufschiebenden Wirkung (vgl. näher etwa NK-VwGO-Puttler, § 80a § 27 ff. m. w. N.; Meyer-Ladewig, SGG § 86b Rdnr.4 ff.). Schließlich darf das Gericht ggf. auch im Sinne einer Folgenbetrachtung bedenken, zu welchen Konsequenzen für die Beteiligten die sofortige Vollziehung bei späterer Aufhebung des Verwaltungsakts einerseits gegenüber der Versagung des Sofortvollzugs bei späterer Bestätigung des Verwaltungsakts andererseits führen würde.

2.) Hier hat der Antragsgegner der Antragstellerin mit Beschluss/Bescheid vom 5.8.2009 eine diese begünstigende (Sonderbedarfs-)Zulassung zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung mit der Erbringung verhaltenstherapeutischer Behandlungsleistungen für Kinder und Jugendliche am Vertragspsychotherapeutensitz N. (N.) erteilt. Dagegen hat die beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (Beigeladene Nr. 1) als Dritte Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Die Klage ist zulässig (zur Klagebefugnis der Kassenärztlichen Vereinigung etwa BSG, Urt. v. 30.11.1994, - 6 RKa 32/93 -); sie hat gem. § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG aufschiebende Wirkung. Diese ist nicht gem. § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG entfallen, da der Antragsgegner von der Möglichkeit, die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung gem. § 97 Abs. 4 SGG anzuordnen, nicht Gebrauch gemacht hat.

Die sofortige Vollziehung der Sonderbedarfszulassung ist indessen zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gerichtlich anzuordnen. Es wäre der Antragstellerin gegenüber unbillig, ihr die Ausnutzung der Zulassung bis zum Ergehen einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu versagen. Ihrem privaten Vollziehungsinteresse kommt der Vorrang zu. Das gegenläufige Aufschubinteresse der Beigeladenen Nr. 1, das (allein) aus deren Gesamtverantwortung für eine den gesetzlichen Erfordernissen entsprechende vertragsärztliche Versorgung folgt (§ 75 Abs. 1 SGB V; vgl. etwa BSG, Urt. v. 30.11.1994, - 6 RKa 32/93 -), muss zurücktreten. Denn ihre Klage wird aller Voraussicht nach erfolglos bleiben. Der angefochtene Beschluss/Bescheid des Antragsgegners vom 5.8.2009 wird aller Voraussicht nach rechtlich nicht zu beanstanden sein. Außerdem sprechen auch öffentliche Interessen für den Sofortvollzug der Zulassung. Dafür sind folgende Erwägungen des Senats maßgeblich:

a.) Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urt. v. 5.11.2008, - B 6 KA 56/07 R -; Urt. v. 23.6.2010, -B 6 KA 22/09 R -) kann über (u.a.) das Merkmal besonderer Versorgungsbedarf in § 24 Satz 1b BedarfsPlRL nur ungefähr entschieden werden, weil eine Vielzahl von Faktoren in die Entscheidung einzubeziehen ist. Deswegen ist den ortsnahen fachkundigen Zulassungsinstanzen ein Beurteilungsspielraum zuzuerkennen, mit der Folge, dass die gerichtliche Rechtskontrolle beschränkt ist. Zu prüfen ist (nur), ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zu Grunde liegt, die Zulassungsgremien die durch Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe ermittelten Grenzen eingehalten und ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet haben, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist. Maßstab für die Entscheidung ist das Ziel einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der gesetzlich Versicherten (§ 72 Abs. 2 SGB V).

Die Entscheidung des Antragsgegners lässt Defizite in der Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts nicht erkennen; die Beigeladene Nr. 1 macht das auch nicht geltend. Der Antragsgegner hat aller Voraussicht nach auch die übrigen Anforderungen an eine rechtlich einwandfreie Beurteilungsentscheidung gewahrt, insbesondere die aus dem einschlägigen Berufsrecht und aus dem Vertragsarztrecht (Vertragspsychotherapeutenrecht) bzw. dem Bedarfsplanungsrecht folgenden rechtlichen Grenzen seines Beurteilungsspielraums eingehalten und einen (Sonder-)Bedarf für die in Rede stehenden Behandlungsleistungen rechtsfehlerfrei bejaht.

aa). In berufsrechtlicher Hinsicht ist der Antragstellerin mit Urkunde des Regierungspräsidiums St. vom 22.10.2007 die Approbation als Psychologische Psychotherapeutin (§ 2 PsychThG) erteilt worden. Damit ist sie gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 PsychThG berechtigt, die heilkundliche Psychotherapie auszuüben. Zwar benennt das PsychThG in § 1 Abs. 1 Satz 1 neben dem Beruf des Psychologischen Psychotherapeuten den Beruf des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, weswegen die heilkundliche Psychotherapie (außer von ärztlichen Psychotherapeuten) im Grundsatz von zwei Berufen ausgeübt wird. Die Berufsausübung ist indessen nur für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten hinsichtlich des Patientenkreises beschränkt. Diese dürfen gem. § 1 Abs. 2 PsychThG Patienten, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, behandeln. Eine entsprechende Beschränkung für Psychologische Psychotherapeuten (auf die Behandlung Erwachsener) enthält das Gesetz nicht. Daher sind Psychologische Psychotherapeuten, wie die Antragstellerin, zur Behandlung sowohl von Erwachsenen wie von Kindern und Jugendlichen (i. S. d. § 1 Abs. 2 PsychThG) berechtigt (OVG Bremen, Urt. v. 12.2.2002, - 1 A 270/01 -; auch BSG, Urt. v. 6.11.2002, - B 6 KA 37/01 R -).

bb.) In vertragsärztlicher (vertragspsychotherapeutischer) Hinsicht ist die Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen (vertragspsychotherapeutischen) Versorgung an die Erfüllung subjektiver und objektiver (bedarfsplanungsrechtlicher) Voraussetzungen geknüpft.

Im Hinblick auf die einschlägigen subjektiven Zulassungsvoraussetzungen ist gem. § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB V (i. V. m. § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V) die Eintragung in das Arzt- bzw. Psychotherapeutenregister notwendig, die ihrerseits neben der Approbation (hier) als Psychotherapeut nach Maßgabe des PsychThG (§ 2 Abs. 1 PsychThG) den Fachkundenachweis erfordert (§ 95c Satz 1 Nr. 1 SGB V). Dieser kann nicht in jedem wissenschaftlich anerkannten psychotherapeutischen Verfahren i. S. d. Berufsrechts (vgl. § 8 Abs. 3 Nr. 1 PsychThG) erbracht werden. Die vertiefte Ausbildung i. S. d. § 8 Abs. 3 Nr. 1 SGB V ist vielmehr in einem durch den Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 92 Abs. 6a SGB V anerkannten Behandlungsverfahren abzuleisten. Diese sind als so genannte Richtlinienverfahren in der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Durchführung der Psychotherapie (Psychotherapie-Richtlinie v. 19.2.2009 (BAnz 2009, Nr. 58, S. 1399, PsychThRL) festgelegt und umfassen die psychoanalytisch begründeten Verfahren und die Verhaltenstherapie (§ 13 PsychThRL), wobei als psychoanalytisch begründete Psychotherapieverfahren die tiefenpsychologisch fundierte und die analytische Psychotherapie gelten (§ 14 Abs. 2 PsychThRL). Will ein Psychologischer Psychotherapeut vertragspsychotherapeutische Behandlungsleistungen für Kinder und Jugendliche erbringen, bedarf er hierfür außerdem der entsprechenden speziellen Fachkunde (vgl. §§ 5 Abs. 4, 6 Abs. 4, 7 der Psychotherapievereinbarungen – Anl. 1 BMV-Ä/EKV-Ä -; BSG, Urt. v. 6.11.2002, - B 6 KA 37/01 R -). Die Antragstellerin hat den Fachkundenachweis gem. § 95c Satz 1 Nr. 2 SGB V im Richtlinien-Verfahren der Verhaltenstherapie für Erwachsene, Kinder und Jugendliche abgelegt und ist am 13.11.2007 in das Arztregister der Beigeladenen Nr. 1 eingetragen worden. Damit erfüllt sie, worüber die Beteiligten auch nicht streiten, die subjektiven Voraussetzungen für die Erteilung einer Zulassung; sie verfügt namentlich auch über die besondere Fachkunde zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen.

Im Hinblick auf die bedarfsplanungsrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen ist Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung, dass der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs. 1 und 2 SGB V für den Planungsbereich, in dem sich die Antragstellerin niederlassen will (Landkreis E.), für Psychotherapeuten Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung angeordnet hat (vgl. Beschluss des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen Baden-Württemberg vom 25.6.2008, - Versorgungsgrad 143,8 % -, Beschlüsse vom 18.2.2009 bzw. 17.6.2009 - Versorgungsgrad 143,7 %). Daran hat sich bis zur Beschlussfassung des Senats ersichtlich nichts geändert (zur Maßgeblichkeit dieses Zeitpunkts für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage in Zulassungssachen – auch bei Drittanfechtungen - BSG, Urt. v. 2.9.2009, - B 6 KA 34/08 R -). Damit sind Zulassungen für die von den Zulassungsbeschränkungen betroffenen Arztgruppen nur ausnahmsweise möglich, nämlich nach näherer Maßgabe des § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 5 und des § 103 Abs. 4 und 7 SGB V. Durch diese Ausnahmeregelungen wird gewährleistet, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung beschränken oder die Verwertung einer Praxis hindern und die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt. Dies im Einzelnen zu konkretisieren, hat der Gesetzgeber (rechtlich unbedenklich) gemäß § 101 Abs. 1 Satz 1 SGB V dem Gemeinsamen Bundesausschuss übertragen, der dementsprechend in der BedarfsPlRL die Voraussetzungen für solche ausnahmsweisen Besetzungen zusätzlicher Vertragsarztsitze festgelegt hat (§ 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V i. V. m. § 24a bis e, § 25, § 26 BedarfsPlRL). Auf der Grundlage der Regelungen von Gesetzgeber und Bundesausschuss sind dem Zulassungsinteressenten verschiedene Möglichkeiten eröffnet, trotz Zulassungsbeschränkungen eine Zulassung zu erlangen, insbesondere im Wege der Praxisnachfolge (§ 103 Abs. 4 SGB V), der Sonderzulassung zur Ausübung belegärztlicher Tätigkeit (§ 103 Abs. 7 SGB V), der Zulassung aufgrund besonderen Versorgungsbedarfs (§ 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V i. V. m. §§ 24 bis 26 BedarfsPlRL) oder im Wege eines sogenannten Job-Sharings (§ 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und 5 SGB V i. V. m. §§ 23a bis 23h BedarfsPlRL (so BSG, Urt. v. 23.6.2010, - B 6 KA 22/09 R -).

Hier hat der Antragsgegner der Antragstellerin eine (Sonderbedarfs-)Zulassung gemäß § 24 Satz 1b BedarfsPlRL erteilt. Nach dieser Vorschrift darf der ZA unbeschadet der Anordnung von Zulassungsbeschränkungen durch den Landesausschuss dem Zulassungsantrag eines Vertragsarztes (bzw. Vertragspsychotherapeuten) der betroffenen Arztgruppe entsprechen, wenn ein besonderer Versorgungsbedarf vorliegt, wie er durch den Inhalt des Schwerpunkts einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Facharztgebiet nach der Weiterbildungsordnung umschrieben ist. Voraussetzung für die Zulassung ist, dass die ärztlichen Tätigkeiten des qualifizierten Inhalts in dem betreffenden Planungsbereich nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung stehen und dass der Arzt die für den besonderen Versorgungsbedarf erforderlichen Qualifikationen durch die entsprechende Facharztbezeichnung sowie die besondere Arztbezeichnung oder Qualifikation (die Subspezialisierung muss Leistungen beinhalten, die die gesamte Breite des spezialisierten Versorgungsbereichs ausfüllen) nachweist. Die Berufsbezeichnung Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut ist dabei einer Schwerpunktbezeichnung im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung gleichgestellt. Eine mögliche Leistungserbringung in Krankenhäusern bleibt außer Betracht (§ 24 Satz 1b Satz 1, 3, 4, 5 BedarfsPlRL).

Für das Merkmal des besonderen Versorgungsbedarfs knüpft § 24 Satz 1b Satz 1 BedarfsPlRL an das Berufsrecht, nämlich an die Bestimmungen der (landesrechtlichen) Weiterbildungsordnungen der zuständigen Landesärztekammern an. Die entsprechenden Begriffe in der BedarfsPlRL und den Weiterbildungsordnungen sind indessen inhaltlich nicht (mehr) deckungsgleich, seit die Landesärztekammern ihre Weiterbildungsordnungen an die Neufassung der Musterweiterbildungsordnung vom 20. bis 23.5.2003 angepasst haben. Im Bereich der Psychotherapie ergeben sich zusätzliche Schwierigkeiten daraus, dass die Begriffsbildungen der BedarfsPlRL, die auf den ärztlichen Bereich zugeschnitten sind, auf Psychotherapeuten von vornherein nur entsprechend angewendet werden können (vgl. § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V und § 1 Abs. 3 Nr. 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, Ärzte-ZV). Da das psychotherapeutische Berufsrecht insbesondere mangels eines dem ärztlichen Weiterbildungsrecht gleichkommenden besonderen Weiterbildungsrechts der Psychotherapeuten für die Ausfüllung des (bedarfsplanungsrechtlichen) Merkmals der besonderen Qualifikation i. S. d. § 24 Satz 1b Satz 1 BedarfsPlRL ausreichende Maßstäbe nicht vorgibt, ist hierfür an das einschlägige Vertragspsychotherapeutenrecht anzuknüpfen. Dieses legt die in der vertragspsychotherapeutischen Versorgung zu erbringende heilkundliche Psychotherapie (§ 1 Abs. 1 Satz 1 PsychThG) in den PsychThRL auch hinsichtlich einzelner Versorgungsbereiche näher fest. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dabei eine klare rechtliche und fachliche Trennung zwischen den psychoanalytisch begründeten Verfahren (§ 13 Nr. 1 PsychThRL) einerseits und der Verhaltenstherapie (§ 13 Nr. 2 PsychThRL) andererseits vorgenommen und damit zwei Versorgungsbereiche etabliert. Die psychoanalytisch begründeten Verfahren werden in § 14 Abs. 2 PsychThRL auf die tiefenpsychologisch fundierte und die analytische Psychotherapie beschränkt, die im Folgenden in § 14a PsychThRL für die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und in § 14 b PsychThRL für die analytische Psychotherapie insbesondere hinsichtlich der inhaltlichen Ausrichtung und teils auch hinsichtlich der Indikation näher beschrieben werden. Für die Verhaltenstherapie finden sich entsprechende Festlegungen in § 15 PsychThRL. Gem. § 16 PsychThRL sind die psychoanalytisch begründeten Verfahren und die Verhaltenstherapie nicht kombinierbar, weil die Kombination der Verfahren zu einer Verfremdung der methodenbezogenen Eigengesetzlichkeit des therapeutischen Prozesses führen kann. Vor allem in der letztgenannten Vorschrift tritt hervor, dass es sich nach der fachlichen Einschätzung des Gemeinsamen Bundesausschusses bei den psychoanalytisch begründeten und den verhaltenstherapeutischen Behandlungsverfahren um in ihrer Wesensart unterschiedliche und voneinander hinsichtlich Indikation und Ausrichtung getrennte Versorgungsangebote handelt. Eine gegenseitige Behandlungsergänzung durch die Möglichkeit, im Bedarfsfall einen Patienten an einen anderen Behandler zu überweisen, ist demzufolge weder in den PsychThRL noch in der Psychotherapie-Vereinbarung (Anl. 1 zum BMV-Ä/EKV-Ä) vorgesehen (insoweit anders im ärztlichen und im zahnärztlichen Bereich: § 24 BMV-Ä, § 27 EKV-Ä, § 10 BMV-Z und § 14 Abs. 8 EKV-Z – vgl. BSG, Urt. v. 23.6.2010, - B 6 KA 22/09 R -). In der Praxis wird die Verhaltenstherapie etwa bei spezifischen Phobien eingesetzt, während bei umfassenderen Störungen vor dem Hintergrund frühkindlicher Belastungen, wie z. B. Persönlichkeitsstörungen, bevorzugt analytische Psychotherapie stattfindet. Die in der PsychThRL vorgezeichnete Etablierung voneinander getrennter psychotherapeutischer Versorgungsbereiche ist für die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie fortgeführt worden, indem der Gemeinsame Bundesausschuss in § 24 Satz 1b Satz 4 BedarfsPlRL die Berufsbezeichnung Kinder und Jugendlichenpsychotherapeut einer Schwerpunktbezeichnung im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung gleichgestellt hat. Im Hinblick darauf handelt es sich nach der neueren Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 23.6.2010, - B 6 KA 22/09 R -) bei den psychoanalytischen und den verhaltenstherapeutischen Behandlungsverfahren und bei der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie jeweils um unterschiedliche Versorgungsangebote mit je eigenständiger Bedeutung entsprechend einem Schwerpunkt i. S. d. § 24 Satz 1b BedarfsPlRL. Bei einem Antrag auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung ist deshalb der dementsprechende spezifische Bedarf zu ermitteln. Im Falle eines psychoanalytisch ausgerichteten Bewerbers um eine Sonderbedarfszulassung sind also die Versorgungsangebote speziell im Bereich der psychoanalytisch begründeten Verfahren festzustellen; Angebote für Verhaltenstherapie sind außer Betracht zu lassen (BSG, a. a. O.).

Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Er entnimmt der Regelung in § 24 Satz 1b Satz 4 BedarfsPlRL den Grundsatz, dass das bedarfsplanungsrechtliche Kriterium des "besonderer Versorgungsbedarfs" i. S. d. § 24 Satz 1b Satz 1 BedarfsPlRL zwar im Grundsatz an das (berufsrechtliche) Weiterbildungsrecht anknüpft, für die vertragspsychotherapeutische Versorgung jedoch letztendlich die im Vertragspsychotherapeutenrecht etablierten Versorgungsbereiche maßgeblich sein sollen. Da insoweit aber nicht nur zwischen den psychoanalytisch begründeten Verfahren und der Verhaltenstherapie, sondern auch zwischen der Erwachsenen- und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie unterschieden wird, muss nach Auffassung des Senats auch die Kombination jeweils eigenständiger Versorgungsbereiche - wie hier die Verhaltenstherapie für Kinder und Jugendliche - einen eigenständigen Versorgungsbereich darstellen, für den ein besonderer Versorgungsbedarf nach § 24 Satz 1b Satz 1 BedarfsPlRL festgestellt werden kann (vgl. auch Bayerisches LSG, Urt. v. 25.10.2006, - L 12 KA 187/05 -). Dies wird dadurch bestätigt, dass für die Ausführung und Abrechnung psychotherapeutischer Leistungen (in einem Richtlinienverfahren, wie der Verhaltenstherapie) Genehmigungen nach näherer Maßgabe der Psychotherapievereinbarungen notwendig sind und bei Psychologischen Psychotherapeuten zwischen Genehmigungen für verhaltenstherapeutische Leistungen für Erwachsene und für Kinder und Jugendliche unterschieden wird (vgl. § 6 Abs. 4 Anl. 1 BMV-Ä bzw. § 6 Abs. 4 Anl. 1 EKV-Ä). Ermitteln die Zulassungsgremien in einem ansonsten für Psychotherapeuten gesperrten Planungsbereich einen solchen besonderen Versorgungsbedarf, steht der Erteilung einer Sonderbedarfszulassung an einen Psychologischen Psychotherapeuten, der sich, wie die Antragstellerin, auf die Verhaltenstherapie für Kinder- und Jugendliche beschränkt, aus Rechtsgründen nichts entgegen, sofern der Versorgungsbedarf außerdem dauerhaft erscheint und für eine wirtschaftlich tragfähige Praxis ausreicht (vgl. BSG, Urt. v. 2.9.2009, - B 6 KA 34/08 R -); letzteres ist unter den Beteiligten soweit ersichtlich nicht streitig.

cc. Hat der Antragsgegner damit bei der Erteilung der Sonderbedarfszulassung nach § 24 Satz 1b BedarfsPlRL die rechtlichen Grenzen seines Beurteilungsspielraums aller Voraussicht nach nicht verletzt, sind rechtlich beachtliche Beurteilungsfehler auch im Übrigen nicht ersichtlich. Der Antragsgegner hat eine Bedarfsprüfung bezogen auf verhaltenstherapeutische Behandlungsleistungen für Kinder und Jugendliche im Planungsbereich Landkreis E. durchgeführt und hierfür die zugelassenen Psychologischen Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsycho-therapeuten und psychotherapeutisch tätigen Ärzte mit Abrechnungsgenehmigung für Verhaltenstherapie bei Kindern und Jugendlichen befragt. Die Befragungsergebnisse wurden an Hand der einschlägigen Leistungsübersichten objektiviert und verifiziert. Der Antragsgegner hat dabei festgestellt, dass im Planungsbereich 16 Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, vier Psychologische Psychotherapeuten mit zusätzlicher Approbation als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut und sieben weitere Psychologische Psychotherapeuten mit Genehmigung zur Durchführung von Verhaltenstherapien bei Kindern und Jugendlichen zugelassen sind, wobei sich 12 Therapeuten an der Befragung beteiligt haben. Dabei ergab sich, dass drei Verhaltenstherapeuten Verhaltenstherapie bei Kindern und Jugendlichen nicht anboten und drei befragte Therapeuten über keine freien Kapazitäten für Verhaltenstherapie bei Kindern und Jugendlichen verfügten. Bei zwei Befragten bestanden Wartezeiten von durchschnittlich 0,5 bis maximal 1,5 Jahren. Ein Befragter gab an, bei Beendigung von Therapien stünden neue Kapazitäten zur Verfügung, allerdings unter der Einschränkung, dass je nach zeitlicher Flexibilität unterschiedlich lange Wartezeiten eingehalten werden müssten. Ein weiterer Befragter teilte eine wöchentliche Aufnahmekapazität für die verhaltenstherapeutische Behandlung von ein bis zwei Kindern mit. Die Objektivierung der Befragungsergebnisse (dazu BSG, Urt. v- 5.11.2008, - B 6 KA 56/07 R -) anhand der einschlägigen Leistungsübersichten zeigte indessen, dass der letztgenannte Therapeut bei 130 abgerechneten Fällen (Quartal 4/08) an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit arbeitet (Fallzahldurchschnitt Kinder und Jugendliche 31, Erwachsene 56), weshalb der Antragsgegner dessen Kapazitätsmeldung rechtsfehlerfrei in Zweifel gezogen und seiner Entscheidung letztendlich nicht zugrunde gelegt hat. Entsprechendes gilt hinsichtlich desjenigen Therapeuten, der seine Kapazitätsmeldung von hinreichender zeitlicher Flexibilität der Patienten (Termine nur nach 16.00 Uhr – vgl. Schriftsatz des Antragsgegners vom 9.2.2010 im Klageverfahren) abhängig gemacht hat, nachdem dies gerade bei (schulpflichtigen) Kindern nicht ohne Weiteres vorausgesetzt werden kann. Das Vorliegen eines Bedarfs nach verhaltenstherapeutischen Leistungen für Kinder und Jugendliche wird außerdem durch die der Antragstellerin in erheblichem Umfang erteilten Kostenzusagen der Krankenkassen untermauert. Der Beigeladene Nr. 2 (A.-Landesverband) hat insoweit (zugleich für die Beigeladene Nr. 5, L.) die Sonderbedarfszulassung der Antragstellerin ausdrücklich befürwortet und Wartezeiten von ca. 1 Jahr berichtet. Wenn der Antragsgegner deswegen annimmt, hinreichende freie Kapazitäten bestünden in Wahrheit nicht, so ist dagegen aus Rechtsgründen nichts zu erinnern.

Die Klage der Beigeladenen Nr. 1 wird danach aller Voraussicht nach erfolglos bleiben. Der Antragstellerin gegenüber wäre es unbillig, die ihr erteilte Sonderbedarfszulassung gleichwohl bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren aufzuschieben. Die meisten ihrer Patienten sind, wie unwidersprochen vorgetragen wurde, gesetzlich krankenversichert. Ohne Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung kann sie diese unbeschadet im Einzelfall erteilter Kostenzusagen der Krankenkassen grds. nicht behandeln, was mit erheblichen finanziellen Einbußen verbunden ist.

b.) Der Senat entnimmt dem Vorbringen des Antragsgegners und auch dem Vorbringen insbesondere des Beigeladenen Nr. 2 (A.-Landesverband), dass sich die nach dem Gesagten unzureichende Versorgungslage in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie im Planungsbereich Landkreis E. weiter verschlechtert. Die Wartezeiten betragen nach Angaben des Beigeladenen Nr. 2 nunmehr ca. ein Jahr, was gerade für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen deutlich zu lang ist. Lediglich die D. hat einen Sonderbedarf für die Leistungen der Antragstellerin nicht befürwortet. Im Hinblick darauf sprechen auch öffentliche Interessen an einer ausreichenden Versorgung der Versicherten mit verhaltenstherapeutischen Behandlungsleistungen für Kinder und Jugendliche dafür, die Sonderbedarfszulassung der Antragstellerin nicht weiter zu suspendieren, zumal bei einem etwaigen – nach Lage der Dinge aber unwahrscheinlichen – Obsiegen der Beigeladenen Nr. 1 im Klageverfahren nur schwer rückgängig zu machende Vollzugsfolgen nicht eintreten werden.

3.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. §§ 154, 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene Nr. 1 sowohl im Verfahren des ersten Rechtszugs wie im Beschwerdeverfahren – im Unterschied zum Antragsgegner - dem Antrag der Antragstellerin auf vorläufigen Rechtsschutz entgegen getreten ist und Sachanträge gestellt hat, mit denen sie letztendlich unterlegen ist, sind ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen (§ 154 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 und Abs. 2 VwGO). Demgegenüber entspricht es gem. § 162 Abs. 3 VwGO nicht der Billigkeit, der Beigeladenen Nr. 1 auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen Nr. 2 bis 6 aufzuerlegen, da diese Sachanträge nicht gestellt und damit ein Prozessrisiko nicht auf sich genommen haben.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG. Im Hauptsacheverfahren ist der Streitwert mit dem dreifachen Jahresgewinn (Umsatz abzüglich Praxiskosten) aus der beabsichtigten vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit anzunehmen, wobei mangels konkreter Umsatzzahlen auf Durchschnittswerte zurückgegriffen werden muss. Die Beigeladene Nr. 1 hat (unwidersprochen) die (zeitnächst) verfügbaren Zahlenwerte für das Jahr 2007 mitgeteilt (Schriftsatz vom 23.7.2010). Angesetzt werden der Durchschnittsumsatz Psychologischer Psychotherapeuten von 70.045,13 EUR im Jahr und ein Praxiskostenanteil von 30,68 %. Für das Hauptsachverfahren ergibt sich damit ein Streitwert von 145.655 EUR. Für das vorläufige Rechtsschutzverfahren ist die Hälfte dieses Betrags anzusetzen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved